Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Meiningen (FST)
Aktenzeichen
S 16 KR 3251/08
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 891/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 25. Januar 2011 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin die Kosten für die vom 1. Juli bis 18. August 2008, vom 1. bis 28. Januar 2009 und vom 1. bis 16. April 2009 durch einen Pflegedienst erbrachte häusliche Krankenpflege in Form von zweimal täglichen Blutzuckermessungen und Insulininjektionen während ihres Aufenthalts in der Werkstatt für behinderte Menschen der Beigeladenen zu 1. zu erstatten. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin und der Beigeladenen zu 2. ein Drittel der jeweiligen au-ßergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Kostenerstattung für bereits erbrachte häusliche Krankenpflege in Form von zweimal täglichen Blutzuckermessungen und Insulininjektionen während ihres Aufenthalts in der Werkstatt für behinderte Menschen der Beigeladenen zu 2. für die Zeiträume vom 1. Juli 2008 bis 30. September 2008, vom 1. Januar bis 31. März 2009 und vom 1. April bis 30. Juni 2009.
Die 1953 geborene und bei der Beklagten gegen Krankheit versicherte Klägerin ist mehrfach behindert (Debilität mit Verhaltensstörungen) und leidet an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ I. Sie ist nicht in der Lage, selbst Blutzuckermessungen durchzuführen und sich Insulin zu verabreichen. Sie bezieht vom Beigeladenen zu 1. Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Am 30. Juni 2008 beantragte sie unter Vorlage der Verordnung des Facharztes für Allge-meinmedizin B. bei der Beklagten häusliche Krankenpflege für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis 30. September 2008 in Form von zweimal täglichen Insulininjektionen während des Aufenthaltes in der Werkstatt für behinderte Menschen der Beigeladenen zu 2 ... Die Beklagte zog ein Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) des Thüringen e.V. (MDK) vom 8. Mai 2008 bei. Darin stellte der MDK fest, dass die Klägerin seit 1999 im Wohnheim der Lebenshilfe in N. lebt. Von montags bis freitags arbeite sie in der Zeit von 7:00 Uhr bis 15:00 Uhr in den Werkstätten der Beigeladenen zu 2. Sie verrichte Montagearbeiten. Die Klägerin weise einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus mit einer chronischen dekompensierten Stoffwechsellage auf, weshalb im Januar 2008 ein Klinikaufenthalt erforderlich geworden sei. Die Stoffwechseleinstellung gestalte sich ausgesprochen schwierig. Auf Grund der psychischen Erkrankung verbunden mit unkontrolliertem Essverhalten sei eine normnahe Blutzuckereinstellung offensichtlich nicht möglich. Eine gerichtliche Betreuung sei eingerichtet. Die zweimal täglichen Blutzuckermessungen und Insulingaben während des Werkstattaufenthalts würden durch die -Pflegedienst GmbH S. durchgeführt.
Mit Bescheid vom 18. August 2008 lehnte die Beklagte den Antrag auf häusliche Krankenpflege ab und führte zur Begründung aus, dass Versicherte mit besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen Leistungen der häuslichen Krankenpflege erhielten. Daher sei durch die Krankenkasse zu prüfen, ob die Klägerin einen besonders hohen gesamtpflegerischen Hilfebedarf habe. Um über den Leistungsanspruch richtig zu entscheiden, habe sie das Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit herangezogen. Der bei ihr ermittelte gesamtpflegerische Zeitaufwand für grund- und behandlungspflegerische Verrichtungen ergebe keinen besonders hohen Pflegebedarf.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin durch ihre Betreuerin Widerspruch ein, mit dem sie auf einen Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 2. Juli 2008 verwies, mit dem ihr bereits zuvor häusliche Krankenpflege gewährt worden war. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach § 27 Abs. l des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) hätten Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasse u. a. auch die häusliche Krankenpflege. Entsprechend eng seien die Vorgaben in § 6 Abs. 2 der Richtlinien zur häuslichen Krankenpflege des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA), nach welcher häusliche Krankenpflege in Werkstätten für behinderte Menschen nur dann verordnet werden könne, wenn die Intensität oder Häufigkeit der in der Werkstatt zu erbringenden Pflege so hoch sei, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft Krankhausbehandlungsbedürftigkeit vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung gesichert werden könne und die Werkstatt für behinderte Menschen nicht auf Grund des § 10 Werkstättenverordnung (WerkstättenVO) verpflichtet sei, die Leistung selbst zu erbringen. Die entsprechende Vorhaltepflicht der Werkstatt beziehe sich gemäß § 10 Abs. 1 WerkstättenVO auch auf die medizinische Betreuung der behinderten Menschen. Zudem habe nach § 10 Abs. 2 WerkstättenVO die Werkstatt - im Einvernehmen mit den zuständigen Rehabilitationsträgern - pflegerische, therapeutische und sonst erforderliche Fachkräfte zur Verfügung zu stellen. Eine Beschränkung auf (Fach)Kräfte, die lediglich Leistungen der Grundpflege erbringen sollen, ergebe sich daraus nicht. Die genannte Vorhaltepflicht bestehe unabhängig davon, ob in dem Vertrag zwischen der Werkstatt und dem Sozialhilfeträger nach § 75 Abs. 3 SGB XII ausreichende Mittel zur Umsetzung dieser - nach § 10 WerkstättenVO - bestehenden Vorhaltepflicht vereinbart worden seien. Es bestehe vielmehr die Verpflichtung des Sozialhilfeträgers, im Rahmen der Finanzierung der Leistungsfähigkeit der Einrichtung, die Deckung des Bedarfs des einzelnen Bedürftigen zu gewährleisten. Eine möglicherweise unzureichende Kalkulation der Betreuung der Bedürftigen könne nicht zu einer Begründung der Leistungspflicht der Krankenkassen entgegen der gesetzlichen Vorgaben führen. Eine Kostenübernahme werde daher nur in den Fällen erfolgen, in welchen nachweisbar ein besonders hoher Pflegebedarf vorliege. Dies sei bei der Klägerin derzeit nicht der Fall.
Hiergegen hat die Klägerin am 19. Dezember 2008 vor dem Sozialgericht Meiningen (SG) Klage erhoben und zur Begründung vortragen lassen, sie sei insulinpflichtig, könne sich jedoch auf Grund ihrer geistigen Behinderung keine Insulinspritzen selbst verabreichen. Außerhalb der Beschäftigungszeiten werde die Insulingabe durch das Wohnheim, in dem sie lebe, organisiert. Während des Aufenthaltes in der Werkstatt für behinderte Menschen der Beigeladenen zu 2. müsse jedoch zweimal täglich - um 9:00 Uhr und zur Mittagszeit - Insulin gegeben werden. Es stelle sich die Frage, wer während der Beschäftigungszeiten dort die Gabe des Insulins sicherzustellen bzw. für die Kosten aufzukommen habe, die Beklagte, der Landkreis S.-R. als Beigeladener zu 1. oder die Beigeladene zu 2. Der Landkreis S.-R. erbringe als örtlicher Träger der Sozialhilfe für sie bereits Sozialhilfe in Form der Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten im Wohnheim für behinderte Menschen in N. und lehne eine Übernahme von weiteren Kosten mit dem Hinweis auf die Nachrangigkeit der Sozialhilfe ab. Dieser sehe die Beklagte sowie die Beigeladene zu 2. als vorrangige Leistungsträger in der Pflicht. Letztere wiederum lehne ausweislich des Schreibens vom 19. November 2008 ebenfalls eine entsprechende Leistung ab, da durch deren Angestellten auch perspektivisch keine Insulininjektionen bei Beschäftigten vorgenommen würden.
Der Beigeladene zu 1. hat sich auf seine nachrangige Leistungspflicht gegenüber der gesetzli-chen Krankenversicherung der Klägerin berufen. Diese habe gegenüber ihrem Krankenversi-cherungsträger nach § 37 Abs. 1 SGB V einen vorrangigen Anspruch auf Behandlungspflege. Soweit die Beklagte ohne weitere Begründung vortrage, in der Person der Klägerin bestehe kein nachgewiesener besonders hoher Pflegebedarf, könne diese Behauptung im Hinblick auf deren Behinderung nicht nachvollzogen werden. Im Übrigen sei nach § 10 WerkstättenVO auch der Werkstattträger zur medizinischen Betreuung der behinderten Menschen in seiner Werkstatt verpflichtet. Dieses Fachpersonal müsse befähigt sein, auch Behandlungspflegeleistungen zu erbringen. Der Anspruch auf begleitende medizinische Versorgung in der Werkstatt für behinderte Menschen umfasse im Fall der Klägerin auch die Verabreichung der ärztlich verordneten täglichen Insulininjektionen während ihres Aufenthaltes in der Werkstatt.
Demgegenüber hat die Beigeladene zu 2. darauf verwiesen, dass bei ihr keine Insulininjektionen durch die Angestellten vorgenommen würden, da sie über kein medizinisch ausgebildetes Personal verfüge.
Mit Bescheid vom 28. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. April 2009 lehnte die Beklagte den neuerlichen Antrag der Klägerin auf Gewährung von häuslicher Krankenpflege in Form von zweimal täglichen Blutzuckermessungen und zweimal täglichen Insulininjektionen jeweils fünfmal wöchentlich für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2009 ab. Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 7. Mai 2009 unter dem Aktenzeichen 16 KR 1218/09 Klage vor dem SG erhoben. Sodann lehnte die Beklagte auch den entsprechenden Antrag der Klägerin für den Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2009 mit Bescheid vom 16. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Juni 2009 ab. Hiergegen hat die Klägerin am 29. Juli 2009 unter dem Aktenzeichen S 16 KR 1955/09 Klage vor dem SG erhoben. Mit Beschluss vom 13. August 2009 hat das SG die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen dieses Verfahrens verbunden.
Das SG hat einen Befundbericht des Hausarztes der Klägerin vom 24. Mai 2010 beigezogen, in dem dieser mitgeteilt hat, dass vor jeder Insulininjektion eine Blutzuckerkontrolle erfolgen müsse, um eine Dosisanpassung vornehmen zu können. Nach seiner Auffassung liege ein besonders hoher Pflegebedarf im Zusammenhang mit den Insulininjektionen vor, da es sich bei der Klägerin um einen Diabetes mellitus Typ I handele, bei dem immer Insulin gegeben werden müsse und die Patientin auf Grund ihrer Intelligenzminderung weder die Messung, noch die Dosisanpassung des Insulins selbständig durchführen könne. Des Weiteren hat das SG einen Befundbericht der Internistin/Diabetologin Dipl.-Med. M. vom 30. Juni 2010 beigezogen, die ebenfalls die Auffassung vertreten hat, dass der Pflegebedarf im Zusammenhang mit den Insulininjektionen ein besonders hohes Ausmaß aufweise, da die Patientin auf Grund ihrer psychischen Erkrankung nicht in der Lage sei, die Injektionen selbst durchzuführen und außerdem die Nahrungsaufnahme nicht zu kalkulieren sei. Bei Diabetes mellitus Typ I bestehe immer die Notwendigkeit zur Insulinanpassung.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 25. Januar 2011 hat die Klägerin angegeben, dass sie noch nicht mit den Kosten für die Insulininjektionen einschließlich der jeweiligen Blutzuckermessungen belastet worden sei, die Kosten jedoch von ihr bzw. vom eintretenden Hilfeträger zurückerstattet werden müssten. Die Vertreterin der Beigeladenen zu 2. hat u.a. zu Protokoll gegeben, dass in der Werkstatt ein besonders geschulter Medikamen-tenbeauftragter beschäftigt ist. Außerdem seien mindestens drei Mitarbeiter bei einem Facharzt in Saalfeld geschult worden, falls es bei einem Behinderten zu einer Unterzuckerung komme. Dagegen werde kein medizinisch ausgebildetes Fachpersonal beschäftigt. Seit die Klägerin die Blutzuckermessung sowie die Insulinanpassung und -applikation nicht mehr selbst vornehme, sondern ein ambulanter Pflegedienst, sei es zu keinem Zwischenfall mehr gekommen.
Mit Urteil vom 25. Januar 2011 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die Kosten für die in den streitgegenständlichen Zeiträumen bereits er-brachten Leistungen zu erstatten sowie in Zukunft häusliche Krankenpflege für zweimal tägliche Blutzuckermessungen und Insulininjektionen nach vertragsärztlicher Verordnung während des Aufenthaltes der Klägerin bei der Beigeladenen zu 2. als Sachleistung zu erbringen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis zur Antragsablehnung im Bescheid vom 18. August 2008 aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V folge, da es sich um eine unaufschiebbare Leistung gehandelt habe. Eine vorherige Kontaktaufnahme sei nicht möglich gewesen, da ein zeitlicher Aufschub unzumutbar gewesen sei und die Beklagte bereits zuvor schon Kosten übernommen habe. Bezüglich der Inanspruchnahme der Leistungen nach Erlass des ablehnenden Bescheids habe sie einen Anspruch auf Kostenerstattung, weil die Beklagte die Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. Die Klägerin habe einen besonders hohen Pflegebedarf, der zu einer Leistungspflicht der Beklagten trotz des Aufenthalts in einer Werkstatt für behinderte Menschen führe. Die medizinischen Hilfen nach § 10 WerkstättenVO erfassten nur die Verabreichung von vordosiertem Insulin ohne vorherige Blutzuckermessung und Insulinanpassung. Nach den übereinstimmenden Auskünften der behandelnden Ärzte der Klägerin sei jedoch bei ihr vor jeder Insulininjektion eine Blutzuckermessung zur Dosisanpassung notwendig, da sie an Diabetes mellitus Typ I leide. Die Beigeladene zu 2. sei nicht verpflichtet, eine therapeutische Fachkraft zusätzlich einzustellen. Dies ergebe sich auch nicht aufgrund der Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII.
Mit ihrer am 18. Mai 2011 eingelegten Berufung gegen das ihr am 26. April 2011 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung und hat geltend gemacht, dass die Neufassung des § 37 Abs. 2 SGB V nach der Gesetzesbegründung klarstelle, dass Behand-lungspflegeleistungen der Krankenkasse nicht generell vorrangig seien, sondern nur dort ein-griffen, wo sie nicht schon durch andere Träger sicherzustellen seien. Die Werkstatt verfüge nach ihren eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem SG über einen besonders geschulten Medikamentenbeauftragten und zwei weitere fachärztlich zum Thema Diabetes geschulte Mitarbeiter. Da ausweislich der gutachterlichen Stellungnahme des MDK vom 17. Oktober 2014 bei der Klägerin kein besonders hoher Pflegebedarf vorliege, sei nicht nachvollziehbar, warum im vorliegenden Fall eine Sicherstellung der Injektionen durch die Werkstatt nicht möglich sein soll. Insulininjektionen auf der Basis individueller Blutzuckermessung würden nämlich nach erfolgter ärztlicher Einweisung in der Regel durch die Patienten selbst oder durch deren Angehörige vorgenommen. Dieses Ergebnis werde durch das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Mai 2012 (Az.: L 6 KR 1905/10) bestätigt. Sie legt außerdem eine Stellungnahme des Kommunalen Sozialverbands Sachsen vom 10. Dezember 2013 vor.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 25. Januar 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihre Ausführungen im Widerspruchs- und Klageverfahren und ist der Auffassung, dass ihre Diabeteserkrankung mit chronisch dekompensierter Stoffwechsellage nicht einfach zu beherrschen sei. Es liege daher ein besonders hoher Pflegebedarf vor. Sie legt einen "diabetologischen Bericht" der behandelnden Internistin Dipl.-Med. M. vom 5. Januar 2011 vor.
Die Beigeladene zu 2. beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt zur Begründung ihre Auffassung, dass die Klägerin einen besonders hohen Behandlungsbedarf habe, da bei ihr eine Diabeteserkrankung mit schwankendem Blutzucker-spiegel vorliege, bei dem nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft eine adäquate Behandlung gesichert werden könne. Die durch den MDK in dessen gutachterlicher Stellungnahme vom 17. Oktober 2014 festgestellten geringfügigen Änderungen bei der Insulinmedikation seien darauf zurückzuführen, dass die Fachkräfte des Pflegdienstes die Arbeit zuverlässig verrichteten und sich dadurch der Gesundheitszustand der Klägerin stabilisiert habe. Das vom MDK bewertete Zeitfenster "April bis Juni 2014" sei aber nicht repräsentativ. Sie halte nach dem Stellenschlüssel auch keine entsprechenden Fachkräfte vor. In der Leistungs- und Vergütungsvereinbarung sei die streitgegenständliche Leistung auch nicht vorgesehen. Sie schulde danach nur Hilfestellungen bei den Grundpflegeverrichtungen, nicht jedoch bei der Behandlungspflege. Überdies lehne der Beigeladene zu 3. als Kostenträger entsprechende Verhandlungen für zusätzliches Personal seit Jahren stets ab. Die Aufwendungen für den privaten Pflegedienst, der bei der Klägerin die Blutzuckermessungen und Insulininjektionen vornehme, beliefen sich bis 31. Dezember 2013 auf 16.209,02 Euro und würden derzeit vom Träger des Heimes getragen, in dem die Klägerin wohne. Sie hat eine Aufstellung der monatlichen Kosten für die streitgegenständlichen Insulinverabreichungen sowie die entsprechenden, an die Klägerin adressierten Rechnungen des Pflegdienstes vorgelegt.
Der Beigeladene zu 1. stellt keinen Antrag und vertritt die Auffassung, dass die geistige Be-hinderung der Klägerin den aufgrund der Zuckererkrankung bestehenden Behandlungsbedarf in einem besonders hohen Maße erhöhe, weil diese zur Dosierung und Injektion von Insulin auf fremde Hilfe angewiesen sei. Zudem liege eine besonders hohe Pflegebedürftigkeit dann vor, wenn die Werkstatt mehr Personal vorhalten müsse, als nach der WerkstättenVO gefordert. In der gutachterlichen Stellungnahme des MDK vom 17. Oktober 2014 werde ausgeführt, dass im Bedarfsfall eine medizinische bzw. Pflegefachkraft in Rufbereitschaft zur Verfügung stehen müsse. Diese zusätzliche Forderung übersteige die gesetzliche personelle Vorhaltepflicht der Werkstatt. Bereits nach der Häuslichen Krankenpflegerichtlinie sei die Beklagte im Wege der Selbstbindung zur Erbringung der beantragten Sachleistung verpflichtet. § 10 WerkstättenVO normiere dagegen keine Leistungserbringungspflicht. Diese ergebe sich erst im Zusammenspiel mit dem Werkstattvertrag und sei damit eine zivilrechtliche Frage. Jedenfalls aber sei er nicht leistungsverpflichtet, da er keine Möglichkeit habe, aktiv Einfluss auf die Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und der Werkstatt zu nehmen.
Der Beigeladene zu 3. stellt ebenfalls keinen Antrag. Er hat mitgeteilt, dass er seine bisherige Stellungnahme im Parallelverfahren revidiere und nun der Auffassung sei, Behandlungspflege stelle keine Leistung dar, die eine Werkstatt für behinderte Menschen grundsätzlich, vorbehaltlich einer anderweitigen Leistungsvereinbarung, vorzuhalten habe. Die Behandlungspflege falle nämlich nicht unter die psychosozialen Hilfen des § 33 Abs. 6 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX), sondern sei unter die medizinischen Leistungen des § 26 Abs. 2 SGB IX zu fassen, die nicht der Leistungspflicht der Werkstatt unterfallen. Der Umfang des Pflegebedarfs sei, wenn wie hier nicht durch den Patient selbst abgedeckt, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, wie z.B. Therapieaufwand, Mitwirkung und sonstige Behinderungen des Patienten, Komplikationsrisiko für Beschäftigte der Werkstatt, zu ermitteln. Zudem sei die Beklagte bereits nach § 14 Abs. 2 SGB IX als erstangegangener Rehabilitationsträger formell zur Leistung bzw. zur Kostenerstattung verpflichtet, da sie den Antrag auf häusliche Krankenpflege nicht fristgemäß an den nach ihrer Ansicht zuständigen Leistungsträger weitergeleitet habe. Die rein medizinische Versorgung der Klägerin mit Insulin stelle noch keine medizinische Rehabilitationsleitung dar, die nach der WerkstättenVO von der Werkstatt zu erbringen wäre. Weder der geltende Rahmenvertrag von 2005, noch die Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII von 2008 enthielten eine entsprechende Verpflichtung der Werkstatt. Somit liege bei der Klägerin, deren Pflege mit dem Werkstattpersonal nicht ausreichend sichergestellt werde, ein besonders hoher Pflegbedarf vor.
Der Senat hat im Laufe des Berufungsverfahrens die im parallelen Berufungsverfahren mit dem Az.: L 6 KR 1290/11 übersandte Stellungnahme des als dem zuständigen überörtlichen Sozialhilfeträger vom 21. Juni 2013 beigezogen und diesen durch Beschluss vom 11. November 2013 zum Verfahren beigeladen (Beigeladener zu 3.). Der Senat hat außerdem eine gutachterliche Stellungnahme des MDK vom 17. Oktober 2014 zur Frage des Umfangs des Pflegeaufwands bei der Klägerin veranlasst.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (die Klägerin mit Schriftsatz vom 20. Februar 2015, die Beklagte mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2014, der Beigeladene zu 1. mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2014, die Beigeladene zu 2. mit Schriftsatz vom 2. März 2015 sowie der Beigeladene zu 3. mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2014).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der geheimen Beratung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet, denn die Klage der Klägerin ist teilweise unzulässig, im Übrigen zum Teil unbegründet.
Hinsichtlich des erstmals im Klageverfahren von der Klägerin verfolgten Anspruchs auf künftige Sachleistungen ist die Klage bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Gegenstand der ablehnenden Entscheidungen der Beklagten waren entsprechend der zugrunde liegenden ärztlichen Verordnungen allein begrenzte, in der Vergangenheit liegende Zeiträume. Über einen Anspruch der Klägerin auf zeitlich unbegrenzte häusliche Krankenpflege hat die Beklagte dagegen mangels entsprechender Antragstellung nicht entschieden. Ein solcher kommt daher von vornherein nicht in Betracht. Dementsprechend ist das erstinstanzliche Urteil bereits insoweit abzuändern und die Leistungsklage der Klägerin insoweit abzuweisen.
Aber auch bezüglich des Anspruchs auf Kostenerstattung hat die Klage der Klägerin nur teilweise Erfolg, denn es besteht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Kostenerstattung für die auf Veranlassung der Beigeladenen zu 2. durch einen privaten Pflegedienst erbrachten Pflege-leistungen in Form der zweimal täglichen Insulininjektionen einschließlich der jeweiligen Blutzuckermessungen an fünf Tagen in der Woche nur in dem tenorierten Umfange. Dabei geht der Senat davon aus, dass der Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung nicht bereits deshalb scheitert, weil diese derzeit noch gar nicht mit den entsprechenden Kosten belastet wurde, da eine entsprechende Ankündigung des Betreibers des Behindertenwohnheims im Raume steht, die von ihm verauslagten Kosten von der Klägerin zurückzufordern.
Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Kostenerstattung ist § 13 Abs. 3 SGB V. Nach dessen Satz 1 ist eine Krankenkasse zur Kostenerstattung verpflichtet, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Voraussetzung 1) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt (Voraussetzung 2) und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Wie sich aus § 13 Abs. 1 SGB V ergibt, tritt der Kostenerstattungsanspruch an die Stelle des Anspruchs auf eine Sach- oder Dienstleistung; er besteht deshalb nur, soweit die selbst beschaffte Leistung ihrer Art nach zu den Leistungen gehört, die von den gesetzlichen Krankenkassen als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen sind (vgl. BSG, Urteil vom 4. April 2006 - Az.: B 1 KR 7/05 R m.w.N., nach juris). Mit der Durchbrechung des Sachleistungsgrundsatzes (§ 2 Abs. 2 SGB V) trägt § 13 Abs. 3 SGB V dem Umstand Rechnung, dass die gesetzlichen Krankenkassen eine umfassende medizinische Versorgung ihrer Mitglieder sicherstellen müssen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1, § 27 Abs. 1 Satz 1, § 70 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und infolgedessen für ein Versagen des Beschaffungssystems - sei es im medizinischen Notfall (vgl. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V) oder infolge eines anderen unvorhergesehenen Mangels - einzustehen haben. Dabei muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (bei Voraussetzung 1: Unvermögen zur rechtzeitigen Leistung; bei Voraussetzung 2: rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Kausalzusammenhang bestehen. Nur dann ist die Bedingung des § 13 Abs. 1 SGB V für eine Ausnahme vom Sachleistungsgrundsatz erfüllt (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), vgl. z.B. Urteile vom 20. Mai 2003 – Az.: B 1 KR 9/03 R, in Breithaupt 2004, S. 182 ff. sowie vom 22. März 2005 – Az.: B 1 KR 3 /04 R, nach juris; ebenso h.M. in der Lit., vgl. Noftz in Hauck/Noftz, SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung, Kommentar, Stand: März 2005, Bd. 1, K § 13 Rdnr. 54).
Diese Voraussetzungen sind für die allein streitgegenständlichen Zeiträume vom 1. Juli 2008 bis 30. September 2008, vom 1. Januar 2009 bis 31. März 2009 und vom 1. April 2009 bis 30. Juni 2009 nicht erfüllt.
Dabei lässt es der Senat dahinstehen, ob es sich bei den im Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis zur Antragsablehnung am 18. August 2008 erbrachten Pflegemaßnahmen, wie die Vorinstanz meint, um eine unaufschiebbare Leistung gehandelt hat, die die Beklagte nicht rechtzeitig erbringen konnte, und ob die Vorinstanz nicht auch die entsprechenden Zeiträume der beiden anderen streitbefangenen Bewilligungsabschnitte, nämlich vom 1. bis 28. Januar 2009 und vom 1. bis 16. April 2009 hätte entsprechend bewerten müssen. Allerdings wäre fraglich, ob der Senat diesbezüglich der Auffassung der Vorinstanz folgen würde, denn die Klägerin stellte z.B. den Antrag auf Sachleistung für den Zeitraum vom 1. Juli bis 30. September 2008 mit am 30. Juni 2008 bei der Beklagten eingegangenem Antrag. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 18. August 2008 ab, nachdem sie das Pflegegutachten des MDK vom Mai 2008 beigezogen hatte. Weshalb es der Klägerin, wie das SG meint, unzumutbar gewesen sein sollte, die ärztliche Verordnung über die häusliche Krankenpflege rechtzeitig ausstellen zu lassen und der Beklagten zur Genehmigung zu übersenden, ist nicht nachvollziehbar. Eine plausible Begründung hierfür liegt nicht vor. Auch der Hinweis darauf, dass die Beklagte der Klägerin bereits zuvor mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2008 Kosten für häusliche Krankenpflege erstattet hat, begründet keine Unzumutbarkeit, die Entscheidung der Beklagten über den neuerlichen Antrag abzuwarten, denn nach der Gesetzeskonzeption werden die Anspruchsvoraussetzungen für jeden Bewilligungsabschnitt neu geprüft. Damit würde es für diesen Zeitraum bereits am erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der Ablehnung der Leistungsgewährung und der Entstehung von Kosten für die selbst beschaffte Leistung mangeln. Ein Kausalzusammenhang und damit eine Kostenerstattung scheiden nämlich immer dann aus, wenn der Versicherte sich die streitige Behandlung außerhalb des vorgeschriebenen Beschaffungsweges selbst besorgt, ohne sich vorher mit seiner Krankenkasse ins Benehmen zu setzen und deren Entscheidung abzuwarten (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 Az.: B 1 KR 9/03 R, nach juris).
Jedenfalls aber hat die Klägerin gegen die Beklagte hinsichtlich der drei zuvor genannten Zeiträume einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die ärztlich verordnete häusliche Krankenpflege in Form der zweimal täglichen Blutzuckermessungen und Insulininjektionen während ihres Aufenthalts in der Werkstatt für behinderte Menschen der Beigeladenen zu 2. durch einen Pflegedienst. Dies folgt aus der Regelung in Abschnitt V. Nr. 26 der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von "häuslicher Krankenpflege" nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 und Abs. 7 SGB V in der Fassung vom 16. Februar 2000, zuletzt geändert am 17. Januar 2008/10. April 2008, in Kraft getreten am 11. Juni 2008 (HKP-Richtlinien). Ermächtigungsgrundlage hierfür ist § 37 Abs. 6 SGB V, wonach der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 festlegt, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können. Er bestimmt darüber hinaus das Nähere über Art und Inhalt der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen nach Abs. 2 Satz 1.
Nach Abschnitt V. Nr. 26 der HKP-Richtlinien übernimmt die Krankenkasse bis zur Entscheidung über die Genehmigung die Kosten für die vom Vertragsarzt verordneten und vom Pflegedienst erbrachten Leistungen entsprechend der vereinbarten Vergütung nach § 132a Abs. 2 SGB V, wenn die Verordnung spätestens an dem dritten der Ausstellung folgenden Arbeitstag der Krankenkasse vorgelegt wird. Das Nähere regeln die Partner der Rahmenempfehlungen nach § 132a Abs. 1 SGB V.
Die erste streitbefangene Verordnung datiert vom 30. Juni 2008 und wurde noch am selben Tag bei der Beklagten vorgelegt. Die zweite Verordnung datiert vom 23. Dezember 2008 und lag spätestens am 29. Dezember 2008, und damit ebenfalls spätestens an dem dritten der Aus-stellung folgenden Arbeitstag der Beklagten vor. Die dritte, am 31. März 2009 ausgestellte Verordnung ging wiederum bereits am selben Tag bei der Beklagten ein.
Somit ist die Beklagte zur Übernahme der Kosten für die drei Zeiträume bis zur jeweiligen Entscheidung über die entsprechenden Sachleistungsanträge der Klägerin verpflichtet. Der Senat hat auch keine Zweifel daran, dass die hier einschlägige Vorschrift der HKP-Richtlinie der Klägerin einen subjektiven Anspruch auf Kostenerstattung vermittelt, nachdem die Beklagte eine Kostenerstattung insgesamt abgelehnt hat und die Klägerin daher mit einer endgültigen Kostentragung gegenüber dem vorleistenden Wohnheimträger zu rechnen hat.
Dagegen hat es die Beklagte für die übrigen streitgegenständlichen Zeiträume nicht rechtswidrig abgelehnt, der Klägerin häusliche Krankenpflege während ihres Aufenthalts in der Werkstatt der Beigeladenen zu 2. als Sachleistung zu gewähren.
Rechtsgrundlage für die Gewährung häuslicher Krankenpflege ist § 37 Abs. 2 SGB V in der ab 1. April 2007 geltenden Fassung. Nach dessen Satz 1 und 2 erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist; der Anspruch umfasst verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fällen, in denen dieser Hilfebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 SGB XI zu berücksichtigen ist. § 10 WerkstättenVO bleibt danach unberührt: Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 WerkstättenVO muss die WfbM zur pädagogischen, sozialen und medizinischen Betreuung der behinderten Menschen über begleitende Dienste verfügen, die den Bedürfnissen der behinderten Menschen gerecht werden (vgl. auch § 33 Abs. 6 SGB IX). Für je 120 behinderte Menschen sollen in der Regel ein Sozialpädagoge oder ein Sozialarbeiter zur Verfügung stehen, darüber hinaus im Einvernehmen mit den zuständigen Rehabilitationsträgern pflegerische, therapeutische und nach Art und Schwere der Behinderung sonst erforderliche Fachkräfte (§ 10 Abs. 2 WerkstättenVO). Die besondere ärztliche Betreuung der behinderten Menschen in der Werkstatt und die medizinische Beratung des Fachpersonals der Werkstatt durch einen Arzt, der möglichst auch die an einen Betriebsarzt zu stellenden Anforderungen erfüllen soll, müssen vertraglich sichergestellt sein (§ 10 Abs. 3 WerkstättenVO).
Konkretisiert wird dies gemäß § 37 Abs. 6 SGB V durch die Richtlinie über die Verordnung von Häuslicher Krankenpflege (HKP-RL), die der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz, Satz 2 Nr. 6, Abs. 7 SGB V zur Sicherung der ärztlichen Versorgung über die Gewährung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten beschlossen und dort u.a. festgelegt hat, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach § 37 Abs. 1 und 2 SGB V auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können (I Nrn. 2 und 6 der HKP-RL in der ab 14. Mai 2000 geltenden Fassung):
"2. [ ] Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht auch an sonstigen geeigneten Orten, an denen sich die oder der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält und an denen - die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und - für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen (z.B. im Hinblick auf hygienische Voraussetzungen, Wahrung der Intimsphäre, Beleuchtung), wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist. Orte im Sinne des Satz 2 können insbesondere Schulen, Kindergärten, betreute Wohnformen oder Arbeitsstätten sein. [ ] 6. Für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (z. B. Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen), kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkassen zu prüfen. Abweichend davon kann häusliche Krankenpflege in Werkstätten für behinderte Menschen verordnet werden, wenn die Intensität oder Häufigkeit der in der Werkstatt zu erbringenden Pflege so hoch ist, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft Kran-kenhausbehandlungsbedürftigkeit vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung gesichert werden kann und die Werkstatt für behinderte Menschen nicht auf Grund des § 10 der Werkstättenverordnung verpflichtet ist, die Leistung selbst zu erbringen. [ ]"
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nur teilweise erfüllt. Zwar ist die WbfM der Beigeladenen zu 2. ein geeigneter Ort für die Erbringung von häuslicher Krankenpflege i.S.d. § 37 Abs.1 SGB V. Eine Leistungspflicht der Beklagten bestand indes nicht, weil schon der Einrichtungsträger, also die Beigeladenen zu 2., zu den streitgegenständlichen Insulininjektionen einschließlich der jeweiligen Blutzuckermessungen verpflichtet war.
Die Erbringung häuslicher Krankenpflege (auf Kosten der Krankenkasse) am Leistungsort WfbM setzt einen besonders hohen Pflegebedarf voraus (§ 37 Abs. 1 Satz 1 und 2 Satz 1 SGB V). Nach der Gesetzesbegründung kann ein Anspruch gegen die Beklagte auf Leistungen in Form der häuslichen Krankenpflege auch in Werkstätten für behinderte Menschen gegeben sein, "wenn wegen des besonders hohen Pflegebedarfs eines Versicherten die zur Verfügung stehenden pflegerischen Fachkräfte nicht ausreichen. Im Regelfall bleibt es hier aber dabei, dass nach § 10 der WerkstättenVO der pflegerische Bedarf durch die Werkstätten selbst abgedeckt wird." (Bundestags-Drucksache 16/4247, Seite 33f.) Ein besonders hoher Pflegebedarf liegt demnach bei Versicherten vor, deren Pflege mit den Einrichtungen und dem Personal einer WfbM, also deren begleitenden Diensten, nicht ausreichend sichergestellt werden kann. Dies bedeutet nach Abschnitt I Nr. 6 Abs. 2 der HKP-RL, dass die Intensität oder Häufigkeit der in der WfbM zu erbringenden Pflege so hoch sein muss, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung gesichert werden kann und die WfbM nicht auf Grund des § 10 WerkstättenVO verpflichtet ist, die Leistung selbst zu erbringen. Nach den genannten Vorschriften ist zu unterscheiden zwischen dem in einer WfbM üblichen Pflegebedarf und dem diesen Rahmen im Einzelfall überschreitenden besonders hohen Pflegebedarf der behinderten Menschen. Den üblichen Pflegebedarf muss die WfbM mit dem Personal ihrer begleitenden Diensten durch Maßnahmen der "kleinen Behandlungspflege" (selbst) decken; dazu gehört regelmäßig etwa die Gabe von Insulinspritzen (vgl. Padé in jurisPK-SGB V, § 37 Rdnr. 34). Dagegen muss die Krankenkasse (bei Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen im Übrigen) bei besonders hohem Pflegebedarf die Leistungen der häuslichen Krankenpflege gewähren. Die Regelungen unterscheiden dabei auch nicht danach, ob die medizinischen und therapeutischen Leistungen zur Behandlung der die Behinderung auslösenden Krankheit oder sonstiger Begleiterkrankungen (hier z.B. des Diabetes der Klägerin) erforderlich sind. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1. und 3. begründet daher weder die geistige Behinderung der Klägerin und deren daraus resultierende Hilfebedürftigkeit für sich allein, noch die Notwendigkeit für die WfbM, hierfür - wie im Übrigen gerade von der WerkstättenVO nach dem oben Gesagten gefordert - Personal vorhalten zu müssen, eine besonders hohe Pflegebedürftigkeit. Dies ergibt sich vielmehr allein aus der konkreten Krankheit und dem Umfang des hieraus folgenden notwendigen Pflegebedarfs. Nicht nachvollziehbar ist zudem der weitere Vortrag des Beigeladenen zu 1., die Beklagte sei im Wege der Selbstbindung bereits nach der HKP-RL zur Erbringung der beantragten Sachleistung verpflichtet, da, wie oben dargelegt, gerade die HKP-RL in Ab-schnitt I Nr. 6 Abs. 2 nach der Intensität bzw. der Häufigkeit der zu erbringenden Pflege unterscheidet. Ohne Belang ist schließlich im vorliegenden Fall, ob § 10 der WerkstättenVO eine taugliche Anspruchsgrundlage für die Klägerin sein kann, da sie sich jedenfalls nicht an die Beklagte richtet, sondern vielmehr den Einrichtungsträger in die Pflicht nimmt. Keine rechtlichen Bedenken hat der Senat daher, diese Vorschrift zur Abgrenzung der Leistungszuständigkeit heranzuziehen (vgl. ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 2012 - Az.: L 5 KR 1905/10, Rdnrn. 47ff. sowie LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. März 2014 - Az.: L 9 KR 524/12, Rdnr. 63, jeweils nach juris).
In Anwendung dieser Grundsätze besteht bei der Klägerin hinsichtlich der Durchführung der zweimal täglichen Insulininjektionen einschließlich der jeweiligen Blutzuckermessungen an fünf Tagen während des Aufenthalts in der WfbM kein besonders hoher Pflegebedarf nach § 37 Abs. 1 Satz 1 und 2 Satz 1 SGB V. Die streitgegenständlichen subkutanen Injektionen zählen zu den einfachen Leistungen der Behandlungspflege; ihre Durchführung erfordert keine medizinische Fachkraft oder -kenntnisse. Dies ergibt sich aus Nr. 18 des als Anlage zur HKP-RL geführten Leistungsverzeichnisses, wonach subkutane Injektionen überhaupt nur bei Patienten mit erheblichen, z.T. schwerwiegenden funktionellen Einschränkungen (etwa der Sehkraft oder der Feinmotorik) verordnungsfähig sind. Der Richtliniengeber geht somit, wie sich im Umkehrschluss ergibt, davon aus, dass alle anderen Versicherten subkutane Injektionen an sich selbst, ggf. nach Anleitung, durchführen können, medizinische Fachkenntnisse jedoch nicht erforderlich sind. Dass dies auch bezogen auf die Klägerin gilt, ergibt sich dies aus der gutachterlichen Stellungnahme des MDK vom 17. Oktober 2014, wonach diese auf eine sogenannte intensivierte Insulintherapie eingestellt ist, die eine Progression Diabetes assoziierter Spätkomplikationen so weit wie möglich hemmen soll. Die Umsetzung einer intensivierten Insulintherapie ist danach jedoch nicht gleichbedeutend mit einer intensivmedizinischen und/oder intensivpflegerischen Behandlungsmaßnahme. Vielmehr können die zweimal täglich wiederkehrenden behandlungspflegerischen Maßnahmen der Blutzuckermessung, Anpassung der Insulindosis und Applikation des Insulins im zeitlichen Umfang von jeweils ca. 10 Minuten Dauer durch geschulte medizinische Laien, wie z.B. geschulte Betreuungspersonen einer WfbM, erbracht werden, sofern eine Vernetzung mit medizinischem Fachpersonal (behandelnder Hausarzt, Diabetologe und/oder ambulanter Pflegedienst) sichergestellt ist. Die vorliegende Befund- und Verlaufsdokumentation der Klägerin zeigt zwar eindeutig schwankende Blutzuckerwerte, jedoch sind ihr keine Abweichungen vom Behandlungsplan, z.B. durch zusätzlich erforderliche Blutzuckermessungen und/oder Insulingaben zu entnehmen. So weisen auch die im Dokumentationszeitraum applizierten Insulindosen nur sehr geringe Veränderungen auf. Schließlich ist das Auftreten von Komplikationen durch die Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 2. im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 25. Januar 2011 verneint worden. Somit kann nach Auffassung des MDK im Falle der Klägerin kein besonders hoher Pflegebedarf festgestellt werden.
Dem schließt sich der Senat an und verweist hinsichtlich des Berufungsvorbringens der Klägerin sowie der Beigeladenen zu 2. ausdrücklich auf die Ausführungen in der gutachterlichen Stellungnahme des MDK, wonach sich aus der Befund- und Verlaufsdokumentation gerade keine Abweichungen vom Behandlungsplan sowie nur sehr geringe Veränderungen der applizierten Insulindosen ergeben, weshalb die Behauptung der Beigeladenen zu 2., dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft eine adäquate Behandlung gesichert werden könne, nicht nachvollziehbar ist. Davon, dass der von der Beigeladenen zu 2. beauftragte Pflegedienst seine Arbeit zuverlässig verrichtet, geht der Senat aus. Dies kann im Übrigen auch von den ent-sprechend geschulten Mitarbeitern der Beigeladenen zu 2. erwartet werden, zumal für die Blutzuckerbestimmung sowie die Insulinapplikationen keine medizinische Ausbildung erforderlich ist. Weshalb das vom MDK bewertete Zeitfenster nicht repräsentativ sein soll, wie die Beigeladenen zu 2. behauptet, erschließt sich nicht. Dass es im Laufe der Zeit bei der Klägerin zu schwankenden Blutzuckerwerten gekommen ist, spricht vor dem Hintergrund der vom MDK als ohnehin erforderlich angesehenen Vernetzung mit medizinischem Fachpersonal (behandelnder Hausarzt, Diabetologe und/oder ambulanter Pflegedienst) nicht gegen die Durchführung der Blutzuckerbestimmung sowie der Insulinapplikationen durch entsprechend geschulte Mitarbeiter der Beigeladenen zu 2. Die Gefahr des Auftretens von Komplikationen sowie der begleitenden Behandlung durch den Hausarzt bzw. Diabetologen bis hin zu gegebenenfalls erforderlichen kurzeitigen Klinikaufenthalten trifft gleichermaßen auf nicht behinderte Menschen mit Diabeteserkrankung zu, die die Blutzuckerbestimmung sowie die Insulinapplikationen selbst vornehmen. Dem steht auch der durch die Klägerin vorgelegte "diabetologischen Bericht" der behandelnden Internistin Dipl.-Med. M. vom 5. Januar 2011 nicht entgegen, da dort lediglich die - im Übrigen unbestrittene - Notwendigkeit "der Hilfe zur Insulininjektion, Blutzuckerselbstkontrolle und Einschätzung der notwendigen Insulindosis" beschrieben wird. Insoweit ist dem Beigeladenen zu 1. zu widersprechen, wenn dieser ausführt, die vom MDK als erforderlich angesehene Vernetzung mit medizinischem Fachpersonal übersteige die gesetzliche Vorhaltepflicht der WfbM, da diese das entsprechende Personal nicht "vorhalten", sondern lediglich eine Vernetzung sicherstellen muss. Diese Vernetzung mit entsprechend medizinisch ausgebildetem Fachpersonal dürfte bei Behinderteneinrichtungen ohnehin die Regel sein, zumal § 10 Abs. 3 der WerkstättenVO ausdrücklich die vertragliche Sicherstellung der besonderen ärztlichen Betreuung der behinderten Menschen in der Werkstatt und der medizinischen Beratung des Fachpersonals der Werkstatt durch einen Arzt fordert.
Dem Beigeladenen zu 3. ist entgegen zu halten, dass es dahin stehen kann, ob die hier streit-gegenständlichen Leistungen der Behandlungspflege unter die psychosozialen Hilfen des § 33 Abs. 6 SGB IX oder unter die psychosozialen Hilfen des § 33 Abs. 6 SGB IX zu fassen sind, da sich die entsprechenden Leistungsverpflichtungen nach den §§ 4 bis 6 SGB IX an die Re-habilitationsträger richten und keine Pflichten des jeweiligen Leistungserbringers regeln. Letztere ergeben sich im vorliegenden Fall aber gerade ausdrücklich aus § 37 Abs. 6 SGB V i.V.m. § 10 der WerkstättenVO sowie der HKP-RL, so dass es auch unerheblich ist, ob es sich bei der Versorgung der Klägerin mit Insulin - wie vom Beigeladenen zu 3. in Frage gestellt - um eine medizinische Rehabilitationsleistung handelt, die in der WbfM zu erbringen wäre. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, dass weder der geltende Rahmenvertrag von 2005, noch die Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII von 2008 eine entsprechende Verpflichtung der WbfM enthielten, so dass, worauf die Beigeladene zu 2. hinweist, nach dem Stellenschlüssel auch keine entsprechenden Fachkräfte vorgehalten werden, weil der Beigeladenen zu 3. als zuständiger Kostenträger entsprechende Verhandlungen über mehr Personal ablehnt. Dies kann jedenfalls nicht entgegen dem Gesetzes- bzw. Verordnungswortlaut zu einer Verlagerung der Leistungszuständigkeit auf die Antragsgegnerin mittels entsprechender vertraglicher Regelungen führen. Andernfalls hätten es die WbfM und die dort Beschäftigten in der Hand, Inhalt und Umfang der zu erbringenden Leistungen selbst zu bestimmen und Leistungen zu Lasten anderer Kostenträger, hier der beklagten Krankenversicherung, auszugliedern. Erforderlichenfalls haben die Beigeladenen die Vereinbarung und die Personalausstattung des Beigeladenen zu 2. der Rechtslage nach der Neufassung des § 37 SGB V anzupassen.
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Beklagte nicht nach § 14 SGB IX als erstangegangener Rehabilitationsträger zur Leistungserbringung verpflichtet ist. Zwar wäre nach § 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX jedenfalls auch der Beigeladene zu 1. grundsätzlich zur Erbringung sowohl der psychosozialen Hilfen des § 33 Abs. 6 SGB IX als auch der psychosozialen Hilfen des § 33 Abs. 6 SGB IX zuständig. Hier trifft jedoch § 37 Abs. 6 SGB V i.V.m. § 10 der WerkstättenVO sowie der HKP-RL eine abweichende Regelung dergestalt, dass bei Fehlen eines besonders hohen Pflegebedarfs die WbfM als Leistungserbringer zuständig ist und der Beigeladene zu 1. zusammen mit dem Beigeladenen zu 3. lediglich mittelbar im Wege der Finanzierung der WbfM beteiligt ist. Da die WbfM jedoch kein Rehabilitationsträger i.S.d. § 14 SGB IX ist, findet hier § 14 SGB IX keine Anwendung. Dementsprechend kann auch mangels Einbeziehung in den Kreis der in Betracht kommenden Beigeladenen keine Verurteilung des Trägers der WbfM nach § 75 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes erfolgen.
Somit war das erstinstanzliche Urteil wie geschehen abzuändern sowie die Beklagte zur teil-weisen Leistung zu verurteilen und im Übrigen die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei waren der Beklagten die außergericht-lichen Kosten der Klägerin zu einem Drittel aufzuerlegen, da die Klägerin mit etwa einem Drittel der Zeiten, für die sie von der Beklagten die Erstattung der ihr in diesen Zeiten entstandenen Kosten der häuslichen Krankenpflege verlangt, obsiegt hat. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. waren im selben Umfang für erstattungsfähig zu erklären, da sie mit ihrer Antragstellung zu erkennen gegeben hat, dass sie auf Seiten der insoweit teilweise obsiegenden Klägerin streitet.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Kostenerstattung für bereits erbrachte häusliche Krankenpflege in Form von zweimal täglichen Blutzuckermessungen und Insulininjektionen während ihres Aufenthalts in der Werkstatt für behinderte Menschen der Beigeladenen zu 2. für die Zeiträume vom 1. Juli 2008 bis 30. September 2008, vom 1. Januar bis 31. März 2009 und vom 1. April bis 30. Juni 2009.
Die 1953 geborene und bei der Beklagten gegen Krankheit versicherte Klägerin ist mehrfach behindert (Debilität mit Verhaltensstörungen) und leidet an einem insulinpflichtigen Diabetes mellitus Typ I. Sie ist nicht in der Lage, selbst Blutzuckermessungen durchzuführen und sich Insulin zu verabreichen. Sie bezieht vom Beigeladenen zu 1. Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII).
Am 30. Juni 2008 beantragte sie unter Vorlage der Verordnung des Facharztes für Allge-meinmedizin B. bei der Beklagten häusliche Krankenpflege für die Zeit vom 1. Juli 2008 bis 30. September 2008 in Form von zweimal täglichen Insulininjektionen während des Aufenthaltes in der Werkstatt für behinderte Menschen der Beigeladenen zu 2 ... Die Beklagte zog ein Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) des Thüringen e.V. (MDK) vom 8. Mai 2008 bei. Darin stellte der MDK fest, dass die Klägerin seit 1999 im Wohnheim der Lebenshilfe in N. lebt. Von montags bis freitags arbeite sie in der Zeit von 7:00 Uhr bis 15:00 Uhr in den Werkstätten der Beigeladenen zu 2. Sie verrichte Montagearbeiten. Die Klägerin weise einen insulinpflichtigen Diabetes mellitus mit einer chronischen dekompensierten Stoffwechsellage auf, weshalb im Januar 2008 ein Klinikaufenthalt erforderlich geworden sei. Die Stoffwechseleinstellung gestalte sich ausgesprochen schwierig. Auf Grund der psychischen Erkrankung verbunden mit unkontrolliertem Essverhalten sei eine normnahe Blutzuckereinstellung offensichtlich nicht möglich. Eine gerichtliche Betreuung sei eingerichtet. Die zweimal täglichen Blutzuckermessungen und Insulingaben während des Werkstattaufenthalts würden durch die -Pflegedienst GmbH S. durchgeführt.
Mit Bescheid vom 18. August 2008 lehnte die Beklagte den Antrag auf häusliche Krankenpflege ab und führte zur Begründung aus, dass Versicherte mit besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen Leistungen der häuslichen Krankenpflege erhielten. Daher sei durch die Krankenkasse zu prüfen, ob die Klägerin einen besonders hohen gesamtpflegerischen Hilfebedarf habe. Um über den Leistungsanspruch richtig zu entscheiden, habe sie das Gutachten zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit herangezogen. Der bei ihr ermittelte gesamtpflegerische Zeitaufwand für grund- und behandlungspflegerische Verrichtungen ergebe keinen besonders hohen Pflegebedarf.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin durch ihre Betreuerin Widerspruch ein, mit dem sie auf einen Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 2. Juli 2008 verwies, mit dem ihr bereits zuvor häusliche Krankenpflege gewährt worden war. Mit Widerspruchsbescheid vom 3. Dezember 2008 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach § 27 Abs. l des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) hätten Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig sei, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasse u. a. auch die häusliche Krankenpflege. Entsprechend eng seien die Vorgaben in § 6 Abs. 2 der Richtlinien zur häuslichen Krankenpflege des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA), nach welcher häusliche Krankenpflege in Werkstätten für behinderte Menschen nur dann verordnet werden könne, wenn die Intensität oder Häufigkeit der in der Werkstatt zu erbringenden Pflege so hoch sei, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft Krankhausbehandlungsbedürftigkeit vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung gesichert werden könne und die Werkstatt für behinderte Menschen nicht auf Grund des § 10 Werkstättenverordnung (WerkstättenVO) verpflichtet sei, die Leistung selbst zu erbringen. Die entsprechende Vorhaltepflicht der Werkstatt beziehe sich gemäß § 10 Abs. 1 WerkstättenVO auch auf die medizinische Betreuung der behinderten Menschen. Zudem habe nach § 10 Abs. 2 WerkstättenVO die Werkstatt - im Einvernehmen mit den zuständigen Rehabilitationsträgern - pflegerische, therapeutische und sonst erforderliche Fachkräfte zur Verfügung zu stellen. Eine Beschränkung auf (Fach)Kräfte, die lediglich Leistungen der Grundpflege erbringen sollen, ergebe sich daraus nicht. Die genannte Vorhaltepflicht bestehe unabhängig davon, ob in dem Vertrag zwischen der Werkstatt und dem Sozialhilfeträger nach § 75 Abs. 3 SGB XII ausreichende Mittel zur Umsetzung dieser - nach § 10 WerkstättenVO - bestehenden Vorhaltepflicht vereinbart worden seien. Es bestehe vielmehr die Verpflichtung des Sozialhilfeträgers, im Rahmen der Finanzierung der Leistungsfähigkeit der Einrichtung, die Deckung des Bedarfs des einzelnen Bedürftigen zu gewährleisten. Eine möglicherweise unzureichende Kalkulation der Betreuung der Bedürftigen könne nicht zu einer Begründung der Leistungspflicht der Krankenkassen entgegen der gesetzlichen Vorgaben führen. Eine Kostenübernahme werde daher nur in den Fällen erfolgen, in welchen nachweisbar ein besonders hoher Pflegebedarf vorliege. Dies sei bei der Klägerin derzeit nicht der Fall.
Hiergegen hat die Klägerin am 19. Dezember 2008 vor dem Sozialgericht Meiningen (SG) Klage erhoben und zur Begründung vortragen lassen, sie sei insulinpflichtig, könne sich jedoch auf Grund ihrer geistigen Behinderung keine Insulinspritzen selbst verabreichen. Außerhalb der Beschäftigungszeiten werde die Insulingabe durch das Wohnheim, in dem sie lebe, organisiert. Während des Aufenthaltes in der Werkstatt für behinderte Menschen der Beigeladenen zu 2. müsse jedoch zweimal täglich - um 9:00 Uhr und zur Mittagszeit - Insulin gegeben werden. Es stelle sich die Frage, wer während der Beschäftigungszeiten dort die Gabe des Insulins sicherzustellen bzw. für die Kosten aufzukommen habe, die Beklagte, der Landkreis S.-R. als Beigeladener zu 1. oder die Beigeladene zu 2. Der Landkreis S.-R. erbringe als örtlicher Träger der Sozialhilfe für sie bereits Sozialhilfe in Form der Eingliederungshilfe durch Übernahme der Kosten im Wohnheim für behinderte Menschen in N. und lehne eine Übernahme von weiteren Kosten mit dem Hinweis auf die Nachrangigkeit der Sozialhilfe ab. Dieser sehe die Beklagte sowie die Beigeladene zu 2. als vorrangige Leistungsträger in der Pflicht. Letztere wiederum lehne ausweislich des Schreibens vom 19. November 2008 ebenfalls eine entsprechende Leistung ab, da durch deren Angestellten auch perspektivisch keine Insulininjektionen bei Beschäftigten vorgenommen würden.
Der Beigeladene zu 1. hat sich auf seine nachrangige Leistungspflicht gegenüber der gesetzli-chen Krankenversicherung der Klägerin berufen. Diese habe gegenüber ihrem Krankenversi-cherungsträger nach § 37 Abs. 1 SGB V einen vorrangigen Anspruch auf Behandlungspflege. Soweit die Beklagte ohne weitere Begründung vortrage, in der Person der Klägerin bestehe kein nachgewiesener besonders hoher Pflegebedarf, könne diese Behauptung im Hinblick auf deren Behinderung nicht nachvollzogen werden. Im Übrigen sei nach § 10 WerkstättenVO auch der Werkstattträger zur medizinischen Betreuung der behinderten Menschen in seiner Werkstatt verpflichtet. Dieses Fachpersonal müsse befähigt sein, auch Behandlungspflegeleistungen zu erbringen. Der Anspruch auf begleitende medizinische Versorgung in der Werkstatt für behinderte Menschen umfasse im Fall der Klägerin auch die Verabreichung der ärztlich verordneten täglichen Insulininjektionen während ihres Aufenthaltes in der Werkstatt.
Demgegenüber hat die Beigeladene zu 2. darauf verwiesen, dass bei ihr keine Insulininjektionen durch die Angestellten vorgenommen würden, da sie über kein medizinisch ausgebildetes Personal verfüge.
Mit Bescheid vom 28. Januar 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. April 2009 lehnte die Beklagte den neuerlichen Antrag der Klägerin auf Gewährung von häuslicher Krankenpflege in Form von zweimal täglichen Blutzuckermessungen und zweimal täglichen Insulininjektionen jeweils fünfmal wöchentlich für den Zeitraum vom 1. Januar bis 31. März 2009 ab. Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 7. Mai 2009 unter dem Aktenzeichen 16 KR 1218/09 Klage vor dem SG erhoben. Sodann lehnte die Beklagte auch den entsprechenden Antrag der Klägerin für den Zeitraum vom 1. April bis 30. Juni 2009 mit Bescheid vom 16. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Juni 2009 ab. Hiergegen hat die Klägerin am 29. Juli 2009 unter dem Aktenzeichen S 16 KR 1955/09 Klage vor dem SG erhoben. Mit Beschluss vom 13. August 2009 hat das SG die Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen dieses Verfahrens verbunden.
Das SG hat einen Befundbericht des Hausarztes der Klägerin vom 24. Mai 2010 beigezogen, in dem dieser mitgeteilt hat, dass vor jeder Insulininjektion eine Blutzuckerkontrolle erfolgen müsse, um eine Dosisanpassung vornehmen zu können. Nach seiner Auffassung liege ein besonders hoher Pflegebedarf im Zusammenhang mit den Insulininjektionen vor, da es sich bei der Klägerin um einen Diabetes mellitus Typ I handele, bei dem immer Insulin gegeben werden müsse und die Patientin auf Grund ihrer Intelligenzminderung weder die Messung, noch die Dosisanpassung des Insulins selbständig durchführen könne. Des Weiteren hat das SG einen Befundbericht der Internistin/Diabetologin Dipl.-Med. M. vom 30. Juni 2010 beigezogen, die ebenfalls die Auffassung vertreten hat, dass der Pflegebedarf im Zusammenhang mit den Insulininjektionen ein besonders hohes Ausmaß aufweise, da die Patientin auf Grund ihrer psychischen Erkrankung nicht in der Lage sei, die Injektionen selbst durchzuführen und außerdem die Nahrungsaufnahme nicht zu kalkulieren sei. Bei Diabetes mellitus Typ I bestehe immer die Notwendigkeit zur Insulinanpassung.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 25. Januar 2011 hat die Klägerin angegeben, dass sie noch nicht mit den Kosten für die Insulininjektionen einschließlich der jeweiligen Blutzuckermessungen belastet worden sei, die Kosten jedoch von ihr bzw. vom eintretenden Hilfeträger zurückerstattet werden müssten. Die Vertreterin der Beigeladenen zu 2. hat u.a. zu Protokoll gegeben, dass in der Werkstatt ein besonders geschulter Medikamen-tenbeauftragter beschäftigt ist. Außerdem seien mindestens drei Mitarbeiter bei einem Facharzt in Saalfeld geschult worden, falls es bei einem Behinderten zu einer Unterzuckerung komme. Dagegen werde kein medizinisch ausgebildetes Fachpersonal beschäftigt. Seit die Klägerin die Blutzuckermessung sowie die Insulinanpassung und -applikation nicht mehr selbst vornehme, sondern ein ambulanter Pflegedienst, sei es zu keinem Zwischenfall mehr gekommen.
Mit Urteil vom 25. Januar 2011 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, die Kosten für die in den streitgegenständlichen Zeiträumen bereits er-brachten Leistungen zu erstatten sowie in Zukunft häusliche Krankenpflege für zweimal tägliche Blutzuckermessungen und Insulininjektionen nach vertragsärztlicher Verordnung während des Aufenthaltes der Klägerin bei der Beigeladenen zu 2. als Sachleistung zu erbringen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin für den Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis zur Antragsablehnung im Bescheid vom 18. August 2008 aus § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V folge, da es sich um eine unaufschiebbare Leistung gehandelt habe. Eine vorherige Kontaktaufnahme sei nicht möglich gewesen, da ein zeitlicher Aufschub unzumutbar gewesen sei und die Beklagte bereits zuvor schon Kosten übernommen habe. Bezüglich der Inanspruchnahme der Leistungen nach Erlass des ablehnenden Bescheids habe sie einen Anspruch auf Kostenerstattung, weil die Beklagte die Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. Die Klägerin habe einen besonders hohen Pflegebedarf, der zu einer Leistungspflicht der Beklagten trotz des Aufenthalts in einer Werkstatt für behinderte Menschen führe. Die medizinischen Hilfen nach § 10 WerkstättenVO erfassten nur die Verabreichung von vordosiertem Insulin ohne vorherige Blutzuckermessung und Insulinanpassung. Nach den übereinstimmenden Auskünften der behandelnden Ärzte der Klägerin sei jedoch bei ihr vor jeder Insulininjektion eine Blutzuckermessung zur Dosisanpassung notwendig, da sie an Diabetes mellitus Typ I leide. Die Beigeladene zu 2. sei nicht verpflichtet, eine therapeutische Fachkraft zusätzlich einzustellen. Dies ergebe sich auch nicht aufgrund der Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII.
Mit ihrer am 18. Mai 2011 eingelegten Berufung gegen das ihr am 26. April 2011 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung und hat geltend gemacht, dass die Neufassung des § 37 Abs. 2 SGB V nach der Gesetzesbegründung klarstelle, dass Behand-lungspflegeleistungen der Krankenkasse nicht generell vorrangig seien, sondern nur dort ein-griffen, wo sie nicht schon durch andere Träger sicherzustellen seien. Die Werkstatt verfüge nach ihren eigenen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem SG über einen besonders geschulten Medikamentenbeauftragten und zwei weitere fachärztlich zum Thema Diabetes geschulte Mitarbeiter. Da ausweislich der gutachterlichen Stellungnahme des MDK vom 17. Oktober 2014 bei der Klägerin kein besonders hoher Pflegebedarf vorliege, sei nicht nachvollziehbar, warum im vorliegenden Fall eine Sicherstellung der Injektionen durch die Werkstatt nicht möglich sein soll. Insulininjektionen auf der Basis individueller Blutzuckermessung würden nämlich nach erfolgter ärztlicher Einweisung in der Regel durch die Patienten selbst oder durch deren Angehörige vorgenommen. Dieses Ergebnis werde durch das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Mai 2012 (Az.: L 6 KR 1905/10) bestätigt. Sie legt außerdem eine Stellungnahme des Kommunalen Sozialverbands Sachsen vom 10. Dezember 2013 vor.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 25. Januar 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf ihre Ausführungen im Widerspruchs- und Klageverfahren und ist der Auffassung, dass ihre Diabeteserkrankung mit chronisch dekompensierter Stoffwechsellage nicht einfach zu beherrschen sei. Es liege daher ein besonders hoher Pflegebedarf vor. Sie legt einen "diabetologischen Bericht" der behandelnden Internistin Dipl.-Med. M. vom 5. Januar 2011 vor.
Die Beigeladene zu 2. beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie wiederholt zur Begründung ihre Auffassung, dass die Klägerin einen besonders hohen Behandlungsbedarf habe, da bei ihr eine Diabeteserkrankung mit schwankendem Blutzucker-spiegel vorliege, bei dem nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft eine adäquate Behandlung gesichert werden könne. Die durch den MDK in dessen gutachterlicher Stellungnahme vom 17. Oktober 2014 festgestellten geringfügigen Änderungen bei der Insulinmedikation seien darauf zurückzuführen, dass die Fachkräfte des Pflegdienstes die Arbeit zuverlässig verrichteten und sich dadurch der Gesundheitszustand der Klägerin stabilisiert habe. Das vom MDK bewertete Zeitfenster "April bis Juni 2014" sei aber nicht repräsentativ. Sie halte nach dem Stellenschlüssel auch keine entsprechenden Fachkräfte vor. In der Leistungs- und Vergütungsvereinbarung sei die streitgegenständliche Leistung auch nicht vorgesehen. Sie schulde danach nur Hilfestellungen bei den Grundpflegeverrichtungen, nicht jedoch bei der Behandlungspflege. Überdies lehne der Beigeladene zu 3. als Kostenträger entsprechende Verhandlungen für zusätzliches Personal seit Jahren stets ab. Die Aufwendungen für den privaten Pflegedienst, der bei der Klägerin die Blutzuckermessungen und Insulininjektionen vornehme, beliefen sich bis 31. Dezember 2013 auf 16.209,02 Euro und würden derzeit vom Träger des Heimes getragen, in dem die Klägerin wohne. Sie hat eine Aufstellung der monatlichen Kosten für die streitgegenständlichen Insulinverabreichungen sowie die entsprechenden, an die Klägerin adressierten Rechnungen des Pflegdienstes vorgelegt.
Der Beigeladene zu 1. stellt keinen Antrag und vertritt die Auffassung, dass die geistige Be-hinderung der Klägerin den aufgrund der Zuckererkrankung bestehenden Behandlungsbedarf in einem besonders hohen Maße erhöhe, weil diese zur Dosierung und Injektion von Insulin auf fremde Hilfe angewiesen sei. Zudem liege eine besonders hohe Pflegebedürftigkeit dann vor, wenn die Werkstatt mehr Personal vorhalten müsse, als nach der WerkstättenVO gefordert. In der gutachterlichen Stellungnahme des MDK vom 17. Oktober 2014 werde ausgeführt, dass im Bedarfsfall eine medizinische bzw. Pflegefachkraft in Rufbereitschaft zur Verfügung stehen müsse. Diese zusätzliche Forderung übersteige die gesetzliche personelle Vorhaltepflicht der Werkstatt. Bereits nach der Häuslichen Krankenpflegerichtlinie sei die Beklagte im Wege der Selbstbindung zur Erbringung der beantragten Sachleistung verpflichtet. § 10 WerkstättenVO normiere dagegen keine Leistungserbringungspflicht. Diese ergebe sich erst im Zusammenspiel mit dem Werkstattvertrag und sei damit eine zivilrechtliche Frage. Jedenfalls aber sei er nicht leistungsverpflichtet, da er keine Möglichkeit habe, aktiv Einfluss auf die Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und der Werkstatt zu nehmen.
Der Beigeladene zu 3. stellt ebenfalls keinen Antrag. Er hat mitgeteilt, dass er seine bisherige Stellungnahme im Parallelverfahren revidiere und nun der Auffassung sei, Behandlungspflege stelle keine Leistung dar, die eine Werkstatt für behinderte Menschen grundsätzlich, vorbehaltlich einer anderweitigen Leistungsvereinbarung, vorzuhalten habe. Die Behandlungspflege falle nämlich nicht unter die psychosozialen Hilfen des § 33 Abs. 6 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX), sondern sei unter die medizinischen Leistungen des § 26 Abs. 2 SGB IX zu fassen, die nicht der Leistungspflicht der Werkstatt unterfallen. Der Umfang des Pflegebedarfs sei, wenn wie hier nicht durch den Patient selbst abgedeckt, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, wie z.B. Therapieaufwand, Mitwirkung und sonstige Behinderungen des Patienten, Komplikationsrisiko für Beschäftigte der Werkstatt, zu ermitteln. Zudem sei die Beklagte bereits nach § 14 Abs. 2 SGB IX als erstangegangener Rehabilitationsträger formell zur Leistung bzw. zur Kostenerstattung verpflichtet, da sie den Antrag auf häusliche Krankenpflege nicht fristgemäß an den nach ihrer Ansicht zuständigen Leistungsträger weitergeleitet habe. Die rein medizinische Versorgung der Klägerin mit Insulin stelle noch keine medizinische Rehabilitationsleitung dar, die nach der WerkstättenVO von der Werkstatt zu erbringen wäre. Weder der geltende Rahmenvertrag von 2005, noch die Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII von 2008 enthielten eine entsprechende Verpflichtung der Werkstatt. Somit liege bei der Klägerin, deren Pflege mit dem Werkstattpersonal nicht ausreichend sichergestellt werde, ein besonders hoher Pflegbedarf vor.
Der Senat hat im Laufe des Berufungsverfahrens die im parallelen Berufungsverfahren mit dem Az.: L 6 KR 1290/11 übersandte Stellungnahme des als dem zuständigen überörtlichen Sozialhilfeträger vom 21. Juni 2013 beigezogen und diesen durch Beschluss vom 11. November 2013 zum Verfahren beigeladen (Beigeladener zu 3.). Der Senat hat außerdem eine gutachterliche Stellungnahme des MDK vom 17. Oktober 2014 zur Frage des Umfangs des Pflegeaufwands bei der Klägerin veranlasst.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (die Klägerin mit Schriftsatz vom 20. Februar 2015, die Beklagte mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2014, der Beigeladene zu 1. mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2014, die Beigeladene zu 2. mit Schriftsatz vom 2. März 2015 sowie der Beigeladene zu 3. mit Schriftsatz vom 10. Dezember 2014).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der geheimen Beratung waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Beklagten ist teilweise begründet, denn die Klage der Klägerin ist teilweise unzulässig, im Übrigen zum Teil unbegründet.
Hinsichtlich des erstmals im Klageverfahren von der Klägerin verfolgten Anspruchs auf künftige Sachleistungen ist die Klage bereits mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Gegenstand der ablehnenden Entscheidungen der Beklagten waren entsprechend der zugrunde liegenden ärztlichen Verordnungen allein begrenzte, in der Vergangenheit liegende Zeiträume. Über einen Anspruch der Klägerin auf zeitlich unbegrenzte häusliche Krankenpflege hat die Beklagte dagegen mangels entsprechender Antragstellung nicht entschieden. Ein solcher kommt daher von vornherein nicht in Betracht. Dementsprechend ist das erstinstanzliche Urteil bereits insoweit abzuändern und die Leistungsklage der Klägerin insoweit abzuweisen.
Aber auch bezüglich des Anspruchs auf Kostenerstattung hat die Klage der Klägerin nur teilweise Erfolg, denn es besteht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Kostenerstattung für die auf Veranlassung der Beigeladenen zu 2. durch einen privaten Pflegedienst erbrachten Pflege-leistungen in Form der zweimal täglichen Insulininjektionen einschließlich der jeweiligen Blutzuckermessungen an fünf Tagen in der Woche nur in dem tenorierten Umfange. Dabei geht der Senat davon aus, dass der Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung nicht bereits deshalb scheitert, weil diese derzeit noch gar nicht mit den entsprechenden Kosten belastet wurde, da eine entsprechende Ankündigung des Betreibers des Behindertenwohnheims im Raume steht, die von ihm verauslagten Kosten von der Klägerin zurückzufordern.
Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Kostenerstattung ist § 13 Abs. 3 SGB V. Nach dessen Satz 1 ist eine Krankenkasse zur Kostenerstattung verpflichtet, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (Voraussetzung 1) oder sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt (Voraussetzung 2) und dem Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Wie sich aus § 13 Abs. 1 SGB V ergibt, tritt der Kostenerstattungsanspruch an die Stelle des Anspruchs auf eine Sach- oder Dienstleistung; er besteht deshalb nur, soweit die selbst beschaffte Leistung ihrer Art nach zu den Leistungen gehört, die von den gesetzlichen Krankenkassen als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen sind (vgl. BSG, Urteil vom 4. April 2006 - Az.: B 1 KR 7/05 R m.w.N., nach juris). Mit der Durchbrechung des Sachleistungsgrundsatzes (§ 2 Abs. 2 SGB V) trägt § 13 Abs. 3 SGB V dem Umstand Rechnung, dass die gesetzlichen Krankenkassen eine umfassende medizinische Versorgung ihrer Mitglieder sicherstellen müssen (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1, § 27 Abs. 1 Satz 1, § 70 Abs. 1 Satz 1 SGB V) und infolgedessen für ein Versagen des Beschaffungssystems - sei es im medizinischen Notfall (vgl. § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V) oder infolge eines anderen unvorhergesehenen Mangels - einzustehen haben. Dabei muss zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründenden Umstand (bei Voraussetzung 1: Unvermögen zur rechtzeitigen Leistung; bei Voraussetzung 2: rechtswidrige Ablehnung) und dem Nachteil des Versicherten (Kostenlast) ein Kausalzusammenhang bestehen. Nur dann ist die Bedingung des § 13 Abs. 1 SGB V für eine Ausnahme vom Sachleistungsgrundsatz erfüllt (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), vgl. z.B. Urteile vom 20. Mai 2003 – Az.: B 1 KR 9/03 R, in Breithaupt 2004, S. 182 ff. sowie vom 22. März 2005 – Az.: B 1 KR 3 /04 R, nach juris; ebenso h.M. in der Lit., vgl. Noftz in Hauck/Noftz, SGB V – Gesetzliche Krankenversicherung, Kommentar, Stand: März 2005, Bd. 1, K § 13 Rdnr. 54).
Diese Voraussetzungen sind für die allein streitgegenständlichen Zeiträume vom 1. Juli 2008 bis 30. September 2008, vom 1. Januar 2009 bis 31. März 2009 und vom 1. April 2009 bis 30. Juni 2009 nicht erfüllt.
Dabei lässt es der Senat dahinstehen, ob es sich bei den im Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis zur Antragsablehnung am 18. August 2008 erbrachten Pflegemaßnahmen, wie die Vorinstanz meint, um eine unaufschiebbare Leistung gehandelt hat, die die Beklagte nicht rechtzeitig erbringen konnte, und ob die Vorinstanz nicht auch die entsprechenden Zeiträume der beiden anderen streitbefangenen Bewilligungsabschnitte, nämlich vom 1. bis 28. Januar 2009 und vom 1. bis 16. April 2009 hätte entsprechend bewerten müssen. Allerdings wäre fraglich, ob der Senat diesbezüglich der Auffassung der Vorinstanz folgen würde, denn die Klägerin stellte z.B. den Antrag auf Sachleistung für den Zeitraum vom 1. Juli bis 30. September 2008 mit am 30. Juni 2008 bei der Beklagten eingegangenem Antrag. Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 18. August 2008 ab, nachdem sie das Pflegegutachten des MDK vom Mai 2008 beigezogen hatte. Weshalb es der Klägerin, wie das SG meint, unzumutbar gewesen sein sollte, die ärztliche Verordnung über die häusliche Krankenpflege rechtzeitig ausstellen zu lassen und der Beklagten zur Genehmigung zu übersenden, ist nicht nachvollziehbar. Eine plausible Begründung hierfür liegt nicht vor. Auch der Hinweis darauf, dass die Beklagte der Klägerin bereits zuvor mit Widerspruchsbescheid vom 2. Juli 2008 Kosten für häusliche Krankenpflege erstattet hat, begründet keine Unzumutbarkeit, die Entscheidung der Beklagten über den neuerlichen Antrag abzuwarten, denn nach der Gesetzeskonzeption werden die Anspruchsvoraussetzungen für jeden Bewilligungsabschnitt neu geprüft. Damit würde es für diesen Zeitraum bereits am erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der Ablehnung der Leistungsgewährung und der Entstehung von Kosten für die selbst beschaffte Leistung mangeln. Ein Kausalzusammenhang und damit eine Kostenerstattung scheiden nämlich immer dann aus, wenn der Versicherte sich die streitige Behandlung außerhalb des vorgeschriebenen Beschaffungsweges selbst besorgt, ohne sich vorher mit seiner Krankenkasse ins Benehmen zu setzen und deren Entscheidung abzuwarten (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 20. Mai 2003 Az.: B 1 KR 9/03 R, nach juris).
Jedenfalls aber hat die Klägerin gegen die Beklagte hinsichtlich der drei zuvor genannten Zeiträume einen Anspruch auf Übernahme der Kosten für die ärztlich verordnete häusliche Krankenpflege in Form der zweimal täglichen Blutzuckermessungen und Insulininjektionen während ihres Aufenthalts in der Werkstatt für behinderte Menschen der Beigeladenen zu 2. durch einen Pflegedienst. Dies folgt aus der Regelung in Abschnitt V. Nr. 26 der Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von "häuslicher Krankenpflege" nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 und Abs. 7 SGB V in der Fassung vom 16. Februar 2000, zuletzt geändert am 17. Januar 2008/10. April 2008, in Kraft getreten am 11. Juni 2008 (HKP-Richtlinien). Ermächtigungsgrundlage hierfür ist § 37 Abs. 6 SGB V, wonach der Gemeinsame Bundesausschuss in Richtlinien nach § 92 festlegt, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach den Absätzen 1 und 2 auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können. Er bestimmt darüber hinaus das Nähere über Art und Inhalt der verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen nach Abs. 2 Satz 1.
Nach Abschnitt V. Nr. 26 der HKP-Richtlinien übernimmt die Krankenkasse bis zur Entscheidung über die Genehmigung die Kosten für die vom Vertragsarzt verordneten und vom Pflegedienst erbrachten Leistungen entsprechend der vereinbarten Vergütung nach § 132a Abs. 2 SGB V, wenn die Verordnung spätestens an dem dritten der Ausstellung folgenden Arbeitstag der Krankenkasse vorgelegt wird. Das Nähere regeln die Partner der Rahmenempfehlungen nach § 132a Abs. 1 SGB V.
Die erste streitbefangene Verordnung datiert vom 30. Juni 2008 und wurde noch am selben Tag bei der Beklagten vorgelegt. Die zweite Verordnung datiert vom 23. Dezember 2008 und lag spätestens am 29. Dezember 2008, und damit ebenfalls spätestens an dem dritten der Aus-stellung folgenden Arbeitstag der Beklagten vor. Die dritte, am 31. März 2009 ausgestellte Verordnung ging wiederum bereits am selben Tag bei der Beklagten ein.
Somit ist die Beklagte zur Übernahme der Kosten für die drei Zeiträume bis zur jeweiligen Entscheidung über die entsprechenden Sachleistungsanträge der Klägerin verpflichtet. Der Senat hat auch keine Zweifel daran, dass die hier einschlägige Vorschrift der HKP-Richtlinie der Klägerin einen subjektiven Anspruch auf Kostenerstattung vermittelt, nachdem die Beklagte eine Kostenerstattung insgesamt abgelehnt hat und die Klägerin daher mit einer endgültigen Kostentragung gegenüber dem vorleistenden Wohnheimträger zu rechnen hat.
Dagegen hat es die Beklagte für die übrigen streitgegenständlichen Zeiträume nicht rechtswidrig abgelehnt, der Klägerin häusliche Krankenpflege während ihres Aufenthalts in der Werkstatt der Beigeladenen zu 2. als Sachleistung zu gewähren.
Rechtsgrundlage für die Gewährung häuslicher Krankenpflege ist § 37 Abs. 2 SGB V in der ab 1. April 2007 geltenden Fassung. Nach dessen Satz 1 und 2 erhalten Versicherte in ihrem Haushalt, ihrer Familie oder sonst an einem geeigneten Ort, insbesondere in betreuten Wohnformen, Schulen und Kindergärten, bei besonders hohem Pflegebedarf auch in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) als häusliche Krankenpflege Behandlungspflege, wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist; der Anspruch umfasst verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen auch in den Fällen, in denen dieser Hilfebedarf bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach den §§ 14 und 15 SGB XI zu berücksichtigen ist. § 10 WerkstättenVO bleibt danach unberührt: Gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 WerkstättenVO muss die WfbM zur pädagogischen, sozialen und medizinischen Betreuung der behinderten Menschen über begleitende Dienste verfügen, die den Bedürfnissen der behinderten Menschen gerecht werden (vgl. auch § 33 Abs. 6 SGB IX). Für je 120 behinderte Menschen sollen in der Regel ein Sozialpädagoge oder ein Sozialarbeiter zur Verfügung stehen, darüber hinaus im Einvernehmen mit den zuständigen Rehabilitationsträgern pflegerische, therapeutische und nach Art und Schwere der Behinderung sonst erforderliche Fachkräfte (§ 10 Abs. 2 WerkstättenVO). Die besondere ärztliche Betreuung der behinderten Menschen in der Werkstatt und die medizinische Beratung des Fachpersonals der Werkstatt durch einen Arzt, der möglichst auch die an einen Betriebsarzt zu stellenden Anforderungen erfüllen soll, müssen vertraglich sichergestellt sein (§ 10 Abs. 3 WerkstättenVO).
Konkretisiert wird dies gemäß § 37 Abs. 6 SGB V durch die Richtlinie über die Verordnung von Häuslicher Krankenpflege (HKP-RL), die der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz, Satz 2 Nr. 6, Abs. 7 SGB V zur Sicherung der ärztlichen Versorgung über die Gewährung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten beschlossen und dort u.a. festgelegt hat, an welchen Orten und in welchen Fällen Leistungen nach § 37 Abs. 1 und 2 SGB V auch außerhalb des Haushalts und der Familie des Versicherten erbracht werden können (I Nrn. 2 und 6 der HKP-RL in der ab 14. Mai 2000 geltenden Fassung):
"2. [ ] Anspruch auf häusliche Krankenpflege besteht auch an sonstigen geeigneten Orten, an denen sich die oder der Versicherte regelmäßig wiederkehrend aufhält und an denen - die verordnete Maßnahme zuverlässig durchgeführt werden kann und - für die Erbringung der einzelnen Maßnahmen geeignete räumliche Verhältnisse vorliegen (z.B. im Hinblick auf hygienische Voraussetzungen, Wahrung der Intimsphäre, Beleuchtung), wenn die Leistung aus medizinisch-pflegerischen Gründen während des Aufenthaltes an diesem Ort notwendig ist. Orte im Sinne des Satz 2 können insbesondere Schulen, Kindergärten, betreute Wohnformen oder Arbeitsstätten sein. [ ] 6. Für die Zeit des Aufenthalts in Einrichtungen, in denen nach den gesetzlichen Bestimmungen Anspruch auf die Erbringung von Behandlungspflege durch die Einrichtungen besteht (z. B. Krankenhäusern, Rehabilitationseinrichtungen, Hospizen, Pflegeheimen), kann häusliche Krankenpflege nicht verordnet werden. Ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Einzelfall durch die Krankenkassen zu prüfen. Abweichend davon kann häusliche Krankenpflege in Werkstätten für behinderte Menschen verordnet werden, wenn die Intensität oder Häufigkeit der in der Werkstatt zu erbringenden Pflege so hoch ist, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft Kran-kenhausbehandlungsbedürftigkeit vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung gesichert werden kann und die Werkstatt für behinderte Menschen nicht auf Grund des § 10 der Werkstättenverordnung verpflichtet ist, die Leistung selbst zu erbringen. [ ]"
Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nur teilweise erfüllt. Zwar ist die WbfM der Beigeladenen zu 2. ein geeigneter Ort für die Erbringung von häuslicher Krankenpflege i.S.d. § 37 Abs.1 SGB V. Eine Leistungspflicht der Beklagten bestand indes nicht, weil schon der Einrichtungsträger, also die Beigeladenen zu 2., zu den streitgegenständlichen Insulininjektionen einschließlich der jeweiligen Blutzuckermessungen verpflichtet war.
Die Erbringung häuslicher Krankenpflege (auf Kosten der Krankenkasse) am Leistungsort WfbM setzt einen besonders hohen Pflegebedarf voraus (§ 37 Abs. 1 Satz 1 und 2 Satz 1 SGB V). Nach der Gesetzesbegründung kann ein Anspruch gegen die Beklagte auf Leistungen in Form der häuslichen Krankenpflege auch in Werkstätten für behinderte Menschen gegeben sein, "wenn wegen des besonders hohen Pflegebedarfs eines Versicherten die zur Verfügung stehenden pflegerischen Fachkräfte nicht ausreichen. Im Regelfall bleibt es hier aber dabei, dass nach § 10 der WerkstättenVO der pflegerische Bedarf durch die Werkstätten selbst abgedeckt wird." (Bundestags-Drucksache 16/4247, Seite 33f.) Ein besonders hoher Pflegebedarf liegt demnach bei Versicherten vor, deren Pflege mit den Einrichtungen und dem Personal einer WfbM, also deren begleitenden Diensten, nicht ausreichend sichergestellt werden kann. Dies bedeutet nach Abschnitt I Nr. 6 Abs. 2 der HKP-RL, dass die Intensität oder Häufigkeit der in der WfbM zu erbringenden Pflege so hoch sein muss, dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vermieden oder das Ziel der ärztlichen Behandlung gesichert werden kann und die WfbM nicht auf Grund des § 10 WerkstättenVO verpflichtet ist, die Leistung selbst zu erbringen. Nach den genannten Vorschriften ist zu unterscheiden zwischen dem in einer WfbM üblichen Pflegebedarf und dem diesen Rahmen im Einzelfall überschreitenden besonders hohen Pflegebedarf der behinderten Menschen. Den üblichen Pflegebedarf muss die WfbM mit dem Personal ihrer begleitenden Diensten durch Maßnahmen der "kleinen Behandlungspflege" (selbst) decken; dazu gehört regelmäßig etwa die Gabe von Insulinspritzen (vgl. Padé in jurisPK-SGB V, § 37 Rdnr. 34). Dagegen muss die Krankenkasse (bei Erfüllung der Leistungsvoraussetzungen im Übrigen) bei besonders hohem Pflegebedarf die Leistungen der häuslichen Krankenpflege gewähren. Die Regelungen unterscheiden dabei auch nicht danach, ob die medizinischen und therapeutischen Leistungen zur Behandlung der die Behinderung auslösenden Krankheit oder sonstiger Begleiterkrankungen (hier z.B. des Diabetes der Klägerin) erforderlich sind. Entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1. und 3. begründet daher weder die geistige Behinderung der Klägerin und deren daraus resultierende Hilfebedürftigkeit für sich allein, noch die Notwendigkeit für die WfbM, hierfür - wie im Übrigen gerade von der WerkstättenVO nach dem oben Gesagten gefordert - Personal vorhalten zu müssen, eine besonders hohe Pflegebedürftigkeit. Dies ergibt sich vielmehr allein aus der konkreten Krankheit und dem Umfang des hieraus folgenden notwendigen Pflegebedarfs. Nicht nachvollziehbar ist zudem der weitere Vortrag des Beigeladenen zu 1., die Beklagte sei im Wege der Selbstbindung bereits nach der HKP-RL zur Erbringung der beantragten Sachleistung verpflichtet, da, wie oben dargelegt, gerade die HKP-RL in Ab-schnitt I Nr. 6 Abs. 2 nach der Intensität bzw. der Häufigkeit der zu erbringenden Pflege unterscheidet. Ohne Belang ist schließlich im vorliegenden Fall, ob § 10 der WerkstättenVO eine taugliche Anspruchsgrundlage für die Klägerin sein kann, da sie sich jedenfalls nicht an die Beklagte richtet, sondern vielmehr den Einrichtungsträger in die Pflicht nimmt. Keine rechtlichen Bedenken hat der Senat daher, diese Vorschrift zur Abgrenzung der Leistungszuständigkeit heranzuziehen (vgl. ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 2012 - Az.: L 5 KR 1905/10, Rdnrn. 47ff. sowie LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. März 2014 - Az.: L 9 KR 524/12, Rdnr. 63, jeweils nach juris).
In Anwendung dieser Grundsätze besteht bei der Klägerin hinsichtlich der Durchführung der zweimal täglichen Insulininjektionen einschließlich der jeweiligen Blutzuckermessungen an fünf Tagen während des Aufenthalts in der WfbM kein besonders hoher Pflegebedarf nach § 37 Abs. 1 Satz 1 und 2 Satz 1 SGB V. Die streitgegenständlichen subkutanen Injektionen zählen zu den einfachen Leistungen der Behandlungspflege; ihre Durchführung erfordert keine medizinische Fachkraft oder -kenntnisse. Dies ergibt sich aus Nr. 18 des als Anlage zur HKP-RL geführten Leistungsverzeichnisses, wonach subkutane Injektionen überhaupt nur bei Patienten mit erheblichen, z.T. schwerwiegenden funktionellen Einschränkungen (etwa der Sehkraft oder der Feinmotorik) verordnungsfähig sind. Der Richtliniengeber geht somit, wie sich im Umkehrschluss ergibt, davon aus, dass alle anderen Versicherten subkutane Injektionen an sich selbst, ggf. nach Anleitung, durchführen können, medizinische Fachkenntnisse jedoch nicht erforderlich sind. Dass dies auch bezogen auf die Klägerin gilt, ergibt sich dies aus der gutachterlichen Stellungnahme des MDK vom 17. Oktober 2014, wonach diese auf eine sogenannte intensivierte Insulintherapie eingestellt ist, die eine Progression Diabetes assoziierter Spätkomplikationen so weit wie möglich hemmen soll. Die Umsetzung einer intensivierten Insulintherapie ist danach jedoch nicht gleichbedeutend mit einer intensivmedizinischen und/oder intensivpflegerischen Behandlungsmaßnahme. Vielmehr können die zweimal täglich wiederkehrenden behandlungspflegerischen Maßnahmen der Blutzuckermessung, Anpassung der Insulindosis und Applikation des Insulins im zeitlichen Umfang von jeweils ca. 10 Minuten Dauer durch geschulte medizinische Laien, wie z.B. geschulte Betreuungspersonen einer WfbM, erbracht werden, sofern eine Vernetzung mit medizinischem Fachpersonal (behandelnder Hausarzt, Diabetologe und/oder ambulanter Pflegedienst) sichergestellt ist. Die vorliegende Befund- und Verlaufsdokumentation der Klägerin zeigt zwar eindeutig schwankende Blutzuckerwerte, jedoch sind ihr keine Abweichungen vom Behandlungsplan, z.B. durch zusätzlich erforderliche Blutzuckermessungen und/oder Insulingaben zu entnehmen. So weisen auch die im Dokumentationszeitraum applizierten Insulindosen nur sehr geringe Veränderungen auf. Schließlich ist das Auftreten von Komplikationen durch die Geschäftsführerin der Beigeladenen zu 2. im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 25. Januar 2011 verneint worden. Somit kann nach Auffassung des MDK im Falle der Klägerin kein besonders hoher Pflegebedarf festgestellt werden.
Dem schließt sich der Senat an und verweist hinsichtlich des Berufungsvorbringens der Klägerin sowie der Beigeladenen zu 2. ausdrücklich auf die Ausführungen in der gutachterlichen Stellungnahme des MDK, wonach sich aus der Befund- und Verlaufsdokumentation gerade keine Abweichungen vom Behandlungsplan sowie nur sehr geringe Veränderungen der applizierten Insulindosen ergeben, weshalb die Behauptung der Beigeladenen zu 2., dass nur durch den Einsatz einer Pflegefachkraft eine adäquate Behandlung gesichert werden könne, nicht nachvollziehbar ist. Davon, dass der von der Beigeladenen zu 2. beauftragte Pflegedienst seine Arbeit zuverlässig verrichtet, geht der Senat aus. Dies kann im Übrigen auch von den ent-sprechend geschulten Mitarbeitern der Beigeladenen zu 2. erwartet werden, zumal für die Blutzuckerbestimmung sowie die Insulinapplikationen keine medizinische Ausbildung erforderlich ist. Weshalb das vom MDK bewertete Zeitfenster nicht repräsentativ sein soll, wie die Beigeladenen zu 2. behauptet, erschließt sich nicht. Dass es im Laufe der Zeit bei der Klägerin zu schwankenden Blutzuckerwerten gekommen ist, spricht vor dem Hintergrund der vom MDK als ohnehin erforderlich angesehenen Vernetzung mit medizinischem Fachpersonal (behandelnder Hausarzt, Diabetologe und/oder ambulanter Pflegedienst) nicht gegen die Durchführung der Blutzuckerbestimmung sowie der Insulinapplikationen durch entsprechend geschulte Mitarbeiter der Beigeladenen zu 2. Die Gefahr des Auftretens von Komplikationen sowie der begleitenden Behandlung durch den Hausarzt bzw. Diabetologen bis hin zu gegebenenfalls erforderlichen kurzeitigen Klinikaufenthalten trifft gleichermaßen auf nicht behinderte Menschen mit Diabeteserkrankung zu, die die Blutzuckerbestimmung sowie die Insulinapplikationen selbst vornehmen. Dem steht auch der durch die Klägerin vorgelegte "diabetologischen Bericht" der behandelnden Internistin Dipl.-Med. M. vom 5. Januar 2011 nicht entgegen, da dort lediglich die - im Übrigen unbestrittene - Notwendigkeit "der Hilfe zur Insulininjektion, Blutzuckerselbstkontrolle und Einschätzung der notwendigen Insulindosis" beschrieben wird. Insoweit ist dem Beigeladenen zu 1. zu widersprechen, wenn dieser ausführt, die vom MDK als erforderlich angesehene Vernetzung mit medizinischem Fachpersonal übersteige die gesetzliche Vorhaltepflicht der WfbM, da diese das entsprechende Personal nicht "vorhalten", sondern lediglich eine Vernetzung sicherstellen muss. Diese Vernetzung mit entsprechend medizinisch ausgebildetem Fachpersonal dürfte bei Behinderteneinrichtungen ohnehin die Regel sein, zumal § 10 Abs. 3 der WerkstättenVO ausdrücklich die vertragliche Sicherstellung der besonderen ärztlichen Betreuung der behinderten Menschen in der Werkstatt und der medizinischen Beratung des Fachpersonals der Werkstatt durch einen Arzt fordert.
Dem Beigeladenen zu 3. ist entgegen zu halten, dass es dahin stehen kann, ob die hier streit-gegenständlichen Leistungen der Behandlungspflege unter die psychosozialen Hilfen des § 33 Abs. 6 SGB IX oder unter die psychosozialen Hilfen des § 33 Abs. 6 SGB IX zu fassen sind, da sich die entsprechenden Leistungsverpflichtungen nach den §§ 4 bis 6 SGB IX an die Re-habilitationsträger richten und keine Pflichten des jeweiligen Leistungserbringers regeln. Letztere ergeben sich im vorliegenden Fall aber gerade ausdrücklich aus § 37 Abs. 6 SGB V i.V.m. § 10 der WerkstättenVO sowie der HKP-RL, so dass es auch unerheblich ist, ob es sich bei der Versorgung der Klägerin mit Insulin - wie vom Beigeladenen zu 3. in Frage gestellt - um eine medizinische Rehabilitationsleistung handelt, die in der WbfM zu erbringen wäre. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, dass weder der geltende Rahmenvertrag von 2005, noch die Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung nach § 75 Abs. 3 SGB XII von 2008 eine entsprechende Verpflichtung der WbfM enthielten, so dass, worauf die Beigeladene zu 2. hinweist, nach dem Stellenschlüssel auch keine entsprechenden Fachkräfte vorgehalten werden, weil der Beigeladenen zu 3. als zuständiger Kostenträger entsprechende Verhandlungen über mehr Personal ablehnt. Dies kann jedenfalls nicht entgegen dem Gesetzes- bzw. Verordnungswortlaut zu einer Verlagerung der Leistungszuständigkeit auf die Antragsgegnerin mittels entsprechender vertraglicher Regelungen führen. Andernfalls hätten es die WbfM und die dort Beschäftigten in der Hand, Inhalt und Umfang der zu erbringenden Leistungen selbst zu bestimmen und Leistungen zu Lasten anderer Kostenträger, hier der beklagten Krankenversicherung, auszugliedern. Erforderlichenfalls haben die Beigeladenen die Vereinbarung und die Personalausstattung des Beigeladenen zu 2. der Rechtslage nach der Neufassung des § 37 SGB V anzupassen.
Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Beklagte nicht nach § 14 SGB IX als erstangegangener Rehabilitationsträger zur Leistungserbringung verpflichtet ist. Zwar wäre nach § 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX jedenfalls auch der Beigeladene zu 1. grundsätzlich zur Erbringung sowohl der psychosozialen Hilfen des § 33 Abs. 6 SGB IX als auch der psychosozialen Hilfen des § 33 Abs. 6 SGB IX zuständig. Hier trifft jedoch § 37 Abs. 6 SGB V i.V.m. § 10 der WerkstättenVO sowie der HKP-RL eine abweichende Regelung dergestalt, dass bei Fehlen eines besonders hohen Pflegebedarfs die WbfM als Leistungserbringer zuständig ist und der Beigeladene zu 1. zusammen mit dem Beigeladenen zu 3. lediglich mittelbar im Wege der Finanzierung der WbfM beteiligt ist. Da die WbfM jedoch kein Rehabilitationsträger i.S.d. § 14 SGB IX ist, findet hier § 14 SGB IX keine Anwendung. Dementsprechend kann auch mangels Einbeziehung in den Kreis der in Betracht kommenden Beigeladenen keine Verurteilung des Trägers der WbfM nach § 75 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes erfolgen.
Somit war das erstinstanzliche Urteil wie geschehen abzuändern sowie die Beklagte zur teil-weisen Leistung zu verurteilen und im Übrigen die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei waren der Beklagten die außergericht-lichen Kosten der Klägerin zu einem Drittel aufzuerlegen, da die Klägerin mit etwa einem Drittel der Zeiten, für die sie von der Beklagten die Erstattung der ihr in diesen Zeiten entstandenen Kosten der häuslichen Krankenpflege verlangt, obsiegt hat. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. waren im selben Umfang für erstattungsfähig zu erklären, da sie mit ihrer Antragstellung zu erkennen gegeben hat, dass sie auf Seiten der insoweit teilweise obsiegenden Klägerin streitet.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
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