L 2 R 344/10

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Nordhausen (FST)
Aktenzeichen
S 4 R 2215/08
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 2 R 344/10
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 18. Ja-nuar 2010 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Der Klä-gerin werden Kosten in Höhe von 225,- EUR für die Vertagung der mündlichen Ver-handlung am 6. Oktober 2011 auferlegt. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzver-sorgungssysteme der Anlage 1 Nr. 1 bis 26 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungs-gesetz (AAÜG) nach § 8 AAÜG die Beschäftigungszeiten vom 1. September 1976 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und die in diesen Zeiten tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen hat.

Die 1953 geborene Klägerin erwarb im Juli 1976 den Ausbildungsabschluss als Ingenieur der Fachrichtung Hochbau. Sie war vom 1. September 1976 bis zum 30. Juni 1990 ununterbro-chen als Bauleiterin im VE-Kreisbaubetrieb H.tätig.

Aus dem Register der Volkseigenen Wirtschaft geht hervor, dass der VE-Kreisbau H.dem Rat des Kreises H./Kreisbauamt unterstellt war. Die Eintragung des Betriebes erfolgte aufgrund Änderungsantrag und Beschluss des Rates des Kreises vom 13. Februar 1975. Seit 1. Juli 1990 ist aufgrund Umwandlung gemäß Treuhandgesetz Rechtsnachfolger die R.I.B. Stahlbe-tonbau-Gesellschaft mit beschränkter Haftung im Aufbau.

Eine Versorgungszusage erhielt die Klägerin vor Schließung der Versorgungssysteme nicht. Sie zahlte keine Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR).

Aufgrund eines Rentenantrages der Klägerin prüfte die Beklagte im März 2008 die Zugehö-rigkeit der Klägerin zu einem Zusatzversorgungssystem im Sinne des Anspruchs- und An-wartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) und lehnte dies mit Bescheid vom 3. April 2008 ab, weil die Klägerin nicht in einem Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens tätig gewesen sei.

Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. Juli 2008 zurück.

Im anschließenden Klageverfahren hat die Klägerin vorgetragen, der VE-Kreisbaubetrieb ha-be verschiedenartige Bauwerke errichtet und sei auch in der Massenproduktion von Wohn-raum (Neubauten) tätig gewesen. Es habe sich bei dem VE-Kreisbaubetrieb um einen volks-eigenen Produktionsbetrieb der Bauwirtschaft gehandelt. Sie habe die gleiche Tätigkeit er-bracht, wie ihr Kollege vom BMK in L., bei dem die Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungs-system festgestellt worden sei.

Mit Urteil vom 18. Januar 2010 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur Zusatzversor-gung nach dem AAÜG gehabt, da sie am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produk-tionsbetrieb tätig gewesen sei. Der VE-Kreisbaubetrieb H. habe keine Massenproduktion be-trieben. Er sei bei der Verwirklichung einer Vielzahl unterschiedlicher Bauprojekte tätig ge-wesen.

Mit ihrer Berufung vertritt die Klägerin die Ansicht, der VE-Kreisbaubetrieb H. sei in der Massenproduktion tätig gewesen. Dazu hat sie nach Aufforderung durch das Gericht eine Be-schreibung der realisierten Projekte vorgelegt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Nordhausen vom 18. Januar 2010 und den Bescheid der Beklagten vom 3. April 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 1. September 1976 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG und die hierin erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung auch nach Würdigung der von der Klägerin zum Be-trieb gemachten Angaben für rechtmäßig.

Der Senat hat die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 6. Oktober 2011 und am 19. April 2012 zur Tätigkeit des Kreisbaubetriebes H. und zu ihren Aufgaben befragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Be-teiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Die Verwaltungsakte der Beklagten lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zutreffend abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte die Beschäftigungszeiten vom 1. September 1976 bis zum 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersver-sorgung der technischen Intelligenz einschließlich der in diesem Zeitraum nachgewiesenen tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellt. Die Vorschriften des AAÜG sind auf sie nicht anwendbar.

Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet erworben worden sind und beim Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bestanden haben. Nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG gilt - war ein Verlust der Versorgungs-anwartschaften deswegen eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems ihn bei einem Ausscheiden vor dem Leistungsfall vorsahen - dieser Verlust als nicht eingetreten.

Die Klägerin erfüllt nach dem Wortlaut der Vorschrift beide Voraussetzungen nicht. Sie war am 1. August 1991, dem Datum des Inkrafttretens des AAÜG, nicht Inhaberin einer Versor-gungsanwartschaft. Eine Einzelfallentscheidung, durch die ihr eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden war, liegt nicht vor. Sie hatte auch keine positive Statusentscheidung der Beklagten erlangt und keine frühere Versorgungszusage in Form eines nach Art. 19 Satz 1 des Einigungsvertrages (EV) bindend gebliebenen Verwaltungsakts. Sie war auch nicht auf Grund eines Einzelvertrags oder einer späteren Rehabilitierungsentscheidung in das Versorgungssys-tem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz einbezogen worden. Auch der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist nicht erfüllt. Ein Anwendungsfall einer ge-setzlich fingierten Anwartschaft ist nicht schon dann gegeben, wenn ein Arbeitnehmer auf-grund einer Beschäftigung in der DDR zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 30. Juni 1990 die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung erfüllt hatte, sondern der Betrof-fene muss nach den Regeln des Versorgungssystems tatsächlich einbezogen worden und nach erfolgter Einbeziehung später ausgeschieden sein (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 - Az.: B 4 RA 12/04 R, nach juris). Nach § 3 Abs. 5 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur Ver-ordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseige-nen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 24. Mai 1951 (nachfolgend: 2. DB z. ZAVO-techInt, GBl Nr. 62, S. 487) erfolgte die Erteilung einer Versorgungszusage ausschließlich durch Aushändigung eines "Dokuments über die zusätzliche Altersversorgung". Ein solches Dokument (Versicherungsurkunde) ist der Klägerin nicht ausgehändigt worden. Mangels vor-heriger Einbeziehung konnte sie daher nicht aus einem Versorgungssystem in diesem Sinne ausscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 2004, a.a.O.).

Die Klägerin war am 1. August 1991 auch nicht Inhaberin einer fingierten Versorgungsan-wartschaft, wie sie sich aus der vom 4. Senat des Bundessozialgerichts vorgenommenen er-weiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG herleitet, die auch der Senat in ständiger Rechtsprechung vornimmt.

Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht in einem Versorgungssystem einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht aufgrund originären Bundesrechts (z. B. Art. 17 des Einigungsvertrages (EV)) einbezogen wurden, zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. Au-gust 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (vgl. BSG, Urteile vom 9. April 2002 - Az.: B 4 RA 31/01 R, Az.: B 4 RA 41/01, Az.: B 4 RA 3/02 R, BSG, Urteile vom 10. April 2002 - Az.: B 4 RA 34/01 R, Az.: B 4 RA 10/02 R, nach juris).

Die Klägerin erfüllte am 1. August 1991 nicht die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (ZAVO-techInt, GBl. Nr. 93 S. 844).

Dies ist nur dann der Fall, wenn nach § 1 ZAVO-techInt i.V.m. § 1 Abs. 1 der 2. DB z. ZA-VO-techInt drei Voraussetzungen erfüllt sind: Der "Versorgungsberechtigte" muss am 30. Juni 1990 eine bestimmte Berufsbezeichnung (persönliche Voraussetzung) und eine der Be-rufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit verrichtet haben (sachliche Voraussetzung). Die Tätigkeit oder Beschäftigung muss am 30. Juni 1990 bei einem volkseigenen Produktionsbe-trieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens verrichtet worden sein (betriebliche Vor-aussetzung – vgl. BSG vom 18. Juni 2003 - Az.: B 4 RA 1/03 R; ebenso z.B.: BSG vom 9. April 2002 –Az.: B 4 RA 32/01 R und vom 10. April 2002 – Az.: B 4 RA 10/02 R oder vom 18. Juni 2003 – Az.: B 4 RA 50/02 R).

Nach diesen Grundsätzen ist die Klägerin nicht in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz einzubeziehen. Sie hatte zwar seit dem 16. Juli 1976 die Berechti-gung, den Titel "Ingenieur" zu führen und damit die persönliche Voraussetzung für eine Ein-beziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz erfüllt. Weiterhin übte sie am 30. Juni 1990 eine dieser Qualifikation entsprechende Tätigkeit aus. Jedoch war die Klägerin am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens beschäftigt, da der VE-Kreisbaubetrieb H. zwar volkseigen, aber kein Produktionsbetrieb im Sinn der o. a. BSG-Rechtsprechung war.

Dabei ist maßgeblich darauf abzustellen, dass der verfolgte Hauptzweck des VEB auf die in-dustrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion von Sachgütern oder die Errichtung (Massenproduktion) von baulichen An-lagen ausgerichtet war (BSG, Urteile vom 10. April 2002 - Az.: B 4 RA 10/02 R und vom 27. Juli 2004 - Az.: B 4 RA 11/04 R, nach juris). Im Hinblick auf die in der Präambel zur Verord-nung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17.8.1950 (GBl. S. 844) zum Ausdruck gekomme-ne Zielsetzung des Versorgungssystems war allein die Beschäftigung in einem Betrieb, der die Massenproduktion im Bereich des Bauwesens zum Gegenstand hatte, von Bedeutung für die Einbeziehung in die Versorgung. Dem lag das so genannte fordistische Produktionsmodell zu Grunde, das auf stark standardisierter Massenproduktion und Konstruktion von Gütern mit Hilfe hoch spezialisierter, monofunktionaler Maschinen basierte. Der Massenausstoß standar-disierter Produkte sollte hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen (vgl. auch BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 S. 46f.). Nur eine derartige Massenpro-duktion im Bereich des Bauwesens und nicht das Erbringen von Bauleistungen jeglicher Art war für die Einbeziehung in das Versorgungssystem der AVItech von maßgeblicher Bedeu-tung (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R -). Im Bereich des Bauwesens ist ein Betrieb im Sinne der AVItech nur zu bejahen, wenn er die komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken getätigt hat (vgl. auch ThürLSG, Urteil vom 27. Oktober 2009, Az.: L 6 R 1211/07, nach juris). Dafür spricht auch der "Beschluss über die Anwendung der Grundsätze des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft im Bauwesen" vom 14. Juni 1963 (GBl. II Nr. 63 S. 437). Hierin wird angeordnet, dass Bau-kapazitäten in großen Bau- und Montagekombinaten konzentriert werden sollen; durch diese Kombinate sollte die komplette Serienfertigung von gleichartigen Bauwerken (Neubauten) durchgeführt werden.

Auf der Grundlage der durchgeführten Ermittlungen ist der Senat nicht zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei dem VE-Kreisbaubetrieb um einen Produktionsdurchführungsbetrieb handelte, der sein Gepräge durch die Massenproduktion erhalten hat - unabhängig davon, ob hierfür der (Wort-)Begriff "fordistisches Produktionsmodell" gebraucht wird.

Die von der Klägerin zum Betrieb gemachten Angaben rechtfertigen eine derartige Überzeu-gungsbildung nicht; auch die sonstigen Ermittlungen haben nicht zu einem derartigen Ergeb-nis geführt.

Der Vortrag der Klägerin enthält auffällige Diskrepanzen, deren Aufklärung ihr nicht gelun-gen ist und sich dem Senat auch aus anderen Quellen nicht aufdrängt: So hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 6. Oktober 2010 - der Aufforderung in der Ladungsverfü-gung, vor dem Termin eine Liste der vom VE Kreisbaubetrieb H. nach dem letzten Fünfjah-resplan realisierten Projekte zu übermitteln, war die Klägerin nicht nachgekommen -angegeben, dass der Betrieb in den Jahren 1974 bis 1990 drei- bis viertausend Wohneinheiten in H. im Wohngebiet "Auf den L." errichtet habe. Daneben sei das Wohngebiet "Auf der Rin-ne-Brückenweg" mit dreitausend Wohneinheiten erbaut worden und in den letzten fünf Jahren vor der Wende seien sie mit 2/3 ihres Betriebes in B. tätig gewesen, wo insgesamt über die Jahre hinweg vier- bis fünftausend Wohneinheiten errichtet worden seien. Demgegenüber enthält die mit Schriftsatz vom 9. November 2011 übersandte Auflistung zu den im Zeitraum 1985 bis 1990 realisierten Bauvorhaben die Angaben, dass im L.wohngebiet im Zeitraum 1962 bis 1990 lediglich über 1000 Wohnungseinheiten als Hauptauftragnehmer produziert worden seien, im Wohngebiet "Auf der R.-B.weg" ca. 800, zu den Bauvorhaben in B. enthält die Auflistung überhaupt keine Mengenangaben. Im Hinblick auf die sich aus den Diskrepan-zen ergebenden Zweifel am Vortrag der Klägerin kommt die Feststellung, dass die Massen-produktion von Bauwerken dem VE Kreisbaubetrieb H. das Gepräge gab, nicht in Betracht. In der mündlichen Verhandlung am 19. April 2012 hat die Klägerin - angesprochen auf die Dis-krepanzen zwischen ihren Angaben im vorhergehenden Termin und der schriftlichen Auflis-tung - schließlich erklärt, im L.wohngebiet seien im Zeitraum 1985 bis 1990 über 1000 Wohneinheiten erstellt worden, im Wohngebiet Auf der R./B.weg 3000 Wohneinheiten (da-von 2200 als Hauptauftragnehmer); durchschnittlich seien im Jahr ca. 200 bis 300 Wohnein-heiten schlüsselfertig im Sinne der Hauptauftragnehmertätigkeit produziert worden. Auch auf dieser Grundlage sind die vom Senat am Vortrag der Klägerin gehegten Zweifel nicht ausge-räumt. Die Zahlen zur jährlichen Bauproduktion und zur Gesamtheit der über die Jahre hin-weg erstellten Wohneinheiten sind nicht miteinander in Einklang zu bringen. Darauf ist die Klägerin in der mündlichen Verhandlung hingewiesen worden, ohne dass sie eine den Senat überzeugende Begründung für die Diskrepanzen hätte geben können. Auf dieser Grundlage hat der Senat keinen Anlass zu entsprechenden weitergehenden Ermittlungen gesehen.

Auch unter dem Gesichtspunkt der Tätigkeit des Kreisbaubetriebes H. als "Hauptauftragneh-mer" ergibt sich kein anderes Resultat. Hauptauftragnehmer im hier maßgeblichen Sinne wa-ren Betriebe, die für einen Investitionsauftraggeber oder Generalauftragnehmer - komplette funktionsfähige Anlagen entwickelten, projektierten und errichteten oder rekonstruierten, - die gesamten Bauleistungen eines Investitionsvorhabens projektierten und ausführ-ten; - komplexe Transport-, Versorgungs- oder Dienstleistungen, insbesondere für Groß-baustellen, durchführten, und dabei – im Gegensatz zum Generalauftragnehmer – wesentliche Teile der Leistungen, insbesondere in der Form der Montage, selbst erbrachten, für die übrigen Teile Kooperations-partner banden und die erforderlichen Leitungs- und Koordinierungsaufgaben durchführten (vgl. SächsLSG, Urteil vom 17. Mai 2011, Az.: L 5 RS 95/10, nach juris). Diese Hauptauf-tragnehmer hatten an der Ausarbeitung realer technischer und ökonomischer Vorgaben für die Vorbereitung der Investition mitzuwirken (ebenda). Dementsprechend ergibt sich auch unter dem Gesichtspunkt der Tätigkeit des Kreisbaubetriebes H. als "Hauptauftragnehmer" nicht, dass es sich um einen Produktionsdurchführungsbetrieb handelte, der sein Gepräge durch die Massenproduktion erhielt.

Diese Feststellung rechtfertigt sich auch nicht im Hinblick auf die sonstigen von der Klägerin beschriebenen Tätigkeitsfelder: Nach den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen (vgl. die dem Schriftsatz vom 9. November 2011 beigefügte Auflistung) und ihren Ausführungen zu den von ihr betreuten Bauvorhaben ging es bei einer Vielzahl der vom Beschäftigungsbetrieb der Klägerin realisierten Maßnahmen nicht um massenweise hergestellte Standardprodukte, sondern jeweils um für den Einzelfall geplante Bauten, die den jeweiligen spezifischen An-forderungen genügen mussten. Dass die von der Klägerin genannten Werterhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen nicht zur Massenproduktion im Bauwesen gehörten, bedarf kei-ner weiteren Ausführung.

Dieses Ergebnis wird - ohne dass dies für den Senat entscheidend war - dadurch bestätigt, dass die Kreisbaubetriebe generell aufgrund der "Rahmenrichtlinie über Aufgaben sowie Lei-tungs- und Organisationsstruktur volkseigener Kreisbaubetriebe" (Rahmenrichtlinie) zur Ver-fügung vom 29. Juni 1987 nicht Bestandteil der industriellen Bauproduktion mit standardi-sierten Massenprodukten waren (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 3. März 2011, Az.: L 3 R 563/10, nach juris). Dementsprechend waren die Kreisbaubetriebe - wie auch der VE Kreisbaubetrieb H.- in Wirtschaftsgruppe 20270 die Systematik der Volkswirtschafts-zweige der DDR eingeordnet ("Betriebe für Rekonstruktionsbaumaßnahmen und Modernisie-rung, Baureparaturbetriebe").

Mangels Gleichstellung des VE-Kreisbaubetriebs nach § 1 Abs. 2 der 2. DB besteht auch hieraus kein Anspruch der Klägerin. Die Liste der aufgezählten Einrichtungen und Betriebe ist abschließend (BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 - Az.: B 4 RA 23/04 R, nach juris).

Die Klägerin kann auch nicht im Wege einer Gesetzes- bzw. Rechtsanalogie aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation den in § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB ZAVO-techInt genannten Grup-pen gleichgestellt werden. Den Gerichten ist es im Hinblick auf das Verbot von Neueinbezie-hungen im EV untersagt, eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises über den in den einzelnen Versorgungssystemen vorgesehenen begünstigten Personenkreis hinaus vorzunehmen. Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Regelung bestehen nicht, weil der Bundesgesetzgeber an die im Zeitpunkt der Wiedervereinigung vorgefundene Aus-gestaltung der Versorgungssysteme der DDR ohne Willkür anknüpfen durfte. Art. 3 Abs. 1 und 3 des Grundgesetzes (GG) gebieten nicht, dort vorhandene Ungleichheiten rückwirkend zu Lasten der heutigen Beitrags- und Steuerzahler auszugleichen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Auferlegung von Kosten für die Vertagung der mündlichen Verhandlung am 6. Oktober 2011 erklärt sich dar-aus, dass die Klägerin die aufgegebene Auflistung der realisierten Bauprojekte nicht einge-reicht hatte und auf der Grundlage ihrer Angaben in der Verhandlung keine Entscheidung möglich war, so dass durch Verschulden der Klägerin die Vertagung nötig wurde (§§ 192 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 3, 184 Abs. 2 SGG).

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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