Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 37 AS 8608/11
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 4 AS 1967/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 14 AS 328/13 B
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bewilligt ein Leistungsträger einen Nachzahlungsbetrag durch Verwaltungsakt, ist allein darin ohne besondere Anhaltspunkte im Einzelfall nicht zugleich eine stillschweigende Ablehnung eines Zinsanspruchs nach § 44 SGB I zu sehen (a.A. BSG, 11.7.1980 - 5 RJ 108/79; offen gelassen: BSG, 25.1.2011 - B 5 R 14/10 R, juris).
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 3. September 2012 wird zurückgewiesen. Kosten der Berufung sind auch nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten isoliert über die Erstattung der Kosten für zwei Widerspruchsverfahren.
Mit Gerichtsbescheiden vom 16. Juni 2010 (S 37 AS 1150/10) und 17. Juni 2010 (S 37 AS 2954/10) verurteilte das Sozialgericht Gotha (SG) den Beklagten dazu, dem Kläger für den Zeitraum vom 2. September 2009 bis 31. August 2010 (jeweils ein Bewilligungszeitraum von sechs Kalendermonaten) einen höheren Zuschuss zur privaten Krankenversicherung nach Maßgabe des hälftigen Anteils des Basistarifes zu zahlen.
Der Beklagte nahm die hiergegen zunächst eingelegten Berufungen zurück und erließ für die Bewilligungszeiträume gesondert zwei Ausführungsbescheide vom 1. August 2011, mit denen er den höheren Zuschuss dem Kläger bewilligte. Ausführungen zu einem Zinsanspruch nach § 44 SGB I enthielten die vorbenannten Bescheide nicht.
Die gegen die Ausführungsbescheide allein wegen des Zinsanspruchs eingelegten Widersprüche des anwaltlich vertretenen Klägers verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 18. November 2011, laut abgezeichneten Aktenvermerken abgesandt an die Prozessbevollmächtigte des Klägers am 21. November 2011, als unzulässig und lehnte eine Erstattung der Kosten der Widerspruchsverfahren nach § 63 SGB X ab. Zur Begründung führte er aus, die Ausführungsbescheide hätten keine Regelung zu einem Zinsanspruch enthalten. Über einen Zinsanspruch sei nicht zwingend zusammen mit der Hauptleistung zu entscheiden. Zugleich teilte er der Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 6. Dezember 2011 mit, für den Zeitraum vom 2. September 2009 bis 8. März 2010 einen Zahlbetrag zur Erfüllung des Zinsanspruchs auf das Konto des Klägers überwiesen zu haben.
Allein gegen die Kostenentscheidungen in den Widerspruchsbescheiden hat der Kläger am 22. Dezember 2011 bei dem SG die später zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Klagen erhoben. Das SG hat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung die Klagen mit Urteil vom 3. September 2012, dem Kläger zugestellt am 6. September 2012, als unbegründet abgewiesen. Gestützt hat es seine Rechtsauffassung darauf, dass der Beklagte weder zur Zinszahlung verurteilt worden sei noch der Kläger bereits eine Zinszahlung in den vorangegangenen Verfahren beantragt habe. Auch könnten dem Kläger keine erstattungsfähigen Kosten für das Widerspruchsverfahren entstanden sein, weil auf Grund der nachträglich beantragten Beratungshilfe allenfalls der Prozessbevollmächtigten selbst aus übergegangenem Recht ein Kostenerstattungsanspruch zustehen würde.
Der Senat hat auf die am Montag, 8. Oktober 2012 bei dem Thüringer Landessozialgericht eingelegte Beschwerde des Klägers die Berufung gegen das Urteil des SG vom 3. September 2012 zugelassen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung schriftlich einverstanden erklärt.
Der Kläger weist darauf hin, dass entgegen der Auffassung des SG eine Verzinsung seines Nachzahlungsanspruchs von Amts wegen zu erfolgen habe. Auf einen entsprechenden Antrag komme es daher nicht an. Aktiv legitimiert sei der Kläger, weil erst aufgrund einer für ihn erfolgreichen Kostengrundentscheidung der Erstattungsanspruch gegenüber dem Beklagten auf seine Prozessbevollmächtigte nach § 9 BerHG übergehen würde.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 3. September 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Abänderung der Widerspruchsbescheide vom 18. November 2011 ihm die Kosten der Widerspruchsverfahren zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte äußert sich nicht zur Sache in der Berufung.
Wegen weiterer Einzelheiten und dem Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte einschließlich der beigezogenen Leistungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, weil das SG nur im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen hat.
Nicht zu folgen ist dabei der sinngemäßen Auffassung des SG, die Klage sei mangels Rechtsschutzbedürfnis bereits unzulässig, weil dem Kläger keine erstattungsfähigen Kosten für das Widerspruchsverfahren entstanden sein könnten. Insoweit hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers zu Recht darauf hingewiesen, dass bei einer Mandatierung im Wege der nachträglich beantragten Beratungshilfe gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 BerHG auch ohne sonstige Vergütung des Rechtsanwalts ein möglicher Kostenerstattungsanspruch dem Widerspruchsführer gemäß § 9 S. 1 BerHG erhalten bleibt und der Anspruchsübergang auf den Verfahrensbevollmächtigten nach § 9 S. 2 BerHG erst erfolgt, wenn der Verfahrensgegner gegenüber dem Widerspruchsführer dem Grunde nach zur Kostenerstattung verpflichtet ist.
Die angefochtene Kostenentscheidung des Beklagten ist nicht zu beanstanden.
Gemäß § 63 Abs. 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist.
Hat grundsätzlich der Widerspruch nur Erfolg, soweit die Behörde ihm stattgibt, steht das vorliegend nicht zwingend einer Kostenerstattung entgegen, obwohl der Beklagte den Widerspruch als unzulässig verworfen hat. Nach der Rechtsprechung des BSG ist nicht allein auf den Verfügungssatz in dem Widerspruchsbescheid abzustellen, sondern ist der Erfolg des eingelegten Widerspruchs am tatsächlichen Verfahrensgang nach § 78 ff. SGG zu messen (zur Stornierung einer Mahngebühr trotz Verwerfung des Widerspruchs als unzulässig: BSG, Urteil vom 2. November 2012 - B 4 AS 97/11 R, juris). Danach käme es in Betracht, allein in der faktischen Abhilfe durch Überweisung des Zahlbetrages aus dem Zinsanspruch an den Kläger und die Benachrichtigung der Verfahrensbevollmächtigten über die Vorgehensweise mit Schreiben vom 6. Dezember 2011 eine tatsächliche Stattgabe zu sehen.
Ob und unter welchen Voraussetzungen auch bei diesem Verfahrensablauf eine faktische Stattgabe angenommen werden kann, bedarf gleichwohl keiner weiteren Klärung. Es ist bereits deshalb darin keine - faktische - Stattgabe zu sehen, weil die Widersprüche nicht als ursächlich für die Erfüllung der Zinsansprüche anzusehen sind.
Vielmehr hat der Beklagte zu Recht seinen Ausführungsbescheiden keine - ablehnende - Regelung - zu einem Zinsanspruch entnommen. Auf dieser Grundlage bedurfte es keines Widerspruchs des Klägers, um die drohende Bestandskraft ablehnender Entscheidungen über eine Verzinsung abzuwenden. Allenfalls sind seinen Widersprüchen bei wohlwollender Auslegung zugleich Zinsanträge i.S.d. § 44 Abs. 2 SGB I zu entnehmen gewesen, denen der Beklagte mit Überweisung der Zahlbeträge entsprochen hat. Was nicht bedeutet, dass auch ohne einen Antrag des Leistungsberechtigten der Leistungsträger von Amts wegen einen Zinsanspruch nach § 44 SGB I zu befriedigen hat.
Bei der Auslegung eines Bescheids ist maßgebend, wie der Empfänger ihn entsprechend § 133 BGB verstehen durfte. Maßstab bildet der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2011 -B 4 AS 119/10 R, juris m.w.N.) Der Empfänger kann sich nicht darauf berufen, er habe die Erklärung in einem bestimmten Sinne verstanden, wenn sie objektiv - unter Berücksichtigung aller Umstände - nicht so verstanden werden konnte (zur Maßgeblichkeit des objektiven Erklärungswertes vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2011, a.a.O. m.w.N.).
Den Ausführungsbescheiden sind allein Erklärungen zur Nachzahlung selbst zu entnehmen. Zu einem Zinsanspruch nach § 44 SGB I sind hingegen noch nicht einmal - versteckte - Andeutungen oder Anhaltspunkte zu erkennen, bei denen durchaus fraglich bliebe, ob alleine sie eine ablehnende Entscheidung begründen könnten, obwohl damit die Rechtsschutzmöglichkeiten des Bescheidadressaten erheblich erschwert wären (darauf abstellend bei bloßem Mitteilungsschreiben: BSG, Urteil vom 25. Januar 2011 - B 5 R 14/10 R, juris). Insbesondere haben die Ausführungsbescheide weder auf einer Verurteilung zur Zinszahlung beruht noch hat der Kläger ein Zinsverlangen vor ihrem Erlass zu erkennen gegeben. Ebenso wenig ist ein solcher Anhaltspunkt dem Umstand zu entnehmen, dass es sich bei dem Zinsanspruch um eine unselbstständige Nebenforderung zu dem eigentlichen Leistungsanspruch handelt (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 1997 - 8 RKn 2/96, juris; darauf abstellend: BSG, Urteil vom 11. Juli 1980 - 5 RJ 108/79, juris; dem folgend: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. März 2010 - L 2 R 68/10, juris), der nicht nur auf Antrag, sondern auch von Amts wegen zu bescheiden ist. Zumal trotz der materiell-rechtlichen Akzessorietät des Zinsanspruchs, dieser materiell-rechtlich selbstständig zu bescheiden ist (BSG, Urteil vom 25. Januar 2011, a.a.O.). Allein die Pflicht, eine Entscheidung treffen zu müssen, rechtfertigt es nicht, ohne weitere Anhaltspunkte auf die gebotene, aber gleichwohl unterbliebene Willensbetätigung der Behörde schließen zu lassen (vgl. LSG NRW, Urteil vom 18. Januar 2010 - L 3 R 162/09, juris m.w.N.). Maßgeblich sein kann allein, was die Behörde tatsächlich erklärt hat, nicht was sie hätte erklären sollen, soweit nicht besondere Umstände im Einzelfall es erlauben, eine stillschweigende Willensbetätigung anzunehmen (BSG, Urteil vom 25. Januar 2011, a.a.O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf dem Ausgang der Berufung gemäß § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Gründe die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen sind nicht ersichtlich. Soweit der Senat in seinem Beschluss über die Zulassung der Berufung noch davon ausgegangen ist, für den Rechtsstreit sei die klärungsfähige Rechtsfrage entscheidungserheblich, ob ein Verwaltungsakt, der einen Nachzahlungsbetrag verfügt, zugleich ohne besondere Anhaltspunkte zugleich eine ablehnende Entscheidung über den Zinsanspruch nach § 44 SGB I enthält, hält er an seiner Auffassung in der Berufung nicht mehr fest. Der Inhalt eines Verwaltungsaktes richtet sich nach den oben dargelegten höchstrichterlich bestätigten Auslegungsgrundsätzen, die vorliegend nicht in Zweifel stehen. Deren Anwendung im Einzelfall stellt hingegen eine tatrichterliche Überzeugungsbildung dar, welche nicht revisionsrechtlich zu überprüfen ist, solange anerkannte Auslegungsgrundsätze nicht verletzt sind (vgl. zum arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrag: BSG, Urteil vom 2. September 2004 - B 7 AL 78/03 R, juris). So hat auch die Entscheidung des BSG vom 11. September 1980, a.a.O., auf einem Sachverhalt beruht, bei dem bereits die Vorinstanz davon ausgegangen ist, dass der dort maßgebliche Verwaltungsakt eine ablehnende Regelung zu einem Zinsanspruch nach § 44 SGB I enthalten hat.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten isoliert über die Erstattung der Kosten für zwei Widerspruchsverfahren.
Mit Gerichtsbescheiden vom 16. Juni 2010 (S 37 AS 1150/10) und 17. Juni 2010 (S 37 AS 2954/10) verurteilte das Sozialgericht Gotha (SG) den Beklagten dazu, dem Kläger für den Zeitraum vom 2. September 2009 bis 31. August 2010 (jeweils ein Bewilligungszeitraum von sechs Kalendermonaten) einen höheren Zuschuss zur privaten Krankenversicherung nach Maßgabe des hälftigen Anteils des Basistarifes zu zahlen.
Der Beklagte nahm die hiergegen zunächst eingelegten Berufungen zurück und erließ für die Bewilligungszeiträume gesondert zwei Ausführungsbescheide vom 1. August 2011, mit denen er den höheren Zuschuss dem Kläger bewilligte. Ausführungen zu einem Zinsanspruch nach § 44 SGB I enthielten die vorbenannten Bescheide nicht.
Die gegen die Ausführungsbescheide allein wegen des Zinsanspruchs eingelegten Widersprüche des anwaltlich vertretenen Klägers verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 18. November 2011, laut abgezeichneten Aktenvermerken abgesandt an die Prozessbevollmächtigte des Klägers am 21. November 2011, als unzulässig und lehnte eine Erstattung der Kosten der Widerspruchsverfahren nach § 63 SGB X ab. Zur Begründung führte er aus, die Ausführungsbescheide hätten keine Regelung zu einem Zinsanspruch enthalten. Über einen Zinsanspruch sei nicht zwingend zusammen mit der Hauptleistung zu entscheiden. Zugleich teilte er der Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 6. Dezember 2011 mit, für den Zeitraum vom 2. September 2009 bis 8. März 2010 einen Zahlbetrag zur Erfüllung des Zinsanspruchs auf das Konto des Klägers überwiesen zu haben.
Allein gegen die Kostenentscheidungen in den Widerspruchsbescheiden hat der Kläger am 22. Dezember 2011 bei dem SG die später zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Klagen erhoben. Das SG hat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung die Klagen mit Urteil vom 3. September 2012, dem Kläger zugestellt am 6. September 2012, als unbegründet abgewiesen. Gestützt hat es seine Rechtsauffassung darauf, dass der Beklagte weder zur Zinszahlung verurteilt worden sei noch der Kläger bereits eine Zinszahlung in den vorangegangenen Verfahren beantragt habe. Auch könnten dem Kläger keine erstattungsfähigen Kosten für das Widerspruchsverfahren entstanden sein, weil auf Grund der nachträglich beantragten Beratungshilfe allenfalls der Prozessbevollmächtigten selbst aus übergegangenem Recht ein Kostenerstattungsanspruch zustehen würde.
Der Senat hat auf die am Montag, 8. Oktober 2012 bei dem Thüringer Landessozialgericht eingelegte Beschwerde des Klägers die Berufung gegen das Urteil des SG vom 3. September 2012 zugelassen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung schriftlich einverstanden erklärt.
Der Kläger weist darauf hin, dass entgegen der Auffassung des SG eine Verzinsung seines Nachzahlungsanspruchs von Amts wegen zu erfolgen habe. Auf einen entsprechenden Antrag komme es daher nicht an. Aktiv legitimiert sei der Kläger, weil erst aufgrund einer für ihn erfolgreichen Kostengrundentscheidung der Erstattungsanspruch gegenüber dem Beklagten auf seine Prozessbevollmächtigte nach § 9 BerHG übergehen würde.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 3. September 2012 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, unter Abänderung der Widerspruchsbescheide vom 18. November 2011 ihm die Kosten der Widerspruchsverfahren zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte äußert sich nicht zur Sache in der Berufung.
Wegen weiterer Einzelheiten und dem Vorbringen der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte einschließlich der beigezogenen Leistungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg, weil das SG nur im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen hat.
Nicht zu folgen ist dabei der sinngemäßen Auffassung des SG, die Klage sei mangels Rechtsschutzbedürfnis bereits unzulässig, weil dem Kläger keine erstattungsfähigen Kosten für das Widerspruchsverfahren entstanden sein könnten. Insoweit hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers zu Recht darauf hingewiesen, dass bei einer Mandatierung im Wege der nachträglich beantragten Beratungshilfe gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 BerHG auch ohne sonstige Vergütung des Rechtsanwalts ein möglicher Kostenerstattungsanspruch dem Widerspruchsführer gemäß § 9 S. 1 BerHG erhalten bleibt und der Anspruchsübergang auf den Verfahrensbevollmächtigten nach § 9 S. 2 BerHG erst erfolgt, wenn der Verfahrensgegner gegenüber dem Widerspruchsführer dem Grunde nach zur Kostenerstattung verpflichtet ist.
Die angefochtene Kostenentscheidung des Beklagten ist nicht zu beanstanden.
Gemäß § 63 Abs. 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist.
Hat grundsätzlich der Widerspruch nur Erfolg, soweit die Behörde ihm stattgibt, steht das vorliegend nicht zwingend einer Kostenerstattung entgegen, obwohl der Beklagte den Widerspruch als unzulässig verworfen hat. Nach der Rechtsprechung des BSG ist nicht allein auf den Verfügungssatz in dem Widerspruchsbescheid abzustellen, sondern ist der Erfolg des eingelegten Widerspruchs am tatsächlichen Verfahrensgang nach § 78 ff. SGG zu messen (zur Stornierung einer Mahngebühr trotz Verwerfung des Widerspruchs als unzulässig: BSG, Urteil vom 2. November 2012 - B 4 AS 97/11 R, juris). Danach käme es in Betracht, allein in der faktischen Abhilfe durch Überweisung des Zahlbetrages aus dem Zinsanspruch an den Kläger und die Benachrichtigung der Verfahrensbevollmächtigten über die Vorgehensweise mit Schreiben vom 6. Dezember 2011 eine tatsächliche Stattgabe zu sehen.
Ob und unter welchen Voraussetzungen auch bei diesem Verfahrensablauf eine faktische Stattgabe angenommen werden kann, bedarf gleichwohl keiner weiteren Klärung. Es ist bereits deshalb darin keine - faktische - Stattgabe zu sehen, weil die Widersprüche nicht als ursächlich für die Erfüllung der Zinsansprüche anzusehen sind.
Vielmehr hat der Beklagte zu Recht seinen Ausführungsbescheiden keine - ablehnende - Regelung - zu einem Zinsanspruch entnommen. Auf dieser Grundlage bedurfte es keines Widerspruchs des Klägers, um die drohende Bestandskraft ablehnender Entscheidungen über eine Verzinsung abzuwenden. Allenfalls sind seinen Widersprüchen bei wohlwollender Auslegung zugleich Zinsanträge i.S.d. § 44 Abs. 2 SGB I zu entnehmen gewesen, denen der Beklagte mit Überweisung der Zahlbeträge entsprochen hat. Was nicht bedeutet, dass auch ohne einen Antrag des Leistungsberechtigten der Leistungsträger von Amts wegen einen Zinsanspruch nach § 44 SGB I zu befriedigen hat.
Bei der Auslegung eines Bescheids ist maßgebend, wie der Empfänger ihn entsprechend § 133 BGB verstehen durfte. Maßstab bildet der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge berücksichtigt, welche die Behörde erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2011 -B 4 AS 119/10 R, juris m.w.N.) Der Empfänger kann sich nicht darauf berufen, er habe die Erklärung in einem bestimmten Sinne verstanden, wenn sie objektiv - unter Berücksichtigung aller Umstände - nicht so verstanden werden konnte (zur Maßgeblichkeit des objektiven Erklärungswertes vgl. BSG, Urteil vom 6. April 2011, a.a.O. m.w.N.).
Den Ausführungsbescheiden sind allein Erklärungen zur Nachzahlung selbst zu entnehmen. Zu einem Zinsanspruch nach § 44 SGB I sind hingegen noch nicht einmal - versteckte - Andeutungen oder Anhaltspunkte zu erkennen, bei denen durchaus fraglich bliebe, ob alleine sie eine ablehnende Entscheidung begründen könnten, obwohl damit die Rechtsschutzmöglichkeiten des Bescheidadressaten erheblich erschwert wären (darauf abstellend bei bloßem Mitteilungsschreiben: BSG, Urteil vom 25. Januar 2011 - B 5 R 14/10 R, juris). Insbesondere haben die Ausführungsbescheide weder auf einer Verurteilung zur Zinszahlung beruht noch hat der Kläger ein Zinsverlangen vor ihrem Erlass zu erkennen gegeben. Ebenso wenig ist ein solcher Anhaltspunkt dem Umstand zu entnehmen, dass es sich bei dem Zinsanspruch um eine unselbstständige Nebenforderung zu dem eigentlichen Leistungsanspruch handelt (vgl. BSG, Urteil vom 28. Mai 1997 - 8 RKn 2/96, juris; darauf abstellend: BSG, Urteil vom 11. Juli 1980 - 5 RJ 108/79, juris; dem folgend: LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. März 2010 - L 2 R 68/10, juris), der nicht nur auf Antrag, sondern auch von Amts wegen zu bescheiden ist. Zumal trotz der materiell-rechtlichen Akzessorietät des Zinsanspruchs, dieser materiell-rechtlich selbstständig zu bescheiden ist (BSG, Urteil vom 25. Januar 2011, a.a.O.). Allein die Pflicht, eine Entscheidung treffen zu müssen, rechtfertigt es nicht, ohne weitere Anhaltspunkte auf die gebotene, aber gleichwohl unterbliebene Willensbetätigung der Behörde schließen zu lassen (vgl. LSG NRW, Urteil vom 18. Januar 2010 - L 3 R 162/09, juris m.w.N.). Maßgeblich sein kann allein, was die Behörde tatsächlich erklärt hat, nicht was sie hätte erklären sollen, soweit nicht besondere Umstände im Einzelfall es erlauben, eine stillschweigende Willensbetätigung anzunehmen (BSG, Urteil vom 25. Januar 2011, a.a.O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf dem Ausgang der Berufung gemäß § 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Gründe die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen sind nicht ersichtlich. Soweit der Senat in seinem Beschluss über die Zulassung der Berufung noch davon ausgegangen ist, für den Rechtsstreit sei die klärungsfähige Rechtsfrage entscheidungserheblich, ob ein Verwaltungsakt, der einen Nachzahlungsbetrag verfügt, zugleich ohne besondere Anhaltspunkte zugleich eine ablehnende Entscheidung über den Zinsanspruch nach § 44 SGB I enthält, hält er an seiner Auffassung in der Berufung nicht mehr fest. Der Inhalt eines Verwaltungsaktes richtet sich nach den oben dargelegten höchstrichterlich bestätigten Auslegungsgrundsätzen, die vorliegend nicht in Zweifel stehen. Deren Anwendung im Einzelfall stellt hingegen eine tatrichterliche Überzeugungsbildung dar, welche nicht revisionsrechtlich zu überprüfen ist, solange anerkannte Auslegungsgrundsätze nicht verletzt sind (vgl. zum arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrag: BSG, Urteil vom 2. September 2004 - B 7 AL 78/03 R, juris). So hat auch die Entscheidung des BSG vom 11. September 1980, a.a.O., auf einem Sachverhalt beruht, bei dem bereits die Vorinstanz davon ausgegangen ist, dass der dort maßgebliche Verwaltungsakt eine ablehnende Regelung zu einem Zinsanspruch nach § 44 SGB I enthalten hat.
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