Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 19 R 4593/12
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 R 804/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Gotha vom 20. Mai 2014 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung einer Erwerbsminderungsrente ab dem 18. Dezember 2007 und Schadensersatz.
Der 1952 geborene Kläger beantragte am 25. Juli 2005 die Gewährung einer Erwerbsminde-rungsrente. Mit Bescheid vom 5. April 2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juli 2006 zurück. Die dagegen erhobene Klage wurde vom Sozialgericht Gotha mit Gerichtsbescheid vom 1. Dezember 2009 (S 6 R 2275/06) nach Einholung eines orthopädischen Gutachtens des Dr. med. J. vom 19. Februar 2008 abgewiesen.
Hiergegen legte der Kläger Berufung zum Thüringer Landessozialgericht (Az. L 12 R 20/10) ein. Der 12. Senat veranlasste eine medizinische Begutachtung durch Dr. M. Dieser gelangte in seinem Gutachten vom 10. Oktober 2011 zu der Einschätzung, dass ein aufgehobenes Leis-tungsvermögen vorliegt. Dieses bestehe seit der zu erwartenden Rekonvaleszenz nach dem zweiten Kniegelenkeingriff vom 5. Oktober 2009. Die Beklagte gab darauf ein Anerkenntnis dahingehend ab, dass aufgrund eines Leistungsfalles vom 5. Oktober 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. November 2009 gewährt werde und kündigte den Erlass eines entsprechenden Rentenbescheides an. Dieses (Teil-)Anerkenntnis nahm der Klägerbe-vollmächtigte mit Schreiben vom 10. Oktober 2012 an und erklärte den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt.
Mit Rentenbescheid vom 4. Mai 2012 wurde dem Kläger aufgrund des Anerkenntnisses der Beklagten ab dem 1. November 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt. Mit Schreiben vom 28. Mai 2012 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, dass sein Bevollmächtigter ohne sein Einverständnis das Anerkenntnis der Beklagten angenommen habe. Er habe immer auf einem Leistungsfall vom 18. Dezember 2007 bestanden. Insoweit habe auch der Gutachter Dr. M. eine divergierende Einschätzung zu den Vorgutachten abgegeben. Schließlich habe er einen Verlust von 2000,- EUR zu beklagen. Wegen der langen Verfahrensdauer habe er in 2010 die Lebensversicherung seiner Frau kündigen und seine eigene Versicherung ruhen lassen müssen. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das angenommene Anerkenntnis sei bindend. Für die behauptete Forderung bestehe keine Rechtsgrundlage. Hiergegen hat der Kläger am 7. August 2012 Klage erhoben und im Wesentlichen vorgetragen, er sei aufgrund der bei ihm schon ab dem 18. Dezember 2007 festgestellten Gesundheitsstörungen voll erwerbsgemindert gewesen. Auch habe die Beklagte die Übernahme aller notwendigen Kosten zugesichert.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. Mai 2014 abgewiesen. Das angenommene Anerkenntnis sei bindend. Der Kläger könne den darauf beruhenden Bescheid allenfalls nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) überprüfen lassen. Hiernach bestehe aber kein Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 4. Mai 2012, da dieser rechtmäßig sei. Insbesondere habe sich aus dem eingeholten Gutachten des Dr. M. kein Anhalt für einen Leistungsfall vor dem 5. Oktober 2009 ergeben. Für den begehrten Ersatzanspruch sei nichts ersichtlich. Die Beklagte habe rechtmäßig gehandelt.
Im Berufungsverfahren verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er verweist darauf, dass er bereits nach der ersten Knie-TEP-Operation und der Anschlussheilbehandlung im Dezember 2007 arbeitsunfähig war. Schon im August 2008 habe sich die Lockerung der Knie-TEP gezeigt, die die erneute Knie-OP im November 2009 erforderlich machte. Der Leistungsfall sei daher bereits am 17. Dezember 2007 eingetreten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des SG Gotha vom 20. Mai 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 4. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Januar 2008 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften sowie Schadensersatz in Höhe von 2000 EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Begründung des Gerichtsbescheides.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird ergänzend auf den Inhalt der Verfah-rensakte sowie die beigezogenen Akten der Beklagten und des SG (S 6 R 2275/06, einschließlich des Berufungsverfahrens L 12 R 20/10) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung, über die der Senat mit Einverständnis beider Beteiligter gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 20. Mai 2014 hat das SG zu Recht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 4. Mai 2012 in Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 27. Juli 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Erwerbs-minderungsrente ab dem 18. Dezember 2007 sowie auf Schadensersatz.
Der Senat weist die Berufung aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Gerichtsbe-scheids zurück und sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Kläger hat im Berufungsverfahren lediglich seine bereits im erstin-stanzlichen Verfahren vorgebrachten Gründe wiederholt. Mit diesen Gründen hat sich das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid erschöpfend und zutreffend auseinandergesetzt. Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin:
Zunächst ist der Kläger an den im Bescheid der Beklagten vom 4. Mai 2012 festgestellten Rentenbeginn am 1. November 2009 gebunden. Denn insoweit setzt der Rentenbescheid lediglich das in dem Verfahren L 12 R 20/10 von der Beklagten erklärte und von dem Prozess-bevollmächtigten des Klägers angenommene (Teil-)Anerkenntnis um. An die Erklärung seines Prozessbevollmächtigten ist der Kläger gebunden. Insbesondere hatte er diesem unter dem 19. April 2007 schriftlich und inhaltlich unbeschränkt Prozessvollmacht erteilt. Auch gehört die Annahme eines Anerkenntnisses zu den von der Vollmacht gedeckten Prozesshandlungen (§ 81 der Zivilprozessordnung).
Die Annahme des (Teil-)Anerkenntnisses und die im Übrigen erklärte Erledigung des Verfahrens führte zur Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 101 Abs. 2 SGG). Die Erle-digungserklärung ist eine Prozesshandlung, die das Gericht und die Beteiligten bindet. Sie kann grundsätzlich nicht widerrufen oder wegen Irrtums angefochten werden (vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 1995 – 6 RKa 18/95 –, juris).
Die gegen den sogenannten Ausführungsbescheid gerichtete Klage ist damit unzulässig. Klagen gegen Bescheide sind unzulässig, soweit diese lediglich Gerichtsentscheidungen oder abgegebene Anerkenntnisse ausführen, ohne selbst eine Regelung über den bereits in dem Urteil oder in dem Anerkenntnis erfolgten Entscheidungsgegenstand hinaus zu treffen (BSG, Urteil vom 21. Oktober 1998 – B 6 KA 65/97 R; BSG, Beschluss vom 18. September 2003 – B 9 V 82/02 B – juris). Die Rechtslage wurde in einem derartigen Fall bereits durch das Urteil oder durch das abgegebene Anerkenntnis gestaltet. Der Ausführungsbescheid vollzieht diese Rechtsgestaltung lediglich nach.
Wie das SG weiter zutreffend ausgeführt hat, besteht hiernach für den Kläger allenfalls die Möglichkeit, den Ausführungsbescheid nach § 44 SGB X im Wege des sog. Zugunstenverfahrens überprüfen lassen. Einen solchen Antrag hat der Kläger ausdrücklich nicht gestellt. Soweit man seinen Widerspruch zugleich als solchen Antrag auslegt, könnte er in der Sache keinen Erfolg haben. Auch insoweit hat das SG überzeugend dargelegt, dass sich weder aus dem Vorbringen des Klägers, dem Akteninhalt noch dem eingeholten Gutachten des Dr. M. ein Anhalt für einen Leistungsfall vor dem 5. Oktober 2009 ergibt. Auch insoweit weist der Senat die Berufung aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurück und sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen des Klägers weder eine unrichtige Rechtsanwendung aufzeigt noch darlegt, dass von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wurde. Letztlich wendet er sich lediglich gegen den vom Sachverständigen festgestellten Leistungsfall und zieht damit dessen sachverständige Schlussfolgerung in Zweifel. Dabei verkennt der Kläger, dass die vom Sachverständigen festgestellte Erwerbsminderung rechtlich nicht mit einer bereits zuvor bestehenden Arbeitsunfähigkeit gleichzusetzen ist. Auch ist von vornherein irrelevant, ob der Kläger während dieser Arbeitsunfähigkeit Krankengeld bezogen hat. Schließlich wird die Einschätzung des Sachverständigen Dr. M. durch das vom SG eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. J. vom 19. Februar 2008 bestätigt, der dem Kläger zum Untersuchungstag am 17. Januar 2008 ein vollschichtiges Leistungsvermögen attestierte. Soweit der Kläger meint, der Sachverständige Dr. M. habe eine divergierende Einschätzung zu den Vorgutachten abgegeben, verkennt er, dass Dr. M. die Divergenz (Erwerbsminderung ab Oktober 2009) ausdrücklich mit einer weiteren Progression der Leiden begründet hat. Insgesamt bestehen damit für den Senat keine ausreichenden Anhaltspunkte für den Eintritt des Leistungsfalls vor dem 5. Oktober 2009. Ein Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 4. Mai 2012 nach § 44 SGB X scheidet damit aus.
Soweit der Kläger schließlich eine Kostenforderung gegen die Beklagte in Höhe von 2000 EUR in den Raum stellt, macht er in der Sache einen Amtshaftungsanspruch aus § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) i.V.m. Art. 34 des Grundgesetzes (GG) geltend. Über diesen hat das SG entschieden, obwohl gemäß Art. 34 Satz 3 GG hierfür der ordentliche Rechtsweg gegeben ist. Gemäß § 202 SGG i.V.m. § 17a Abs. 5 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) hat das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht zu prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Aufgrund dieser Bindungswirkung hat der Senat über den Amtshaftungsanspruch im sozialgerichtlichen Verfahren zu entscheiden (vgl. BSG, Beschluss vom 20. Oktober 2010 – B 13 R 63/10 B –).
Unabhängig davon, dass der Kläger den behaupteten Schaden nicht substantiiert belegt hat, scheidet ein Amtshaftungsanspruch schon deshalb aus, weil der Beklagten ein rechtswidriges Verhalten nicht zur Last gelegt werden kann. Der Bescheid vom 4. Mai 2012 ist nach dem bereits Dargelegten rechtmäßig. Gleiches gilt für den Bescheid vom 5. April 2006, da der Leistungsfall erst während des sich anschließenden Klageverfahrens in Folge einer Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers eingetreten ist. Auch unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensdauer scheidet ein pflichtwidriges Verhalten der Beklagten aus. Insbesondere hatte sie auf die Dauer des gerichtlichen Verfahrens naturgemäß keinen maßgeblichen Einfluss. Soweit der Kläger bemängelt, dass die Beklagte den Umsetzungsbescheid zu spät erlassen habe, ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger das Anerkenntnis erst mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 10. Januar 2012 angenommen hatte. Insofern erscheint ein Zeitraum von ca. 4 Monaten bis zum Erlass des Bescheides am 4. Mai 2012 noch nicht pflichtwidrig. Zudem könnte diese Verfahrensdauer nicht ursächlich für den geltend gemachten Schaden sein, da die den Schaden begründende Kündigung bzw. Ruhendstellung der Lebensversicherung bereits in 2010 erfolgte. Andere Rechtsgrundlagen für den begehrten Schadensersatz sind nicht ersichtlich. Insbesondere handelt es sich hierbei nicht um Kosten des Verfahrens im Sinne des § 193 SGG, zu deren Erstattung sich die Beklagte mit dem abgegebenen Anerkenntnis verpflichtet hatte. Denn dies sind gemäß § 193 Abs. 2 SGG nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Hierzu zählen Kosten, die der Betroffene aufwenden muss, um den Rechtstreit zu führen, nicht aber Kosten oder Schäden, die zur Sicherung des Lebensunterhaltes während der Dauer des Rechtsstreits anfallen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung einer Erwerbsminderungsrente ab dem 18. Dezember 2007 und Schadensersatz.
Der 1952 geborene Kläger beantragte am 25. Juli 2005 die Gewährung einer Erwerbsminde-rungsrente. Mit Bescheid vom 5. April 2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juli 2006 zurück. Die dagegen erhobene Klage wurde vom Sozialgericht Gotha mit Gerichtsbescheid vom 1. Dezember 2009 (S 6 R 2275/06) nach Einholung eines orthopädischen Gutachtens des Dr. med. J. vom 19. Februar 2008 abgewiesen.
Hiergegen legte der Kläger Berufung zum Thüringer Landessozialgericht (Az. L 12 R 20/10) ein. Der 12. Senat veranlasste eine medizinische Begutachtung durch Dr. M. Dieser gelangte in seinem Gutachten vom 10. Oktober 2011 zu der Einschätzung, dass ein aufgehobenes Leis-tungsvermögen vorliegt. Dieses bestehe seit der zu erwartenden Rekonvaleszenz nach dem zweiten Kniegelenkeingriff vom 5. Oktober 2009. Die Beklagte gab darauf ein Anerkenntnis dahingehend ab, dass aufgrund eines Leistungsfalles vom 5. Oktober 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. November 2009 gewährt werde und kündigte den Erlass eines entsprechenden Rentenbescheides an. Dieses (Teil-)Anerkenntnis nahm der Klägerbe-vollmächtigte mit Schreiben vom 10. Oktober 2012 an und erklärte den Rechtsstreit im Übrigen für erledigt.
Mit Rentenbescheid vom 4. Mai 2012 wurde dem Kläger aufgrund des Anerkenntnisses der Beklagten ab dem 1. November 2009 Rente wegen voller Erwerbsminderung gewährt. Mit Schreiben vom 28. Mai 2012 erhob der Kläger hiergegen Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, dass sein Bevollmächtigter ohne sein Einverständnis das Anerkenntnis der Beklagten angenommen habe. Er habe immer auf einem Leistungsfall vom 18. Dezember 2007 bestanden. Insoweit habe auch der Gutachter Dr. M. eine divergierende Einschätzung zu den Vorgutachten abgegeben. Schließlich habe er einen Verlust von 2000,- EUR zu beklagen. Wegen der langen Verfahrensdauer habe er in 2010 die Lebensversicherung seiner Frau kündigen und seine eigene Versicherung ruhen lassen müssen. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. Juli 2012 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Das angenommene Anerkenntnis sei bindend. Für die behauptete Forderung bestehe keine Rechtsgrundlage. Hiergegen hat der Kläger am 7. August 2012 Klage erhoben und im Wesentlichen vorgetragen, er sei aufgrund der bei ihm schon ab dem 18. Dezember 2007 festgestellten Gesundheitsstörungen voll erwerbsgemindert gewesen. Auch habe die Beklagte die Übernahme aller notwendigen Kosten zugesichert.
Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 20. Mai 2014 abgewiesen. Das angenommene Anerkenntnis sei bindend. Der Kläger könne den darauf beruhenden Bescheid allenfalls nach § 44 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) überprüfen lassen. Hiernach bestehe aber kein Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 4. Mai 2012, da dieser rechtmäßig sei. Insbesondere habe sich aus dem eingeholten Gutachten des Dr. M. kein Anhalt für einen Leistungsfall vor dem 5. Oktober 2009 ergeben. Für den begehrten Ersatzanspruch sei nichts ersichtlich. Die Beklagte habe rechtmäßig gehandelt.
Im Berufungsverfahren verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er verweist darauf, dass er bereits nach der ersten Knie-TEP-Operation und der Anschlussheilbehandlung im Dezember 2007 arbeitsunfähig war. Schon im August 2008 habe sich die Lockerung der Knie-TEP gezeigt, die die erneute Knie-OP im November 2009 erforderlich machte. Der Leistungsfall sei daher bereits am 17. Dezember 2007 eingetreten.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des SG Gotha vom 20. Mai 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 4. Mai 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juli 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 1. Januar 2008 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften sowie Schadensersatz in Höhe von 2000 EUR zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf die Begründung des Gerichtsbescheides.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird ergänzend auf den Inhalt der Verfah-rensakte sowie die beigezogenen Akten der Beklagten und des SG (S 6 R 2275/06, einschließlich des Berufungsverfahrens L 12 R 20/10) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung, über die der Senat mit Einverständnis beider Beteiligter gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet. Mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 20. Mai 2014 hat das SG zu Recht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 4. Mai 2012 in Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 27. Juli 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Gewährung einer Erwerbs-minderungsrente ab dem 18. Dezember 2007 sowie auf Schadensersatz.
Der Senat weist die Berufung aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Gerichtsbe-scheids zurück und sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Kläger hat im Berufungsverfahren lediglich seine bereits im erstin-stanzlichen Verfahren vorgebrachten Gründe wiederholt. Mit diesen Gründen hat sich das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid erschöpfend und zutreffend auseinandergesetzt. Ergänzend weist der Senat auf Folgendes hin:
Zunächst ist der Kläger an den im Bescheid der Beklagten vom 4. Mai 2012 festgestellten Rentenbeginn am 1. November 2009 gebunden. Denn insoweit setzt der Rentenbescheid lediglich das in dem Verfahren L 12 R 20/10 von der Beklagten erklärte und von dem Prozess-bevollmächtigten des Klägers angenommene (Teil-)Anerkenntnis um. An die Erklärung seines Prozessbevollmächtigten ist der Kläger gebunden. Insbesondere hatte er diesem unter dem 19. April 2007 schriftlich und inhaltlich unbeschränkt Prozessvollmacht erteilt. Auch gehört die Annahme eines Anerkenntnisses zu den von der Vollmacht gedeckten Prozesshandlungen (§ 81 der Zivilprozessordnung).
Die Annahme des (Teil-)Anerkenntnisses und die im Übrigen erklärte Erledigung des Verfahrens führte zur Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache (§ 101 Abs. 2 SGG). Die Erle-digungserklärung ist eine Prozesshandlung, die das Gericht und die Beteiligten bindet. Sie kann grundsätzlich nicht widerrufen oder wegen Irrtums angefochten werden (vgl. BSG, Urteil vom 20. Dezember 1995 – 6 RKa 18/95 –, juris).
Die gegen den sogenannten Ausführungsbescheid gerichtete Klage ist damit unzulässig. Klagen gegen Bescheide sind unzulässig, soweit diese lediglich Gerichtsentscheidungen oder abgegebene Anerkenntnisse ausführen, ohne selbst eine Regelung über den bereits in dem Urteil oder in dem Anerkenntnis erfolgten Entscheidungsgegenstand hinaus zu treffen (BSG, Urteil vom 21. Oktober 1998 – B 6 KA 65/97 R; BSG, Beschluss vom 18. September 2003 – B 9 V 82/02 B – juris). Die Rechtslage wurde in einem derartigen Fall bereits durch das Urteil oder durch das abgegebene Anerkenntnis gestaltet. Der Ausführungsbescheid vollzieht diese Rechtsgestaltung lediglich nach.
Wie das SG weiter zutreffend ausgeführt hat, besteht hiernach für den Kläger allenfalls die Möglichkeit, den Ausführungsbescheid nach § 44 SGB X im Wege des sog. Zugunstenverfahrens überprüfen lassen. Einen solchen Antrag hat der Kläger ausdrücklich nicht gestellt. Soweit man seinen Widerspruch zugleich als solchen Antrag auslegt, könnte er in der Sache keinen Erfolg haben. Auch insoweit hat das SG überzeugend dargelegt, dass sich weder aus dem Vorbringen des Klägers, dem Akteninhalt noch dem eingeholten Gutachten des Dr. M. ein Anhalt für einen Leistungsfall vor dem 5. Oktober 2009 ergibt. Auch insoweit weist der Senat die Berufung aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Gerichtsbescheids zurück und sieht deshalb von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen des Klägers weder eine unrichtige Rechtsanwendung aufzeigt noch darlegt, dass von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen wurde. Letztlich wendet er sich lediglich gegen den vom Sachverständigen festgestellten Leistungsfall und zieht damit dessen sachverständige Schlussfolgerung in Zweifel. Dabei verkennt der Kläger, dass die vom Sachverständigen festgestellte Erwerbsminderung rechtlich nicht mit einer bereits zuvor bestehenden Arbeitsunfähigkeit gleichzusetzen ist. Auch ist von vornherein irrelevant, ob der Kläger während dieser Arbeitsunfähigkeit Krankengeld bezogen hat. Schließlich wird die Einschätzung des Sachverständigen Dr. M. durch das vom SG eingeholte Gutachten des Sachverständigen Dr. J. vom 19. Februar 2008 bestätigt, der dem Kläger zum Untersuchungstag am 17. Januar 2008 ein vollschichtiges Leistungsvermögen attestierte. Soweit der Kläger meint, der Sachverständige Dr. M. habe eine divergierende Einschätzung zu den Vorgutachten abgegeben, verkennt er, dass Dr. M. die Divergenz (Erwerbsminderung ab Oktober 2009) ausdrücklich mit einer weiteren Progression der Leiden begründet hat. Insgesamt bestehen damit für den Senat keine ausreichenden Anhaltspunkte für den Eintritt des Leistungsfalls vor dem 5. Oktober 2009. Ein Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 4. Mai 2012 nach § 44 SGB X scheidet damit aus.
Soweit der Kläger schließlich eine Kostenforderung gegen die Beklagte in Höhe von 2000 EUR in den Raum stellt, macht er in der Sache einen Amtshaftungsanspruch aus § 839 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) i.V.m. Art. 34 des Grundgesetzes (GG) geltend. Über diesen hat das SG entschieden, obwohl gemäß Art. 34 Satz 3 GG hierfür der ordentliche Rechtsweg gegeben ist. Gemäß § 202 SGG i.V.m. § 17a Abs. 5 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) hat das Gericht, das über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung in der Hauptsache entscheidet, nicht zu prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Aufgrund dieser Bindungswirkung hat der Senat über den Amtshaftungsanspruch im sozialgerichtlichen Verfahren zu entscheiden (vgl. BSG, Beschluss vom 20. Oktober 2010 – B 13 R 63/10 B –).
Unabhängig davon, dass der Kläger den behaupteten Schaden nicht substantiiert belegt hat, scheidet ein Amtshaftungsanspruch schon deshalb aus, weil der Beklagten ein rechtswidriges Verhalten nicht zur Last gelegt werden kann. Der Bescheid vom 4. Mai 2012 ist nach dem bereits Dargelegten rechtmäßig. Gleiches gilt für den Bescheid vom 5. April 2006, da der Leistungsfall erst während des sich anschließenden Klageverfahrens in Folge einer Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers eingetreten ist. Auch unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensdauer scheidet ein pflichtwidriges Verhalten der Beklagten aus. Insbesondere hatte sie auf die Dauer des gerichtlichen Verfahrens naturgemäß keinen maßgeblichen Einfluss. Soweit der Kläger bemängelt, dass die Beklagte den Umsetzungsbescheid zu spät erlassen habe, ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger das Anerkenntnis erst mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 10. Januar 2012 angenommen hatte. Insofern erscheint ein Zeitraum von ca. 4 Monaten bis zum Erlass des Bescheides am 4. Mai 2012 noch nicht pflichtwidrig. Zudem könnte diese Verfahrensdauer nicht ursächlich für den geltend gemachten Schaden sein, da die den Schaden begründende Kündigung bzw. Ruhendstellung der Lebensversicherung bereits in 2010 erfolgte. Andere Rechtsgrundlagen für den begehrten Schadensersatz sind nicht ersichtlich. Insbesondere handelt es sich hierbei nicht um Kosten des Verfahrens im Sinne des § 193 SGG, zu deren Erstattung sich die Beklagte mit dem abgegebenen Anerkenntnis verpflichtet hatte. Denn dies sind gemäß § 193 Abs. 2 SGG nur die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Hierzu zählen Kosten, die der Betroffene aufwenden muss, um den Rechtstreit zu führen, nicht aber Kosten oder Schäden, die zur Sicherung des Lebensunterhaltes während der Dauer des Rechtsstreits anfallen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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