L 6 R 944/08

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 5 RA 1768/04
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 944/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der VEB Ingeneurbüro und Mechanisierung Gotha war kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens und auch kein gleichgestellter Betrieb. Seine Hauptaufgabe war keine industrielle Massenprodutktion im fordistischen Sinn.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 4. August 2008 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anlage 1 Nr. 1 bis 26 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) nach § 1 AAÜG und nach § 8 AAÜG die Beschäftigungszeiten vom 16. Juli 1982 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten zum Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG (Zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz) und die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Der 1951 geborene Kläger erwarb nach dem Besuch der Ingenieurschule für Feinwerktechnik Glashütte/Sachsen am 24. November 1976 die Berechtigung den Titel Ingenieur zu führen. Ab dem 1. Januar 1977 arbeitete er als Planungstechnologe beim VEB Optima Büromaschinenwerk E. Betrieb des VEB Kombinat Zentronik, ab dem 1. August 1977 bis 14. Juli 1982 als Ingenieur für Feinwerktechnik bei dem VEB Kombinat Umformtechnik "Herbert Warnke" E. und danach beim VEB Ingenieurbüro und Mechanisierung G. in verschiedenen Funktionen, zuletzt laut Änderungsvertrag vom 2. September 1987 vom 1. September 1987 bis 30. Juni 1990 als Beauftragter für soziale Betreuung. Dies bescheinigte die Mega Maschinenbau GmbH auch mit Schreiben vom 12. November 1991.

Die Errichtung des VEB Mechanisierung G. erfolgte durch Beschluss Nummer 171 - 29/64 des Rates des Bezirkes E. vom 7. Dezember 1964. Unterstellt war er dem Wirtschaftsrat des Bezirkes. Laut Beschluss ergeben sich die Themenstellungen für die komplexe Mechanisierung aus den Aufgaben des Planes Neue Technik der Betriebe der bezirksgeleiteten Industrie, die auf der Grundlage der von den ökonomischen Führungszentren (VVB) festgelegten technischen Politik des jeweiligen Zweiges ausgearbeitet werden. Es sei nicht möglich, in der örtlichen Industrie in den einzelnen Betrieben den Sondermaschinenbau, Werkzeugbau usw. zu konzentrieren. Dies könne nur zentral erfolgen. Am 7. Januar 1965 wurde der VEB Mechanisierung in das Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen. Mit Wirkung zum 1. Januar 1970 wurde der VEB Mechanisierung in VEB Ingenieurbüro und Mechanisierung G. (im Folgenden: VEB IMG) umbenannt.

Eine Versorgungszusage erhielt der Kläger vor Schließung der Versorgungssysteme nicht. Beiträge zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) zahlte er nicht.

Seinen Antrag vom 18. November 2003 auf Feststellung der Beschäftigungszeiten vom 1. Januar 1977 bis zum 30. Juni 1990 als Zugehörigkeitszeit zu einem Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum AAÜG lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. Januar 2004 ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 18. Mai 2004 zurück. Der Kläger sei am 30. Juni 1990 nicht als Ingenieur, sondern als Beauftragter für soziale Betreuung beschäftigt gewesen. Hierbei habe es sich nicht um eine ingenieurtechnische Beschäftigung im Sinne der Versorgungsordnung gehandelt.

Im Klageverfahren hat der Kläger geltend gemacht, er sei vom 16. Juli 1982 bis 30. Juni 1990 im VEB IMG entsprechend der Berufsbezeichnung Ingenieur beschäftigt gewesen. Dieser Betrieb habe ein Konstruktionsbüro für Sondermaschinen mit angeschlossener Produktion unterhalten. In der Zeit vom 16. Juli 1982 bis 30. April 1983 sei er als persönlicher Mitarbeiter des Direktors für Beschaffung und Absatz in den Produktionsablauf eingebunden gewesen, indem er für die Produktion erforderliches Material beschafft habe. Als Offerteingenieur in der Zeit vom 1. Mai bis 31. Dezember 1983 sei er für die Vertragsgestaltung zuständig gewesen. Als so genannter Fachinformator habe er in der Zeit vom 1. Januar 1984 bis 31. August 1987 internationale Fachzeitschriften ausgewertet, um die öffentlich zugänglichen Informationen für den Konstruktions- und Produktionsbereich des volkseigenen Betriebes nutzbar zu machen. Auch insoweit habe es sich um eine ingenieur- und produktionsspezifische Tätigkeit gehandelt. Lediglich in der Zeit vom 1. September 1987 bis 30. Juni 1990 sei er von den fachlichen Aufgaben eines Ingenieurs freigestellt worden, seine Vergütung sei jedoch gleich geblieben.

Mit Urteil vom 4. August 2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe am 30. Juni 1990 als Beauftragter für soziale Betreuung nicht (überwiegend) eine seiner Berufsbezeichnung als Ingenieur (für Feinwerktechnik) entsprechende Tätigkeit ausgeübt.

Im Berufungsverfahren trägt der Kläger vor, auch in seiner letzten Tätigkeit vom 1. September 1987 bis 30. Juni 1990 habe er in der Informations- und Dokumentationsstelle des VEB IMG gearbeitet, in dieser Zeit dem Fachbereich Konstruktion unterstanden und wissenschaftliche Publikationen ausgewertet und dem Fachbereich zur Verfügung gestellt. Daneben sei er Beauftragter für soziale Betreuung gewesen. Diese Aufgabe habe in der Betreuung der Fußballmannschaft bestanden. Er hat eine entsprechende Bestätigung des Dr.-Ing. W. vom 12. Dezember 2008, dem ehemaligen stellvertretenden Betriebsdirektor des VEB IMG, vorgelegt. Hauptaufgabe des Betriebes sei der Sondermaschinenbau für die Lebensmittelindustrie, daneben auch der Bau von Trocknungsmaschinen für die Holzindustrie gewesen. In Masse gefertigt worden seien u.a. Möhrenputzmaschinen, Kartoffelschälmaschinen, Brotschneideanlagen, Anlagen zum Pasteurisieren von Bier und Großraumtrockner für die Holzindustrie.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 4. August 2008 und den Bescheid der Beklagten vom 20. Januar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Mai 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 16. Juli 1982 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG (Zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz) sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält an ihrer Ansicht fest.

Der Senat hat die Altregisterakte des Amtsgerichts Erfurt HRC 240 bezüglich des VEB IMG Gotha sowie die Handelsregisterakte bezüglich der Mego Maschinenbau GmbH beigezogen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Beschäftigungszeit vom 16. Juli 1982 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einschließlich der in diesem Zeitraum nachgewiesenen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte nach § 8 Abs. 2 und 3 AAÜG feststellt. Das AAÜG ist auf ihn nicht anwendbar.

Vom persönlichen Anwendungsbereich nach der maßgeblichen Norm des § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG werden die Versorgungsberechtigungen (Ansprüche oder Anwartschaften) erfasst, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Versorgungssystemen im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben. War ein Verlust der Versorgungsanwartschaften deshalb eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems ihn bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Anwartschaftsverlust nach Satz 2 dieser Vorschrift als nicht eingetreten.

Der Kläger erfüllt beide Voraussetzungen nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht. Er war bei Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft. Eine Einzelfallentscheidung, durch die ihm eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden war, liegt nicht vor. Er hatte keine positive Statusentscheidung der Beklagten und oder eine frühere Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrags (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakts erhalten. Er war auch nicht auf Grund eines Einzelvertrags oder einer späteren Rehabilitationsentscheidung in das Versorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden.

Er war am 1. August 1991 auch nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft, wie sie sich aus der vom 4. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG herleitet. Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht in einem Versorgungssystem einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht aufgrund originären Bundesrechts (z. B. Art. 17 EV) einbezogen wurden, zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (vgl. BSG, Urteile vom 9. April 2002 - Az.: B 4 RA 31/01 R, Az.: B 4 RA 41/01, Az.: B 4 RA 3/02 R und vom 10. April 2002 - Az.: B 4 RA 34/01 R - Az.: B 4 RA 10/02 R, nach juris).

Der Kläger hat am 1. August 1991 die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (nachfolgend: ZAVO-techInt, GBl. der DDR Nr. 93 Seite 844) nicht erfüllt. Dies ist nur dann der Fall, wenn nach § 1 ZAVO-techInt i.V.m. § 1 Abs. 1 der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) z. ZAVO-techInt drei Voraussetzungen erfüllt sind: Der "Versorgungsberechtigte" muss am 30. Juni 1990 eine bestimmte Berufsbezeichnung (persönliche Voraussetzung) und eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und die Tätigkeit oder Beschäftigung muss am 30. Juni 1990 bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens verrichtet worden sein (betriebliche Voraussetzung, vgl. BSG, Urteile vom 29. Juli 2004 – Az.: B 4 RA 4/04 R, 18. Juni 2003 - Az.: B 4 RA 1/03 R; ebenso Urteile vom 9. April 2002 –Az.: B 4 RA 32/01 R und 10. April 2002 – Az.: B 4 RA 10/02 R, alle nach juris).

Mit Erwerb des Ingenieurtitels am 24. November 1976 erfüllte der Kläger die persönliche Voraussetzung. Es kann dahinstehen, ob er als Beauftragter für soziale Betreuung eine seiner Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit verrichtet hat (vgl. hierzu, BSG, Urteil vom 18. Oktober 2007 - Az.: B 4 RS 17/07 R, nach juris) und insoweit sein neuer Vortrag bezüglich der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit den Tatsachen entspricht.

Er war am 30. Juni 1990 jedenfalls nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens tätig, weil der Hauptzweck des VEB IMG nicht in der industriellen Fertigung von Sachgütern oder Bauwerken bestand. Die Zuordnung eines VEB zur industriellen Produktion bzw. zum Bauwesen hängt entscheidend davon ab, welche Aufgabe ihm das Gepräge gegeben hat. Der verfolgte Hauptzweck (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – Az.: B 4 RA 18/03 R, nach juris) des VEB muss auf die industrielle, massenhafte und standardisierte Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern oder Bauleistungen ausgerichtet gewesen sein (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002 - Az.: B 4 RA 41/01 R, nach juris). Dem lag das so genannte fordistische Produktionsmodell zu Grunde, dass auf stark standardisierter Massenproduktion und Konstruktion von Gütern mit Hilfe hoch spezialisierter, monofunktionaler Maschinen basierte. Der Massenausstoß standardisierter Produkte sollte hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen. Nur eine derartige Massenproduktion im Bereich der Industrie oder des Bauwesens war für die Einbeziehung in das Versorgungssystem der ZAVO-techInt von maßgeblicher Bedeutung (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2007 - Az.: B 4 RS 3/06 R m.w.N., nach juris). An einer solchen Massenproduktion fehlt es hier. Es erfolgte keine Herstellung nach dem "fordistischen Produktionsmodell". Der Betriebszweck der "Rationalisierung" ist keine betriebliche Tätigkeit, die auf die Massenproduktion von Bauwerken oder Gütern gerichtet ist. Ein Betrieb mit einem solchen Betriebszweck verfolgt vielmehr eine Tätigkeit, die darauf gerichtet ist, Vorschläge zur Effizienzsteigerung in (anderen) Produktionsbetrieben zu unterbreiten (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2007, a.a.O.).

Aufgabe des VEB IMG war nach dem Beschluss des Rates des Bezirkes Erfurt vom 7. Dezember 1964 "- die komplexe Rationalisierung ganzer Betriebe, Betriebsteile und -Abteilungen; - die Ausarbeitung neuer Technologien; - die Ausarbeitung von Grundsatztechnologien für moderne, verallgemeinerungsfähige Arbeitsmethoden einschließlich Neuerermethoden; - die Ausarbeitung von Unterlagen für die Einführung neuer moderner Formen der Organisation der Produktion und der Verwaltung; - die Konstruktion von Sondermaschinen und -einrichtungen; - die Konstruktion von Vorrichtungen und Werkzeugen; - die Herstellung von Vorrichtungen, Werkzeugen und Lehren; - den Ausleih von Vorrichtungen, Werkzeugen und Lehren; - Generalreparatur, Zweckmodernisierung von Werkzeugmaschinen".

Die dort genannten Aufgaben des VEB IMG entsprechen den in 1973 ergangenen "Anordnung über die Aufgaben, die Arbeitsweise und die Finanzierung der volkseigenen Betriebe für Rationalisierung, der volkseigenen Ingenieurbüros für Rationalisierung und der volkseigenen Organisations- und Rechenzentren der Wirtschafträte der Bezirke vom 29. März 1973" (GBl. I Nr. 17 S. 152 (im Folgenden: RationalisierungsAO)) genannten, die, sofern - wie hier - keine gegenteiligen Anhaltspunkte vorliegen, "faktischer Anknüpfungspunkt" bei der Beurteilung der Frage ist, ob in der DDR nach dem Stand der Versorgungsordnungen am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ihrer Art nach in einem Betrieb ausgeübt wurde, der von der ZAVO-techInt erfasst war. Nach § 1 Abs. 1 der RationalisierungsAO galt diese u.a. für die volkseigenen Ingenieurbüros für Rationalisierung, die den Wirtschaftsräten der Bezirke unterstellt sind (im folgenden Rationalisierungsbetriebe genannt). Nach § 2 der RationalisierungsAO ist Aufgabe der Rationalisierungsbetriebe die Unterstützung der den Wirtschaftsräten der Bezirke unterstellten Betriebe bei der Durchführung der sozialistischen Rationalisierung. Die Rationalisierungsbetriebe erarbeiten Unterlagen für die Rationalisierung und konstruieren und fertigen Rationalisierungsmittel (Absatz 1). Sie konzentrieren sich auf Maßnahmen, die auf eine schnelle Erhöhung des materiellen und kulturellen Lebensniveaus der Bevölkerung mit hoher Effektivität Einfluss nehmen. Die Tätigkeit der Rationalisierungsbetriebe richtet sich vorrangig auf Maßnahmen zur Sicherung der bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung, auf eine hohe Steigerung der Arbeitsproduktivität, auf die Senkung der Kosten und auf die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen (Absatz 2). Nach § 8 RationalisierungsAO sind Rationalisierungsmittel im Sinne dieser Anordnung Maschinen, Vorrichtungen und Werkzeuge, die nach speziellen Wünschen der Auftraggeber konstruiert, außerhalb eines Typenprogramms hergestellt oder ohne Null-Serien-Erprobung eingesetzt werden (Absatz 1). Als Rationalisierungsmittel gelten auch Erzeugnisse, die aus Universalmaschinen durch Erweiterung oder Reduzierung einzelner Baugruppen oder -elemente bzw. unter Verwendung serienmäßig produzierter Baugruppen hergestellt werden (Absatz 2). Der VEB IMG wird in der Anlage zur Rationalisierungsanordnung ausdrücklich als Rationalisierungsbetrieb genannt.

Danach stellen Rationalisierungsbetriebe auf vertraglicher Basis Dienstleistungen zur Verfügung. Sie unterstützten andere Betriebe bei der Durchführung der sozialistischen Rationalisierung, schlugen Maßnahmen zur Rationalisierung und zur Steigerung der Arbeitsproduktivität vor sowie zur Senkung von Kosten und zur Sicherung der bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung. Sie konstruieren und fertigen Rationalisierungsmittel in Einzelfertigung nach den Wünschen der Auftraggeber. Die industrielle Massenherstellung von Gütern oder Bauwerken war danach grundsätzlich nicht Aufgabe der volkseigenen Rationalisierungsbetriebe und auch nicht des VEB IMG. Dies steht auch mit dem Vortrag des Klägers im Einklang, wonach der VEB IMG vorrangig Sondermaschinen - Einzelanfertigungen - für die Lebensmittelindustrie konstruierte und fertigte.

Eine wesentliche Änderung des ursprünglichen Betriebszweckes lässt sich weder der Altregisterakte noch dem Vortrag des Klägers entnehmen. Soweit er im Anschluss an den Erörterungstermin vom 7. Mai 2010 vorgetragen hat, es seien auch Möhrenputzmaschinen, Kartoffelschälmaschinen usw. in Massenproduktion angefertigt wurden, hat die Herstellung dieser Maschinen dem Betrieb weder das Gepräge gegeben, noch handelte es sich um eine standardisierte Massenfertigung im Sinne des fordistischen Produktionsmodells. Zum einen handelte es sich nach eigenen Angaben um Sondermaschinenbau in Nestfertigung. Das ist keine Produktion im fordistischem Sinn. Die Massenfertigung hat er selbst im Erörterungstermin verneint. Dies wird durch die eingereichten Unterlagen bestätigt, nach denen im Jahr 1987 bis Juni neun Stachelbeerputzmaschinen, bis August neun Möhrenputzmaschinen und bis Oktober nochmals neun Möhrenputzmaschinen hergestellt und ausgeliefert wurden. Der im Termin am 23. August 2011 vorgetragene Bau von insgesamt 100 Chargen Möhrenputzmaschinen oder 100 Trockenkammern begründet ebenfalls keine Massenfertigung.

Der VEB IMG war auch kein den Produktionsbetrieben gleichgestellter Betrieb nach § 1 Abs. 2 der 2. DB z. ZAVO-techInt, weil dort Rationalisierungsbetriebe nicht ausdrücklich genannt werden. Die Liste der aufgezählten gleichgestellten Einrichtungen ist abschließend (vgl. BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - Az.: B 4 RA 23/04 R, nach juris).

Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 des Grundgesetzes (GG) liegt gegenüber denjenigen, die in das Zusatzversorgungssystem einbezogen wurden, nicht vor. Denn der Einigungsvertragsgesetzgeber war nicht gehalten, bereits in den Versorgungsordnungen angelegte Ungleichbehandlungen nachträglich zu korrigieren (vgl. BSG, Urteil vom 31. Juli 2002 – Az.: B 4 RA 21/02 R, nach juris). Er durfte an die am 2. Oktober 1990 vorliegenden Versorgungsordnungen im Rahmen der Rentenüberleitung anknüpfen (vgl. BVerfG in BVerfGE 100, S. 138, 193 f.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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