Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 4 KR 260/01
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 1266/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine Berufung kann auch mit einem nicht unterschriebenen Computerfax eingelegt werden, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichende Gewähr für die Urheberschaft und den Willen, das Schreiben in den Verkehr zu bringen, ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2000 - B 13 RJ 3/99 R).
2. Zur Versicherungspflicht des Geschäftsführers einer GmbH.
2. Zur Versicherungspflicht des Geschäftsführers einer GmbH.
Das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 23. Oktober 2008 ist insoweit unwirksam, als festgestellt wird, dass der Kläger bei der Kapitalanlagen Vertriebsgesellschaft mbH in der Zeit vom 1. November 1993 bis zum 22. Dezember 1994 selbständig tätig gewesen ist. Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 23. Oktober 2008 und der Bescheid der Beklagten vom 29. August 2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Januar 2001 abgeändert. Es wird festgestellt, dass der Kläger vom 23. Dezember 1994 bis 30. April 1998 aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 4. der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung und vom 1. Januar 1995 bis 30. April 1998 der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung unterlag. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 4/5 zu erstatten. Im Übrigen trägt jeder Beteiligte seine Kosten selbst. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 23. Dezember 1994 bis 30. April 1998 versicherungspflichtig beschäftigt war.
Der 1957 geborene Kläger und seine Ehefrau gründeten mit Gesellschaftsvertrag vom 30. September 1993 die Beigeladene zu 4. unter der Firma " Kapitalanlagen Vertriebsgesellschaft mbH". Gegenstand des Unternehmens war die Vermittlung von Versicherungen, Bausparverträgen, Investmentfonds, geschlossenen Immobilienfonds und Immobilien. Das Stammkapital betrug 50.000,00 DM, auf die Ehefrau des Klägers entfielen 49.000,00 DM, auf den Kläger 1.000,00 DM. Beide waren als Geschäftsführer einzeln vertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) befreit. Ein gesonderter Geschäftsführungsvertrag bestand nicht. Die Gesellschaft wurde am 19. Januar 1994 beim Amtsgericht Gera ins Handelsregister eingetragen. Der Kläger teilte der Beklagten mit, dass er selbständig tätig sei, woraufhin ihn diese mit Bescheid vom 14. Dezember 1993 in die einnahmebezogene Versicherungsklasse F 11 0 01 einstufte.
Mit notariellem Vertrag vom 23. Dezember 1994 verkaufte und übertrug die Ehefrau des Klägers einen Geschäftsanteil in Höhe von 37.500,00 DM an Rechtsanwalt E. St. In diesem Vertrag wurde gleichzeitig ein Gesellschafterbeschluss gefasst, wonach sie mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführerin abberufen und Rechtsanwalt St. mit sofortiger Wirkung zum Geschäftsführer bestellt wurde. Er erhielt Einzelvertretungsmacht und war von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Gleichzeitig wurde die Geschäftsführungsbefugnis des Klägers dahingehend eingeschränkt, dass er nur noch gemeinsam mit Rechtsanwalt St. vertretungsbefugt war. Die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB wurde bezüglich des Klägers aufgehoben. Ein Geschäftsführervertrag zugunsten des Klägers wurde zunächst nicht abgeschlossen, die Eintragung im Handelsregister erfolgte am 27. Januar 1995.
Am 15. Juni 1995 schlossen die Beigeladene zu 4. und der Kläger mit Wirkung zum 1. Juli 1995 einen Geschäftsführervertrag. Hiernach unterlag der Kläger den Weisungen der Gesellschafterversammlung und erhielt keine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB. Eine bestimmte Arbeitszeit war nicht vereinbart, allerdings bestand die Verpflichtung, die ganze Arbeitskraft dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen und ohne Genehmigung keine weitere entgeltliche Tätigkeit auszuführen. Dem Kläger standen 30 Tage Erholungsurlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu. Es wurde vereinbart, dass Änderungen oder Ergänzungen des Vertrages der Schriftform bedürfen. Ab 1. Juli 1995 sollte eine monatliche Vergütung von 10.000,00 DM brutto erfolgen, aufgrund einer Zusatzvereinbarung vom 22. Dezember 1995 wurde ein Gehalt von 7.141,61 DM brutto ab 1. Januar 1996 vereinbart. Gegenüber der Beklagten erklärte der Kläger mit Schreiben vom 15. Mai 1996, dass er weiterhin selbständig tätig sei. Diese und die Beigeladene zu 1. stuften ihn entsprechend ein.
Die Ehefrau des Klägers verstarb 1997. Dem Kläger wurde durch die Beigeladene zu 4. zum 30. April 1998 gekündigt und er als Geschäftsführer abberufen. Auf Nachfrage der Beklagten gab der Kläger am 1. Juli 1998 an, er habe neben seiner Beteiligung an der Beigeladenen zu 4. eine selbständige Tätigkeit ausgeführt und sei nun als Hausmeister tätig.
Unter dem 6. März 2000 wies der Kläger die Beklagte darauf hin, er sei lediglich mit zwei Prozent an der Beigeladenen zu 4. beteiligt gewesen und daher nicht als selbständig einzustufen. Neben den Krankenversicherungsbeiträgen hätten auch die Beiträge zur Renten- sowie zur Arbeitslosenversicherung vom Arbeitgeber abgeführt werden müssen. Da er erst jetzt davon Kenntnis erhalte, bitte er um rückwirkende Berichtigung ab Beginn. Rechtsanwalt St. teilte auf Nachfrage der Beklagten mit Schreiben vom 3. Mai 2000 mit, faktisch sei der Kläger der selbständige Unternehmer gewesen. Es sei immer beabsichtigt gewesen, die Gesellschaftsanteile wieder zurück zu übertragen. Er selbst sei nur alle zwei Wochen in G. gewesen. Der Kläger habe sich Urlaub und Arbeitszeit frei einteilen können und die komplette Personalhoheit gehabt. Er habe eigenständig Rechtsstreite geführt, ebenso wie die Bilanzen und die Buchhaltung. Lediglich die tragenden Unternehmensentscheidungen seien gemeinsam und im Einvernehmen getroffen worden. Die Geschäftsführervergütung sei unter dem Vorbehalt, dass ein entsprechender Gewinn erzielt werde, gezahlt worden.
Der Steuerberater der Beigeladenen zu 4. teilte mit Schreiben vom 6. Juli 2000 mit, dass der Kläger zusammen mit seiner Frau die Geschäfte geführt habe, erst ab Oktober 1997 sei Rechtsanwalt St. aufgetreten. Der Kläger habe immer darauf bestanden, nicht sozialversicherungspflichtig gewesen zu sein. Die ehemalige Sekretärin der Beigeladenen zu 4. S. Z. gab in ihrem Schreiben vom 6. Juli 2000 an, der Kläger habe die Geschäfte auch nach dem Eintritt von Rechtsanwalt St. so weitergeführt wie bisher. Rechtsanwalt St. sei nur sporadisch in G. gewesen und habe sich dann auch nur um die grundlegenden Dinge gekümmert. Nach dem Tod der Ehefrau des Klägers habe sich die Situation geändert. Dieser sei psychisch sehr angeschlagen gewesen, weswegen sich Rechtsanwalt St. verstärkt um die Belange der Firma gekümmert habe. Ihm sei auch deswegen gekündigt worden, um die Firma zu retten. Der ehemalige Angestellte St. H. trug im Schreiben vom 6. Juli 2000 vor, für ihn sei immer klar gewesen, dass der Kläger der Chef war.
Die Beklagte lehnte bei ihrer versicherungsrechtlichen Beurteilung vom 29. August 2000 eine Einstufung des Klägers als Beschäftigten ab, da sie davon ausging, dass er als Selbständiger einzustufen sei und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2001 zurück.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 23. Oktober 2008 (dem Kläger zugestellt am 13. November 2008) festgestellt, dass der Kläger in der Zeit vom 1. November 1993 bis 30. April 1998 selbständig tätig war. Nach der Gesamtwürdigung aller Umstände sei er nicht als weisungsgebundener Arbeitnehmer sondern wie ein Selbständiger tätig gewesen. Er habe seine Arbeitszeit und Arbeitsdauer frei bestimmen und Urlaub und Freizeit selbst einteilen können. Er habe die Geschäfte selbständig geführt, das Personal allein eingestellt und entlassen sowie die Bilanzen der Gesellschaft allein in Zusammenarbeit mit einem Steuerberater erstellt.
Der Kläger hat am Montag den 15. Dezember 2008 beim Sozialgericht Altenburg sowohl mit E-Mail als mit Computerfax jeweils Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts eingelegt. Eine Unterschrift findet sich auf dieser Faxmitteilung aus technischen Gründen nicht. Mit Schreiben vom 19. Februar 2008 hat der Kläger angegeben, er habe das Fax nicht unterschreiben können. Er habe es nach Absendung an das Sozialgericht Altenburg ausgedruckt, unterschrieben und per Post an das Sozialgericht geschickt. Warum es nicht mehr in den Akten sei, könne er nicht sagen.
Im Erörterungstermin am 8. März 2013 hat der Kläger vorgetragen, er gehe selbst davon aus, in der Zeit vom 1. November 1993 bis 22. Dezember 1994 als Selbständiger tätig gewesen zu sein; insoweit halte er an seiner Klage nicht mehr fest. Vom 23. Dezember 1994 bis 30. Juli 1995 habe jedoch eine abhängige Beschäftigung vorgelegen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 23. Oktober 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. August 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Januar 2001 abzuändern und festzustellen, dass er aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 4. vom 23. Dezember 1994 bis 30. April 1998 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung und für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis 30. April 1998 der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Nach ihrer Ansicht hat der Kläger den Mehrheitsgesellschafter dominiert und dieser sei von ihm abhängig gewesen. Er habe bis zum 6. März 2000 selbst immer angenommen, selbständig tätig gewesen zu sein.
Die Beigeladene zu 1. beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Ausführungen der Beklagten.
Die Beigeladenen zu 2. und 3. haben sich nicht zur Sache geäußert und keine Anträge gestellt.
Die Beigeladene zu 4. beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Berufung sei bereits unzulässig, da innerhalb der Berufungsfrist keine dem Schriftformerfordernis genügende Berufungsschrift eingegangen sei. Das Computerfax lasse die Urheberschaft des Klägers nicht eindeutig erkennen, auch werde ein falsches Urteilsdatum genannt. Im Übrigen sei der Kläger als Selbständiger einzustufen, da er das Unternehmen faktisch wie ein Alleininhaber nach eigenem Gutdünken geführt habe. Rechtsanwalt St. habe die ihm zustehende Rechtsmacht nicht ausgeübt. Es bestünden auch erhebliche Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers.
Der Senat hat durch seinen Berichterstatter am 18. März 2013 einen Erörterungstermin durchgeführt. Zum genauen Inhalt wird auf die Sitzungsniederschrift (Blatt 214ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen. Nach dem Handelsregisterauszug des Amtsgerichts Deggendorf hat die Beigeladene zu 4. ihre Firma in GmbH geändert und den Geschäftssitz nach verlegt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt.
Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen (§ 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)). Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Berufungsfrist ist am 15. Dezember 2008 abgelaufen, weil das Ende der Frist (13. Dezember 2008) auf einen Sonnabend fiel (§ 64 Abs. 3 SGG). Durch die E-Mail vom 15. Dezember 2008 an das Sozialgericht Altenburg wurde die Berufung allerdings nicht formwirksam eingelegt, weil die einfache E-Mail nicht die in § 65a SGG genannten Anforderungen erfüllt (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 15. November 2010 - Az.: B 8 SO 71/10 B, nach juris). Die fristgerecht beim Sozialgericht Altenburg eingegangene Faxmitteilung vom 15. Dezember 2008 dagegen erfüllt entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 4. das Erfordernis der schriftlichen Form, auch wenn sie aus technischen Gründen keine eigenhändige Unterschrift aufweist. Das Schriftformerfordernis ist auch bei fehlender Unterschrift erfüllt, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen, das Schreiben in den Verkehr zu bringen, ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2000 - Az.: B 13 RJ 3/99 R, nach juris). Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass das Computerfax nicht vom Kläger stammt oder nicht willentlich von ihm in den Verkehr gebracht wurde. Es handelt sich vielmehr um die für ihn durchaus typische Kommunikationsform. Bereits im Klageverfahren hat er so Verfahrenshandlungen vorgenommen, beispielsweise das Befangenheitsgesuch vom 21. Juli 2008 gestellt. Zwar hat er im Computerfax ein falsches Urteilsdatum genannt, jedoch das richtige Aktenzeichen verwendet. Die Umstände sprechen für die Urheberschaft des Klägers.
Der Senat hat keine Anhaltspunkte für eine Prozessunfähigkeit des Klägers. Die übersandten Unterlagen (Email an Rechtsanwalt St. sowie beigefügte Unterlagen) geben hierfür keinen ausreichenden Anhaltpunkt.
Nachdem der Kläger die Klage bezüglich des Zeitraums 1. November 1993 bis 22. Dezember 1994 zurückgenommen hat, war das Urteil des Sozialgerichts für diese Zeit für unwirksam zu erklären. Hinsichtlich des noch streitigen Zeitraums ist die Berufung begründet. Der Kläger war in der Zeit vom 23. Dezember 1994 bis 30. April 1998 Beschäftigter. Er ist damit versicherungspflichtig in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung und ab dem 1. Januar 1995 in der sozialen Pflegeversicherung. Er hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, weil hierdurch die Grundlage für weitergehende Ansprüche geschaffen wird.
Die Beklagte entscheidet nach § 28h Abs. 2 Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) als Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Versicherungspflichtig sind in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI), in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) und seit dem 1. Januar 1995 in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen.
Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist (vgl. BSG, Urteil vom 28. September 2011 - Az.: B 12 R 17/09 R, nach juris). Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Die Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Untergeordnete und einfache Arbeiten sprechen eher für eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation. Eine selbstständige Tätigkeit ist vornehmlich durch eigenes Unternehmerrisiko, Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2011 - Az.: B 12 KR 10/09 R, nach juris). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung.
Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt der früheren Selbsteinschätzung des Klägers keine maßgebliche Bedeutung zu. Vielmehr ist nach der Rechtsprechung des BSG für die Frage der Einstufung als Selbständiger oder Beschäftigter zunächst auf das Vertragsverhältnis der Beteiligten abzustellen, wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer erlebten Beziehung erschließen lässt (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R, nach juris Rn. 16). Die in diesem Sinne rechtlich relevanten Vertragsbeziehungen des Kläger und der Beigeladenen zu 4. bestimmen sich im streitigen Zeitraum nach dem Geschäftsführervertrag vom 15. Juni 1995 i.V.m. der Zusatzvereinbarung vom 22. Dezember 1995 und dem notariellen Vertrag vom 23. Dezember 1994.
Der am 15. Juni 1995 mit Wirkung zum 1. Juli 1995 abgeschlossene Geschäftsführervertrag spricht deutlich für eine abhängige Beschäftigung des Klägers. Er unterlag den Weisungen der Gesellschafterversammlung und damit im Wesentlichen den Weisungen des Mitgesellschafters Rechtsanwalt St., der die Mehrheit der Anteile hielt. Er hatte keine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, war verpflichtet, die ganze Arbeitskraft dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen, und durfte ohne Genehmigung keine weitere entgeltliche Tätigkeit auszuführen. Ihm standen die typischen Arbeitnehmerrechte Erholungsurlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu. Er hatte Anspruch auf eine feste Vergütung ohne Rücksicht auf den Unternehmenserfolg.
Für die Zeit vom 23. Dezember 1994 bis zum 30. Juni 1995 bestand zwar kein ausdrücklicher Geschäftsführervertrag, die zwischen den Beteiligten erlebte Beziehung lässt aber trotzdem auf eine abhängige Beschäftigung schließen. Unter Berücksichtigung des notariellen Vertrag vom 23. Dezember 1994, in welchem die Geschäftsführungsbefugnis des Klägers erheblich eingeschränkt und die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB aufgehoben wurde, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Kläger und die Beigeladene zu 4. mit dem Geschäftsführervertrag vom 15. Juni 1995 eine Änderung in den Beziehungen zueinander erreichen wollten. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die bisherigen Verhältnisse festgeschrieben werden sollten.
Entgegen der Auffassung der Beklagten und der Vorinstanz weichen die Vereinbarungen nicht von den tatsächlichen Verhältnissen mit der Folge ab, dass letzteren der Vorrang einzuräumen wäre. Zwar geben beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2005 - Az.: B 12 KR 28/03 R, nach juris Rn. 27), maßgeblich ist jedoch die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - Az.: B 12 KR 31/06 R, nach juris Rn. 17). Im Hinblick auf die Rechtsbeziehung ist die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen gehört also unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - Az.: B 12 KR 25/10 R, nach juris Rn. 16).
Der Kläger hatte auch aufgrund der tatsächlich praktizierten Verhältnisse nicht die für eine selbständige Tätigkeit sprechende Rechtsmacht. Er hatte weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - Az.: B 12 KR 25/10 R, nach juris Rn. 25). Die Rechtsmacht lag vielmehr bei der Beigeladenen zu 4. und insbesondere bei dem Mehrheitsgesellschafter. Es ist ohne Bedeutung, ob Rechtsanwalt St. von seiner Rechtsmacht zunächst keinen Gebrauch machte. Der bloße Nichtgebrauch ist unbeachtlich, solange die Rechtsposition nicht wirksam abbedungen wurde. Das war hier nicht der Fall, was sich im Übrigen auch später in dem Umstand zeigt, dass der Kläger ohne weiteres durch die Beigeladene zu 4. entlassen werden konnte, ohne dass er die Möglichkeit gehabt hätte, dies zu verhindern.
Dem stehen auch nicht die gegenüber der Beklagten gemachten Angaben des Rechtsanwalts St., des Steuerberaters, der ehemaligen Sekretärin Z. und des ehemaligen Mitarbeiters H. entgegen. Sie lassen zwar darauf schließen, dass der Kläger mit einem hohen Maß an Eigenverantwortlichkeit die Geschäfte der Beigeladenen zu 4. führte. Dies ist aber für Dienste höherer Art, wie die eines GmbH-Geschäftsführers, durchaus typisch. Das er die Geschäfte gerade nicht "nach eigenem Gutdünken führen konnte" (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 1990 - Az.: B 11 RAr 47/88, nach juris Rn. 21), zeigt der Vortrag des Rechtsanwalts St., dass die tragenden Unternehmensentscheidungen gemeinsam und im Einvernehmen getroffen wurden.
Gegen die Einschätzung der fehlenden Rechtsmacht spricht auch nicht der Umstand, dass ggf. eine Rückübertragung der Anteile auf den Kläger und seine Frau geplant war. Zum einen ist schon nicht ersichtlich, dass es sich tatsächlich um eine rechtlich bindende Abrede handelte und nicht bloß um eine Absichtserklärung. Für letzteres spricht, dass es bis heute nicht zu einer Rückübertragung gekommen ist. Zum anderen würde selbst das Bestehen eines schuldrechtlichen Rückübertragungsanspruchs unmittelbar nichts an der gesellschaftsrechtlichen Situation und damit an der fehlenden Rechtsmacht ändern. Erst wenn der Kläger diesen Anspruch auch wirklich durchgesetzt hätte, hätte für ihn die Möglichkeit bestanden, sich Weisungen zu entziehen.
Es lag auch kein Scheinvertrag im Sinne von § 117 Abs. 1 BGB vor, auch wenn der Kläger im Verlauf des Verfahrens selbst diese Formulierung verwendet hat. Es sollte vielmehr nach dem Willen des Klägers, seiner Frau und des Rechtsanwalts St. die Übertragung der Geschäftsanteile und die damit verbundene Einschränkung der Rechtsmacht des Klägers zumindest vorübergehend gelten.
Letztlich spricht auch die Angabe des Rechtsanwalts St., dass die Geschäftsführervergütung unter dem Vorbehalt gezahlt wurde, dass ein entsprechender Gewinn erzielt werde, nicht gegen die Annahme einer Beschäftigung. Dieser Vorbehalt findet sich weder in dem ursprünglichen Geschäftsführervertrag noch in der Zusatzvereinbarung vom 22. Dezember 1995. Soweit hier tatsächlich eine mündliche Nebenabrede getroffen wurde, wäre diese wegen Verstoß gegen das festgelegte Schriftformerfordernis unwirksam.
Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung einiger Senate des BSG - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts -, wonach auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet wurde, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - Az.: B 12 KR 25/10 R, nach juris Rn. 31 m.w.N.). Zum einen handelte es sich im hier streitigen Zeitraum nicht mehr um eine Familiengesellschaft, da der beherrschende Mitgesellschafter zu dem Kläger und seiner Ehefrau nicht in einer familiären Beziehung stand. Zum anderen ist der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse größere Bedeutung beizumessen. Entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer formal vorliegenden (abhängigen) Beschäftigung ist auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw. Dienstberechtigten abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde. Eine solche "Schönwetter-Selbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - Az.: B 12 KR 25/10 R, nach juris Rn. 32).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt die teilweise Klagerücknahme.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten (noch) darüber, ob der Kläger in der Zeit vom 23. Dezember 1994 bis 30. April 1998 versicherungspflichtig beschäftigt war.
Der 1957 geborene Kläger und seine Ehefrau gründeten mit Gesellschaftsvertrag vom 30. September 1993 die Beigeladene zu 4. unter der Firma " Kapitalanlagen Vertriebsgesellschaft mbH". Gegenstand des Unternehmens war die Vermittlung von Versicherungen, Bausparverträgen, Investmentfonds, geschlossenen Immobilienfonds und Immobilien. Das Stammkapital betrug 50.000,00 DM, auf die Ehefrau des Klägers entfielen 49.000,00 DM, auf den Kläger 1.000,00 DM. Beide waren als Geschäftsführer einzeln vertretungsberechtigt und von den Beschränkungen des § 181 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) befreit. Ein gesonderter Geschäftsführungsvertrag bestand nicht. Die Gesellschaft wurde am 19. Januar 1994 beim Amtsgericht Gera ins Handelsregister eingetragen. Der Kläger teilte der Beklagten mit, dass er selbständig tätig sei, woraufhin ihn diese mit Bescheid vom 14. Dezember 1993 in die einnahmebezogene Versicherungsklasse F 11 0 01 einstufte.
Mit notariellem Vertrag vom 23. Dezember 1994 verkaufte und übertrug die Ehefrau des Klägers einen Geschäftsanteil in Höhe von 37.500,00 DM an Rechtsanwalt E. St. In diesem Vertrag wurde gleichzeitig ein Gesellschafterbeschluss gefasst, wonach sie mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführerin abberufen und Rechtsanwalt St. mit sofortiger Wirkung zum Geschäftsführer bestellt wurde. Er erhielt Einzelvertretungsmacht und war von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Gleichzeitig wurde die Geschäftsführungsbefugnis des Klägers dahingehend eingeschränkt, dass er nur noch gemeinsam mit Rechtsanwalt St. vertretungsbefugt war. Die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB wurde bezüglich des Klägers aufgehoben. Ein Geschäftsführervertrag zugunsten des Klägers wurde zunächst nicht abgeschlossen, die Eintragung im Handelsregister erfolgte am 27. Januar 1995.
Am 15. Juni 1995 schlossen die Beigeladene zu 4. und der Kläger mit Wirkung zum 1. Juli 1995 einen Geschäftsführervertrag. Hiernach unterlag der Kläger den Weisungen der Gesellschafterversammlung und erhielt keine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB. Eine bestimmte Arbeitszeit war nicht vereinbart, allerdings bestand die Verpflichtung, die ganze Arbeitskraft dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen und ohne Genehmigung keine weitere entgeltliche Tätigkeit auszuführen. Dem Kläger standen 30 Tage Erholungsurlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu. Es wurde vereinbart, dass Änderungen oder Ergänzungen des Vertrages der Schriftform bedürfen. Ab 1. Juli 1995 sollte eine monatliche Vergütung von 10.000,00 DM brutto erfolgen, aufgrund einer Zusatzvereinbarung vom 22. Dezember 1995 wurde ein Gehalt von 7.141,61 DM brutto ab 1. Januar 1996 vereinbart. Gegenüber der Beklagten erklärte der Kläger mit Schreiben vom 15. Mai 1996, dass er weiterhin selbständig tätig sei. Diese und die Beigeladene zu 1. stuften ihn entsprechend ein.
Die Ehefrau des Klägers verstarb 1997. Dem Kläger wurde durch die Beigeladene zu 4. zum 30. April 1998 gekündigt und er als Geschäftsführer abberufen. Auf Nachfrage der Beklagten gab der Kläger am 1. Juli 1998 an, er habe neben seiner Beteiligung an der Beigeladenen zu 4. eine selbständige Tätigkeit ausgeführt und sei nun als Hausmeister tätig.
Unter dem 6. März 2000 wies der Kläger die Beklagte darauf hin, er sei lediglich mit zwei Prozent an der Beigeladenen zu 4. beteiligt gewesen und daher nicht als selbständig einzustufen. Neben den Krankenversicherungsbeiträgen hätten auch die Beiträge zur Renten- sowie zur Arbeitslosenversicherung vom Arbeitgeber abgeführt werden müssen. Da er erst jetzt davon Kenntnis erhalte, bitte er um rückwirkende Berichtigung ab Beginn. Rechtsanwalt St. teilte auf Nachfrage der Beklagten mit Schreiben vom 3. Mai 2000 mit, faktisch sei der Kläger der selbständige Unternehmer gewesen. Es sei immer beabsichtigt gewesen, die Gesellschaftsanteile wieder zurück zu übertragen. Er selbst sei nur alle zwei Wochen in G. gewesen. Der Kläger habe sich Urlaub und Arbeitszeit frei einteilen können und die komplette Personalhoheit gehabt. Er habe eigenständig Rechtsstreite geführt, ebenso wie die Bilanzen und die Buchhaltung. Lediglich die tragenden Unternehmensentscheidungen seien gemeinsam und im Einvernehmen getroffen worden. Die Geschäftsführervergütung sei unter dem Vorbehalt, dass ein entsprechender Gewinn erzielt werde, gezahlt worden.
Der Steuerberater der Beigeladenen zu 4. teilte mit Schreiben vom 6. Juli 2000 mit, dass der Kläger zusammen mit seiner Frau die Geschäfte geführt habe, erst ab Oktober 1997 sei Rechtsanwalt St. aufgetreten. Der Kläger habe immer darauf bestanden, nicht sozialversicherungspflichtig gewesen zu sein. Die ehemalige Sekretärin der Beigeladenen zu 4. S. Z. gab in ihrem Schreiben vom 6. Juli 2000 an, der Kläger habe die Geschäfte auch nach dem Eintritt von Rechtsanwalt St. so weitergeführt wie bisher. Rechtsanwalt St. sei nur sporadisch in G. gewesen und habe sich dann auch nur um die grundlegenden Dinge gekümmert. Nach dem Tod der Ehefrau des Klägers habe sich die Situation geändert. Dieser sei psychisch sehr angeschlagen gewesen, weswegen sich Rechtsanwalt St. verstärkt um die Belange der Firma gekümmert habe. Ihm sei auch deswegen gekündigt worden, um die Firma zu retten. Der ehemalige Angestellte St. H. trug im Schreiben vom 6. Juli 2000 vor, für ihn sei immer klar gewesen, dass der Kläger der Chef war.
Die Beklagte lehnte bei ihrer versicherungsrechtlichen Beurteilung vom 29. August 2000 eine Einstufung des Klägers als Beschäftigten ab, da sie davon ausging, dass er als Selbständiger einzustufen sei und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2001 zurück.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 23. Oktober 2008 (dem Kläger zugestellt am 13. November 2008) festgestellt, dass der Kläger in der Zeit vom 1. November 1993 bis 30. April 1998 selbständig tätig war. Nach der Gesamtwürdigung aller Umstände sei er nicht als weisungsgebundener Arbeitnehmer sondern wie ein Selbständiger tätig gewesen. Er habe seine Arbeitszeit und Arbeitsdauer frei bestimmen und Urlaub und Freizeit selbst einteilen können. Er habe die Geschäfte selbständig geführt, das Personal allein eingestellt und entlassen sowie die Bilanzen der Gesellschaft allein in Zusammenarbeit mit einem Steuerberater erstellt.
Der Kläger hat am Montag den 15. Dezember 2008 beim Sozialgericht Altenburg sowohl mit E-Mail als mit Computerfax jeweils Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts eingelegt. Eine Unterschrift findet sich auf dieser Faxmitteilung aus technischen Gründen nicht. Mit Schreiben vom 19. Februar 2008 hat der Kläger angegeben, er habe das Fax nicht unterschreiben können. Er habe es nach Absendung an das Sozialgericht Altenburg ausgedruckt, unterschrieben und per Post an das Sozialgericht geschickt. Warum es nicht mehr in den Akten sei, könne er nicht sagen.
Im Erörterungstermin am 8. März 2013 hat der Kläger vorgetragen, er gehe selbst davon aus, in der Zeit vom 1. November 1993 bis 22. Dezember 1994 als Selbständiger tätig gewesen zu sein; insoweit halte er an seiner Klage nicht mehr fest. Vom 23. Dezember 1994 bis 30. Juli 1995 habe jedoch eine abhängige Beschäftigung vorgelegen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 23. Oktober 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29. August 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11. Januar 2001 abzuändern und festzustellen, dass er aufgrund seiner Tätigkeit bei der Beigeladenen zu 4. vom 23. Dezember 1994 bis 30. April 1998 der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung und für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis 30. April 1998 der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung unterlag.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Nach ihrer Ansicht hat der Kläger den Mehrheitsgesellschafter dominiert und dieser sei von ihm abhängig gewesen. Er habe bis zum 6. März 2000 selbst immer angenommen, selbständig tätig gewesen zu sein.
Die Beigeladene zu 1. beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Ausführungen der Beklagten.
Die Beigeladenen zu 2. und 3. haben sich nicht zur Sache geäußert und keine Anträge gestellt.
Die Beigeladene zu 4. beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Berufung sei bereits unzulässig, da innerhalb der Berufungsfrist keine dem Schriftformerfordernis genügende Berufungsschrift eingegangen sei. Das Computerfax lasse die Urheberschaft des Klägers nicht eindeutig erkennen, auch werde ein falsches Urteilsdatum genannt. Im Übrigen sei der Kläger als Selbständiger einzustufen, da er das Unternehmen faktisch wie ein Alleininhaber nach eigenem Gutdünken geführt habe. Rechtsanwalt St. habe die ihm zustehende Rechtsmacht nicht ausgeübt. Es bestünden auch erhebliche Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers.
Der Senat hat durch seinen Berichterstatter am 18. März 2013 einen Erörterungstermin durchgeführt. Zum genauen Inhalt wird auf die Sitzungsniederschrift (Blatt 214ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen. Nach dem Handelsregisterauszug des Amtsgerichts Deggendorf hat die Beigeladene zu 4. ihre Firma in GmbH geändert und den Geschäftssitz nach verlegt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozess- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt.
Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen (§ 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)). Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird (§ 151 Abs. 2 Satz 1 SGG). Die Berufungsfrist ist am 15. Dezember 2008 abgelaufen, weil das Ende der Frist (13. Dezember 2008) auf einen Sonnabend fiel (§ 64 Abs. 3 SGG). Durch die E-Mail vom 15. Dezember 2008 an das Sozialgericht Altenburg wurde die Berufung allerdings nicht formwirksam eingelegt, weil die einfache E-Mail nicht die in § 65a SGG genannten Anforderungen erfüllt (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Beschluss vom 15. November 2010 - Az.: B 8 SO 71/10 B, nach juris). Die fristgerecht beim Sozialgericht Altenburg eingegangene Faxmitteilung vom 15. Dezember 2008 dagegen erfüllt entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 4. das Erfordernis der schriftlichen Form, auch wenn sie aus technischen Gründen keine eigenhändige Unterschrift aufweist. Das Schriftformerfordernis ist auch bei fehlender Unterschrift erfüllt, wenn sich aus anderen Anhaltspunkten eine der Unterschrift vergleichbare Gewähr für die Urheberschaft und den Willen, das Schreiben in den Verkehr zu bringen, ergibt (vgl. BSG, Urteil vom 16. November 2000 - Az.: B 13 RJ 3/99 R, nach juris). Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass das Computerfax nicht vom Kläger stammt oder nicht willentlich von ihm in den Verkehr gebracht wurde. Es handelt sich vielmehr um die für ihn durchaus typische Kommunikationsform. Bereits im Klageverfahren hat er so Verfahrenshandlungen vorgenommen, beispielsweise das Befangenheitsgesuch vom 21. Juli 2008 gestellt. Zwar hat er im Computerfax ein falsches Urteilsdatum genannt, jedoch das richtige Aktenzeichen verwendet. Die Umstände sprechen für die Urheberschaft des Klägers.
Der Senat hat keine Anhaltspunkte für eine Prozessunfähigkeit des Klägers. Die übersandten Unterlagen (Email an Rechtsanwalt St. sowie beigefügte Unterlagen) geben hierfür keinen ausreichenden Anhaltpunkt.
Nachdem der Kläger die Klage bezüglich des Zeitraums 1. November 1993 bis 22. Dezember 1994 zurückgenommen hat, war das Urteil des Sozialgerichts für diese Zeit für unwirksam zu erklären. Hinsichtlich des noch streitigen Zeitraums ist die Berufung begründet. Der Kläger war in der Zeit vom 23. Dezember 1994 bis 30. April 1998 Beschäftigter. Er ist damit versicherungspflichtig in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Arbeitslosenversicherung und ab dem 1. Januar 1995 in der sozialen Pflegeversicherung. Er hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, weil hierdurch die Grundlage für weitergehende Ansprüche geschaffen wird.
Die Beklagte entscheidet nach § 28h Abs. 2 Satz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) als Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Versicherungspflichtig sind in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI), in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V), in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) und seit dem 1. Januar 1995 in der sozialen Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen.
Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist (vgl. BSG, Urteil vom 28. September 2011 - Az.: B 12 R 17/09 R, nach juris). Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Die Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Untergeordnete und einfache Arbeiten sprechen eher für eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation. Eine selbstständige Tätigkeit ist vornehmlich durch eigenes Unternehmerrisiko, Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl. BSG, Urteil vom 27. Juli 2011 - Az.: B 12 KR 10/09 R, nach juris). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung.
Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt der früheren Selbsteinschätzung des Klägers keine maßgebliche Bedeutung zu. Vielmehr ist nach der Rechtsprechung des BSG für die Frage der Einstufung als Selbständiger oder Beschäftigter zunächst auf das Vertragsverhältnis der Beteiligten abzustellen, wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer erlebten Beziehung erschließen lässt (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R, nach juris Rn. 16). Die in diesem Sinne rechtlich relevanten Vertragsbeziehungen des Kläger und der Beigeladenen zu 4. bestimmen sich im streitigen Zeitraum nach dem Geschäftsführervertrag vom 15. Juni 1995 i.V.m. der Zusatzvereinbarung vom 22. Dezember 1995 und dem notariellen Vertrag vom 23. Dezember 1994.
Der am 15. Juni 1995 mit Wirkung zum 1. Juli 1995 abgeschlossene Geschäftsführervertrag spricht deutlich für eine abhängige Beschäftigung des Klägers. Er unterlag den Weisungen der Gesellschafterversammlung und damit im Wesentlichen den Weisungen des Mitgesellschafters Rechtsanwalt St., der die Mehrheit der Anteile hielt. Er hatte keine Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB, war verpflichtet, die ganze Arbeitskraft dem Unternehmen zur Verfügung zu stellen, und durfte ohne Genehmigung keine weitere entgeltliche Tätigkeit auszuführen. Ihm standen die typischen Arbeitnehmerrechte Erholungsurlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu. Er hatte Anspruch auf eine feste Vergütung ohne Rücksicht auf den Unternehmenserfolg.
Für die Zeit vom 23. Dezember 1994 bis zum 30. Juni 1995 bestand zwar kein ausdrücklicher Geschäftsführervertrag, die zwischen den Beteiligten erlebte Beziehung lässt aber trotzdem auf eine abhängige Beschäftigung schließen. Unter Berücksichtigung des notariellen Vertrag vom 23. Dezember 1994, in welchem die Geschäftsführungsbefugnis des Klägers erheblich eingeschränkt und die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB aufgehoben wurde, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Kläger und die Beigeladene zu 4. mit dem Geschäftsführervertrag vom 15. Juni 1995 eine Änderung in den Beziehungen zueinander erreichen wollten. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die bisherigen Verhältnisse festgeschrieben werden sollten.
Entgegen der Auffassung der Beklagten und der Vorinstanz weichen die Vereinbarungen nicht von den tatsächlichen Verhältnissen mit der Folge ab, dass letzteren der Vorrang einzuräumen wäre. Zwar geben beim Abweichen der Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen letztere den Ausschlag (vgl. BSG, Urteil vom 22. Juni 2005 - Az.: B 12 KR 28/03 R, nach juris Rn. 27), maßgeblich ist jedoch die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - Az.: B 12 KR 31/06 R, nach juris Rn. 17). Im Hinblick auf die Rechtsbeziehung ist die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen gehört also unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - Az.: B 12 KR 25/10 R, nach juris Rn. 16).
Der Kläger hatte auch aufgrund der tatsächlich praktizierten Verhältnisse nicht die für eine selbständige Tätigkeit sprechende Rechtsmacht. Er hatte weder rechtlich noch tatsächlich die Möglichkeit, wie ein beherrschender oder zumindest mit einer Sperrminorität ausgestatteter Gesellschafter ihm nicht genehme Weisungen jederzeit abzuwenden (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - Az.: B 12 KR 25/10 R, nach juris Rn. 25). Die Rechtsmacht lag vielmehr bei der Beigeladenen zu 4. und insbesondere bei dem Mehrheitsgesellschafter. Es ist ohne Bedeutung, ob Rechtsanwalt St. von seiner Rechtsmacht zunächst keinen Gebrauch machte. Der bloße Nichtgebrauch ist unbeachtlich, solange die Rechtsposition nicht wirksam abbedungen wurde. Das war hier nicht der Fall, was sich im Übrigen auch später in dem Umstand zeigt, dass der Kläger ohne weiteres durch die Beigeladene zu 4. entlassen werden konnte, ohne dass er die Möglichkeit gehabt hätte, dies zu verhindern.
Dem stehen auch nicht die gegenüber der Beklagten gemachten Angaben des Rechtsanwalts St., des Steuerberaters, der ehemaligen Sekretärin Z. und des ehemaligen Mitarbeiters H. entgegen. Sie lassen zwar darauf schließen, dass der Kläger mit einem hohen Maß an Eigenverantwortlichkeit die Geschäfte der Beigeladenen zu 4. führte. Dies ist aber für Dienste höherer Art, wie die eines GmbH-Geschäftsführers, durchaus typisch. Das er die Geschäfte gerade nicht "nach eigenem Gutdünken führen konnte" (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 1990 - Az.: B 11 RAr 47/88, nach juris Rn. 21), zeigt der Vortrag des Rechtsanwalts St., dass die tragenden Unternehmensentscheidungen gemeinsam und im Einvernehmen getroffen wurden.
Gegen die Einschätzung der fehlenden Rechtsmacht spricht auch nicht der Umstand, dass ggf. eine Rückübertragung der Anteile auf den Kläger und seine Frau geplant war. Zum einen ist schon nicht ersichtlich, dass es sich tatsächlich um eine rechtlich bindende Abrede handelte und nicht bloß um eine Absichtserklärung. Für letzteres spricht, dass es bis heute nicht zu einer Rückübertragung gekommen ist. Zum anderen würde selbst das Bestehen eines schuldrechtlichen Rückübertragungsanspruchs unmittelbar nichts an der gesellschaftsrechtlichen Situation und damit an der fehlenden Rechtsmacht ändern. Erst wenn der Kläger diesen Anspruch auch wirklich durchgesetzt hätte, hätte für ihn die Möglichkeit bestanden, sich Weisungen zu entziehen.
Es lag auch kein Scheinvertrag im Sinne von § 117 Abs. 1 BGB vor, auch wenn der Kläger im Verlauf des Verfahrens selbst diese Formulierung verwendet hat. Es sollte vielmehr nach dem Willen des Klägers, seiner Frau und des Rechtsanwalts St. die Übertragung der Geschäftsanteile und die damit verbundene Einschränkung der Rechtsmacht des Klägers zumindest vorübergehend gelten.
Letztlich spricht auch die Angabe des Rechtsanwalts St., dass die Geschäftsführervergütung unter dem Vorbehalt gezahlt wurde, dass ein entsprechender Gewinn erzielt werde, nicht gegen die Annahme einer Beschäftigung. Dieser Vorbehalt findet sich weder in dem ursprünglichen Geschäftsführervertrag noch in der Zusatzvereinbarung vom 22. Dezember 1995. Soweit hier tatsächlich eine mündliche Nebenabrede getroffen wurde, wäre diese wegen Verstoß gegen das festgelegte Schriftformerfordernis unwirksam.
Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus der Rechtsprechung einiger Senate des BSG - überwiegend zu Leistungsansprüchen des Arbeitsförderungs- und Unfallversicherungsrechts -, wonach auch für den Fall, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft nicht zumindest über eine Sperrminorität verfügte, eine selbstständige Tätigkeit des Betroffenen für möglich erachtet wurde, wenn dessen Tätigwerden innerhalb einer Gesellschaft durch eine besondere Rücksichtnahme aufgrund familiärer Bindungen geprägt war (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - Az.: B 12 KR 25/10 R, nach juris Rn. 31 m.w.N.). Zum einen handelte es sich im hier streitigen Zeitraum nicht mehr um eine Familiengesellschaft, da der beherrschende Mitgesellschafter zu dem Kläger und seiner Ehefrau nicht in einer familiären Beziehung stand. Zum anderen ist der aus gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben entspringenden Rechtsmacht als Teil der tatsächlichen Verhältnisse größere Bedeutung beizumessen. Entscheidender Gesichtspunkt für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit anstelle einer formal vorliegenden (abhängigen) Beschäftigung ist auch im Zusammenhang mit Familiengesellschaften die Möglichkeit, unliebsame Weisungen des Arbeitgebers bzw. Dienstberechtigten abzuwenden. Dies mag aufgrund familiärer Rücksichtnahme solange der Fall sein, wie das Einvernehmen der Familienmitglieder gewahrt bleibt. Im Falle eines familiären Zerwürfnisses zwischen den Beteiligten käme jedoch allein die den einzelnen Familienmitgliedern zustehende Rechtsmacht zum Tragen, sodass auch nach den gelebten tatsächlichen Verhältnissen eine Weisungsunterworfenheit bestünde. Eine solche "Schönwetter-Selbstständigkeit" ist mit Blick auf das Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände schwerlich hinnehmbar (vgl. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - Az.: B 12 KR 25/10 R, nach juris Rn. 32).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt die teilweise Klagerücknahme.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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