Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 8 RA 13/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 RA 60/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 4 RA 9/05 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Sozialgericht Gelsenkirchen Az.: S 8 RA 13/04 Im Namen des Volkes Urteil In dem Rechtsstreit Klägerin Prozessbevollmächtigte: gegen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, vertreten durch die Geschäftsführung, Ruhrstraße 2, 10709 Berlin, Beklagte Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Sprungrevision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Aussetzung der Rentenanpassung zum 01.07.2004 und begehrt eine Rentenanpassung um 2,66 %.
Die am 01.11.1944 geborene Klägerin bezieht von der Beklagten seit dem 01.02.1996 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, die zur Zeit 432,27 EUR (brutto) beträgt.
Die Klägerin erhob bei der Beklagten mit Datum vom 27.12.2003 "Widerspruch" dagegen, dass es im Jahre 2004 keine Rentenanpassung geben wird. Die Beklagte deutete den "Widerspruch" der Klägerin in einen Antrag auf Anpassung ihrer Rente zum 01.07.2004 um und wies diesen Bescheid vom 17.12.2004 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, durch Art. 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze vom 27.12.2003 (2. SGB VI-ÄndG) sei festgelegt worden, dass sich der aktuelle Rentenwert und der aktuelle Rentenwert (Ost) zum 01.07.2004 nicht verändern. Dies habe zur Folge, dass eine Änderung in der Höhe der Rente der Klägerin nicht eintrete. Der mit der Aussetzung der Rentenanpassung verbundene finanzielle Beitrag zur Konsolidierung der Finanzsituation in der Rentenversicherung stelle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Eigentumsrechte der Klägerin dar. Bei den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung handele es sich um Dauerleistungen, die in besonderem Maße den sich ändernden Verhältnissen unterworfen seien. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 01.07.1981 könnten Versicherte und Rentner in der gesetzlichen Rentenversicherung von vornherein nicht erwarten, dass die gesetzlichen Vorschriften über die Leistungen der Rentenversicherung auf Dauer unverändert fortbestünden. Die gesetzliche Rentenversicherung sei eine Solidargemeinschaft, deren Rechte und Pflichten im Laufe der Zeit vielfachen Veränderungen unterliegen könnten. So würden Veränderungen der Wirtschaftslage oder auch des Verhältnisses zwischen Rentnern und der die Versicherung durch ihre Beiträge tragenden, noch im Erwerbsleben stehenden Generation vielfach Anpassungen ermöglichen oder erfordern. Wer einer solchen Solidargemeinschaft beitrete, erwerbe nicht nur die mit einem solchen System verbundenen Chancen, sondern trage mit den anderen Versicherten auch ihre Risiken (Beschluss vom 01.07.1981, - 1 BvR 874/77 -, BVerfG 58, 81, 123). Unter Berücksichtigung dieser Entscheidung sei auch Art. 2 des 2. SGB VI-ÄndG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Mit Schreiben vom 25.02.2004 legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 17.02.2004 Widerspruch ein und beantragte, ihre Rente ab dem 01.07.2004 um 2,66 % anzupassen. Sie machte im wesentlichen geltend, ihre Rente sei ab dem 01.04.2004 aufgrund der Zahlung des vollen Pflegeversicherungsbeitrages um 0,85 % gekürzt worden, während die Beamtenpension im Jahre 2004 um insgesamt 0,92 % zuzüglich einer Einmalzahlung von 50 EUR erhöht würden. Hinzu komme eine steuerliche Entlastung von durchschnittlich 1,74 %, so dass die Pensionen im Jahre 2004 um insgesamt 2,66 % ansteigen würden. Durch das Steuerurteil des Bundesverfassungsgerichtes seien Renten und Pensionen faktisch gleichgestellt worden. Mit dem Gesetzesentwurf zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge für die Jahre 2003 und 2004 sei sichergestellt worden, dass trotz schwieriger Rahmenbedingungen auch Beamte sowie Versorgungsempfänger an der allgemeinen Einkommensentwicklung teil nähmen. Durch Rentenkürzung und einer Nullrunde 2004 werde sie dagegen von der allgemeinen Einkommensentwicklung abgekoppelt.
Nach Überprüfung ihrer Entscheidung wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2004 als unbegründet zurück und führte begründend aus, dem Begehren der Klägerin auf eine Rentenerhöhung von 2,66 % könne nicht gesprochen werden.
Die Klägerin hat am 29.03.2004 Klage erhoben. Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihre Ausführungen im Widerspruchsverfahren. Ergänzend trägt sie vor, Art. 2 des 2. SGB VI-ÄndG sei verfassungswidrig, weil einerseits ihre Rente ab dem 01.04.2004 aufgrund der Zahlung des vollen Pflegeversicherungsbeitrages um 0,85 % gekürzt worden sei und andererseits ab dem 01.07.2004 nicht erhöht wurde. Dies sei mit Art. 14 und 20 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar. Ihr Vertrauensschutz werde missachtet, zumal wenn man berücksichtige, dass die Inflationsrate im Jahre 2003 bei 1,1 % gelegen habe, so dass ihre Rente im Jahr 2004 tatsächlich um 1,95 % sinke. Der mit der Aussetzung der Rentenanpassung verbundene finanzielle Beitrag zur Konsolidierung der Finanzsituation in der Rentenversicherung stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre Eigentumsrechte dar. Die Konsolidierung der Finanzsituation der Rentenversicherung sei zudem allein Aufgabe des Bundes und nicht der Rentner. Der Bund sei verpflichtet, Verluste in der Rentenversicherung auszugleichen, denn Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG ordne als dauerhafte Regel der Finanzverfassung dem Bund die Leistung von Zuschüssen an die Rentenversicherung zu. Der Bundesgesetzgeber besitze zudem aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG die Kompetenz zur Regelung der Finanzen der Sozialversicherung. Auch sei die Rentenversicherung keine Solidargemeinschaft mehr, weil Leistungen ohne vorherige Beitragszahlungen der Versicherten gewährt (u. a. Aussiedler- und Ostrenten, Ausbildungs- und Kindererziehungszeiten) und diese nicht allein durch Beiträge der Versicherten finanziert würden, sondern der Bund erhebliche Transferleistungen in die Rentenversicherung zahle. Die Rentner trügen darüber hinaus durch ihre Ökosteuerzahlungen ohne finanziellen Ausgleich im Jahr 2004 wesentlich zur Stabilisierung des Rentenversicherungsbeitrages bei. Eine Nullrunde für Rentner sei zudem willkürlich, weil die tariflichen Grundlöhne und -gehälter im Jahr 2003 gegenüber dem Vorjahr um durchschnittlich 2,5 % gestiegen seien. Die Erhöhung der Beamtenpensionen betrage 2,66 %. Neben den direkten Vorteilen durch die Steuerreformen sei auch der Sonderausgabenabzug für die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, welchen Pensionäre wie andere Steuerzahler beim Fiskus geltend machen könnten, zusätzlich als "steuerfreier Pensionszufluss" zu werten. Die dauerhafte Einkommensbelastung aus 2001 in Höhe von durchschnittlich 1,56 % sei der Pensionserhöhung von 2,66 % im Jahre 2004 noch zu zurechnen. Das Gericht wird gebeten, sich bei seiner Entscheidungsfindung auch mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 06.03.2002 - 2 BvL 17/99 -, dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 07.11.2002 - 2 BvR 1053/98 - und dem Vorlagebeschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 06.05.2004 - 2 BvL 16/02 -, in dem auch auf Art. 33 Abs. 5 GG eingegangen worden sei, auseinander zusetzen. Schließlich verweise sie auf zwei europäische Antidiskriminierungs-Richtlinien, die u. a. bestimmten, dass niemand wegen seines Alters benachteiligt werden dürfe, was aber bei Rentner im Vergleich zu Pensionären in Bezug auf die Erhöhung der Pensionsbezüge im Jahre 2004 der Fall sei. Diese Richtlinien seien noch nicht in das nationale Recht umgesetzt worden, von Seiten der Europäischen Kommission werde aber insoweit ein Verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.02.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2004 zu verurteilen, ihre Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01.07.2004 unter Erhöhung um 2,66 % neu festzustellen,
hilfsweise,
1. das Verfahren
a) wegen Verfassungswidrigkeit des Art. 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze vom 27.12.2003 (BGBI. I, Bl. 3013 ff.) und
b) zu der Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass Pensionen und Renten unterschiedlich erhöht werden und die Beamtenpensionen und Renten der gesetzlichen Rentenversicherung in einem angemessenen Verhältnis zu einander stehen oder ob es übermäßige Diskrepanz gibt,
nach Art. 100 GG auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen,
2. das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes einzuholen, ob die Aussetzung der Rentenanpassung zum 01.07.2004 mit EU-Recht vereinbar ist (Vorabentscheidung),
3. die Sprungrevision zu zulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, aus dem Vorbringen der Klägerin ergäben sich keine wesentlichen neuen Erkenntnisse.
Die Klägerin hat zur Stützung ihres Vorbringens mehrere Zeitungsartikel, Verbandsmitteilungen und Internetausdrucke sowie das Gutachten von Prof. Dr. Winfried Fuest, Institut der deutschen Wirtschaft Köln "Pensionen im öffentlichen Dienst - Entwicklung und Reformoptionen" März 2004, den Beschluss des Deutschen Bundestages - Petitionsausschuss - vom 06.05.2004 (Bundestags-Drucksache 15/2983) und die Analyse von Herrn Werner, Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler e. V., "Pensionen und Renten im Vergleich" zu den Gerichtsakten gereicht. Auf den Inhalt der zu den Akten gereichten Unterlagen wird Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichtes ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten des SG Gelsenkirchen S 8 RA 14/04 ER Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten sich mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin wird durch den Bescheid vom 17.02.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2004 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, da sich die angefochtenen Bescheide als rechtmäßig erweisen. Die Beklagte hat zu Recht die von der Klägerin begehrte Anpassung ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente zum 01.07.2004 um 2,66 % abgelehnt (1.). Auch die Hilfsanträge der Klägerin bleiben ohne Erfolg (2.). Die Klage war daher im Ganzen abzuweisen.
Ergänzend bleibt folgendes auszuführen:
1. Die von der Beklagten zum 01.07.2004 abgelehnte Erhöhung der Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin entspricht den gesetzlichen Vorgaben von Artikel 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze vom 27.12.2003 - abgedruckt im Bundesgesetzblatt 2003 Teil I Nr. 67, Bl. 301 ff. (2. SGB VI-ÄndG), wonach der aktuelle Rentenwert (§ 68 des Sechsten Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) und der aktuelle Rentenwert (Ost) (§ 255 a SGB VI) zum 01.07.2004 nicht verändert werden. Das bedeutet, die Regelung des § 65 SGB VI, die vorsieht, dass zum 01. Juli eines jeden Jahres die Renten durch den neuen aktuellen Rentenwert ersetzt wird, findet für das Jahr 2004 keine Anwendung.
2. Entgegen der Ansicht der Klägerin wird sie durch die Aussetzung der Rentenanpassung zum 01.07.2004 nicht in ihren Grundrechten verletzt. Das Gericht hat daher keinen Anlass für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 GG gesehen.
Ein Verstoß gegen die Eigentumsrechte der Klägerin aus Art. 14 GG liegt nicht vor. Zwar erstreckt sich der Eigentumsschutz nach Art. 14 GG grundsätzlich auch auf die Versichertenrenten und Anwartschaften aus Versicherungsrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. BVerfGE, Urteil vom 28.0.1980 in BVerfGE 53, 257 ff (289 ff); Urteil vom 17.07.1981 in BVerfGE 58, 81 ff, 109). Das Bundesverfassungsgericht hat es jedoch bislang offen gelassen, ob und inwieweit auch die Anpassung der Renten vom Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG erfasst wird (BVerfGE 100, 1, 44). Selbst wenn man die kontinuierliche Rentenanpassung dem vollen Eigentumsschutz in Art. 14 Abs. 1 GG unterstellen wollte, besteht für den Gesetzgeber nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG die Möglichkeit, beschränkend in eigentumsgeschützte Rechtspositionen einzugreifen. Das ist zulässig, wenn der Eingriff im öffentlichen Interesse liegt und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt. Hierbei hat der Gesetzgeber einen weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum (Jaeger, Die Positionen in den gesetzlichen Sozialversicherungen im Spiegel der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, NSZ 2003, 225 ff). Dies gilt um so mehr für Bestimmungen, die dazu dienen, die Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse der Gemeinschaft der Versicherten zu erhalten, zu verbessern der veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen anzupassen. Die Finanzierung der Rentenleistungen steht in einer Wechselwirkung zur Wirtschaftskraft der Beitrags- und Steuerzahler, des Staates und der gesamten Volkswirtschaft und damit unter einem permanenten Anpassungszwang an die sich verändernden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse (Wiechmann, Verfassungsmäßigkeit der Rentenanpassung 2003, Die Angestelltenversicherung 2003, 307 ff). Der Gesetzgeber muss gerade bei der Entscheidung über eine Anpassung des aktuellen Rentenwertes die Belange der Rentner mit denjenigen der Beitragszahler (Generationsvertrag) vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten (Umlageverfahren) abwägen. Er darf hierbei aus Gründen der Entlastung der Beitragszahler und der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung auch keine Abkopplung der Rentenanpassung von der allgemeinen Lohn- und Gehaltsentwicklung (vgl. Urteil des Bundessozialgerichtes - BSG - vom 31.07.2002, - B 4 RA 120/00 R -) oder eine Aussetzung der Rentenanpassung vornehmen. Verfassungsrechtlich problematisch könnte es allenfalls sein, wenn künftige Rentenanpassungen kontinuierlich über einen längeren Zeitraum unterhalb der Geldentwertung (Inflation) liegen oder ausgesetzt würden (Wiechmann, Verfassungsmäßigkeit der Rentenanpassung 2003, a. a. O.). Mit Blick auf das aktuelle geringe wirtschaftliche Wachstum verbunden mit der bestehenden hohen Arbeitslosigkeit und der daraus resultierenden Finanzlücke in der gesetzlichen Rentenversicherung sieht das Gericht die vom Gesetzgeber verfügte Aussetzung der Rentenanpassung für das Jahr 2004 als verfassungsrechtlich probates Mittel, die Funktionsfähigkeit und den Erhalt des gesetzlichen Rentenversicherungssystems sicherzustellen. Die Aussetzung der Rentenanpassung ist ein notwendiger Beitrag der Rentner zur Beibehaltung des Beitragssatzes von 19,5 % im Jahr 2004 und damit zur Stabilisierung des Rentenversicherungssystems. Vor dem Hintergrund des Defizits in der Rentenversicherung bestanden für den Gesetzgeber nur zwei Möglichkeiten: eine Erhöhung des Beitragssatzes von 19,5 % auf 20,3 % mit allen negativen Wirkungen für die Beschäftigten und den Arbeitsmarkt oder die Belastung innerhalb der Rentenversicherung aufzufangen und die Rentenbezieher an der Lösung gerecht und angemessen zu beteiligen (Bundestags-Drucksachen 15/1830, S. 8 und 15/1893, S. 11). Unter Berücksichtigung der in den Vorjahren 2001 bis 2003 erfolgten Rentenanpassungen im Rahmen einer modifizierten Bruttoanpassung handelt es sich bei der jetzigen Aussetzung der Rentenanpassung auch um eine erlaubte und verhältnismäßige, weil begrenzte und nur vorübergehende Suspendierung der Prinzipien der Anpassung nach der Lohn- und Gehaltsentwicklung. Soweit die Klägerin meint, die Rentner trügen bereits durch die Abgaben auf die Ökosteuer zur Stabilisierung des Rentenbeitrages ausreichend bei, verkennt sie, dass nicht nur Rentner, sondern alle Bürger diese Steuern entrichten, auch soweit diese - wie Beamte, Selbstständige oder Mitglieder von Versorgungswerken - nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind. Zudem muss es im Interesse eines jeden Rentners als Leistungsbezieher liegen, dass das Rentenversicherungssystem leistungsfähig erhalten bleibt.
Auch ein Verstoß gegen den Vertrauensschutzgrundsatz (Art. 20 GG) liegt nicht vor. Soweit die Klägerin eine Kürzung ihrer (Netto-)Rente rügt, weil sie seit dem 01.04.2004 von ihrer Rente den vollen Beitrag zur Pflegeversicherung zu entrichten hat, gleichzeitig aber zum 01.07.2004 keine Rentenanpassung erhält, bleibt auszuführen, dass die Beklagte insoweit zu Recht auf die höchst richterlicher Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes verwiesen hat, wonach Versicherte und Rentner von vornherein nicht mit der stets unveränderten Fortgeltung der gesetzlichen Regelungen in der Rentenversicherung rechnen können. Der Versicherte trägt zusammen mit den Chancen, welche die gesetzliche Rentenversicherung ihm gibt, auch die entsprechenden Risiken (BVerfGE 58, 81 ff, 123). Zu diesen gehören aber die Veränderungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und Produktivität (BverfG Urteil vom 10.05.1983, - 1 BVR 820/79 -). Bislang war es der gesetzlichen Rentenversicherung möglich, neben ihrem herkömmlichen Leistungsspektrum die Hälfte der Beitragslast der Rentner in der 1995 eingeführten Sozialen Pflegeversicherung zu übernehmen. Die Leistungen wurden gewährt, obwohl die Rentner, denen diese Leistungen heute zugute kommen, während ihrer Erwerbsphase regelmäßig nicht oder nur kurz durch eigene Beiträge zur Finanzierung beigetragen habe. Aufgrund der aktuellen finanziellen Situation der gesetzlichen Rentenversicherung kann diese Leistung jedoch nicht weiter von ihr erbracht werden. Bei der Einführung der Pflegeversicherung haben die Arbeitnehmer durch den Verzicht auf einen Feiertag zur Finanzierung beigetragen. Die Belastung der Rentner wird nunmehr ähnlich wie bei den Aktiven ausgestaltet und sorgt für Gerechtigkeit (Bundestags-Drucksachen 15/1830, S. 8 und 15/1893, S. 11).
Der Auffassung der Klägerin, die Konsolidierung der gesetzlichen Rentenversicherung sei allein Aufgabe des Bundes, jedenfalls nicht der Rentner, zumal der Bund bereits jetzt schon für nicht beitragsgedeckte Zeiten erhebliche Transferleistungen in den Rentenversicherung zahle, folgt das Gericht nicht. Nach § 213 SGB VI zahlt der Bund allgemeine und besondere Zuschüsse nicht beitragsgedeckte Leistungen der Rentenversicherung pauschal abgegolten werden. Für den allgemeinen Bundeszuschuss für das Beitrittsgebiet gilt § 287 e SGB VI. Schließlich zahlt der Bund die Beiträge für Kindererziehungszeiten (§ 177 SGB VI). Aus den Regelungen der Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG und 120 Abs. 1 Satz 4 GG kann ein Anspruch gegen den Bund auf eine darüber hinaus gehende Finanzierung der Rentenversicherung nicht entnommen werden, insbesondere nicht eine verfassungsrechtliche Aufgabe des Bundes, die gesetzliche Rentenversicherung ohne Inanspruchnahme der Versichertengemeinschaft umfassend zu sanieren. Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG regelt lediglich die Kompetenz zwischen dem Bund und den Ländern für die Gesetzgebung auf dem Gebiet der Sozialversicherung. Art. 120 Abs. 1 Satz 5 GG ordnet an, dass der Bund die Zuschüsse zu den Lasten der Sozialversicherung trägt und regelt allein das Verhältnis zwischen Bund und Ländern bezüglich der Zahlung von Vorschüssen (Lastenverteilungsregelung). Sowohl Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG als auch Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG gewähren aber keine Ansprüche gegen den Bund auf bestimmte Zahlungen in der Sozialversicherung, weder für die einzelnen Versicherten noch für die Sozialversicherungsträger (Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, § 120 Rdn. 1).
Mit Blick auf die von der Klägerin gerügte Erhöhung der Beamtenpensionen im Jahr 2004 und die möglichen Unterschiede im Versorgungsniveau von Rentnern und Ruhestandsbeamten kann ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht festgestellt werden, auch kann die Klägerin aus Art. 3 Abs. 1 GG als Teilhaberecht keinen Anspruch auf eine Rentenanpassung in Höhe von 2,66 % für sich herleiten. Bei den hier zum Vergleich gestellten Lebenssachverhalten der Versorgung durch die gesetzliche Rentenversicherung einerseits und der Beamtenversorgung andererseits handelt es sich um keine vergleichbaren Sachverhalte im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG, denn die beiden Versorgungssysteme sind von erheblichen Unterschieden geprägt. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verbietet jedoch lediglich eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obgleich zwischen den beiden Gruppen keine Unterschiede solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 83, 395, 401). Die Beamtenversorgung ist als soziales Sicherungssystem verfassungsrechtlich geschützt und zwar auf der Grundlage von Art. 33 Abs. 5 GG. Danach hat der Gesetzgeber das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln, hierzu gehört u. a. die Pflicht des Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang amtsangemessen zu alimentieren, das heißt, Unterhalt und Versorgung zu gewähren, auch nach Eintritt der Dienstunfähigkeit bzw. Erreichen des Pensionsalters und Ausscheidens aus dem aktiven Dienst (BVerfGE 44, 249, 264; 76, 256, 298). Die dienstherrenseitige Pflicht zur Alimentation steht in einer Wechselbeziehung zur Verpflichtung des Beamten, sich im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses grundsätzlich auf Lebenszeit mit seiner vollen Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen und gemäß den jeweiligen Anforderungen seine Dienstpflicht zu erfüllen (BVerfGE 39, 196, 201; 76, 256, 323 f). Im Vergleich mit der gesetzlichen Rentenversicherung erweist sich das soziale Sicherungssystem der Beamtenversorgung rechtlich betrachtet als ein "aliud" (siehe auch BVerfGE 11, 283, 290 f), das aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Beamtenrecht eine außerhalb der Sozialgesetzgebung liegende beamtengesetzliche Ausgestaltung erfährt. Diese rechtliche Sonderheit im Verhältnis zur gesetzlichen Rentenversicherung kann durch die sozialpolitisch betrachtet bestehende Zweckidentität beider sozialer Sicherungssysteme nicht überspielt werden und gilt es gesetzgeberisch bei der Aus- und Umgestaltung der jeweiligen Systeme auch im Hinblick auf gemeinsame Herausforderungen wie die Veränderung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu beachten (Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 3 Rentenversicherung, 1. Auflage 1999, § 13 Rdn. 4, 10, 12). Ein bloßer Vergleich der Bezugshöhe der gesetzlichen Rente und eines entsprechenden Ruhegehalts bzw. der jeweiligen jährlichen Renten- bzw. Pensionsanpassung verbietet sich daher mit Blick auf die systembedingten Unterschiede. Auch obliegt es allein dem Gesetzgeber zu entscheiden, ob er die sich von einander unterscheidenden sozialen Sicherungssysteme in ihrer Existenz aufrecht erhalten oder ggf. ob und wie er die Systeme aneinander angleichen will, wobei er die systembedingten Unterschiede zu berücksichtigen hat. In diesem Zusammenhang bleibt zu berücksichtigen, dass es in den letzten Jahren auch in der Beamtenbesoldung und -versorgung zu Einschnitten zwecks Konsolidierung der öffentlichen Haushalte gekommen ist. Im Bereich der sozialen Sicherung ist von Seiten des Gesetzgebers von jeher darauf geachtet worden, dass die Entwicklung des Systeme - unter Berücksichtigung der systembedingten Unterschiede - im Gleichklang erfolgt und Veränderungen der allgemeinen sozialen Sicherungssysteme wirkungsgleich auf die beamtenrechtlichen Systeme übertragen wurden. So sind zwischenzeitlich mit verschiedenen Dienstrechts- und Versorgungsreformgesetzen umfassende Maßnahmen (Kürzung von Dienstunfähigkeitsansprüchen, Versorgungsabschlag zum Aufbau von Versorgungsrücklagen, Verringerung von Sonderzahlungen etc.) mit dem Ziel der Kostendämpfung getroffen worden (SG Gelsenkirchen, Urteil vom 30.04.2004, S 8 RA 80/03).
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes zitiert und diese dem Gericht berücksichtigt wissen will, bleibt folgendes auszuführen: In dem Urteil vom 06.03.2002 hat das Bundesverfassungsgericht (- 2 BvL 17/99 -) erklärt, dass die unterschiedliche Besteuerung der Beamtenpensionen nach § 19 Einkommensteuergesetz (EStG) und der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist. Weiterführende Feststellungen zu den hier vorliegenden Fragen der Zulässigkeit einer Aussetzung der Rentenanpassung in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Vergleichbarkeit des Versorgungsniveaus von gesetzlichen Renten und Beamtenpensionen enthält die Entscheidung nicht. Das Bundesverfassungsgericht stellt insoweit vielmehr ausdrücklich fest, dass es für die verfassungsrechtliche Würdigung der unterschiedlichen Besteuerung von Versorgungsbezügen der Ruhestandsbeamten und von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung allein auf den Vergleich einkommenssteuerlicher Be- und Entlastung der jeweiligen Bruttobezüge der Steuerpflichtigen ankomme, nicht aber auf einen Vergleich der Nettoversorgung (sog. steuerrechtsimmanente Betrachtungsweise). Auf die Nettoausstattung könne es unter sozialstaatlichen wie auch unter beamtenversorgungsrechtlichen Aspekten ankommen. Dagegen verbiete es sich, die Vereinbarkeit der geltenden Normen zur Pensions- und Rentenbesteuerung mit Art. 3 Abs. 1 GG systemübergreifend unter dem Aspekt zu würdigen, ob und wieweit die einkommenssteuerliche Belastung einen Betrag zu einer gleichermaßen angemessenen Nettoversorgung der Rentner und Ruhestandsbeamten leiste. In dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 07.11.2002 (- 2 BvR 1053/98 -) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass es die Fürsorgepflicht des Dienstherrn als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) nicht gebietet, einem Beamten im Rahmen der Beihilfe Wahlleistungen in der Krankenhausversorgung zu gewährleisten. Hier hat das Bundesverfassungsgericht seine langjährige Rechtsprechung aufrecht erhalten, dass zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des § 33 Abs. 5 GG das Alimentationsprinzip und die Fürsorgepflicht gehören, wobei letztere die Beihilfe in ihrer gegenwärtigen Gestalt nicht umfasst. In dem Vorlagebeschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 06.05.2004 (- 2 BvL 16/02 -) geht es um die Frage, ob die durch das Dienstrechtsreformgesetz erfolgte Änderung des Aufsteigens in den Grundgehaltsstufen ohne weitere Übergangsregelungen mit Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar ist. Es ist für das Gericht nicht ersichtlich, welche weiterführenden Feststellungen sich aus diesen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes zu beihilferechtlichen bzw. besoldungsrechtlichen Fragestellungen für die hier zur Entscheidung stehenden Fragen ergeben sollen. Dies wird auch von der Klägerin nicht näher dargelegt.
3. Für das Gericht bestand keine Veranlassung nach Art. 177 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) zu verfahren. Die Klägerin verweist auf zwei europäische Antidiskriminierungs-Richtlinien und trägt vor, sie werden wegen ihres Alters benachteiligt, weil sie als Rentnerin im Vergleich zu Bematenpensionären im Jahre 2004 keine Rentenerhöhung erhält. Es handelt sich bei den EU-Richtlinien zum einen um die Anti-Rassismus-Richtlinie, die auch eine privatrechtliche Gleichbehandlung unabhängig von Rasse und ethnischer Herkunft sichern soll und zum zweiten um die Richtlinie zur Gleichbehandlung im Arbeitsrecht ohne Unterschied der Rasse und ethnischen Herkunft, der Religion, Weltanschauung, Behinderung, sexuellen Ausrichtung und des Alters. Für einen Anspruch der Klägerin als erwerbsunfähige Rentnerin bezüglich der Versorgung bzw. Rentenanpassung einem Ruhestandsbeamten gleichgestellt zu werden, können die Richtlinien, die eine Gleichbehandlung unabhängig von der Rasse und ethnischer Herkunft bzw. eine Gleichbehandlung im Arbeitsrecht postulieren, offensichtlich nicht herangezogen werden.
4. Gegen dieses Urteil wird die Sprungrevision gemäß §§ 161, 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht zugelassen, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, da die höchst richterlichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes (a. a. O.) und des Bundessozialgerichtes (Urteil vom 31.07.2002 - B 4 RA 120/00 R -) hinreichende Anhaltspunkte für die Beantwortung der vorliegenden Rechtsfragen bieten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Aussetzung der Rentenanpassung zum 01.07.2004 und begehrt eine Rentenanpassung um 2,66 %.
Die am 01.11.1944 geborene Klägerin bezieht von der Beklagten seit dem 01.02.1996 eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, die zur Zeit 432,27 EUR (brutto) beträgt.
Die Klägerin erhob bei der Beklagten mit Datum vom 27.12.2003 "Widerspruch" dagegen, dass es im Jahre 2004 keine Rentenanpassung geben wird. Die Beklagte deutete den "Widerspruch" der Klägerin in einen Antrag auf Anpassung ihrer Rente zum 01.07.2004 um und wies diesen Bescheid vom 17.12.2004 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, durch Art. 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze vom 27.12.2003 (2. SGB VI-ÄndG) sei festgelegt worden, dass sich der aktuelle Rentenwert und der aktuelle Rentenwert (Ost) zum 01.07.2004 nicht verändern. Dies habe zur Folge, dass eine Änderung in der Höhe der Rente der Klägerin nicht eintrete. Der mit der Aussetzung der Rentenanpassung verbundene finanzielle Beitrag zur Konsolidierung der Finanzsituation in der Rentenversicherung stelle keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Eigentumsrechte der Klägerin dar. Bei den Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung handele es sich um Dauerleistungen, die in besonderem Maße den sich ändernden Verhältnissen unterworfen seien. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 01.07.1981 könnten Versicherte und Rentner in der gesetzlichen Rentenversicherung von vornherein nicht erwarten, dass die gesetzlichen Vorschriften über die Leistungen der Rentenversicherung auf Dauer unverändert fortbestünden. Die gesetzliche Rentenversicherung sei eine Solidargemeinschaft, deren Rechte und Pflichten im Laufe der Zeit vielfachen Veränderungen unterliegen könnten. So würden Veränderungen der Wirtschaftslage oder auch des Verhältnisses zwischen Rentnern und der die Versicherung durch ihre Beiträge tragenden, noch im Erwerbsleben stehenden Generation vielfach Anpassungen ermöglichen oder erfordern. Wer einer solchen Solidargemeinschaft beitrete, erwerbe nicht nur die mit einem solchen System verbundenen Chancen, sondern trage mit den anderen Versicherten auch ihre Risiken (Beschluss vom 01.07.1981, - 1 BvR 874/77 -, BVerfG 58, 81, 123). Unter Berücksichtigung dieser Entscheidung sei auch Art. 2 des 2. SGB VI-ÄndG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Mit Schreiben vom 25.02.2004 legte die Klägerin gegen den Bescheid vom 17.02.2004 Widerspruch ein und beantragte, ihre Rente ab dem 01.07.2004 um 2,66 % anzupassen. Sie machte im wesentlichen geltend, ihre Rente sei ab dem 01.04.2004 aufgrund der Zahlung des vollen Pflegeversicherungsbeitrages um 0,85 % gekürzt worden, während die Beamtenpension im Jahre 2004 um insgesamt 0,92 % zuzüglich einer Einmalzahlung von 50 EUR erhöht würden. Hinzu komme eine steuerliche Entlastung von durchschnittlich 1,74 %, so dass die Pensionen im Jahre 2004 um insgesamt 2,66 % ansteigen würden. Durch das Steuerurteil des Bundesverfassungsgerichtes seien Renten und Pensionen faktisch gleichgestellt worden. Mit dem Gesetzesentwurf zur Anpassung der Dienst- und Versorgungsbezüge für die Jahre 2003 und 2004 sei sichergestellt worden, dass trotz schwieriger Rahmenbedingungen auch Beamte sowie Versorgungsempfänger an der allgemeinen Einkommensentwicklung teil nähmen. Durch Rentenkürzung und einer Nullrunde 2004 werde sie dagegen von der allgemeinen Einkommensentwicklung abgekoppelt.
Nach Überprüfung ihrer Entscheidung wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 18.03.2004 als unbegründet zurück und führte begründend aus, dem Begehren der Klägerin auf eine Rentenerhöhung von 2,66 % könne nicht gesprochen werden.
Die Klägerin hat am 29.03.2004 Klage erhoben. Zur Begründung nimmt sie Bezug auf ihre Ausführungen im Widerspruchsverfahren. Ergänzend trägt sie vor, Art. 2 des 2. SGB VI-ÄndG sei verfassungswidrig, weil einerseits ihre Rente ab dem 01.04.2004 aufgrund der Zahlung des vollen Pflegeversicherungsbeitrages um 0,85 % gekürzt worden sei und andererseits ab dem 01.07.2004 nicht erhöht wurde. Dies sei mit Art. 14 und 20 Grundgesetz (GG) nicht vereinbar. Ihr Vertrauensschutz werde missachtet, zumal wenn man berücksichtige, dass die Inflationsrate im Jahre 2003 bei 1,1 % gelegen habe, so dass ihre Rente im Jahr 2004 tatsächlich um 1,95 % sinke. Der mit der Aussetzung der Rentenanpassung verbundene finanzielle Beitrag zur Konsolidierung der Finanzsituation in der Rentenversicherung stelle einen unverhältnismäßigen Eingriff in ihre Eigentumsrechte dar. Die Konsolidierung der Finanzsituation der Rentenversicherung sei zudem allein Aufgabe des Bundes und nicht der Rentner. Der Bund sei verpflichtet, Verluste in der Rentenversicherung auszugleichen, denn Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG ordne als dauerhafte Regel der Finanzverfassung dem Bund die Leistung von Zuschüssen an die Rentenversicherung zu. Der Bundesgesetzgeber besitze zudem aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG die Kompetenz zur Regelung der Finanzen der Sozialversicherung. Auch sei die Rentenversicherung keine Solidargemeinschaft mehr, weil Leistungen ohne vorherige Beitragszahlungen der Versicherten gewährt (u. a. Aussiedler- und Ostrenten, Ausbildungs- und Kindererziehungszeiten) und diese nicht allein durch Beiträge der Versicherten finanziert würden, sondern der Bund erhebliche Transferleistungen in die Rentenversicherung zahle. Die Rentner trügen darüber hinaus durch ihre Ökosteuerzahlungen ohne finanziellen Ausgleich im Jahr 2004 wesentlich zur Stabilisierung des Rentenversicherungsbeitrages bei. Eine Nullrunde für Rentner sei zudem willkürlich, weil die tariflichen Grundlöhne und -gehälter im Jahr 2003 gegenüber dem Vorjahr um durchschnittlich 2,5 % gestiegen seien. Die Erhöhung der Beamtenpensionen betrage 2,66 %. Neben den direkten Vorteilen durch die Steuerreformen sei auch der Sonderausgabenabzug für die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung, welchen Pensionäre wie andere Steuerzahler beim Fiskus geltend machen könnten, zusätzlich als "steuerfreier Pensionszufluss" zu werten. Die dauerhafte Einkommensbelastung aus 2001 in Höhe von durchschnittlich 1,56 % sei der Pensionserhöhung von 2,66 % im Jahre 2004 noch zu zurechnen. Das Gericht wird gebeten, sich bei seiner Entscheidungsfindung auch mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 06.03.2002 - 2 BvL 17/99 -, dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 07.11.2002 - 2 BvR 1053/98 - und dem Vorlagebeschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 06.05.2004 - 2 BvL 16/02 -, in dem auch auf Art. 33 Abs. 5 GG eingegangen worden sei, auseinander zusetzen. Schließlich verweise sie auf zwei europäische Antidiskriminierungs-Richtlinien, die u. a. bestimmten, dass niemand wegen seines Alters benachteiligt werden dürfe, was aber bei Rentner im Vergleich zu Pensionären in Bezug auf die Erhöhung der Pensionsbezüge im Jahre 2004 der Fall sei. Diese Richtlinien seien noch nicht in das nationale Recht umgesetzt worden, von Seiten der Europäischen Kommission werde aber insoweit ein Verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.02.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2004 zu verurteilen, ihre Rente wegen Erwerbsunfähigkeit ab dem 01.07.2004 unter Erhöhung um 2,66 % neu festzustellen,
hilfsweise,
1. das Verfahren
a) wegen Verfassungswidrigkeit des Art. 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze vom 27.12.2003 (BGBI. I, Bl. 3013 ff.) und
b) zu der Frage, ob es mit dem Grundgesetz vereinbar ist, dass Pensionen und Renten unterschiedlich erhöht werden und die Beamtenpensionen und Renten der gesetzlichen Rentenversicherung in einem angemessenen Verhältnis zu einander stehen oder ob es übermäßige Diskrepanz gibt,
nach Art. 100 GG auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen,
2. das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes einzuholen, ob die Aussetzung der Rentenanpassung zum 01.07.2004 mit EU-Recht vereinbar ist (Vorabentscheidung),
3. die Sprungrevision zu zulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor, aus dem Vorbringen der Klägerin ergäben sich keine wesentlichen neuen Erkenntnisse.
Die Klägerin hat zur Stützung ihres Vorbringens mehrere Zeitungsartikel, Verbandsmitteilungen und Internetausdrucke sowie das Gutachten von Prof. Dr. Winfried Fuest, Institut der deutschen Wirtschaft Köln "Pensionen im öffentlichen Dienst - Entwicklung und Reformoptionen" März 2004, den Beschluss des Deutschen Bundestages - Petitionsausschuss - vom 06.05.2004 (Bundestags-Drucksache 15/2983) und die Analyse von Herrn Werner, Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler e. V., "Pensionen und Renten im Vergleich" zu den Gerichtsakten gereicht. Auf den Inhalt der zu den Akten gereichten Unterlagen wird Bezug genommen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichtes ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Akten des SG Gelsenkirchen S 8 RA 14/04 ER Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, da die Beteiligten sich mit dieser Vorgehensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die Klägerin wird durch den Bescheid vom 17.02.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2004 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, da sich die angefochtenen Bescheide als rechtmäßig erweisen. Die Beklagte hat zu Recht die von der Klägerin begehrte Anpassung ihrer Erwerbsunfähigkeitsrente zum 01.07.2004 um 2,66 % abgelehnt (1.). Auch die Hilfsanträge der Klägerin bleiben ohne Erfolg (2.). Die Klage war daher im Ganzen abzuweisen.
Ergänzend bleibt folgendes auszuführen:
1. Die von der Beklagten zum 01.07.2004 abgelehnte Erhöhung der Erwerbsunfähigkeitsrente der Klägerin entspricht den gesetzlichen Vorgaben von Artikel 2 des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze vom 27.12.2003 - abgedruckt im Bundesgesetzblatt 2003 Teil I Nr. 67, Bl. 301 ff. (2. SGB VI-ÄndG), wonach der aktuelle Rentenwert (§ 68 des Sechsten Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) und der aktuelle Rentenwert (Ost) (§ 255 a SGB VI) zum 01.07.2004 nicht verändert werden. Das bedeutet, die Regelung des § 65 SGB VI, die vorsieht, dass zum 01. Juli eines jeden Jahres die Renten durch den neuen aktuellen Rentenwert ersetzt wird, findet für das Jahr 2004 keine Anwendung.
2. Entgegen der Ansicht der Klägerin wird sie durch die Aussetzung der Rentenanpassung zum 01.07.2004 nicht in ihren Grundrechten verletzt. Das Gericht hat daher keinen Anlass für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 GG gesehen.
Ein Verstoß gegen die Eigentumsrechte der Klägerin aus Art. 14 GG liegt nicht vor. Zwar erstreckt sich der Eigentumsschutz nach Art. 14 GG grundsätzlich auch auf die Versichertenrenten und Anwartschaften aus Versicherungsrenten aus der gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. BVerfGE, Urteil vom 28.0.1980 in BVerfGE 53, 257 ff (289 ff); Urteil vom 17.07.1981 in BVerfGE 58, 81 ff, 109). Das Bundesverfassungsgericht hat es jedoch bislang offen gelassen, ob und inwieweit auch die Anpassung der Renten vom Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG erfasst wird (BVerfGE 100, 1, 44). Selbst wenn man die kontinuierliche Rentenanpassung dem vollen Eigentumsschutz in Art. 14 Abs. 1 GG unterstellen wollte, besteht für den Gesetzgeber nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG die Möglichkeit, beschränkend in eigentumsgeschützte Rechtspositionen einzugreifen. Das ist zulässig, wenn der Eingriff im öffentlichen Interesse liegt und den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wahrt. Hierbei hat der Gesetzgeber einen weiten gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum (Jaeger, Die Positionen in den gesetzlichen Sozialversicherungen im Spiegel der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes, NSZ 2003, 225 ff). Dies gilt um so mehr für Bestimmungen, die dazu dienen, die Funktionsfähigkeit des Systems der gesetzlichen Rentenversicherung im Interesse der Gemeinschaft der Versicherten zu erhalten, zu verbessern der veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen anzupassen. Die Finanzierung der Rentenleistungen steht in einer Wechselwirkung zur Wirtschaftskraft der Beitrags- und Steuerzahler, des Staates und der gesamten Volkswirtschaft und damit unter einem permanenten Anpassungszwang an die sich verändernden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnisse (Wiechmann, Verfassungsmäßigkeit der Rentenanpassung 2003, Die Angestelltenversicherung 2003, 307 ff). Der Gesetzgeber muss gerade bei der Entscheidung über eine Anpassung des aktuellen Rentenwertes die Belange der Rentner mit denjenigen der Beitragszahler (Generationsvertrag) vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten (Umlageverfahren) abwägen. Er darf hierbei aus Gründen der Entlastung der Beitragszahler und der Finanzierbarkeit der gesetzlichen Rentenversicherung auch keine Abkopplung der Rentenanpassung von der allgemeinen Lohn- und Gehaltsentwicklung (vgl. Urteil des Bundessozialgerichtes - BSG - vom 31.07.2002, - B 4 RA 120/00 R -) oder eine Aussetzung der Rentenanpassung vornehmen. Verfassungsrechtlich problematisch könnte es allenfalls sein, wenn künftige Rentenanpassungen kontinuierlich über einen längeren Zeitraum unterhalb der Geldentwertung (Inflation) liegen oder ausgesetzt würden (Wiechmann, Verfassungsmäßigkeit der Rentenanpassung 2003, a. a. O.). Mit Blick auf das aktuelle geringe wirtschaftliche Wachstum verbunden mit der bestehenden hohen Arbeitslosigkeit und der daraus resultierenden Finanzlücke in der gesetzlichen Rentenversicherung sieht das Gericht die vom Gesetzgeber verfügte Aussetzung der Rentenanpassung für das Jahr 2004 als verfassungsrechtlich probates Mittel, die Funktionsfähigkeit und den Erhalt des gesetzlichen Rentenversicherungssystems sicherzustellen. Die Aussetzung der Rentenanpassung ist ein notwendiger Beitrag der Rentner zur Beibehaltung des Beitragssatzes von 19,5 % im Jahr 2004 und damit zur Stabilisierung des Rentenversicherungssystems. Vor dem Hintergrund des Defizits in der Rentenversicherung bestanden für den Gesetzgeber nur zwei Möglichkeiten: eine Erhöhung des Beitragssatzes von 19,5 % auf 20,3 % mit allen negativen Wirkungen für die Beschäftigten und den Arbeitsmarkt oder die Belastung innerhalb der Rentenversicherung aufzufangen und die Rentenbezieher an der Lösung gerecht und angemessen zu beteiligen (Bundestags-Drucksachen 15/1830, S. 8 und 15/1893, S. 11). Unter Berücksichtigung der in den Vorjahren 2001 bis 2003 erfolgten Rentenanpassungen im Rahmen einer modifizierten Bruttoanpassung handelt es sich bei der jetzigen Aussetzung der Rentenanpassung auch um eine erlaubte und verhältnismäßige, weil begrenzte und nur vorübergehende Suspendierung der Prinzipien der Anpassung nach der Lohn- und Gehaltsentwicklung. Soweit die Klägerin meint, die Rentner trügen bereits durch die Abgaben auf die Ökosteuer zur Stabilisierung des Rentenbeitrages ausreichend bei, verkennt sie, dass nicht nur Rentner, sondern alle Bürger diese Steuern entrichten, auch soweit diese - wie Beamte, Selbstständige oder Mitglieder von Versorgungswerken - nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind. Zudem muss es im Interesse eines jeden Rentners als Leistungsbezieher liegen, dass das Rentenversicherungssystem leistungsfähig erhalten bleibt.
Auch ein Verstoß gegen den Vertrauensschutzgrundsatz (Art. 20 GG) liegt nicht vor. Soweit die Klägerin eine Kürzung ihrer (Netto-)Rente rügt, weil sie seit dem 01.04.2004 von ihrer Rente den vollen Beitrag zur Pflegeversicherung zu entrichten hat, gleichzeitig aber zum 01.07.2004 keine Rentenanpassung erhält, bleibt auszuführen, dass die Beklagte insoweit zu Recht auf die höchst richterlicher Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes verwiesen hat, wonach Versicherte und Rentner von vornherein nicht mit der stets unveränderten Fortgeltung der gesetzlichen Regelungen in der Rentenversicherung rechnen können. Der Versicherte trägt zusammen mit den Chancen, welche die gesetzliche Rentenversicherung ihm gibt, auch die entsprechenden Risiken (BVerfGE 58, 81 ff, 123). Zu diesen gehören aber die Veränderungen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und Produktivität (BverfG Urteil vom 10.05.1983, - 1 BVR 820/79 -). Bislang war es der gesetzlichen Rentenversicherung möglich, neben ihrem herkömmlichen Leistungsspektrum die Hälfte der Beitragslast der Rentner in der 1995 eingeführten Sozialen Pflegeversicherung zu übernehmen. Die Leistungen wurden gewährt, obwohl die Rentner, denen diese Leistungen heute zugute kommen, während ihrer Erwerbsphase regelmäßig nicht oder nur kurz durch eigene Beiträge zur Finanzierung beigetragen habe. Aufgrund der aktuellen finanziellen Situation der gesetzlichen Rentenversicherung kann diese Leistung jedoch nicht weiter von ihr erbracht werden. Bei der Einführung der Pflegeversicherung haben die Arbeitnehmer durch den Verzicht auf einen Feiertag zur Finanzierung beigetragen. Die Belastung der Rentner wird nunmehr ähnlich wie bei den Aktiven ausgestaltet und sorgt für Gerechtigkeit (Bundestags-Drucksachen 15/1830, S. 8 und 15/1893, S. 11).
Der Auffassung der Klägerin, die Konsolidierung der gesetzlichen Rentenversicherung sei allein Aufgabe des Bundes, jedenfalls nicht der Rentner, zumal der Bund bereits jetzt schon für nicht beitragsgedeckte Zeiten erhebliche Transferleistungen in den Rentenversicherung zahle, folgt das Gericht nicht. Nach § 213 SGB VI zahlt der Bund allgemeine und besondere Zuschüsse nicht beitragsgedeckte Leistungen der Rentenversicherung pauschal abgegolten werden. Für den allgemeinen Bundeszuschuss für das Beitrittsgebiet gilt § 287 e SGB VI. Schließlich zahlt der Bund die Beiträge für Kindererziehungszeiten (§ 177 SGB VI). Aus den Regelungen der Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG und 120 Abs. 1 Satz 4 GG kann ein Anspruch gegen den Bund auf eine darüber hinaus gehende Finanzierung der Rentenversicherung nicht entnommen werden, insbesondere nicht eine verfassungsrechtliche Aufgabe des Bundes, die gesetzliche Rentenversicherung ohne Inanspruchnahme der Versichertengemeinschaft umfassend zu sanieren. Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG regelt lediglich die Kompetenz zwischen dem Bund und den Ländern für die Gesetzgebung auf dem Gebiet der Sozialversicherung. Art. 120 Abs. 1 Satz 5 GG ordnet an, dass der Bund die Zuschüsse zu den Lasten der Sozialversicherung trägt und regelt allein das Verhältnis zwischen Bund und Ländern bezüglich der Zahlung von Vorschüssen (Lastenverteilungsregelung). Sowohl Art. 120 Abs. 1 Satz 4 GG als auch Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG gewähren aber keine Ansprüche gegen den Bund auf bestimmte Zahlungen in der Sozialversicherung, weder für die einzelnen Versicherten noch für die Sozialversicherungsträger (Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, § 120 Rdn. 1).
Mit Blick auf die von der Klägerin gerügte Erhöhung der Beamtenpensionen im Jahr 2004 und die möglichen Unterschiede im Versorgungsniveau von Rentnern und Ruhestandsbeamten kann ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht festgestellt werden, auch kann die Klägerin aus Art. 3 Abs. 1 GG als Teilhaberecht keinen Anspruch auf eine Rentenanpassung in Höhe von 2,66 % für sich herleiten. Bei den hier zum Vergleich gestellten Lebenssachverhalten der Versorgung durch die gesetzliche Rentenversicherung einerseits und der Beamtenversorgung andererseits handelt es sich um keine vergleichbaren Sachverhalte im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG, denn die beiden Versorgungssysteme sind von erheblichen Unterschieden geprägt. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verbietet jedoch lediglich eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obgleich zwischen den beiden Gruppen keine Unterschiede solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfGE 83, 395, 401). Die Beamtenversorgung ist als soziales Sicherungssystem verfassungsrechtlich geschützt und zwar auf der Grundlage von Art. 33 Abs. 5 GG. Danach hat der Gesetzgeber das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln, hierzu gehört u. a. die Pflicht des Dienstherrn, den Beamten und seine Familie lebenslang amtsangemessen zu alimentieren, das heißt, Unterhalt und Versorgung zu gewähren, auch nach Eintritt der Dienstunfähigkeit bzw. Erreichen des Pensionsalters und Ausscheidens aus dem aktiven Dienst (BVerfGE 44, 249, 264; 76, 256, 298). Die dienstherrenseitige Pflicht zur Alimentation steht in einer Wechselbeziehung zur Verpflichtung des Beamten, sich im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses grundsätzlich auf Lebenszeit mit seiner vollen Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen und gemäß den jeweiligen Anforderungen seine Dienstpflicht zu erfüllen (BVerfGE 39, 196, 201; 76, 256, 323 f). Im Vergleich mit der gesetzlichen Rentenversicherung erweist sich das soziale Sicherungssystem der Beamtenversorgung rechtlich betrachtet als ein "aliud" (siehe auch BVerfGE 11, 283, 290 f), das aufgrund seiner Zugehörigkeit zum Beamtenrecht eine außerhalb der Sozialgesetzgebung liegende beamtengesetzliche Ausgestaltung erfährt. Diese rechtliche Sonderheit im Verhältnis zur gesetzlichen Rentenversicherung kann durch die sozialpolitisch betrachtet bestehende Zweckidentität beider sozialer Sicherungssysteme nicht überspielt werden und gilt es gesetzgeberisch bei der Aus- und Umgestaltung der jeweiligen Systeme auch im Hinblick auf gemeinsame Herausforderungen wie die Veränderung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu beachten (Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 3 Rentenversicherung, 1. Auflage 1999, § 13 Rdn. 4, 10, 12). Ein bloßer Vergleich der Bezugshöhe der gesetzlichen Rente und eines entsprechenden Ruhegehalts bzw. der jeweiligen jährlichen Renten- bzw. Pensionsanpassung verbietet sich daher mit Blick auf die systembedingten Unterschiede. Auch obliegt es allein dem Gesetzgeber zu entscheiden, ob er die sich von einander unterscheidenden sozialen Sicherungssysteme in ihrer Existenz aufrecht erhalten oder ggf. ob und wie er die Systeme aneinander angleichen will, wobei er die systembedingten Unterschiede zu berücksichtigen hat. In diesem Zusammenhang bleibt zu berücksichtigen, dass es in den letzten Jahren auch in der Beamtenbesoldung und -versorgung zu Einschnitten zwecks Konsolidierung der öffentlichen Haushalte gekommen ist. Im Bereich der sozialen Sicherung ist von Seiten des Gesetzgebers von jeher darauf geachtet worden, dass die Entwicklung des Systeme - unter Berücksichtigung der systembedingten Unterschiede - im Gleichklang erfolgt und Veränderungen der allgemeinen sozialen Sicherungssysteme wirkungsgleich auf die beamtenrechtlichen Systeme übertragen wurden. So sind zwischenzeitlich mit verschiedenen Dienstrechts- und Versorgungsreformgesetzen umfassende Maßnahmen (Kürzung von Dienstunfähigkeitsansprüchen, Versorgungsabschlag zum Aufbau von Versorgungsrücklagen, Verringerung von Sonderzahlungen etc.) mit dem Ziel der Kostendämpfung getroffen worden (SG Gelsenkirchen, Urteil vom 30.04.2004, S 8 RA 80/03).
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes zitiert und diese dem Gericht berücksichtigt wissen will, bleibt folgendes auszuführen: In dem Urteil vom 06.03.2002 hat das Bundesverfassungsgericht (- 2 BvL 17/99 -) erklärt, dass die unterschiedliche Besteuerung der Beamtenpensionen nach § 19 Einkommensteuergesetz (EStG) und der Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a EStG mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar ist. Weiterführende Feststellungen zu den hier vorliegenden Fragen der Zulässigkeit einer Aussetzung der Rentenanpassung in der gesetzlichen Rentenversicherung und der Vergleichbarkeit des Versorgungsniveaus von gesetzlichen Renten und Beamtenpensionen enthält die Entscheidung nicht. Das Bundesverfassungsgericht stellt insoweit vielmehr ausdrücklich fest, dass es für die verfassungsrechtliche Würdigung der unterschiedlichen Besteuerung von Versorgungsbezügen der Ruhestandsbeamten und von Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung allein auf den Vergleich einkommenssteuerlicher Be- und Entlastung der jeweiligen Bruttobezüge der Steuerpflichtigen ankomme, nicht aber auf einen Vergleich der Nettoversorgung (sog. steuerrechtsimmanente Betrachtungsweise). Auf die Nettoausstattung könne es unter sozialstaatlichen wie auch unter beamtenversorgungsrechtlichen Aspekten ankommen. Dagegen verbiete es sich, die Vereinbarkeit der geltenden Normen zur Pensions- und Rentenbesteuerung mit Art. 3 Abs. 1 GG systemübergreifend unter dem Aspekt zu würdigen, ob und wieweit die einkommenssteuerliche Belastung einen Betrag zu einer gleichermaßen angemessenen Nettoversorgung der Rentner und Ruhestandsbeamten leiste. In dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 07.11.2002 (- 2 BvR 1053/98 -) hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass es die Fürsorgepflicht des Dienstherrn als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums (Art. 33 Abs. 5 GG) nicht gebietet, einem Beamten im Rahmen der Beihilfe Wahlleistungen in der Krankenhausversorgung zu gewährleisten. Hier hat das Bundesverfassungsgericht seine langjährige Rechtsprechung aufrecht erhalten, dass zu den hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums im Sinne des § 33 Abs. 5 GG das Alimentationsprinzip und die Fürsorgepflicht gehören, wobei letztere die Beihilfe in ihrer gegenwärtigen Gestalt nicht umfasst. In dem Vorlagebeschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 06.05.2004 (- 2 BvL 16/02 -) geht es um die Frage, ob die durch das Dienstrechtsreformgesetz erfolgte Änderung des Aufsteigens in den Grundgehaltsstufen ohne weitere Übergangsregelungen mit Art. 3 Abs. 1 GG und Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar ist. Es ist für das Gericht nicht ersichtlich, welche weiterführenden Feststellungen sich aus diesen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes zu beihilferechtlichen bzw. besoldungsrechtlichen Fragestellungen für die hier zur Entscheidung stehenden Fragen ergeben sollen. Dies wird auch von der Klägerin nicht näher dargelegt.
3. Für das Gericht bestand keine Veranlassung nach Art. 177 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) zu verfahren. Die Klägerin verweist auf zwei europäische Antidiskriminierungs-Richtlinien und trägt vor, sie werden wegen ihres Alters benachteiligt, weil sie als Rentnerin im Vergleich zu Bematenpensionären im Jahre 2004 keine Rentenerhöhung erhält. Es handelt sich bei den EU-Richtlinien zum einen um die Anti-Rassismus-Richtlinie, die auch eine privatrechtliche Gleichbehandlung unabhängig von Rasse und ethnischer Herkunft sichern soll und zum zweiten um die Richtlinie zur Gleichbehandlung im Arbeitsrecht ohne Unterschied der Rasse und ethnischen Herkunft, der Religion, Weltanschauung, Behinderung, sexuellen Ausrichtung und des Alters. Für einen Anspruch der Klägerin als erwerbsunfähige Rentnerin bezüglich der Versorgung bzw. Rentenanpassung einem Ruhestandsbeamten gleichgestellt zu werden, können die Richtlinien, die eine Gleichbehandlung unabhängig von der Rasse und ethnischer Herkunft bzw. eine Gleichbehandlung im Arbeitsrecht postulieren, offensichtlich nicht herangezogen werden.
4. Gegen dieses Urteil wird die Sprungrevision gemäß §§ 161, 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG nicht zugelassen, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung, da die höchst richterlichen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes (a. a. O.) und des Bundessozialgerichtes (Urteil vom 31.07.2002 - B 4 RA 120/00 R -) hinreichende Anhaltspunkte für die Beantwortung der vorliegenden Rechtsfragen bieten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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