L 4 KA 264/07

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 7 KA 2196/05
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 264/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 1. Februar 2007 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Anwendung des Härtefallausgleichs nach der Leitzahl 806 des Honorarverteilungsmaßstabes (HVM) für das Quartal II/1999.

Der Kläger ist als Chirurg in A. nieder- und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Bis Ende März 1999 war er zusammen mit Dr. G. in einer Gemeinschaftspraxis tätig. Seine vertragsärztliche Tätigkeit übt der Kläger nach dem Ausscheiden von Dr. G. in einer Einzelpraxis aus.

Nach Erhalt des Honorarbescheides für das zweite Quartal 1999 mit einem deutlichen Rückgang des Honorars im Vergleich zu Vorquartalen beantragte der Kläger die Gewährung eines Härtfallausgleichs.

Mit Bescheid vom 13. April 2001 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Voraussetzungen für einen Härtefallausgleich seien nicht geben. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26. April 2001). In dem sich anschließenden Klageverfahren mit dem Aktenzeichen S 12 KA 999/01 erkannte die Beklagte im Oktober 2003 die Anwendung des Härtfallausgleichs an und verpflichtete sich zur Neuverbescheidung.

Mit Bescheid vom 9. Februar 2004 lehnte die Beklagte erneut einen Härtfallausgleich für das zweite Quartal 1999 ab und zwar wegen mangelnder Vergleichbarkeit, weil der Kläger nunmehr in einer Einzelpraxis und nicht mehr in einer Gemeinschaftspraxis arbeite. In dem sich anschließenden Klageverfahren (S 7 426/04) verurteilte das Sozialgericht unter Aufhebung des Bescheides vom 9. Februar 2004 die Beklagte zur Neuverbescheidung.

In Ausführung der sozialgerichtlichen Entscheidung gewährte die Beklagte mit Bescheid vom 21. Februar 2005 einen Härtfallausgleich in Höhe von 393,07 Euro. Den nicht begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juni 2005 zurück.

Die ebenfalls nicht begründete Klage hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 1. Februar 2007 abgewiesen. Zur Begründung hat das Sozialgericht auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen. Die Beklagte habe die vom Gericht zuvor aufgestellten Grundsätze für die Gewährung eines Härtefallausgleichs nunmehr in nicht zu beanstandender Weise umgesetzt.

Mit der dagegen erhobenen Berufung macht der Kläger geltend, dass der angegriffene Bescheid nicht nachvollziehbar sei. Er enthalte nicht die ausgeführten Rechenschritte und könne daher nicht nachgeprüft werden. Ein Vergleich zu dem zweiten Quartal 1997 sei nicht angebracht. Zum 1. Juli 1997 sei mit Einführung eines neuen EBM-Ä eine völlig neue Bewertung der Leistungen erfolgt. Aus diesem Grund sei allein eine Gegenüberstellung des abgerechneten Leistungsumfanges zwischen dem zweiten Quartal 1997 und den zweiten Quartal 1999 nicht sachgerecht. Zudem verkenne die Beklagte die Auswirkungen der zum 1. Juli 1997 eingeführten Praxisbudgets. Das Prinzip der Praxisbudgets bestehe gerade darin, die in den Budgets enthaltenen Leistungen nur bis zu eine begrenzten Gesamtpunktzahl anerkannt zu bekommen. Der darüber hinausgehende Leistungsanteil werde nicht gesondert vergütet. Daher sei es für den Kläger und seinen Partner nicht mehr relevant gewesen, alle erbrachten Leistungen auch abzurechnen. Der Rückgang des abgerechneten Punktevolumens sei damit auch kein verlässlicher Parameter für den Fallwertrückgang.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 1. Februar 2007 aufzuheben und unter Abänderung des Bescheides vom 21. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2005 die Beklagte zu verurteilen, über den Antrag des Klägers zur Teilnahme an der Härtefallregelung nach Leitzahl 806 HVM erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Die Beklagten beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält ihre Entscheidung für zutreffend.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der geheimen Beratung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil die Beteiligten ihr Einverständnis mit dieser Verfahrensweise erklärt haben (vgl. § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-).

Die Berufung ist statthaft (§§ 123, 124 SGG). Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Die erstinstanzliche Entscheidung ist nicht zu beanstanden. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Sie verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Neuverbescheidung. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte im Rahmen der Prüfung des Härtefallausgleichs und der gewährten Höhe ermessensfehlerhaft vorgegangen ist. Der festzustellende Fallwertrückgang ist in erster Linie auf den Rückgang des Behandlungsumfanges (in der Einzelpraxis) zurückzuführen. Für eine solche Situation ist im HVM keine Stützungsmaßnahme vorgesehen und letztlich auch nicht erforderlich.

Die Vertreterversammlung der Beklagten hat mit der Beschlussfassung zur Leitzahl 806 HVM die Möglichkeit zur Teilnahme an der Härtefallregelung unter die Grundvoraussetzung gestellt, dass das ausgezahlte Honorar pro Praxis (Fallwert) infolge der Umstrukturierung des EBM-Ä um mehr als 10 v.H. gegenüber dem Vorjahresquartal oder gegenüber dem Vorvorjahresquartal um mindestens 15 v.H. abgesunden ist.

Dem Sozialgericht ist zuzustimmen, dass die Ablehnung der Teilnahme an der Härtfallregelung allein aus dem Grund der fehlenden Vergleichbarkeit (Gemeinschaftspraxis im Vergleichsquartal und Einzelpraxis im Antragsquartal) nicht hinnehmbar war. Demzufolge hat die Beklagt in den nunmehr angefochtenen Bescheiden auch die im Vorgängerverfahren dargelegte Rechtsauffassung des Sozialgerichts (Az.: S 7 KA 426/04, Urteil vom 30. Juni 2004) umgesetzt.

In einem solchen Fall wie diesem ist vielmehr - wie geschehen - zu prüfen, ob der Fallwertverlust auf anderen als den im Rahmen der Leitzahl 806 HVM relevanten Ursachen beruht, etwa der Fortsetzung der ärztlichen Tätigkeit in Einzelpraxis, Veränderung des Untersuchungsspektrums oder Verringerung der operativen Tätigkeit, um nur einige Fallbeispiele zu benennen. Entscheidend ist, ob der Fallwertrückgang auf anderen Kriterien beruht als der Einführung eines neuen EBM-Ä. Das ist hier der Fall.

Unter Berücksichtigung der Abrechnungsunterlagen wurde von dem Kläger das Behandlungsspektrum in seiner Breite auch in der Einzelpraxis aufrechterhalten. Nach wie vor wurden operative, radiologische und physikalisch-medizinische Leistungen erbracht. Gegenüber der Gemeinschaftspraxis ist erkennbar, dass bei fast gleich bleibender Zahl der Behandlungsfälle im einzelnen Behandlungsfall weniger Leistungen abgerechnet wurden. Dies allein erklärt schon den Fallwertrückgang der Praxis.

Der Rückgang des Leistungsumfangs ist auch nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, dass der jeweilige Vertragsarzt die abgerechneten Leistungen selbst zu erbringen hat und ein Arzt in der Einzelpraxis bei gleichbleibender Zahl der Behandlungsfälle allein zeitlich gesehen nur ein weniger an Leistungen gegenüber zwei Ärzten in einer Gemeinschaftspraxis zu erbringen in der Lage ist. Daher scheint es auch in keiner Form plausibel, dass der Kläger den Leistungsumfang der Gemeinschaftspraxis allein vollumfänglich aufrechterhalten haben will.

Konsequenterweise hat die Beklagte ein fiktives Honorar in den Vergleichsquartalen für die Einzelpraxis errechnet und daraus den EBM- bedingten Verlust hergeleitet. Dies ist nicht zu beanstanden. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass (so der Vortrag des Klägers) bestimmte Leistungen wegen der Einführung der Praxisbudgets nicht abgerechnet werden oder in der Vergangenheit nicht abgerechnet wurden. Ein solches Verhalten, sofern es tatsächlich vorgelegen haben sollte, fällt jedoch auf denjenigen zurück, der später daraus Ansprüche herzuleiten versucht. Retrospektiv ließe sich eine solide Beurteilungsgrundlage nicht mehr herstellen

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in der ab dem 2. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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