Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 1 AL 299/15
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AL 76/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Pflicht zu einer Spontanberatung über die Möglichkeit, dass eine antragstellende Person bis zur Entscheidung über den Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit bestimmen kann, dass der Anspruch nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll, setzt bei einer im Raum stehenden Weiterbeschäftigung die Kenntnis der konkreten Leistungslücke, der Dauer des neuen Beschäftigungsverhältnisses und der Höhe der dann geschuldeten Vergütung voraus.
2. Der Fall einer Verschiebung des Datums der Antragstellung bei einem bereits vorliegenden wirksamen, "verfrühten" Antrag auf Arbeitslosengeld im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist von dem Fall, dass ein früherer Antrag auf Arbeitslosengeld vollständig beseitigt werden soll, zu unterscheiden.
2. Der Fall einer Verschiebung des Datums der Antragstellung bei einem bereits vorliegenden wirksamen, "verfrühten" Antrag auf Arbeitslosengeld im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist von dem Fall, dass ein früherer Antrag auf Arbeitslosengeld vollständig beseitigt werden soll, zu unterscheiden.
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Leipzig vom 6. April 2016 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu er-statten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt höheres Arbeitslosengeld und dies für eine längere Anspruchsdauer.
Die am 1961 geborene Klägerin war vom 24. Juni 2013 bis zum 31. Dezember 2014 befristet als Krankenschwester im Fachklinikum A ... beschäftigt. Sie meldete sich am 12. November 2014 arbeitssuchend und zum 1. Januar 2015 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld.
Im Rahmen der persönlichen Vorsprache am 28. November 2014 teilte sie der Mitarbeiterin der Beklagten mit, dass eventuell eine Verlängerung der Beschäftigung möglich sei. Am 15. Dezember 2014 teilte sie sodann telefonisch mit, die mündliche Zusage für eine Vertragsverlängerung erhalten zu haben. Die Klägerin wurde darauf hingewiesen, dass sie sich nach Erhalt des Arbeitsvertrages abmelden müsse.
Die Arbeitsbescheinigung vom 18. Dezember 2014 weist für 365 Tage ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt der Klägerin in Höhe von 13.067,76 EUR aus.
Mit Bescheid vom 13. Januar 2015 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. Januar 2015 bis zum 7. Januar 2015 wegen verspäteter Arbeitssuchendmeldung fest.
Mit Bescheid vom 13. Januar 2015 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld für 240 Kalendertage vom 1. Januar 2015 bis zum 7. Januar 2015 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 0,00 EUR wegen der Sperrzeit und vom 8. Januar 2015 bis zum 29. August 2015 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 16,31 EUR bei einem täglichen Bemessungsentgelt von 35,80 EUR.
Die Klägerin wandte sich gegen die Sperrzeitentscheidung mit Widerspruch vom 17. Januar 2015, da das Arbeitsverhältnis sachlich befristet gewesen wäre und ihr erst mit Schreiben vom 10. November 2014 mitgeteilt worden sei, dass das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2014 beendet werden müsse und man sich bei ihr gern melden würde, wenn sich eine neue Möglichkeit der Beschäftigung ergeben sollte.
Die Beklagte gewährte der Klägerin daraufhin mit Änderungsbescheid vom 21. Januar 2015 für die gesamte Anspruchsdauer vom 1. Januar 2015 bis zum 30. August 2015 Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 16,31 EUR.
Mit E-Mail vom 23. Februar 2015 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie ab dem 1. März 2015 wieder sachlich befristet in der Fachklinik A ... beschäftigt sei.
Mit Bescheid vom 23. Februar 2015 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 1. März 2015 wegen Aufnahme einer Beschäftigung auf.
Die Klägerin meldete sich am 12. August 2015 erneut arbeitssuchend, nachdem sie am 11. August 2015 erfahren hatte, dass das erneut sachlich befristete Arbeitsverhältnis zum 31. August 2015 enden werde. Sie meldete sich zum 1. September 2015 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Unter Berücksichtigung der Beschäftigungszeiten vom 24. Juni 2013 bis zum 31. Dezember 2014 sowie der Weiterbeschäftigung vom 1. März 2015 bis zum 31. August 2015 betrage die versicherungspflichtige Beschäftigung seit den letzten fünf Jahren mehr als 24 Monate, konkret mehr als 26 Monate, wovon in zwei Monaten eine Lohnzahlung nicht erfolgt sei. Damit steige die Anwartschaftszeit auf 12 Monate. Da sich mit der neuen Beschäftigung ab März die Arbeitszeit und das Gehalt je Stunde erhöht hätten, müsse die Höhe des Arbeitslosengeldes neu errechnet werden. Die während der Monate Januar und Februar damit zu viel gezahlten Arbeitslosengeldbeträge könnten dem Konto zurückbelastet werden. Alternativ könnten die ersten beiden neuen Zahlungen für September und Oktober um diese Beträge gekürzt werden.
Die Arbeitsbescheinigung vom 20. August 2015 weist für die Zeit vom 1. März 2015 bis zum 31. August 2015 ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 8.133,18 EUR aus.
Mit Bescheid vom 28. August 2015 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld für 180 Kalendertage vom 1. September 2015 bis zum 29. Februar 2016 in Höhe von täglich 16,31 EUR bei einem Bemessungsentgelt von täglich 35,80 EUR.
Mit Widerspruch vom 4. September 2015 wandte sich die Klägerin gegen den Bewilligungsbescheid und beantragte die Neuberechnung der Arbeitslosengeldhöhe sowie die Neufestsetzung der Anwartschaftszeit. Beide Tätigkeiten seien als eine Beschäftigungszeit anzusehen, so dass sich die Dauer des Bezuges auf 12 statt bisher 8 Monate verlängere. Zudem habe sie unter Berücksichtigung des höheren Entgeltes einen höheren Durchschnittsverdienst erzielt, da die zwei Unterbrechungsmonate komplett auszuklammern seien, solange mindestens 150 Tage verbleiben würden. Die aufgrund des höheren Verdienstes auch deutlich höhere Einzahlung in die Arbeitslosenversicherung müsse nach dem Grundgesetz im Anspruchsfall auch eine höhere Auszahlung zur Folge haben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2015 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Rahmenfrist reiche nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der die oder der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt habe. Aufgrund der Erfüllung der Anwartschaftszeit am 1. Januar 2015 dürfe die davorliegende Zeit nicht berücksichtigt werden. Am 1. Januar 2015 sei ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für 240 Tage erworben worden. Danach sei keine neue Anwartschaftszeit erfüllt. Innerhalb der Rahmenfrist vom 1. Januar 2015 bis zum 31. August 2015 seien nur 184 Tage versicherungspflichtige Zeiten zurückgelegt worden. Um einen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld zu erwerben, sei mindestens ein zwölfmonatiges Versicherungspflichtverhältnis innerhalb der Rahmenfrist notwendig. Der am 1. Januar 2015 erworbene Anspruch auf Arbeitslosengeld mindere sich um 60 Tage (1. Januar 2015 bis zum 28. Februar 2015), für den Arbeitslosengeld gezahlt worden sei. Damit verbleibe ein Restanspruch von 180 Tagen, der bewilligt worden sei. Auch die Höhe des Arbeitslosengeldes sei richtig ermittelt worden. Das Arbeitslosengeld richte sich nach dem im Bemessungszeitraum erzielten Bruttoentgelt. Der Bemessungszeitraum umfasse die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasse ein Jahr, er ende mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs. Mangels Erfüllung einer neuen Anwartschaftszeit sei kein neuer Anspruch entstanden, so dass nur das Bemessungsentgelt habe wieder bewilligt werden können, das zum 1. Januar 2015 ermittelt worden sei.
Die Klägerin hat am 20. November 2015 Klage erhoben. Sie habe beim ersten persönlichen Pflichtgespräch und bei der Unterlagenabgabe darauf hingewiesen, dass gute Chancen beständen, die Tätigkeit beim gleichen Arbeitgeber in Kürze fortzusetzen. Das der Agentur von Anfang an bekannte Kündigungsschreiben vom 10. November 2014 habe den Hinweis enthalten: "Gern würden wir uns bei Ihnen melden, sollte sich eine neue Möglichkeit der Beschäftigung ergeben." Aufgrund dessen hätte die Beklagte über die Optionspflicht beraten müssen. Hätte sie diese Beratung erhalten, hätte sie auf die Fortsetzung der Arbeit spekuliert und dem Verzicht auf den Arbeitslosengeldanspruch den Vorzug gegeben, da, wie festgestellt, eine gute Aussicht auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bestanden habe. Dies wäre ihr auch aufgrund der guten Einkommenssituation ihres Mannes finanziell möglich gewesen. Im Merkblatt für Arbeitslose finde sich kein ausreichender Hinweis auf das Optionsrecht. Die Beschäftigung wäre innerhalb der Fünf-Jahres-Rahmenfrist zu berücksichtigen, wenn nicht inzwischen Arbeitslosengeld bewilligt worden wäre. Es sei zudem mit dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbar, dass der Anspruch nicht von Einzahlungen abhänge, sondern ein Stichtag über Höhe und Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes innerhalb einer Periode entscheiden würde.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass sich aus der Akte keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben würden, dass die Klägerin in Erwägung gezogen oder ein Beratungsbegehren dahingehend geäußert habe, ab dem 1. Januar 2015 für einen unbestimmten Zeitraum ohne Leistungen und ohne Krankenversicherungsschutz zu sein. Anders als bei konkret bekannten Zeiträumen, zum Beispiel bis zur Vollendung des Lebensjahres, sei im Fall der Klägerin kein Beratungsbedarf offensichtlich gewesen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 6. April 2016 abgewiesen. Es könne dahinstehen, ob die Klägerin die Beklagte darauf hingewiesen habe, dass gute Chancen bestünden, die Tätigkeit beim gleichen Arbeitgeber in Kürze fortsetzen zu können. Ob und wann die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung beim ehemaligen Arbeitgeber bestanden hätte, sei völlig offen gewesen. Das "Kündigungsschreiben" sei der Beklagten erst mit Schreiben vom 17. Januar 2015 vorgelegt worden. Die Beklagte müsse die Klägerin daher nicht rückwirkend im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so stellen, als hätte sie bei entsprechender Beratung keinen Antrag auf Arbeitslosengeld ab 1. Januar 2015 gestellt.
Gegen den Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 29. April 2016 Berufung eingelegt. Die Beratungspflicht werde ins Gegenteil verkehrt. Trotz des genannten Urteils werde bis heute auf das Dispositionsrecht der Antragsteller in der Informationsbroschüre nicht hingewiesen. Trotz des Urteils habe es auch keine individuelle Beratung in ihrem speziellen Fall gegeben, obwohl der Beklagten bereits am 12. November 2014 bei der telefonischen Kontaktaufnahme die Kündigung mit Aussicht auf Weiterbeschäftigung vorgetragen worden sei und diese am 28. November 2014 persönlich übergeben wurde, so dass bereits vor der Bewilligung Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Beratung vorgelegen hätten. Die Behauptung, die Kenntnis habe erst am 17. Januar 2015 bestanden, sei falsch. Dies ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass die Beklagte Arbeitslosengeld ohne vorherige Vorlage des verbindlichen Kündigungsschreibens nie bewilligt hätte. Am 17. Januar 2015 sei lediglich der Arbeitsvertrag wegen der strittigen Sperrfrist entsprechend der Anforderung nachgereicht worden. Da bei einer längeren Einzahlungsdauer auch ein längerer Auszahlungsanspruch bestehe, hätte sie hinsichtlich des Optionsrechtes beraten werden müssen. Soweit auf ein Merkblatt verwiesen werde, falle in diesem weder der Begriff "Optionsrecht" noch würden die Auswirkungen im Hinblick auf Leistungshöhe und Dauer auch nur ansatzweise erläutert. Bis zur erneuten Arbeitsaufnahme am 1. Juni 2016 sei daher höheres Arbeitslosengeld zu bewilligen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Leipzig vom 6. April 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 28. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2015 Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. September 2015 bis zum 31. Mai 2016 unter Einbeziehung der Beschäftigungszeiten und der Arbeitsentgelte der Weiterbeschäftigung vom 1. März 2015 bis zum 31. August 2015 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wenn kein konkretes Beratungsbegehren an sie herangetragen würde, seien die Versicherten im Rahmen der sogenannten Spontanberatung nur bei Vorliegen eines konkreten Anlasses auf klar zu Tage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und die von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt werden würden. Es sei jedoch vor der Bewilligung des Arbeitslosengeldes völlig offen gewesen, ab wann, mit welchem Verdienst und für welche Dauer sich für die Klägerin eine neue Möglichkeit der Beschäftigung ergeben würde, so dass es sich nicht habe aufdrängen müssen, dass für die Klägerin eine Verschiebung des Arbeitslosengeldanspruchs auf unbestimmte Zeit in Betracht komme. Aus den Aktenvermerken vom 12. November 2014, 28. November 2014 und 15. Dezember 2014 sei lediglich zu erkennen, dass eventuell eine Vertragsverlängerung möglich sei. Auch aus der Eingliederungsvereinbarung vom 28. November 2014 ergebe sich in keiner Weise, dass eine Wiedereinstellung der Klägerin bei ihrem alten Arbeitgeber in naher Zukunft im Raum gestanden hätte. In Fällen einer Wiedereinstellungszusage werde die Verfügbarkeit für andere Beschäftigungen nochmals genauer abgeprüft. Dass die Vermittlerin dies nicht getan habe, sei ein weiterer Anhalt dafür, dass eine Wiedereinstellung nicht Gesprächsgegenstand gewesen sei. Zudem enthalte das Merkblatt 1 unter Pkt. 2.2 "Antrag stellen" folgenden Hinweis: "Bis zur Entscheidung über den Antrag können Sie auch festlegen, dass Ihr Leistungsanspruch nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll. Fragen dazu beantwortet Ihre Agentur für Arbeit." Ohne besonderen Anlass bestehe keine Pflicht, auf das Dispositionsrecht hinzuweisen. Ein konkreter Beratungswunsch zum Dispositionsrecht sei unstreitig nicht geäußert worden. Die Pflicht zur Spontanberatung habe unter Berücksichtigung der konkreten Umstände nicht bestanden. In Ansehung der unsicheren Entwicklung hätte ein verständiger Leistungsberechtigter das Recht auf Nichtgeltendmachung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld mutmaßlich nicht genutzt. Im Nachhinein könne leicht behauptet werden, man wäre das Risiko eingegangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Der Berufungsantrag bedarf der Auslegung (vgl. § 123 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Die Klägerin begehrt höheres Arbeitslosengeld ab dem 1. September 2015 über das bisherige Bewilligungsende am 29. Februar 2016 hinaus bis zum 31. Mai 2016. Sie begehrt so gestellt zu werden, wie sie stehen würde, wenn sie auf die Gewährung von Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 28. Februar 2015 verzichtet hätte, wobei die Frage der eventuellen Rückforderung des dann für diesen Zeitraum zu unrecht gezahlten Arbeitslosengeldes einem gesonderten Verwaltungsverfahren vorbehalten bleiben und die tatsächliche Beschäftigungsaufnahme und Beendigung der Arbeitslosigkeit zum 1. Juni 2016 Berücksichtigung finden soll.
II. Die so verstandene Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft. Selbst bei Zugrundelegung des bisher bewilligten täglichen Leistungsbetrages in Höhe von 16,31 EUR (wobei tatsächlich ein höherer Anspruch geltend gemacht wird) errechnet sich allein für die weiteren 90 Leistungstage ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in Höhe von 1.467,90 EUR, so dass der Wert des Beschwerdegegenstandes unzweifelhaft über 750,00 EUR liegt. Anders wäre es, wenn die für Januar und Februar 2015 – auch nach der eigenen Argumentation der Klägerin – dann zu erstattenden Beträge bereits gegengerechnet werden würden.
III. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 28. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2015 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung höheren Arbeitslosengeldes vom 1. September 2015 bis zum 31. Mai 2016.
1. Maßgebend für die Prüfung des geltend gemachten Anspruches ist das Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) in der seit 1. April 2012 geltenden Fassung.
a) Gemäß § 136 Abs. 1 Nr. 1 SGB III haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit. Gemäß § 137 Abs. 1 SGB III hat Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit, wer 1. arbeitslos ist, 2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt hat.
Gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 SGB III hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt gemäß § 143 Abs. 1 SGB III zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Rahmenfrist reicht nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der die oder der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte (vgl. § 143 Abs. 2 SGB III).
Entsprechend richtet sich die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach der Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der um drei Jahre erweiterten Rahmenfrist (vgl. § 147 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III). Wobei die Vorschriften des Ersten Unterabschnitts zum Ausschluss von Zeiten bei der Erfüllung der Anwartschaftszeit und zur Begrenzung der Rahmenfrist durch ein vorangegangene Rahmenfrist entsprechend gelten (vgl. § 147 Abs. 1 Satz 2 SGB III).
b) Die Beklagte stellte zutreffend im Bewilligungsbescheid vom 13. Januar 2015 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für 240 Kalendertage fest (= 30 Tage x 8 Monate, vgl. § 147 Abs. 2 Reihe 2 SGB III). Denn der Anspruch auf Arbeitslosengeld beträgt nach Versicherungspflichtverhältnissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens 16 Monaten (nächste Stufe bei mindestens 20 Monaten) 8 Monate. Die Klägerin war zuletzt vom 24. Juni 2013 bis zum 31. Dezember 2014 (weniger als 19 Monate) versicherungspflichtig beschäftigt.
Hiervon verbrauchte die Klägerin wegen der Arbeitslosigkeit vom 1. Januar 2015 bis zum 28. Februar 2015 60 Kalendertage, sodass ein Restanspruch im Umfang von 180 Kalendertagen verblieb. Entsprechend stellte die Beklagte zutreffend mit Bewilligungsbescheid vom 28. August 2015 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für 180 Kalendertage fest.
Die Höhe des Arbeitslosengeldes berechnet sich nach Maßgabe der Regelungen in den §§ 149 ff. SGB III. Die Berechnung des Anspruchs mit Bescheid vom 13. Januar 2015 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 16,31 EUR wurde von der Klägerin nicht angegriffen. Fehler sind auch für den Senat nicht erkennbar.
2) Zum 1. September 2015 ist kein neuer Arbeitslosengeldanspruch entstanden. Zwar waren die Anspruchsvoraussetzungen aus § 137 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB III gegeben, das heißt die Klägerin war arbeitslos und hatte sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet. Jedoch erfüllte sie nicht die in § 137 Abs. 1 Nr. 3 SGB III geforderte Anwartschaftszeit.
a) Die Rahmenfrist nach Maßgabe von § 143 Abs. 1 SGB III beginnt im Falle der Klägerin am 31. August 2015 und reicht zurück bis zum 1. September 2013. Wegen der Sonderregelung in § 143 Abs. 2 SGB III muss aber die Zeit vom 31. Dezember 2014 bis zurück zum 1. September 2013 unberücksichtigt bleiben, weil dieser Teil der Rahmenfrist in die für den Arbeitslosengeldanspruch ab 1. Januar 2015 maßgebende Rahmenfrist hinreicht. Die Sonderregelugen in § 143 Abs. 3 SGB III für Arbeitslose, die die Anwartschaftszeit nach § 143 Abs. 1 SGB III nicht erfüllen, sind im Falle der Klägerin nicht einschlägig. Die für den Arbeitslosengeldanspruch ab 1. September 2015 maßgebende Rahmenfrist reicht deshalb vom 1. Januar 2015 bis zum 31. August 2015. In diesen acht Monaten können denknotwendig keine zwölf Monate gelegen haben, in denen sich die Klägerin in einem Versicherungspflichtverhältnis befunden haben kann.
Daraus folgt, dass die Klägerin auf Grund ihrer Arbeitslosigkeit ab 1. September 2015 wegen der nicht erfüllten Anwartschaftszeit keinen neuen Anspruch auf Arbeitslosigkeit erworben hat.
b) Die Klägerin kann den Arbeitslosengeldanspruch ab dem 1. Januar 2015 nicht durch eine Erklärung beseitigen mit der Folge, dass für einen Arbeitslosengeldanspruch ab dem 1. September 2015 die Sonderregelung in § 143 Abs. 2 SGB III nicht mehr einschlägig wäre, und der weiteren Folge, dass auch die vom Bewilligungsbescheid vom 13. Januar 2015 mitumfasste Rahmenfrist vom 31. Dezember 2014 bis zurück zum 1. September 2013 mit berücksichtigt werden könnte.
Zwar kann gemäß § 137 Abs. 2 SGB III die antragstellende Person bestimmen, dass der Anspruch nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll. Dies ist jedoch nur "bis zur Entscheidung über den Anspruch" möglich. Das Verwaltungsverfahren zum Antrag auf Arbeitslosengeld für den Anspruch ab 1. Januar 2015 ist aber bestandskräftig abgeschlossen. Bis zum Eintritt der Bestandskraft hat die Klägerin keine entsprechende Erklärung abgegeben.
Der restliche Leistungsanspruch konnte noch geltend gemacht werden, da nach seiner Entstehung noch keine vier Jahre verstrichen waren (vgl. § 161 Abs. 2 SGB III).
3. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld auf Grund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes setzt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm gegenüber dem Anspruchsteller obliegende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem jeweiligen Sozialrechtsverhältnis rechtswidrig nicht oder schlecht erfüllt hat. Dabei gehören zu den Nebenpflichten, deren Verletzung einen Herstellungsanspruch begründen kann, vor allem die Pflichten zur Beratung (vgl. § 14 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – Allgemeiner Teil – [SGB I]), Auskunft (vgl. § 15 SGB I), Belehrung und verständnisvollen Förderung des Versicherten. Diese Pflichten sind verletzt, wenn sie, obwohl ein konkreter Anlass zu den genannten Dienstleistungen bestanden hat, nicht oder nur unzureichend erfüllt worden sind. Der Leistungsträger ist unter Umständen jedoch auch zu einer Spontanberatung verpflichtet. Weiter ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht (sogenannter Schutzzweckzusammenhang). Erforderlich ist ein objektives Fehlverhalten der Verwaltung, das die Entscheidung des Versicherten über die Wahrnehmung seiner Rechte fehlgeleitet hat. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2010 – B 13 R 15/10 R – SozR 4-1500 § 193 Nr. 6 = juris, jeweils Rdnr. 39, m. w. N.; BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 4 AS 29/10 R – SozR 4-1200 § 14 Nr. 15 = juris, jeweils Rdnr. 12; m. w. N.; Sächs. LSG, Urteil vom 3. November 2016 – L 3 AL 163/14 – juris Rdnr. 54, m. w. N.; Hassel, in: Brand, SGB III [8. Aufl., 2018], § 323 Anh Rdnr. 28, ff.).
b) Die Beklagte hat keine ihr gegenüber der Klägerin obliegende Haupt- oder Nebenpflicht verletzt. Nicht entscheidungserheblich ist insofern, ob die Klägerin, wie von ihr behauptet, den Wortlaut der Kündigung bereits bei der ersten telefonischen Kontaktaufnahme erwähnte und die Kündigung bei der ersten persönlichen Vorsprache vorlegte sowie ob in den Merkblättern in ausreichendem Umfang auf die Möglichkeit der Verschiebung des Anspruchsbeginns hinweisen wird.
Denn unstreitig hat die Klägerin keine konkrete Beratung im Zusammenhang mit einer eventuell zeitnah möglichen Weiterbeschäftigung und einem Leistungsverzicht zur Beeinflussung der Dauer des Anspruchs erbeten. Die Merkblätter der Beklagten enthalten nur allgemeine Hinweise und können keine auf den konkreten Fall bezogene Beratung ersetzen. Eine Pflicht zur Spontanberatung bestand unter Würdigung der konkreten Umstände nicht.
Die Klägerin mag die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung unmittelbar angezeigt haben. Auch wies das Kündigungsschreiben aus, das sich die Arbeitgeberin bei der Klägerin melden möchte, wenn sich eine neue Möglichkeit der Beschäftigung ergebe. Es war jedoch völlig offen, ob tatsächlich und wann konkret eine erneute Beschäftigung im Raum stand. Erst die Kenntnis der konkreten Leistungslücke, der Dauer des neuen Beschäftigungsverhältnisses und der Höhe der dann geschuldeten Vergütung hätte jedoch eine Prüfung und Beratung ermöglicht. Dass die Klägerin die Beklagte hinsichtlich dieser Umstände vor Erlass des Bewilligungsbescheides in Kenntnis setzte, ist bereits nicht behauptet. Ohne Kenntnis dieser Daten hätte ein durchschnittlicher verständiger Leistungsnehmer eine Leistungslücke nicht in Erwägung gezogen. Davon konnte die Beklagte ausgehen. Der Aktenvermerk vom 15. Dezember 2014 belegt zudem lediglich die Mitteilung der mündlichen Zusage einer Vertragsverlängerung. Eine vor der tatsächlichen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mitgeteilte Vertragsverlängerung spricht zudem für eine unmittelbare Anschlussbeschäftigung ohne jede Notwendigkeit einer Beratung. Nachdem bis zur Bewilligung am 13. Januar 2015 keine Abmeldung vorlag, konnte die Beklagte davon ausgehen, dass sich die Möglichkeit der Vertragsverlängerung entgegen der mitgeteilten mündlichen Zusage zerschlagen hatte.
Selbst wenn die Klägerin aufgrund der guten Absicherung über ihren Ehemann – wie von ihr behauptet – bei einer Kenntnis des Optionsrechts im Sinne von § 137 Abs. 2 SGB III – trotz der Gefahr einer Schlechterstellung – eine andere Entscheidung getroffen hätte, mag dies so zutreffen, ändert jedoch nichts an der rechtlichen Bewertung.
Denn die Beklagte hat lediglich die für sie erkennbaren Umstände unter Berücksichtigung der "normalen" und "durchschnittlichen" Interessenlage zu werten. Die Klägerin hat nicht behauptet, ihre anders geartete persönliche Situation und Interessenlage zum Ausdruck gebracht zu haben. Vielmehr wandte sie sich nach der Bewilligung und dem Bezug von Arbeitslosengeld für Januar und Februar 2015 mit Bescheid vom 13. Januar 2015 und auch im Rahmen der Aufhebung der Bewilligung mit Bescheid vom 23. Februar 2015 auch in Kenntnis der neuen nur für sechs Monate befristeten Beschäftigung nicht erneut an die Beklagte mit der Bitte um Beratung. Erst nachdem es nicht zur Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses gekommen war und sich die Leistungsgewährung im Januar und Februar 2015 auf den neuen Leistungsanspruch ausgewirkt hatte, trug die Klägerin ihr Begehren vor. Erst zu diesem Zeitpunkt waren die Auswirkungen für die Klägerin und die Beklagte erkennbar.
Die Rücknahme des Antrags auf Gewährung von Arbeitslosengeld ist jedoch nur bis zum Eintritt der Bestandskraft der Entscheidung über die Bewilligung der Leistung möglich. Der Klägerin wurde mit Bescheid vom 13. Januar 2015 Arbeitslosengeld für 240 Kalendertage bewilligt, ohne dass die Klägerin die Bewilligung insofern angegriffen hatte. Sie wandte sich allein gegen den Sperrzeitbescheid. Zum Zeitpunkt der Mitteilung der Aufnahme einer neuen Beschäftigung mit E-Mail vom 23. Februar 2015 war die Entscheidung bestandskräftig.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Sozialgerichts Mannheim (Urteil vom 9. September 2010 – S 14 AL 3538/09 –, juris Rdnr 27), wonach Versicherte über die Möglichkeit einer Verschiebung des Arbeitslosengeld-Stammrechts gemäß § 118 Abs. 2 SGB III (in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung) zu beraten seien, wenn ein konkreter Anlass hierfür bestehe und die Wahrnehmung der Gestaltungsmöglichkeit offensichtlich so zweckmäßig sei, dass ein verständiger Versicherter sie mutmaßlich nutzen würde. Gerade diese Offensichtlich bestand – wie ausgeführt wurde – vorliegend nicht.
c) Dem Anspruch steht jedoch unabhängig davon bereits grundsätzlich entgegen, dass das von der Klägerin behauptete pflichtwidrige Verwaltungshandeln nicht durch eine zulässige Amtshandlung ersetzt werden könnte.
Das von der Klägerin behauptete pflichtwidrige Verwaltungshandeln der Beklagten liegt in der fehlerhaften Beratung im Rahmen der Arbeitslosmeldung und Beantragung von Arbeitslosengeld zum 1. Januar 2015 und nicht im Rahmen der Arbeitslosmeldung und Beantragung von Arbeitslosengeld zum 1. September 2015. Der erste Lebenssachverhalt war mit der Bestandskraft des Bewilligungsbescheides vom 13. Januar 2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 21. Januar 2015 und des Aufhebungsbescheides vom 23. Februar 2015 jedoch rechtlich und tatsächlich abgeschlossen. Die spätere erneute allein verfahrensgegenständliche Bewilligung aufgrund der Arbeitslosmeldung und Beantragung von Arbeitslosengeld vom 1. September 2015 hat diese Bescheide weder abgeändert noch ersetzt.
Die Klägerin begehrt im Rahmen der allein verfahrensgegenständlichen Neubewilligung zum 1. September 2015 die Annahme, sie habe sich ab dem 1. Januar 2015 nicht arbeitslos gemeldet und hätte für die Monate Januar und Februar 2015 kein Arbeitslosengeld bezogen, was über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch so nicht zu erlangen ist. Die begehrte Einbeziehung des vom 1. März 2015 bis zum 31. August erzielten Lohnes in die Berechnung des Arbeitslosengeldanspruches ist nur möglich, wenn sowohl die Arbeitslosmeldung (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 2 SGB III) als auch der Antrag auf Arbeitslosengeld (vgl. § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB III) und die Arbeitslosengeldbewilligung hinweggedacht würden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes kann jedoch eine Begebenheit tatsächlicher Art wie die nicht rechtzeitige Arbeitslosmeldung nicht im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ersetzt werden (vgl. Nachweise zur Rechtsprechung des BSG bei Hassel, a. a. O., Rdnr. 38; vgl. auch Sächs. LSG, Beschluss vom 14. August 2014 – L 3 AL 1/13 B PKH – juris Rdnr. 23). Wenn aber eine Begebenheit tatsächlicher Art nicht im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ersetzt werden kann, ist es auch nicht möglich, eine Begebenheit tatsächlicher Art im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches hinwegzudenken (so bereits Sächs. LSG, Urteil vom 3. November 2016 - Az.: L 3 AL 163/14 – juris Rdnr. 56 f.).
Gleichfalls in ständiger Rechtsprechung hat das Bundessozialgericht entschieden, dass die persönliche Arbeitslosmeldung nicht wie eine Willenserklärung angefochten, widerrufen oder zurückgenommen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 9. Dezember 1958 – 7 RAr 152/55 – BSGE 9, 7 [12] = juris Rdnr. 28; BSG, Urteil vom 7. September 2000 – B 7 AL 2/00 R – SozR 3-4300 § 122 Nr. 1 = juris Rdnr. 17; vgl. auch BSG, Urteil vom 19. März 1986 – 7 RAr 48/84 – BSGE 60, 43 [45] = SozR 4100 § 105 Nr. 2 = SGb 1987, 32 ff. = juris Rdnr. 16).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Bundessozialgerichtes vom 5. August 1999. Danach bestehen keine Bedenken gegen eine Verschiebung des Datums der Antragstellung bei einem bereits vorliegenden wirksamen, "verfrühten" Antrag auf Arbeitslosengeld im Wege des Herstellungsanspruchs (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 1999 – B 7 AL 38/98 R – SozR 3-4100 § 100 Nr. 2 = NJW 2000, 2043 ff. = juris Rdnr. 30). Die Interessenlage der Klägerin ist jedoch eine andere. Sie begehrt nicht den Zeitpunkt des Antrages auch Arbeitslosengeld zu verschieben, sondern will den früheren Antrag auf Arbeitslosengeld vollständig beseitigt wissen.
4. Die Höhe des Arbeitslosengeldes richtet sich nach den §§ 149 ff. SGB III. Gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist das für die Berechnung maßgebende Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Gemäß § 150 Abs. 1 Satz 1 SGB III umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs. Da zum 1. September 2015 kein neuer Arbeitslosengeldanspruch entstanden war, verblieb es bei dem Bemessungsentgelt, das zum 1. Januar 2015 ermittelt und bewilligt wurde.
5. Soweit die Klägerin geltend macht, eine längere Einzahlungsdauer müsse auch einen längeren Auszahlungsanspruch begründen und erarbeitete Entgelte blieben ohne Grund unberücksichtigt, weist der Senat auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 1979 hin (Az.: 1 BvL 30/76 – BVerfGE 51, 115 ff. = SozR 4100 § 112 Nr. 10). Danach bestehen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der maßgebenden Vorschriften nicht.
Zur Frage, ob eine unterschiedliche Berücksichtigung von Überstundenvergütungen im Rahmen des § 112 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) bei der Berechnung von Arbeitslosengeld der Verfassung, insbesondere Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), entspricht, hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung sozialversicherungsrechtlicher Systeme von Verfassungs wegen nicht gehalten sei, Geldleistungen der Höhe nach in voller Äquivalenz zu den Beiträgen festzusetzen. Die individuellen Beiträge kämen angesichts der für die Arbeitslosenversicherung typischen kurzen Anwartschaftszeiten, des extrem kurzen Bemessungszeitraums und der üblicherweise kurzen Leistungsbezugszeit ohnedies als vorrangiger Maßstab nicht in Betracht. Die Gesamtleistung an Arbeitslosengeld stehe im Einzelfall typischerweise nicht in einer Beziehung zur jeweiligen Beitragsleistung. Das sei auch eine Folge dessen, dass alle Arbeitnehmer ohne Berücksichtigung ihres individuellen Arbeitslosenrisikos gleichmäßig zur Beitragsleistung herangezogen würden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. April 1979, a. a. O., juris Rdnr. 37). Diese allgemeinen Erwägungen gelten über den speziellen Fall der Berücksichtigung von Überstundenvergütungen bei der Berechnung der Höhe des Anspruches auf Arbeitslosengeld hinaus.
Durch § 143 Abs. 2 SGB III wird vermieden, dass Beschäftigungszeiten mehrmals eine Anwartschaftszeit begründen.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
V. Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe dafür (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu er-statten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt höheres Arbeitslosengeld und dies für eine längere Anspruchsdauer.
Die am 1961 geborene Klägerin war vom 24. Juni 2013 bis zum 31. Dezember 2014 befristet als Krankenschwester im Fachklinikum A ... beschäftigt. Sie meldete sich am 12. November 2014 arbeitssuchend und zum 1. Januar 2015 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld.
Im Rahmen der persönlichen Vorsprache am 28. November 2014 teilte sie der Mitarbeiterin der Beklagten mit, dass eventuell eine Verlängerung der Beschäftigung möglich sei. Am 15. Dezember 2014 teilte sie sodann telefonisch mit, die mündliche Zusage für eine Vertragsverlängerung erhalten zu haben. Die Klägerin wurde darauf hingewiesen, dass sie sich nach Erhalt des Arbeitsvertrages abmelden müsse.
Die Arbeitsbescheinigung vom 18. Dezember 2014 weist für 365 Tage ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt der Klägerin in Höhe von 13.067,76 EUR aus.
Mit Bescheid vom 13. Januar 2015 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. Januar 2015 bis zum 7. Januar 2015 wegen verspäteter Arbeitssuchendmeldung fest.
Mit Bescheid vom 13. Januar 2015 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld für 240 Kalendertage vom 1. Januar 2015 bis zum 7. Januar 2015 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 0,00 EUR wegen der Sperrzeit und vom 8. Januar 2015 bis zum 29. August 2015 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 16,31 EUR bei einem täglichen Bemessungsentgelt von 35,80 EUR.
Die Klägerin wandte sich gegen die Sperrzeitentscheidung mit Widerspruch vom 17. Januar 2015, da das Arbeitsverhältnis sachlich befristet gewesen wäre und ihr erst mit Schreiben vom 10. November 2014 mitgeteilt worden sei, dass das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 2014 beendet werden müsse und man sich bei ihr gern melden würde, wenn sich eine neue Möglichkeit der Beschäftigung ergeben sollte.
Die Beklagte gewährte der Klägerin daraufhin mit Änderungsbescheid vom 21. Januar 2015 für die gesamte Anspruchsdauer vom 1. Januar 2015 bis zum 30. August 2015 Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 16,31 EUR.
Mit E-Mail vom 23. Februar 2015 teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass sie ab dem 1. März 2015 wieder sachlich befristet in der Fachklinik A ... beschäftigt sei.
Mit Bescheid vom 23. Februar 2015 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosengeld ab dem 1. März 2015 wegen Aufnahme einer Beschäftigung auf.
Die Klägerin meldete sich am 12. August 2015 erneut arbeitssuchend, nachdem sie am 11. August 2015 erfahren hatte, dass das erneut sachlich befristete Arbeitsverhältnis zum 31. August 2015 enden werde. Sie meldete sich zum 1. September 2015 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Unter Berücksichtigung der Beschäftigungszeiten vom 24. Juni 2013 bis zum 31. Dezember 2014 sowie der Weiterbeschäftigung vom 1. März 2015 bis zum 31. August 2015 betrage die versicherungspflichtige Beschäftigung seit den letzten fünf Jahren mehr als 24 Monate, konkret mehr als 26 Monate, wovon in zwei Monaten eine Lohnzahlung nicht erfolgt sei. Damit steige die Anwartschaftszeit auf 12 Monate. Da sich mit der neuen Beschäftigung ab März die Arbeitszeit und das Gehalt je Stunde erhöht hätten, müsse die Höhe des Arbeitslosengeldes neu errechnet werden. Die während der Monate Januar und Februar damit zu viel gezahlten Arbeitslosengeldbeträge könnten dem Konto zurückbelastet werden. Alternativ könnten die ersten beiden neuen Zahlungen für September und Oktober um diese Beträge gekürzt werden.
Die Arbeitsbescheinigung vom 20. August 2015 weist für die Zeit vom 1. März 2015 bis zum 31. August 2015 ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe von 8.133,18 EUR aus.
Mit Bescheid vom 28. August 2015 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld für 180 Kalendertage vom 1. September 2015 bis zum 29. Februar 2016 in Höhe von täglich 16,31 EUR bei einem Bemessungsentgelt von täglich 35,80 EUR.
Mit Widerspruch vom 4. September 2015 wandte sich die Klägerin gegen den Bewilligungsbescheid und beantragte die Neuberechnung der Arbeitslosengeldhöhe sowie die Neufestsetzung der Anwartschaftszeit. Beide Tätigkeiten seien als eine Beschäftigungszeit anzusehen, so dass sich die Dauer des Bezuges auf 12 statt bisher 8 Monate verlängere. Zudem habe sie unter Berücksichtigung des höheren Entgeltes einen höheren Durchschnittsverdienst erzielt, da die zwei Unterbrechungsmonate komplett auszuklammern seien, solange mindestens 150 Tage verbleiben würden. Die aufgrund des höheren Verdienstes auch deutlich höhere Einzahlung in die Arbeitslosenversicherung müsse nach dem Grundgesetz im Anspruchsfall auch eine höhere Auszahlung zur Folge haben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 2015 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Rahmenfrist reiche nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der die oder der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt habe. Aufgrund der Erfüllung der Anwartschaftszeit am 1. Januar 2015 dürfe die davorliegende Zeit nicht berücksichtigt werden. Am 1. Januar 2015 sei ein Anspruch auf Arbeitslosengeld für 240 Tage erworben worden. Danach sei keine neue Anwartschaftszeit erfüllt. Innerhalb der Rahmenfrist vom 1. Januar 2015 bis zum 31. August 2015 seien nur 184 Tage versicherungspflichtige Zeiten zurückgelegt worden. Um einen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld zu erwerben, sei mindestens ein zwölfmonatiges Versicherungspflichtverhältnis innerhalb der Rahmenfrist notwendig. Der am 1. Januar 2015 erworbene Anspruch auf Arbeitslosengeld mindere sich um 60 Tage (1. Januar 2015 bis zum 28. Februar 2015), für den Arbeitslosengeld gezahlt worden sei. Damit verbleibe ein Restanspruch von 180 Tagen, der bewilligt worden sei. Auch die Höhe des Arbeitslosengeldes sei richtig ermittelt worden. Das Arbeitslosengeld richte sich nach dem im Bemessungszeitraum erzielten Bruttoentgelt. Der Bemessungszeitraum umfasse die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasse ein Jahr, er ende mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs. Mangels Erfüllung einer neuen Anwartschaftszeit sei kein neuer Anspruch entstanden, so dass nur das Bemessungsentgelt habe wieder bewilligt werden können, das zum 1. Januar 2015 ermittelt worden sei.
Die Klägerin hat am 20. November 2015 Klage erhoben. Sie habe beim ersten persönlichen Pflichtgespräch und bei der Unterlagenabgabe darauf hingewiesen, dass gute Chancen beständen, die Tätigkeit beim gleichen Arbeitgeber in Kürze fortzusetzen. Das der Agentur von Anfang an bekannte Kündigungsschreiben vom 10. November 2014 habe den Hinweis enthalten: "Gern würden wir uns bei Ihnen melden, sollte sich eine neue Möglichkeit der Beschäftigung ergeben." Aufgrund dessen hätte die Beklagte über die Optionspflicht beraten müssen. Hätte sie diese Beratung erhalten, hätte sie auf die Fortsetzung der Arbeit spekuliert und dem Verzicht auf den Arbeitslosengeldanspruch den Vorzug gegeben, da, wie festgestellt, eine gute Aussicht auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bestanden habe. Dies wäre ihr auch aufgrund der guten Einkommenssituation ihres Mannes finanziell möglich gewesen. Im Merkblatt für Arbeitslose finde sich kein ausreichender Hinweis auf das Optionsrecht. Die Beschäftigung wäre innerhalb der Fünf-Jahres-Rahmenfrist zu berücksichtigen, wenn nicht inzwischen Arbeitslosengeld bewilligt worden wäre. Es sei zudem mit dem Gleichheitsgrundsatz unvereinbar, dass der Anspruch nicht von Einzahlungen abhänge, sondern ein Stichtag über Höhe und Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes innerhalb einer Periode entscheiden würde.
Die Beklagte hat vorgetragen, dass sich aus der Akte keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben würden, dass die Klägerin in Erwägung gezogen oder ein Beratungsbegehren dahingehend geäußert habe, ab dem 1. Januar 2015 für einen unbestimmten Zeitraum ohne Leistungen und ohne Krankenversicherungsschutz zu sein. Anders als bei konkret bekannten Zeiträumen, zum Beispiel bis zur Vollendung des Lebensjahres, sei im Fall der Klägerin kein Beratungsbedarf offensichtlich gewesen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 6. April 2016 abgewiesen. Es könne dahinstehen, ob die Klägerin die Beklagte darauf hingewiesen habe, dass gute Chancen bestünden, die Tätigkeit beim gleichen Arbeitgeber in Kürze fortsetzen zu können. Ob und wann die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung beim ehemaligen Arbeitgeber bestanden hätte, sei völlig offen gewesen. Das "Kündigungsschreiben" sei der Beklagten erst mit Schreiben vom 17. Januar 2015 vorgelegt worden. Die Beklagte müsse die Klägerin daher nicht rückwirkend im Rahmen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so stellen, als hätte sie bei entsprechender Beratung keinen Antrag auf Arbeitslosengeld ab 1. Januar 2015 gestellt.
Gegen den Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 29. April 2016 Berufung eingelegt. Die Beratungspflicht werde ins Gegenteil verkehrt. Trotz des genannten Urteils werde bis heute auf das Dispositionsrecht der Antragsteller in der Informationsbroschüre nicht hingewiesen. Trotz des Urteils habe es auch keine individuelle Beratung in ihrem speziellen Fall gegeben, obwohl der Beklagten bereits am 12. November 2014 bei der telefonischen Kontaktaufnahme die Kündigung mit Aussicht auf Weiterbeschäftigung vorgetragen worden sei und diese am 28. November 2014 persönlich übergeben wurde, so dass bereits vor der Bewilligung Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Beratung vorgelegen hätten. Die Behauptung, die Kenntnis habe erst am 17. Januar 2015 bestanden, sei falsch. Dies ergebe sich bereits aus dem Umstand, dass die Beklagte Arbeitslosengeld ohne vorherige Vorlage des verbindlichen Kündigungsschreibens nie bewilligt hätte. Am 17. Januar 2015 sei lediglich der Arbeitsvertrag wegen der strittigen Sperrfrist entsprechend der Anforderung nachgereicht worden. Da bei einer längeren Einzahlungsdauer auch ein längerer Auszahlungsanspruch bestehe, hätte sie hinsichtlich des Optionsrechtes beraten werden müssen. Soweit auf ein Merkblatt verwiesen werde, falle in diesem weder der Begriff "Optionsrecht" noch würden die Auswirkungen im Hinblick auf Leistungshöhe und Dauer auch nur ansatzweise erläutert. Bis zur erneuten Arbeitsaufnahme am 1. Juni 2016 sei daher höheres Arbeitslosengeld zu bewilligen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Leipzig vom 6. April 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 28. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2015 Arbeitslosengeld für die Zeit vom 1. September 2015 bis zum 31. Mai 2016 unter Einbeziehung der Beschäftigungszeiten und der Arbeitsentgelte der Weiterbeschäftigung vom 1. März 2015 bis zum 31. August 2015 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wenn kein konkretes Beratungsbegehren an sie herangetragen würde, seien die Versicherten im Rahmen der sogenannten Spontanberatung nur bei Vorliegen eines konkreten Anlasses auf klar zu Tage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und die von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genutzt werden würden. Es sei jedoch vor der Bewilligung des Arbeitslosengeldes völlig offen gewesen, ab wann, mit welchem Verdienst und für welche Dauer sich für die Klägerin eine neue Möglichkeit der Beschäftigung ergeben würde, so dass es sich nicht habe aufdrängen müssen, dass für die Klägerin eine Verschiebung des Arbeitslosengeldanspruchs auf unbestimmte Zeit in Betracht komme. Aus den Aktenvermerken vom 12. November 2014, 28. November 2014 und 15. Dezember 2014 sei lediglich zu erkennen, dass eventuell eine Vertragsverlängerung möglich sei. Auch aus der Eingliederungsvereinbarung vom 28. November 2014 ergebe sich in keiner Weise, dass eine Wiedereinstellung der Klägerin bei ihrem alten Arbeitgeber in naher Zukunft im Raum gestanden hätte. In Fällen einer Wiedereinstellungszusage werde die Verfügbarkeit für andere Beschäftigungen nochmals genauer abgeprüft. Dass die Vermittlerin dies nicht getan habe, sei ein weiterer Anhalt dafür, dass eine Wiedereinstellung nicht Gesprächsgegenstand gewesen sei. Zudem enthalte das Merkblatt 1 unter Pkt. 2.2 "Antrag stellen" folgenden Hinweis: "Bis zur Entscheidung über den Antrag können Sie auch festlegen, dass Ihr Leistungsanspruch nicht oder erst zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll. Fragen dazu beantwortet Ihre Agentur für Arbeit." Ohne besonderen Anlass bestehe keine Pflicht, auf das Dispositionsrecht hinzuweisen. Ein konkreter Beratungswunsch zum Dispositionsrecht sei unstreitig nicht geäußert worden. Die Pflicht zur Spontanberatung habe unter Berücksichtigung der konkreten Umstände nicht bestanden. In Ansehung der unsicheren Entwicklung hätte ein verständiger Leistungsberechtigter das Recht auf Nichtgeltendmachung des Anspruchs auf Arbeitslosengeld mutmaßlich nicht genutzt. Im Nachhinein könne leicht behauptet werden, man wäre das Risiko eingegangen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie auf die beigezogene Behördenakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Der Berufungsantrag bedarf der Auslegung (vgl. § 123 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]). Die Klägerin begehrt höheres Arbeitslosengeld ab dem 1. September 2015 über das bisherige Bewilligungsende am 29. Februar 2016 hinaus bis zum 31. Mai 2016. Sie begehrt so gestellt zu werden, wie sie stehen würde, wenn sie auf die Gewährung von Arbeitslosengeld im Zeitraum vom 1. Januar 2015 bis zum 28. Februar 2015 verzichtet hätte, wobei die Frage der eventuellen Rückforderung des dann für diesen Zeitraum zu unrecht gezahlten Arbeitslosengeldes einem gesonderten Verwaltungsverfahren vorbehalten bleiben und die tatsächliche Beschäftigungsaufnahme und Beendigung der Arbeitslosigkeit zum 1. Juni 2016 Berücksichtigung finden soll.
II. Die so verstandene Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft. Selbst bei Zugrundelegung des bisher bewilligten täglichen Leistungsbetrages in Höhe von 16,31 EUR (wobei tatsächlich ein höherer Anspruch geltend gemacht wird) errechnet sich allein für die weiteren 90 Leistungstage ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in Höhe von 1.467,90 EUR, so dass der Wert des Beschwerdegegenstandes unzweifelhaft über 750,00 EUR liegt. Anders wäre es, wenn die für Januar und Februar 2015 – auch nach der eigenen Argumentation der Klägerin – dann zu erstattenden Beträge bereits gegengerechnet werden würden.
III. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 28. August 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2015 ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung höheren Arbeitslosengeldes vom 1. September 2015 bis zum 31. Mai 2016.
1. Maßgebend für die Prüfung des geltend gemachten Anspruches ist das Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) in der seit 1. April 2012 geltenden Fassung.
a) Gemäß § 136 Abs. 1 Nr. 1 SGB III haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit. Gemäß § 137 Abs. 1 SGB III hat Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit, wer 1. arbeitslos ist, 2. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und 3. die Anwartschaftszeit erfüllt hat.
Gemäß § 142 Abs. 1 Satz 1 SGB III hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt gemäß § 143 Abs. 1 SGB III zwei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld. Die Rahmenfrist reicht nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hinein, in der die oder der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte (vgl. § 143 Abs. 2 SGB III).
Entsprechend richtet sich die Dauer des Anspruchs auf Arbeitslosengeld nach der Dauer der Versicherungspflichtverhältnisse innerhalb der um drei Jahre erweiterten Rahmenfrist (vgl. § 147 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III). Wobei die Vorschriften des Ersten Unterabschnitts zum Ausschluss von Zeiten bei der Erfüllung der Anwartschaftszeit und zur Begrenzung der Rahmenfrist durch ein vorangegangene Rahmenfrist entsprechend gelten (vgl. § 147 Abs. 1 Satz 2 SGB III).
b) Die Beklagte stellte zutreffend im Bewilligungsbescheid vom 13. Januar 2015 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für 240 Kalendertage fest (= 30 Tage x 8 Monate, vgl. § 147 Abs. 2 Reihe 2 SGB III). Denn der Anspruch auf Arbeitslosengeld beträgt nach Versicherungspflichtverhältnissen mit einer Dauer von insgesamt mindestens 16 Monaten (nächste Stufe bei mindestens 20 Monaten) 8 Monate. Die Klägerin war zuletzt vom 24. Juni 2013 bis zum 31. Dezember 2014 (weniger als 19 Monate) versicherungspflichtig beschäftigt.
Hiervon verbrauchte die Klägerin wegen der Arbeitslosigkeit vom 1. Januar 2015 bis zum 28. Februar 2015 60 Kalendertage, sodass ein Restanspruch im Umfang von 180 Kalendertagen verblieb. Entsprechend stellte die Beklagte zutreffend mit Bewilligungsbescheid vom 28. August 2015 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für 180 Kalendertage fest.
Die Höhe des Arbeitslosengeldes berechnet sich nach Maßgabe der Regelungen in den §§ 149 ff. SGB III. Die Berechnung des Anspruchs mit Bescheid vom 13. Januar 2015 in Höhe eines täglichen Leistungsbetrages von 16,31 EUR wurde von der Klägerin nicht angegriffen. Fehler sind auch für den Senat nicht erkennbar.
2) Zum 1. September 2015 ist kein neuer Arbeitslosengeldanspruch entstanden. Zwar waren die Anspruchsvoraussetzungen aus § 137 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB III gegeben, das heißt die Klägerin war arbeitslos und hatte sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet. Jedoch erfüllte sie nicht die in § 137 Abs. 1 Nr. 3 SGB III geforderte Anwartschaftszeit.
a) Die Rahmenfrist nach Maßgabe von § 143 Abs. 1 SGB III beginnt im Falle der Klägerin am 31. August 2015 und reicht zurück bis zum 1. September 2013. Wegen der Sonderregelung in § 143 Abs. 2 SGB III muss aber die Zeit vom 31. Dezember 2014 bis zurück zum 1. September 2013 unberücksichtigt bleiben, weil dieser Teil der Rahmenfrist in die für den Arbeitslosengeldanspruch ab 1. Januar 2015 maßgebende Rahmenfrist hinreicht. Die Sonderregelugen in § 143 Abs. 3 SGB III für Arbeitslose, die die Anwartschaftszeit nach § 143 Abs. 1 SGB III nicht erfüllen, sind im Falle der Klägerin nicht einschlägig. Die für den Arbeitslosengeldanspruch ab 1. September 2015 maßgebende Rahmenfrist reicht deshalb vom 1. Januar 2015 bis zum 31. August 2015. In diesen acht Monaten können denknotwendig keine zwölf Monate gelegen haben, in denen sich die Klägerin in einem Versicherungspflichtverhältnis befunden haben kann.
Daraus folgt, dass die Klägerin auf Grund ihrer Arbeitslosigkeit ab 1. September 2015 wegen der nicht erfüllten Anwartschaftszeit keinen neuen Anspruch auf Arbeitslosigkeit erworben hat.
b) Die Klägerin kann den Arbeitslosengeldanspruch ab dem 1. Januar 2015 nicht durch eine Erklärung beseitigen mit der Folge, dass für einen Arbeitslosengeldanspruch ab dem 1. September 2015 die Sonderregelung in § 143 Abs. 2 SGB III nicht mehr einschlägig wäre, und der weiteren Folge, dass auch die vom Bewilligungsbescheid vom 13. Januar 2015 mitumfasste Rahmenfrist vom 31. Dezember 2014 bis zurück zum 1. September 2013 mit berücksichtigt werden könnte.
Zwar kann gemäß § 137 Abs. 2 SGB III die antragstellende Person bestimmen, dass der Anspruch nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt entstehen soll. Dies ist jedoch nur "bis zur Entscheidung über den Anspruch" möglich. Das Verwaltungsverfahren zum Antrag auf Arbeitslosengeld für den Anspruch ab 1. Januar 2015 ist aber bestandskräftig abgeschlossen. Bis zum Eintritt der Bestandskraft hat die Klägerin keine entsprechende Erklärung abgegeben.
Der restliche Leistungsanspruch konnte noch geltend gemacht werden, da nach seiner Entstehung noch keine vier Jahre verstrichen waren (vgl. § 161 Abs. 2 SGB III).
3. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld auf Grund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes setzt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch voraus, dass der Sozialleistungsträger eine ihm gegenüber dem Anspruchsteller obliegende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem jeweiligen Sozialrechtsverhältnis rechtswidrig nicht oder schlecht erfüllt hat. Dabei gehören zu den Nebenpflichten, deren Verletzung einen Herstellungsanspruch begründen kann, vor allem die Pflichten zur Beratung (vgl. § 14 des Sozialgesetzbuches Erstes Buch – Allgemeiner Teil – [SGB I]), Auskunft (vgl. § 15 SGB I), Belehrung und verständnisvollen Förderung des Versicherten. Diese Pflichten sind verletzt, wenn sie, obwohl ein konkreter Anlass zu den genannten Dienstleistungen bestanden hat, nicht oder nur unzureichend erfüllt worden sind. Der Leistungsträger ist unter Umständen jedoch auch zu einer Spontanberatung verpflichtet. Weiter ist erforderlich, dass zwischen der Pflichtverletzung des Sozialleistungsträgers und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht (sogenannter Schutzzweckzusammenhang). Erforderlich ist ein objektives Fehlverhalten der Verwaltung, das die Entscheidung des Versicherten über die Wahrnehmung seiner Rechte fehlgeleitet hat. Schließlich muss der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (vgl. BSG, Urteil vom 20. Oktober 2010 – B 13 R 15/10 R – SozR 4-1500 § 193 Nr. 6 = juris, jeweils Rdnr. 39, m. w. N.; BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 – B 4 AS 29/10 R – SozR 4-1200 § 14 Nr. 15 = juris, jeweils Rdnr. 12; m. w. N.; Sächs. LSG, Urteil vom 3. November 2016 – L 3 AL 163/14 – juris Rdnr. 54, m. w. N.; Hassel, in: Brand, SGB III [8. Aufl., 2018], § 323 Anh Rdnr. 28, ff.).
b) Die Beklagte hat keine ihr gegenüber der Klägerin obliegende Haupt- oder Nebenpflicht verletzt. Nicht entscheidungserheblich ist insofern, ob die Klägerin, wie von ihr behauptet, den Wortlaut der Kündigung bereits bei der ersten telefonischen Kontaktaufnahme erwähnte und die Kündigung bei der ersten persönlichen Vorsprache vorlegte sowie ob in den Merkblättern in ausreichendem Umfang auf die Möglichkeit der Verschiebung des Anspruchsbeginns hinweisen wird.
Denn unstreitig hat die Klägerin keine konkrete Beratung im Zusammenhang mit einer eventuell zeitnah möglichen Weiterbeschäftigung und einem Leistungsverzicht zur Beeinflussung der Dauer des Anspruchs erbeten. Die Merkblätter der Beklagten enthalten nur allgemeine Hinweise und können keine auf den konkreten Fall bezogene Beratung ersetzen. Eine Pflicht zur Spontanberatung bestand unter Würdigung der konkreten Umstände nicht.
Die Klägerin mag die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung unmittelbar angezeigt haben. Auch wies das Kündigungsschreiben aus, das sich die Arbeitgeberin bei der Klägerin melden möchte, wenn sich eine neue Möglichkeit der Beschäftigung ergebe. Es war jedoch völlig offen, ob tatsächlich und wann konkret eine erneute Beschäftigung im Raum stand. Erst die Kenntnis der konkreten Leistungslücke, der Dauer des neuen Beschäftigungsverhältnisses und der Höhe der dann geschuldeten Vergütung hätte jedoch eine Prüfung und Beratung ermöglicht. Dass die Klägerin die Beklagte hinsichtlich dieser Umstände vor Erlass des Bewilligungsbescheides in Kenntnis setzte, ist bereits nicht behauptet. Ohne Kenntnis dieser Daten hätte ein durchschnittlicher verständiger Leistungsnehmer eine Leistungslücke nicht in Erwägung gezogen. Davon konnte die Beklagte ausgehen. Der Aktenvermerk vom 15. Dezember 2014 belegt zudem lediglich die Mitteilung der mündlichen Zusage einer Vertragsverlängerung. Eine vor der tatsächlichen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses mitgeteilte Vertragsverlängerung spricht zudem für eine unmittelbare Anschlussbeschäftigung ohne jede Notwendigkeit einer Beratung. Nachdem bis zur Bewilligung am 13. Januar 2015 keine Abmeldung vorlag, konnte die Beklagte davon ausgehen, dass sich die Möglichkeit der Vertragsverlängerung entgegen der mitgeteilten mündlichen Zusage zerschlagen hatte.
Selbst wenn die Klägerin aufgrund der guten Absicherung über ihren Ehemann – wie von ihr behauptet – bei einer Kenntnis des Optionsrechts im Sinne von § 137 Abs. 2 SGB III – trotz der Gefahr einer Schlechterstellung – eine andere Entscheidung getroffen hätte, mag dies so zutreffen, ändert jedoch nichts an der rechtlichen Bewertung.
Denn die Beklagte hat lediglich die für sie erkennbaren Umstände unter Berücksichtigung der "normalen" und "durchschnittlichen" Interessenlage zu werten. Die Klägerin hat nicht behauptet, ihre anders geartete persönliche Situation und Interessenlage zum Ausdruck gebracht zu haben. Vielmehr wandte sie sich nach der Bewilligung und dem Bezug von Arbeitslosengeld für Januar und Februar 2015 mit Bescheid vom 13. Januar 2015 und auch im Rahmen der Aufhebung der Bewilligung mit Bescheid vom 23. Februar 2015 auch in Kenntnis der neuen nur für sechs Monate befristeten Beschäftigung nicht erneut an die Beklagte mit der Bitte um Beratung. Erst nachdem es nicht zur Verlängerung des befristeten Arbeitsverhältnisses gekommen war und sich die Leistungsgewährung im Januar und Februar 2015 auf den neuen Leistungsanspruch ausgewirkt hatte, trug die Klägerin ihr Begehren vor. Erst zu diesem Zeitpunkt waren die Auswirkungen für die Klägerin und die Beklagte erkennbar.
Die Rücknahme des Antrags auf Gewährung von Arbeitslosengeld ist jedoch nur bis zum Eintritt der Bestandskraft der Entscheidung über die Bewilligung der Leistung möglich. Der Klägerin wurde mit Bescheid vom 13. Januar 2015 Arbeitslosengeld für 240 Kalendertage bewilligt, ohne dass die Klägerin die Bewilligung insofern angegriffen hatte. Sie wandte sich allein gegen den Sperrzeitbescheid. Zum Zeitpunkt der Mitteilung der Aufnahme einer neuen Beschäftigung mit E-Mail vom 23. Februar 2015 war die Entscheidung bestandskräftig.
Etwas anderes folgt auch nicht aus der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Sozialgerichts Mannheim (Urteil vom 9. September 2010 – S 14 AL 3538/09 –, juris Rdnr 27), wonach Versicherte über die Möglichkeit einer Verschiebung des Arbeitslosengeld-Stammrechts gemäß § 118 Abs. 2 SGB III (in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung) zu beraten seien, wenn ein konkreter Anlass hierfür bestehe und die Wahrnehmung der Gestaltungsmöglichkeit offensichtlich so zweckmäßig sei, dass ein verständiger Versicherter sie mutmaßlich nutzen würde. Gerade diese Offensichtlich bestand – wie ausgeführt wurde – vorliegend nicht.
c) Dem Anspruch steht jedoch unabhängig davon bereits grundsätzlich entgegen, dass das von der Klägerin behauptete pflichtwidrige Verwaltungshandeln nicht durch eine zulässige Amtshandlung ersetzt werden könnte.
Das von der Klägerin behauptete pflichtwidrige Verwaltungshandeln der Beklagten liegt in der fehlerhaften Beratung im Rahmen der Arbeitslosmeldung und Beantragung von Arbeitslosengeld zum 1. Januar 2015 und nicht im Rahmen der Arbeitslosmeldung und Beantragung von Arbeitslosengeld zum 1. September 2015. Der erste Lebenssachverhalt war mit der Bestandskraft des Bewilligungsbescheides vom 13. Januar 2014 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 21. Januar 2015 und des Aufhebungsbescheides vom 23. Februar 2015 jedoch rechtlich und tatsächlich abgeschlossen. Die spätere erneute allein verfahrensgegenständliche Bewilligung aufgrund der Arbeitslosmeldung und Beantragung von Arbeitslosengeld vom 1. September 2015 hat diese Bescheide weder abgeändert noch ersetzt.
Die Klägerin begehrt im Rahmen der allein verfahrensgegenständlichen Neubewilligung zum 1. September 2015 die Annahme, sie habe sich ab dem 1. Januar 2015 nicht arbeitslos gemeldet und hätte für die Monate Januar und Februar 2015 kein Arbeitslosengeld bezogen, was über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch so nicht zu erlangen ist. Die begehrte Einbeziehung des vom 1. März 2015 bis zum 31. August erzielten Lohnes in die Berechnung des Arbeitslosengeldanspruches ist nur möglich, wenn sowohl die Arbeitslosmeldung (vgl. § 137 Abs. 1 Nr. 2 SGB III) als auch der Antrag auf Arbeitslosengeld (vgl. § 323 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB III) und die Arbeitslosengeldbewilligung hinweggedacht würden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes kann jedoch eine Begebenheit tatsächlicher Art wie die nicht rechtzeitige Arbeitslosmeldung nicht im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ersetzt werden (vgl. Nachweise zur Rechtsprechung des BSG bei Hassel, a. a. O., Rdnr. 38; vgl. auch Sächs. LSG, Beschluss vom 14. August 2014 – L 3 AL 1/13 B PKH – juris Rdnr. 23). Wenn aber eine Begebenheit tatsächlicher Art nicht im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ersetzt werden kann, ist es auch nicht möglich, eine Begebenheit tatsächlicher Art im Rahmen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches hinwegzudenken (so bereits Sächs. LSG, Urteil vom 3. November 2016 - Az.: L 3 AL 163/14 – juris Rdnr. 56 f.).
Gleichfalls in ständiger Rechtsprechung hat das Bundessozialgericht entschieden, dass die persönliche Arbeitslosmeldung nicht wie eine Willenserklärung angefochten, widerrufen oder zurückgenommen werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 9. Dezember 1958 – 7 RAr 152/55 – BSGE 9, 7 [12] = juris Rdnr. 28; BSG, Urteil vom 7. September 2000 – B 7 AL 2/00 R – SozR 3-4300 § 122 Nr. 1 = juris Rdnr. 17; vgl. auch BSG, Urteil vom 19. März 1986 – 7 RAr 48/84 – BSGE 60, 43 [45] = SozR 4100 § 105 Nr. 2 = SGb 1987, 32 ff. = juris Rdnr. 16).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Bundessozialgerichtes vom 5. August 1999. Danach bestehen keine Bedenken gegen eine Verschiebung des Datums der Antragstellung bei einem bereits vorliegenden wirksamen, "verfrühten" Antrag auf Arbeitslosengeld im Wege des Herstellungsanspruchs (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 1999 – B 7 AL 38/98 R – SozR 3-4100 § 100 Nr. 2 = NJW 2000, 2043 ff. = juris Rdnr. 30). Die Interessenlage der Klägerin ist jedoch eine andere. Sie begehrt nicht den Zeitpunkt des Antrages auch Arbeitslosengeld zu verschieben, sondern will den früheren Antrag auf Arbeitslosengeld vollständig beseitigt wissen.
4. Die Höhe des Arbeitslosengeldes richtet sich nach den §§ 149 ff. SGB III. Gemäß § 151 Abs. 1 Satz 1 SGB III ist das für die Berechnung maßgebende Bemessungsentgelt das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Gemäß § 150 Abs. 1 Satz 1 SGB III umfasst der Bemessungszeitraum die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigung im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs. Da zum 1. September 2015 kein neuer Arbeitslosengeldanspruch entstanden war, verblieb es bei dem Bemessungsentgelt, das zum 1. Januar 2015 ermittelt und bewilligt wurde.
5. Soweit die Klägerin geltend macht, eine längere Einzahlungsdauer müsse auch einen längeren Auszahlungsanspruch begründen und erarbeitete Entgelte blieben ohne Grund unberücksichtigt, weist der Senat auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 3. April 1979 hin (Az.: 1 BvL 30/76 – BVerfGE 51, 115 ff. = SozR 4100 § 112 Nr. 10). Danach bestehen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der maßgebenden Vorschriften nicht.
Zur Frage, ob eine unterschiedliche Berücksichtigung von Überstundenvergütungen im Rahmen des § 112 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) bei der Berechnung von Arbeitslosengeld der Verfassung, insbesondere Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), entspricht, hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung sozialversicherungsrechtlicher Systeme von Verfassungs wegen nicht gehalten sei, Geldleistungen der Höhe nach in voller Äquivalenz zu den Beiträgen festzusetzen. Die individuellen Beiträge kämen angesichts der für die Arbeitslosenversicherung typischen kurzen Anwartschaftszeiten, des extrem kurzen Bemessungszeitraums und der üblicherweise kurzen Leistungsbezugszeit ohnedies als vorrangiger Maßstab nicht in Betracht. Die Gesamtleistung an Arbeitslosengeld stehe im Einzelfall typischerweise nicht in einer Beziehung zur jeweiligen Beitragsleistung. Das sei auch eine Folge dessen, dass alle Arbeitnehmer ohne Berücksichtigung ihres individuellen Arbeitslosenrisikos gleichmäßig zur Beitragsleistung herangezogen würden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. April 1979, a. a. O., juris Rdnr. 37). Diese allgemeinen Erwägungen gelten über den speziellen Fall der Berücksichtigung von Überstundenvergütungen bei der Berechnung der Höhe des Anspruches auf Arbeitslosengeld hinaus.
Durch § 143 Abs. 2 SGB III wird vermieden, dass Beschäftigungszeiten mehrmals eine Anwartschaftszeit begründen.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
V. Die Revision wird nicht zugelassen, weil Gründe dafür (§ 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
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