Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 42 R 953/12
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 1575/12 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird die Ablehnung der Prozesskostenhilfe im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 15. August 2012 aufgehoben und dem Kläger unter Beiordnung von Rechtsanwalt O. Sch.,., ..., Prozesskostenhilfe für das vor dem Sozialgericht Gotha (Az.: S 42 R 953/12) anhängig gewesene Verfahren bewilligt. Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Gründe:
Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von PKH im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 15. August 2012 ist nach § 172 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig.
Eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid erfolgt - wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen - in entsprechender Anwendung des § 125 SGG über Klagen. Über andere Begehren entscheidet das Gericht nach § 142 SGG durch Beschluss, auch über PKH-Gesuche nach § 73a SGG i.V.m. § 127 der Zivilprozessordnung (ZPO). Mithin liegt hinsichtlich des PKH-Gesuches eine in der Form inkorrekte Entscheidung vor. Gegen sie kann der Kläger das Rechtsmittel einlegen, das gegen die Entscheidung gegeben wäre, die richtigerweise hätte erlassen werden müssen; denn ein Beteiligter darf durch die Inkorrektheit der Entscheidung keinen Nachteil erleiden (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG, 10. Auflage 2012, vor § 143 Rn. 14 und 14a).
Nach § 73 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht liegt vor, wenn bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Klägers zum Erfolg führen kann. Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht den Standpunkt des Klägers nach dessen Sachdarstellung und den vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält, in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist und deshalb bei summarischer Prüfung für den Eintritt des angestrebten Erfolgs eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. Dies ist hier der Fall.
Es bestehen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides der Beklagten vom 22. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2012 angesichts fehlender Ermessensbetätigung. Insoweit können die Erfolgsaussichten im Klageverfahren nicht verneint werden. Der angefochtene Bescheid vom 22. November 2007 wäre dann wegen fehlender Ermessensbetätigung und der Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 2012 jedenfalls teilweise aufzuheben.
Nach § 51 Abs. 2 SGB I kann der zuständige Leistungsträger mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachte Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen nach diesem Gesetzbuch gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leis-tungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII oder des SGB II wird. Nach § 52 SGB I kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist.
Mit Bescheid vom 22. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2012 hat die Beklagte die Verrechnung von Ansprüchen der Beigeladenen gegen den Kläger mit seiner laufenden Rentenzahlung in Höhe von 50,00 EUR verfügt. Eine Regelung der Verrechnung durch Verwaltungsakt ist grundsätzlich möglich. Der angefochtene Bescheid der Beklagten dürfte im Sinne des § 33 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Der Kläger hat gegen die Forderungen der Beigeladenen jedenfalls keine Einwände erhoben. Es bestehen auch keine Bedenken daran, dass seit dem 1. Januar 2008 objektiv eine Verrechnungslage besteht. Die Beklagte ist nicht gehindert, die Verrechnung mit Ansprüchen der Beigeladenen auf rückständige Beiträge bzw. zu erstattende Sozialleistungen auf unpfändbare Rentenzahlungsansprüche des Klägers zu erstrecken (vgl. BSG, Urteil vom 7. Februar 2012 - Az.: B 13 R 85/09 R, m.w.N., nach juris). Hilfebedürftigkeit nach dem SGB XII bzw. SGB II hat der Kläger bisher nicht nachgewiesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2007 hat das Sozialamt seinen Antrag vom 8. November 2007 auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wegen mangelnder Bedürftigkeit abgelehnt. Der Widerspruch blieb erfolglos.
Die einseitig durch Verwaltungsakt geregelte Verrechnung steht allerdings - ebenso wie die Aufrechnung - im pflichtgemäßen Ermessen des sie durchführenden Leistungsträgers; insoweit handelt es sich bei dem "kann" in § 52 Halbsatz 1 SGB I und § 51 Abs. 1 Halbsatz 1, Abs. 2 Halbsatz 1 SGB I um ein so genanntes "Ermessens-Kann". Mit der Einräumung "echten Ermessens" steht dem die Verrechnung durch Verwaltungsakt regelnden Leistungsträger eine breite Handlungsmöglichkeit hinsichtlich des "ob" und des Umfangs einer Verrechnung zur Verfügung, um so die Besonderheiten des Einzelfalls und insbesondere die wirtschaftliche Situation des Leistungsempfängers angemessen berücksichtigen zu können. Dabei ist das Verrechnungsermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und es sind die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I). Damit kor-respondierend hat der Leistungsempfänger einen Anspruch auf die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). In diesem (eingeschränkten) Umfang unterliegt die Ermessensentscheidung der richterlichen Kontrolle, insbesondere auf Ermessensnichtgebrauch, Ermessensüberschreitung oder Fehlgebrauch (vgl. BSG, Urteil vom 7. Februar 2012, a.a.O.).
Ermessenserwägungen sind dem Bescheid vom 22. November 2007 nicht zu entnehmen. Die Beklagte führt dort lediglich - insoweit unverwertbar - aus, sie habe ihr Ermessen nicht miss-braucht. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte kein Ermessen ausgeübt hat oder dieses im Bescheid vom 22. November 2007 lediglich nicht begründet hat, denn in beiden Fällen treten dieselben Rechtsfolgen der Anfechtung ein; die Bescheide sind im Hinblick auf die Ermes-sensausübung nach § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X nicht hinreichend begründet. Der Kläger hat zu seiner finanziellen Situation im Vorverfahren ausgeführt, seitens des Sozialamtes seien seine Kreditverpflichtungen nicht berücksichtigt worden. Auch dem Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 2012 lassen sich keine nachvollziehbare Ermessenserwägungen der Beklagten entnehmen. Im Widerspruchsverfahren hat der Kläger zu seiner finanziellen Situation ausgeführt, das Sozialamt habe die von ihm zu tragenden Beiträge zur Unfallversicherung nicht berücksichtigt.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von PKH im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 15. August 2012 ist nach § 172 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig.
Eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid erfolgt - wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen - in entsprechender Anwendung des § 125 SGG über Klagen. Über andere Begehren entscheidet das Gericht nach § 142 SGG durch Beschluss, auch über PKH-Gesuche nach § 73a SGG i.V.m. § 127 der Zivilprozessordnung (ZPO). Mithin liegt hinsichtlich des PKH-Gesuches eine in der Form inkorrekte Entscheidung vor. Gegen sie kann der Kläger das Rechtsmittel einlegen, das gegen die Entscheidung gegeben wäre, die richtigerweise hätte erlassen werden müssen; denn ein Beteiligter darf durch die Inkorrektheit der Entscheidung keinen Nachteil erleiden (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer SGG, 10. Auflage 2012, vor § 143 Rn. 14 und 14a).
Nach § 73 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht liegt vor, wenn bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Klägers zum Erfolg führen kann. Eine beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht den Standpunkt des Klägers nach dessen Sachdarstellung und den vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält, in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist und deshalb bei summarischer Prüfung für den Eintritt des angestrebten Erfolgs eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht. Dies ist hier der Fall.
Es bestehen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides der Beklagten vom 22. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2012 angesichts fehlender Ermessensbetätigung. Insoweit können die Erfolgsaussichten im Klageverfahren nicht verneint werden. Der angefochtene Bescheid vom 22. November 2007 wäre dann wegen fehlender Ermessensbetätigung und der Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 2012 jedenfalls teilweise aufzuheben.
Nach § 51 Abs. 2 SGB I kann der zuständige Leistungsträger mit Ansprüchen auf Erstattung zu Unrecht erbrachte Sozialleistungen und mit Beitragsansprüchen nach diesem Gesetzbuch gegen Ansprüche auf laufende Geldleistungen bis zu deren Hälfte aufrechnen, wenn der Leis-tungsberechtigte nicht nachweist, dass er dadurch hilfebedürftig im Sinne der Vorschriften des SGB XII oder des SGB II wird. Nach § 52 SGB I kann der für eine Geldleistung zuständige Leistungsträger mit Ermächtigung eines anderen Leistungsträgers dessen Ansprüche gegen den Berechtigten mit der ihm obliegenden Geldleistung verrechnen, soweit nach § 51 SGB I die Aufrechnung zulässig ist.
Mit Bescheid vom 22. November 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Januar 2012 hat die Beklagte die Verrechnung von Ansprüchen der Beigeladenen gegen den Kläger mit seiner laufenden Rentenzahlung in Höhe von 50,00 EUR verfügt. Eine Regelung der Verrechnung durch Verwaltungsakt ist grundsätzlich möglich. Der angefochtene Bescheid der Beklagten dürfte im Sinne des § 33 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Der Kläger hat gegen die Forderungen der Beigeladenen jedenfalls keine Einwände erhoben. Es bestehen auch keine Bedenken daran, dass seit dem 1. Januar 2008 objektiv eine Verrechnungslage besteht. Die Beklagte ist nicht gehindert, die Verrechnung mit Ansprüchen der Beigeladenen auf rückständige Beiträge bzw. zu erstattende Sozialleistungen auf unpfändbare Rentenzahlungsansprüche des Klägers zu erstrecken (vgl. BSG, Urteil vom 7. Februar 2012 - Az.: B 13 R 85/09 R, m.w.N., nach juris). Hilfebedürftigkeit nach dem SGB XII bzw. SGB II hat der Kläger bisher nicht nachgewiesen. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. November 2007 hat das Sozialamt seinen Antrag vom 8. November 2007 auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wegen mangelnder Bedürftigkeit abgelehnt. Der Widerspruch blieb erfolglos.
Die einseitig durch Verwaltungsakt geregelte Verrechnung steht allerdings - ebenso wie die Aufrechnung - im pflichtgemäßen Ermessen des sie durchführenden Leistungsträgers; insoweit handelt es sich bei dem "kann" in § 52 Halbsatz 1 SGB I und § 51 Abs. 1 Halbsatz 1, Abs. 2 Halbsatz 1 SGB I um ein so genanntes "Ermessens-Kann". Mit der Einräumung "echten Ermessens" steht dem die Verrechnung durch Verwaltungsakt regelnden Leistungsträger eine breite Handlungsmöglichkeit hinsichtlich des "ob" und des Umfangs einer Verrechnung zur Verfügung, um so die Besonderheiten des Einzelfalls und insbesondere die wirtschaftliche Situation des Leistungsempfängers angemessen berücksichtigen zu können. Dabei ist das Verrechnungsermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und es sind die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB I). Damit kor-respondierend hat der Leistungsempfänger einen Anspruch auf die pflichtgemäße Ausübung des Ermessens (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB I). In diesem (eingeschränkten) Umfang unterliegt die Ermessensentscheidung der richterlichen Kontrolle, insbesondere auf Ermessensnichtgebrauch, Ermessensüberschreitung oder Fehlgebrauch (vgl. BSG, Urteil vom 7. Februar 2012, a.a.O.).
Ermessenserwägungen sind dem Bescheid vom 22. November 2007 nicht zu entnehmen. Die Beklagte führt dort lediglich - insoweit unverwertbar - aus, sie habe ihr Ermessen nicht miss-braucht. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte kein Ermessen ausgeübt hat oder dieses im Bescheid vom 22. November 2007 lediglich nicht begründet hat, denn in beiden Fällen treten dieselben Rechtsfolgen der Anfechtung ein; die Bescheide sind im Hinblick auf die Ermes-sensausübung nach § 35 Abs. 1 Satz 3 SGB X nicht hinreichend begründet. Der Kläger hat zu seiner finanziellen Situation im Vorverfahren ausgeführt, seitens des Sozialamtes seien seine Kreditverpflichtungen nicht berücksichtigt worden. Auch dem Widerspruchsbescheid vom 3. Januar 2012 lassen sich keine nachvollziehbare Ermessenserwägungen der Beklagten entnehmen. Im Widerspruchsverfahren hat der Kläger zu seiner finanziellen Situation ausgeführt, das Sozialamt habe die von ihm zu tragenden Beiträge zur Unfallversicherung nicht berücksichtigt.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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