Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 19 SF 178/06
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 B 116/06 SF
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Angesichts der im gesamten Kostenrecht geltenden Kostenminimierungspflicht, dass die Kosten eines Rechtsstreits so gering wie möglich zu halten sind, können nach § 5 Abs. 2 JVEG nur die Kosten der Reiseroute ersetzt werden, durch die die Gesamtentschädigung am niedrigsten ausfällt, wenn dies zumutbar ist (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschlüsse vom 27. September 2005 - Az.: L 6 SF 408/05 und vom 12. Februar 2003 - Az.: L 6 B 19/02 SF: Bayerisches LSG, Beschluss vom 2. Januar 2007 - L 3 U 195/06.Ko; Thüringer OVG, Beschluss vom 13. Juli 1995 - Az.: 1 VO 757/94).
2. Ungewöhnlich hohe Kosten (hier 603,20 Euro) von Begleitpersonen (§ 7 Abs. 1 S. 2 JVEG) sind dem Gericht vorab anzuzeigen, damit es prüfen kann, ob der Begleiter erforderlich ist.
2. Ungewöhnlich hohe Kosten (hier 603,20 Euro) von Begleitpersonen (§ 7 Abs. 1 S. 2 JVEG) sind dem Gericht vorab anzuzeigen, damit es prüfen kann, ob der Begleiter erforderlich ist.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 29. September 2006 wird zurückgewiesen.
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe:
I.
In dem Klageverfahren des Beschwerdeführers gegen die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland (Az.: S 3 RJ 2121/04) beauftragte der Vorsitzende der 3. Kammer des Sozialgerichts Nordhausen mit Beweisanordnung vom 25. Juli 2005 Dr. D., K., mit der Erstellung eines Gutachtens aufgrund ambulanter Untersuchung. Der Beschwerdeführer und seine Prozessbevollmächtigte erhielten eine Kopie sowie mehrere Formulare der Gerichtsverwaltung, darunter auch die "Hinweise zur Entschädigung" (Stand 06/04). In ihm heißt es u.a.:
"1. Fahrtkosten: e) Für eine notwendige Begleitperson kann nur dann Kostenerstattung erfolgen, wenn der Gutachter die Notwendigkeit der Begleitung bescheinigt und Sie dem Begleiter zum Ersatz verpflichtet sind. 4. Sonstige Kosten (z.B. Begleitperson, Vertretung) sind erstattungsfähig, wenn sie nachgewiesen werden und ihre Entstehung notwendig war ".
Unter dem 28. September 2005 bescheinigte der Sachverständige eine Anwesenheit des Beschwerdeführers am 1. und 28. September 2005. Die Untersuchung sei am 28. September 2005 von 12:00 Uhr bis 13:30 Uhr durchgeführt worden. Die Frage "War eine Begleitperson aus gesundheitlichen Gründen oder wegen körperlicher Gebrechen erforderlich?" bejahte er.
In dem am 25. Oktober 2005 eingereichten "Antrag auf Erstattung von Fahrtkosten" beantragte der Beschwerdeführer eine Fahrtkostenerstattung (95,00 Euro) für eine Gesamtstrecke von 190 Kilometern x 2 (=380,00 Kilometern), Aufwand und Tagegeld für den 1. und 28. September 2005 (an beiden Tagen Antritt der Reise 9:30 Uhr, Beendigung: 14:45 Uhr) und Kosten einer Begleitperson (des Bruders P. H.). Beigefügt waren eine Bescheinigung des P. H. Messe-Trockenbau-Montage über zwei Tage zu jeweils 8 Stunden über 603,20 Euro (incl. MWSt.), auf dem handschriftlich vermerkt ist "Ich P. H. war für den Arzttermin von Herr H. M. Begleitperson und Fahrer" und eine Kopie der Gewerbeanmeldung des P. H.
Das orthopädische Gutachten des Sachverständigen Dr. D. vom 3. November 2005 berichtet auf Blatt 3 über ambulante Untersuchung am 1. und 28. September 2005. Der Kläger könne noch leichte Arbeiten vollschichtig in wechselnder Körperhaltung verrichten; von Seiten des orthopädischen Fachgebiets könne der Beschwerdeführer öffentliche Verkehrsmittel benutzen und ein Kraftfahrzeug führen. Aufgrund der orthopädischen Leiden sei eine Begleitperson für die durchgeführte Untersuchung in keiner Weise erforderlich gewesen (Blatt 22).
Unter dem 20. Dezember 2005 führte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle aus, der zu erstattende Betrag sei angesichts der mit einem Routenprogramm überprüften Gesamtstrecke auf 83,00 Euro (2 x 166 km x 0,25 EUR) zu ermäßigen. Der Verdienstausfall des Bruders könne nicht entschädigt werden, weil eine Begleitperson nicht erforderlich gewesen sei.
Am 26. Januar 2006 hat der Beschwerdeführer die richterliche Festsetzung beantragt und ausgeführt, er sei weder am 1. noch am 28. September wegen erheblicher Rückenschmerzen in der Lage gewesen, selbst ein Fahrzeug zu führen. Am 1. September 2005 sei er von Dr. D. wegen seiner akuten Schmerzen wieder nach Hause geschickt worden. Die Erforderlichkeit der Begleitperson sei von dem Sachverständigen bescheinigt worden.
Der Beschwerdegegner hat die Ansicht vertreten, angesichts der Ausführungen des Sachverständigen komme eine Entschädigung der Begleitperson nicht in Betracht.
Auf Anfrage des Sozialgerichts hat Dr. D. unter dem 26. Juli 2006 auf seine Ausführungen im Gutachten hingewiesen und u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer sei an beiden Tagen jeweils mit Begleitperson gekommen. Die körperliche Beeinträchtigung von Seiten anderer Fachgebiete (Kardiologie, Angiologie) habe er nicht beurteilen können; deshalb habe er am 29. September 2005 das Erfordernis einer Begleitperson bescheinigt.
Mit Beschluss vom 29. September 2006 hat das Sozialgericht die Entschädigung anlässlich der Begutachtungen durch Dr. D. am 1. und 28. September 2005 auf 83,00 Euro festgesetzt. Nachdem die Bescheinigung durch den Sachverständigen lediglich aufgrund von Behauptungen des Klägers und nicht aufgrund einer eigenen tatsächlichen Notwendigkeit der Begleitperson erfordernden Diagnose ausgestellt worden sei, bestünden keine objektiven Anhaltspunkte für deren Erforderlichkeit.
Dagegen hat der Beschwerdeführer Beschwerde eingelegt und sich im Ergebnis auf die Bescheinigung vom 28. September 2005 gestützt. Eine vorherige Anzeige der Kosten der Begleitperson beim Sozialgericht sei wegen der akut aufgetretenen Beschwerden nicht möglich gewesen.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 29. September 2006 aufzuheben und die Entschädigung anlässlich seiner Vorstellungen bei Dr. D. am 1. und 28. September 2005 auf 698,20 Euro festzusetzen.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf seine Ausführung im Erinnerungsverfahren und den Beschluss des Sozialgerichts.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 16. November 2006) und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt.
Der Senatsvorsitzende hat den Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass ein Selbständiger sich selbst keine Bescheinigung über Verdienstausfall ausstellen könne und er das Gericht bei so hohen Kosten wie im vorliegenden Fall vorab informieren müsse. Die geltend gemachten acht Stunden seien bei einer Untersuchung von 12:00 Uhr bis 13:30 Uhr kaum nachvollziehbar; für die Fahrt am 1. September 2005 (ohne Untersuchung) sei der Ansatz erheblich zu hoch angesetzt. Darauf hin hat der Beschwerdeführer eine neue "Rechnung für Verdienstausfall" des P. H. über 416 Euro (2 Arbeitstage = 16 Stunden x 26,00 Euro sowie MWSt.) eingereicht, in der u.a. vermerkt ist: "Eine später Arbeitsaufnahme war an beiden Tagen nicht möglich, da ich ein(en) Montagebetrieb habe."
Ergänzend wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte und des Kostenhefts verwiesen, der Gegenstand der geheimen Beratung gewesen ist.
II.
Zuständig für die Entscheidung sind die Berufsrichter des 6. Senats, nachdem der Einzelrichter (hier: der Senatsvorsitzende) das Verfahren mit Beschluss vom 29. März 2007 dem Senat übertragen hat (§ 4 Abs. 7 S. 2 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG)).
Die Beschwerde ist zulässig. Entgegen der insoweit fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung im Beschluss des Sozialgerichts existiert keine Beschwerdefrist. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200,00 Euro (§ 4 Abs. 3 JVEG).
Bei seiner Entscheidung hat der Senat die gesamte Entschädigung zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie der Beschwerdeführer angegriffen hat (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 21. Dezember 2006 – Az.: L 6 B 22/06 SF m.w.N. und 27. September 2005 – Az.: L 6 SF 408/05, Meyer/Höver/Bach, Die Vergütung und Entschädigung von Sachverständigen, Zeugen, Dritten und von ehrenamtlichen Richtern nach dem JEG, 23. Auflage 2005, § 4 Rdnr. 4.12 m.w.N).
Nach § 191 Halbs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) werden einem Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet. Diese Vorschrift gilt auch für die Ladung zur Untersuchung durch einen Sachverständigen, wenn ihr – wie hier – eine gerichtliche Anordnung zugrunde liegt (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005, a.a.O., 13. April 2005 – Az.: L 6 SF 2/05, 1. Oktober 2003 – Az.: L 6 SF 382/03, 5. April 2000 – Az.: L 6 B 2/00 SF und 8. Februar 2000 – Az.: L 6 B 60/99 SF; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage 2005, § 191 Rdnr. 2 m.w.N.). Zeugen erhalten nach § 19 Abs. 1 Satz 1 JVEG als Entschädigung Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG), Ersatz für sonstige Aufwendungen (§ 7 JVEG), Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 20 JVEG), Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung (§ 21 JVEG) sowie Entschädigung für Verdienstausfall (§ 22 JVEG). Soweit die Entschädigung nach Stunden zu bemessen ist, wird sie nach § 19 Abs. 2 JVEG für die gesamte Zeit der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten, jedoch nicht mehr als zehn Stunden je Tag gewährt (Satz 1); die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet (Satz 2).
Danach errechnet sich die Entschädigung wie folgt:
1. Der Fahrtkostenersatz beträgt – wie bereits von der Urkundsbeamtin und der Vorinstanz entschieden – 83,00 Euro (166 Kilometer x 2 = 332 Kilometer x 0,25 Euro). Nachdem der Sachverständige den Beschwerdeführer zweimal zur Untersuchung geladen hatte, sind die Kosten beider Fahrten zu erstatten. Der Senat weist darauf hin, dass es dem Beschwerdeführer allerdings unproblematisch möglich gewesen wäre, die Fahrtkosten für den 1. September 2005 durch einen Telefonanruf mit dem Sachverständigen zu verhindern.
Nach § 191 Halbs. 1 SGG i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG werden dem Beteiligten bei Benutzung eines eigenen oder unentgeltlich zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeugs zur Abgeltung der Betriebskosten sowie der Abgeltung der Abnutzung des Kraftfahrzeugs 0,25 EUR für jeden gefahrenen Kilometer ersetzt zuzüglich der durch die Benutzung aus Anlass der Reise regelmäßig anfallenden baren Auslagen, insbesondere der Parkentgelte.
Die Mindeststrecke durfte die Gerichtsverwaltung mit einem Routenplaner überprüfen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005, a.a.O. und 5. April 2000 – Az.: L 6 B 2/00 SF; Bayerisches LSG, Beschluss vom 2. Januar 2007 – Az.: L 3 U 195/06.Ko, nach juris). Eine Erstattung der darüber hinaus geltend gemachten 48 Kilometer kommt nicht in Betracht; ihre Notwendigkeit (z.B. durch Umleitungen etc.) hat der von einer rechtskundigen Prozessbevollmächtigten vertretene Beschwerdeführer nicht belegt. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden (vgl. u.a. Beschluss vom 27. September 2005, a.a.O.), dass angesichts der im gesamten Kostenrecht geltenden Kostenminimierungspflicht, wonach die Kosten eines Rechtsstreits so gering wie möglich zu halten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Februar 2003 – Az.: L 6 B 19/02 SF; Thüringer OVG vom 13. Juli 1995 – Az.: 1 VO 757/94 in: ThürVBl. 1996, 36; Keller "Das Mehrkostenverbot und die Beiordnung des auswärtigen Anwalts im sozialgerichtlichen Verfahren" in NZS 2003, 521), die Reiseroute auszuwählen ist, durch die die Gesamtentschädigung am niedrigsten ausfällt, wenn dies zumutbar ist (a.A. wohl Hartmann in Kostengesetze, 36. Auflage 2006, § 5 JVEG Rdnr. 11: jeder tatsächlich gefahrene Kilometer). Er hält weiterhin daran fest (im Ergebnis ebenso: Bayerisches LSG, Beschluss vom 2. Januar 2007, a.a.O.).
2. Nicht zu erstatten sind die beantragten Kosten der Begleitperson.
Gesetzliche Grundlage ist § 191 Halbs. 1 SGG i.V.m. § 7 Abs. 1 JVEG. Danach werden die in den §§ 5 und 6 nicht besonders genannten baren Auslagen ersetzt, soweit sie notwendig sind (Satz 1); dies gilt insbesondere für die Kosten notwendiger Vertretungen und notwendiger Begleitpersonen (Satz 2). Ob die Begleitung tatsächlich objektiv (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 36. Auflage 2006, § 7 JVEG, Rdnr. 11) notwendig ist, ist eine Tatfrage und im Zweifelsfall vom Gericht nach freiem Ermessen zu entscheiden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005, a.a.O. und 8. Februar 2000 – Az.: L 6 B 60/99 SF; Meyer/Höver/Bach, Die Vergütung und Entschädigung von Sachverständigen, Zeugen, Dritten und von ehrenamtlichen Richtern nach dem JVEG, 24. Auflage 2007, § 7 Rdnr. 7.15).
Nach dem Gutachten des Dr. D. und seiner Stellungnahme vom 26. Juli 2006 war eine Begleitperson aufgrund der festgestellten orthopädischen Leiden nicht erforderlich. Der Beschwerdeführer hat bei beiden Untersuchungstagen selbst als Begründung nur "akute Rückenschmerzen" – also orthopädische Gründe - angegeben.
Es ist unerheblich, dass Dr. D. in seiner Bescheinigung vom 28. September 2005 bestätigt hat, eine Begleitperson sei erforderlich gewesen. Allein ihr Vorliegen begründet keine Kostenerstattung, denn nicht er, sondern der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle bzw. die Gerichte sind zur Entscheidung über die Notwendigkeit der Begleitung berufen. Nur zur Vollständigkeit weist der Senat darauf hin, dass die nachträglich gegebene Begründung des Sachverständigen für die Bescheinigung ("die Beeinträchtigung von Seiten anderer Sachgebiete (Kardiologie, Angiologie) konnte hier nicht beurteilt werden") angesichts der Angaben des Beschwerdeführers (akute Rückenprobleme) unverständlich ist.
Es gibt auch keine Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Entschädigung aus Vertrauensgesichtspunkten. Dies ist beispielsweise bei missverständlichen Äußerungen oder Handlungen der Gerichtsverwaltung denkbar (vgl. Senatsbeschluss vom 27. September 2005, a.a.O.). Hier hat der Sachverständige die Bescheinigung erst nach der Begutachtung (also nach Beginn der Inanspruchnahme der Begleitperson) erstellt; ein Vertrauensschutz kommt rückwirkend nicht in Betracht (vgl. Senatsbeschluss vom 17. September 2003, a.a.O.).
Zudem wäre der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, die ungewöhnlich hohen Begleitpersonkosten dem Gericht vorab anzuzeigen, damit es hätte prüfen können, ob der Begleiter erforderlich war (vgl. Hartmann in Kostengesetze, a.a.O., § 7 JVEG Rdnr. 12). Den Vortrag, dies sei aus Zeitgründen (wegen der akuten Rückenschmerzen) nicht möglich gewesen, wertet der Senat als reine Schutzbehauptung. Nachdem es dem Beschwerdeführer trotz seiner "akuten" Schmerzen kurzfristig möglich war, die Begleitung zu organisieren, wäre es angesichts der Abfahrtszeit um 9:30 Uhr (lt. Antrag), der Untersuchung um 12:00 Uhr (ca. 2,5 Stunden) und einer Fahrzeit von ca. 1 Stunde und 20 Minuten (lt. Routenplaner) durchaus möglich gewesen, vorab mit dem Sozialgericht telefonisch Rücksprache zu nehmen.
Angesichts dieser Umstände kann der Senat dahingestellt lassen, ob die Begleitperson tatsächlich den vorgetragenen Verdienstausfall erlitten hat. Nur zur Vollständigkeit weist er darauf hin, dass auch diesbezüglich erhebliche Bedenken bestehen. Zwar wird teilweise vertreten, dass der Nachweis bei selbständigen Gewerbetreibenden oder Handwerkern in aller Regel nicht verlangt werden kann, da er nur schwer zu führen sei (vgl. LG Rostock, Beschluss vom 15. November 2002 – Az.: 2 T 23/01 m.w.N., nach juris). Selbst bei dieser Ansicht wäre er im vorliegenden Fall jedoch konkret erforderlich, weil der beantragte Zeitaufwand von acht Stunden offensichtlich erheblich überzogen ist. Für den 28. September 2005 betrug der tatsächliche Zeitaufwand bei einer Fahrzeit von ca. 2 Stunden und 40 Minuten (Hin- und Rückfahrt) und der Untersuchung von ca. 1,5 Stunden - mit Puffern - allenfalls ca. 4,5 Stunden; für den 1. September 2005 (ohne Untersuchung) muss er deutlich unter vier Stunden gelegen haben. Die vorgetragene Begründung, eine Arbeitsaufnahme des selbständigen Bruders sei nicht mehr möglich gewesen, weil er einen "Montagebetrieb habe", ist unverständlich. Eine Erstattung käme in einem solchen Fall nur in Betracht, wenn ein Vertreter eingestellt und entlohnt worden wäre (was offensichtlich nicht geschehen ist).
Nicht ansatzweise nachvollziehen kann der Senat die Anforderung der Mehrwertsteuer. Hierfür besteht keine Rechtsgrundlage. Der Senat geht davon aus, dass die Begleitperson H. die geforderte Vergütung nicht unter den Einnahmen seines Montagebetriebs verbucht hat.
3. Ein Anspruch auf Tagegeld nach § 191 Halbs. 1 SGG i.V.m. § 6 Abs. 1 JVEG besteht nicht, weil die Abwesenheit des Beschwerdeführers von der Wohnung weniger als acht Stunden betrug.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 7 JVEG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 4 Abs. 4 S. 3 JVEG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe:
I.
In dem Klageverfahren des Beschwerdeführers gegen die Deutsche Rentenversicherung Mitteldeutschland (Az.: S 3 RJ 2121/04) beauftragte der Vorsitzende der 3. Kammer des Sozialgerichts Nordhausen mit Beweisanordnung vom 25. Juli 2005 Dr. D., K., mit der Erstellung eines Gutachtens aufgrund ambulanter Untersuchung. Der Beschwerdeführer und seine Prozessbevollmächtigte erhielten eine Kopie sowie mehrere Formulare der Gerichtsverwaltung, darunter auch die "Hinweise zur Entschädigung" (Stand 06/04). In ihm heißt es u.a.:
"1. Fahrtkosten: e) Für eine notwendige Begleitperson kann nur dann Kostenerstattung erfolgen, wenn der Gutachter die Notwendigkeit der Begleitung bescheinigt und Sie dem Begleiter zum Ersatz verpflichtet sind. 4. Sonstige Kosten (z.B. Begleitperson, Vertretung) sind erstattungsfähig, wenn sie nachgewiesen werden und ihre Entstehung notwendig war ".
Unter dem 28. September 2005 bescheinigte der Sachverständige eine Anwesenheit des Beschwerdeführers am 1. und 28. September 2005. Die Untersuchung sei am 28. September 2005 von 12:00 Uhr bis 13:30 Uhr durchgeführt worden. Die Frage "War eine Begleitperson aus gesundheitlichen Gründen oder wegen körperlicher Gebrechen erforderlich?" bejahte er.
In dem am 25. Oktober 2005 eingereichten "Antrag auf Erstattung von Fahrtkosten" beantragte der Beschwerdeführer eine Fahrtkostenerstattung (95,00 Euro) für eine Gesamtstrecke von 190 Kilometern x 2 (=380,00 Kilometern), Aufwand und Tagegeld für den 1. und 28. September 2005 (an beiden Tagen Antritt der Reise 9:30 Uhr, Beendigung: 14:45 Uhr) und Kosten einer Begleitperson (des Bruders P. H.). Beigefügt waren eine Bescheinigung des P. H. Messe-Trockenbau-Montage über zwei Tage zu jeweils 8 Stunden über 603,20 Euro (incl. MWSt.), auf dem handschriftlich vermerkt ist "Ich P. H. war für den Arzttermin von Herr H. M. Begleitperson und Fahrer" und eine Kopie der Gewerbeanmeldung des P. H.
Das orthopädische Gutachten des Sachverständigen Dr. D. vom 3. November 2005 berichtet auf Blatt 3 über ambulante Untersuchung am 1. und 28. September 2005. Der Kläger könne noch leichte Arbeiten vollschichtig in wechselnder Körperhaltung verrichten; von Seiten des orthopädischen Fachgebiets könne der Beschwerdeführer öffentliche Verkehrsmittel benutzen und ein Kraftfahrzeug führen. Aufgrund der orthopädischen Leiden sei eine Begleitperson für die durchgeführte Untersuchung in keiner Weise erforderlich gewesen (Blatt 22).
Unter dem 20. Dezember 2005 führte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle aus, der zu erstattende Betrag sei angesichts der mit einem Routenprogramm überprüften Gesamtstrecke auf 83,00 Euro (2 x 166 km x 0,25 EUR) zu ermäßigen. Der Verdienstausfall des Bruders könne nicht entschädigt werden, weil eine Begleitperson nicht erforderlich gewesen sei.
Am 26. Januar 2006 hat der Beschwerdeführer die richterliche Festsetzung beantragt und ausgeführt, er sei weder am 1. noch am 28. September wegen erheblicher Rückenschmerzen in der Lage gewesen, selbst ein Fahrzeug zu führen. Am 1. September 2005 sei er von Dr. D. wegen seiner akuten Schmerzen wieder nach Hause geschickt worden. Die Erforderlichkeit der Begleitperson sei von dem Sachverständigen bescheinigt worden.
Der Beschwerdegegner hat die Ansicht vertreten, angesichts der Ausführungen des Sachverständigen komme eine Entschädigung der Begleitperson nicht in Betracht.
Auf Anfrage des Sozialgerichts hat Dr. D. unter dem 26. Juli 2006 auf seine Ausführungen im Gutachten hingewiesen und u.a. ausgeführt, der Beschwerdeführer sei an beiden Tagen jeweils mit Begleitperson gekommen. Die körperliche Beeinträchtigung von Seiten anderer Fachgebiete (Kardiologie, Angiologie) habe er nicht beurteilen können; deshalb habe er am 29. September 2005 das Erfordernis einer Begleitperson bescheinigt.
Mit Beschluss vom 29. September 2006 hat das Sozialgericht die Entschädigung anlässlich der Begutachtungen durch Dr. D. am 1. und 28. September 2005 auf 83,00 Euro festgesetzt. Nachdem die Bescheinigung durch den Sachverständigen lediglich aufgrund von Behauptungen des Klägers und nicht aufgrund einer eigenen tatsächlichen Notwendigkeit der Begleitperson erfordernden Diagnose ausgestellt worden sei, bestünden keine objektiven Anhaltspunkte für deren Erforderlichkeit.
Dagegen hat der Beschwerdeführer Beschwerde eingelegt und sich im Ergebnis auf die Bescheinigung vom 28. September 2005 gestützt. Eine vorherige Anzeige der Kosten der Begleitperson beim Sozialgericht sei wegen der akut aufgetretenen Beschwerden nicht möglich gewesen.
Der Beschwerdeführer beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 29. September 2006 aufzuheben und die Entschädigung anlässlich seiner Vorstellungen bei Dr. D. am 1. und 28. September 2005 auf 698,20 Euro festzusetzen.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist er auf seine Ausführung im Erinnerungsverfahren und den Beschluss des Sozialgerichts.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 16. November 2006) und sie dem Thüringer Landessozialgericht vorgelegt.
Der Senatsvorsitzende hat den Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass ein Selbständiger sich selbst keine Bescheinigung über Verdienstausfall ausstellen könne und er das Gericht bei so hohen Kosten wie im vorliegenden Fall vorab informieren müsse. Die geltend gemachten acht Stunden seien bei einer Untersuchung von 12:00 Uhr bis 13:30 Uhr kaum nachvollziehbar; für die Fahrt am 1. September 2005 (ohne Untersuchung) sei der Ansatz erheblich zu hoch angesetzt. Darauf hin hat der Beschwerdeführer eine neue "Rechnung für Verdienstausfall" des P. H. über 416 Euro (2 Arbeitstage = 16 Stunden x 26,00 Euro sowie MWSt.) eingereicht, in der u.a. vermerkt ist: "Eine später Arbeitsaufnahme war an beiden Tagen nicht möglich, da ich ein(en) Montagebetrieb habe."
Ergänzend wird auf den Inhalt der Beschwerdeakte und des Kostenhefts verwiesen, der Gegenstand der geheimen Beratung gewesen ist.
II.
Zuständig für die Entscheidung sind die Berufsrichter des 6. Senats, nachdem der Einzelrichter (hier: der Senatsvorsitzende) das Verfahren mit Beschluss vom 29. März 2007 dem Senat übertragen hat (§ 4 Abs. 7 S. 2 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG)).
Die Beschwerde ist zulässig. Entgegen der insoweit fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung im Beschluss des Sozialgerichts existiert keine Beschwerdefrist. Der Wert des Beschwerdegegenstands übersteigt 200,00 Euro (§ 4 Abs. 3 JVEG).
Bei seiner Entscheidung hat der Senat die gesamte Entschädigung zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie der Beschwerdeführer angegriffen hat (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 21. Dezember 2006 – Az.: L 6 B 22/06 SF m.w.N. und 27. September 2005 – Az.: L 6 SF 408/05, Meyer/Höver/Bach, Die Vergütung und Entschädigung von Sachverständigen, Zeugen, Dritten und von ehrenamtlichen Richtern nach dem JEG, 23. Auflage 2005, § 4 Rdnr. 4.12 m.w.N).
Nach § 191 Halbs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) werden einem Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet. Diese Vorschrift gilt auch für die Ladung zur Untersuchung durch einen Sachverständigen, wenn ihr – wie hier – eine gerichtliche Anordnung zugrunde liegt (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005, a.a.O., 13. April 2005 – Az.: L 6 SF 2/05, 1. Oktober 2003 – Az.: L 6 SF 382/03, 5. April 2000 – Az.: L 6 B 2/00 SF und 8. Februar 2000 – Az.: L 6 B 60/99 SF; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Sozialgerichtsgesetz, 8. Auflage 2005, § 191 Rdnr. 2 m.w.N.). Zeugen erhalten nach § 19 Abs. 1 Satz 1 JVEG als Entschädigung Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG), Ersatz für sonstige Aufwendungen (§ 7 JVEG), Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 20 JVEG), Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung (§ 21 JVEG) sowie Entschädigung für Verdienstausfall (§ 22 JVEG). Soweit die Entschädigung nach Stunden zu bemessen ist, wird sie nach § 19 Abs. 2 JVEG für die gesamte Zeit der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten, jedoch nicht mehr als zehn Stunden je Tag gewährt (Satz 1); die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet (Satz 2).
Danach errechnet sich die Entschädigung wie folgt:
1. Der Fahrtkostenersatz beträgt – wie bereits von der Urkundsbeamtin und der Vorinstanz entschieden – 83,00 Euro (166 Kilometer x 2 = 332 Kilometer x 0,25 Euro). Nachdem der Sachverständige den Beschwerdeführer zweimal zur Untersuchung geladen hatte, sind die Kosten beider Fahrten zu erstatten. Der Senat weist darauf hin, dass es dem Beschwerdeführer allerdings unproblematisch möglich gewesen wäre, die Fahrtkosten für den 1. September 2005 durch einen Telefonanruf mit dem Sachverständigen zu verhindern.
Nach § 191 Halbs. 1 SGG i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 JVEG werden dem Beteiligten bei Benutzung eines eigenen oder unentgeltlich zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeugs zur Abgeltung der Betriebskosten sowie der Abgeltung der Abnutzung des Kraftfahrzeugs 0,25 EUR für jeden gefahrenen Kilometer ersetzt zuzüglich der durch die Benutzung aus Anlass der Reise regelmäßig anfallenden baren Auslagen, insbesondere der Parkentgelte.
Die Mindeststrecke durfte die Gerichtsverwaltung mit einem Routenplaner überprüfen (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005, a.a.O. und 5. April 2000 – Az.: L 6 B 2/00 SF; Bayerisches LSG, Beschluss vom 2. Januar 2007 – Az.: L 3 U 195/06.Ko, nach juris). Eine Erstattung der darüber hinaus geltend gemachten 48 Kilometer kommt nicht in Betracht; ihre Notwendigkeit (z.B. durch Umleitungen etc.) hat der von einer rechtskundigen Prozessbevollmächtigten vertretene Beschwerdeführer nicht belegt. Der Senat hat bereits mehrfach entschieden (vgl. u.a. Beschluss vom 27. September 2005, a.a.O.), dass angesichts der im gesamten Kostenrecht geltenden Kostenminimierungspflicht, wonach die Kosten eines Rechtsstreits so gering wie möglich zu halten sind (vgl. Senatsbeschluss vom 12. Februar 2003 – Az.: L 6 B 19/02 SF; Thüringer OVG vom 13. Juli 1995 – Az.: 1 VO 757/94 in: ThürVBl. 1996, 36; Keller "Das Mehrkostenverbot und die Beiordnung des auswärtigen Anwalts im sozialgerichtlichen Verfahren" in NZS 2003, 521), die Reiseroute auszuwählen ist, durch die die Gesamtentschädigung am niedrigsten ausfällt, wenn dies zumutbar ist (a.A. wohl Hartmann in Kostengesetze, 36. Auflage 2006, § 5 JVEG Rdnr. 11: jeder tatsächlich gefahrene Kilometer). Er hält weiterhin daran fest (im Ergebnis ebenso: Bayerisches LSG, Beschluss vom 2. Januar 2007, a.a.O.).
2. Nicht zu erstatten sind die beantragten Kosten der Begleitperson.
Gesetzliche Grundlage ist § 191 Halbs. 1 SGG i.V.m. § 7 Abs. 1 JVEG. Danach werden die in den §§ 5 und 6 nicht besonders genannten baren Auslagen ersetzt, soweit sie notwendig sind (Satz 1); dies gilt insbesondere für die Kosten notwendiger Vertretungen und notwendiger Begleitpersonen (Satz 2). Ob die Begleitung tatsächlich objektiv (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 36. Auflage 2006, § 7 JVEG, Rdnr. 11) notwendig ist, ist eine Tatfrage und im Zweifelsfall vom Gericht nach freiem Ermessen zu entscheiden (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. September 2005, a.a.O. und 8. Februar 2000 – Az.: L 6 B 60/99 SF; Meyer/Höver/Bach, Die Vergütung und Entschädigung von Sachverständigen, Zeugen, Dritten und von ehrenamtlichen Richtern nach dem JVEG, 24. Auflage 2007, § 7 Rdnr. 7.15).
Nach dem Gutachten des Dr. D. und seiner Stellungnahme vom 26. Juli 2006 war eine Begleitperson aufgrund der festgestellten orthopädischen Leiden nicht erforderlich. Der Beschwerdeführer hat bei beiden Untersuchungstagen selbst als Begründung nur "akute Rückenschmerzen" – also orthopädische Gründe - angegeben.
Es ist unerheblich, dass Dr. D. in seiner Bescheinigung vom 28. September 2005 bestätigt hat, eine Begleitperson sei erforderlich gewesen. Allein ihr Vorliegen begründet keine Kostenerstattung, denn nicht er, sondern der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle bzw. die Gerichte sind zur Entscheidung über die Notwendigkeit der Begleitung berufen. Nur zur Vollständigkeit weist der Senat darauf hin, dass die nachträglich gegebene Begründung des Sachverständigen für die Bescheinigung ("die Beeinträchtigung von Seiten anderer Sachgebiete (Kardiologie, Angiologie) konnte hier nicht beurteilt werden") angesichts der Angaben des Beschwerdeführers (akute Rückenprobleme) unverständlich ist.
Es gibt auch keine Anhaltspunkte für die Notwendigkeit der Entschädigung aus Vertrauensgesichtspunkten. Dies ist beispielsweise bei missverständlichen Äußerungen oder Handlungen der Gerichtsverwaltung denkbar (vgl. Senatsbeschluss vom 27. September 2005, a.a.O.). Hier hat der Sachverständige die Bescheinigung erst nach der Begutachtung (also nach Beginn der Inanspruchnahme der Begleitperson) erstellt; ein Vertrauensschutz kommt rückwirkend nicht in Betracht (vgl. Senatsbeschluss vom 17. September 2003, a.a.O.).
Zudem wäre der Beschwerdeführer verpflichtet gewesen, die ungewöhnlich hohen Begleitpersonkosten dem Gericht vorab anzuzeigen, damit es hätte prüfen können, ob der Begleiter erforderlich war (vgl. Hartmann in Kostengesetze, a.a.O., § 7 JVEG Rdnr. 12). Den Vortrag, dies sei aus Zeitgründen (wegen der akuten Rückenschmerzen) nicht möglich gewesen, wertet der Senat als reine Schutzbehauptung. Nachdem es dem Beschwerdeführer trotz seiner "akuten" Schmerzen kurzfristig möglich war, die Begleitung zu organisieren, wäre es angesichts der Abfahrtszeit um 9:30 Uhr (lt. Antrag), der Untersuchung um 12:00 Uhr (ca. 2,5 Stunden) und einer Fahrzeit von ca. 1 Stunde und 20 Minuten (lt. Routenplaner) durchaus möglich gewesen, vorab mit dem Sozialgericht telefonisch Rücksprache zu nehmen.
Angesichts dieser Umstände kann der Senat dahingestellt lassen, ob die Begleitperson tatsächlich den vorgetragenen Verdienstausfall erlitten hat. Nur zur Vollständigkeit weist er darauf hin, dass auch diesbezüglich erhebliche Bedenken bestehen. Zwar wird teilweise vertreten, dass der Nachweis bei selbständigen Gewerbetreibenden oder Handwerkern in aller Regel nicht verlangt werden kann, da er nur schwer zu führen sei (vgl. LG Rostock, Beschluss vom 15. November 2002 – Az.: 2 T 23/01 m.w.N., nach juris). Selbst bei dieser Ansicht wäre er im vorliegenden Fall jedoch konkret erforderlich, weil der beantragte Zeitaufwand von acht Stunden offensichtlich erheblich überzogen ist. Für den 28. September 2005 betrug der tatsächliche Zeitaufwand bei einer Fahrzeit von ca. 2 Stunden und 40 Minuten (Hin- und Rückfahrt) und der Untersuchung von ca. 1,5 Stunden - mit Puffern - allenfalls ca. 4,5 Stunden; für den 1. September 2005 (ohne Untersuchung) muss er deutlich unter vier Stunden gelegen haben. Die vorgetragene Begründung, eine Arbeitsaufnahme des selbständigen Bruders sei nicht mehr möglich gewesen, weil er einen "Montagebetrieb habe", ist unverständlich. Eine Erstattung käme in einem solchen Fall nur in Betracht, wenn ein Vertreter eingestellt und entlohnt worden wäre (was offensichtlich nicht geschehen ist).
Nicht ansatzweise nachvollziehen kann der Senat die Anforderung der Mehrwertsteuer. Hierfür besteht keine Rechtsgrundlage. Der Senat geht davon aus, dass die Begleitperson H. die geforderte Vergütung nicht unter den Einnahmen seines Montagebetriebs verbucht hat.
3. Ein Anspruch auf Tagegeld nach § 191 Halbs. 1 SGG i.V.m. § 6 Abs. 1 JVEG besteht nicht, weil die Abwesenheit des Beschwerdeführers von der Wohnung weniger als acht Stunden betrug.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 7 JVEG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 4 Abs. 4 S. 3 JVEG).
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