Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 14 KN 449/02 ZVW
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 2 KN 552/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten werden das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 26. Mai 2005 abgeändert und die Klage abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine höhere Rente unter Berücksichtigung einer Anrechnungszeit vom 26. Februar 1954 bis zum 3. Juni 1957; weitere Punkte sind nicht mehr streitig.
Der 1938 im ehemaligen Jugoslawien geborene, nach Kriegsende nach Polen und 1974 von Polen in das Gebiet der ehemaligen DDR verzogene Kläger beantragte im Februar 1998 Versichertenrente aus der knappschaftlichen Rentenversicherung. Im Rahmen ihrer Ermittlungen zu den in Polen zurückgelegten Zeiten erlangte die Beklagte unter anderem eine Arbeitsbescheinigung der Gips- und Anhydritgrube N. GmbH, nach der der Kläger in der Zeit vom 4. Juni 1957 bis zum 28. Dezember 1957 als Bergmann im Tagebau beschäftigt war. Unterlagen zu dem von ihm behaupteten Schulbesuch in der Zeit vom 26. Februar 1954 bis zum 3. Juni 1957 konnten nicht ermittelt werden. Mit Rentenbescheid vom 6. Mai 1998 bewilligte ihm die Beklagte in der Gestalt eines Vorschusses Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Sie stellte die Rente mit Bescheid vom 24. Juni 1998 neu und mit Bescheid vom 29. September 1999 endgültig fest. Gegen den Bescheid vom 29. September 1999 legte der Kläger - wie zuvor auch gegen den Bescheid vom 6. Mai 1998 - Widerspruch ein. Mit seinem neuen Widerspruch machte er unter anderem geltend, dass die Beklagte seine Schulzeit vom 26. Februar 1954 bis zum 3. Juni 1957 nicht als Anrechnungszeit anerkannt habe. Bezug nehmend auf seinen Widerspruch teilte ihm die Beklagte mit Schreiben vom 26. Januar 2000 mit, der polnische Versicherungsträger habe den Schulbesuch nicht bestätigt, so dass eine Berücksichtigung der Schulzeit nicht möglich sei, weil sie weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2001 half sie seinem Widerspruch in Teilen ab, im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Die Zeit des Schulbesuchs wurde weiterhin nicht als Anrechnungszeit anerkannt.
Das Sozialgericht Altenburg hat mit Urteil vom 20. September 2001 seine Klage vom 30. Januar 2001 abgewiesen. Mit Urteil vom 10. Januar 2002 hat der 2. Senat des Thüringer Landessozialgerichts auf die Berufung des Klägers die erstinstanzliche Entscheidung wegen Verfahrensmängeln aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen.
Das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Breslau hat dem Sozialgericht auf entsprechendes Ersuchen eine übersetzte Bescheinigung der Grundschule G. vom 14. Mai 2002 vorgelegt. Hiernach hat der Kläger "im Zeitraum vom 26.02.1954 bis 03.06.1957" die "Einrichtung nicht besucht"; aus der "Dokumentation (Zeugnisse)" gehe hervor, dass er die Ausbildung an der Schule im Schuljahr 1951/1952 mit Klasse V beendet habe.
Auf das Rechtshilfeersuchen des Sozialgerichtes Altenburg wurden die vom Kläger benannten Zeugen für seinen Schulbesuch von polnischen Richterinnen vernommen. Der Zeuge L. P., Bruder des Klägers, hat ausgesagt, er habe bis Juni 1957 die Grundschule in G. besucht, sein Bruder sei länger dort gewesen. Die Zeugin Pd., Ex-Ehefrau des Klägers, hat ausgesagt, sie selbst sei bis 1954 Schülerin der Schule gewesen. Sie sei nicht in dieselbe Klasse gegangen wie der Kläger, könne aber bestätigen, dass dieser bis zum 3. Juni 1957 die Grundschule besucht habe, weil sie bereits damals mit ihm in Kontakt gestanden habe. Auf die übersetzten Niederschriften, Blatt 101 und Blatt 103 der Gerichtsakte, wird Bezug genommen.
Mit Urteil vom 26. Mai 2005 hat das Sozialgericht Altenburg die Beklagte verurteilt, den Zeitraum des Schulbesuches vom 26. Februar 1954 bis zum 3. Juni 1957 als Anrechnungszeit anzuerkennen und die Altersrente des Klägers auf dieser Grundlage neu zu berechnen. Die Klage im Übrigen hat es abgewiesen.
Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die Zeugenerklärungen seien nicht geeignet, rentenrechtliche Zeiten nachzuweisen. Darüber hinaus sei die Anrechnung von Zeiten des Schulbesuches erst nach vollendetem 17. Lebensjahr (hier ab dem 26. Februar 1955) möglich.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
dass Urteil vom 26. Mai 2005 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, die Zeugen hätten glaubhaft seinen Schulbesuch bestätigt. Er werde als Kläger mit einem polnischen Namen nicht ernst genommen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senates ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den vorliegenden Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlungen entscheiden (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).
Auf die zulässige Berufung der Beklagten waren das Urteil des Sozialgerichts abzuändern und die Klage (insgesamt) abzuweisen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Berücksichtigung des streitgegenständlichen Zeitraumes als Anrechnungszeit.
Nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) sind Anrechnungszeiten Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Berufsschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung). Eine Berücksichtigung des Zeitraumes bis zum 25. Februar 1955 ist daher ausgeschlossen, weil der Kläger erst am 26. Februar 1955 das 17. Lebensjahr vollendet hatte.
Auch für die Zeit ab dem 26. Februar 1955 besteht kein Anspruch, weil die Zeit des Schulbesuches bis zum 3. Juni 1957 nicht nachgewiesen werden konnte. Nach der vorgelegten Bescheinigung vom 14. Mai 2002 besuchte der Kläger nur bis zum Jahr 1952 die Grundschule. Auch die Aussagen der in Polen gehörten Zeugen vermochten den Senat nicht vom Gegenteil zu überzeugen. Die Zeugin Pd. hat die Schule nur bis 1954 besucht und war nicht in derselben Klasse wie der Kläger. Sie kann daher den Schulbesuch des Klägers aus eigener Anschauung nicht bestätigen. Der Zeuge L. P., der nach seiner Aussage die Grundschule bis zum 3. Juni 1957 besucht hatte, hat ausgeführt, dass sein Bruder, der Kläger, noch länger als er selbst zur Schule gegangen sei. Nach der erwähnten Arbeitsbescheinigung der Gips- und Anhydritgrube N. GmbH aber war der Kläger ab dem 4. Juni 1957 als Bergmann im Tagebau tätig. Daher treffen die Aussagen dieses Zeugen für den Zeitraum ab dem 4. Juni 1957 nachweislich nicht zu. Seine inhaltlich falsche Aussage dokumentiert, dass er sich nicht mehr genau an den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum erinnern kann. Deswegen sind seine Aussagen für den davor liegenden Zeitraum ebenfalls anzuzweifeln. Nachgewiesen ist aber eine behauptete Tatsache (hier der Schulbesuch zu einem bestimmten Zeitraum) nur dann, wenn für ihr Vorliegen ein so hohes an Gewissheit grenzendes Maß von Wahrscheinlichkeit spricht, dass alle demgegenüber begründeten Zweifel aus der Sicht eines verständigen, die Lebensverhältnisse klar überschauenden Dritten vollständig zu schweigen haben. Vorliegend bestehen aber erhebliche Zweifel daran, dass der Kläger im streitigen Zeitraum die Schule besucht hat. - Der Senat geht im Übrigen davon aus, dass die Unterlagen der Schule in G. auch nach Jahrzehnten eine genaue Dokumentation der Schulbesuche darstellen; demgegenüber ist das Erinnerungsvermögen eines Zeugen nach über 50 Jahren im Regelfalle nicht so verlässlich wie schriftliche Unterlagen. Ein Schulbesuch des Klägers bis zum 14. Lebensjahr (1952) entspräche im Übrigen noch einem regulären Schulbesuch. Es ist auch bedauerlich, dass weder der Kläger noch sein Bruder eigene Unterlagen über ihren Schulbesuch haben, anhand derer man ihre eigenen Angaben überprüfen könnte. Der Umstand, dass die beiden Zeugen (wie das Sozialgericht formuliert) "in enger persönlicher Verbindung zum Kläger in dem begehrten Zeitraum gestanden haben" ist aus Sicht des erkennenden Senats im Gegensatz zur Auffassung des Sozialgerichts gerade kein Grund für die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen, denn enge persönliche Verbindungen sprechen eher für eine Parteilichkeit und damit gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugen.
Eine Glaubhaftmachung scheidet vorliegend aus. Die Beweiserleichterungen des SGB VI beziehen sich allein auf Pflichtbeitragszeiten (§§ 203, 286 a, 286 b SGB VI). Aber selbst nach entsprechender Anwendung dieser Grundsätze auf Anrechnungszeiten, wäre ein solcher Anspruch des Klägers nicht gegeben. Denn glaubhaft gemacht ist eine Tatsache dann, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Von einer solchen überwiegenden Wahrscheinlichkeit kann nach Auswertung der erreichbaren Beweismittel nicht ausgegangen werden. Es besteht allenfalls die Möglichkeit, dass der Kläger die Grundschule bis 1957 besucht hat.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch nach Artikel 45 Abs. 1 der Verordnung (EWG) 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971. Hiernach sind die in verschiedenen Mitgliedsstaaten zurückgelegten Zeiten für den Erwerb und die Berechnung von Leistungsansprüchen zu berücksichtigen. Der Kläger konnte aber weder einen Schulbesuch oder eine andere Versicherungszeit nachweisen noch hat der polnische Versicherungsträger eine solche Zeit festgestellt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine höhere Rente unter Berücksichtigung einer Anrechnungszeit vom 26. Februar 1954 bis zum 3. Juni 1957; weitere Punkte sind nicht mehr streitig.
Der 1938 im ehemaligen Jugoslawien geborene, nach Kriegsende nach Polen und 1974 von Polen in das Gebiet der ehemaligen DDR verzogene Kläger beantragte im Februar 1998 Versichertenrente aus der knappschaftlichen Rentenversicherung. Im Rahmen ihrer Ermittlungen zu den in Polen zurückgelegten Zeiten erlangte die Beklagte unter anderem eine Arbeitsbescheinigung der Gips- und Anhydritgrube N. GmbH, nach der der Kläger in der Zeit vom 4. Juni 1957 bis zum 28. Dezember 1957 als Bergmann im Tagebau beschäftigt war. Unterlagen zu dem von ihm behaupteten Schulbesuch in der Zeit vom 26. Februar 1954 bis zum 3. Juni 1957 konnten nicht ermittelt werden. Mit Rentenbescheid vom 6. Mai 1998 bewilligte ihm die Beklagte in der Gestalt eines Vorschusses Altersrente wegen Arbeitslosigkeit. Sie stellte die Rente mit Bescheid vom 24. Juni 1998 neu und mit Bescheid vom 29. September 1999 endgültig fest. Gegen den Bescheid vom 29. September 1999 legte der Kläger - wie zuvor auch gegen den Bescheid vom 6. Mai 1998 - Widerspruch ein. Mit seinem neuen Widerspruch machte er unter anderem geltend, dass die Beklagte seine Schulzeit vom 26. Februar 1954 bis zum 3. Juni 1957 nicht als Anrechnungszeit anerkannt habe. Bezug nehmend auf seinen Widerspruch teilte ihm die Beklagte mit Schreiben vom 26. Januar 2000 mit, der polnische Versicherungsträger habe den Schulbesuch nicht bestätigt, so dass eine Berücksichtigung der Schulzeit nicht möglich sei, weil sie weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2001 half sie seinem Widerspruch in Teilen ab, im Übrigen wies sie den Widerspruch zurück. Die Zeit des Schulbesuchs wurde weiterhin nicht als Anrechnungszeit anerkannt.
Das Sozialgericht Altenburg hat mit Urteil vom 20. September 2001 seine Klage vom 30. Januar 2001 abgewiesen. Mit Urteil vom 10. Januar 2002 hat der 2. Senat des Thüringer Landessozialgerichts auf die Berufung des Klägers die erstinstanzliche Entscheidung wegen Verfahrensmängeln aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht zurückverwiesen.
Das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in Breslau hat dem Sozialgericht auf entsprechendes Ersuchen eine übersetzte Bescheinigung der Grundschule G. vom 14. Mai 2002 vorgelegt. Hiernach hat der Kläger "im Zeitraum vom 26.02.1954 bis 03.06.1957" die "Einrichtung nicht besucht"; aus der "Dokumentation (Zeugnisse)" gehe hervor, dass er die Ausbildung an der Schule im Schuljahr 1951/1952 mit Klasse V beendet habe.
Auf das Rechtshilfeersuchen des Sozialgerichtes Altenburg wurden die vom Kläger benannten Zeugen für seinen Schulbesuch von polnischen Richterinnen vernommen. Der Zeuge L. P., Bruder des Klägers, hat ausgesagt, er habe bis Juni 1957 die Grundschule in G. besucht, sein Bruder sei länger dort gewesen. Die Zeugin Pd., Ex-Ehefrau des Klägers, hat ausgesagt, sie selbst sei bis 1954 Schülerin der Schule gewesen. Sie sei nicht in dieselbe Klasse gegangen wie der Kläger, könne aber bestätigen, dass dieser bis zum 3. Juni 1957 die Grundschule besucht habe, weil sie bereits damals mit ihm in Kontakt gestanden habe. Auf die übersetzten Niederschriften, Blatt 101 und Blatt 103 der Gerichtsakte, wird Bezug genommen.
Mit Urteil vom 26. Mai 2005 hat das Sozialgericht Altenburg die Beklagte verurteilt, den Zeitraum des Schulbesuches vom 26. Februar 1954 bis zum 3. Juni 1957 als Anrechnungszeit anzuerkennen und die Altersrente des Klägers auf dieser Grundlage neu zu berechnen. Die Klage im Übrigen hat es abgewiesen.
Dagegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Die Zeugenerklärungen seien nicht geeignet, rentenrechtliche Zeiten nachzuweisen. Darüber hinaus sei die Anrechnung von Zeiten des Schulbesuches erst nach vollendetem 17. Lebensjahr (hier ab dem 26. Februar 1955) möglich.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
dass Urteil vom 26. Mai 2005 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, die Zeugen hätten glaubhaft seinen Schulbesuch bestätigt. Er werde als Kläger mit einem polnischen Namen nicht ernst genommen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senates ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte den vorliegenden Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlungen entscheiden (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG).
Auf die zulässige Berufung der Beklagten waren das Urteil des Sozialgerichts abzuändern und die Klage (insgesamt) abzuweisen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Berücksichtigung des streitgegenständlichen Zeitraumes als Anrechnungszeit.
Nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) sind Anrechnungszeiten Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Berufsschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung). Eine Berücksichtigung des Zeitraumes bis zum 25. Februar 1955 ist daher ausgeschlossen, weil der Kläger erst am 26. Februar 1955 das 17. Lebensjahr vollendet hatte.
Auch für die Zeit ab dem 26. Februar 1955 besteht kein Anspruch, weil die Zeit des Schulbesuches bis zum 3. Juni 1957 nicht nachgewiesen werden konnte. Nach der vorgelegten Bescheinigung vom 14. Mai 2002 besuchte der Kläger nur bis zum Jahr 1952 die Grundschule. Auch die Aussagen der in Polen gehörten Zeugen vermochten den Senat nicht vom Gegenteil zu überzeugen. Die Zeugin Pd. hat die Schule nur bis 1954 besucht und war nicht in derselben Klasse wie der Kläger. Sie kann daher den Schulbesuch des Klägers aus eigener Anschauung nicht bestätigen. Der Zeuge L. P., der nach seiner Aussage die Grundschule bis zum 3. Juni 1957 besucht hatte, hat ausgeführt, dass sein Bruder, der Kläger, noch länger als er selbst zur Schule gegangen sei. Nach der erwähnten Arbeitsbescheinigung der Gips- und Anhydritgrube N. GmbH aber war der Kläger ab dem 4. Juni 1957 als Bergmann im Tagebau tätig. Daher treffen die Aussagen dieses Zeugen für den Zeitraum ab dem 4. Juni 1957 nachweislich nicht zu. Seine inhaltlich falsche Aussage dokumentiert, dass er sich nicht mehr genau an den in der Vergangenheit liegenden Zeitraum erinnern kann. Deswegen sind seine Aussagen für den davor liegenden Zeitraum ebenfalls anzuzweifeln. Nachgewiesen ist aber eine behauptete Tatsache (hier der Schulbesuch zu einem bestimmten Zeitraum) nur dann, wenn für ihr Vorliegen ein so hohes an Gewissheit grenzendes Maß von Wahrscheinlichkeit spricht, dass alle demgegenüber begründeten Zweifel aus der Sicht eines verständigen, die Lebensverhältnisse klar überschauenden Dritten vollständig zu schweigen haben. Vorliegend bestehen aber erhebliche Zweifel daran, dass der Kläger im streitigen Zeitraum die Schule besucht hat. - Der Senat geht im Übrigen davon aus, dass die Unterlagen der Schule in G. auch nach Jahrzehnten eine genaue Dokumentation der Schulbesuche darstellen; demgegenüber ist das Erinnerungsvermögen eines Zeugen nach über 50 Jahren im Regelfalle nicht so verlässlich wie schriftliche Unterlagen. Ein Schulbesuch des Klägers bis zum 14. Lebensjahr (1952) entspräche im Übrigen noch einem regulären Schulbesuch. Es ist auch bedauerlich, dass weder der Kläger noch sein Bruder eigene Unterlagen über ihren Schulbesuch haben, anhand derer man ihre eigenen Angaben überprüfen könnte. Der Umstand, dass die beiden Zeugen (wie das Sozialgericht formuliert) "in enger persönlicher Verbindung zum Kläger in dem begehrten Zeitraum gestanden haben" ist aus Sicht des erkennenden Senats im Gegensatz zur Auffassung des Sozialgerichts gerade kein Grund für die Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen, denn enge persönliche Verbindungen sprechen eher für eine Parteilichkeit und damit gegen die Glaubwürdigkeit der Zeugen.
Eine Glaubhaftmachung scheidet vorliegend aus. Die Beweiserleichterungen des SGB VI beziehen sich allein auf Pflichtbeitragszeiten (§§ 203, 286 a, 286 b SGB VI). Aber selbst nach entsprechender Anwendung dieser Grundsätze auf Anrechnungszeiten, wäre ein solcher Anspruch des Klägers nicht gegeben. Denn glaubhaft gemacht ist eine Tatsache dann, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Von einer solchen überwiegenden Wahrscheinlichkeit kann nach Auswertung der erreichbaren Beweismittel nicht ausgegangen werden. Es besteht allenfalls die Möglichkeit, dass der Kläger die Grundschule bis 1957 besucht hat.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch nach Artikel 45 Abs. 1 der Verordnung (EWG) 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971. Hiernach sind die in verschiedenen Mitgliedsstaaten zurückgelegten Zeiten für den Erwerb und die Berechnung von Leistungsansprüchen zu berücksichtigen. Der Kläger konnte aber weder einen Schulbesuch oder eine andere Versicherungszeit nachweisen noch hat der polnische Versicherungsträger eine solche Zeit festgestellt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil Gründe im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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