Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Meiningen (FST)
Aktenzeichen
S 16 KR 4/13 ER
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 578/13 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Das Gesuch des Beschwerdeführers, Dr. K. H. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird abgelehnt. Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Meiningen vom 11. März 2013 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Gründe:
I.
Der 1950 geborene Beschwerdeführer begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes von der Beschwerdegegnerin die Versorgung mit dem Mittelohrimplantat "Vibrant Soundbridge"-System auf dem linken Ohr mit Ankopplung an das runde Fenster.
Er ist bei der Beschwerdegegnerin gesetzlich krankenversichert und leidet an einer Perzeptionsschwerhörigkeit rechts und hochgradig kombinierter Schwerhörigkeit links. Im Februar 2011 wurde bei ihm im Universitätsklinikum J. am linken Ohr eine sog. Attikotympanoplastik als Versuch der Hörverbesserung durchgeführt. Ein merklicher Hörgewinn konnte nicht erzielt werden. Der leitende Oberarzt Prof. Dr. K. teilte mit Schreiben vom 19. Juni 2011 der Beschwerdegegnerin mit, dass das linke Ohr funktionell nicht mehr für das Hören zu nutzen sei. Die Versorgung mit einem Luftleitungshörgerät käme aufgrund der hohen Gesamtschwerhörigkeit von ungefähr 80 Dezibel (dB) und der geringen Versteifungsbreite nicht in Frage. Nur bei Aufhebung der Schallleitungskomponente sei die Chance einer Nutzung des Ohres für die Kommunikation gegeben. Für den Beschwerdeführer sei die Versorgung mit einem "Vibrant Soundbridge" mit Ankopplung an das runde Fenster die vernünftigste Form der Hörgeräteversorgung, die entsprechend verordnet werde. Es fielen hierfür Kosten von ca. 12.000,00 EUR an.
Am 28. November 2011 erfolgte durch die Hörgeräte I. GmbH & Co. KG bei dem Beschwerdeführer eine Hörgeräteanpassung. Ausweislich des Anpassungsberichts konnte bei Versorgung mit den konventionellen Hörgeräten Oticon Agil Pro rechts und Oticon Chili SP9 links ein beidseitiges Hörvermögen von 85 vom Hundert (v. H.) Einsilber im Freifeld bei 65 dB erreicht werden. Die Beschwerdegegnerin beauftragte den Medizinischen Dienst der K. Thüringen (M.) mit einer sozialmedizinischen Begutachtung. Die Gutachterin Dr. K. H. kam zu dem Ergebnis, dass unter Berücksichtigung des Anpassungsberichts vom 28. November 2011 der Beschwerdeführer mit konventionellen Hörhilfen gut rehabilitierbar sei. Unter wirtschaftlichen Aspekten sei die konventionelle Hörhilfenversorgung der Versorgung mit einem "Vibrant Soundbridge" vorzuziehen.
Am 13. Februar 2012 fand erneut eine Hörgeräteanpassung bei der Hörgeräte I. GmbH & Co. KG statt. Ausweislich des Anpassungsberichts konnte bei Verwendung der konventionellen Hörgeräte Audio Service Astral 23 P rechts und Audio Service Astral 23 High Power links ein Sprachverstehen von beidseits 85 v. H. erreicht werden, wobei auf dem linken Ohr lediglich ein Sprachverstehen von 55 v. H. festgestellt werden konnte. Auf Nachfrage teilte Prof. Dr. K. mit Schreiben vom 2. April 2012 mit, dass bereits durch die Auflage des "Vibrant Soundbridge"-Stimulators auf das Trommelfell ein Sprachverstehen von 65 v. H. erreicht werden konnte, was besser sei als das Ergebnis mit Hörgerät (55 v. H.). Bei guter Ankopplung des "Vibrant Soundbridge"-Schwingers an die Gehörknöchelchenkette dürfte ein weit besseres Ergebnis zu erwarten sein.
Die Beschwerdegegnerin holte erneut bei Dr. H. ein sozialmedizinisches Gutachten ein. Danach ist der Beschwerdeführer unter Berücksichtigung des Anpassungsberichts vom 13. Februar 2012 mit konventionellen Hörhilfen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich versorgt. Inwiefern durch ein "Vibrant Soundbridge" ein wesentlicher Gebrauchsvorteil tatsächlich erzielbar sein sollte, könne nicht festgestellt werden.
Mit Bescheid vom 2. Mai 2012 lehnte die Beschwerdegegnerin die Versorgung des Beschwerdeführers mit einem Vibrant Soundbridge ab. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14. November 2012). Über die am 4. Dezember 2012 erhobene Klage (Az.: S 16 KR 2730/12) hat das Sozialgericht Meiningen bisher noch nicht entschieden.
Mit am 7. Januar 2013 beim Sozialgericht Meiningen eingegangen Antrag begehrt der Beschwerdeführer die Verpflichtung der Beschwerdegegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Bewilligung eines "Vibrant Soundbridge"-Systems auf dem linken Ohr mit Ankopplung an das runde Fenster zu erteilen beziehungsweise die Kosten hierfür zu übernehmen. Er warte seit rund zwei Jahren auf seinen notwendigen medizinischen Eingriff, eine weitere Verzögerung würde dazu führen, dass er bis zum endgültigen rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens sehr schwerhörig sei, was weiter zunehme. Andererseits sei anzunehmen, dass eine Eingewöhnung des Gehirns auf ein implantiertes "Vibrant Soundbridge" mit zunehmendem Alter immer schwieriger werde und zudem der Beschwerdeführer laut Sterbetafel immer weniger Zeit hat, ein auskömmliches Leben erleben dürfe. Die Anforderungen an den Anordnungsgrund seien darüber hinaus gemindert, da die Klage offensichtlich zulässig und begründet sei.
Das Sozialgericht Meiningen hat mit Beschluss vom 11. März 2013 den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Beschwerdeführer habe keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Nach summarischer Prüfung sei der Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen zu bewerten, ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg sei nicht ersichtlich. Dies zeigen insbesondere die überzeugenden und nachvollziehbaren Gutachten des MDK. Insoweit seien im Hauptsacheverfahren noch Ermittlungen durchzuführen. Unzumutbare Nachteile seien nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer könne bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens mit konventionellen Hörgeräten versorgt werden. Diese Versorgung erreiche ein hohes Maß an Sprachverstehen. Darüber hinaus sei zu beachten, dass die Beschwerdegegnerin im Falle des Obsiegens im Hauptsacheverfahren unter Umständen den Kostenerstattungsanspruch nicht mehr realisieren könnte.
Im Beschwerdeverfahren macht der Beschwerdeführer geltend, dass das Sozialgericht sich zu Unrecht auf die Gutachten des MDK bezogen habe. Es handele sich allenfalls um Parteigutachten, die im krassen Gegensatz zur Verordnung des Prof. Dr. K. stünden. Bezüglich der Gefahr der Durchsetzbarkeit eines Rückgewähranspruchs hat er darauf hingewiesen, in geordneten finanziellen Verhältnissen zu leben und keine Außenstände zu haben. Er stehe für eine eventuelle Rückzahlung ein.
Der Beschwerdeführer beantragt,
1. Dr. K. H. als Gutachterin vom hiesigen Verfahren wegen der Besorgnis der Befangenheit auszuschließen,
2. unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Meiningen vom 11. März 2013 die Beschwerdegegnerin vorläufig zu verpflichten, die Versorgung eines "Vibrant Soundbridge"-Systems auf dem linken Ohr mit Ankopplung an das runde Fenster zu erteilen beziehungsweise die Kosten hierfür zu übernehmen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Nach ihrer Auffassung kommen den sozialmedizinischen Begutachtungen der Ärzte des MDK aufgrund des besonderen Aufgabengebietes der höhere Beweiswert zu. Es lägen keine Parteigutachten vor, da diese nicht an Weisungen gebunden und nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen seien. Weiterhin könne ein Anordnungsgrund nicht erkannt werden. Besondere Eilbedürftigkeit liege nicht vor. Zudem habe der Beschwerdeführer nicht dargelegt, dass er finanziell nicht in der Lage sei, die Kosten der streitigen Versorgung vorläufig selbst zu tragen.
II.
Das Gesuch auf Ablehnung der Dr. K. H. wegen Besorgnis der Befangenheit ist unbegründet. Nach § 118 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetztes (SGG) i. V. m. § 406 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann auch ein Sachverständiger als Richtergehilfe abgelehnt werden. Das gilt auch für Sachverständige nach § 109 SGG und Gutachten aus anderen Gerichtsverfahren, die nach § 411a ZPO als Sachverständigengutachten verwertet werden (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 118 Rn. 12i). Nicht anwendbar sind die Vorschriften aber auf im Verwaltungsverfahren erstattete Gutachten, wie hier der Dr. H ... Diese werden nicht im Wege des Sachverständigenbeweises sondern als Urkundenbeweis verwertet. Zweifel an der Objektivität eines solchen Gutachtens sind ausschließlich im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen (vgl. Kühl, NZS, 2003, 579, 581).
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es liegt kein Anordnungsgrund vor.
Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Beschwerdeführers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2).
Ein Anordnungsantrag ist begründet, wenn das Gericht auf Grund einer hinreichenden Tatsachenbasis durch Glaubhaftmachung (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO) und/oder im Wege der Amtsermittlung (§ 103 SGG) einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund bejahen kann. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn das im Hauptsacheverfahren streitige materielle Recht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Ein Anordnungsgrund ist zu bejahen, wenn es für den Beschwerdeführer unzumutbar erscheint, auf den rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens verwiesen zu werden. Ist die Klage offensichtlich zulässig und begründet, vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund, ohne dass auf ihn aber verzichtet werden kann (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn. 29). Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist eine unfassende Interessenabwägung erforderlich, wobei die Intensität einer drohenden Verletzung von Grundrechten, die wirtschaftlichen Verhältnisse, unbillige Härten und die Mitverantwortung des Antragstellers einzubeziehen sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn. 29a).
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen. Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, dass den Ausführungen der Dr. H. als Gutachterin des M. ein höherer Beweiswert zukommt, wovon die Beschwerdegegnerin ausgeht. Keinem Beweismittel steht per se ein höherer Beweiswert zu. Entscheidend ist die im Einzelfall bestehende Überzeugungskraft (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 128 Rn. 4a). Für die Beantwortung der Frage, ob der Beschwerdeführer einen Anspruch auf ein "Vibrant Soundbridge"-System nach § 33 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) hat, wird es unter anderem darauf ankommen, ob ein solches System erforderlich ist, insbesondere ob gegenüber konventionellen Hörgeräten ein wesentlicher Gebrauchsvorteil zu erwarten ist (vgl. Nolte in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand 1. Oktober 2012, § 33 SGB V, Rn. 18). Hier bestehen zwischen Dr. H. und Prof. Dr. K. unterschiedliche Auffassungen, wobei derzeit nicht entschieden werden kann, welcher Auffassung zu folgen ist. Die Meinung von Dr. H. findet ihre Grundlage in den Anpassungsberichten vom 28. November 2011 und 13. Februar 2012, die von Prof. Dr. K. in seinen Untersuchungen. Das Sozialgericht wird - wie es selbst ausgeführt hat - zur Klärung dieser Frage weitere Ermittlungen anstellen müssen, von deren Ergebnis der Ausgang des Hauptsacheverfahrens abhängen wird.
Aufgrund des offenen Ausgangs des Klageverfahrens ist eine umfassende Interessenabwägung notwendig, die hier zur Ablehnung des Anordnungsgrundes führt. Es ist dem Beschwerdeführer zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Dies folgt insbesondere daraus, dass bei ihm ausweislich der Anpassungsberichte vom 28. November 2011 und 13. Februar 2012 bei Verwendung von konventionellen Hörgeräten ein sehr hohes Maß an Sprachverstehen (85 v. H.) erreicht werden kann. Die bestehende Schwerhörigkeit kann für die Dauer des Hauptsacheverfahrens deutlich abgemildert werden. Der Beschwerdeführer wird so in die Lage versetzt, aktiv am Leben teilzunehmen. Weiterhin ist nicht ersichtlich, dass es dem Beschwerdeführer nicht möglich sein soll, hinsichtlich der Kosten in Vorleistung zu treten. Er hat im Beschwerdeverfahren selbst angegeben, dass er in geordneten finanziellen Verhältnissen lebt und einen Rückgewähranspruch bedienen könnte.
Unbeachtlich ist der Hinweis des Beschwerdeführers, dass ihm immer weniger Zeit bliebe ein auskömmliches Leben zu führen. Es handelt sich hierbei um die mit jedem Hauptsacheverfahren zwingend verbundenen zeitlichen Nachteile, diese genügen nicht, um einen Anordnungsgrund zu rechtfertigen (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Juli 2004 - L 6 KR 468/04 ER, nach juris).
Zu keiner anderen Bewertung führt auch der Vortrag, dass eine Eingewöhnung des Gehirns auf ein implantiertes "Vibrant Soundbridge" mit zunehmendem Alter immer schwieriger werde. Für diese pauschale Behauptung gibt es keine Anhaltspunkte, es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass eine Eingewöhnung im Alter von jetzt 63 Jahren deutlich besser möglich ist als nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der 1950 geborene Beschwerdeführer begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes von der Beschwerdegegnerin die Versorgung mit dem Mittelohrimplantat "Vibrant Soundbridge"-System auf dem linken Ohr mit Ankopplung an das runde Fenster.
Er ist bei der Beschwerdegegnerin gesetzlich krankenversichert und leidet an einer Perzeptionsschwerhörigkeit rechts und hochgradig kombinierter Schwerhörigkeit links. Im Februar 2011 wurde bei ihm im Universitätsklinikum J. am linken Ohr eine sog. Attikotympanoplastik als Versuch der Hörverbesserung durchgeführt. Ein merklicher Hörgewinn konnte nicht erzielt werden. Der leitende Oberarzt Prof. Dr. K. teilte mit Schreiben vom 19. Juni 2011 der Beschwerdegegnerin mit, dass das linke Ohr funktionell nicht mehr für das Hören zu nutzen sei. Die Versorgung mit einem Luftleitungshörgerät käme aufgrund der hohen Gesamtschwerhörigkeit von ungefähr 80 Dezibel (dB) und der geringen Versteifungsbreite nicht in Frage. Nur bei Aufhebung der Schallleitungskomponente sei die Chance einer Nutzung des Ohres für die Kommunikation gegeben. Für den Beschwerdeführer sei die Versorgung mit einem "Vibrant Soundbridge" mit Ankopplung an das runde Fenster die vernünftigste Form der Hörgeräteversorgung, die entsprechend verordnet werde. Es fielen hierfür Kosten von ca. 12.000,00 EUR an.
Am 28. November 2011 erfolgte durch die Hörgeräte I. GmbH & Co. KG bei dem Beschwerdeführer eine Hörgeräteanpassung. Ausweislich des Anpassungsberichts konnte bei Versorgung mit den konventionellen Hörgeräten Oticon Agil Pro rechts und Oticon Chili SP9 links ein beidseitiges Hörvermögen von 85 vom Hundert (v. H.) Einsilber im Freifeld bei 65 dB erreicht werden. Die Beschwerdegegnerin beauftragte den Medizinischen Dienst der K. Thüringen (M.) mit einer sozialmedizinischen Begutachtung. Die Gutachterin Dr. K. H. kam zu dem Ergebnis, dass unter Berücksichtigung des Anpassungsberichts vom 28. November 2011 der Beschwerdeführer mit konventionellen Hörhilfen gut rehabilitierbar sei. Unter wirtschaftlichen Aspekten sei die konventionelle Hörhilfenversorgung der Versorgung mit einem "Vibrant Soundbridge" vorzuziehen.
Am 13. Februar 2012 fand erneut eine Hörgeräteanpassung bei der Hörgeräte I. GmbH & Co. KG statt. Ausweislich des Anpassungsberichts konnte bei Verwendung der konventionellen Hörgeräte Audio Service Astral 23 P rechts und Audio Service Astral 23 High Power links ein Sprachverstehen von beidseits 85 v. H. erreicht werden, wobei auf dem linken Ohr lediglich ein Sprachverstehen von 55 v. H. festgestellt werden konnte. Auf Nachfrage teilte Prof. Dr. K. mit Schreiben vom 2. April 2012 mit, dass bereits durch die Auflage des "Vibrant Soundbridge"-Stimulators auf das Trommelfell ein Sprachverstehen von 65 v. H. erreicht werden konnte, was besser sei als das Ergebnis mit Hörgerät (55 v. H.). Bei guter Ankopplung des "Vibrant Soundbridge"-Schwingers an die Gehörknöchelchenkette dürfte ein weit besseres Ergebnis zu erwarten sein.
Die Beschwerdegegnerin holte erneut bei Dr. H. ein sozialmedizinisches Gutachten ein. Danach ist der Beschwerdeführer unter Berücksichtigung des Anpassungsberichts vom 13. Februar 2012 mit konventionellen Hörhilfen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich versorgt. Inwiefern durch ein "Vibrant Soundbridge" ein wesentlicher Gebrauchsvorteil tatsächlich erzielbar sein sollte, könne nicht festgestellt werden.
Mit Bescheid vom 2. Mai 2012 lehnte die Beschwerdegegnerin die Versorgung des Beschwerdeführers mit einem Vibrant Soundbridge ab. Der Widerspruch war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 14. November 2012). Über die am 4. Dezember 2012 erhobene Klage (Az.: S 16 KR 2730/12) hat das Sozialgericht Meiningen bisher noch nicht entschieden.
Mit am 7. Januar 2013 beim Sozialgericht Meiningen eingegangen Antrag begehrt der Beschwerdeführer die Verpflichtung der Beschwerdegegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Bewilligung eines "Vibrant Soundbridge"-Systems auf dem linken Ohr mit Ankopplung an das runde Fenster zu erteilen beziehungsweise die Kosten hierfür zu übernehmen. Er warte seit rund zwei Jahren auf seinen notwendigen medizinischen Eingriff, eine weitere Verzögerung würde dazu führen, dass er bis zum endgültigen rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens sehr schwerhörig sei, was weiter zunehme. Andererseits sei anzunehmen, dass eine Eingewöhnung des Gehirns auf ein implantiertes "Vibrant Soundbridge" mit zunehmendem Alter immer schwieriger werde und zudem der Beschwerdeführer laut Sterbetafel immer weniger Zeit hat, ein auskömmliches Leben erleben dürfe. Die Anforderungen an den Anordnungsgrund seien darüber hinaus gemindert, da die Klage offensichtlich zulässig und begründet sei.
Das Sozialgericht Meiningen hat mit Beschluss vom 11. März 2013 den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Beschwerdeführer habe keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Nach summarischer Prüfung sei der Ausgang des Hauptsacheverfahrens als offen zu bewerten, ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg sei nicht ersichtlich. Dies zeigen insbesondere die überzeugenden und nachvollziehbaren Gutachten des MDK. Insoweit seien im Hauptsacheverfahren noch Ermittlungen durchzuführen. Unzumutbare Nachteile seien nicht ersichtlich. Der Beschwerdeführer könne bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens mit konventionellen Hörgeräten versorgt werden. Diese Versorgung erreiche ein hohes Maß an Sprachverstehen. Darüber hinaus sei zu beachten, dass die Beschwerdegegnerin im Falle des Obsiegens im Hauptsacheverfahren unter Umständen den Kostenerstattungsanspruch nicht mehr realisieren könnte.
Im Beschwerdeverfahren macht der Beschwerdeführer geltend, dass das Sozialgericht sich zu Unrecht auf die Gutachten des MDK bezogen habe. Es handele sich allenfalls um Parteigutachten, die im krassen Gegensatz zur Verordnung des Prof. Dr. K. stünden. Bezüglich der Gefahr der Durchsetzbarkeit eines Rückgewähranspruchs hat er darauf hingewiesen, in geordneten finanziellen Verhältnissen zu leben und keine Außenstände zu haben. Er stehe für eine eventuelle Rückzahlung ein.
Der Beschwerdeführer beantragt,
1. Dr. K. H. als Gutachterin vom hiesigen Verfahren wegen der Besorgnis der Befangenheit auszuschließen,
2. unter Aufhebung des Beschlusses des Sozialgerichts Meiningen vom 11. März 2013 die Beschwerdegegnerin vorläufig zu verpflichten, die Versorgung eines "Vibrant Soundbridge"-Systems auf dem linken Ohr mit Ankopplung an das runde Fenster zu erteilen beziehungsweise die Kosten hierfür zu übernehmen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Nach ihrer Auffassung kommen den sozialmedizinischen Begutachtungen der Ärzte des MDK aufgrund des besonderen Aufgabengebietes der höhere Beweiswert zu. Es lägen keine Parteigutachten vor, da diese nicht an Weisungen gebunden und nur ihrem ärztlichen Gewissen unterworfen seien. Weiterhin könne ein Anordnungsgrund nicht erkannt werden. Besondere Eilbedürftigkeit liege nicht vor. Zudem habe der Beschwerdeführer nicht dargelegt, dass er finanziell nicht in der Lage sei, die Kosten der streitigen Versorgung vorläufig selbst zu tragen.
II.
Das Gesuch auf Ablehnung der Dr. K. H. wegen Besorgnis der Befangenheit ist unbegründet. Nach § 118 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetztes (SGG) i. V. m. § 406 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann auch ein Sachverständiger als Richtergehilfe abgelehnt werden. Das gilt auch für Sachverständige nach § 109 SGG und Gutachten aus anderen Gerichtsverfahren, die nach § 411a ZPO als Sachverständigengutachten verwertet werden (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 118 Rn. 12i). Nicht anwendbar sind die Vorschriften aber auf im Verwaltungsverfahren erstattete Gutachten, wie hier der Dr. H ... Diese werden nicht im Wege des Sachverständigenbeweises sondern als Urkundenbeweis verwertet. Zweifel an der Objektivität eines solchen Gutachtens sind ausschließlich im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen (vgl. Kühl, NZS, 2003, 579, 581).
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Das Sozialgericht hat zu Recht den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es liegt kein Anordnungsgrund vor.
Nach § 86b Abs. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Beschwerdeführers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Satz 1). Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2).
Ein Anordnungsantrag ist begründet, wenn das Gericht auf Grund einer hinreichenden Tatsachenbasis durch Glaubhaftmachung (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 Abs. 1 ZPO) und/oder im Wege der Amtsermittlung (§ 103 SGG) einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund bejahen kann. Ein Anordnungsanspruch liegt vor, wenn das im Hauptsacheverfahren streitige materielle Recht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gegeben ist. Ein Anordnungsgrund ist zu bejahen, wenn es für den Beschwerdeführer unzumutbar erscheint, auf den rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens verwiesen zu werden. Ist die Klage offensichtlich zulässig und begründet, vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund, ohne dass auf ihn aber verzichtet werden kann (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn. 29). Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens ist eine unfassende Interessenabwägung erforderlich, wobei die Intensität einer drohenden Verletzung von Grundrechten, die wirtschaftlichen Verhältnisse, unbillige Härten und die Mitverantwortung des Antragstellers einzubeziehen sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 86b Rn. 29a).
Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens offen. Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, dass den Ausführungen der Dr. H. als Gutachterin des M. ein höherer Beweiswert zukommt, wovon die Beschwerdegegnerin ausgeht. Keinem Beweismittel steht per se ein höherer Beweiswert zu. Entscheidend ist die im Einzelfall bestehende Überzeugungskraft (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 128 Rn. 4a). Für die Beantwortung der Frage, ob der Beschwerdeführer einen Anspruch auf ein "Vibrant Soundbridge"-System nach § 33 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) hat, wird es unter anderem darauf ankommen, ob ein solches System erforderlich ist, insbesondere ob gegenüber konventionellen Hörgeräten ein wesentlicher Gebrauchsvorteil zu erwarten ist (vgl. Nolte in Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Stand 1. Oktober 2012, § 33 SGB V, Rn. 18). Hier bestehen zwischen Dr. H. und Prof. Dr. K. unterschiedliche Auffassungen, wobei derzeit nicht entschieden werden kann, welcher Auffassung zu folgen ist. Die Meinung von Dr. H. findet ihre Grundlage in den Anpassungsberichten vom 28. November 2011 und 13. Februar 2012, die von Prof. Dr. K. in seinen Untersuchungen. Das Sozialgericht wird - wie es selbst ausgeführt hat - zur Klärung dieser Frage weitere Ermittlungen anstellen müssen, von deren Ergebnis der Ausgang des Hauptsacheverfahrens abhängen wird.
Aufgrund des offenen Ausgangs des Klageverfahrens ist eine umfassende Interessenabwägung notwendig, die hier zur Ablehnung des Anordnungsgrundes führt. Es ist dem Beschwerdeführer zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Dies folgt insbesondere daraus, dass bei ihm ausweislich der Anpassungsberichte vom 28. November 2011 und 13. Februar 2012 bei Verwendung von konventionellen Hörgeräten ein sehr hohes Maß an Sprachverstehen (85 v. H.) erreicht werden kann. Die bestehende Schwerhörigkeit kann für die Dauer des Hauptsacheverfahrens deutlich abgemildert werden. Der Beschwerdeführer wird so in die Lage versetzt, aktiv am Leben teilzunehmen. Weiterhin ist nicht ersichtlich, dass es dem Beschwerdeführer nicht möglich sein soll, hinsichtlich der Kosten in Vorleistung zu treten. Er hat im Beschwerdeverfahren selbst angegeben, dass er in geordneten finanziellen Verhältnissen lebt und einen Rückgewähranspruch bedienen könnte.
Unbeachtlich ist der Hinweis des Beschwerdeführers, dass ihm immer weniger Zeit bliebe ein auskömmliches Leben zu führen. Es handelt sich hierbei um die mit jedem Hauptsacheverfahren zwingend verbundenen zeitlichen Nachteile, diese genügen nicht, um einen Anordnungsgrund zu rechtfertigen (vgl. Senatsbeschluss vom 6. Juli 2004 - L 6 KR 468/04 ER, nach juris).
Zu keiner anderen Bewertung führt auch der Vortrag, dass eine Eingewöhnung des Gehirns auf ein implantiertes "Vibrant Soundbridge" mit zunehmendem Alter immer schwieriger werde. Für diese pauschale Behauptung gibt es keine Anhaltspunkte, es ist insbesondere nicht ersichtlich, dass eine Eingewöhnung im Alter von jetzt 63 Jahren deutlich besser möglich ist als nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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