L 9 KR 26/12

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 8 KR 331/10
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 9 KR 26/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Sozialversicherungspflicht bzw. -freiheit - abhängige Beschäftigung - selbstständige Tätigkeit - Abgrenzung - Prokurist - Kommanditgesellschaft- Stimmbindungsvereinbarung - Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit i. S. v. § 7a Abs 6 Satz 1 Nr 2 SGB 4
1. Ein Prokurist, der nicht zugleich als Gesellschafter an der Stammeinlage einer Kommanditgesellschaft (KG) beteiligt ist, ist regelmäßig abhängig beschäftigt.
2. Aus einer (schuldrechtlichen) Stimmbindungsvereinbarung resultiert keine einer Sperrminorität eines Minderheitsgesellschafters vergleichbare Rechtsmacht
3. Zu den Anforderungen an die Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit i. S. v. § 7a Abs 6 Satz 1 Nr 2 SGB 4.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 29. November 2011 abgeändert. Es wird festgestellt, dass für den Kläger während seiner Beschäftigung bei der Beigeladenen zu 1. im Zeitraum 31. Mai 2010 bis 30. Juni 2011 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht.

II. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

III. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu einem Drittel.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger und Berufungsbeklagte (nachfolgend: Kläger) in seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1. im Zeitraum 1. Dezember 2009 bis 30. Juni 2011 abhängig und damit versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung (GRV) und nach dem Recht der Arbeitsförderung beschäftigt war.

Die durch Gesellschaftsvertrag vom 1. Juli 1990 gegründete Beigeladene zu 1. betreibt als Kommanditgesellschaft (KG) ein Unternehmen, dessen Gegenstand ausweislich der Eintragungen im Handelsregister beim Amtsgericht (HRA ) der Handel mit Heizungs- und Sanitärbedarf ist. Komplementäre (persönlich haftende Gesellschafter) waren zunächst Herr D (Ingenieur und Vater des Klägers) und Herr E (Diplom-Jurist und Bruder des Klägers) mit einer Stammeinlage zu je 50.000,00 DM, Kommanditistin die F KG mit einer Stammeinlage von 100.000,00 DM. Der Gesellschaftsvertrag enthielt u. a. folgende Regelungen:

§ 5 Geschäftsführung und Vertretung

1. Zur Geschäftsführung sind die persönlich haftenden Gesellschafter berechtigt und verpflichtet. 2. Jeder der in § 3 Ziffer 1 genannten persönlich haftenden Gesellschafter ist allein zur Vertretung der Gesellschaft berechtigt. 3. Im Innenverhältnis ist die vorherige Zustimmung der Gesellschafter zu allen wichtigen geschäftlichen Maßnahmen, insbesondere zu Rechtsgeschäften und Rechtshandlungen erforderlich, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen. Zustimmungsbedürftig sind insbesondere:

a. der Erwerb und die Veräußerung von Grundstücken, b. die Erstellung von Neubauten, c. die Anschaffung von Gegenständen des beweglichen Anlagevermögens, soweit die Anschaffungskosten im Einzelfall mehr als DM 20.000,- betragen, d. die Aufnahme und Gewährung von Darlehen, wenn im Einzelfall der Betrag von DM 50.000,- überschritten wird, e. der Erwerb und die Veräußerung von Beteiligungen an anderen Unternehmen sowie die Ausübung des Stimmrechts in der Gesellschafterversammlung dieser anderen Unternehmen, f. die Aufnahme betriebsfremder Geschäftszweige, g. die Veräußerung von Geschäftsabteilungen oder des Geschäfts im Ganzen und die Änderung des Gesellschaftszwecks, h. die Bestellung und Entlassung von Prokuristen und von Handlungsbevollmächtigten. 4.

§ 6 Gesellschafterbeschlüsse

1. Gesellschafterbeschlüsse sind in allen Angelegenheiten der Gesellschaft zulässig. 2. Es wird nicht nach Köpfen, sondern nach der Höhe der in § 3 bestimmten festen Kapitalkonten abgestimmt. Je DM 10.000,- Festkapital gewähren eine Stimme. 3. Soweit im Gesetz oder diesem Vertrag nichts anderes bestimmt ist, werden Beschlüsse mit einer Mehrheit von 70 % der Stimmen der stimmberechtigten Gesellschafter gefasst.

§ 11 Abtretung von Geschäftsanteilen und Aufnahme neuer Gesellschafter

1. 2. 3. 4. Die Aufnahme persönlich haftender Gesellschafter bedarf eines ausdrücklichen Beschlusses der Gesellschaft. 5. Die Zahl der persönlich haftenden Gesellschafter soll 2 nicht übersteigen. Ausnahmen bedürfen der Zustimmung aller Gesellschafter. 6.

Der 1969 geborene Kläger ist gelernter Elektroinstallateur und Diplom Betriebswirt. Er ist seit August 1990 bei der Beigeladenen zu 1. beschäftigt. Seit Juli 2002 ist er bei der Beigeladenen zu 2. auf Grund des abhängigen Beschäftigungsverhältnisses im Rahmen der Pflichtmitgliedschaft gesetzlich krankenversichert. Er entrichtete zuletzt Beiträge auf der Grundlage von Einnahmen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze (BBG). Am 2. November 2009 schloss er mit der Beigeladenen zu 1. mit Wirkung zum 1. Dezember 2009 einen Prokuristenvertrag. Dieser enthielt u. a. folgende Vereinbarungen:

§ 1 Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis

(1) Der Prokurist vertritt - gleich den Komplementären - die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich. Er ist stets zur Einzelvertretung berechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Die Gesellschaft kann die Vertretungsbefugnis nur mit Zustimmung des Prokuristen ändern. (2) Die Rechte und Pflichten des Prokuristen ergeben sich, soweit nicht anderweitig in diesem Vertrag geregelt, aus (I) dem Gesellschaftsvertrag, (II) der Gesellschaftssatzung und (III) deutschem Recht. In Ausübung seiner Tätigkeiten ist er frei von Weisungen der Gesellschaft.

§ 4 Arbeitszeit

(1) Der Prokurist bestimmt selbst über seine Arbeitszeit, steht jedoch, soweit dies das Wohl der Gesellschaft nach seiner Einschätzung erfordert, zu ihrer Verfügung und nimmt ihre Interessen wahr. (2) (3)

§ 5 Vertragsdauer

(1) Der Prokuristenvertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. (2) Der Prokuristenvertrag kann beiderseits mit einer Frist von sechs Monaten zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden, seitens der Gesellschaft jedoch nur aus wichtigem Grund. (3) (4)

§ 6 Vergütung

(1) Der Prokurist erhält eine Bruttomonatsvergütung von derzeit 5.000,- EUR, in Worten (2) (3)

§ 7 Krankheit

(1) Im Falle der Erkrankung oder einer anderen Arbeitsunfähigkeit, die den Prokuristen an der Ausführung seiner vertraglichen Pflichten hindert, erhält der Prokurist die Vergütung gem. § 6 Abs. 1 für die Dauer von 6 Monaten. (2)

§ 8 Urlaub

Der Prokurist bestimmt Dauer und Lage seines Urlaubes nach den Interessen und geschäftlichen Erfordernissen der Gesellschaft selbst. Er wird seine Urlaubsabsicht rechtzeitig bekanntgeben und die erforderlichen Maßnahmen treffen, um einen ordnungsgemäßen Geschäftsgang sicher zu stellen.

Am 22. Dezember 2009 beantragte der Kläger bei der Beklagten die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung seiner Tätigkeit als Prokurist für Zeiten ab 1. Dezember 2009. Im Feststellungsbogen für das Statusfeststellungsverfahren gab er u.a. an, die Stammeinlagen der Komplementäre beliefen sich aktuell auf jeweils 1 Mio. DM, die der Kommanditistin auf 3 Mio. DM. Zwischen ihm und den Komplementären bestehe ein gleichberechtigtes Nebeneinander. Hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Arbeit unterliege er keinen Weisungen. Hinzu komme die Erteilung eines Stimmrechts sowie die Vereinbarung, sämtliche Gesellschafterbeschlüsse nur einstimmig zu treffen. Ferner habe er der Beigeladenen zu 1. Darlehen in Höhe von insgesamt 55.481,62 EUR gewährt, so dass ein erhebliches Unternehmerrisiko bestehe.

Nach Auswertung des Fragebogens sowie der vorgelegten Verträge und Unterlagen stellte die Beklagte - nach Anhörung sowohl des Klägers als auch der Beigeladenen zu 1. - mit Bescheid vom 28. Mai 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. August 2010 fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Prokurist bei der Beigeladenen zu 1. seit dem 1. Dezember 2009 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Zur Begründung führte sie aus, nach der Gesamtabwägung aller Umstände überwögen bei seiner Tätigkeit die für eine abhängige und damit versicherungspflichtige Tätigkeit sprechenden Kriterien. Zu nennen seien insbesondere die im Prokuristenvertrag vereinbarten typischen Arbeitnehmerrechte wie ein festes Monatsgehalt (welches als Betriebsausgabe verbucht werde) und ein Entgeltfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall sowie ferner seine fehlende Gesellschafterstellung und damit einhergehend sein mangelndes Unternehmerrisiko.

Am 29. September 2010 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Leipzig (SG) erhoben und ergänzend vorgetragen, er sei mit Wirkung zum 1. Juli 2011 - unter Übernahme der hälftigen Stammeinlage seines Vaters - als persönlich haftender Gesellschafter in die Beigeladene zu 1. eingetreten.

Mit Bescheid vom 13. September 2011 hat die Beklagte den angefochtenen Bescheid abgeändert und festgestellt, dass der Kläger in seiner seit dem 1. Dezember 2009 ausgeübten Beschäftigung als Prokurist der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Beklagte ferner Teilanerkenntnisse abgegeben und die angefochtene Statusentscheidung dahingehend abgeändert, dass Versicherungspflicht nur für den Zeitraum 1. Dezember 2009 bis 30. Juni 2011 und - wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze - nur in der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung vorliege. Diese Teilanerkenntnisse hat der Kläger jeweils angenommen.

Mit Urteil vom 29. November 2011 hat das SG der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide der Beklagten aufgehoben und dieser ferner die Kosten des Verfahrens auferlegt. Unter Berücksichtigung der im Prokuristenvertrag niedergelegten Rechte und Freiheiten des Klägers sowie der Tatsache, dass er der Beigeladenen zu 1. Darlehen in nicht unbeträchtlicher Höhe gewährt habe, überwögen bei der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Gesichtspunkte.

Mit ihrer am 6. Februar 2012 eingelegten Berufung macht die Beklagte geltend, die Entscheidung des SG widerspreche der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit. Das SG habe unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum weder Gesellschafter noch Geschäftsführer gewesen sei. Auch die (erstmals im Berufungsverfahren vorgelegte) Stimmbindungsvereinbarung, die zudem noch nicht einmal zwischen allen Gesellschaftern geschlossen worden sei, verleihe dem Kläger nicht die entscheidende Rechtsmacht.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 29. November 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Er hat im Berufungsverfahren eine als Anlage zum Prokuristenvertrag vom 2. November 2009 bezeichnete und von ihm sowie den beiden damaligen Komplementären unterzeichnete Stimmbindungsvereinbarung vorgelegt. Darin heißt es:

"Wir,

D und E

als Komplementäre der C KG erteilen

Herrn A ...

ein Stimmrecht im Sinne des § 6 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages, abgeleitet von den uns zustehenden Stimmrechten, um so die im Prokuristenvertrag heutigen Datums festgeschriebene Gleichstellung mit uns zu untermauern. Darüber hinaus binden wir uns in der Ausübung unserer Stimmrechte untereinander und an die Person des Herrn A ... Sämtliche Gesellschafterbeschlüsse werden einstimmig von uns, Herrn A ... eingeschlossen, gefasst. Bei abredewidriger Beschlussfassung gelten die abredewidrigen Stimmabgaben als nicht erfolgt."

Ergänzend hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22. April 2016 erklärt, für den Fall, dass das Gericht der sozialversicherungsrechtlichen Beurteilung der Beklagten folge, stimme er gemäß § 7a Abs. 6 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) dem Beginn der Versicherungspflicht erst mit der Bekanntgabe des Bescheides der Beklagten vom 13. September 2011 zu. Er habe für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der vorgenannten Entscheidung eine ausreichende Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen. Hinsichtlich der Altersvorsorge hat er die mit der G Pensionskasse AG und der H Lebensversicherung AG jeweils mit Wirkung zum 1. Mai 2003 geschlossenen Versicherungsverträge über laufende Rentenzahlungen ab Vollendung des 65. Lebensjahres vorgelegt; hinsichtlich der Krankenversicherung hat er auf seine seit Juli 2002 bestehende Mitgliedschaft bei der Beigeladenen zu 2. verwiesen.

Hierauf hat die Beklagte erwidert, auch für Personen, die - wie der Kläger - wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze (JAEG) in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) versicherungsfrei seien, könne seit 1. Januar 2009 nicht (mehr) auf das Vorhandensein einer ausreichenden Absicherung im Krankheitsfall verzichtet werden. Die von der Beigeladenen zu 2. als Pflichtmitgliedschaft (fort-)geführte Krankenversicherung des Klägers genüge diesen Anforderungen nicht. Im Fall des Hinausschiebens des Beginns der Versicherungspflicht bis zur Bekanntgabe des Bescheides vom 28. Mai 2010 seien die (Pflicht-)Beiträge ab 1. Dezember 2009 zu Unrecht entrichtet worden und von der Beigeladenen zu 2. zu erstatten. Damit entfalle rückwirkend der ausreichende Krankenversicherungsschutz. Dies gelte auch dann, wenn die Pflichtmitgliedschaft rückwirkend in eine freiwillige Mitgliedschaft umgewandelt würde, da dann nicht gewährleistet sei, dass diese Mitgliedschaft dem Grunde nach auch einen Anspruch auf Krankengeld umfasse.

Die Beigeladene zu 2. hat ausgeführt, die Krankenversicherung des Klägers sei auf Grund der Meldungen der Beigeladenen zu 1. als Pflichtmitgliedschaft geführt worden, ohne dass die Versicherungsfreiheit auf Grund Überschreitens der JAEG geprüft worden sei. Beitragsrechtlich mache es jedoch keinen Unterschied, ob der Kläger für den Zeitraum 1. Dezember 2009 bis 31. Mai 2010 als Pflichtmitglied oder als freiwilliges Mitglied geführt werde, da er ohnehin bereits Beiträge nach der BBG entrichtet habe. U. a. deshalb habe man bisher von einer Umwandlung des Versicherungsverhältnisses abgesehen. Auch nach einer entsprechenden Umwandlung bestünde jedoch (weiterhin) eine Absicherung gegen Krankheit mit Anspruch auf Krankengeld.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten aus beiden Rechtszügen und die Akten der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da das hierfür erforderliche Einverständnis der Beteiligten vorlag.

Die gemäß §§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zum Teil begründet. Zu Recht hat die Beklagte für den streitgegenständlichen Zeitraum (1. Dezember 2009 bis 30. Juni 2011) das Vorliegen einer abhängigen und Versicherungspflicht in der GRV (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI) und nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 24 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III) begründenden Beschäftigung des Klägers als Prokurist der Beigeladenen zu 1. angenommen (dazu unter 1.). Im Übrigen war die Berufung der Beklagten zurückzuweisen, da Beginn der Versicherungspflicht nicht bereits ab Aufnahme der Beschäftigung war, sondern erst ab Bekanntgabe ihrer Statusentscheidung vom 28. Mai 2010 (dazu unter 2.).

1. Zunächst ist festzuhalten, dass der Bescheid vom 13. September 2011 gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens geworden ist. Mit diesem Bescheid - in der Gestalt der Teilanerkenntnisses vom 29. November 2011 - hat die Beklagte das Bestehen von Versicherungspflicht in der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt, und damit entsprechend der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht nur - wie ursprünglich - über das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses entschieden, sondern auch über die Versicherungspflicht in den einschlägigen Zweigen der Sozialversicherung (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R - juris Rn. 13).

Rechtsgrundlage für den Erlass der angefochtenen Bescheide ist § 7a SGB IV. Danach können die Beteiligten bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Bund schriftlich eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren über die Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet (Abs. 1). Die DRV Bund entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles (Abs. 2). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG, welcher der Senat folgt, setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten ist regelmäßig eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl. BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 12 R 17/09 R - juris Rn. 16 m.w.N.).

Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgebend ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R - juris Rn. 14 m.w.N.).

Gemessen an den vorstehenden Kriterien überwiegen vorliegend die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung bei weitem. Ausgangspunkt sind zunächst die vertraglichen Vereinbarungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. sowie die tatsächliche Handhabung des Beschäftigungsverhältnisses. Danach ist der Kläger gegenüber der Beigeladenen zu 1. zur regelmäßigen Erbringung einer Arbeitsleistung gegen eine regelmäßige, im Voraus feststehende und monatlich ausgezahlte Vergütung verpflichtet. Im Krankheitsfall besteht ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für sechs Monate. Nach den Angaben des Klägers und der Beigeladenen zu 1. im Feststellungsbogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung wird die Vergütung als Betriebsausgabe verbucht und von ihr Lohnsteuer entrichtet. Ein weiteres gewichtiges, gegen eine selbständige Tätigkeit sprechendes Indiz ist, dass der Kläger kein wesentlich ins Gewicht fallendes Unternehmerrisiko trägt. Dies ergibt sich für den streitgegenständlichen Zeitraum bereits aus der fehlenden Beteiligung am Stammkapital der KG. Bei dieser Sachlage reicht auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 1. und der Kläger im Prokuristenvertrag von einer den Komplementären als Geschäftsführern vergleichbaren (§ 1 Abs. 1) und damit selbständigen Tätigkeit ausgingen, nicht aus, um den Kläger als Selbstständigen anzusehen. In dieser Handhabung zeigt sich lediglich der Wille der Vertragspartner, seine Tätigkeit als eine selbstständige zu behandeln. Dieser Wille allein macht aus einem tatsächlich bestehenden Beschäftigungsverhältnis aber keine selbstständige Tätigkeit. Dies gilt entsprechend für die ausdrücklichen bzw. konkludenten vertraglichen Regelungen über ein im Wesentlichen freies Bestimmen über die Arbeitszeit oder einen nicht im Voraus hinsichtlich Lage und Dauer geregelten Anspruchs auf Urlaub. Auch dies zeigt lediglich, dass die Beteiligten bei Vertragsschluss von einer selbstständigen Tätigkeit ausgehen bzw. ausgehen wollten und deshalb übliche Arbeitnehmerrechte nicht vereinbart haben. Solche Vereinbarungen sind im Übrigen eher typisch bei Scheinselbstständigkeit, bei denen die Arbeitnehmerrechte nach dem Bundesurlaubsgesetz ebenso wie die Beitragszahlung zur Sozialversicherung umgangen werden. Dem Arbeitnehmer werden dadurch Schutzmöglichkeiten genommen, ohne dass dies, wie vorstehend ausgeführt, im Ergebnis durch unternehmerische Rechte oder gar Gewinne kompensiert wird (ebenso: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Oktober 2012 - L 4 R 761/11 - juris Rn. 54). Die Parteivereinbarungen können die Bewertung der Rechtsbeziehung als Arbeitsverhältnis nicht abbedingen und den Geltungsbereich der Arbeitnehmerschutzrechte nicht einschränken. Maßgebend ist aus den dargelegten Gründen nicht die subjektive Vorstellung der Beteiligten, sondern das Gesamtbild der Arbeitsleistung nach den tatsächlichen Verhältnissen (BSG, Urteil vom 22. Juni 2005 - B 12 KR 28/03 R - juris Rn. 20; BAG, Urteil vom 20. Januar 2010 - 5 AZR 106/09 - juris Rn. 18).

Soweit der Kläger auf die als Anlage zum Prokuristenvertrag bezeichnete Stimmbindungsvereinbarung verweist, vermag diese das von ihm begehrte Rechtsschutzziel gleichfalls nicht zu begründen. Sofern der Kläger damit geltend machen will, ihm sei eine einem Minderheitsgesellschafter mit gesellschaftsvertraglicher Sperrminorität vergleichbare Rechtsmacht zugekommen, vermag dies aus mehreren Gründen nicht zu überzeugen.

Die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit des Klägers auf Grund einer aus der Stimmbindungsvereinbarung faktisch resultierenden Sperrminorität begegnet bereits gesellschaftsrechtlichen Bedenken. Die Sperrminorität eines Minderheitsgesellschafters ist in der Rechtsprechung (nur) dann als Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit gewertet worden, wenn ein Gesellschafter für die Gesellschaft zugleich zum Geschäftsführer bestellt war (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 13/14 R - juris Rn. 21; Urteil vom 19. August 2015 - B 12 KR 9/14 R - juris Rn. 27 ff.; Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - juris Rn. 25; Urteil vom 17. Mai 2001 - B 12 KR 34/00 R - juris Rn. 15; Urteil vom 23. Juni 1994 - B12 RK 72/92 - juris Rn. 14/15). Dies ist in der herausgehobenen Stellung des Geschäftsführers innerhalb der Organisation einer Personen- oder Kapitalgesellschaft (hier: einer KG gemäß §§ 161 ff. Handelsgesetzbuch - HGB) begründet. Die Komplementäre einer KG sind Geschäftsführer (§ 114 HGB) und organschaftliche Vertreter der Gesellschaft im Rechtsverkehr (§ 125 HGB). Kommanditisten sind sowohl von der Geschäftsführung (§ 164 Satz 1 HGB) als auch von der Vertretung der Gesellschaft (§ 170 HGB) ausgeschlossen. Die Vertretungsbefugnis der Komplementäre ist zwingend und darf selbst durch den Gesellschaftsvertrag nicht eingeschränkt werden. Es gilt - anders als bei Kapitalgesellschaften - der Grundsatz der Selbstorganschaft. Die organschaftliche Vertretungsmacht als solche ist höchstpersönlich und unübertragbar. Nichtorganschaftliche umfassende Vollmachten an Dritte können eine unzulässige Fremdorganschaft darstellen, wenn sie etwa eine Bindung in der eigenen Ausübung an die Weisungen Dritter enthalten (vgl. Roth in: Baumbach/Hopt [36. Aufl. 2014], § 125 Rn. 5 ff.). Eine Vertretung der Gesellschaft durch den Prokuristen ist nur in Gemeinschaft mit einem (persönlich haftenden) Gesellschafter zulässig (§ 125 Abs. 3 HGB). Neben der Vertretungsbefugnis im Außenverhältnis obliegt dem Geschäftsführer im Innenverhältnis die Geschäftsführungsbefugnis. Die Geschäftsführung umfasst sämtliche tatsächlichen und rechtsgeschäftlichen, gewöhnlichen und außergewöhnlichen Handlungen der Gesellschafter, die auf die Verwirklichung des Gesellschaftszwecks gerichtet sind, wie insbesondere die zweckmäßige Organisation des Unternehmens, das interne Controlling, die Unternehmensplanung und die Besetzung von Führungspositionen. Er hat das Tagesgeschäft zu leiten und nimmt für die GmbH die Arbeitgeber- und Unternehmerfunktion wahr. Er schließt für die GmbH mit den Arbeitern und Angestellten Arbeitsverträge ab und übt gegenüber dem einzelnen Arbeitnehmer die Weisungsbefugnisse des Arbeitgebers aus (vgl. Roth - a. a. O. - § 114 Rn. 2 f.). Die Geschäftsführungsbefugnis umfasst (unbeschadet des in § 5 Abs. 3 Buchst. h) des Gesellschaftsvertrages der Beigeladenen zu 1. geregelten Erfordernisses der Zustimmung aller Gesellschafter) auch die Bestellung und Entlassung von Prokuristen (§ 116 Abs. 3 HGB). Die (organschaftliche) Geschäftsführung als solche ist - wie die Vertretungsbefugnis - höchstpersönlich und nicht übertragbar. Dieses Abspaltungsverbot schließt eine echte Vertretung in der Geschäftsführung aus. Die gleichwohl zulässige (rechtsgeschäftliche) Betrauung von Dritten mit Geschäftsführungsaufgaben, die auch umfassend sein kann, stellt keine Übertragung der Geschäftsführung dar, und wird von den Dritten kraft Dienstvertrages wahrgenommen. Eine echte Mitwirkung Dritter an der Willensbildung der Gesellschaft durch Stimm- und Kontrollrechte ist nur auf Grund des Gesellschaftsvertrages und nur mit abgeleiteten Befugnissen zulässig (Roth - a. a. O. - § 114 Rn. 11, 28).

Der Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum weder Gesellschafter noch Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1. Er besaß mangels Beteiligung am Stammkapital nicht die Rechtsmacht, seine Weisungsgebundenheit als Angestellter der Gesellschaft aufzuheben oder abzuschwächen. Mangels anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag der Beigeladenen zu 1. ist die Dienstaufsicht über die Angestellten Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung (vgl. zu einem in der Rechtsform einer GmbH organisierten Unternehmen: BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 13/14 R - juris Rn. 21; Urteil vom 19. August 2015 - B 12 KR 9/14 R - juris Rn. 28 f.). Das schließt zwar nicht aus, dass die Gesellschafterversammlung diese Aufgabe allgemein oder im Einzelfall an sich ziehen kann; entsprechende Gesellschafterbeschlüsse sind nicht aktenkundig und erforderten ohnehin einen Mehrheitsbeschluss, den der Kläger allein nicht hätte durchsetzen können (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 23. Juni 1994 - B 12 RK 72/92 - juris Rn. 15). Die von den Vertragsparteien des Prokuristenvertrags vom 2. November 2009 getroffenen Regelungen und Wertungen vermögen das Begehr des Klägers daher nicht zu stützen.

Die angeführte (schuldrechtliche) Stimmbindungsvereinbarung hat jedoch auch ungeachtet der vorstehend skizzierten gesellschaftsrechtlichen Vorgaben keine - im Rahmen der sozialversicherungsrechtlichen Gesamtabwägung entscheidende - Indizfunktion für das Vorliegen selbstständiger Tätigkeit. Die außerhalb des Gesellschaftsvertrages getroffene Stimmbindungsvereinbarung ist nicht geeignet, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben. Der Prokuristenvertrag - und damit zugleich die als Anlage zu diesem bezeichnete Stimmbindungsvereinbarung - war seitens der Gesellschaft aus wichtigem Grund kündbar (§ 5 Abs. 2 des Prokuristenvertrags). Die rechtliche Machtposition des Klägers reichte damit, sozialversicherungsrechtlich betrachtet, nicht so weit, dass er sich aus der dargestellten Weisungsabhängigkeit lösen konnte oder gar seinerseits den geschäftsführenden Komplementären trotz der diesen nach dem HGB und auch gesellschaftsvertraglich eingeräumten Rechte Weisungen hätte erteilen können (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 13/14 R - juris Rn. 25). Nicht mehr vertieft zu erörtern war durch den Senat daher die Frage, ob angesichts des Umstandes, dass die Stimmbindungsvereinbarung nicht von allen Gesellschaftern der Beigeladenen zu 1. abgeschlossen worden war, und der Unklarheit darüber, wie viele "Stimmen" der Kläger infolge der hälftigen Übernahme der Stammeinlage seines Vaters erhalten hat, im konkreten Einzelfall weitere, gegen eine rechtliche Relevanz der Stimmbindungsvereinbarung sprechende Gesichtspunkte gegeben wären.

Es liegen keine Tatbestände vor, die generell eine Versicherungsfreiheit begründeten oder die Versicherungspflicht in einem der streitgegenständlichen Zweige der Sozialversicherung ausschlossen. Es handelte sich ferner nicht um eine geringfügige Beschäftigung gemäß § 8 SGB IV; es lag keine unständige Beschäftigung im Sinne von § 27 Abs. 3 Nr. 1 SGB III vor.

2. Die danach von der Beklagten der Sache nach zu Recht festgestellte Versicherungspflicht in der GRV und nach dem Recht der Arbeitsförderung beginnt jedoch erst am 31. Mai 2010. Dies folgt aus § 7a Abs. 6 Satz 1 SGB IV. Wird danach der Antrag auf Statusfeststellung innerhalb eines Monats nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt und stellt die Deutsche Rentenversicherung Bund ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis fest, tritt die Versicherungspflicht mit der Bekanntgabe der Entscheidung ein, wenn der Beschäftigte

1. zustimmt und 2. er für den Zeitraum zwischen Aufnahme der Beschäftigung und der Entscheidung eine Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge vorgenommen hat, die der Art nach den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht.

Abzustellen ist auf die Bekanntgabe der Entscheidung der Beklagten vom 28. Mai 2010, und dies auch eingedenk des Umstandes, dass diese Entscheidung zunächst eine (unzulässige) Elementenfeststellung und die erforderliche konkrete Entscheidung über das Bestehen von Versicherungspflicht erst durch den Bescheid vom 13. September 2011 (in der Gestalt der Teilanerkenntnisses vom 29. November 2011) getroffen worden ist (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 24. März 2016 - B 12 R 3/14 R - juris Rn. 12). Der maßgebliche Zeitraum erstreckt sich damit vom 1. Dezember 2009, dem Tag der Aufnahme der Beschäftigung, bis zum 30. Mai 2010, dem Tag vor der Bekanntgabe (§ 37 Abs. 2 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X) der Entscheidung der Beklagten.

Für den maßgeblichen Zeitraum verfügte der Kläger - unstreitig - über eine den gesetzlichen Anforderungen genügende Absicherung zur Altersvorsorge. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten verfügte er jedoch auch über eine ausreichende Absicherung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit. Eine solche war ab 1. Januar 2009 grundsätzlich auch für Personen wie den Kläger, die wegen Überschreitens der JAEG gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) versicherungsfrei in der GKV waren, erforderlich. Ab diesem Zeitpunkt erfasst die Regelung über die absolute Versicherungsfreiheit in § 6 Abs. 3 Satz 1 SGB V auch die Auffangpflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Der Gesetzgeber hat dies damit begründet, dass es zum 1. Januar 2009 der nachrangigen Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung für die in § 6 Abs. 1 genannten Personenkreise nicht mehr bedürfe. Ab diesem Zeitpunkt bestehe gemäß § 193 Abs. 3 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) für Personen mit Wohnsitz im Inland die Pflicht, mit einem privaten Krankenversicherungsunternehmen eine Krankheitskostenversicherung abzuschließen, die mindestens eine Kostenerstattung für ambulante und stationäre Heilbehandlung umfasst und bei der Selbstbehalte für ambulante und stationäre Heilbehandlung betragsmäßig auf maximal 5.000,00 EUR im Jahr begrenzt sind. Die Versicherungspflicht in der privaten Krankenversicherung (PKV) bestehe u. a. nicht für Personen, die in der GKV versichert oder versicherungspflichtig sind (BT-Drs. 16/10609 S. 50 zu Nummer 0). Für den Kläger bestand danach im maßgeblichen Zeitraum (s. o.) keine Versicherungspflicht in der PKV, da er in der GKV versichert war. Die Beigeladene zu 2. hat für den Kläger - ungeachtet der infolge der Überschreitung der JAEG bestehenden Versicherungsfreiheit - eine Krankenversicherung auf der Grundlage einer Pflichtmitgliedschaft (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V) durchgeführt. Bei Eintritt des Versicherungsfalles "Krankheit" hätte der Kläger folglich die gesetzlichen Leistungsansprüche gegenüber der Beigeladenen zu 2. geltend machen können. Allein hierauf kommt es im Rahmen der Prüfung des Vorliegens der Voraussetzungen nach § 7a Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 SGB IV an. Anders als in der GRV steht in der GKV nicht die Begründung von Anwartschaften zur Sicherung eines künftigen Leistungsanspruchs (im Alter) im Vordergrund, sondern die aktuelle Absicherung gegen das (finanzielle) Risiko von Krankheit. Folglich ist es für den vorliegenden Zusammenhang unbeachtlich, ob die Krankenversicherung nachträglich rückwirkend in eine freiwillige Versicherung (hier: mit Anspruch auf Krankengeld) umgewandelt wird, ob die Beiträge nachträglich erstattet werden oder ob Letzteres durch die Regelung in § 26 Abs. 2 SGB IV ausgeschlossen ist. Der Kläger war in jedem Fall im und für den maßgeblichen Zeitraum nie dem finanziellen Risiko von Krankheit ausgesetzt, ohne hierfür über eine ausreichende versicherungsrechtliche Absicherung zu verfügen. Eine Umwandlung bzw. beitragsrechtliche Rückabwicklung ist zudem seitens der Beigeladenen zu 2. bislang weder durchgeführt worden noch beabsichtigt. Etwas anderes ergäbe sich allenfalls dann, wenn das Krankenversicherungsverhältnis für den maßgeblichen Zeitraum vollständig, d. h. sowohl beitrags- als auch leistungsrechtlich, rückabgewickelt würde. Dem steht jedoch die angeführte Verfallsklausel in § 26 Abs. 2 SGB IV entgegen, die bei tatsächlich durch den Versicherten empfangenen Leistungen für die Beitragsseite das Bestehen eines entsprechenden Versicherungsverhältnisses fingiert (Waßer in: jurisPK SGB IV § 26 Rn. 85).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Nach § 183 Satz 3 SGG steht den kostenprivilegierten Personen gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Damit soll klargestellt werden, dass die Kostenfreiheit auch dann gilt, wenn ein Beteiligter geltend macht, er sei Versicherter. Der letztendliche Erfolg einer Klage kann für die Frage der Kostenprivilegierung keine Rolle spielen. Aus § 183 Satz 3 SGG kann daher nicht gefolgert werden, der Beteiligte, der sich im Rechtsstreit erfolgreich gegen die Feststellung der Versicherteneigenschaft zur Wehr setzt, sei nicht Versicherter i. S. v. § 183 SGG; maßgebend ist, dass über den Status als Versicherter gestritten wird (Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer [12. Aufl.], § 183 SGG Rn. 9). Die erstinstanzliche Kostenentscheidung war daher auch insoweit zu korrigieren.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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