Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 14 KN 432/04 KR
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 617/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 100/10 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die ambulant durchgeführte laserinduzierte Thermotherapie (LITT) ist eine neue Behandlungsmethode nach § 92 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 125 SGB V. Sie ist nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung zu erbringen.
2. Ein Kostenerstattungsanspruch im Jahr 2003 ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der mit Beschluss des BVerfG entwickelten Grundsätze vom 6.12.2005 - Az.: 1 BvR 347/98, weil als Standardtherapie eine Telresektion des betroffenen Leberlappens zu Verfügung stand.
2. Ein Kostenerstattungsanspruch im Jahr 2003 ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der mit Beschluss des BVerfG entwickelten Grundsätze vom 6.12.2005 - Az.: 1 BvR 347/98, weil als Standardtherapie eine Telresektion des betroffenen Leberlappens zu Verfügung stand.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 8. Juni 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte der Klägerin die Kosten für die ambulant durchgefüherw laserinduzierte Thermotherapie (im Folgenden: LITT) zuzüglich Hotel- und Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 12.557,62 EUR zu erstatten hat.
Bei der LITT handelt es sich um ein Verfahren zur Zerstörung von Tumoren beziehungsweise Metastasen, vor allem der Leber. Dabei wird mittels eines minimal-invasiven Eingriffs eine Glasfaser direkt in den Tumor beziehungsweise die Metastasen eingeführt. Durch Laserlicht und die dadurch entstehende Wärme soll der Tumor/die Metastase zerstört werden.
Bei der 1945 geborenen und bei der Beklagten versicherten Klägerin wurde im Jahr 1998 im Rahmen einer stationären Behandlung eines Uterus myomastus, eine Teilresektion des Dünndarms vorgenommen und nach histologischer Aufarbeitung des Präparats ein Leiomyosakrom diagnostiziert und im Rahmen einer Nachkontrolle auf Grund einer Computertomografie im Januar 2002 eine metastasensuspekte Raumforderung im Lebersegment VII beschrieben. Im Februar 2002 erfolgte in der W.-Klinikum G. gGmbH die Bisegmentresektion der Leber (Segmente VI und VII). Nach histologischer Untersuchung fand sich identisches Tumormaterial; es wurde von einer Metastasierung ausgegangen. Im September 2003 zeigte sich computertomografisch ein metastasenverdächtiger Herdbefund im Segment VII. Daraufhin wurde die Klägerin am 22. September 2003 erneut in der Wald-Klinikum Gera gGmbH zur geplanten Leberresektion aufgenommen, am 26. September 2003 beurlaubt, weil die Operation aus organisatorischen Gründen am 25. beziehungsweise 26. September 2003 nicht stattfinden konnte. Den danach geplanten Operationstermin sagte die Klägerin am 27. September 2003 ab.
Am 30. September 2003 beantragte sie bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine LITT im Zentrum der Radiologie an der Johann W. G.-Universität F ... (im Folgenden: Universitätsklinikum). Der ambulante Eingriff erfolge dort am 23. Oktober 2003. Am 30. September 2003 erklärte sie sich gegenüber dem Universitätsklinikum zur Zahlung des Differenzbetrages für den Fall bereit, dass ihre Krankenversicherung die Behandlungskosten nur teilweise (Zuschuss) erstatte. Sie reichte einen Kostenvoranschlag über 8.633,59 EUR sowie einen Bericht des Prof. Dr. V. und des Dr. Leber vom 30. September 2003 ein, wonach eine LITT von Lebermetastasen indiziert sei. Sie könne nur durchgeführt werden, wenn von den Versicherten eine Kostenübernahmeerklärung einer gesetzlichen Krankenkassen vorgelegt werde oder der Patient die Behandlung privat durchführen lasse, weil um keine der allgemeinen vertragsärztlichen Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zuzurechnende Behandlungsmethode handle. Mit Bescheid vom 21. Oktober 2003 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab. Im Widerspruchsverfahren beantragte die Klägerin die Übernahme der angefallenen Fahrtkosten und sonstiger Nebenkosten in Höhe von weiteren 630,20 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2004 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, bei der LITT handele es sich um ein Verfahren, das noch nicht zum Leistungskatalog der GKV gehöre. Nach § 135 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) dürften neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung seien und für die entsprechende Abrechnungspositionen nach dem Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (BMÄ) fehlten, in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der GKV grundsätzlich nur dann abgerechnet werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (seit dem 1. Januar 2004: Gemeinsamer Bundesausschuss, im Folgenden: Bundesausschuss) in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlungen abgegeben hätte. Solche lägen nicht vor.
Im Klageverfahren hat die Klägerin ausgeführt, die Lebermetastasen wären nicht operabel gewesen. Eine andere Behandlungsmethode habe nicht zur Verfügung gestanden, überdies lägen Forschungsergebnisse vor, die erwarten ließen, dass die LITT bei Erkrankungen wie hier in den Leistungskatalog der GKV aufgenommen würden.
Das Sozialgericht hat diverse Befundberichte und Krankenunterlagen beigezogen, verschiedene Auskünfte - u.a. des Bundesausschusses vom 2. September 2004 und vom 19. Dezember 2005, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 27. September 2005 - eingeholt sowie Prof. Dr. B. mit der Erstellung des Gutachtens vom 2. Juni 2006 beauftragt. Dort geht der Sachverständige aufgrund des Schriftsatzes des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 31. Januar 2004 davon aus, dass zwischenzeitlich in der R.-R. Klinik die Diagnose eines gastrointestinalen Stromatumors (GIST) gestellt wurde. Ein solcher würde, wenn operabel, primär reseziert. Beim metastasierten GIST bestehe die Indikation zur systemischen Therapie mit Imatinib (Glivec®). Eine isolierte Lebermetastasierung im weiteren Verlauf sollte, wenn technisch möglich, durch eine Leberteilresektion behandelt werden. Wenn eine chirurgische Intervention nicht möglich sei (Metastasen in beiden Leberlappen, reduzierter Allgemeinzustand des Patienten) könnten lokale ablative Therapieverfahren eingesetzt werden (Reichardt 2004). Hierzu gehörten Radiofrequenz-Ablation (RFA) und die LITT. In den aktuellen Publikationen zum gastrointestinalen Stromatumor würden bei lokalisiertem Progress der Erkrankung diese explizit aufgeführt (Reichardt 2004). Das Standardverfahren zur Behandlung nicht resezierbarer Lebermetastasen bleibe die Chemotherapie. Diese habe beim GIST eine Ansprechrate von unter fünf v.H. Im Jahr 2003 sei bei der Klägerin von einer Lebermetastasierung durch ein Leiomyosakrom ausgegangen worden; demzufolge habe zu diesem Zeitpunkt keine Chemotherapie zur Verfügung gestanden. Blieben nicht resektable Lebermetastasen unbehandelt, betrage die mediale Überlebenszeit wenige Monate. Bei isoliertem Befall der Leber ohne Anhalt für das Vorliegen anderer Metastasen, also einem lokalisierten Krankheitsprozess, sei die LITT eine zweckmäßige Methode zur Behandlung eines Leiomyosakroms beziehungsweise einem GIST der Leber. Sei die Metastasierung auf einen Leberlappen beschränkt und enthalte der andere Leberlappen genügend Lebergewebe, um nach einer erneuten Resektion eine ausreichende Leberfunktion zu gewährleisten, sei eine zweite Leberteilresektion bei Patienten in gutem Allgemeinzustand möglich.
Nach dem Gutachten des Facharztes für Innere Medizin W., tätig bei der D. - Institut für evidenzbasierte Medizin - GmbH, vom 16. März 2006 besteht die primäre Therapie des GIST ohne nachgewiesene Metastasen, wenn möglich, in der operativen Resektion des Tumors. Bei inoperablem oder metastasiertem Tumor sei die Gabe vom Imatinib (Glivec®) Therapie der Wahl und mittlerweile wissenschaftlich anerkannter Standard. Behandlungsstrategien mit neoadjuvanter oder adjuvanter Imatinibgabe oder die lokal abladierende Therapie von Lebermetastasen würden in der vorliegenden Literatur noch nicht als Standardtherapie gewertet; derzeit würden verschiedene Regime zum adjuvanten und nonadjuvanten Procedere in randomisierten kontrollierten Studien untersucht. Lokal ablative Methoden inklusive LITT fänden in den vorliegenden Übersichtsarbeiten, mit einer Ausnahme (Reichardt 2004), zur Therapie des GIST keine Erwähnung. Auch bei dem im Jahr 2003 diagnostizierten Leiomyosakrom wäre Mittel der Wahl eine operative Entfernung der Metastasen gewesen. Bei Inoperabilität seien die weiteren Therapieoptionen begrenzt. Unter palliativen Gesichtspunkten könnte daher in solchen Fällen auch lokal ablative Maßnahmen in Erwägung gezogen werden. Hierzu gehöre auch die LITT. Unter palliativen Aspekten würden sämtliche Verfahren angewandt, hier könne kein Standard definiert werden. Die LITT sei als allgemein wissenschaftliche Therapie bei Lebermetastasen anerkannt und hierfür zugelassen, sei aber nicht als wissenschaftlich anerkannte Standardtherapie zu betrachten. Prospektive, randomisierte und kontrollierte Studien, die eine Überlegenheit der LITT gegenüber einem der anderen genannten ablativen Verfahren oder gegenüber der chirurgischen Therapie belegen könnten, seien im Rahmen der durchgeführten systematischen Literaturrecherche nicht identifiziert worden. Insoweit müsse man noch von einem Stadium der Erprobung ausgehen; eine entsprechende Evaluation fehle auch für die mittlerweile etablierte RFA.
Mit Urteil vom 8. Juni 2006 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2004 verurteilt, die Kosten für die LITT zu erstatten und sich zur Begründung auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (Az.: 1 BvR 347/98, nach juris) bezogen. Bei der Klägerin habe eine lebensbedrohliche Erkrankung vorgelegen, eine andere Therapie habe nicht zur Verfügung gestanden und es habe nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen die nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung der LITT auf den Krankheitsverlauf bestanden.
Im Berufungsverfahren vertritt die Beklagte die Ansicht, zur Behandlung der vorliegenden Erkrankung habe eine andere Behandlungsmethode - die von der Klägerin abgesagte Operation - zur Verfügung gestanden. Die 2003 angegebene Diagnose - Leiomyosakrom - sei zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Kostenerstattung für die LITT weder gesichert noch seien die diagnostischen Möglichkeiten ausgeschöpft gewesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 8. Juni 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt die Ansicht, die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2006 (a.a.O) genannten Voraussetzungen für eine Kostenübernahmepflicht der Beklagten lägen vor. Eine Standardtherapie zur Behandlung habe nicht zur Verfügung gestanden. Eine Operation sei nicht möglich gewesen, dies bestätige das Gutachten des Prof. Dr. B./Dr. K ...
Die Klägerin hat die Rechnung des Prof. Dr. V. vom 27. Januar 2004 über 11.722,32 EUR sowie Nachweise bezüglich sonstiger entstandener Kosten eingereicht.
Der Senat hat die Berichte der W.-K. G. gGmbH vom 30. September 2003 und 12. März 2002 sowie die Krankenunterlagen des Universitätsklinikums beigezogen, Prof. Dr. Dr. B. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt sowie eine ergänzende Stellungnahme vom 16. Juli 2007 eingeholt. Nach Sichtung der MRT-Bilder vom 29. September 2003 hat Prof. Dr. Dr. B. an dem in seinem Gutachten vom 20. März 2007 gefundenen Ergebnis fest gehalten, wonach die Lebermetastasen operabel waren und aufgrund der Vergrößerung der Lebersegmente II, III und IV nach einem solchen Eingriff nicht mit einer wesentlichen Störung der Leberleistung zu rechnen war.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der ihr im Zusammenhang mit der ambulant durchgeführten LITT entstandenen Kosten.
Nach § 13 Abs. 3 SGB V (hier anzuwenden in der seit 1. Juli 2001 geltenden Fassung des Art 5 Nr. 7 b Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001, BGBl I 1046) sind dem Versicherten Kosten zu erstatten, die dadurch entstehen, dass die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann (Alternative 1) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Alternative 2) und sich der Versicherte deshalb die Leistung selbst beschafft.
Wie sich aus § 13 Abs. 1 SGB V ergibt, tritt der Kostenerstattungsanspruch an die Stelle des Anspruchs auf eine Sach- oder Dienstleistung; er besteht deshalb nur, soweit die selbst beschaffte Leistung ihrer Art nach zu den Leistungen gehört, die von den gesetzlichen Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen sind. Mit der Durchbrechung des Sachleistungsgrundsatzes (§ 2 Abs. 2 SGB V) trägt § 13 Abs. 3 SGB V dem Umstand Rechnung, dass die gesetzlichen Krankenkassen eine umfassende medizinische Versorgung ihrer Mitglieder sicherstellen müssen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1, § 27 Abs. 1 Satz 1, § 70 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und infolgedessen für ein Versagen des Beschaffungssystems - sei es im medizinischen Notfall (vgl. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V) oder infolge eines anderen unvorhergesehenen Mangels - einzustehen haben. Wortlaut und Zweck der Vorschrift lassen die Abweichung vom Sachleistungsprinzip nur in dem Umfang zu, in dem sie durch das Systemversagen verursacht ist (vgl. Bundessozialgericht (BSG) in SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 S. 10, 11 m.w.N).
Eine Kostenerstattung für die von der Klägerin selbst beschaffte und "vorfinanzierte" LITT scheidet grundsätzlich aus, weil es sich bei dieser um eine neue Behandlungsmethode handelt, die im Rahmen der ambulanten Versorgung nicht zu Lasten der GKV erbracht werden darf. Eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode ist rechtlich von der Leistungspflicht der GKV nach § 135 SGB V nur dann umfasst, wenn der Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen, vielmehr wird durch diese Richtlinie auch der Umfang der dem Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgesetzt. Diese Rahmenbedingungen sind auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Daraus ergibt sich für die LITT Folgendes: Der therapeutische Nutzen der LITT sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse standen zum Zeitpunkt der Behandlung der Klägerin nicht (positiv) fest. Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Bundesausschuss am 18. Oktober 2005 beschlossen, die LITT als Nr. 43 den "nicht anerkannten Methoden" der Anlage B der Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtline, jetzt: Richtlinien zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (NUB-Richtlinien) zuzuweisen (vgl. Bekanntmachung, BAnz Nr. 8 vom 12. Januar 2006, Seite 107). Diesem Beschluss lagen u.a. ein Health Technology Assessment (HTA)-Gutachten der Bundesärztekammer und der kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) zur LITT vom 18. Januar 2002 sowie ein "Grundsatzgutachten LITT" des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in den Ländern und des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS/MDK) vom 5. Februar 2003 zu Grunde. Die Zuordnung zu den "nicht anerkannten Methoden" kann dem Erstattungsanspruch der Klägerin allerdings nicht entgegengehalten werden, denn der Beschluss vom 18. Oktober 2005 ist erst am Tag nach Veröffentlichung seiner Bekanntmachung, d. h. am 13. Januar 2006 in Kraft getreten. Er hat daher keine unmittelbaren Rechtswirkungen für die bereits im Oktober und November 2003 erfolgten Behandlungen. Vielmehr ist über das Begehren der Klägerin aufgrund der damals geltenden Rechtslage zu entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - Az.: B 1 KR 24/06 R, nach juris).
Bei der LITT handelt und handelte sich es sich um eine "neue" Behandlungsmethode nach § 92 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 135 SGB V, die ambulant nur dann zu Lasten der GKV zu erbringen gewesen wäre, wenn bereits zum Zeitpunkt der Behandlung eine positive Empfehlung des Bundesausschusses vorgelegen hätte; dies war nicht der Fall. Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen des so genannten Systemversagens (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006, a.a.O.).
Er ist, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts, auch nicht ausnahmsweise unter Berücksichtigung der mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 - Az.: 1 BvR 347/98 entwickelten Grundsätze gerechtfertigt, weil die dort genannten Voraussetzungen nicht kumulativ vorliegen. Das Bundesverfassungsgericht hat dort zu einer ärztlichen Behandlungsmethode das Urteil des BSG vom 16. September 1997 (BSGE 81, 54) aufgehoben und entschieden, dass es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar ist, einem gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung, eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, generell von der Gewährung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Diese Auslegung hat zur Folge, dass nicht nur die Anspruchsvoraussetzungen nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V und § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V, sondern auch Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Leistung ausnahmsweise bejaht werden müssen.
Auch nach dem o.g. Beschluss muss jedoch feststehen, dass eine nahe liegende allgemeinem Standard entsprechende Behandlungsmethode (generell) überhaupt nicht zur Verfügung steht oder im konkreten Einzelfall ausscheidet, weil die Versicherte dieser nachgewiesenermaßen nicht verträgt. Erst dann ist der vom Bundesverfassungsgericht geforderte Bereich einer weiten, verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften des SGB V eröffnet, in welchem auf den exakten wissenschaftlichen Nachweis des Nutzens und der Wirtschaftlichkeit einer bestimmten Behandlungsmethode verzichtet werden darf und man sich mit einem der notstandsähnlichen Situation angemessenen geringeren Wahrscheinlichkeitsmaßstab begnügen darf.
Daran fehlt es hier. Für die Klägerin stand zum damaligen Zeitpunkt eine Standardtherapie - eine Teilresektion der betroffenen Leberlappen - zur Verfügung. Sie befand sich nach dem Bericht der W.-K. G. gGmbH vom 30. November 2003 seit dem 22. September 2004 zur Durchführung dieser Operation in stationärer Behandlung. Am 26. September 2004 erfolgte eine Beurlaubung, weil die Operation aus organisatorischen Gründen am 25. und 26. September 2003 nicht möglich war. Am 27. September 2003 sagte sie den Termin zur Operation ab. Insofern bestand nach der Einschätzung der behandelnden Ärzte der Klägerin in der W.-K. G. gGmbH eine nahe liegende allgemeinem Standard entsprechende Behandlungsmethode. Dass es sich bei der Leber-Teilresektion sowohl bei dem im Jahr 2003 noch diagnostizierten Leiomyosakrom, als auch bei einem GIST um eine solche Standardtherapie handelt, wird in den Gutachten des Prof. Dr. B., des Facharztes für Inneren Medizin W. und des Prof. Dr. Dr. B. bestätigt.
Die Einschätzung der behandelnden Ärzte der Klägerin, dass eine Operation möglich ist, wird durch das Gutachten des Prof. Dr. Dr. B. sowie seine ergänzende Stellungnahme vom 16. Juli 2007 bestätigt. Nach den beigezogenen MRT-Bildern vom 29. September 2003 lagen die neuerlichen Rundherde in den Segmenten V und VIII. Die Segmente II, III und IV sind nach der im Jahr 2002 erfolgten Resektion im Sinne eines Kompensationsmechanismus hypertrophiert, insofern wäre nach der geplanten chirurgischen Intervention nicht mit einer wesentlichen Störung der Leberleistung zu rechnen gewesen. Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich der Senat an und folgt insoweit nicht dem Gutachten des Prof. Dr. B ... Dieser hat offensichtlich ohne eigene Prüfung - die MRT-Bilder vom 29. September 2003 lagen ihm nicht vor - seinem Gutachten den Vortrag der Klägerin zu Grunde gelegt, dass die Metastasen nicht operabel waren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte der Klägerin die Kosten für die ambulant durchgefüherw laserinduzierte Thermotherapie (im Folgenden: LITT) zuzüglich Hotel- und Fahrtkosten in Höhe von insgesamt 12.557,62 EUR zu erstatten hat.
Bei der LITT handelt es sich um ein Verfahren zur Zerstörung von Tumoren beziehungsweise Metastasen, vor allem der Leber. Dabei wird mittels eines minimal-invasiven Eingriffs eine Glasfaser direkt in den Tumor beziehungsweise die Metastasen eingeführt. Durch Laserlicht und die dadurch entstehende Wärme soll der Tumor/die Metastase zerstört werden.
Bei der 1945 geborenen und bei der Beklagten versicherten Klägerin wurde im Jahr 1998 im Rahmen einer stationären Behandlung eines Uterus myomastus, eine Teilresektion des Dünndarms vorgenommen und nach histologischer Aufarbeitung des Präparats ein Leiomyosakrom diagnostiziert und im Rahmen einer Nachkontrolle auf Grund einer Computertomografie im Januar 2002 eine metastasensuspekte Raumforderung im Lebersegment VII beschrieben. Im Februar 2002 erfolgte in der W.-Klinikum G. gGmbH die Bisegmentresektion der Leber (Segmente VI und VII). Nach histologischer Untersuchung fand sich identisches Tumormaterial; es wurde von einer Metastasierung ausgegangen. Im September 2003 zeigte sich computertomografisch ein metastasenverdächtiger Herdbefund im Segment VII. Daraufhin wurde die Klägerin am 22. September 2003 erneut in der Wald-Klinikum Gera gGmbH zur geplanten Leberresektion aufgenommen, am 26. September 2003 beurlaubt, weil die Operation aus organisatorischen Gründen am 25. beziehungsweise 26. September 2003 nicht stattfinden konnte. Den danach geplanten Operationstermin sagte die Klägerin am 27. September 2003 ab.
Am 30. September 2003 beantragte sie bei der Beklagten die Kostenübernahme für eine LITT im Zentrum der Radiologie an der Johann W. G.-Universität F ... (im Folgenden: Universitätsklinikum). Der ambulante Eingriff erfolge dort am 23. Oktober 2003. Am 30. September 2003 erklärte sie sich gegenüber dem Universitätsklinikum zur Zahlung des Differenzbetrages für den Fall bereit, dass ihre Krankenversicherung die Behandlungskosten nur teilweise (Zuschuss) erstatte. Sie reichte einen Kostenvoranschlag über 8.633,59 EUR sowie einen Bericht des Prof. Dr. V. und des Dr. Leber vom 30. September 2003 ein, wonach eine LITT von Lebermetastasen indiziert sei. Sie könne nur durchgeführt werden, wenn von den Versicherten eine Kostenübernahmeerklärung einer gesetzlichen Krankenkassen vorgelegt werde oder der Patient die Behandlung privat durchführen lasse, weil um keine der allgemeinen vertragsärztlichen Versorgung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zuzurechnende Behandlungsmethode handle. Mit Bescheid vom 21. Oktober 2003 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme ab. Im Widerspruchsverfahren beantragte die Klägerin die Übernahme der angefallenen Fahrtkosten und sonstiger Nebenkosten in Höhe von weiteren 630,20 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2004 wies die Beklagte den Widerspruch mit der Begründung zurück, bei der LITT handele es sich um ein Verfahren, das noch nicht zum Leistungskatalog der GKV gehöre. Nach § 135 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) dürften neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die nicht Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung seien und für die entsprechende Abrechnungspositionen nach dem Bewertungsmaßstab für vertragsärztliche Leistungen (BMÄ) fehlten, in der vertragsärztlichen Versorgung zu Lasten der GKV grundsätzlich nur dann abgerechnet werden, wenn der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (seit dem 1. Januar 2004: Gemeinsamer Bundesausschuss, im Folgenden: Bundesausschuss) in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlungen abgegeben hätte. Solche lägen nicht vor.
Im Klageverfahren hat die Klägerin ausgeführt, die Lebermetastasen wären nicht operabel gewesen. Eine andere Behandlungsmethode habe nicht zur Verfügung gestanden, überdies lägen Forschungsergebnisse vor, die erwarten ließen, dass die LITT bei Erkrankungen wie hier in den Leistungskatalog der GKV aufgenommen würden.
Das Sozialgericht hat diverse Befundberichte und Krankenunterlagen beigezogen, verschiedene Auskünfte - u.a. des Bundesausschusses vom 2. September 2004 und vom 19. Dezember 2005, des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vom 27. September 2005 - eingeholt sowie Prof. Dr. B. mit der Erstellung des Gutachtens vom 2. Juni 2006 beauftragt. Dort geht der Sachverständige aufgrund des Schriftsatzes des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 31. Januar 2004 davon aus, dass zwischenzeitlich in der R.-R. Klinik die Diagnose eines gastrointestinalen Stromatumors (GIST) gestellt wurde. Ein solcher würde, wenn operabel, primär reseziert. Beim metastasierten GIST bestehe die Indikation zur systemischen Therapie mit Imatinib (Glivec®). Eine isolierte Lebermetastasierung im weiteren Verlauf sollte, wenn technisch möglich, durch eine Leberteilresektion behandelt werden. Wenn eine chirurgische Intervention nicht möglich sei (Metastasen in beiden Leberlappen, reduzierter Allgemeinzustand des Patienten) könnten lokale ablative Therapieverfahren eingesetzt werden (Reichardt 2004). Hierzu gehörten Radiofrequenz-Ablation (RFA) und die LITT. In den aktuellen Publikationen zum gastrointestinalen Stromatumor würden bei lokalisiertem Progress der Erkrankung diese explizit aufgeführt (Reichardt 2004). Das Standardverfahren zur Behandlung nicht resezierbarer Lebermetastasen bleibe die Chemotherapie. Diese habe beim GIST eine Ansprechrate von unter fünf v.H. Im Jahr 2003 sei bei der Klägerin von einer Lebermetastasierung durch ein Leiomyosakrom ausgegangen worden; demzufolge habe zu diesem Zeitpunkt keine Chemotherapie zur Verfügung gestanden. Blieben nicht resektable Lebermetastasen unbehandelt, betrage die mediale Überlebenszeit wenige Monate. Bei isoliertem Befall der Leber ohne Anhalt für das Vorliegen anderer Metastasen, also einem lokalisierten Krankheitsprozess, sei die LITT eine zweckmäßige Methode zur Behandlung eines Leiomyosakroms beziehungsweise einem GIST der Leber. Sei die Metastasierung auf einen Leberlappen beschränkt und enthalte der andere Leberlappen genügend Lebergewebe, um nach einer erneuten Resektion eine ausreichende Leberfunktion zu gewährleisten, sei eine zweite Leberteilresektion bei Patienten in gutem Allgemeinzustand möglich.
Nach dem Gutachten des Facharztes für Innere Medizin W., tätig bei der D. - Institut für evidenzbasierte Medizin - GmbH, vom 16. März 2006 besteht die primäre Therapie des GIST ohne nachgewiesene Metastasen, wenn möglich, in der operativen Resektion des Tumors. Bei inoperablem oder metastasiertem Tumor sei die Gabe vom Imatinib (Glivec®) Therapie der Wahl und mittlerweile wissenschaftlich anerkannter Standard. Behandlungsstrategien mit neoadjuvanter oder adjuvanter Imatinibgabe oder die lokal abladierende Therapie von Lebermetastasen würden in der vorliegenden Literatur noch nicht als Standardtherapie gewertet; derzeit würden verschiedene Regime zum adjuvanten und nonadjuvanten Procedere in randomisierten kontrollierten Studien untersucht. Lokal ablative Methoden inklusive LITT fänden in den vorliegenden Übersichtsarbeiten, mit einer Ausnahme (Reichardt 2004), zur Therapie des GIST keine Erwähnung. Auch bei dem im Jahr 2003 diagnostizierten Leiomyosakrom wäre Mittel der Wahl eine operative Entfernung der Metastasen gewesen. Bei Inoperabilität seien die weiteren Therapieoptionen begrenzt. Unter palliativen Gesichtspunkten könnte daher in solchen Fällen auch lokal ablative Maßnahmen in Erwägung gezogen werden. Hierzu gehöre auch die LITT. Unter palliativen Aspekten würden sämtliche Verfahren angewandt, hier könne kein Standard definiert werden. Die LITT sei als allgemein wissenschaftliche Therapie bei Lebermetastasen anerkannt und hierfür zugelassen, sei aber nicht als wissenschaftlich anerkannte Standardtherapie zu betrachten. Prospektive, randomisierte und kontrollierte Studien, die eine Überlegenheit der LITT gegenüber einem der anderen genannten ablativen Verfahren oder gegenüber der chirurgischen Therapie belegen könnten, seien im Rahmen der durchgeführten systematischen Literaturrecherche nicht identifiziert worden. Insoweit müsse man noch von einem Stadium der Erprobung ausgehen; eine entsprechende Evaluation fehle auch für die mittlerweile etablierte RFA.
Mit Urteil vom 8. Juni 2006 hat das Sozialgericht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 21. Oktober 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2004 verurteilt, die Kosten für die LITT zu erstatten und sich zur Begründung auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 (Az.: 1 BvR 347/98, nach juris) bezogen. Bei der Klägerin habe eine lebensbedrohliche Erkrankung vorgelegen, eine andere Therapie habe nicht zur Verfügung gestanden und es habe nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen die nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung der LITT auf den Krankheitsverlauf bestanden.
Im Berufungsverfahren vertritt die Beklagte die Ansicht, zur Behandlung der vorliegenden Erkrankung habe eine andere Behandlungsmethode - die von der Klägerin abgesagte Operation - zur Verfügung gestanden. Die 2003 angegebene Diagnose - Leiomyosakrom - sei zum Zeitpunkt der Antragstellung auf Kostenerstattung für die LITT weder gesichert noch seien die diagnostischen Möglichkeiten ausgeschöpft gewesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 8. Juni 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie vertritt die Ansicht, die im Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2006 (a.a.O) genannten Voraussetzungen für eine Kostenübernahmepflicht der Beklagten lägen vor. Eine Standardtherapie zur Behandlung habe nicht zur Verfügung gestanden. Eine Operation sei nicht möglich gewesen, dies bestätige das Gutachten des Prof. Dr. B./Dr. K ...
Die Klägerin hat die Rechnung des Prof. Dr. V. vom 27. Januar 2004 über 11.722,32 EUR sowie Nachweise bezüglich sonstiger entstandener Kosten eingereicht.
Der Senat hat die Berichte der W.-K. G. gGmbH vom 30. September 2003 und 12. März 2002 sowie die Krankenunterlagen des Universitätsklinikums beigezogen, Prof. Dr. Dr. B. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt sowie eine ergänzende Stellungnahme vom 16. Juli 2007 eingeholt. Nach Sichtung der MRT-Bilder vom 29. September 2003 hat Prof. Dr. Dr. B. an dem in seinem Gutachten vom 20. März 2007 gefundenen Ergebnis fest gehalten, wonach die Lebermetastasen operabel waren und aufgrund der Vergrößerung der Lebersegmente II, III und IV nach einem solchen Eingriff nicht mit einer wesentlichen Störung der Leberleistung zu rechnen war.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung der ihr im Zusammenhang mit der ambulant durchgeführten LITT entstandenen Kosten.
Nach § 13 Abs. 3 SGB V (hier anzuwenden in der seit 1. Juli 2001 geltenden Fassung des Art 5 Nr. 7 b Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001, BGBl I 1046) sind dem Versicherten Kosten zu erstatten, die dadurch entstehen, dass die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen kann (Alternative 1) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (Alternative 2) und sich der Versicherte deshalb die Leistung selbst beschafft.
Wie sich aus § 13 Abs. 1 SGB V ergibt, tritt der Kostenerstattungsanspruch an die Stelle des Anspruchs auf eine Sach- oder Dienstleistung; er besteht deshalb nur, soweit die selbst beschaffte Leistung ihrer Art nach zu den Leistungen gehört, die von den gesetzlichen Krankenkassen als Sachleistung zu erbringen sind. Mit der Durchbrechung des Sachleistungsgrundsatzes (§ 2 Abs. 2 SGB V) trägt § 13 Abs. 3 SGB V dem Umstand Rechnung, dass die gesetzlichen Krankenkassen eine umfassende medizinische Versorgung ihrer Mitglieder sicherstellen müssen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1, § 27 Abs. 1 Satz 1, § 70 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und infolgedessen für ein Versagen des Beschaffungssystems - sei es im medizinischen Notfall (vgl. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V) oder infolge eines anderen unvorhergesehenen Mangels - einzustehen haben. Wortlaut und Zweck der Vorschrift lassen die Abweichung vom Sachleistungsprinzip nur in dem Umfang zu, in dem sie durch das Systemversagen verursacht ist (vgl. Bundessozialgericht (BSG) in SozR 3-2500 § 135 Nr. 4 S. 10, 11 m.w.N).
Eine Kostenerstattung für die von der Klägerin selbst beschaffte und "vorfinanzierte" LITT scheidet grundsätzlich aus, weil es sich bei dieser um eine neue Behandlungsmethode handelt, die im Rahmen der ambulanten Versorgung nicht zu Lasten der GKV erbracht werden darf. Eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode ist rechtlich von der Leistungspflicht der GKV nach § 135 SGB V nur dann umfasst, wenn der Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben hat. Durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V wird nämlich nicht nur geregelt, unter welchen Voraussetzungen die zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer (Ärzte, Zahnärzte usw.) neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu Lasten der Krankenkassen erbringen und abrechnen dürfen, vielmehr wird durch diese Richtlinie auch der Umfang der dem Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festgesetzt. Diese Rahmenbedingungen sind auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Daraus ergibt sich für die LITT Folgendes: Der therapeutische Nutzen der LITT sowie ihre medizinische Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse standen zum Zeitpunkt der Behandlung der Klägerin nicht (positiv) fest. Während des erstinstanzlichen Verfahrens hat der Bundesausschuss am 18. Oktober 2005 beschlossen, die LITT als Nr. 43 den "nicht anerkannten Methoden" der Anlage B der Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (BUB-Richtline, jetzt: Richtlinien zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung (NUB-Richtlinien) zuzuweisen (vgl. Bekanntmachung, BAnz Nr. 8 vom 12. Januar 2006, Seite 107). Diesem Beschluss lagen u.a. ein Health Technology Assessment (HTA)-Gutachten der Bundesärztekammer und der kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) zur LITT vom 18. Januar 2002 sowie ein "Grundsatzgutachten LITT" des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung in den Ländern und des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS/MDK) vom 5. Februar 2003 zu Grunde. Die Zuordnung zu den "nicht anerkannten Methoden" kann dem Erstattungsanspruch der Klägerin allerdings nicht entgegengehalten werden, denn der Beschluss vom 18. Oktober 2005 ist erst am Tag nach Veröffentlichung seiner Bekanntmachung, d. h. am 13. Januar 2006 in Kraft getreten. Er hat daher keine unmittelbaren Rechtswirkungen für die bereits im Oktober und November 2003 erfolgten Behandlungen. Vielmehr ist über das Begehren der Klägerin aufgrund der damals geltenden Rechtslage zu entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006 - Az.: B 1 KR 24/06 R, nach juris).
Bei der LITT handelt und handelte sich es sich um eine "neue" Behandlungsmethode nach § 92 Abs. 2 SGB V i.V.m. § 135 SGB V, die ambulant nur dann zu Lasten der GKV zu erbringen gewesen wäre, wenn bereits zum Zeitpunkt der Behandlung eine positive Empfehlung des Bundesausschusses vorgelegen hätte; dies war nicht der Fall. Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin ergibt sich auch nicht aus den Grundsätzen des so genannten Systemversagens (vgl. BSG, Urteil vom 7. November 2006, a.a.O.).
Er ist, entgegen der Auffassung des Sozialgerichts, auch nicht ausnahmsweise unter Berücksichtigung der mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. Dezember 2005 - Az.: 1 BvR 347/98 entwickelten Grundsätze gerechtfertigt, weil die dort genannten Voraussetzungen nicht kumulativ vorliegen. Das Bundesverfassungsgericht hat dort zu einer ärztlichen Behandlungsmethode das Urteil des BSG vom 16. September 1997 (BSGE 81, 54) aufgehoben und entschieden, dass es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes nicht vereinbar ist, einem gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung, eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, generell von der Gewährung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Diese Auslegung hat zur Folge, dass nicht nur die Anspruchsvoraussetzungen nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V und § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V, sondern auch Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Leistung ausnahmsweise bejaht werden müssen.
Auch nach dem o.g. Beschluss muss jedoch feststehen, dass eine nahe liegende allgemeinem Standard entsprechende Behandlungsmethode (generell) überhaupt nicht zur Verfügung steht oder im konkreten Einzelfall ausscheidet, weil die Versicherte dieser nachgewiesenermaßen nicht verträgt. Erst dann ist der vom Bundesverfassungsgericht geforderte Bereich einer weiten, verfassungskonformen Auslegung der Vorschriften des SGB V eröffnet, in welchem auf den exakten wissenschaftlichen Nachweis des Nutzens und der Wirtschaftlichkeit einer bestimmten Behandlungsmethode verzichtet werden darf und man sich mit einem der notstandsähnlichen Situation angemessenen geringeren Wahrscheinlichkeitsmaßstab begnügen darf.
Daran fehlt es hier. Für die Klägerin stand zum damaligen Zeitpunkt eine Standardtherapie - eine Teilresektion der betroffenen Leberlappen - zur Verfügung. Sie befand sich nach dem Bericht der W.-K. G. gGmbH vom 30. November 2003 seit dem 22. September 2004 zur Durchführung dieser Operation in stationärer Behandlung. Am 26. September 2004 erfolgte eine Beurlaubung, weil die Operation aus organisatorischen Gründen am 25. und 26. September 2003 nicht möglich war. Am 27. September 2003 sagte sie den Termin zur Operation ab. Insofern bestand nach der Einschätzung der behandelnden Ärzte der Klägerin in der W.-K. G. gGmbH eine nahe liegende allgemeinem Standard entsprechende Behandlungsmethode. Dass es sich bei der Leber-Teilresektion sowohl bei dem im Jahr 2003 noch diagnostizierten Leiomyosakrom, als auch bei einem GIST um eine solche Standardtherapie handelt, wird in den Gutachten des Prof. Dr. B., des Facharztes für Inneren Medizin W. und des Prof. Dr. Dr. B. bestätigt.
Die Einschätzung der behandelnden Ärzte der Klägerin, dass eine Operation möglich ist, wird durch das Gutachten des Prof. Dr. Dr. B. sowie seine ergänzende Stellungnahme vom 16. Juli 2007 bestätigt. Nach den beigezogenen MRT-Bildern vom 29. September 2003 lagen die neuerlichen Rundherde in den Segmenten V und VIII. Die Segmente II, III und IV sind nach der im Jahr 2002 erfolgten Resektion im Sinne eines Kompensationsmechanismus hypertrophiert, insofern wäre nach der geplanten chirurgischen Intervention nicht mit einer wesentlichen Störung der Leberleistung zu rechnen gewesen. Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich der Senat an und folgt insoweit nicht dem Gutachten des Prof. Dr. B ... Dieser hat offensichtlich ohne eigene Prüfung - die MRT-Bilder vom 29. September 2003 lagen ihm nicht vor - seinem Gutachten den Vortrag der Klägerin zu Grunde gelegt, dass die Metastasen nicht operabel waren.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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