L 4 AS 1717/12 B

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 12 AS 3376/09 ER
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 4 AS 1717/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
§ 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl I 444) regelt abschließend, unter welchen Voraussetzungen die Beschwerde statthaft bleibt, wenn Prozesskostenhilfe nur im Hinblick auf die erforderliche Bedürftigkeit nach § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 114 S. 1 ZPO abgelehnt ist. Auch für eine entsprechende Anwendung des Beschwerdeausschlusses nach § 127 Abs. 2 S. 2 2. Teilsatz ZPO bleibt kein Raum (Ergänzung zu: Senat, Beschluss vom 14.02.2013 - L 4 AS 656/12 B, juris).
Auf die Beschwerde der Kläger wird der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 30. August 2012 aufgehoben.

Gründe:

Die am 9. Oktober 2012 bei dem Thüringer Landessozialgericht eingelegte Beschwerde der Kläger gegen den die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aufhebenden Beschluss des Sozial-gerichts Gotha (SG) vom 30. August 2012 ist zulässig, insbesondere nach § 172 Abs. 1 SGG statthaft. Vor allem ist die Beschwerde nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG i.d.F. des Ände-rungsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl I 444) - SGG F.2008 - ausgeschlossen, weil die Rege-lung nur für das Bewilligungsverfahren nach § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. §§ 118 ff. ZPO - Änderung oder Ablehnung von Prozesskostenhilfe - greift und nicht auf das Aufhebungsver-fahren gemäß § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 124 ZPO erstreckt werden kann (ausführlich: Senat, Beschluss vom 14. Februar 2013 - L 4 AS 656/12 B, juris).

Auch ist die Beschwerde nicht nach § 202 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 S. 2 2. Teilsatz ZPO aus-geschlossen, obwohl der Wert der Beschwer in der Hauptsache - zum Bewilligungsverfahren für Prozesskostenhilfe - für die Beschwerde nur 500 Euro betragen hätte, ohne dass laufende oder wiederkehrende Leistungen für mehr als ein Jahr betroffen wären (zur Anwendung des § 127 Abs. 2 S. 2 2. Teilsatz ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren: Senat, Beschluss vom 7. Dezember 2011 - L 4 AS 1878/11 B, unveröffentlicht).

Bereits § 202 SGG i.V.m. § 127 Abs. 2 S. 2 3. Teilsatz ZPO bestimmt als Rückausnahme, dass die Beschwerde gleichwohl statthaft bleibt, wenn lediglich die persönlichen und wirt-schaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint sind. Im Zivilprozess, für den die Regelung unmittelbar gilt, bleibt allein damit eine richterliche Entscheidung sicherge-stellt, wenn eine Entscheidung des Rechtspflegers im Bewilligungsverfahren nach §§ 118 ZPO oder im Aufhebungsverfahren nach § 124 Nr. 2 bis 4 ZPO (vgl. §§ 3 Nr. 3, 20 Nr. 4 RPflG) angefochten ist.

Die Rückausnahme des § 127 Abs. 2 S. 2 3. Teilsatz ZPO vom Beschwerdeausschluss nach § 127 Abs 2 S. 2 2. Teilsatz ZPO ist gleichwohl auch für das sozialgerichtliche Verfahren über § 202 SGG anzuwenden, obwohl der mutmaßliche Gesetzeszweck hier nicht greift, da im sozialgerichtlichen Verfahren stets eine richterliche Entscheidung zu treffen ist. Zur Überzeu-gung des Senats regelt § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG F.2008 abschließend, unter welchen Voraus-setzungen im sozialgerichtlichen Verfahren abweichend von der Rückausnahme im Zivilpro-zess die Beschwerde ausgeschlossen bleibt. Betroffen ist von der abweichenden Regelung jedoch nur, wie bereits oben ausgeführt, die Ablehnung oder Änderung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe im Bewilligungsverfahren nach §§ 118 ff. ZPO, nicht hingegen das Auf-hebungsverfahren nach § 124 ZPO.

In der Sache hat die Beschwerde Erfolg, weil für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Beschwerdeverfahren der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich ist. Deshalb sind auch Erkenntnisse vom Senat zu berücksichtigen, die erst im Laufe des Beschwerdever-fahrens zu Tage getreten sind, (§ 202 SGG i.V.m. § 571 Abs. 2 S. 1 ZPO).

Aufgrund der zwischenzeitlich vorgelegten Erklärung über die persönlichen und wirtschaftli-chen Verhältnisse der Kläger, liegen die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Prozess-kostenhilfe gemäß § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 124 Nr. 2 ZPO nicht mehr vor. Auch eine Aufhebung aus den anderen in § 124 ZPO genannten abschließenden Gründen kommt nicht in Betracht, so dass insoweit der Beschluss des SG aufzuheben ist.

Ebenso scheidet eine Änderung der PKH-Bewilligung nach § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 120 Abs. 4 ZPO aus (zu dieser Möglichkeit: Senat, a.a.O.), weil die Kläger aufgrund der nunmehr vorgelegten Erklärungen weiterhin bedürftig im Sinne des § 114 S. 1 ZPO sind, oh-ne dass eine Ratenzahlung gemäß § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 115 Abs. 2 ZPO angeord-net werden kann.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten wer-den (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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