Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 11 R 711/07
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 3 R 365/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 R 78/09 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder schwerer spezifischer Leistungsbehinderung ist bei der Feststellung, ob ein Versicherter Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI n.F. hat, nicht zu prüfen.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 4. März 2008 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1964 geborene Kläger erlernte von September 1981 bis Juni 1983 den Beruf eines Instandhaltungsmechanikers. Von 1994 bis zum Jahre 2004 war er als LKW-Fahrer für eine italienische Firma beschäftigt. Am 9. Januar 2004 kam es mit dem LKW in Spanien zu einem Verkehrsunfall, der zur Amputation des linken Unterarms des Klägers führte. Der Kläger bezieht aufgrund dieses Unfalles eine Rente des Unfallversicherungsträgers.
Am 31. August 2004 stellte er einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung. Er sehe sich aufgrund des Verlustes seiner linken Hand als erwerbsgemindert. Die Beklagte nahm daraufhin medizinische Ermittlungen auf. Mit Bescheid vom 17. August 2005 lehnte sie den Antrag des Klägers ab. Nach den ärztlichen Feststellungen werde seine Erwerbsfähigkeit durch einen Zustand nach Amputation des linken Unterarms im oberen Drittel mit Prothesenversorgung und einem Zustand nach Herzinfarkt bei koronarer Eingefäßerkrankung, chirurgisch versorgt, beeinträchtigt. Er sei noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, ohne Schichtbedingungen, ohne besonderen Zeitdruck, ohne volle Gebrauchsfähigkeit des linken Armes und ohne besondere Anforderung an die nervliche Belastbarkeit auszuüben. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe nicht.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2007 zurück.
Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben. Das Sozialgericht hat ein internistisches Gutachten des Dr. K. vom 5. November 2007 eingeholt. Dr. K. stellte folgende Diagnosen: (1) Chronischer Nikotinabusus, (1.1) koronarer 1-Gefäßerkrankung mit 75%iger Stenose im Bereich der LAD, Vorderwandmyokardinfarkt am 9. März 2004, Zustand nach PTCA mit Stentimplantation der LAD am 5. März 2004, Zustand nach Vorderwandmyokardinfarkt am 4. März 2004, intermittierender AV-Block III. Grades, Zustand nach Lysetherapie; (1.2) Atherosklerose im Bereich der hirnversorgenden Arterien, Zustand nach transitorisch-ischämischer Attacke 11/2004 mit Hemisymptomatik rechts; (1.3) chronische Bronchitis mit geringgradiger Verminderung des maximal ventilierbaren Volumens; (2) essentielle arterielle Hypertonie, Schweregrad II WHO; (3) Hyperlipidämie; (4) Alkoholabhängigkeit mit regelmäßigem Trinkverhalten (Delta-Typ nach Jellinek); (4.1) fremdanamnestisch beschriebener alkoholentzungsbedingter epileptischer Krampfanfall 1993; (5) Zustand nach traumatischer Amputation des linken Unterarms im Rahmen eines Verkehrsunfalls 01/2004, (5.1) chronisch rezidivierender Phantomschmerz; (6) lokales Lumbalsyndrom; (7) zervikocraniales Syndrom und (8) Tinnitus. Der Kläger sei aus internistischer Sicht in der Lage, an fünf Tagen in der Woche täglich sechs bis acht Stunden Arbeiten mit Einschränkungen zu verrichten. Unter Berücksichtigung der genannten Erkrankungen ergäben sich Arbeitsplatzbesonderheiten, insbesondere im Zusammenhang mit der Unterarmamputation links sowie mit der geschilderten belastungsabhängig zunehmenden Schmerzsymptomatik im Bereich der Lendenwirbelsäule und der Halswirbelsäule. Tätigkeiten mit längeren Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten, häufigem Klettern oder Gehen auf unebenen Böden, Tätigkeiten mit Absturzgefahr auf Leitern und Gerüsten sowie lang anhaltende Vibrationen und Erschütterungen seien nicht tolerabel. Aufgrund der koronaren Herzerkrankung sowie des arteriellen Hypertonus erschienen Nachtschichten und Überstunden, Tätigkeiten mit besonderer Verantwortung für Mensch und Technik, besonderen geistigen und seelischen Beanspruchungen sowie auch taktgebundene Arbeiten unter Zeitdruck nicht akzeptabel. Während der Berufstätigkeit solle ein Zugang zu alkoholischen Getränken nicht ermöglicht werden können. Tätigkeiten mit besonderen manuellen Anforderungen bzw. bimanuelle Tätigkeiten seien nicht möglich. Der Kläger sei in der Lage, zumutbar in ununterbrochener Zeit einen Weg von mehr als 500 m ohne erhebliche Schmerzen, ohne übermäßige körperliche Anstrengung und insbesondere ohne Gefährdung der Gesundheit zurückzulegen. Öffentliche Verkehrsmittel könnten auch während der Hauptverkehrszeit genutzt werden. Der Kläger verfüge über einen Führerschein und fahre auch selbst PKW. Unter Berücksichtigung der genannten Arbeitsplatzmerkmale seien während eines achtstündigen Arbeitstages keine zusätzlichen betriebsunüblichen Pausen erforderlich. Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten ausgeübt werden. Das festgestellte Leistungsvermögen des Klägers bestehe vermutlich seit Beendigung der Rekonvaleszenzzeit nach Unterarmamputation links. Der Vorderwandmyokardinfarkt vom März 2004 führe passager zu einer weiteren Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit, wenngleich der Kläger gegenwärtig diesbezüglich keine bedeutsameren Beeinträchtigungen bemerke. Eine Verbesserung der gesundheitlichen Situation wäre insbesondere durch einen Nikotinverzicht sowie durch eine zunehmende Mobilisierung und gegebenenfalls schmerztherapeutische Optimierung zu erzielen. Die Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation erscheine erfolgversprechend. Die Begutachtung auf einem anderen ärztlichen Fachgebiet als in der Vergangenheit erfolgt, einschließlich der jetzigen internistischen gutachterlichen Untersuchung, werde gegenwärtig nicht für erforderlich gehalten.
Mit Urteil vom 4. März 2008 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 17. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2007 verurteilt, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung befristet für die Zeit vom 1. Februar 2005 bis zum 31. Januar 2009 in gesetzlicher Höhe zu zahlen. Das Sozialgericht ist dem Gutachten des Dr. K. gefolgt. Danach sei der Kläger zwar noch in der Lage, leichte Tätigkeiten sechs bis acht Stunden täglich mit Einschränkungen zu verrichten. Einschränkungen hinsichtlich des Weges zur Arbeitsstelle bestünden beim Kläger nicht. Betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich. Im Fall des Klägers läge jedoch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, da er seinen linken Arm im Hinblick auf den Zustand nach Amputation des Unterarmes allenfalls als Beihand einsetzen könne. Dem Kläger könne eine Verweisungstätigkeit nicht benannt werden.
Gegen die der Beklagten am 20. März 2008 zugestellte Entscheidung hat sie am 10. April 2008 Berufung eingelegt. Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass dem Kläger als Verweisungstätigkeit die Tätigkeit eines Pförtners an einer Nebenpforte benannt werden könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 4. März 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist im Wesentlichen der Auffassung, dass die erstinstanzliche Entscheidung zutreffend sei. Die von der Beklagten benannte Tätigkeit stehe auf dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Akteninhalt Bezug genommen. Die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten lag vor und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist auch begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Nach § 43 Abs.1 Satz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (§ 43 SGB VI n.F) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie (1.) teilweise erwerbsgemindert sind, (2.) in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und (3.) vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Nach Satz 2 des § 43 Abs. 1 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Der Kläger ist aufgrund seiner Erkrankungen und Behinderungen gleichwohl in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes eine Tätigkeit zu verrichten. Der Senat stützt seine Überzeugung - wie schon das Sozialgericht - auf das Gutachten des Dr. K. vom 5. November 2007. Dr. K. hat folgende Diagnosen gestellt: (1) Chronischer Nikotinabusus, (1.1) koronarer 1-Gefäßerkrankung mit 75 %iger Stenose im Bereich der LAD, Vorderwandmyokardinfarkt am 9. März 2004, Zustand nach PTCA mit Stenimplantation der LAD am 5. März 2004, Zustand nach Vorderwandmyokardinfarkt am 4. März 2004, intermittierender AV-Block III. Grades, Zustand nach Lysetherapie; (1.2) Atherosklerose im Bereich der hirnversorgenden Arterien, Zustand nach transitorisch-ischämischer Attacke 11/2004 mit Hemisymptomatik rechts; (1.3) chronische Bronchitis mit geringgradiger Verminderung des maximal ventilierbaren Volumens; (2) essentielle arterielle Hypertonie, Schweregrad II WHO; (3) Hyperlipidämie; (4) Alkoholabhängigkeit mit regelmäßigem Trinkverhalten (Delta-Typ nach Jellinek); (4.1) fremdanamnestisch beschriebener alkoholentzungsbedingter epileptischer Krampfanfall 1993; (5) Zustand nach traumatischer Amputation des linken Unterarms im Rahmen eines Verkehrsunfalls 01/2004, (5.1) chronisch rezidivierender Phantomschmerz; (6) lokales Lumbalsyndrom; (7) zervikocraniales Syndrom und (8) Tinnitus. Dr. K. zieht aus diesen Diagnosen - für den Senat schlüssig und nachvollziehbar - den Schluss, dass der Kläger gleichwohl noch vollschichtig leistungsfähig ist. Der Kläger hat seinen Rentenantrag mit dem Unfall vom 9. Januar 2004 begründet. Eine Selbsteinschätzung bezüglich des Restleistungsvermögens hat er im Rentenantrag nicht formuliert. Die Hauptbeeinträchtigung erfährt der Kläger im Zusammenhang mit dem Verlust des linken Unterarmes sowie im Zusammenhang mit einer Schmerzsymptomatik im Bereich der Lendenwirbelsäule sowie auch der Halswirbelsäule. Diesbezüglich würden - so der Kläger in der Anamnesenerhebung durch den Sachverständigen - die Schmerzen insbesondere auch nach rechtsokzipidal ausstrahlen. Die Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand ist vollständig erhalten. Beeinträchtigungen der groben Kraft sowie feinmotorische Defizite bestehen nicht. Die im Jahr 2004 geschilderte transitorisch-ischämische Attacke hatte sich im weiteren Verlauf nicht wiederholt. Neurologische Residualsymptome sind zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. K. nicht erkennbar. Anhand der körperlichen Untersuchung des Klägers am 5. November 2007 gestaltete sich das Ab- und Anlegen der Kleidung unproblematisch. Mobilitätsbeeinträchtigungen im Zusammenhang mit den Beschwerden von Seiten des Bewegungsapparates bzw. der Wirbelsäule waren nicht zu beobachten. Eine standardisierte Gehstreckenmessung am Laufband war problemlos durchführbar. In einer Zeit von 12 min und 6 sec. konnte der Kläger eine Wegstrecke von 500 m ohne Schmerzen bewältigen. Unterbrechungen waren nicht erforderlich. Kardiopulmonal war er stabil und fahrradergometrisch bis zur Leistungsstufe mit 125 Watt belastbar. Danach gab er eine Dyspnoesituation an. Die fahrradergometrische Untersuchung wurde unterhalb des Submaximaltestniveaus abgebrochen. Es ist aber von einer Dauerleistungsgrenze für Belastungen zwischen 75 und 100 Watt auszugehen. In der Leistungsstufe mit 125 Watt erreichte die Laktatkonzentration einen aeroben/anaeroben Übergangsbereich. Echokardiographisch ließen sich Wandstärkenzunahmen der linken Herzkammer dokumentieren. Die Kontraktionsamplitude lag im Normbereich. Die Veränderungen entsprachen zwar einer beginnenden konzentrisch linksventrikulären Hypertonie. Der Blutdruck wurde jedoch am Untersuchungstag im Normbereich gemessen. Im Zusammenhang mit den Nikotinabusus ließen die Lungenventilationsparamenter eine Verminderung des maximal ventilierbaren Volumens erkennen. Atherosklerotische Wandveränderungen zeigten sich im Bereich der hirnversorgenden Arterien, wenngleich hieraus keine hämodynamisch relevanten Stenosierungen resultierten. Auch im Bereich der beinversorgenden Arterien zeigten sich keine hämodynamisch relevanten Perfusionseinschränkungen. Die kardiale Situation erschien stabil. Bei anamnestisch beschriebener Alkoholabhängigkeit liege gegenwärtig der Alkoholkonsum nach den eigen anamnestischen Angaben bei vier bis sechs Flaschen Bier am Wochenende. Ein Alkoholfoetor bzw. ein Tremor war am Untersuchungstag nicht zu beobachten. Auf der Grundlage der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit könnte der Kläger demnach körperlich mittelschwere Tätigkeiten übernehmen. Es kann von einer Dauerbelastungsgrenze für Belastungen zwischen 75 und 100 Watt ausgegangen werden. Im Hinblick auf die Unterarmamputation links sowie die glaubhaft geschilderte Schmerzsymptomatik im Bereich der Lendenwirbelsäule sowie der Halswirbelsäule muss allerdings die Arbeitsschwere auf körperlich leichte Arbeiten begrenzt werden. Unter Berücksichtigung von Einschränkungen ist der Kläger aber in der Lage, sechs Stunden und mehr arbeitstäglich tätig zu werden. Der Sachverständige hat die von dem Kläger beschriebenen orthopädischen Leiden und Schmerzzustände in seine Beurteilung einbezogen. Er ist zu dem Ergebnis gekommen, dass im Bereich der Lendenwirbelsäule und der Halswirbelsäule Tätigkeiten mit längeren Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten, häufigem Klettern oder Gehen auf unebenen Böden, Tätigkeiten mit Absturzgefahr auf Leitern und Gerüsten sowie lang anhaltende Vibrationen und Erschütterungen nicht tolerabel wären. Aufgrund der koronaren Herzerkrankung sowie des arteriellen Hypertonus sind allenfalls Nachtschichten und Überstunden, Tätigkeiten mit besonderer Verantwortung für Mensch und Technik, besondere geistige und seelische Beanspruchungen sowie auch taktgebundene Arbeiten oder Arbeiten unter Zeitdruck nicht akzeptabel. Wegen der Alkoholerkrankung sollte auch der Zugang zu alkoholischen Getränken während der Arbeitszeit nicht ermöglicht werden. Tätigkeiten mit besonderen manuellen Anforderungen bzw. bimanuelle Tätigkeiten sind dem Kläger ebenfalls nicht möglich. Insgesamt hat der Sachverständige jedoch nur qualitative nicht jedoch quantitative Einschränkungen im Hinblick auf eine Tätigkeit beschrieben. Die von dem Sachverständigen beschriebenen qualitativen Einschränkungen schließen eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter den üblichen Bedingungen nicht aus. Insbesondere kann der Kläger eine zumutbare Wegstrecke zurücklegen. Er benötigt ferner keine zusätzlichen betriebsunüblichen Pausen.
Dem Kläger ist eine konkrete Verweisungstätigkeit nicht zu benennen. Dabei ist hier schon fraglich, ob eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt. Während noch in älteren Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) im Zusammenhang mit dem Vorliegen einer schweren spezifischen Leistungseinschränkung ohne nähere Ausführungen unter anderem auch der Beispielsfall der Einarmigkeit benannt worden ist, wurden in späteren Entscheidungen die Umstände des Einzelfalles betont (vgl. BSG SozR 4 - 2600 § 43 Nr. 9). Neben der Einarmigkeit wären hier mithin auch die koronare Herzerkrankung und die orthopädischen Leiden zu würdigen, die durchaus den Schluss auf eine schwere spezifische Leistungseinschränkung zulassen. Einer Entscheidung diesbezüglich bedarf es aber nicht.
Die Rechtsprechung des BSG zur Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder schwerer spezifischer Leistungsbehinderungen (vgl. BSGE 80, 24) ist bei der Feststellung, ob ein Versicherter Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI n.F hat, nicht zu prüfen und festzustellen.
Dies ergibt sich aus Folgendem: Die Rechtsprechung zur Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder schweren spezifischen Leistungsbehinderungen im Zusammenhang mit der Feststellung, ob ein Versicherter Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat (nachfolgend Summierungsrechtsprechung genannt), ist, wie auch das so genannte Mehrstufenschema, in dessen Zusammenhang die Summierungsrechtsprechung zu sehen ist, vom BSG entwickelt worden. Ursprung der Rechtsprechung ist die Prüfung und Feststellung von Rentenansprüchen wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Es handelt sich mithin um Richterrecht. Weder das so genannte Mehrstufenschema noch Begriffe wie "Verschlossenheit des Arbeitsmarktes" verwendet das Gesetz (vgl. BSG 80, 24 ff.). Gleichwohl handelt es sich nicht um willkürliche Festlegungen des BSG, vielmehr beruhte diese Rechtsprechung ursprünglich auf den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) zur Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit; §§ 1246, 1247 RVO (zur Entwicklung vgl. Offczors, Abschied von der gesetzlichen Invalidenversicherung, SGb 1997, S. 293 ff.). Sie ist später auch auf das Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) übertragen worden (vgl. §§ 23, 24 AVG).
Ausgangspunkt der Rechtsprechung waren aber die gesetzlichen Bestimmungen der RVO. Nach § 1246 Abs. 2 RVO ist ein Versicherter berufsunfähig, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Nach dem Wortlaut der Bestimmung wird eine Verknüpfung hergestellt zwischen der individuellen Leistungsfähigkeit (dem individuellen Gesundheitszustand) und der individuellen Berufskompetenz einerseits und dem Arbeitsmarkt andererseits. Individuelle Leistungsfähigkeit auf gesundheitlichem und beruflichem Gebiet war demnach der Ausgangspunkt der Auswahl einer für die Versicherten zumutbaren Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Das BSG hat aus der Bestimmung das (grundsätzliche) Gebot einer konkreten Betrachtungsweise abgeleitet: ein Versicherter kann danach nur dann auf seine verbliebene Erwerbsfähigkeit verwiesen werden, wenn in der Arbeitswelt, wie sie sich gerade darstellt, eine reale Chance für ihre Verwirklichung besteht, und nicht nur eine theoretische Möglichkeit vorhanden ist, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 110;. anschließend hat die Rechtsprechung eine erhebliche Anzahl von Ausnahmen geschaffen, ein System von Regel, Ausnahme und Rückausnahme, vgl. hierzu Offczors, aaO., S. 297).
Auch der Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 1247 RVO setzte eine individualisierte Betrachtungsweise voraus: Nach § 1247 Abs. 2 RVO ist erwerbsunfähig der Versicherte, der infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder vom Schwächen seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann. Es stand mithin auch hier der Versicherte und dessen Leistungsvermögen im Vordergrund und nicht der Arbeitsmarkt. Entscheidend ist, dass die Vorschrift des § 1246 RVO (Rente wegen Berufsunfähigkeit) einerseits und § des 1247 RVO (Rente wegen Erwerbsunfähigkeit) andererseits in einem engen, nicht zu trennenden systematischen Zusammenhang standen und deshalb sowohl die Rechtssprechung zum Mehrstufenschema als auch der Summierung auf diesem Zusammenhang und auf beiden Bestimmungen fußten. Nach den Vorschriften war der Versicherte auch stets mit seiner Leistungsfähigkeit und seiner Berufskompetenz in nicht zu trennendem Zusammenhang zu beurteilen.
Es handelte sich regelmäßig bei der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit um ein Verhältnis von Haupt- und Hilfsanspruch ("eine Art Stufenverhältnis", vgl. zu §§ 43,44 SGB VI Schulin, Sozialrecht, 5. Aufl. 1993, Rdnr. 516): der Versicherte begehrte regelmäßig die Bewilligung einer (gegenüber der Berufsunfähigkeitsrente höheren) Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, deren Voraussetzungen aber schwieriger zu erfüllen sind. Dass aber beide Ansprüche "teilidentisch" sind, zeigt § 1247 Abs. 5 RVO. Danach wurde neben einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht gewährt. Beide Vorschriften standen mithin in einem engen, nicht zu trennenden systematischen Zusammenhang.
Die Rechtsprechung zur Summierung ist ursprünglich für die Rente wegen Berufsunfähigkeit (nach § 1246 RVO) und dort im Zusammenhang mit dem Mehrstufenschema entwickelt worden (vgl. hierzu Apidopoulos, Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder schwerer spezifische Leistungsbehinderung auch bei Erwerbsminderungsrenten, SGb 2006, S. 720 ff). Die Rechtsprechung zum Mehrstufenschema erfolgte schrittweise, der Ursprung ist älter; die Summierungsrechtsprechung war ein Teilbereich hiervon. Wegen des beschriebenen Zusammenhanges war sie auch bei der Erwerbsunfähigkeit zu berücksichtigen.
Für die Prüfung von Berufsunfähigkeit war nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG SozR 4-2600 § 44 Nr. 1) der bisherige Beruf, den der Versicherte ausgeübt hat, der Ausgangspunkt. Konnte der Versicherte diesen Beruf nicht mehr ausüben, war er aber noch nicht berufsunfähig. Dies war vielmehr erst dann der Fall, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gab, die ihm sozial zumutbar und für die er sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet war. Die soziale Zumutbarkeit einer solchen anderen Tätigkeit, eine sogenannte Verweisungstätigkeit, richtete sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hatte das BSG das erwähnte Mehrstufenschema entwickelt und die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind, ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung eines Berufs haben, unterteilt worden. Danach bildete (beispielsweise für die Berufsgruppe der Arbeiter) die oberste Stufe die Gruppe der Leitberufe des Vorarbeiters bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, anschließend des Facharbeiters, dann des angelernten Arbeiters und schließlich des ungelernten Arbeiters. Dieses Mehrstufenschema hatte zunächst zwei Konsequenzen: Grundsätzlich durfte ein Versicherter in die nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5), d.h. ein Beruf der nächst niedrigeren Gruppe war für diesen sozial zumutbar. Zweitens war einem Versicherten grundsätzlich zumindest eine Tätigkeit konkret zu benennen, die er noch ausüben konnte (vgl. BSG SozR 80, 24 ff).
Die Rechtsprechung zur Summierung ist entwickelt worden, weil die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit in der Regel nicht erforderlich war, wenn ein auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ungelernter Tätigkeiten verweisbarer Versicherter zwar nicht mehr zu körperlich schweren, aber doch vollschichtig zu mittelschweren oder leichten Arbeiten in der Lage war (nachfolgend ungelernter Versicherter genannt). Diese Prüfung ist systematisch zwar bei der Berufsunfähigkeit durchzuführen, einen Beruf in diesem Sinne haben diese ungelernten Versicherten aber nicht. Eine andere Situation ergab sich nur bei Vorliegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung. Für solche Versicherte stellte sich die Frage, ob ohne weiteres davon ausgegangen werden konnte, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für die an sich noch mögliche Vollzeittätigkeit eine ausreichende Zahl von Arbeitsplätzen vorhanden ist, oder ob ernstliche Zweifel daran aufkommen mussten, ob der Versicherte mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen in einen Betrieb einsetzbar ist. Sind solche ernstlichen Zweifel aufgekommen, war auch solchen ungelernten Versicherten eine Verweisungstätigkeit zu benennen. Konnte keine Verweisungstätigkeit gefunden werden, waren sie, da keine Tätigkeit mehr möglich war - nicht nur berufsunfähig, sondern zwangsläufig erwerbsunfähig. Auch diese Ausführungen beweisen die enge Verzahnung der Ansprüche auf Rente wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit. Bei der Prüfung von Rentenansprüchen wegen Erwerbsunfähigkeit führte die Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung ebenfalls zu einer Benennungspflicht, die sich aber nicht nach den Kriterien einer sozialen Zumutbarkeit richtete. Im Übrigen war das BSG bei dieser Prüfung zurückhaltend und sprach sich aus sozialpolitischen Gründen gegen eine Ausweitung aus (vgl. BSG 80, 24 ff.).
Ab dem 1. Januar 1992 ist das SGB VI in Kraft getreten. Der Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit findet sich nunmehr in § 43 SGB VI. Dabei entspricht die Definition der Berufsunfähigkeit im § 43 Abs. 2 SGB VI im Wesentlichen der Formulierung des § 1246 Abs. 2 RVO. Berufsunfähig sind Versicherte deren Erwerbsunfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 SGB VI). Auch der Wortlaut des § 44 SGB VI, Renten wegen Erwerbsunfähigkeit, entspricht - mit geringen sprachlichen Anpassungen - der Vorgängervorschrift des § 1247 RVO. Nach § 44 Abs. 2 SGB VI sind erwerbsunfähig Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Es gab damit keinerlei Anlass, vom Mehrstufenschema oder der Summierungsrechtsprechung Abstand zu nehmen.
1995 wurde eine grundsätzliche Neuordnung der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom Gesetzgeber diskutiert (vgl. BT. - Drucks. 7/2590). Von einer grundlegenden Neuregelung wurde jedoch abgesehen.
Allerdings wurde mit dem 2. Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 2. Mai 1996 (BGBl. I S. 659, 2. SGB VI Änderungsgesetz) die Formulierung in § 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VI eingeführt, wonach berufsunfähig nicht ist, wer eine zumutbar Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. § 44 Abs. 2 wurde durch Satz 2 Nr. 2 SGB VI ergänzt, wonach erwerbsunfähig nicht ist, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Große Senat hatte sich in seinem Beschluss vom 19. Dezember 1996 (BSG SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 = BSGE 80, 24 ff.) damit zu befassen, ob sich durch diese Gesetzesänderung oder aufgrund der Arbeitsmarktlage eine Änderung der Rechtsprechung zur Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung ergibt. Hierzu hat das Bundessozialgericht ausgeführt, dass die Fallgruppen, bei denen das BSG in der Rentenversicherung bisher die erhebliche Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes angenommen hat, nicht mit Rücksicht auf ältere arbeitslose ungelernte Versicherte oder ältere arbeitslose angelernte Versicherte des unteren Bereichs zu erweitern sind, die vollschichtig nur noch körperlich leichte Arbeiten mit weiteren Einschränkungen verrichten können. Für die Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit sei die konkrete Benennung von Verweisungstätigkeiten auch dann nicht erforderlich, wenn der Versicherte körperlich leichte Tätigkeiten vollschichtig nur mit weiteren Einschränkungen verrichten kann; die konkrete Bezeichnung von Verweisungstätigkeiten sei erforderlich, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliege. Gleiches gelte für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit Versicherter mit dem Leitbild des angelernten Arbeiters im unteren Bereich und der Gruppe mit dem Leitbild des ungelernten Arbeiters (BSG aaO). Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur (vgl. Knispel, Zur Bedeutung des 2. SGB VI-ÄndG für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, NZS 1996, S. 513 ff.) bestand Einigkeit, dass durch den Zusatz in den §§ 43, 44 SGB VI, wonach "berufsunfähig bzw. erwerbsunfähig nicht ist, wer eine (zumutbare) Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen", keine Änderung der Rechtslage eingetreten ist.
Insbesondere der Entscheidung des Großen Senates (BSGE 80, 24 ff.) ist unzweifelhaft zu entnehmen, dass der Ausgangspunkt der Summierungsrechtsprechung die jeweilige gesetzliche Formulierung gewesen ist (und sein muss). Das BSG hat ausführlich dargelegt, dass bis zum Zeitpunkt der Entscheidung keine grundlegende Reform stattgefunden hatte. Das heißt mit anderen Worten, dass eine Änderung dieser gesetzlichen Formulierungen Auswirkungen auf die Summierungsrechtsprechung haben kann. Ferner hat das BSG ausgeführt, dass sich die dogmatische Grundlage (bis 1996) nicht geändert hatte, wobei das BSG nur die §§ 1247 RVO bzw. 44 SGB VI vergleicht. Eine Änderung hat das BSG auch nicht durch das 2. SGB VI - Änderungsgesetz gesehen. Nach der Überzeugung des BSG war die Summierungsrechtsprechung weder zu erweitern noch einzuschränken.
Eine grundsätzliche Änderung hat sich jedoch nach der Überzeugung des Senates mit der Reform der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab dem 1. Januar 2001 durch das EM-Reformgesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I, S 18, 27) ergeben. Dass eine grundlegende Reform beabsichtigt war, ist der Begründung des Gesetzesentwurfs zu entnehmen (vgl. BT. - Drucks. 14/4230 St. 1). In Fachkreisen und in der Wissenschaft, aber auch im politischen Raum - so die Begründung - bestehe weitgehend Einigkeit über die Notwendigkeit einer Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Ein Kritikpunkt sei insbesondere die Tatsache, dass die Rentenversicherung bei einem beträchtlichen Teil der Versicherten nicht nur das Invaliditätsrisiko, sondern auch das Arbeitsmarktrisiko trage. Als Maßnahme sei die Ersetzung der bisherigen Renten wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit durch eine zweistufige Erwerbsminderungsrente vorgesehen.
Bis auf den Übergangstatbestand des § 240 SGB VI (dort bleibt es bei der Dogmatik zur Berufs- und Erwerbsunfähigkeit einschließlich des Mehrstufenschemas und der Summierungsrechtsprechung) gibt es dementsprechend seit dem 1. Januar 2001 keine Rente wegen Berufsunfähigkeit mehr. Weder das Mehrstufenschema noch die Rechtsprechung zur Summierung haben noch eine dogmatische Grundlage. Das Mehrstufenschema hat ohne Berufsunfähigkeit keinen sachlichen Anwendungsbereich. Für die Summierungsrechtsprechung gibt es keine Rechtfertigung mehr. Eine konkrete Verweisungstätigkeit ist keinem Versicherten, auch nicht den Versicherten, mit einem Beruf, zu benennen. Mit der Neufassung wurde auch die enge Verknüpfung zwischen (gesundheitlicher) Leistungsfähigkeit und Berufskompetenz aufgegeben. Der Gesetzgeber führt hierzu aus (vgl. BT. - Drucks. 14/4230 St. 25): "Die subjektive Zumutbarkeit einer Tätigkeit unter dem Gesichtspunkt der Ausbildung und des Status der bisherigen beruflichen Tätigkeit ist ohne Bedeutung. Zu berücksichtigen sind allein die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit des Versicherten sowie eventuell zusätzliche Einschränkungen, die sich aus der ärztlichen Begutachtung ergeben".
Der Senat ist davon überzeugt, dass der Gesetzgeber grundsätzlich das Erfordernis der Benennung von Verweisungstätigkeiten im Zusammenhang mit Rentenansprüchen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit abschaffen wollte.
Eine konkrete, d. h. individualisierte Betrachtungsweise lässt sich durch die Neufassung des Gesetzes jedenfalls nicht mehr auslegen, auch wenn dies im Einzelfall angebracht wäre. Der Wortlaut spricht vielmehr für das Gegenteil, eine generalisierende Betrachtungsweise anhand eines objektiven Maßstabes. Durch die Reform hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden, soweit diese Formulierung in diesem Zusammenhang verwendet werden kann.
Die nunmehr maßgebliche Vorschrift des § 43 Abs. 1 SGB VI (n.F.) lautet: "Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein". § 43 Abs. 2 SGB VI lautet: "Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein". Die Bestimmung enthält keine individuelle Verknüpfung mehr zwischen dem Gesundheitszustand und der Berufskompetenz des Versicherten einerseits, mit den Bedingungen des Arbeitsmarktes andererseits. Im Gegensatz zu den vorher geltenden Bestimmungen der §§ 1246, 1247 bzw. 43, 44 SGB VI (a.F.) stehen nicht mehr der individuelle Versicherte und dessen Leistungseinschränkung und Berufskompetenz im Vordergrund, sondern eindeutig die "üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes", in die sich der Versicherte einfügen muss. Die Bedingungen, unter denen noch eine Erwerbstätigkeit ausgeübt werden kann, setzt nach der Formulierung des Gesetzes nicht mehr der Versicherte mit seinem Gesundheitszustand und seiner Berufskompetenz sondern der allgemeine Arbeitsmarkt mit seinen "üblichen Bedingungen".
Auch der Gesetzesbegründung lässt sich - entgegen der Auffassung des BSG (vgl. SozR 4 - 2600 § 43 Nr. 5) - nicht eindeutig entnehmen, dass die Summierungsrechtsprechung bei Erwerbsminderungsrenten Bedeutung haben soll, zumal das BSG pauschal auf die Gesetzesbegründung verwiesen hat und seine Rechtsauffassung nicht näher begründet. Abgesehen davon, dass jede Auslegung eines Textes mit dem Wortsinn beginnt (vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, St. 141), der hier nur für eine objektivierte Betrachtung spricht, ist auch die Gesetzesbegründung in sich widersprüchlich. Die Formulierung, wonach die konkrete Betrachtungsweise beibehalten werde (vgl. BT. - Drucks. 14/4230 St. 25), begründet die Fortgeltung der Summierungsrechtsprechung nicht. Der Gesetzgeber versteht unter der Bezeichnung "konkrete Betrachtungsweise" arbeitsmarktbedingte Erwerbsminderungsrenten von Versicherten, die noch mindestens drei, aber nicht sechs Stunden täglich leistungsfähig sind, mithin nicht vollschichtig Leistungsfähige (vgl. BT. - Drucks. 14/4230 St. 23). Es ist der Gesetzesbegründung nach Abschaffung der Rente wegen Berufsunfähigkeit im Einzelnen daher nicht zu entnehmen, ob und ggf. in welchem Umfang eine konkrete Betrachtung einschließlich der Summierungsrechtsprechung noch Geltung haben sollte. Zwar hat die Summierungsrechtsprechung grundsätzlich nicht nur bei der Frage der Berufsunfähigkeit, sondern auch der Erwerbsunfähigkeit eine Rolle gespielt, beide Anspruchsgrundlagen sind aber nicht zu trennen und wurden vom BSG auch nicht getrennt gesehen.
Die Gesetzesbegründung (vgl. BT. - Drucks. 14/4230 St. 25) lautet wörtlich wie folgt: "Maßstab für die Feststellung des Leistungsvermögens ist die Erwerbsfähigkeit des Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, d. h. in jeder nur denkbaren Tätigkeit, die es auf dem Arbeitsmarkt gibt." Schon hier fragt sich, ob die Summierungsrechtsprechung damit gegenstandlos geworden ist. Denn der Gesetzgeber meint mit dem "allgemeinen Arbeitsmarkt" nach neuem Recht "jede nur denkbare Tätigkeit", während das BSG im Rahmen der Summierungsrechtsprechung einen anderen Begriff des "allgemeinen Arbeitsmarktes" meint, nämlich einen Arbeitsmarkt, der nur körperlich leichte und fachlich einfache Arbeiten umfasst (beispielhaft BSG Urteil vom 23. 5. 2006, Az: B 13 RJ 38/05 R: "Im Hinblick auf den Umfang der Leistungseinschränkungen der Klägerin und insbesondere die vorliegende funktionelle Einäugigkeit mit der Folge eingeschränkten räumlichen Sehvermögens hätte das LSG nähere Feststellungen treffen müssen, ob die Klägerin noch zu körperlich leichten und fachlichen Arbeiten, wie sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angeboten werden, und häufig einen Einsatz am Fließband oder im Akkord bedingen ( ), fähig ist."). Kommt es nicht mehr auf die Berufskompetenz an und ist nun mit allgemeinem Arbeitsmarkt das gesamte Spektrum der Erwerbstätigkeiten gemeint, könnte ein Versicherter nach neuem Recht auf alle denkbaren Tätigkeiten verwiesen werden, die ihm gesundheitlich zumutbar sind, auch wenn ihm hierzu die beruflichen Fähigkeiten fehlen. Eine solche Verweisungspraxis wäre sinnlos.
Die zitierte Gesetzesbegründung deckt sich jedenfalls mit dem Wortlaut, wonach der allgemeine Arbeitsmarkt die Bedingungen bestimmt und nicht auf der Grundlage der Einschränkungen der Versicherten zu beurteilen ist. Weiter heißt es: "Allerdings kommen dabei nur Tätigkeiten in Betracht, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt üblich sind". Diese Formulierung bezieht sich auf objektive, vom Versicherten unabhängige Verhältnisse und Bedingungen. Im Umkehrschluss scheiden aus dem "allgemeinen Arbeitsmarkt" unübliche Tätigkeiten aus (besser gesagt Tätigkeiten unter unüblichen Bedingungen), gleichgültig, ob diese nur für bestimmte Versicherte unübliche Bedingungen bedeuten. Das Wort "üblich" bezeichnet keine Ausnahmesituation, sondern den für alle geltenden Regelfall. Auch das Wort "Bedingungen" umschreibt objektive Umstände, d. h. für Jedermann geltende Voraussetzungen, nicht die Frage, ob ein Einzelner nur noch Tätigkeiten verrichten kann, für den es keinen Arbeitsmarkt gibt. Die folgende Begründung widerspricht deshalb auf den ersten Blick dem Wortlaut des Gesetzes, sie ist mit diesem nicht in Einklang zu bringen. Denn, so die Begründung, damit werde sichergestellt, dass für die Feststellung des Leistungsvermögens solche Tätigkeiten, für die es für den zu beurteilenden Versicherten einen Arbeitsmarkt schlechthin nicht gebe (es wird auf BSGE 80,24, 34 verwiesen), nicht in Betracht zu ziehen seien. Entweder der Gesetzgeber meint Tätigkeiten, die auf dem (für alle gleichermaßen zur Verfügung stehenden) allgemeinen Arbeitsmarkt (der alle denkbaren Tätigkeiten umfasst) für alle Versicherten üblich sind - dies entspricht der Gesetzesfassung - oder der Gesetzgeber wollte (auch) bei vollschichtiger Leistungsfähigkeit eine individuelle Prüfung, ob es für einen speziellen Versicherten einen Arbeitsmarkt schlechthin nicht gebe. Das ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Der Gesetzgeber kann nicht in ein und derselben Formulierung zwei verschiedene "Arbeitsmärkte" meinen.
Es kann im Ergebnis allerdings dahinstehen, ob die Begründung des Gesetzgebers schlüssig ist, denn die Summierungsrechtsprechung muss diese jedenfalls nicht zwangsläufig meinen. Denn ergibt eine Subsumtion, dass ein Versicherter nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein kann (einen solchen Fall beschreibt der Gesetzgeber, weil es für den zu beurteilenden Versicherten einen Arbeitsmarkt schlechthin nicht gebe; es ist schon das Ergebnis einer individuellen Prüfung, der beschriebene Versicherte hat Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente), ist dieser per se erwerbsgemindert. Das ist aber nicht Inhalt der Summierungsrechtsprechung. Diese gibt vielmehr auf, eine Prüfung durchzuführen mit offenem Ergebnis, d. h. den Vergleich zwischen Leistungsvermögen und speziell für den Versicherten in Betracht kommenden Arbeitsmarkt (mit körperlich leichten und fachlich einfachen Arbeiten), die nicht per se zu einer Erwerbsminderung führt.
So konnte die Summierungsrechtsprechung dazu führen, dass bei Versicherten mit den gleichen Leistungseinschränkungen, dem einen Versicherten auf Grund seiner Fähigkeiten und Berufskompetenz eine Verweisungstätigkeit zu benennen war, einem anderen Versicherten jedoch nicht. Ein solches Ergebnis konnte sowohl bei der Prüfung einer Rente wegen Berufs- als auch wegen Erwerbsunfähigkeit eintreten. Dies ist mit § 43 SGB VI (nF) nicht zu vereinbaren. Die "üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes" lassen keinen Raum mehr für eine individuelle Betrachtung des Gesundheitszustandes und der Berufskompetenz des Versicherten. Versicherte mit den gleichen Leistungseinschränkungen müssen - ohne Prüfung der individuellen Berufskompetenz - nach denselben "üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes" beurteilt werden.
Verbliebe es im Übrigen bei der Summierungsrechtsprechung, hätten un- bzw. angelernte Versicherte (des unteren Bereichs) auch einen leichteren Zugang zu Erwerbsminderungsrenten, weil es (ohne das Problem der sozialen Zumutbarkeit) bei einem gelernten Versicherten auf Grund der größeren Berufskompetenz in der Regel einfacher sein wird, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Tätigkeit zu benennen. Das kann nicht vom Gesetzgeber gewollt sein. Dieses Problem wurde im Übrigen vorher im Rahmen der Berufsunfähigkeit durch das Mehrstufenschema vermieden.
Die Gesetzesbegründung lässt - weil ansonsten widersprüchlich und nicht mit dem Sinn der Summierungsrechtsprechung vereinbar - den Schluss zu, dass der Gesetzgeber möglicherweise nicht vollschichtig leistungsfähige Versicherte gemeint haben könnte. Für das Argument, dass der Gesetzgeber mit allen Konsequenzen die Weitergeltung der Summierungsrechtsprechung wollte, spricht allenfalls der Verweis auf "BSGE 80, 24, 34". Dieser Verweis genügt aber nicht, um eine gesetzliche Bestimmung gegen den Wortlaut und den Wortsinn auszulegen.
Die Gesetzesänderung geht nach der Überzeugung des Senates noch einen Schritt weiter: Der Gesetzgeber hat einen speziellen Zeitfaktor eingeführt, der einen Anspruch auf Erwerbsminderung ausschließt, wenn unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes eine Tätigkeit mindestens sechs Stunden ausgeübt werden kann. Auch dies steht der Summierungsrechtsprechung entgegen. Der Gesetzgeber führt hierzu aus (vgl. BT. - Drucks. 14/4230 St. 25): "Das Leistungsvermögen des Versicherten ist anhand seiner zeitlichen Einsatzfähigkeit zu beurteilen. Um einen einheitlichen, für alle Versicherten gleichen Maßstab zugrunde legen zu können, wird auf die Stundenzahl abgestellt". Der Maßstab wird im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit danach nur quantifiziert, nicht aber (im Hinblick auf Leistungseinschränkungen) qualifiziert. Ein Zeitfaktor war den Vorschriften der §§ 1246, 1247 RVO und §§ 43, 44 SGB VI nicht zu entnehmen, dieser beruhte vielmehr wiederum auf Richterrecht mit der Folge, dass das individuelle Restleistungsvermögen eines Versicherten vorrangig anhand eines "hochdifferenzierten" Zeitschemas bewertet wurde, das gestuft wurde in "vollschichtig einsatzfähig", "halb- bis untervollschichtig leistungsfähig", zweistündig bis unterhalbschichtig leistungsfähig" und in ein unter zweistündiges Restleistungsvermögen" (vgl. Offczors, aaO., S. 297). Da dieses Zeitschema den Vorschriften der §§ 1246, 1247 RVO und §§ 43, 44 SGB VI jedenfalls nicht widerspricht, erlaubte es auch den Prüfungsschritt im Zusammenhang mit der Summierungsrechtsprechung, ob ein vollschichtig leistungsfähiger Versicherter nicht doch ausnahmsweise wegen besonderer individueller Einschränkungen erwerbsunfähig sein kann. Erst mit dem 2. Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch wurde durch die Formulierung in § 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VI, wonach berufsunfähig nicht ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann (dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen), bzw. durch die Ergänzung des § 44 Abs. 2 mit Satz 2 Nr. 2 SGB VI, wonach erwerbsunfähig nicht ist, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann (dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen), ein Zeitfaktor eingeführt. Dies änderte nach der Rechtsprechung des BSG zwar nichts an der Summierungsrechtsprechung, bereits zu diesem Zeitpunkt beabsichtigte der Gesetzgeber aber schon (wenn auch durch eine untaugliche Formulierung), eine richterrechtliche Ausweitung der konkreten Betrachtungsweise und zwar wegen einer geplanten grundsätzlichen Neuordnung des Rechts der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu verhindern (vgl. BT. - Drucks. 13/3694). Nach der Neufassung des Gesetzes (also nach der Neuordnung) kann der jetzt ausdrücklich normierte Zeitfaktor (mindestens sechs Stunden/ mindestens drei Stunden) im Zusammenhang mit den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr ohne Konsequenzen auf die Summierungsrechtsprechung bleiben. Es geht auch nicht mehr um die jeweilige Arbeitsmarktlage oder die Frage nach einer (zumutbaren Verweisungs-) Tätigkeit, die noch vollschichtig ausgeübt werden kann. Das Gesetz stellt vielmehr nun ohne Ausnahme fest, dass der Versicherte nicht einmal teilweise erwerbsgemindert ist, wenn er im Stande ist, mindestens sechs Stunden (nach der Neufassung "vollschichtig") täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Nur wenn der Versicherte den objektiven üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht genügen kann, reicht auch eine mindestens sechsstündige Leistungsfähigkeit für eine Erwerbsminderung aus. Nach der Gesetzesfassung kann sich nicht die Frage stellen, ob ein "vollschichtig" Leistungsfähiger wegen einer besonderen gesundheitlichen Konstellation (Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder schwerer spezifischer Leistungsbehinderungen ) ausnahmsweise erwerbsgemindert ist, wenn man ihm keine Verweisung benennen kann.
Eine andere dogmatische Grundlage zur Beibehaltung der Summierungsrechtsprechung ist dem Senat nicht ersichtlich, insbesondere weil nach der Überzeugung des Senates der Gesetzgeber den gesamten Komplex der Benennung von Verweisungstätigkeiten einschränken bzw. abschaffen wollte (anderer Auffassung Mey, Erforderlichkeit einer "konkreten Betrachtungsweise auch nach der Reform der Erwerbsminderungsrenten" in SGb, 2007, S.217 ff; Mey bleibt allerdings einer Auseinandersetzung mit den dogmatischen Grundlagen schuldig). Auch das BSG hat die Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder schwerer spezifischer Leistungsbehinderungen nicht dahingehend erweitert, dass Versicherte mit derartigen Beschränkungen per se von den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeschlossen sind und Erwerbsminderungsrente erhalten. Vielmehr erhält der Versicherungsträger in diesen Fällen die Möglichkeit der Benennung von Verweisungen.
Die gesetzliche Bestimmung des § 43 SGB VI (n. F.) rechtfertigt allerdings weiterhin die Rechtsprechung des BSG zum so genannten Verschlossenheitskatalog (nachfolgend Katalogfälle), weil sich diese Rechtsprechung allein auf die Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes bezieht und keine individuelle Verknüpfung zu den Gesundheitseinschränkungen und der Berufskompetenz des Versicherten hergestellt wird (vgl. insgesamt Niesel in Kassler Kommentar, § 43 SGB VI Rnr. 37). Jedem Versicherten, der an einer der im Katalog genannten Einschränkungen leidet, ist der Arbeitsmarkt - generell - verschlossen, dies ist der Unterschied zur Summierung.
Eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes liegt nach den Katalogfällen vor (1.) wenn der Versicherte nicht unter den im Betrieb üblichen Bedingungen, z.B. nur unter nicht betriebsüblichen Arbeitsbedingungen, tätig sein kann, etwa weil er zusätzliche Pausen benötigt (BSG SozR 2200 § 1247, Nr. 43) oder etwa an ekelerregenden oder ansteckenden Krankheiten leidet (BSGE 31, 233); (2) wenn aus gesundheitlichen Gründen entsprechende Arbeitsplätze nicht aufgesucht werden können, d.h. bestimmte Wegstrecken nicht zurückgelegt werden können (BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 47; hier belegt Mey, aaO, S. 219, dass er die kritischen Anmerkungen von Apidopoulos, aaO. nicht nachvollzogen hat. Denn Mey beschreibt einen Versicherten, der auf Grund einer "Summierung" wegeunfähig sei. Die Wegeunfähigkeit sei eines der bekanntesten Phänomene einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung. Mey übersieht, dass es sich bei der Wegefähigkeit um einen Katalogfall, d. h. um "übliche Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes" handelt, denn die Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zu erreichen, gehört - unabhängig von der individuellen Erkrankung des Versicherten - zu den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes. Eine eingeschränkte Wegefähigkeit wird deshalb von § 43 n.F. erfasst. Mey übersieht auch, dass eine eingeschränkte Wegefähigkeit per se zu einem Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bzw. Erwerbsunfähigkeit führt (es sei denn die eingeschränkte Wegefähigkeit kann etwa durch ein Kraftfahrzeug kompensiert werden, dies ist aber eine Definitionsfrage), den Versicherten mithin dann keine "Verweisungstätigkeit" benannt werden muss, wobei die Auffassung von Mey zu teilen ist, wonach die Abschaffung der Summierungsrechtsprechung zu problematischen Ergebnissen führen kann). Eine Verschlossenheit, die auch nach neuem Recht zu berücksichtigen ist, liegt ferner (3) vor, wenn der Versicherte nur in einem Teilbereich eines Tätigkeitsfeldes eingesetzt werden kann, (4) wenn nur Arbeitsplätze in Betracht kommen, die als Schonarbeitsplätze üblicherweise nicht an Betriebsfremde vergeben werden (BSG SozR 2600 § 46 Nr. 1), (5) wenn nur Tätigkeiten in Betracht kommen, die an Berufsfremde nicht vergeben werden, (6) wenn nur Tätigkeiten in Betracht kommen, die auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die als Aufstiegspositionen nicht an Betriebsfremde vergeben werden und schließlich (7) wenn entsprechende Arbeitsplätze nur in ganz geringer Zahl vorkommen. All diese Fälle beschreiben für alle Versicherten unübliche Arbeitsbedingungen, unabhängig von der konkreten Erkrankung, bei der es sich auch um die Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schweren spezifischen Leistungsbehinderung handeln kann. Bei diesen Fallgruppen kommt es auch nicht auf die Berufskompetenz an. War nach altem Recht ein Seltenheitsfall zu bejahen, lag per se Erwerbsunfähigkeit vor. Liegt nunmehr einer der bisher schon anerkannten Katalogfälle vor, ist der Versicherte (etwa wegen fehlender Wegefähigkeit) im Sinne des neuen Rechts nicht mehr in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein und somit erwerbsgemindert. Auf eine individuelle Festlegung einer möglichen Verweisungstätigkeit oder individuelle Umstände kommt es beim Vorliegen eines Seltenheitsfalles nicht an.
Ein Seltenheitsfall liegt beim Kläger nicht vor.
Der Auffassung des Senates widerspricht auch nicht die zitierte Entscheidung des Großen Senates des BSG vom 19. Dezember 1996 (vgl. BSGE 80, 24 ff.). Der Senat sieht sich vielmehr bestätigt. Zwar thematisiert die Entscheidung die Summierungsrechtsprechung bei Erwerbsunfähigkeitsrenten. Dies liegt aber zunächst an der Fragestellung, mit der der Große Senat befasst war. Es ging um Rentenansprüche von Versicherten, die einen "Beruf" im Sinne der Renten wegen Berufsunfähigkeit nicht haben. Für diese kommen naturgemäß nur Rentenansprüche wegen Erwerbsunfähigkeit in Betracht. Der Entscheidung ist aber unzweifelhaft zu entnehmen, dass die Summierungsrechtsprechung - wie dargelegt - ihre Grundlage in den Vorschriften über Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (und zwar sowohl 1246 ff. RVO als auch §§ 43 ff. SGB VI) hat, d. h. beide Anspruchsgrundlagen der §§ 1246, 1247 RVO bzw. §§ 43, 44 SGB VI (a.F). Wörtlich führt das BSG aus: "Veranlassung, den Grundsatz (gemeint ist die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit) aufzugeben, besteht derzeit auch deshalb nicht, weil die erwähnte Neufassung der §§ 43 ff. SGB VI (§43 SGB VI regelte die Rente wegen Berufsunfähigkeit) auf die Beibehaltung der Rechtsprechung abzielt, nach der die Benennung von ungelernten Verweisungstätigkeiten nicht erforderlich ist ( )". Dementsprechend ist bei jeder Änderung dieser Vorschriften fraglich, ob sich diese auf die Summierungsrechtsprechung auswirkt. Auch das BSG geht von einer engen Verzahnung der Rentenansprüche wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit aus und hierzu von einem nicht zu trennenden Zusammenhang von körperlicher Leistungsfähigkeit und Berufskompetenz. Der Große Senat verweist selber darauf, dass die Summierungsrechtsprechung für beide Anspruchgrundlagen von Bedeutung ist (wie schon die Zitierweise zeigt). Das Abschaffen der Rentenansprüche wegen Berufsunfähigkeit und das Streichen der entsprechenden Vorschrift sowie die Einführung eines ausdrücklichen Zeitfaktors können mithin auch nach dieser Entscheidung des BSG auf die Summierungsrechtsprechung nicht ohne Konsequenzen bleiben.
Da die Summierungsrechtsprechung nach der Überzeugung des Senates keine gesetzliche Grundlage mehr hat, ist dem Kläger mithin keine konkrete Tätigkeit zu benennen; er ist nicht erwerbsgemindert. Der Senat ist auch nicht der Auffassung, dass dem Kläger "vorsorglich" die in der Sozialgerichtsbarkeit üblichen "Standardverweisungstätigkeiten", die in beinahe jedem Verfahren als geradezu idealtypisch genannt werden, zu benennen. Mit einer derartigen Verweisungspaxis wird letztlich der Sinn der Summierungsrechtsprechung des BSG auch unterlaufen. Der Senat hält eine dogmatische Klärung für sachgerecht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 des Sozialgerichtsgesetzes vorliegen. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung. Bisher ist nicht abschließend geklärt, ob die Summierungsrechtsprechung des Bundessozialgerichts auch auf Renten wegen Erwerbsminderung anzuwenden ist bzw. in welchem Umfang diese Rechtsprechung bei Erwerbsminderungsrenten eine Rolle spielt. Ferner ist von grundsätzlicher Bedeutung die Klärung der Rechtsfrage, was unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verstehen ist.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine Rente wegen Erwerbsminderung.
Der 1964 geborene Kläger erlernte von September 1981 bis Juni 1983 den Beruf eines Instandhaltungsmechanikers. Von 1994 bis zum Jahre 2004 war er als LKW-Fahrer für eine italienische Firma beschäftigt. Am 9. Januar 2004 kam es mit dem LKW in Spanien zu einem Verkehrsunfall, der zur Amputation des linken Unterarms des Klägers führte. Der Kläger bezieht aufgrund dieses Unfalles eine Rente des Unfallversicherungsträgers.
Am 31. August 2004 stellte er einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung. Er sehe sich aufgrund des Verlustes seiner linken Hand als erwerbsgemindert. Die Beklagte nahm daraufhin medizinische Ermittlungen auf. Mit Bescheid vom 17. August 2005 lehnte sie den Antrag des Klägers ab. Nach den ärztlichen Feststellungen werde seine Erwerbsfähigkeit durch einen Zustand nach Amputation des linken Unterarms im oberen Drittel mit Prothesenversorgung und einem Zustand nach Herzinfarkt bei koronarer Eingefäßerkrankung, chirurgisch versorgt, beeinträchtigt. Er sei noch in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, ohne Schichtbedingungen, ohne besonderen Zeitdruck, ohne volle Gebrauchsfähigkeit des linken Armes und ohne besondere Anforderung an die nervliche Belastbarkeit auszuüben. Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe nicht.
Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24. Januar 2007 zurück.
Hiergegen hat der Kläger Klage erhoben. Das Sozialgericht hat ein internistisches Gutachten des Dr. K. vom 5. November 2007 eingeholt. Dr. K. stellte folgende Diagnosen: (1) Chronischer Nikotinabusus, (1.1) koronarer 1-Gefäßerkrankung mit 75%iger Stenose im Bereich der LAD, Vorderwandmyokardinfarkt am 9. März 2004, Zustand nach PTCA mit Stentimplantation der LAD am 5. März 2004, Zustand nach Vorderwandmyokardinfarkt am 4. März 2004, intermittierender AV-Block III. Grades, Zustand nach Lysetherapie; (1.2) Atherosklerose im Bereich der hirnversorgenden Arterien, Zustand nach transitorisch-ischämischer Attacke 11/2004 mit Hemisymptomatik rechts; (1.3) chronische Bronchitis mit geringgradiger Verminderung des maximal ventilierbaren Volumens; (2) essentielle arterielle Hypertonie, Schweregrad II WHO; (3) Hyperlipidämie; (4) Alkoholabhängigkeit mit regelmäßigem Trinkverhalten (Delta-Typ nach Jellinek); (4.1) fremdanamnestisch beschriebener alkoholentzungsbedingter epileptischer Krampfanfall 1993; (5) Zustand nach traumatischer Amputation des linken Unterarms im Rahmen eines Verkehrsunfalls 01/2004, (5.1) chronisch rezidivierender Phantomschmerz; (6) lokales Lumbalsyndrom; (7) zervikocraniales Syndrom und (8) Tinnitus. Der Kläger sei aus internistischer Sicht in der Lage, an fünf Tagen in der Woche täglich sechs bis acht Stunden Arbeiten mit Einschränkungen zu verrichten. Unter Berücksichtigung der genannten Erkrankungen ergäben sich Arbeitsplatzbesonderheiten, insbesondere im Zusammenhang mit der Unterarmamputation links sowie mit der geschilderten belastungsabhängig zunehmenden Schmerzsymptomatik im Bereich der Lendenwirbelsäule und der Halswirbelsäule. Tätigkeiten mit längeren Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten, häufigem Klettern oder Gehen auf unebenen Böden, Tätigkeiten mit Absturzgefahr auf Leitern und Gerüsten sowie lang anhaltende Vibrationen und Erschütterungen seien nicht tolerabel. Aufgrund der koronaren Herzerkrankung sowie des arteriellen Hypertonus erschienen Nachtschichten und Überstunden, Tätigkeiten mit besonderer Verantwortung für Mensch und Technik, besonderen geistigen und seelischen Beanspruchungen sowie auch taktgebundene Arbeiten unter Zeitdruck nicht akzeptabel. Während der Berufstätigkeit solle ein Zugang zu alkoholischen Getränken nicht ermöglicht werden können. Tätigkeiten mit besonderen manuellen Anforderungen bzw. bimanuelle Tätigkeiten seien nicht möglich. Der Kläger sei in der Lage, zumutbar in ununterbrochener Zeit einen Weg von mehr als 500 m ohne erhebliche Schmerzen, ohne übermäßige körperliche Anstrengung und insbesondere ohne Gefährdung der Gesundheit zurückzulegen. Öffentliche Verkehrsmittel könnten auch während der Hauptverkehrszeit genutzt werden. Der Kläger verfüge über einen Führerschein und fahre auch selbst PKW. Unter Berücksichtigung der genannten Arbeitsplatzmerkmale seien während eines achtstündigen Arbeitstages keine zusätzlichen betriebsunüblichen Pausen erforderlich. Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt könnten ausgeübt werden. Das festgestellte Leistungsvermögen des Klägers bestehe vermutlich seit Beendigung der Rekonvaleszenzzeit nach Unterarmamputation links. Der Vorderwandmyokardinfarkt vom März 2004 führe passager zu einer weiteren Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit, wenngleich der Kläger gegenwärtig diesbezüglich keine bedeutsameren Beeinträchtigungen bemerke. Eine Verbesserung der gesundheitlichen Situation wäre insbesondere durch einen Nikotinverzicht sowie durch eine zunehmende Mobilisierung und gegebenenfalls schmerztherapeutische Optimierung zu erzielen. Die Durchführung einer stationären Rehabilitationsmaßnahme zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation erscheine erfolgversprechend. Die Begutachtung auf einem anderen ärztlichen Fachgebiet als in der Vergangenheit erfolgt, einschließlich der jetzigen internistischen gutachterlichen Untersuchung, werde gegenwärtig nicht für erforderlich gehalten.
Mit Urteil vom 4. März 2008 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 17. August 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2007 verurteilt, dem Kläger Rente wegen voller Erwerbsminderung befristet für die Zeit vom 1. Februar 2005 bis zum 31. Januar 2009 in gesetzlicher Höhe zu zahlen. Das Sozialgericht ist dem Gutachten des Dr. K. gefolgt. Danach sei der Kläger zwar noch in der Lage, leichte Tätigkeiten sechs bis acht Stunden täglich mit Einschränkungen zu verrichten. Einschränkungen hinsichtlich des Weges zur Arbeitsstelle bestünden beim Kläger nicht. Betriebsunübliche Pausen seien nicht erforderlich. Im Fall des Klägers läge jedoch eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vor, da er seinen linken Arm im Hinblick auf den Zustand nach Amputation des Unterarmes allenfalls als Beihand einsetzen könne. Dem Kläger könne eine Verweisungstätigkeit nicht benannt werden.
Gegen die der Beklagten am 20. März 2008 zugestellte Entscheidung hat sie am 10. April 2008 Berufung eingelegt. Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass dem Kläger als Verweisungstätigkeit die Tätigkeit eines Pförtners an einer Nebenpforte benannt werden könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 4. März 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist im Wesentlichen der Auffassung, dass die erstinstanzliche Entscheidung zutreffend sei. Die von der Beklagten benannte Tätigkeit stehe auf dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den Akteninhalt Bezug genommen. Die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten lag vor und ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist auch begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung.
Nach § 43 Abs.1 Satz 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung (§ 43 SGB VI n.F) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie (1.) teilweise erwerbsgemindert sind, (2.) in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und (3.) vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Nach Satz 2 des § 43 Abs. 1 SGB VI sind teilweise erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sind voll erwerbsgemindert Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein.
Der Kläger ist aufgrund seiner Erkrankungen und Behinderungen gleichwohl in der Lage, mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes eine Tätigkeit zu verrichten. Der Senat stützt seine Überzeugung - wie schon das Sozialgericht - auf das Gutachten des Dr. K. vom 5. November 2007. Dr. K. hat folgende Diagnosen gestellt: (1) Chronischer Nikotinabusus, (1.1) koronarer 1-Gefäßerkrankung mit 75 %iger Stenose im Bereich der LAD, Vorderwandmyokardinfarkt am 9. März 2004, Zustand nach PTCA mit Stenimplantation der LAD am 5. März 2004, Zustand nach Vorderwandmyokardinfarkt am 4. März 2004, intermittierender AV-Block III. Grades, Zustand nach Lysetherapie; (1.2) Atherosklerose im Bereich der hirnversorgenden Arterien, Zustand nach transitorisch-ischämischer Attacke 11/2004 mit Hemisymptomatik rechts; (1.3) chronische Bronchitis mit geringgradiger Verminderung des maximal ventilierbaren Volumens; (2) essentielle arterielle Hypertonie, Schweregrad II WHO; (3) Hyperlipidämie; (4) Alkoholabhängigkeit mit regelmäßigem Trinkverhalten (Delta-Typ nach Jellinek); (4.1) fremdanamnestisch beschriebener alkoholentzungsbedingter epileptischer Krampfanfall 1993; (5) Zustand nach traumatischer Amputation des linken Unterarms im Rahmen eines Verkehrsunfalls 01/2004, (5.1) chronisch rezidivierender Phantomschmerz; (6) lokales Lumbalsyndrom; (7) zervikocraniales Syndrom und (8) Tinnitus. Dr. K. zieht aus diesen Diagnosen - für den Senat schlüssig und nachvollziehbar - den Schluss, dass der Kläger gleichwohl noch vollschichtig leistungsfähig ist. Der Kläger hat seinen Rentenantrag mit dem Unfall vom 9. Januar 2004 begründet. Eine Selbsteinschätzung bezüglich des Restleistungsvermögens hat er im Rentenantrag nicht formuliert. Die Hauptbeeinträchtigung erfährt der Kläger im Zusammenhang mit dem Verlust des linken Unterarmes sowie im Zusammenhang mit einer Schmerzsymptomatik im Bereich der Lendenwirbelsäule sowie auch der Halswirbelsäule. Diesbezüglich würden - so der Kläger in der Anamnesenerhebung durch den Sachverständigen - die Schmerzen insbesondere auch nach rechtsokzipidal ausstrahlen. Die Gebrauchsfähigkeit der rechten Hand ist vollständig erhalten. Beeinträchtigungen der groben Kraft sowie feinmotorische Defizite bestehen nicht. Die im Jahr 2004 geschilderte transitorisch-ischämische Attacke hatte sich im weiteren Verlauf nicht wiederholt. Neurologische Residualsymptome sind zum Zeitpunkt der Begutachtung durch Dr. K. nicht erkennbar. Anhand der körperlichen Untersuchung des Klägers am 5. November 2007 gestaltete sich das Ab- und Anlegen der Kleidung unproblematisch. Mobilitätsbeeinträchtigungen im Zusammenhang mit den Beschwerden von Seiten des Bewegungsapparates bzw. der Wirbelsäule waren nicht zu beobachten. Eine standardisierte Gehstreckenmessung am Laufband war problemlos durchführbar. In einer Zeit von 12 min und 6 sec. konnte der Kläger eine Wegstrecke von 500 m ohne Schmerzen bewältigen. Unterbrechungen waren nicht erforderlich. Kardiopulmonal war er stabil und fahrradergometrisch bis zur Leistungsstufe mit 125 Watt belastbar. Danach gab er eine Dyspnoesituation an. Die fahrradergometrische Untersuchung wurde unterhalb des Submaximaltestniveaus abgebrochen. Es ist aber von einer Dauerleistungsgrenze für Belastungen zwischen 75 und 100 Watt auszugehen. In der Leistungsstufe mit 125 Watt erreichte die Laktatkonzentration einen aeroben/anaeroben Übergangsbereich. Echokardiographisch ließen sich Wandstärkenzunahmen der linken Herzkammer dokumentieren. Die Kontraktionsamplitude lag im Normbereich. Die Veränderungen entsprachen zwar einer beginnenden konzentrisch linksventrikulären Hypertonie. Der Blutdruck wurde jedoch am Untersuchungstag im Normbereich gemessen. Im Zusammenhang mit den Nikotinabusus ließen die Lungenventilationsparamenter eine Verminderung des maximal ventilierbaren Volumens erkennen. Atherosklerotische Wandveränderungen zeigten sich im Bereich der hirnversorgenden Arterien, wenngleich hieraus keine hämodynamisch relevanten Stenosierungen resultierten. Auch im Bereich der beinversorgenden Arterien zeigten sich keine hämodynamisch relevanten Perfusionseinschränkungen. Die kardiale Situation erschien stabil. Bei anamnestisch beschriebener Alkoholabhängigkeit liege gegenwärtig der Alkoholkonsum nach den eigen anamnestischen Angaben bei vier bis sechs Flaschen Bier am Wochenende. Ein Alkoholfoetor bzw. ein Tremor war am Untersuchungstag nicht zu beobachten. Auf der Grundlage der kardiopulmonalen Leistungsfähigkeit könnte der Kläger demnach körperlich mittelschwere Tätigkeiten übernehmen. Es kann von einer Dauerbelastungsgrenze für Belastungen zwischen 75 und 100 Watt ausgegangen werden. Im Hinblick auf die Unterarmamputation links sowie die glaubhaft geschilderte Schmerzsymptomatik im Bereich der Lendenwirbelsäule sowie der Halswirbelsäule muss allerdings die Arbeitsschwere auf körperlich leichte Arbeiten begrenzt werden. Unter Berücksichtigung von Einschränkungen ist der Kläger aber in der Lage, sechs Stunden und mehr arbeitstäglich tätig zu werden. Der Sachverständige hat die von dem Kläger beschriebenen orthopädischen Leiden und Schmerzzustände in seine Beurteilung einbezogen. Er ist zu dem Ergebnis gekommen, dass im Bereich der Lendenwirbelsäule und der Halswirbelsäule Tätigkeiten mit längeren Zwangshaltungen, Überkopfarbeiten, häufigem Klettern oder Gehen auf unebenen Böden, Tätigkeiten mit Absturzgefahr auf Leitern und Gerüsten sowie lang anhaltende Vibrationen und Erschütterungen nicht tolerabel wären. Aufgrund der koronaren Herzerkrankung sowie des arteriellen Hypertonus sind allenfalls Nachtschichten und Überstunden, Tätigkeiten mit besonderer Verantwortung für Mensch und Technik, besondere geistige und seelische Beanspruchungen sowie auch taktgebundene Arbeiten oder Arbeiten unter Zeitdruck nicht akzeptabel. Wegen der Alkoholerkrankung sollte auch der Zugang zu alkoholischen Getränken während der Arbeitszeit nicht ermöglicht werden. Tätigkeiten mit besonderen manuellen Anforderungen bzw. bimanuelle Tätigkeiten sind dem Kläger ebenfalls nicht möglich. Insgesamt hat der Sachverständige jedoch nur qualitative nicht jedoch quantitative Einschränkungen im Hinblick auf eine Tätigkeit beschrieben. Die von dem Sachverständigen beschriebenen qualitativen Einschränkungen schließen eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter den üblichen Bedingungen nicht aus. Insbesondere kann der Kläger eine zumutbare Wegstrecke zurücklegen. Er benötigt ferner keine zusätzlichen betriebsunüblichen Pausen.
Dem Kläger ist eine konkrete Verweisungstätigkeit nicht zu benennen. Dabei ist hier schon fraglich, ob eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliegt. Während noch in älteren Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) im Zusammenhang mit dem Vorliegen einer schweren spezifischen Leistungseinschränkung ohne nähere Ausführungen unter anderem auch der Beispielsfall der Einarmigkeit benannt worden ist, wurden in späteren Entscheidungen die Umstände des Einzelfalles betont (vgl. BSG SozR 4 - 2600 § 43 Nr. 9). Neben der Einarmigkeit wären hier mithin auch die koronare Herzerkrankung und die orthopädischen Leiden zu würdigen, die durchaus den Schluss auf eine schwere spezifische Leistungseinschränkung zulassen. Einer Entscheidung diesbezüglich bedarf es aber nicht.
Die Rechtsprechung des BSG zur Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder schwerer spezifischer Leistungsbehinderungen (vgl. BSGE 80, 24) ist bei der Feststellung, ob ein Versicherter Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nach § 43 SGB VI n.F hat, nicht zu prüfen und festzustellen.
Dies ergibt sich aus Folgendem: Die Rechtsprechung zur Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder schweren spezifischen Leistungsbehinderungen im Zusammenhang mit der Feststellung, ob ein Versicherter Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit hat (nachfolgend Summierungsrechtsprechung genannt), ist, wie auch das so genannte Mehrstufenschema, in dessen Zusammenhang die Summierungsrechtsprechung zu sehen ist, vom BSG entwickelt worden. Ursprung der Rechtsprechung ist die Prüfung und Feststellung von Rentenansprüchen wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit. Es handelt sich mithin um Richterrecht. Weder das so genannte Mehrstufenschema noch Begriffe wie "Verschlossenheit des Arbeitsmarktes" verwendet das Gesetz (vgl. BSG 80, 24 ff.). Gleichwohl handelt es sich nicht um willkürliche Festlegungen des BSG, vielmehr beruhte diese Rechtsprechung ursprünglich auf den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) zur Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit; §§ 1246, 1247 RVO (zur Entwicklung vgl. Offczors, Abschied von der gesetzlichen Invalidenversicherung, SGb 1997, S. 293 ff.). Sie ist später auch auf das Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) übertragen worden (vgl. §§ 23, 24 AVG).
Ausgangspunkt der Rechtsprechung waren aber die gesetzlichen Bestimmungen der RVO. Nach § 1246 Abs. 2 RVO ist ein Versicherter berufsunfähig, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Nach dem Wortlaut der Bestimmung wird eine Verknüpfung hergestellt zwischen der individuellen Leistungsfähigkeit (dem individuellen Gesundheitszustand) und der individuellen Berufskompetenz einerseits und dem Arbeitsmarkt andererseits. Individuelle Leistungsfähigkeit auf gesundheitlichem und beruflichem Gebiet war demnach der Ausgangspunkt der Auswahl einer für die Versicherten zumutbaren Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Das BSG hat aus der Bestimmung das (grundsätzliche) Gebot einer konkreten Betrachtungsweise abgeleitet: ein Versicherter kann danach nur dann auf seine verbliebene Erwerbsfähigkeit verwiesen werden, wenn in der Arbeitswelt, wie sie sich gerade darstellt, eine reale Chance für ihre Verwirklichung besteht, und nicht nur eine theoretische Möglichkeit vorhanden ist, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erhalten (vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr. 110;. anschließend hat die Rechtsprechung eine erhebliche Anzahl von Ausnahmen geschaffen, ein System von Regel, Ausnahme und Rückausnahme, vgl. hierzu Offczors, aaO., S. 297).
Auch der Anspruch auf eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 1247 RVO setzte eine individualisierte Betrachtungsweise voraus: Nach § 1247 Abs. 2 RVO ist erwerbsunfähig der Versicherte, der infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder vom Schwächen seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann. Es stand mithin auch hier der Versicherte und dessen Leistungsvermögen im Vordergrund und nicht der Arbeitsmarkt. Entscheidend ist, dass die Vorschrift des § 1246 RVO (Rente wegen Berufsunfähigkeit) einerseits und § des 1247 RVO (Rente wegen Erwerbsunfähigkeit) andererseits in einem engen, nicht zu trennenden systematischen Zusammenhang standen und deshalb sowohl die Rechtssprechung zum Mehrstufenschema als auch der Summierung auf diesem Zusammenhang und auf beiden Bestimmungen fußten. Nach den Vorschriften war der Versicherte auch stets mit seiner Leistungsfähigkeit und seiner Berufskompetenz in nicht zu trennendem Zusammenhang zu beurteilen.
Es handelte sich regelmäßig bei der Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit um ein Verhältnis von Haupt- und Hilfsanspruch ("eine Art Stufenverhältnis", vgl. zu §§ 43,44 SGB VI Schulin, Sozialrecht, 5. Aufl. 1993, Rdnr. 516): der Versicherte begehrte regelmäßig die Bewilligung einer (gegenüber der Berufsunfähigkeitsrente höheren) Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, deren Voraussetzungen aber schwieriger zu erfüllen sind. Dass aber beide Ansprüche "teilidentisch" sind, zeigt § 1247 Abs. 5 RVO. Danach wurde neben einer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit eine Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht gewährt. Beide Vorschriften standen mithin in einem engen, nicht zu trennenden systematischen Zusammenhang.
Die Rechtsprechung zur Summierung ist ursprünglich für die Rente wegen Berufsunfähigkeit (nach § 1246 RVO) und dort im Zusammenhang mit dem Mehrstufenschema entwickelt worden (vgl. hierzu Apidopoulos, Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder schwerer spezifische Leistungsbehinderung auch bei Erwerbsminderungsrenten, SGb 2006, S. 720 ff). Die Rechtsprechung zum Mehrstufenschema erfolgte schrittweise, der Ursprung ist älter; die Summierungsrechtsprechung war ein Teilbereich hiervon. Wegen des beschriebenen Zusammenhanges war sie auch bei der Erwerbsunfähigkeit zu berücksichtigen.
Für die Prüfung von Berufsunfähigkeit war nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. BSG SozR 4-2600 § 44 Nr. 1) der bisherige Beruf, den der Versicherte ausgeübt hat, der Ausgangspunkt. Konnte der Versicherte diesen Beruf nicht mehr ausüben, war er aber noch nicht berufsunfähig. Dies war vielmehr erst dann der Fall, wenn es nicht zumindest eine andere berufliche Tätigkeit gab, die ihm sozial zumutbar und für die er sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet war. Die soziale Zumutbarkeit einer solchen anderen Tätigkeit, eine sogenannte Verweisungstätigkeit, richtete sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufes. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hatte das BSG das erwähnte Mehrstufenschema entwickelt und die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind, ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung eines Berufs haben, unterteilt worden. Danach bildete (beispielsweise für die Berufsgruppe der Arbeiter) die oberste Stufe die Gruppe der Leitberufe des Vorarbeiters bzw. des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, anschließend des Facharbeiters, dann des angelernten Arbeiters und schließlich des ungelernten Arbeiters. Dieses Mehrstufenschema hatte zunächst zwei Konsequenzen: Grundsätzlich durfte ein Versicherter in die nächst niedrigere Gruppe verwiesen werden (vgl. BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr. 5), d.h. ein Beruf der nächst niedrigeren Gruppe war für diesen sozial zumutbar. Zweitens war einem Versicherten grundsätzlich zumindest eine Tätigkeit konkret zu benennen, die er noch ausüben konnte (vgl. BSG SozR 80, 24 ff).
Die Rechtsprechung zur Summierung ist entwickelt worden, weil die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit in der Regel nicht erforderlich war, wenn ein auf den allgemeinen Arbeitsmarkt ungelernter Tätigkeiten verweisbarer Versicherter zwar nicht mehr zu körperlich schweren, aber doch vollschichtig zu mittelschweren oder leichten Arbeiten in der Lage war (nachfolgend ungelernter Versicherter genannt). Diese Prüfung ist systematisch zwar bei der Berufsunfähigkeit durchzuführen, einen Beruf in diesem Sinne haben diese ungelernten Versicherten aber nicht. Eine andere Situation ergab sich nur bei Vorliegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung. Für solche Versicherte stellte sich die Frage, ob ohne weiteres davon ausgegangen werden konnte, dass auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt für die an sich noch mögliche Vollzeittätigkeit eine ausreichende Zahl von Arbeitsplätzen vorhanden ist, oder ob ernstliche Zweifel daran aufkommen mussten, ob der Versicherte mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen in einen Betrieb einsetzbar ist. Sind solche ernstlichen Zweifel aufgekommen, war auch solchen ungelernten Versicherten eine Verweisungstätigkeit zu benennen. Konnte keine Verweisungstätigkeit gefunden werden, waren sie, da keine Tätigkeit mehr möglich war - nicht nur berufsunfähig, sondern zwangsläufig erwerbsunfähig. Auch diese Ausführungen beweisen die enge Verzahnung der Ansprüche auf Rente wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit. Bei der Prüfung von Rentenansprüchen wegen Erwerbsunfähigkeit führte die Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung ebenfalls zu einer Benennungspflicht, die sich aber nicht nach den Kriterien einer sozialen Zumutbarkeit richtete. Im Übrigen war das BSG bei dieser Prüfung zurückhaltend und sprach sich aus sozialpolitischen Gründen gegen eine Ausweitung aus (vgl. BSG 80, 24 ff.).
Ab dem 1. Januar 1992 ist das SGB VI in Kraft getreten. Der Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit findet sich nunmehr in § 43 SGB VI. Dabei entspricht die Definition der Berufsunfähigkeit im § 43 Abs. 2 SGB VI im Wesentlichen der Formulierung des § 1246 Abs. 2 RVO. Berufsunfähig sind Versicherte deren Erwerbsunfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs. 2 SGB VI). Auch der Wortlaut des § 44 SGB VI, Renten wegen Erwerbsunfähigkeit, entspricht - mit geringen sprachlichen Anpassungen - der Vorgängervorschrift des § 1247 RVO. Nach § 44 Abs. 2 SGB VI sind erwerbsunfähig Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße übersteigt. Es gab damit keinerlei Anlass, vom Mehrstufenschema oder der Summierungsrechtsprechung Abstand zu nehmen.
1995 wurde eine grundsätzliche Neuordnung der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom Gesetzgeber diskutiert (vgl. BT. - Drucks. 7/2590). Von einer grundlegenden Neuregelung wurde jedoch abgesehen.
Allerdings wurde mit dem 2. Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch vom 2. Mai 1996 (BGBl. I S. 659, 2. SGB VI Änderungsgesetz) die Formulierung in § 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VI eingeführt, wonach berufsunfähig nicht ist, wer eine zumutbar Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. § 44 Abs. 2 wurde durch Satz 2 Nr. 2 SGB VI ergänzt, wonach erwerbsunfähig nicht ist, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Der Große Senat hatte sich in seinem Beschluss vom 19. Dezember 1996 (BSG SozR 3-2600 § 44 Nr. 8 = BSGE 80, 24 ff.) damit zu befassen, ob sich durch diese Gesetzesänderung oder aufgrund der Arbeitsmarktlage eine Änderung der Rechtsprechung zur Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung ergibt. Hierzu hat das Bundessozialgericht ausgeführt, dass die Fallgruppen, bei denen das BSG in der Rentenversicherung bisher die erhebliche Gefahr einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes angenommen hat, nicht mit Rücksicht auf ältere arbeitslose ungelernte Versicherte oder ältere arbeitslose angelernte Versicherte des unteren Bereichs zu erweitern sind, die vollschichtig nur noch körperlich leichte Arbeiten mit weiteren Einschränkungen verrichten können. Für die Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit sei die konkrete Benennung von Verweisungstätigkeiten auch dann nicht erforderlich, wenn der Versicherte körperlich leichte Tätigkeiten vollschichtig nur mit weiteren Einschränkungen verrichten kann; die konkrete Bezeichnung von Verweisungstätigkeiten sei erforderlich, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung vorliege. Gleiches gelte für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit Versicherter mit dem Leitbild des angelernten Arbeiters im unteren Bereich und der Gruppe mit dem Leitbild des ungelernten Arbeiters (BSG aaO). Sowohl in der Rechtsprechung als auch in der Literatur (vgl. Knispel, Zur Bedeutung des 2. SGB VI-ÄndG für Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, NZS 1996, S. 513 ff.) bestand Einigkeit, dass durch den Zusatz in den §§ 43, 44 SGB VI, wonach "berufsunfähig bzw. erwerbsunfähig nicht ist, wer eine (zumutbare) Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen", keine Änderung der Rechtslage eingetreten ist.
Insbesondere der Entscheidung des Großen Senates (BSGE 80, 24 ff.) ist unzweifelhaft zu entnehmen, dass der Ausgangspunkt der Summierungsrechtsprechung die jeweilige gesetzliche Formulierung gewesen ist (und sein muss). Das BSG hat ausführlich dargelegt, dass bis zum Zeitpunkt der Entscheidung keine grundlegende Reform stattgefunden hatte. Das heißt mit anderen Worten, dass eine Änderung dieser gesetzlichen Formulierungen Auswirkungen auf die Summierungsrechtsprechung haben kann. Ferner hat das BSG ausgeführt, dass sich die dogmatische Grundlage (bis 1996) nicht geändert hatte, wobei das BSG nur die §§ 1247 RVO bzw. 44 SGB VI vergleicht. Eine Änderung hat das BSG auch nicht durch das 2. SGB VI - Änderungsgesetz gesehen. Nach der Überzeugung des BSG war die Summierungsrechtsprechung weder zu erweitern noch einzuschränken.
Eine grundsätzliche Änderung hat sich jedoch nach der Überzeugung des Senates mit der Reform der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab dem 1. Januar 2001 durch das EM-Reformgesetz vom 20. Dezember 2000 (BGBl. I, S 18, 27) ergeben. Dass eine grundlegende Reform beabsichtigt war, ist der Begründung des Gesetzesentwurfs zu entnehmen (vgl. BT. - Drucks. 14/4230 St. 1). In Fachkreisen und in der Wissenschaft, aber auch im politischen Raum - so die Begründung - bestehe weitgehend Einigkeit über die Notwendigkeit einer Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Ein Kritikpunkt sei insbesondere die Tatsache, dass die Rentenversicherung bei einem beträchtlichen Teil der Versicherten nicht nur das Invaliditätsrisiko, sondern auch das Arbeitsmarktrisiko trage. Als Maßnahme sei die Ersetzung der bisherigen Renten wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit durch eine zweistufige Erwerbsminderungsrente vorgesehen.
Bis auf den Übergangstatbestand des § 240 SGB VI (dort bleibt es bei der Dogmatik zur Berufs- und Erwerbsunfähigkeit einschließlich des Mehrstufenschemas und der Summierungsrechtsprechung) gibt es dementsprechend seit dem 1. Januar 2001 keine Rente wegen Berufsunfähigkeit mehr. Weder das Mehrstufenschema noch die Rechtsprechung zur Summierung haben noch eine dogmatische Grundlage. Das Mehrstufenschema hat ohne Berufsunfähigkeit keinen sachlichen Anwendungsbereich. Für die Summierungsrechtsprechung gibt es keine Rechtfertigung mehr. Eine konkrete Verweisungstätigkeit ist keinem Versicherten, auch nicht den Versicherten, mit einem Beruf, zu benennen. Mit der Neufassung wurde auch die enge Verknüpfung zwischen (gesundheitlicher) Leistungsfähigkeit und Berufskompetenz aufgegeben. Der Gesetzgeber führt hierzu aus (vgl. BT. - Drucks. 14/4230 St. 25): "Die subjektive Zumutbarkeit einer Tätigkeit unter dem Gesichtspunkt der Ausbildung und des Status der bisherigen beruflichen Tätigkeit ist ohne Bedeutung. Zu berücksichtigen sind allein die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit des Versicherten sowie eventuell zusätzliche Einschränkungen, die sich aus der ärztlichen Begutachtung ergeben".
Der Senat ist davon überzeugt, dass der Gesetzgeber grundsätzlich das Erfordernis der Benennung von Verweisungstätigkeiten im Zusammenhang mit Rentenansprüchen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit abschaffen wollte.
Eine konkrete, d. h. individualisierte Betrachtungsweise lässt sich durch die Neufassung des Gesetzes jedenfalls nicht mehr auslegen, auch wenn dies im Einzelfall angebracht wäre. Der Wortlaut spricht vielmehr für das Gegenteil, eine generalisierende Betrachtungsweise anhand eines objektiven Maßstabes. Durch die Reform hat ein Paradigmenwechsel stattgefunden, soweit diese Formulierung in diesem Zusammenhang verwendet werden kann.
Die nunmehr maßgebliche Vorschrift des § 43 Abs. 1 SGB VI (n.F.) lautet: "Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein". § 43 Abs. 2 SGB VI lautet: "Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein". Die Bestimmung enthält keine individuelle Verknüpfung mehr zwischen dem Gesundheitszustand und der Berufskompetenz des Versicherten einerseits, mit den Bedingungen des Arbeitsmarktes andererseits. Im Gegensatz zu den vorher geltenden Bestimmungen der §§ 1246, 1247 bzw. 43, 44 SGB VI (a.F.) stehen nicht mehr der individuelle Versicherte und dessen Leistungseinschränkung und Berufskompetenz im Vordergrund, sondern eindeutig die "üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes", in die sich der Versicherte einfügen muss. Die Bedingungen, unter denen noch eine Erwerbstätigkeit ausgeübt werden kann, setzt nach der Formulierung des Gesetzes nicht mehr der Versicherte mit seinem Gesundheitszustand und seiner Berufskompetenz sondern der allgemeine Arbeitsmarkt mit seinen "üblichen Bedingungen".
Auch der Gesetzesbegründung lässt sich - entgegen der Auffassung des BSG (vgl. SozR 4 - 2600 § 43 Nr. 5) - nicht eindeutig entnehmen, dass die Summierungsrechtsprechung bei Erwerbsminderungsrenten Bedeutung haben soll, zumal das BSG pauschal auf die Gesetzesbegründung verwiesen hat und seine Rechtsauffassung nicht näher begründet. Abgesehen davon, dass jede Auslegung eines Textes mit dem Wortsinn beginnt (vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1995, St. 141), der hier nur für eine objektivierte Betrachtung spricht, ist auch die Gesetzesbegründung in sich widersprüchlich. Die Formulierung, wonach die konkrete Betrachtungsweise beibehalten werde (vgl. BT. - Drucks. 14/4230 St. 25), begründet die Fortgeltung der Summierungsrechtsprechung nicht. Der Gesetzgeber versteht unter der Bezeichnung "konkrete Betrachtungsweise" arbeitsmarktbedingte Erwerbsminderungsrenten von Versicherten, die noch mindestens drei, aber nicht sechs Stunden täglich leistungsfähig sind, mithin nicht vollschichtig Leistungsfähige (vgl. BT. - Drucks. 14/4230 St. 23). Es ist der Gesetzesbegründung nach Abschaffung der Rente wegen Berufsunfähigkeit im Einzelnen daher nicht zu entnehmen, ob und ggf. in welchem Umfang eine konkrete Betrachtung einschließlich der Summierungsrechtsprechung noch Geltung haben sollte. Zwar hat die Summierungsrechtsprechung grundsätzlich nicht nur bei der Frage der Berufsunfähigkeit, sondern auch der Erwerbsunfähigkeit eine Rolle gespielt, beide Anspruchsgrundlagen sind aber nicht zu trennen und wurden vom BSG auch nicht getrennt gesehen.
Die Gesetzesbegründung (vgl. BT. - Drucks. 14/4230 St. 25) lautet wörtlich wie folgt: "Maßstab für die Feststellung des Leistungsvermögens ist die Erwerbsfähigkeit des Versicherten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, d. h. in jeder nur denkbaren Tätigkeit, die es auf dem Arbeitsmarkt gibt." Schon hier fragt sich, ob die Summierungsrechtsprechung damit gegenstandlos geworden ist. Denn der Gesetzgeber meint mit dem "allgemeinen Arbeitsmarkt" nach neuem Recht "jede nur denkbare Tätigkeit", während das BSG im Rahmen der Summierungsrechtsprechung einen anderen Begriff des "allgemeinen Arbeitsmarktes" meint, nämlich einen Arbeitsmarkt, der nur körperlich leichte und fachlich einfache Arbeiten umfasst (beispielhaft BSG Urteil vom 23. 5. 2006, Az: B 13 RJ 38/05 R: "Im Hinblick auf den Umfang der Leistungseinschränkungen der Klägerin und insbesondere die vorliegende funktionelle Einäugigkeit mit der Folge eingeschränkten räumlichen Sehvermögens hätte das LSG nähere Feststellungen treffen müssen, ob die Klägerin noch zu körperlich leichten und fachlichen Arbeiten, wie sie auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt angeboten werden, und häufig einen Einsatz am Fließband oder im Akkord bedingen ( ), fähig ist."). Kommt es nicht mehr auf die Berufskompetenz an und ist nun mit allgemeinem Arbeitsmarkt das gesamte Spektrum der Erwerbstätigkeiten gemeint, könnte ein Versicherter nach neuem Recht auf alle denkbaren Tätigkeiten verwiesen werden, die ihm gesundheitlich zumutbar sind, auch wenn ihm hierzu die beruflichen Fähigkeiten fehlen. Eine solche Verweisungspraxis wäre sinnlos.
Die zitierte Gesetzesbegründung deckt sich jedenfalls mit dem Wortlaut, wonach der allgemeine Arbeitsmarkt die Bedingungen bestimmt und nicht auf der Grundlage der Einschränkungen der Versicherten zu beurteilen ist. Weiter heißt es: "Allerdings kommen dabei nur Tätigkeiten in Betracht, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt üblich sind". Diese Formulierung bezieht sich auf objektive, vom Versicherten unabhängige Verhältnisse und Bedingungen. Im Umkehrschluss scheiden aus dem "allgemeinen Arbeitsmarkt" unübliche Tätigkeiten aus (besser gesagt Tätigkeiten unter unüblichen Bedingungen), gleichgültig, ob diese nur für bestimmte Versicherte unübliche Bedingungen bedeuten. Das Wort "üblich" bezeichnet keine Ausnahmesituation, sondern den für alle geltenden Regelfall. Auch das Wort "Bedingungen" umschreibt objektive Umstände, d. h. für Jedermann geltende Voraussetzungen, nicht die Frage, ob ein Einzelner nur noch Tätigkeiten verrichten kann, für den es keinen Arbeitsmarkt gibt. Die folgende Begründung widerspricht deshalb auf den ersten Blick dem Wortlaut des Gesetzes, sie ist mit diesem nicht in Einklang zu bringen. Denn, so die Begründung, damit werde sichergestellt, dass für die Feststellung des Leistungsvermögens solche Tätigkeiten, für die es für den zu beurteilenden Versicherten einen Arbeitsmarkt schlechthin nicht gebe (es wird auf BSGE 80,24, 34 verwiesen), nicht in Betracht zu ziehen seien. Entweder der Gesetzgeber meint Tätigkeiten, die auf dem (für alle gleichermaßen zur Verfügung stehenden) allgemeinen Arbeitsmarkt (der alle denkbaren Tätigkeiten umfasst) für alle Versicherten üblich sind - dies entspricht der Gesetzesfassung - oder der Gesetzgeber wollte (auch) bei vollschichtiger Leistungsfähigkeit eine individuelle Prüfung, ob es für einen speziellen Versicherten einen Arbeitsmarkt schlechthin nicht gebe. Das ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Der Gesetzgeber kann nicht in ein und derselben Formulierung zwei verschiedene "Arbeitsmärkte" meinen.
Es kann im Ergebnis allerdings dahinstehen, ob die Begründung des Gesetzgebers schlüssig ist, denn die Summierungsrechtsprechung muss diese jedenfalls nicht zwangsläufig meinen. Denn ergibt eine Subsumtion, dass ein Versicherter nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein kann (einen solchen Fall beschreibt der Gesetzgeber, weil es für den zu beurteilenden Versicherten einen Arbeitsmarkt schlechthin nicht gebe; es ist schon das Ergebnis einer individuellen Prüfung, der beschriebene Versicherte hat Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente), ist dieser per se erwerbsgemindert. Das ist aber nicht Inhalt der Summierungsrechtsprechung. Diese gibt vielmehr auf, eine Prüfung durchzuführen mit offenem Ergebnis, d. h. den Vergleich zwischen Leistungsvermögen und speziell für den Versicherten in Betracht kommenden Arbeitsmarkt (mit körperlich leichten und fachlich einfachen Arbeiten), die nicht per se zu einer Erwerbsminderung führt.
So konnte die Summierungsrechtsprechung dazu führen, dass bei Versicherten mit den gleichen Leistungseinschränkungen, dem einen Versicherten auf Grund seiner Fähigkeiten und Berufskompetenz eine Verweisungstätigkeit zu benennen war, einem anderen Versicherten jedoch nicht. Ein solches Ergebnis konnte sowohl bei der Prüfung einer Rente wegen Berufs- als auch wegen Erwerbsunfähigkeit eintreten. Dies ist mit § 43 SGB VI (nF) nicht zu vereinbaren. Die "üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes" lassen keinen Raum mehr für eine individuelle Betrachtung des Gesundheitszustandes und der Berufskompetenz des Versicherten. Versicherte mit den gleichen Leistungseinschränkungen müssen - ohne Prüfung der individuellen Berufskompetenz - nach denselben "üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes" beurteilt werden.
Verbliebe es im Übrigen bei der Summierungsrechtsprechung, hätten un- bzw. angelernte Versicherte (des unteren Bereichs) auch einen leichteren Zugang zu Erwerbsminderungsrenten, weil es (ohne das Problem der sozialen Zumutbarkeit) bei einem gelernten Versicherten auf Grund der größeren Berufskompetenz in der Regel einfacher sein wird, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine Tätigkeit zu benennen. Das kann nicht vom Gesetzgeber gewollt sein. Dieses Problem wurde im Übrigen vorher im Rahmen der Berufsunfähigkeit durch das Mehrstufenschema vermieden.
Die Gesetzesbegründung lässt - weil ansonsten widersprüchlich und nicht mit dem Sinn der Summierungsrechtsprechung vereinbar - den Schluss zu, dass der Gesetzgeber möglicherweise nicht vollschichtig leistungsfähige Versicherte gemeint haben könnte. Für das Argument, dass der Gesetzgeber mit allen Konsequenzen die Weitergeltung der Summierungsrechtsprechung wollte, spricht allenfalls der Verweis auf "BSGE 80, 24, 34". Dieser Verweis genügt aber nicht, um eine gesetzliche Bestimmung gegen den Wortlaut und den Wortsinn auszulegen.
Die Gesetzesänderung geht nach der Überzeugung des Senates noch einen Schritt weiter: Der Gesetzgeber hat einen speziellen Zeitfaktor eingeführt, der einen Anspruch auf Erwerbsminderung ausschließt, wenn unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes eine Tätigkeit mindestens sechs Stunden ausgeübt werden kann. Auch dies steht der Summierungsrechtsprechung entgegen. Der Gesetzgeber führt hierzu aus (vgl. BT. - Drucks. 14/4230 St. 25): "Das Leistungsvermögen des Versicherten ist anhand seiner zeitlichen Einsatzfähigkeit zu beurteilen. Um einen einheitlichen, für alle Versicherten gleichen Maßstab zugrunde legen zu können, wird auf die Stundenzahl abgestellt". Der Maßstab wird im Hinblick auf die Leistungsfähigkeit danach nur quantifiziert, nicht aber (im Hinblick auf Leistungseinschränkungen) qualifiziert. Ein Zeitfaktor war den Vorschriften der §§ 1246, 1247 RVO und §§ 43, 44 SGB VI nicht zu entnehmen, dieser beruhte vielmehr wiederum auf Richterrecht mit der Folge, dass das individuelle Restleistungsvermögen eines Versicherten vorrangig anhand eines "hochdifferenzierten" Zeitschemas bewertet wurde, das gestuft wurde in "vollschichtig einsatzfähig", "halb- bis untervollschichtig leistungsfähig", zweistündig bis unterhalbschichtig leistungsfähig" und in ein unter zweistündiges Restleistungsvermögen" (vgl. Offczors, aaO., S. 297). Da dieses Zeitschema den Vorschriften der §§ 1246, 1247 RVO und §§ 43, 44 SGB VI jedenfalls nicht widerspricht, erlaubte es auch den Prüfungsschritt im Zusammenhang mit der Summierungsrechtsprechung, ob ein vollschichtig leistungsfähiger Versicherter nicht doch ausnahmsweise wegen besonderer individueller Einschränkungen erwerbsunfähig sein kann. Erst mit dem 2. Gesetz zur Änderung des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch wurde durch die Formulierung in § 43 Abs. 2 Satz 4 SGB VI, wonach berufsunfähig nicht ist, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann (dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen), bzw. durch die Ergänzung des § 44 Abs. 2 mit Satz 2 Nr. 2 SGB VI, wonach erwerbsunfähig nicht ist, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann (dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen), ein Zeitfaktor eingeführt. Dies änderte nach der Rechtsprechung des BSG zwar nichts an der Summierungsrechtsprechung, bereits zu diesem Zeitpunkt beabsichtigte der Gesetzgeber aber schon (wenn auch durch eine untaugliche Formulierung), eine richterrechtliche Ausweitung der konkreten Betrachtungsweise und zwar wegen einer geplanten grundsätzlichen Neuordnung des Rechts der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu verhindern (vgl. BT. - Drucks. 13/3694). Nach der Neufassung des Gesetzes (also nach der Neuordnung) kann der jetzt ausdrücklich normierte Zeitfaktor (mindestens sechs Stunden/ mindestens drei Stunden) im Zusammenhang mit den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr ohne Konsequenzen auf die Summierungsrechtsprechung bleiben. Es geht auch nicht mehr um die jeweilige Arbeitsmarktlage oder die Frage nach einer (zumutbaren Verweisungs-) Tätigkeit, die noch vollschichtig ausgeübt werden kann. Das Gesetz stellt vielmehr nun ohne Ausnahme fest, dass der Versicherte nicht einmal teilweise erwerbsgemindert ist, wenn er im Stande ist, mindestens sechs Stunden (nach der Neufassung "vollschichtig") täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein. Nur wenn der Versicherte den objektiven üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht genügen kann, reicht auch eine mindestens sechsstündige Leistungsfähigkeit für eine Erwerbsminderung aus. Nach der Gesetzesfassung kann sich nicht die Frage stellen, ob ein "vollschichtig" Leistungsfähiger wegen einer besonderen gesundheitlichen Konstellation (Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder schwerer spezifischer Leistungsbehinderungen ) ausnahmsweise erwerbsgemindert ist, wenn man ihm keine Verweisung benennen kann.
Eine andere dogmatische Grundlage zur Beibehaltung der Summierungsrechtsprechung ist dem Senat nicht ersichtlich, insbesondere weil nach der Überzeugung des Senates der Gesetzgeber den gesamten Komplex der Benennung von Verweisungstätigkeiten einschränken bzw. abschaffen wollte (anderer Auffassung Mey, Erforderlichkeit einer "konkreten Betrachtungsweise auch nach der Reform der Erwerbsminderungsrenten" in SGb, 2007, S.217 ff; Mey bleibt allerdings einer Auseinandersetzung mit den dogmatischen Grundlagen schuldig). Auch das BSG hat die Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder schwerer spezifischer Leistungsbehinderungen nicht dahingehend erweitert, dass Versicherte mit derartigen Beschränkungen per se von den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausgeschlossen sind und Erwerbsminderungsrente erhalten. Vielmehr erhält der Versicherungsträger in diesen Fällen die Möglichkeit der Benennung von Verweisungen.
Die gesetzliche Bestimmung des § 43 SGB VI (n. F.) rechtfertigt allerdings weiterhin die Rechtsprechung des BSG zum so genannten Verschlossenheitskatalog (nachfolgend Katalogfälle), weil sich diese Rechtsprechung allein auf die Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes bezieht und keine individuelle Verknüpfung zu den Gesundheitseinschränkungen und der Berufskompetenz des Versicherten hergestellt wird (vgl. insgesamt Niesel in Kassler Kommentar, § 43 SGB VI Rnr. 37). Jedem Versicherten, der an einer der im Katalog genannten Einschränkungen leidet, ist der Arbeitsmarkt - generell - verschlossen, dies ist der Unterschied zur Summierung.
Eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes liegt nach den Katalogfällen vor (1.) wenn der Versicherte nicht unter den im Betrieb üblichen Bedingungen, z.B. nur unter nicht betriebsüblichen Arbeitsbedingungen, tätig sein kann, etwa weil er zusätzliche Pausen benötigt (BSG SozR 2200 § 1247, Nr. 43) oder etwa an ekelerregenden oder ansteckenden Krankheiten leidet (BSGE 31, 233); (2) wenn aus gesundheitlichen Gründen entsprechende Arbeitsplätze nicht aufgesucht werden können, d.h. bestimmte Wegstrecken nicht zurückgelegt werden können (BSG SozR 2200 § 1247 Nr. 47; hier belegt Mey, aaO, S. 219, dass er die kritischen Anmerkungen von Apidopoulos, aaO. nicht nachvollzogen hat. Denn Mey beschreibt einen Versicherten, der auf Grund einer "Summierung" wegeunfähig sei. Die Wegeunfähigkeit sei eines der bekanntesten Phänomene einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung. Mey übersieht, dass es sich bei der Wegefähigkeit um einen Katalogfall, d. h. um "übliche Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes" handelt, denn die Fähigkeit, einen Arbeitsplatz zu erreichen, gehört - unabhängig von der individuellen Erkrankung des Versicherten - zu den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes. Eine eingeschränkte Wegefähigkeit wird deshalb von § 43 n.F. erfasst. Mey übersieht auch, dass eine eingeschränkte Wegefähigkeit per se zu einem Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung bzw. Erwerbsunfähigkeit führt (es sei denn die eingeschränkte Wegefähigkeit kann etwa durch ein Kraftfahrzeug kompensiert werden, dies ist aber eine Definitionsfrage), den Versicherten mithin dann keine "Verweisungstätigkeit" benannt werden muss, wobei die Auffassung von Mey zu teilen ist, wonach die Abschaffung der Summierungsrechtsprechung zu problematischen Ergebnissen führen kann). Eine Verschlossenheit, die auch nach neuem Recht zu berücksichtigen ist, liegt ferner (3) vor, wenn der Versicherte nur in einem Teilbereich eines Tätigkeitsfeldes eingesetzt werden kann, (4) wenn nur Arbeitsplätze in Betracht kommen, die als Schonarbeitsplätze üblicherweise nicht an Betriebsfremde vergeben werden (BSG SozR 2600 § 46 Nr. 1), (5) wenn nur Tätigkeiten in Betracht kommen, die an Berufsfremde nicht vergeben werden, (6) wenn nur Tätigkeiten in Betracht kommen, die auf Arbeitsplätzen ausgeübt werden, die als Aufstiegspositionen nicht an Betriebsfremde vergeben werden und schließlich (7) wenn entsprechende Arbeitsplätze nur in ganz geringer Zahl vorkommen. All diese Fälle beschreiben für alle Versicherten unübliche Arbeitsbedingungen, unabhängig von der konkreten Erkrankung, bei der es sich auch um die Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine schweren spezifischen Leistungsbehinderung handeln kann. Bei diesen Fallgruppen kommt es auch nicht auf die Berufskompetenz an. War nach altem Recht ein Seltenheitsfall zu bejahen, lag per se Erwerbsunfähigkeit vor. Liegt nunmehr einer der bisher schon anerkannten Katalogfälle vor, ist der Versicherte (etwa wegen fehlender Wegefähigkeit) im Sinne des neuen Rechts nicht mehr in der Lage, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig zu sein und somit erwerbsgemindert. Auf eine individuelle Festlegung einer möglichen Verweisungstätigkeit oder individuelle Umstände kommt es beim Vorliegen eines Seltenheitsfalles nicht an.
Ein Seltenheitsfall liegt beim Kläger nicht vor.
Der Auffassung des Senates widerspricht auch nicht die zitierte Entscheidung des Großen Senates des BSG vom 19. Dezember 1996 (vgl. BSGE 80, 24 ff.). Der Senat sieht sich vielmehr bestätigt. Zwar thematisiert die Entscheidung die Summierungsrechtsprechung bei Erwerbsunfähigkeitsrenten. Dies liegt aber zunächst an der Fragestellung, mit der der Große Senat befasst war. Es ging um Rentenansprüche von Versicherten, die einen "Beruf" im Sinne der Renten wegen Berufsunfähigkeit nicht haben. Für diese kommen naturgemäß nur Rentenansprüche wegen Erwerbsunfähigkeit in Betracht. Der Entscheidung ist aber unzweifelhaft zu entnehmen, dass die Summierungsrechtsprechung - wie dargelegt - ihre Grundlage in den Vorschriften über Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit (und zwar sowohl 1246 ff. RVO als auch §§ 43 ff. SGB VI) hat, d. h. beide Anspruchsgrundlagen der §§ 1246, 1247 RVO bzw. §§ 43, 44 SGB VI (a.F). Wörtlich führt das BSG aus: "Veranlassung, den Grundsatz (gemeint ist die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit) aufzugeben, besteht derzeit auch deshalb nicht, weil die erwähnte Neufassung der §§ 43 ff. SGB VI (§43 SGB VI regelte die Rente wegen Berufsunfähigkeit) auf die Beibehaltung der Rechtsprechung abzielt, nach der die Benennung von ungelernten Verweisungstätigkeiten nicht erforderlich ist ( )". Dementsprechend ist bei jeder Änderung dieser Vorschriften fraglich, ob sich diese auf die Summierungsrechtsprechung auswirkt. Auch das BSG geht von einer engen Verzahnung der Rentenansprüche wegen Berufs- und Erwerbsunfähigkeit aus und hierzu von einem nicht zu trennenden Zusammenhang von körperlicher Leistungsfähigkeit und Berufskompetenz. Der Große Senat verweist selber darauf, dass die Summierungsrechtsprechung für beide Anspruchgrundlagen von Bedeutung ist (wie schon die Zitierweise zeigt). Das Abschaffen der Rentenansprüche wegen Berufsunfähigkeit und das Streichen der entsprechenden Vorschrift sowie die Einführung eines ausdrücklichen Zeitfaktors können mithin auch nach dieser Entscheidung des BSG auf die Summierungsrechtsprechung nicht ohne Konsequenzen bleiben.
Da die Summierungsrechtsprechung nach der Überzeugung des Senates keine gesetzliche Grundlage mehr hat, ist dem Kläger mithin keine konkrete Tätigkeit zu benennen; er ist nicht erwerbsgemindert. Der Senat ist auch nicht der Auffassung, dass dem Kläger "vorsorglich" die in der Sozialgerichtsbarkeit üblichen "Standardverweisungstätigkeiten", die in beinahe jedem Verfahren als geradezu idealtypisch genannt werden, zu benennen. Mit einer derartigen Verweisungspaxis wird letztlich der Sinn der Summierungsrechtsprechung des BSG auch unterlaufen. Der Senat hält eine dogmatische Klärung für sachgerecht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 des Sozialgerichtsgesetzes vorliegen. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung. Bisher ist nicht abschließend geklärt, ob die Summierungsrechtsprechung des Bundessozialgerichts auch auf Renten wegen Erwerbsminderung anzuwenden ist bzw. in welchem Umfang diese Rechtsprechung bei Erwerbsminderungsrenten eine Rolle spielt. Ferner ist von grundsätzlicher Bedeutung die Klärung der Rechtsfrage, was unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verstehen ist.
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