L 6 KR 292/09 NZB

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 38 KR 3033/09
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 292/09 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 26. Oktober 2009 wird zurückgewiesen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter gleichzeitiger Beiordnung von Rechtsanwalt St. Z., ..., ..., wird abgelehnt. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist in der Hauptsache streitig, ob die Beklagte gegenüber dem Kläger die Kosten für die Beschaffung einer Turnmatte in Höhe von maximal 132,80 EUR zu übernehmen hat.

Der 2007 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Kläger ist schwerbehindert mit einem GdB von 100 und den Merkzeichen B, G, RF und H (Bescheid der. vom 8. Oktober 2008). Am 7. November 2008 stellte die behandelnde Kinderärztin dem Kläger eine Verordnung mit dem Inhalt aus, dass aufgrund eines Entwicklungsrückstandes das Turnen zu Hause nötig und eine Turnmatte erforderlich sei. Die ärztliche Verordnung enthält den Zusatzvermerk "Dieses Rezept können Sie nicht zur Erstattung bei Ihrer Krankenkasse einreichen." Die Betreuerin des Klägers beantragte am 10. November 2008 bei der Beklagten die Kostenübernahme für die Turnmatte. Mit Bescheid vom 19. November 2008 lehnte dies die Beklagte ab, da die beantragte Turnmatte nach den Hilfsmittelrichtlinien nicht als Hilfsmittel anzusehen sei. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2009 zurück und führte zur Begründung aus, dass nach § 33 Abs. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) kein Versorgungsanspruch bestehe, wenn das Hilfsmittel als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens anzusehen sei. Bei der begehrten Turnmatte handele es sich in Anwendung der vom Bundessozialgericht aufgestellten Grundsätze um einen solchen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens, da sie auch von gesunden oder nicht behin-derten Menschen für gymnastische Übungen zu Hause genutzt werde.

Die hiergegen am 12. Juni 2009 vor dem Sozialgericht Gotha (SG) erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 26. Oktober 2009 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei der Turnmatte zweifelsfrei um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handele.

Mit seiner am 9. Dezember 2009 eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde gegen das am 9. November 2009 zugestellte Urteil macht der Kläger geltend, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe. Es gehe um die Rechtsfrage, "ob eine Turnmatte ein Hilfsmittel i.S. von § 31 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) ist oder ob es sich um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handelt und damit als Hilfsmittel i.S. von § 31 SGB IX ausscheidet. Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Turnmatte insbesondere für ein schwerbehindertes Kleinkind ( ) ein Hilfsmittel i.S. des § 31 SGB IX" sei, sei von der Rechtsprechung bislang nicht entschieden worden. Es liege im allgemeinen Interesse, diese Frage zu klären, da sich die Frage bei anderen schwerbehinderten Kindern mit ähnli-chem Krankheitsbild ebenso stellen könne. Gleichzeitig beantragt er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung seines Prozessbevollmächtigten.

Der Kläger beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 26. Oktober 2009 zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, dass die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht er-kennbar sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte des Beschwerdeverfahrens sowie des Klageverfahrens Bezug genommen.

II.

Die zulässige Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.

Die durch den Kläger als Zulassungsgrund nach §§ 145 Abs. 2, 144 Abs. 2 Nr. 1 des Sozial-gerichtsgesetzes (SGG) einzig geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung liegt nicht vor.

Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung ist wie in § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG auszulegen. Demnach hat eine Rechtssache über den Einzelfall hinaus nur dann eine grundsätzliche Be-deutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die aus Gründen der Rechtseinheit oder der Rechtsfortbildung einer Klärung durch das Berufungsgericht bedürftig und fähig ist. Ein Indi-vidualinteresse genügt nicht. Maßgebend ist nicht die richtige Einzelfallentscheidung; sie ist nur eine Folge der Klärung der grundsätzlichen Rechtsfrage (vgl. Senatsbeschlüsse vom 31. Mai 2001 – Az.: L 6 KR 709/00 NZB, vom 7. Februar 2001 – Az.: L 6 KN 220/99 NZB sowie vom 16. August 1999 - Az.: L 6 RJ 548/98 NZB).

Der Kläger hat hier jedoch den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache weder in der nach §§ 145 Abs. 2, 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG gebotenen Weise dargelegt hat, sondern vielmehr im Ergebnis nur die inhaltliche Unrichtigkeit des sozialgerichtlichen Urteils gerügt. Hierauf kommt es aber nicht an, sondern er hätte vielmehr darlegen müssen, welche Rechtsfrage nicht geklärt sei. Im Übrigen ist auch für den Senat nicht ersichtlich, weshalb hier eine Klärung von im erstinstanzlichen Verfahren entschiedenen Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts bzw. das angestrebte Berufungsverfahren für die Fortbildung des Rechts erforderlich ist und durch das angestrebte Berufungsverfahren eine Klärung zu erwarten ist (vgl. Bundessozialgericht [BSG] in SozR 1500 § 160 Nr. 17, § 160a Nrn. 7, 11, 13, 31, 39, 59 und 65; Senatsbeschluss vom 31. Mai 2001, a.a.O.; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage 2012, § 144 Rdnr. 28).

Bei der vom Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfenen Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Turnmatte insbesondere für ein schwerbehindertes Kleinkind ein Hilfsmittel i.S. des § 31 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) sei, handelt es sich jedenfalls nicht um eine Rechtsfrage, sondern eine Tatsachenfrage. Die in diesem Zu-sammenhang maßgebliche Rechtsfrage, nämlich wann im Gegensatz zu allgemeinen Ge-brauchsgegenständen des täglichen Lebens von einem Hilfsmittel im Sinne des Krankenversi-cherungsrechts auszugehen ist, hat das BSG schon hinreichend in dem Sinne geklärt, dass ein Hilfsmittel bereits seiner Konzeption nach den Erfolg einer Krankenbehandlung sichern oder eine Behinderung ausgleichen oder im Einzelfall den Bedürfnissen erkrankter oder behinderter Menschen jedenfalls besonders entgegenkommen muss; es wird daher von körperlich nicht beeinträchtigten Menschen praktisch nicht genutzt (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 18. Juni 2014 - Az.: B 3 KR 8/13 R, nach juris). Die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Turnmatte ein Hilfsmittel in diesem Sinne sein kann, ist dagegen eine Subsumtionsfrage. Jedenfalls aber wäre eine solche Frage nicht klärungsbedürftig, da sie sich bereits anhand der soeben dargelegten Grundsätze des BSG in dem Sinne beantworten lässt, dass eine Turnmatte ihrer Konzeption nach gerade nicht den Erfolg einer Krankenbehandlung sichert oder eine Behinderung ausgleicht oder im Einzelfall den Bedürfnissen erkrankter oder behinderter Menschen jedenfalls besonders entgegenkommt. Sie wird im Gegenteil von körperlich nicht beeinträchtigten Menschen ebenfalls vielfach benutzt. Dass das SG die vom BSG aufgestellten Grundsätze in seiner Entscheidung gegebenenfalls nicht hinreichend berücksichtigt und angewandt hat, begründet keine grundsätzliche Bedeutung, sondern ist vielmehr eine Frage der zutreffenden Einzelfallentscheidung.

Weitere Zulassungsgründe wurden vom Kläger weder geltend gemacht, noch sind solche für den Senat sonst ersichtlich.

Dementsprechend war auch der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wegen mangelnder Erfolgsaussichten abzulehnen.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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