L 6 SF 1313/13 B

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 25 SF 52/12 E
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 SF 1313/13 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
THÜRINGER LANDESSOZIALGERICHT

Az: L 6 SF 1313/13 B Az: S 25 SF 52/12 E - Sozialgericht Gotha -

Beschluss

In dem Rechtsstreit

Rechtsanwalt ..., , .

- Erinnerungsführer und Beschwerdeführer -

gegen

Freistaat Thüringen, gesetzlich vertreten durch ... bei dem ., , .,

- Erinnerungsgegner und Beschwerdegegner -

hat der 6. Senat des Thüringer Landessozialgerichts durch den Vizepräsidenten des Landesso-zialgerichts Keller ohne mündliche Verhandlung am 22. November 2013 beschlossen:
Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 15. Juli 2013 auf-gehoben und die Gebühren für das Verfahren S 6 AS 7499/09 auf 243,95 Euro festge-setzt. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

Gründe:

Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) statthaft (ständige Senatsrecht-sprechung, vgl. u.a. Beschluss vom 14. Februar 2011 - L 6 SF 1376/10 B m.w.N.) und zuläs-sig, denn der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 Euro und die Beschwerde wurde rechtzeitig innerhalb der Jahresfrist erhoben. Die Rechtsmittelbelehrung im angegriffe-nen Beschluss ist fehlerhaft, denn dort wird angegeben, die Beschwerdefrist sei auch gewahrt, wenn die Beschwerde (innerhalb der Zwei-Wochen-Frist) beim Thüringer Landessozialgericht eingelegt wird. Dies widersprich dem eindeutigen Wortlaut der §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 7 S. 3 RVG, wonach sie bei dem Gericht einzulegen ist, dessen Entscheidung angefochten wird (vgl. Senatsbeschluss vom 30. Mai 2013 - L 6 SF 293/13 B).

Die Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg.

Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbar-keit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Beitragsrahmengebüh-ren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskas-se zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Das Sozialgericht hatte der kostenprivilegierten Klä-gerin mit Beschluss vom 16. Februar 2010 Prozesskostenhilfe gewährt. Damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG). Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Be-deutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftrag-gebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu be-rücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechts-anwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach allgemeiner Meinung ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R m.w.N., nach juris; ständige Senats-rechtsprechung, vgl. u.a. Beschluss vom 26. November 2008 - L 6 B 130/08 SF). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Februar 2011 - L 6 SF 1376/10 B); dann erfolgt - wie hier - eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren.

Hier war hinsichtlich der Verfahrensgebühr Nr. 3103, 3102 VV-RVG die halbe Mittelgebühr (85,00 Euro) statt der von der Urkundsbeamtin zuerkannten Gebühr in Höhe eines Viertels der Mittelgebühr (42,50 Euro) angemessen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war deut-lich unterdurchschnittlich. Abgestellt wird auf den zeitlichen Aufwand, den der Rechtsanwalt im Vergleich mit den übrigen beim Sozialgericht anhängigen Verfahren (nicht eingeschränkt auf Verfahren nach dem SGB II) tatsächlich in der Sache betrieben hat und objektiv auf die Sache verwenden musste (vgl. Senatsbeschluss vom 18. März 2011 - Az.: L 6 SF 1418/10 B). Der Beschwerdeführer hatte lediglich die Klagebegründung und zwei weitere kurze Schrifts-ätze (Rücksendung der Akte und Ablehnung einer weiteren Stellungnahme) gefertigt. Große Teile der Begründung (Verstoß gegen § 35 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) und gegen die Rundungsvorschrift) sind inhaltlich identisch mit anderen Klagebegründungen. Diese Synergieeffekte mindern den Aufwand im Verfahren erheblich (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juni 2013 - L 6 SF 654/13 B). Ein konkreter Vortrag des Beschwerdeführers, der einen höheren Aufwand begründen könnte, liegt nicht vor. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, d. h. die Intensität der Arbeit (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R, nach juris), war ausgehend von einem objektiven Maßstab deutlich unterdurchschnittlich. Die allgemein gehaltenen Rügen, es fehle an einer Rechtsgrundlage für die Teilrücknahme, es werde gegen § 35 SGB X und gegen die Rundungsregelung verstoßen, begründen keine durchschnittliche Schwierigkeit. Die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin dürfte nicht durchschnittlich gewesen sein. Abzustellen ist insoweit auf die unmittelbare tatsächliche, ideelle, gesellschaftliche, wirtschaftliche oder rechtliche Bedeutung für den Auftraggeber, nicht für die Allgemeinheit (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - 4 AS 21/09 R, nach juris). Eine besondere Bedeutung ergibt sich nicht allein daraus, dass im Hauptsacheverfahren um Ansprüche nach dem SGB II gestritten wurde; wesentlich ist vielmehr die Höhe des geltend gemachten Anspruchs (vgl. Senatsbeschlüsse vom 9. Mai 2012 – L 6 SF 467/12 B und 18. März 2011 – L 6 SF 1418/10 B), der im Klageverfahren nicht beziffert worden war. Ein Anhalt für die Höhe ist aus der Akte auch nicht ersichtlich. Nicht gefolgt werden kann allerdings der Ansicht der Urkundsbeamtin, die Bedeutung sei gering, weil es sich bei dem angefochtenen Bescheid nur um eine wiederholende Verfügung gehandelt habe. Damit wird im Ergebnis unzulässig auf die materiell-rechtliche Prüfung der Erfolgsaussicht der Klage abgestellt. Dies wäre im Rahmen der Entscheidung über die Prozesskostenhilfe von Bedeutung gewesen, spielt aber für die Bewertung der Bedeutung der Angelegenheit im Rahmen der Gebührenfestsetzung keine Rolle. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Klägerin waren unterdurchschnittlich. Ein besonderes Haftungsrisiko ist nicht ersichtlich.

Auch die Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG wird nach den Kriterien des § 14 Abs. 1 S. 1 RVG festgesetzt. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit liegt bei 45 Minuten für vier Ver-fahren erheblich unter dem durchschnittlichen zeitlichen Ansatz von über 30 Minuten (vgl. Senatsbeschlüsse vom 4. November 2011 - L 6 SF 184/11 B und 24. August 2010 - L 6 SF 562/10 B). Hinsichtlich der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung, der Ein-kommens- und Vermögensverhältnisse und der Haftung wird auf die Ausführungen zur Ver-fahrensgebühr verwiesen. Damit wird dem Beschwerdeführer eine volle Terminsgebühr zuer-kannt, allerdings nicht in Höhe der beantragten Mittelgebühr.

Damit errechnen sich die Gebühren wie folgt:

Verfahrensgebühr Nr. 3103, 3102 VV-RVG 85,00 Euro Terminsgebühr Nr. 3106 VV-RVG 100,00 Euro Entgelte für Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV-RVG 20,00 Euro 205,00 Euro 38,95 Euro 243,95 Euro

Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG).

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
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