Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 23 AS 6202/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 396/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Ein Widerspruch hat dann "Erfolg" im Sinne des § 63 Abs. 1 SGB X, wenn die Behörde ihm stattgibt (Anschluss an BVerwG, Urteil vom 11.05.1981 – 6 C 121/80; BSG im Urteil vom 12.06.2013 – B 14 AS 68/12 R; SächsLSG, Urteil vom 26.10.2017 – L 7 AS 603/14).
2. Für eine analoge Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG ist im Widerspruchsverfahren kein Raum. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Widerspruch Erfolg gehabt hätte, wenn er nicht für erledigt erklärt worden
wäre.
2. Für eine analoge Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG ist im Widerspruchsverfahren kein Raum. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob der Widerspruch Erfolg gehabt hätte, wenn er nicht für erledigt erklärt worden
wäre.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 3. März 2016 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten eines isolierten Widerspruchsverfahrens.
Die 1960 geborene Klägerin war Studentin der Technischen Universität A ... Sie bezog bis März 2012 Ausbildungsförderungsleistungen (Bescheid vom 01.11.2011). Die Förderungshöchstdauer ihres Studienganges endete im März 2012. Am 09.03.2012 sprach sie beim Beklagten vor, wies auf die Überschreitung ihrer Regelstudienzeit und den anstehenden Abschluss ihres Studiums hin und begehrte Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab 01.04.2012. Der Beklagte lehnte den Leistungsantrag mit Bescheid vom 26.03.2012 ab und verwies hierbei auf die Förderungsfähigkeit der Ausbildung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Gegen diesen Bescheid richtete sich der Widerspruch der Klägerin. Ihr Prozessbevollmächtigter führte aus:
"Zur Vermeidung eines ER-Verfahrens bitten wir Sie unverzüglich um entsprechende Darlehensbewilligung. Sollten Sie Nachweise für erforderlich halten, würden diese unverzüglich nachgereicht werden. Zur Vermeidung von Härten während eines eventuellen weiterreichenden Ermittlungsverfahrens begehren wir hilfsweise für die Zeit der Ermittlungen ein vorläufiges Darlehen."
Nachdem der Beklagte die vom Klägervertreter bis 02.05.2012 gesetzte Frist ohne Reaktion verstreichen lies, beantragte die Klägerin die Gewährung eines Darlehens im Wege eines einstweiligen Rechtsschutzverfahren beim Sozialgericht Dresden ((SG) S 27 AS 2852/12 ER). Gleichzeitig wies sie auf die erfolgte Antragstellung nach dem BAföG hin. Mit Schreiben vom 05.06.2012 erklärte sich der Beklagte zur Beendigung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu einer vergleichsweisen Darlehensgewährung nach § 27 Abs. 4 SGB II für den Zeitraum vom 10.05.2012 bis 30.09.2012 bei vollständiger Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin bereit.
Nachdem mit Bescheid vom 31.05.2012 trotz Ablaufs der Förderungshöchstdauer für die Zeit von April bis September 2012 Ausbildungsförderungsleistungen bewilligt worden waren, erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 07.06.2012, ohne dass es zur Darlehensauszahlung gekommen war, das Widerspruchsverfahren für erledigt und beantragte die Übernahme der Kosten des Widerspruchsverfahrens durch den Beklagten. Dieser lehnte mit Widerspruchsbescheid vom 28.08.2012 ab. Die Klägerin sei von Leistungen nach dem SGB II gemäß § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen. Nach Bewilligung des BAföG s könne keine besondere Härte festgestellt werden, sodass auch ein Darlehen nach § 27 Abs. 4 Satz 1 SGB II nicht in Betracht komme.
Ihr Begehren auf Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin mit der am 11.09.2012 zum Sozialgericht Dresden (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Der Widerspruch hätte Erfolg gehabt, wenn sich das Widerspruchsverfahren nicht durch die überraschende BAföG-Bewilligung erledigt hätte.
Das SG hat mit Urteil vom 03.03.2016 die Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 28.08.2012 dahingehend abgeändert, dass der Klägerin 40 Prozent der ihr im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten sind. Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls sei dem Grundgedanken des § 92 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) folgend eine teilweise Aufwendungserstattung auszusprechen. Auch sei die Hinzuziehung des Rechtsanwalts im Widerspruchsverfahren notwendig gewesen. Vorliegend habe zwar der Widerspruch der Klägerin im formellen Sinne mangels begünstigender Bescheidung keinen Erfolg gehabt. Insofern sei durch die zwischenzeitliche Bewilligung von Leistungen nach dem BAföG eine zur Erledigung des Widerspruchsverfahrens führende Änderung eingetreten. Diese habe die Klägerin nicht zu vertreten. Bei einer solchen Erledigung des Widerspruchsverfahrens sei nach Überzeugung der Kammer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nach bisherigem Streitstand über die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu entscheiden (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 85, Rn. 7e). Insoweit sei zu prüfen, ob der Widerspruch Erfolg gehabt hätte und ob in diesem Fall ein Kostenerstattungsanspruch zu bewilligen wäre (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 26.09.2007 – L 4 KA 15/07, juris, Rn. 15). Es sei entsprechend der Maßgaben des § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des Ergebnisses, des Sach- und Streitstandes sowie der Beurteilung der Erfolgsaussichten des Verfahrens über die Kosten zu befinden. Unter Beachtung dieser Grundsätze entspreche es billigem Ermessen, dass die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin durch den Beklagten wie tenoriert zu erstatten seien. Es sei zunächst zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit ihrem ursprünglich ausweislich ihres Leistungsantrages vom 21.03.2012 verfolgten Ziel, der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II, nicht durchgedrungen sei. Allerdings hätte ihr Widerspruch mit dem nunmehrigen Ziel der darlehensweisen Gewährung von Leistungen nach § 27 Abs. 4 SGB II unter Berücksichtigung des Ergebnisses des parallelen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens voraussichtlich Erfolg gehabt, wäre nicht ihr Anliegen durch die zwischenzeitliche Bewilligung von Leistungen nach dem BAföG erledigt worden. In dem das einstweilige Rechtsschutzverfahren beendenden Vergleich habe der Beklagte das Angebot unterbreitet, der Klägerin ein vorbehaltloses Darlehen zu gewähren. Die Klägerin habe insoweit zwar die Leistungsbewilligung durch ihren BAföG-Antrag kausal herbeigeführt. Jedoch habe sie vor dem Hintergrund des Ablaufs der Förderungshöchstdauer nicht mit einer positiven Entscheidung des BAföG-Amtes rechnen können. Des Weiteren habe der Beklagte die Einlegung des Widerspruchs auch zumindest mit veranlasst. Denn entgegen der umfassenden Prüfpflicht im Zuge der SGB-Antragstellung habe er versäumt, die in § 7 Abs. 5 SGB II ausdrücklich für den Fall des Leistungsausschlusses aufgeführten Leistungen nach § 27 SGB II zu prüfen und zu bescheiden. Schließlich sei auch der Widerspruch vom 23.04.2012, mit dem explizit ein Darlehen nach § 27 Abs. 4 SGB II unter Fristsetzung und Hinweis auf ein etwaiges einstweiliges Rechtsschutzverfahren begehrt wurde, kausal für das im Vergleichswege angebotene Darlehen und mithin auch ursächlich für einen hypothetischen Erfolg im Widerspruchsverfahren. Im Übrigen sei die Klage abzuweisen. Die Hinzuziehung des Rechtsanwaltes sei gemäß § 63 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) notwendig gewesen. Das SG hat die Berufung zugelassen.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 22.03.2016 zugestellte Urteil, hat dieser am 21.04.2016 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht (SächsLSG) eingelegt. Das einstweilige Rechtsschutzverfahren habe sich durch den Vergleich vom 07.09.2012 erledigt. Der Vergleich sei insoweit einer teilweisen Abhilfeentscheidung gleichzusetzen. Ziel des Widerspruchsverfahrens sei die darlehensweise Bewilligung der Leistungen nach § 27 SGB II gewesen. Aufgrund des Vergleichsschlusses habe der Widerspruch vollen Erfolg gehabt. Ohne den BAföG-Bescheid vom 31.05.2012 wären wohl auch im Hauptsacheverfahren darlehensweise Leistungen bewilligt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 03.03.2016 dahingehend abzuändern, dass der Beklagte die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin vollständig zu tragen hat.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte des Beklagten vor.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt haben (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 24 Abs. 2 SGG.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage im Urteil vom 03.03.2016 im Übrigen abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 26.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.08.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme weiterer Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren.
1. Die Berufung ist statthaft, da das SG sie im Urteil vom 03.03.2016 zugelassen hat.
2. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Übernahme weiterer Kosten des Widerspruchsverfahrens durch den Beklagten zu.
Gemäß § 63 Abs. 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Das gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 SGB X unbeachtlich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen.
Der Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 26.03.2012 war nicht erfolgreich. Ein Widerspruch hat dann "Erfolg" im Sinne des Gesetzes, wenn die Behörde ihm stattgibt (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 11.05.1981 – 6 C 121/80; BSG im Urteil vom 12.06.2013 – B 14 AS 68/12 R, Rn. 20 ff.; SächsLSG, Urteil vom 26.10.2017 – L 7 AS 603/14; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.04.2011 – L 12 SO 654/10 B, juris, Rn. 5 ff.; Mutschler in Kasseler Kommentar, § 63 SGB X, Stand 10/2014, Rn. 5 ff.). Für eine analoge Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG ist vorliegend kein Raum. Entgegen dem Hessischen LSG (Urteil vom 26.09.2007 – L 4 KA 15/07, juris, Rn. 15) kommt es auch nicht darauf an, ob der Widerspruch Erfolg gehabt hätte, wenn er nicht für erledigt erklärt worden wäre.
Das BVerwG hat im Urteil vom 11.05.1981 – 6 C 121/80 für die § 63 Abs. 1 SGB X vergleichbare Regelung des § 80 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) Folgendes entschieden:
Tenor:
"Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht aus § 80 Abs. 1 VwVfG herleiten. Diese Vorschrift regelt nach ihrem Wortlaut nicht die Kostenerstattung für den Fall der Erledigung des Widerspruchverfahrens, ohne daß eine Entscheidung über den Erfolg des Widerspruchs getroffen worden ist. Auch die §§ 72 und 73 VwGO sehen eine Entscheidung über die Kosten des Widerspruchsverfahrens nur für die Fälle vor, in denen die Behörde den Widerspruch für begründet hält und ihm abhilft oder die Widerspruchsbehörde durch Widerspruchsbescheid entscheidet. Schließlich läßt sich die in § 80 VwVfG für den Fall eines teilweisen Erfolges des Widerspruchs angeordnete Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen nicht auf den Fall beziehen, daß der Widerspruchsführer auch ohne eine Entscheidung der Widerspruchsbehörde sein Ziel - zum Beispiel keinen Wehrdienst leisten zu müssen - erreicht. Der Wortlaut insbesondere der Sätze 1 und 3 des § 80 Abs. 1 VwVfG ist so eindeutig, daß er einer erweiternden oder korrigierenden Auslegung nicht zugänglich ist. Der dort verwendete Begriff ‚Erfolg‘ kann nur im Sinne einer abschließenden Entscheidung verstanden werden, mit der die zum Gegenstand des Widerspruchs gemachte Frage hinsichtlich des klärungsbedürftigen Punktes beantwortet wird. Erweist sich dagegen die Fortsetzung des Vorverfahrens aus anderen Gründen nicht als notwendig, so unterbleibt eine Entscheidung, die Aufschluß darüber gibt, inwieweit der Widerspruch ‚erfolgreich‘ oder ‚erfolglos‘ war. Es fehlt auch an einer Teilentscheidung hinsichtlich einzelner selbständiger Fragen, die die Feststellung gestatten könnte, der Widerspruch sei ‚soweit‘ erfolgreich. Eine analoge Anwendung der in § 161 Abs. 2 VwGO enthaltenen Regelung für den Fall der Erledigung eines Rechtsstreits in der Hauptsache auf den von § 80 VwVfG erfaßten Bereich der Kosten des Vorverfahrens läßt sich ebenfalls nicht rechtfertigen. § 80 VwVfG regelt selbständig, in welchem Umfange aufgrund einer Kostenentscheidung im Vorverfahren gemäß § 72 und § 73 Abs. 3 Satz 2 VwGO die dem Beteiligten entstandenen Kosten zu erstatten sind. Diese Bestimmung ist in das Verwaltungsverfahrensgesetz aufgenommen worden, nachdem der Große Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 1. November 1965 (BVerwGE 22, 281 = NJW 1966, 563) entschieden hatte, daß sich aus der Verwaltungsgerichtsordnung keine unmittelbar oder entsprechend anzuwendende bundesrechtliche Regelung des Inhalts der Kostenentscheidung nach § 72 VwGO ergebe. Daran anknüpfend hatte der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts entschieden, auch im Falle der Ausführung von Bundesgesetzen durch Bundesbehörden sei die in den §§ 72 und 73 VwGO vorgeschriebene Kostenentscheidung materiell nicht durch eine entsprechende Anwendung der §§ 154 ff. VwGO auszufüllen (Urteil vom 30. August 1972 - BVerwG 8 C 2.72 - (BVerwGE 40, 313)). Das Bundesverfassungsgericht hat die Auslegung der Verwaltungsgerichtsordnung dahin, daß dem im sogenannten isolierten Vorverfahren erfolgreichen Widerspruchsführer nach diesem Gesetz ein Anspruch auf Erstattung seiner Kosten nicht zustehe, als mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt (Beschluss vom 29. Oktober 1969 - 1 BvR 65/68 - (BVerfGE 27, 175)). Die in Kenntnis und gerade wegen dieser vielfach als unbefriedigend angesehenen Rechtslage in § 80 VwVfG getroffene Regelung der Erstattung von Kosten und Auslagen eines (ganz oder teilweise) erfolgreichen oder erfolglosen Widerspruchsverfahrens gestattet eine analoge Anwendung der Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung für die auch jetzt noch nicht geregelten Fälle der Erledigung eines Widerspruchsverfahrens nicht, denn eine im Wege der Analogie auszufüllende Gesetzeslücke liegt nach der Vorgeschichte dieser Bestimmung des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vor. Vielmehr muß angenommen werden, daß es sich um eine abschließende Regelung handelt, also der Gesetzgeber in Fällen der hier zu entscheidenden Art eine Kostenerstattung nicht vorsehen wollte. Zwar bestehen zwischen der Erledigung im Rechtsstreit und im behördlichen Verfahren ohne Entscheidung in der Sache selbst Gemeinsamkeiten. Sie liegen etwa darin, daß in beiden Fällen die Entscheidung über die Richtigkeit eines Verwaltungsaktes offenbleiben kann, weil ein außerhalb des Verfahrens liegendes Ereignis hinzugetreten ist, und daß in beiden Fällen dem Bürger oft beträchtliche Aufwendungen entstanden sind. Die geregelten Sachverhalte unterscheiden sich jedoch dadurch, daß sich im Widerspruchsverfahren lediglich die Beteiligten gegenüberstehen und keine dritte, unabhängige Instanz, nämlich das Gericht, zur Entscheidung berufen ist. Im gerichtlichen Verfahren entscheidet das Gericht nach seinem billigen Ermessen aufgrund der ihm vorliegenden Unterlagen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes. Es kann seine Entscheidung über die Kosten nach billigem Ermessen nur aufgrund einer Rechtmäßigkeitskontrolle (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) treffen, während die Widerspruchsbehörde auch die Zweckmäßigkeit der getroffenen Verwaltungsentscheidung zu überprüfen hat (§ 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Insgesamt ist aus den Unterschieden zwischen dem Verwaltungsverfahren und dem gerichtlichen Verfahren in Übereinstimmung mit dem bereits erwähnten Urteil des 8. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. August 1972 (BVerwGE 40, 313, insbesondere 317 - 319) zu entnehmen, daß die den §§ 154 ff. VwGO zugrundeliegende Interessenlage einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschriften auf die nach den §§ 72 Halbs. 2 und 73 Abs. 3 Satz 2 VwGO zu treffende Kostenentscheidung entgegensteht. Hieran hat sich durch die in § 80 VwVfG getroffene selbständige Regelung der Kostenerstattung nichts geändert. Vielmehr muß davon ausgegangen werden, daß in dieser Vorschrift eine Erstattung von Rechtsanwaltskosten im Verwaltungsverfahren bei Erledigung in sonstiger Weise nicht vorgesehen werden sollte. Wegen Fehlens einer Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit ist eine Ergänzung des § 80 VwVfG im Wege einer analogen Anwendung des § 161 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen (so im Ergebnis auch Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, 2. Aufl., § 47 III a.E.; Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 80 RdNr. 16; Hahnenfeld, WPflG, § 19 RdNr. 56; a.M.: Kopp, VwGO, 5. Aufl., § 73 RdNr. 17)."
Auf dieser Entscheidung aufbauend hat das Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 12.06.2013 – B 14 AS 68/12 R, Rn. 20 ff. entschieden:
Tenor:
"Ein Widerspruch ist damit nur in dem Umfang erfolgreich, in dem ihm (abgeholfen oder) stattgegeben worden ist. Erfolglos geblieben ist er, soweit er förmlich zurückgewiesen worden ist oder soweit der Widerspruchsführer mit seinem sachlichen Begehren nicht durchgedrungen ist. Aus welchen Gründen der Widerspruch Erfolg hatte oder nicht, ist unerheblich. Bei der Kostenentscheidung ist eine formale Betrachtungsweise geboten (Becker in Hauck/Noftz, SGB X, K § 63 RdNr 27, Stand: 12/2010). Sie soll nicht mit ‚schwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen‘ belastet werden (vgl BVerwG Urteil vom 25.9.1992 - 8 C 16/90 - RdNr 15, Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr 33; BT-Drucks 8/2034, S 36; Beschlussempfehlung und Bericht BT-Drucks 8/4022, S 36, 83). Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit der Widerspruch erfolgreich oder erfolglos war, ist ein Vergleich des mit dem Widerspruch Begehrten und des Inhalts der das Vorverfahren abschließenden Sachentscheidung (vgl Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Urteil vom 25.9.1992 - 8 C 16/90 - RdNr 15, Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr 33; BVerwG Urteil vom 11.5.1981 - 6 C 121.80 - Buchholz 310 § 72 VwGO Nr 10 S 1 (2)), die bei einer auf die Kosten beschränkten isolierten Anfechtung bestandskräftig geworden ist und als solche nicht mehr in Frage gestellt werden kann (BVerwG Urteil vom 25.9.1992, aaO)."
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben war der Widerspruch der Klägerin ausweislich des Widerspruchsbescheides vom 28.08.2012 nicht erfolgreich im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X, denn eine Darlehensgewährung nach § 27 Abs. 4 SGB II ist, nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 07.06.2012 für erledigt erklärt hat, nicht erfolgt. Ein (förmlicher) Abhilfebescheid ist nicht ergangen (Meyer-Ladewig/Keller/Lei-therer/Schmidt, 12. Auflage 2017, § 63 Rn. 18). Die Auffassung des Hessischen LSG, a.a.O., steht nicht in Übereinstimmung mit den oben zitierten Entscheidungen des BVerwG und des BSG. Ihr ist daher nicht zu folgen (SächsLSG, Urteil vom 26.10.2017 – L 7 AS 603/14).
Die Kostenentscheidung in dem im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geschlossenen Vergleich kann nicht auf den vorliegenden Sachverhalt der Kostenentscheidung über das Widerspruchsverfahren übertragen werden. Zwar hat der Antragsgegner (hier der Beklagte) sich im dortigen Verfahren vergleichsweise verpflichtet, die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu tragen. Dies betrifft aber die nach § 193 SGG zu treffende Kostenentscheidung für dieses eigenständige Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, bei der eine Entscheidung nach billigem Ermessen und damit auch nach dem prognostizierten Ausgang des Hauptsacheverfahrens zu treffen war.
Der Widerspruch hatte auch nicht nur deshalb keinen Erfolg im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nah § 41 SGB X unbeachtlich ist.
3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, denn das BSG hat bereits mehrfach zu den Voraussetzungen der Kostenerstattungspflicht nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X entschieden.
II. Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten eines isolierten Widerspruchsverfahrens.
Die 1960 geborene Klägerin war Studentin der Technischen Universität A ... Sie bezog bis März 2012 Ausbildungsförderungsleistungen (Bescheid vom 01.11.2011). Die Förderungshöchstdauer ihres Studienganges endete im März 2012. Am 09.03.2012 sprach sie beim Beklagten vor, wies auf die Überschreitung ihrer Regelstudienzeit und den anstehenden Abschluss ihres Studiums hin und begehrte Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ab 01.04.2012. Der Beklagte lehnte den Leistungsantrag mit Bescheid vom 26.03.2012 ab und verwies hierbei auf die Förderungsfähigkeit der Ausbildung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Gegen diesen Bescheid richtete sich der Widerspruch der Klägerin. Ihr Prozessbevollmächtigter führte aus:
"Zur Vermeidung eines ER-Verfahrens bitten wir Sie unverzüglich um entsprechende Darlehensbewilligung. Sollten Sie Nachweise für erforderlich halten, würden diese unverzüglich nachgereicht werden. Zur Vermeidung von Härten während eines eventuellen weiterreichenden Ermittlungsverfahrens begehren wir hilfsweise für die Zeit der Ermittlungen ein vorläufiges Darlehen."
Nachdem der Beklagte die vom Klägervertreter bis 02.05.2012 gesetzte Frist ohne Reaktion verstreichen lies, beantragte die Klägerin die Gewährung eines Darlehens im Wege eines einstweiligen Rechtsschutzverfahren beim Sozialgericht Dresden ((SG) S 27 AS 2852/12 ER). Gleichzeitig wies sie auf die erfolgte Antragstellung nach dem BAföG hin. Mit Schreiben vom 05.06.2012 erklärte sich der Beklagte zur Beendigung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu einer vergleichsweisen Darlehensgewährung nach § 27 Abs. 4 SGB II für den Zeitraum vom 10.05.2012 bis 30.09.2012 bei vollständiger Übernahme der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin bereit.
Nachdem mit Bescheid vom 31.05.2012 trotz Ablaufs der Förderungshöchstdauer für die Zeit von April bis September 2012 Ausbildungsförderungsleistungen bewilligt worden waren, erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 07.06.2012, ohne dass es zur Darlehensauszahlung gekommen war, das Widerspruchsverfahren für erledigt und beantragte die Übernahme der Kosten des Widerspruchsverfahrens durch den Beklagten. Dieser lehnte mit Widerspruchsbescheid vom 28.08.2012 ab. Die Klägerin sei von Leistungen nach dem SGB II gemäß § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen. Nach Bewilligung des BAföG s könne keine besondere Härte festgestellt werden, sodass auch ein Darlehen nach § 27 Abs. 4 Satz 1 SGB II nicht in Betracht komme.
Ihr Begehren auf Erstattung der Kosten des Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin mit der am 11.09.2012 zum Sozialgericht Dresden (SG) erhobenen Klage weiterverfolgt. Der Widerspruch hätte Erfolg gehabt, wenn sich das Widerspruchsverfahren nicht durch die überraschende BAföG-Bewilligung erledigt hätte.
Das SG hat mit Urteil vom 03.03.2016 die Kostenentscheidung des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 28.08.2012 dahingehend abgeändert, dass der Klägerin 40 Prozent der ihr im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu erstatten sind. Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls sei dem Grundgedanken des § 92 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) folgend eine teilweise Aufwendungserstattung auszusprechen. Auch sei die Hinzuziehung des Rechtsanwalts im Widerspruchsverfahren notwendig gewesen. Vorliegend habe zwar der Widerspruch der Klägerin im formellen Sinne mangels begünstigender Bescheidung keinen Erfolg gehabt. Insofern sei durch die zwischenzeitliche Bewilligung von Leistungen nach dem BAföG eine zur Erledigung des Widerspruchsverfahrens führende Änderung eingetreten. Diese habe die Klägerin nicht zu vertreten. Bei einer solchen Erledigung des Widerspruchsverfahrens sei nach Überzeugung der Kammer unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles nach bisherigem Streitstand über die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu entscheiden (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Auflage, § 85, Rn. 7e). Insoweit sei zu prüfen, ob der Widerspruch Erfolg gehabt hätte und ob in diesem Fall ein Kostenerstattungsanspruch zu bewilligen wäre (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 26.09.2007 – L 4 KA 15/07, juris, Rn. 15). Es sei entsprechend der Maßgaben des § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des Ergebnisses, des Sach- und Streitstandes sowie der Beurteilung der Erfolgsaussichten des Verfahrens über die Kosten zu befinden. Unter Beachtung dieser Grundsätze entspreche es billigem Ermessen, dass die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin durch den Beklagten wie tenoriert zu erstatten seien. Es sei zunächst zu berücksichtigen, dass die Klägerin mit ihrem ursprünglich ausweislich ihres Leistungsantrages vom 21.03.2012 verfolgten Ziel, der Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II, nicht durchgedrungen sei. Allerdings hätte ihr Widerspruch mit dem nunmehrigen Ziel der darlehensweisen Gewährung von Leistungen nach § 27 Abs. 4 SGB II unter Berücksichtigung des Ergebnisses des parallelen einstweiligen Rechtsschutzverfahrens voraussichtlich Erfolg gehabt, wäre nicht ihr Anliegen durch die zwischenzeitliche Bewilligung von Leistungen nach dem BAföG erledigt worden. In dem das einstweilige Rechtsschutzverfahren beendenden Vergleich habe der Beklagte das Angebot unterbreitet, der Klägerin ein vorbehaltloses Darlehen zu gewähren. Die Klägerin habe insoweit zwar die Leistungsbewilligung durch ihren BAföG-Antrag kausal herbeigeführt. Jedoch habe sie vor dem Hintergrund des Ablaufs der Förderungshöchstdauer nicht mit einer positiven Entscheidung des BAföG-Amtes rechnen können. Des Weiteren habe der Beklagte die Einlegung des Widerspruchs auch zumindest mit veranlasst. Denn entgegen der umfassenden Prüfpflicht im Zuge der SGB-Antragstellung habe er versäumt, die in § 7 Abs. 5 SGB II ausdrücklich für den Fall des Leistungsausschlusses aufgeführten Leistungen nach § 27 SGB II zu prüfen und zu bescheiden. Schließlich sei auch der Widerspruch vom 23.04.2012, mit dem explizit ein Darlehen nach § 27 Abs. 4 SGB II unter Fristsetzung und Hinweis auf ein etwaiges einstweiliges Rechtsschutzverfahren begehrt wurde, kausal für das im Vergleichswege angebotene Darlehen und mithin auch ursächlich für einen hypothetischen Erfolg im Widerspruchsverfahren. Im Übrigen sei die Klage abzuweisen. Die Hinzuziehung des Rechtsanwaltes sei gemäß § 63 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) notwendig gewesen. Das SG hat die Berufung zugelassen.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 22.03.2016 zugestellte Urteil, hat dieser am 21.04.2016 Berufung beim Sächsischen Landessozialgericht (SächsLSG) eingelegt. Das einstweilige Rechtsschutzverfahren habe sich durch den Vergleich vom 07.09.2012 erledigt. Der Vergleich sei insoweit einer teilweisen Abhilfeentscheidung gleichzusetzen. Ziel des Widerspruchsverfahrens sei die darlehensweise Bewilligung der Leistungen nach § 27 SGB II gewesen. Aufgrund des Vergleichsschlusses habe der Widerspruch vollen Erfolg gehabt. Ohne den BAföG-Bescheid vom 31.05.2012 wären wohl auch im Hauptsacheverfahren darlehensweise Leistungen bewilligt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 03.03.2016 dahingehend abzuändern, dass der Beklagte die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin vollständig zu tragen hat.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er erachtet das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Dem Senat liegen die Verfahrensakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakte des Beklagten vor.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt haben (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 24 Abs. 2 SGG.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage im Urteil vom 03.03.2016 im Übrigen abgewiesen. Der Bescheid des Beklagten vom 26.03.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.08.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Übernahme weiterer Aufwendungen für das Widerspruchsverfahren.
1. Die Berufung ist statthaft, da das SG sie im Urteil vom 03.03.2016 zugelassen hat.
2. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Übernahme weiterer Kosten des Widerspruchsverfahrens durch den Beklagten zu.
Gemäß § 63 Abs. 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist. Das gilt auch, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 41 SGB X unbeachtlich ist. Aufwendungen, die durch das Verschulden eines Erstattungsberechtigten entstanden sind, hat dieser selbst zu tragen.
Der Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 26.03.2012 war nicht erfolgreich. Ein Widerspruch hat dann "Erfolg" im Sinne des Gesetzes, wenn die Behörde ihm stattgibt (Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 11.05.1981 – 6 C 121/80; BSG im Urteil vom 12.06.2013 – B 14 AS 68/12 R, Rn. 20 ff.; SächsLSG, Urteil vom 26.10.2017 – L 7 AS 603/14; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 04.04.2011 – L 12 SO 654/10 B, juris, Rn. 5 ff.; Mutschler in Kasseler Kommentar, § 63 SGB X, Stand 10/2014, Rn. 5 ff.). Für eine analoge Anwendung des § 193 Abs. 1 SGG ist vorliegend kein Raum. Entgegen dem Hessischen LSG (Urteil vom 26.09.2007 – L 4 KA 15/07, juris, Rn. 15) kommt es auch nicht darauf an, ob der Widerspruch Erfolg gehabt hätte, wenn er nicht für erledigt erklärt worden wäre.
Das BVerwG hat im Urteil vom 11.05.1981 – 6 C 121/80 für die § 63 Abs. 1 SGB X vergleichbare Regelung des § 80 Abs. 1 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) Folgendes entschieden:
Tenor:
"Der Kläger kann seinen Anspruch auch nicht aus § 80 Abs. 1 VwVfG herleiten. Diese Vorschrift regelt nach ihrem Wortlaut nicht die Kostenerstattung für den Fall der Erledigung des Widerspruchverfahrens, ohne daß eine Entscheidung über den Erfolg des Widerspruchs getroffen worden ist. Auch die §§ 72 und 73 VwGO sehen eine Entscheidung über die Kosten des Widerspruchsverfahrens nur für die Fälle vor, in denen die Behörde den Widerspruch für begründet hält und ihm abhilft oder die Widerspruchsbehörde durch Widerspruchsbescheid entscheidet. Schließlich läßt sich die in § 80 VwVfG für den Fall eines teilweisen Erfolges des Widerspruchs angeordnete Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen nicht auf den Fall beziehen, daß der Widerspruchsführer auch ohne eine Entscheidung der Widerspruchsbehörde sein Ziel - zum Beispiel keinen Wehrdienst leisten zu müssen - erreicht. Der Wortlaut insbesondere der Sätze 1 und 3 des § 80 Abs. 1 VwVfG ist so eindeutig, daß er einer erweiternden oder korrigierenden Auslegung nicht zugänglich ist. Der dort verwendete Begriff ‚Erfolg‘ kann nur im Sinne einer abschließenden Entscheidung verstanden werden, mit der die zum Gegenstand des Widerspruchs gemachte Frage hinsichtlich des klärungsbedürftigen Punktes beantwortet wird. Erweist sich dagegen die Fortsetzung des Vorverfahrens aus anderen Gründen nicht als notwendig, so unterbleibt eine Entscheidung, die Aufschluß darüber gibt, inwieweit der Widerspruch ‚erfolgreich‘ oder ‚erfolglos‘ war. Es fehlt auch an einer Teilentscheidung hinsichtlich einzelner selbständiger Fragen, die die Feststellung gestatten könnte, der Widerspruch sei ‚soweit‘ erfolgreich. Eine analoge Anwendung der in § 161 Abs. 2 VwGO enthaltenen Regelung für den Fall der Erledigung eines Rechtsstreits in der Hauptsache auf den von § 80 VwVfG erfaßten Bereich der Kosten des Vorverfahrens läßt sich ebenfalls nicht rechtfertigen. § 80 VwVfG regelt selbständig, in welchem Umfange aufgrund einer Kostenentscheidung im Vorverfahren gemäß § 72 und § 73 Abs. 3 Satz 2 VwGO die dem Beteiligten entstandenen Kosten zu erstatten sind. Diese Bestimmung ist in das Verwaltungsverfahrensgesetz aufgenommen worden, nachdem der Große Senat des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 1. November 1965 (BVerwGE 22, 281 = NJW 1966, 563) entschieden hatte, daß sich aus der Verwaltungsgerichtsordnung keine unmittelbar oder entsprechend anzuwendende bundesrechtliche Regelung des Inhalts der Kostenentscheidung nach § 72 VwGO ergebe. Daran anknüpfend hatte der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts entschieden, auch im Falle der Ausführung von Bundesgesetzen durch Bundesbehörden sei die in den §§ 72 und 73 VwGO vorgeschriebene Kostenentscheidung materiell nicht durch eine entsprechende Anwendung der §§ 154 ff. VwGO auszufüllen (Urteil vom 30. August 1972 - BVerwG 8 C 2.72 - (BVerwGE 40, 313)). Das Bundesverfassungsgericht hat die Auslegung der Verwaltungsgerichtsordnung dahin, daß dem im sogenannten isolierten Vorverfahren erfolgreichen Widerspruchsführer nach diesem Gesetz ein Anspruch auf Erstattung seiner Kosten nicht zustehe, als mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt (Beschluss vom 29. Oktober 1969 - 1 BvR 65/68 - (BVerfGE 27, 175)). Die in Kenntnis und gerade wegen dieser vielfach als unbefriedigend angesehenen Rechtslage in § 80 VwVfG getroffene Regelung der Erstattung von Kosten und Auslagen eines (ganz oder teilweise) erfolgreichen oder erfolglosen Widerspruchsverfahrens gestattet eine analoge Anwendung der Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung für die auch jetzt noch nicht geregelten Fälle der Erledigung eines Widerspruchsverfahrens nicht, denn eine im Wege der Analogie auszufüllende Gesetzeslücke liegt nach der Vorgeschichte dieser Bestimmung des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vor. Vielmehr muß angenommen werden, daß es sich um eine abschließende Regelung handelt, also der Gesetzgeber in Fällen der hier zu entscheidenden Art eine Kostenerstattung nicht vorsehen wollte. Zwar bestehen zwischen der Erledigung im Rechtsstreit und im behördlichen Verfahren ohne Entscheidung in der Sache selbst Gemeinsamkeiten. Sie liegen etwa darin, daß in beiden Fällen die Entscheidung über die Richtigkeit eines Verwaltungsaktes offenbleiben kann, weil ein außerhalb des Verfahrens liegendes Ereignis hinzugetreten ist, und daß in beiden Fällen dem Bürger oft beträchtliche Aufwendungen entstanden sind. Die geregelten Sachverhalte unterscheiden sich jedoch dadurch, daß sich im Widerspruchsverfahren lediglich die Beteiligten gegenüberstehen und keine dritte, unabhängige Instanz, nämlich das Gericht, zur Entscheidung berufen ist. Im gerichtlichen Verfahren entscheidet das Gericht nach seinem billigen Ermessen aufgrund der ihm vorliegenden Unterlagen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes. Es kann seine Entscheidung über die Kosten nach billigem Ermessen nur aufgrund einer Rechtmäßigkeitskontrolle (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) treffen, während die Widerspruchsbehörde auch die Zweckmäßigkeit der getroffenen Verwaltungsentscheidung zu überprüfen hat (§ 68 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Insgesamt ist aus den Unterschieden zwischen dem Verwaltungsverfahren und dem gerichtlichen Verfahren in Übereinstimmung mit dem bereits erwähnten Urteil des 8. Senats des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. August 1972 (BVerwGE 40, 313, insbesondere 317 - 319) zu entnehmen, daß die den §§ 154 ff. VwGO zugrundeliegende Interessenlage einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschriften auf die nach den §§ 72 Halbs. 2 und 73 Abs. 3 Satz 2 VwGO zu treffende Kostenentscheidung entgegensteht. Hieran hat sich durch die in § 80 VwVfG getroffene selbständige Regelung der Kostenerstattung nichts geändert. Vielmehr muß davon ausgegangen werden, daß in dieser Vorschrift eine Erstattung von Rechtsanwaltskosten im Verwaltungsverfahren bei Erledigung in sonstiger Weise nicht vorgesehen werden sollte. Wegen Fehlens einer Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit ist eine Ergänzung des § 80 VwVfG im Wege einer analogen Anwendung des § 161 Abs. 2 VwGO ausgeschlossen (so im Ergebnis auch Ule/Laubinger, Verwaltungsverfahrensrecht, 2. Aufl., § 47 III a.E.; Stelkens/Bonk/Leonhardt, VwVfG, § 80 RdNr. 16; Hahnenfeld, WPflG, § 19 RdNr. 56; a.M.: Kopp, VwGO, 5. Aufl., § 73 RdNr. 17)."
Auf dieser Entscheidung aufbauend hat das Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 12.06.2013 – B 14 AS 68/12 R, Rn. 20 ff. entschieden:
Tenor:
"Ein Widerspruch ist damit nur in dem Umfang erfolgreich, in dem ihm (abgeholfen oder) stattgegeben worden ist. Erfolglos geblieben ist er, soweit er förmlich zurückgewiesen worden ist oder soweit der Widerspruchsführer mit seinem sachlichen Begehren nicht durchgedrungen ist. Aus welchen Gründen der Widerspruch Erfolg hatte oder nicht, ist unerheblich. Bei der Kostenentscheidung ist eine formale Betrachtungsweise geboten (Becker in Hauck/Noftz, SGB X, K § 63 RdNr 27, Stand: 12/2010). Sie soll nicht mit ‚schwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen‘ belastet werden (vgl BVerwG Urteil vom 25.9.1992 - 8 C 16/90 - RdNr 15, Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr 33; BT-Drucks 8/2034, S 36; Beschlussempfehlung und Bericht BT-Drucks 8/4022, S 36, 83). Maßgebend für die Beantwortung der Frage, ob und inwieweit der Widerspruch erfolgreich oder erfolglos war, ist ein Vergleich des mit dem Widerspruch Begehrten und des Inhalts der das Vorverfahren abschließenden Sachentscheidung (vgl Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) Urteil vom 25.9.1992 - 8 C 16/90 - RdNr 15, Buchholz 316 § 80 VwVfG Nr 33; BVerwG Urteil vom 11.5.1981 - 6 C 121.80 - Buchholz 310 § 72 VwGO Nr 10 S 1 (2)), die bei einer auf die Kosten beschränkten isolierten Anfechtung bestandskräftig geworden ist und als solche nicht mehr in Frage gestellt werden kann (BVerwG Urteil vom 25.9.1992, aaO)."
Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben war der Widerspruch der Klägerin ausweislich des Widerspruchsbescheides vom 28.08.2012 nicht erfolgreich im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X, denn eine Darlehensgewährung nach § 27 Abs. 4 SGB II ist, nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 07.06.2012 für erledigt erklärt hat, nicht erfolgt. Ein (förmlicher) Abhilfebescheid ist nicht ergangen (Meyer-Ladewig/Keller/Lei-therer/Schmidt, 12. Auflage 2017, § 63 Rn. 18). Die Auffassung des Hessischen LSG, a.a.O., steht nicht in Übereinstimmung mit den oben zitierten Entscheidungen des BVerwG und des BSG. Ihr ist daher nicht zu folgen (SächsLSG, Urteil vom 26.10.2017 – L 7 AS 603/14).
Die Kostenentscheidung in dem im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geschlossenen Vergleich kann nicht auf den vorliegenden Sachverhalt der Kostenentscheidung über das Widerspruchsverfahren übertragen werden. Zwar hat der Antragsgegner (hier der Beklagte) sich im dortigen Verfahren vergleichsweise verpflichtet, die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zu tragen. Dies betrifft aber die nach § 193 SGG zu treffende Kostenentscheidung für dieses eigenständige Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, bei der eine Entscheidung nach billigem Ermessen und damit auch nach dem prognostizierten Ausgang des Hauptsacheverfahrens zu treffen war.
Der Widerspruch hatte auch nicht nur deshalb keinen Erfolg im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 2 SGB X, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nah § 41 SGB X unbeachtlich ist.
3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, denn das BSG hat bereits mehrfach zu den Voraussetzungen der Kostenerstattungspflicht nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X entschieden.
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