L 1 U 570/07

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 6 U 3648/05
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 U 570/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Wenn die Satzung eines Vereins das Errichten und Betreiben künstlicher Kletteranlagen vorsieht, sind Vereinsmitglieder beim Aufbau eines Baugerüstes zum Anbringen von Kletterelementen nicht als "Wie-Beschäftigte" versichert. Dies gilt auch dann, wenn sich der Verein mit seiner Kletterwand im Vorfeld einer Gartenschau an einem "Tag der offenen Tür" beteiligt und dafür von deren Träger eine Aufwandsentschädigung erhält.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Altenburg vom 11. April 2007 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anerkennung eines Ereignisses am 24. Juni 2005 als Ar-beitsunfall.

Der 1987 geborene Kläger ist seit seinem siebten Lebensjahr Mitglied im Deutschen A.- Sektion G.(DAV-Gera). Mit 17 Jahren wurde er Jugendleiter und leitete eine Jugendgruppe an. Der DAV-G.ist in das Vereinsregister des Amtsgerichtes Gera. eingetragen und recht-lich wesentlich selbständig im Rahmen der Satzung des DAV e.V. (§ 6 Abs. 1). Vereins-zweck ist nach § 2 der Satzung des DAV-G.vom 10. Mai 2005 unter anderem "das Bergsteigen und alpine Sportarten, vor allem in den Alpen und den deutschen Mittelgebir-gen, besonders für die Jugend und die Familien, zu fördern und zu pflegen". Der Vereins-zweck wird nach § 3 Buchstabe d) unter anderem durch das "Errichten, Erhalten und Betreiben künstlicher Kletteranlagen" verwirklicht.

Die Vereinsmitglieder nutzten Kletterhallen in G., später in Jena. 2003 erwarb der Verein eine mobile Kletterwand, die aus acht Plattenelementen á 2,50 m mal 1,25 m besteht und sowohl an ein herkömmliches Baugerüst, an Halleninnenwänden und Hausaußenwände angebaut als auch ohne Gerüst (Bouldervariante) aufgestellt werden kann. Der Verein in-formierte auf seinen Internetseiten (http//www.dav-gera.de) zu den Möglichkeiten der Nutzung und Ausleihe der Kletterwand. Es gab eine vorformulierte "Leihvertrag-Vereinbarung".

Am 20. Juni 2005 vereinbarte der DAV-G.mit der Bundesgartenschau G. und R.2007 GmbH, deren Rechtsnachfolgerin die Beigeladene zu 2) ist, die Teilnahme des Vereins an dem am 25. Juni 2005 stattfindenden "Tag der offenen Tür der BUGA". Der DAV-G. soll-te mit einer "Kletterwand 2,50 m mal 12 m und eigenem Stand zur Mitgliederwerbung, incl. Betreuung" teilnehmen. Der Verein und die Beigeladene zu 2) vereinbarten eine Auf-wandsentschädigung in Höhe von 350,00 EUR zzgl. 50,00 EUR Kaution. Der DAV-G. mietete ein Fassadengerüst zum Preis von 100,00 EUR an.

Der Kläger beteiligte sich mit weiteren Mitgliedern des DAV-G.am 24. Juni 2005 am Auf-bau des Gerüsts. Während der Aufbauarbeiten fuhr ein fremder Arbeiter mit einem Bagger gegen ein Halteseil und brachte damit das Gerüst zum Einsturz; der Kläger stürzte aus etwa zehn Metern Höhe mit dem Gerüst zu Boden und zog sich vielfältige Verletzungen zu. Zwei weitere Vereinsmitglieder kamen ebenfalls zu Schaden.

Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 22. Juli 2005 die Gewährung von Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung ab, weil der Kläger beim Aufbau des Gerüstes seinen Pflichten als Vereinsmitglied nachgekommen sei. Aufgrund der in der Satzung vorgesehe-nen Tätigkeit des Errichtens, Erhaltens und Betreibens künstlicher Kletteranlagen sei der Aufbau des Gerüsts ebenfalls als mitgliedschaftliche Pflicht anzusehen und daher nicht versichert. Zu klären sei allenfalls eine Verpflichtung der Beigeladenen zu 1). Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein; der Aufbau des Baugerüstes gehöre nicht zu seinem Pflichtenkreis als Vereinsmitglied.

Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte eine Stellungnahme des Vereinsvorsitzenden F. zu verschiedenen Fragen der Vereinspflichten - auch in Zusammenhang mit dem Auf-bau der Kletterwand - ein. Der Hauptgeschäftsführer des DAV äußerte sich mit Schreiben vom 11. August 2005 zu § 3 Buchstabe d) der für alle Sektionen des DAV verbindlichen Satzung (vgl. § 3 Buchstabe e) der Satzung des DAV e.V.). Unter einer Kletterwand im Sinne der Vorschrift sei nur eine fest installierte und keine mobile Anlage zu verstehen.

Die Beklagte wies den Widerspruch als unbegründet zurück (Bescheid vom 29. November 2005). Der Aufbau der Kletterwand und des dazu notwendigen Baugerüstes könnten nur als einheitlicher Vorgang angesehen werden. Beides würde vom Pflichtenkreis der fach-kundigen Vereinsmitglieder erfasst.

Dagegen hat der Kläger am 29. Dezember bei dem Sozialgericht Altenburg Klage erhoben. Er sei freiwillig und ohne mitgliedschaftliche Verpflichtung tätig geworden, weil der Auf-bau eines Gerüstes weit über die Pflichten im DAV-G. hinausgehe.

Das Sozialgericht Altenburg hat zunächst den Unfallversicherungsträger der Beigeladenen zu 2) beigeladen. Mit Gerichtsbescheid vom 11. April 2007 hat es die Klage abgewiesen. In der Begründung hat es darauf abgestellt, dass der Kläger in Erfüllung seiner Vereins-mitgliedschaft tätig geworden ist. Dabei sei es unerheblich, ob es sich bei der tatsächlichen Verrichtung um eine geringfügige oder eher höherwertige Tätigkeit gehandelt habe, denn der Aufbau einer mobilen Kletterwand sowie die damit in unmittelbaren Zusammenhang stehenden Vorarbeiten (hier: der Aufbau des Gerüsts) sei eine in der Satzung festgelegte Pflicht.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Unter Verweis auf die Gefähr-lichkeit der Gerüstbauarbeiten und die Auslegung der Satzung in engerem Sinne, dass nämlich nur das Betreiben fest installierter Anlagen erfasst werden sollte, ist er der Auffas-sung, dass keine Vereinspflicht erfüllt worden sei. Er meint, dass er jedenfalls für die Bei-geladene zu 2) tätig geworden sei, weil das Gerüst letztlich in ihrem Auftrag aufgebaut worden sei.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Altenburg vom 11. April 2007 und den Bescheid vom 22. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2005 aufzuheben und festzustellen, dass das Ereignis vom 24. Juni 2005 ein Arbeitsunfall war.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat auf ihren bisherigen Vortrag verwiesen und ergänzt, dass die satzungsmäßige Pflicht unabhängig von der Wertigkeit zum Ausschluss des Versicherungsschutzes führe.

Die Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt.

Die Beigeladene zu 2) beantragt

festzustellen, dass der Kläger den Unfall vom 24. Juni 2005 als versicherte Person erlitten hat.

Sie vertritt die Auffassung, der Kläger sei nicht aufgrund von Vereinspflichten tätig ge-worden, sondern habe "eine Aufgabe der BUGA erfüllt".

Das Gericht hat zunächst schriftliche Zeugenvernehmungen mit dem Vereinsvorsitzenden (F.) sowie weiteren Mitgliedern (O. und K.) durchgeführt. Der Zeuge K. hat dabei unter anderem angegeben, die Kletteranlage sei vor dem 24. Juni 2005 etwa zehnmal angefordert worden, wobei in 70 Prozent der Fälle auch die Vereinsmitglieder beim Aufbau - insbe-sondere von Baugerüsten geholfen hätten. Der Zeuge O. hat angegeben, dass etwa zwei- bis dreimal jährlich vor dem Ereignis die Kletteranlage vermietet worden sei, wobei zwei-mal ein Gerüst durch den Verein besorgt und die Mitglieder aufgebaut worden sei. Der Vereinsvorsitzende F. hat demgegenüber angegeben, dass erstmalig am Schadenstag das Gerüst angefordert worden sei und hierzu auch erstmals Hilfe seitens der Mitglieder geleis-tet worden sei.

Darüber hinaus hat das Gericht die Bundesgartenschau G. und R.2007 GmbH beigeladen, deren Rechtsnachfolger die Beigeladene zu 2) ist.

In dem Erörterungstermin vom 18. Februar 2011 wurden die Zeugen O., F. und K. von der Berichterstatterin des Senates gehört. Auf die Niederschrift von diesem Tag wird Bezug genommen. Der Senat hat sodann in der mündlichen Verhandlung Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen E.und O ... Auf das Ergebnis der Beweisaufnahme wird in den Entscheidungsgründen eingegangen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen sowie den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, aber unbegründet. Der Senat durfte eine Entscheidung in der Sache treffen, obwohl das Sozialgericht den Rechtsstreit verfahrensfehlerhaft durch Gerichtsbescheid entschieden hat. Eine Entschei-dung durch Gerichtsbescheid kann nach § 105 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nur getroffen werden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächli-cher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Im Rahmen des danach auszuübenden Ermessens ("kann") hat das Gericht die Umstände abzuwägen, die für oder gegen den Erlass eines Gerichtsbescheides sprechen. Das gilt jedenfalls dann, wenn neben der Beantwortung der eigentlichen Rechtsfrage noch weitere besondere und daher zu be-rücksichtigende Umstände vorliegen. Abgesehen davon, dass aus Sicht des erkennenden Senates eine umfangreiche Beweisaufnahme erforderlich war, um die Frage zu klären, ob der Kläger bei der Tätigkeit des Gerüstaufbaus unfallversichert war, lagen vorliegend auch für den erstinstanzlichen Richter ersichtlich besondere Umstände vor. Der Rechtsstreit des Klägers wurde vorgreiflich für die Verfahren der weiteren bei diesem Unfall verletzten Vereinsmitglieder geführt; zudem folgen aus der Entscheidung wichtige haftungsrechtliche Konsequenzen für die zivilrechtlichen Streitigkeiten aus dem Unfallgeschehen. Eine ent-sprechende Ermessensabwägung enthalten weder der Gerichtsbescheid selbst noch die zu-vor erfolgte Anhörung dazu. Wegen der besonderen Bedeutung des Rechtsstreites verbot sich daher eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid. Der Vorsitzende der 6. Kammer des Sozialgerichts Altenburg hat somit den Kläger entgegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 des Grund-gesetzes (GG) seinem gesetzlichen Richter entzogen (BSG, Urteil vom 16.03.2006, Az.: B 4 RA 59/04 R). Trotz dieses wesentlichen Verfahrensmangels des Sozialgerichts konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden, denn nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG besteht die Befugnis, nicht aber die zwingende Verpflichtung des Landessozialgerichtes, den Ge-richtsbescheid aufzuheben und die Sache an das Sozialgericht zurückzuverweisen (BSG, Urteil vom 30.08.2001, Az.: B 4 RA 87/00). Eine Zurückverweisung war im vorliegenden Fall angesichts der langen Verfahrensdauer und der nachfolgenden Verfahren im Interesse der Beteiligten nicht sachgerecht.

Das Sozialgericht Altenburg hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Sturz von dem Baugerüst am 24. Juni 2005 war kein Arbeitsunfall.

Nach § 8 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Arbeitsunfälle Un-fälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 be-gründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Der Kläger stand bei der Tätigkeit, die zum den streitigen Ereignis führte, nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.

Ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII als Beschäftigter liegt weder ge-genüber der Beklagten noch gegenüber der Beigeladenen zu 2) bzw. deren Rechtsvorgän-gerin vor. Der Kläger war auch nicht nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII wie ein Beschäftigter tätig. Hierfür ist ausreichend, dass eine ernstliche Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert, die einem fremden Unternehmen (auch Privatperson) dienen soll, ihrer Art nach von Personen verrichtet werden kann, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Be-schäftigungsverhältnis stehen und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unter-nehmers (auch der Privatperson) entspricht, unter Umständen, die einer Tätigkeit in einem Beschäftigungsverhältnis ähnlich sind und nicht aufgrund einer Sonderbeziehung (z.B. Familie oder Verein) verrichtet wird (BSG, Urteile vom 30. Mai 1988, Az.: 2 RU 81/87 und 31. Mai 2005, Az: B 2 U 35/04 R).

Der Kläger war nicht wie ein Arbeitnehmer für die Beigeladene zu 2) tätig. Vielmehr be-stand zwischen dem Verein (DAV-Gera) und der Beigeladenen zu 2) ein Auftragsverhält-nis. Hiernach schuldete der Verein der Beigeladenen zu 2) die Errichtung und Betreuung der Kletterwand inklusive des Aufbaus des dazu nötigen Gerüstes. Der Verein sollte dies mit eigenen Materialien und eigenen Mitgliedern bewerkstelligen; geschuldet war demzu-folge ein Erfolg an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit.

Der Kläger selbst war für den Verein, den Auftragnehmer, tätig, jedoch nicht wie ein Beschäftigter. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG schließt die Mitgliedschaft in einem Verein die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zwar nicht von vorn-herein ein und damit auch nicht schlechthin eine versicherte Tätigkeit wie ein Beschäftigter aus (BSG, Urteil vom 13. August 2002, Az.: B 2 U 29/01 R). Es ist aber zu unterscheiden zwischen Arbeitsleistungen, die nur auf Mitgliedschaftspflichten beruhen und Arbeitsleis-tungen, die außerhalb dieses Rahmens verrichtet werden. Letzteres setzt voraus, dass die Verrichtung über das hinausgeht, was Vereinssatzung, Beschlüsse der Vereinsorgane oder allgemeine Vereinsübung als Arbeitsverpflichtung der Vereinsmitglieder festlegen. Zu den auf allgemeiner Vereinsübung beruhenden Mitgliedspflichten zählen nach der ständigen Rechtsprechung des BSG Tätigkeiten, die ein Verein von jedem seiner Mitglieder erwarten kann und die von den Mitgliedern dieser Erwartung entsprechend auch verrichtet werden. Die Grenzen dessen, was der Verein von seinen Mitgliedern erwarten darf, können je nach Mitglied unterschiedlich sein. Hinsichtlich der Vereinsübung ist allein wesentlich, ob der Verein erwarten kann, dass bestimmte Aufgaben von geeigneten Mitgliedern wahrgenom-men werden und geeignete Mitglieder regelmäßig der Erwartung des Vereins auch nach-kommen (BSG, Urteil vom 24. März 1998, Az.: B 2 U 13/97 R).

So liegt der Fall hier. Im vorliegenden Fall beruhte die konkrete Tätigkeit, nämlich das Aufbauen eines Baugerüstes als Vorarbeit zum Aufbau einer mobilen Kletteranlage, auf den Mitgliedspflichten des Klägers. Dabei kommt es allerdings nicht darauf an, ob der Verein die Errichtung der Kletterwand inklusive des Gerüstes aus vorrangig eigenem Inte-resse oder im Interesse der Beigeladenen zu 2) zugesagt hatte. Ansonsten würde eine Tä-tigkeit als "Wie-Beschäftigter" bereits dann ausscheiden, wenn zwar Pflichten aus dem Vereinsverhältnis (wie beispielsweise die Repräsentation des Vereins) erfüllt werden durch das einzelne Vereinsmitglied, die Tätigkeit selbst jedoch nicht (nur) dem Verein sondern (auch) einem Dritten dienen soll und dient - wie üblicherweise in Auftragsverhältnissen zwischen dem Verein und einem Dritten (vgl. BSG, Urteil vom 10. Oktober 2002, Az.: B 2 U 14/02 R). Der Versicherungsschutz als "Wie-Beschäftigter" ist jedenfalls aufgrund der Erfüllung mitgliedschaftlicher Pflichten gegenüber dem Verein zu verneinen.

Mitgliedspflichten können sich dabei aus der Satzung des Vereins, den Beschlüssen der zuständigen Vereinsorgane oder auch auf Grund allgemeiner Vereinsübung ergeben. Ent-scheidend für die Beurteilung ist dabei die Vereinswirklichkeit, in der Satzung, Organbe-schlüsse und allgemeine Vereinsübung übereinstimmen (BSG, ebenda).

Der DAV-G.hat in seiner Satzung als Vereinszweck die Förderung und Pflege des Berg-steigens und alpiner Sportarten, vor allem in den Alpen und den deutschen Mittelgebirgen, besonders für die Jugend und die Familien festgelegt. Bereits aus dem Vereinsnamen und diesem normierten Zweck wird deutlich, dass das Bergsteigen und Klettern eine wesentli-che Zielsetzung für die Vereinsmitglieder ist. Nach § 3 Buchstabe d) der Satzung wird der Vereinszweck unter anderem durch das "Errichten, Erhalten und Betreiben künstlicher Kletteranlagen" verwirklicht. Diese Regelung unterscheidet dabei weder nach ihrem Wort-laut noch nach Sinn und Zweck zwischen festen und mobilen Kletteranlagen. Die schrift-lich geäußerte Auslegung der Regelung durch den Hauptgeschäftsführer des Deutschen Alpenvereins, wonach diese Formulierung nur fest installierte Kletteranlagen erfassen soll, findet in der Satzung keine Entsprechung. Erwähnt ist lediglich, dass es sich um eine künstliche Anlage handeln muss. Unter der Überschrift "Informationen über Bauweisen von künstlichen Kletteranlagen" findet sich im Internet ein Informationsblatt des Deut-schen Alpenvereins e.V. über die Bauweise von Kletteranlagen. Das Informationsblatt be-inhaltet eine ausführliche Beschreibung der Möglichkeiten künstlicher Anlagen, wobei zwei Typen unterschieden werden (Boulderwand und Toprope- oder Vorstiegswand). Die Unterscheidung betrifft jedoch lediglich die Kletterform und -höhe, d.h. ob mit oder ohne Halteseil geklettert werden kann. Es werden die verarbeiteten Materialien (Holz und glas-faserverstärkter Kunststoff) dargestellt. Eine ausdrückliche Beschränkung auf fest instal-lierte Anlagen findet nicht statt. Auf der Internetseite www.ontopklettern.de werden künst-liche Kletterwände vorgestellt, wobei unter dem Punkt "Aufbauart" sowohl der mobile als auch der stationäre Aufbau erfasst sind.

Nach dem Wortlaut wird grundsätzlich auch das Aufstellen eines hierzu erforderlichen Gerüstes durch die Alternative "Errichten künstlicher Kletteranlagen" erfasst. Eine Ein-schränkung, dass die im Streit stehende Regelung nur für Kletteranlagen gelten soll, die in der Bouldervariante aufgestellt oder an festen Hauswänden installiert werden, ist diesem Wortlaut nicht zu entnehmen. Die von dem Verein angeschaffte Kletteranlage ist zwar auch als sogenannte Bouldervariante - d.h. ohne Gerüst - aufzustellen, für die Nutzung der acht Plattenelemente übereinander ist aber - jedenfalls beim Aufbau in freiem Gelände - ein Baugerüst erforderlich. Der Verein besaß das Befestigungsmaterial zur Sicherung des Gerüstes, wie die Stahlseile, Gerüststangen, Dübel und Wandanker. Das hat der Zeuge O. in der mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Senat bestätigt, geht aber ohnehin aus der Internetseite des Vereins zur mobilen Kletterwand (Blatt 3 der Verwaltungsakte) hervor. Soweit der Zeuge darauf hinweist, dass er - in Person - die Kletterwand sozusagen als Paket mit diesem Equipment erworben hat, schließt das eine Nutzung des Befesti-gungsmaterials nicht aus. Im Gegenteil offeriert der Verein auf dieser Internetseite auch das Material für die Befestigung und den Aufbau des Gerüstes und bietet Hilfe bei "Auf-bau, Betreuung, Abbau" an, ohne dies allein auf den Aufbau der Kletterwand zu reduzie-ren.

Auch der Sinn und Zweck der Regelung erfordert keine Beschränkung auf stationäre Klet-teranlagen. Neben der Befestigung an einer Hauswand ist auch die Befestigung an einem Gerüst ein typisches "Errichten" einer künstlichen Kletteranlage. Der DAV-G.sieht sich selbst als gemeinnützigen Verein, der sich naturgemäß auch an Nichtmitglieder richtet. Darüber hinaus dürfte es durchaus im Interesse des Vereins sein, durch öffentlichkeits-wirksame Veranstaltungen weitere Mitglieder zu gewinnen. In diesem Sinne ist auch die Teilnahme an dem "Tag der offenen Tür der BUGA" zu sehen. Eine solche Außenwirkung lässt sich nur mit flexiblen Einrichtungen verwirklichen. Jedenfalls besaß und besitzt der rechtlich selbständige DAV-G. die mobile Kletterwand, hat sie zu verschiedenen Anlässen vor und nach dem hier streitigen Ereignis genutzt, wirbt damit und bietet sie und die Mit-hilfe bei Aufbau und Betreuung noch immer im Internet an, so dass auch die tatsächliche Übung einer Beschränkung der Satzung auf fest installierte Kletteranlagen widerspricht.

Dafür, dass die Vereinsmitglieder den Aufbau auch des Gerüstes als ihre Vereinspflicht angesehen haben, spricht bereits die erste Auskunft des Vereinsvorsitzenden F. im Verwal-tungsverfahren gegenüber der Beklagten, dass zwei Vereinsmitglieder mit Sachkunde vor-handen waren, die das Gerüst hätten aufbauen und unter deren Anleitung auch die übrigen Helfer an dem Aufbau des Gerüstes hätten mitwirken können. Im Laufe des Gerichtsver-fahrens haben die befragten Mitglieder hierzu schriftlich ausgesagt, dass vor dem Ereignis in zwei Fällen (Zeuge O.), in 70 Prozent der Fälle (Zeuge K.) die Vereinsmitglieder beim Aufbau der Baugerüste geholfen hätten. Der Zeuge O. hat diese Aussage in der Verhand-lung vor dem erkennenden Senat auf Vorhalt bestätigt. Der Senat hatte im Übrigen keine Zweifel daran, dass er - ebenso wie der Zeuge E.- die Wahrheit gesagt hat. Der Zeuge E. hat allein dort ausweichend reagiert, wo er - ohne dass dies vom Senat beabsichtigt gewe-sen wäre- Fragen zu seiner Verantwortlichkeit bei dem Unfallgeschehen vermutete. Der Kläger selbst hat im Erörterungstermin vor der Berichterstatterin des Senats angegeben, mindestens in einem Fall sei das Gerüst so schon aufgebaut worden und an dieser Auskunft auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat festgehalten. Allein der Vereinsvorsit-zende F. hatte in seiner schriftlichen Aussage angegeben, die Kletterwand sei erstmals an-lässlich des Unfallgeschehens von dritter Seite angefordert worden, hat das aber bereits in dem Erörterungstermin vor der Berichterstatterin des Senates relativiert und im Übrigen darauf hingewiesen, dass die Kletterwand das "Metier" des Zeugen O. war und ist. Letzte-res steht zur Überzeugung des Senates nach Auswertung aller Zeugenaussagen fest. Der Zeuge war Jugendwart, hatte die Kletterwand für den Verein erworben und für deren Ein-lagerung Sorge getragen. Für Aushändigung und Annahme der Wand war er zuständig. Daher kommt seiner Aussage auch besonderes Gewicht zu. Hiernach wurde die Kletter-wand aber "mindestens einmal pro Jahr vermietet" und "in zwei Fällen" vor dem Unfaller-eignis halfen die Vereinsmitglieder bei dem Auf- und Abbau mit. In einem weiteren Fall, dem Vereinsjubiläum im Jahre 2004 bauten Vereinsmitglieder ebenfalls das Gerüst auf.

Dafür, dass den Vereinsmitgliedern diese Tätigkeit zugemutet werden konnte, spricht, dass auch am Tag des Aufbaus der Zeuge E., der im Gerüstbau Erfahrung hatte, anwesend war. Der Kläger war ein erfahrener Kletterer. Nach den Aussagen der Zeugen ist der Aufbau eines Gerüstes nicht sehr kompliziert; es handelt sich um ein Stecksystem. Für den Senat ist auch nicht ersichtlich, dass die Tätigkeit des Gerüstbaus wesentlich gefährlicher ist, als die des Aufbaus der mobilen Kletterwand selbst. Schließlich hat sich mit dem Unfall nicht ein der Tätigkeit selbst innewohnendes Risiko verwirklicht, sondern eine äußere Einwir-kung hat das Gerüst zum Einsturz gebracht.

Zu Recht ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass eine Unterscheidung danach, ob die Tätigkeit geringfügig ist, bei satzungsmäßig festgelegten oder der konkreten Vereins-übung entsprechenden Pflichten nicht zu treffen ist. Entscheidend ist dabei, dass die mitgliedschaftlichen Verpflichtungen in einem Verein nicht für alle Mitglieder gleich sein müssen, sondern auch nach den besonderen Kenntnissen, Fähigkeiten und der Bereitschaft der verschiedenen Mitglieder auch hinsichtlich des Gefährdungspotentials differieren kön-nen (BSG Urteil vom 22. September 1988, ebenda, und Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2007, Az: L 10 U 2292/04 (Streckenposten bei Mo-torsportveranstaltung), recherchiert bei Juris). So ist beispielsweise eine mitgliedschaftli-che Verpflichtung bei der Errichtung eines Vereinsheims bei entsprechendem Mitglieder-beschluss angenommen worden (BSG Urteil vom 24. Januar 1992, Az.: 2 RU 3/91).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 160 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG genannten Gründe vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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