L 6 KR 966/15 NZB

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Meiningen (FST)
Aktenzeichen
S 16 KR 585/14
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 KR 966/15 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 23. Juni 2015 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt. Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Kosten in Höhe von 309,40 EUR für ein Tätigwerden des Prozessbevollmächtigten des Klägers gegenüber der Beklagten streitig.

Der 1959 geborene Kläger fuhr im Anschluss an eine stationäre Behandlung in J. am 26. April 2013 aufgrund ärztlicher Verordnung mit dem Taxiunternehmen U. M. (im Folgenden: Taxiunternehmen) nach Hause. Die Beklagte lehnte gegenüber dem Taxiunternehmen mit Schreiben vom 13. Juni 2013 die Übernahme der in Rechnung gestellten Fahrtkosten in Höhe von 136,60 EUR ab. Mit Schreiben vom 13. Juni 2013 teilte sie dem Kläger mit, dass es sich bei dem Taxiunternehmen nicht um einen ihrer Vertragspartner handele. Der Unternehmer hätte die Fahrt nicht durchführen dürfen, sondern ihn an einen ihrer Vertragspartner verweisen müssen. Aus diesem Grund habe sie die Rechnung an das Unternehmen zurückgegeben. Sollte das Unternehmen ihm die Beförderung in Rechnung stellen, sei er nicht verpflichtet, diese Rechnung zu begleichen. Hiergegen erhob der Kläger am 12. Juli 2013 Widerspruch. Die Beklagte informierte den Kläger darüber, dass eine Abrechnung mit dem Taxiunternehmen nicht möglich sei. Er könne gegebenenfalls selbst einen Antrag auf Erstattung von Fahrtkosten stellen. Mit Schreiben vom 21. August 2013 teilte sie ihm mit, zwischenzeitlich habe eine Abrechnung mit dem Taxiunternehmen erfolgen können. Mit Schreiben vom 24. September 2013 teilte sie ihm mit, dem Widerspruch vom 12. Juli 2013 werde abgeholfen und die Ausgangsentscheidung aufgehoben. Daraufhin reichte der Kläger bei der Beklagten die Kostennote seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 309,40 EUR ein. Mit Bescheid vom 25. November 2013 lehnte die Beklagte die Erstattung der Kosten nach § 63 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ab, weil es sich bei dem Schreiben vom 13. Juni 2013 nicht um einen Verwaltungsakt gehandelt habe und somit ein Widerspruch nicht möglich gewesen sei. Den hiergegen gerichteten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 17. Februar 2014 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 21. März 2014 Klage beim Sozialgericht (SG) erhoben und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt. Die Ablehnung der Übernahme der Kosten habe sehr wohl Außenwirkung für ihn entfaltet. Die Beklagte habe einen Abhilfebescheid erlassen und den entsprechenden Betrag an das Taxiunternehmen gezahlt. Mit Schriftsatz vom 29. September 2014 haben sich die Beklagte und mit Schriftsatz vom 30. September 2014 der Kläger mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Mit Urteil vom 23. Juni 2015 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, bei dem Schreiben der Beklagten vom 13. Juni 2013 habe es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 SGB X gehandelt, sondern um eine Mitteilung gegenüber dem Taxiunternehmen. Die Berufung hat das SG nicht zugelassen.

Am 24. Juli 2015 hat der Kläger Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt, PKH für das erstinstanzliche Verfahren begehrt und die Bewilligung von PKH für das Beschwerdeverfahren beantragt. Es liege ein schwerer Verfahrensmangel vor, weil das SG vor Erlass des Urteils über den entscheidungsreifen Antrag auf Gewährung von PKH nicht entschieden habe.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Meiningen vom 23. Juni 2015 zuzulassen und ihm für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt A. M., , S., zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Nichtzulassungsbeschwerde zurückzuweisen.

Sie vertritt die Ansicht, die Voraussetzungen für eine Berufungszulassung lägen nicht vor.

Mit Beschluss vom 18. August 2015, zugestellt am 11. September 2015 hat das SG die Bewil-ligung von PKH für das erstinstanzliche Verfahren aus den im Urteil vom 23. Juni 2015 genannten Entscheidungsgründen abgelehnt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird ergänzend auf den Inhalt der Beschwerdeakte sowie der beigezogenen Prozessakte des SG Meiningen (Az.: S 16 KR 585/14) und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der Entscheidung war.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde, die auf den Berufungszulassungsgrund nach § 144 Abs. 2 Nr. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) gestützt wird, ist unbegründet.

Nach § 145 Abs. 1 SGG kann die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht durch Beschwerde angefochten werden. Nach § 144 Absatz 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes (1) bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 Euro nicht übersteigt. Die Berufung bedurfte hier der Zulassung durch das SG, weil der Streitwert 309,40 Euro beträgt. Das SG hat sie nicht zugelassen.

Berufungszulassungsgründe nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 SGG hat der Kläger nicht geltend gemacht und sind für den Senat auch nicht ersichtlich.

Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensmangels, auf dem das Urteil des Sozialge-richts vom 23. Juni 2015 beruhen kann, zuzulassen.

Soweit der Kläger geltend macht, das SG habe vor der Entscheidung über seine Klage durch Urteil vom 23. Juni 2015 nicht über den von ihm gestellten Antrag auf PKH entschieden, ist nicht erkennbar, dass ein Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs in einer Nicht-zulassungsbeschwerde erfolgreich gerügt werden könnte. Fehler bei der Ablehnung von PKH führen nicht zu einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, wenn zwar die Ablehnung verfahrensfehlerhaft zustande gekommen ist, in der Sache aber zu keinem Zeitpunkt eine Gewährung von PKH für das erstinstanzliche Verfahren in Betracht gekommen und die Ablehnung deswegen im Ergebnis nicht zu beanstanden ist (vgl. BSG, Beschluss vom 25. Juli 2013 - Az.: B 14 AS 101/13 B m.w.N., nach juris). So liegt der Fall hier. Auch wenn die Entscheidung über den PKH-Antrag erst nach der Entscheidung über das Klagebegehren verfahrensfehlerhaft ist, ist nicht erkennbar, unter welchem Gesichtspunkt für das erstinstanzliche Verfahren eine hinreichende Erfolgsaussicht nach § 73a SGG i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) bestanden haben sollte. Danach erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Ein Rechtsschutzbegehren hat dann im Sinne des § 114 ZPO hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn die Entscheidung in der Hauptsache von der Beantwortung einer schwierigen bislang ungeklärten Rechtsfrage abhängt oder wenn der entscheidungserhebliche Sachverhalt unübersichtlich ist oder weiterer Klärung bedarf und das Gericht im Zeitpunkt der Entscheidung über den PKH-Antrag den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist. Umgekehrt kann die Erfolgsaussicht verneint werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. BSG, Beschluss vom 4. Dezember 2007 - Az.: B 2 U 165/06 B m.w.N., nach juris).

Bezüglich des klägerischen Begehrens, dass die Beklagte ihm Kosten in Höhe von 309,40 EUR zu erstatten habe, bestand keine hinreichende Erfolgsaussicht in diesem Sinne. Als An-spruchsgrundlage kommt hier nur § 63 SGB X in Betracht. Danach hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist.

Die Vorschrift regelt die Erstattung nur der im Widerspruchsverfahren entstandenen Kosten. Die Statthaftigkeit eines Widerspruchs setzt voraus, dass er sich gegen einen Verwaltungsakt nach § 31 SGB X richtet (vgl. Leitherer in Meyer Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 83 Rn. 3). Das Schreiben der Beklagten vom 13. Juni kann nach seinem Inhalt nicht als Verwaltungsakt i.S.d. § 31 SGB X ausgelegt werden. Die Beklagte hat den Kläger mit diesem Schreiben lediglich darüber informiert, dass die Rechnung des Taxiunternehmens nicht beglichen wurde und er nicht verpflichtet ist, diese Rechnung zu begleichen, sollte sich das Taxiunternehmen an ihn wenden.

Das Schreiben der Beklagten vom 13. Juni 2013 ist auch kein "bloß formeller Verwaltungsakt", der zwar die Kriterien des § 31 SGB X nicht erfüllt und daher materiell-rechtlich kein Verwaltungsakt ist, der aber als Verwaltungsakt nur im prozessrechtlichen Sinn des § 31 SGB X aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes (GG)) gleichfalls mit dem Widerspruch angegriffen werden kann. Die Beklagte hat jedoch das formlose Schreiben weder als förmlichen "Bescheid" ausgestaltet, noch auch nur eine Rechtsbehelfsbelehrung angefügt (vgl. BSG, Urteil vom 18. Januar 2011 - Az.: B 2 U 15/10 R, nach juris). Die Beklagte durfte daher am 24. September 2013 auch keinen "Abhilfebescheid" erlassen, weil mit diesem nur einem statthaften Widerspruch abgeholfen werden kann (vgl. Leitherer, a.a.O., § 83 Rn. 7). Ein solcher Verwaltungsakt lag aber nicht vor, demgemäß auch kein "Widerspruch" dagegen. Mangels statthaften Widerspruchs kommt daher eine Kostenerstattung für das "Widerspruchsverfahren" nicht in Betracht.

Der Antrag auf Bewilligung von PKH für das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung war aus den genannten Gründen mangels Erfolgsaussicht nach § 114 ZPO ebenfalls abzulehnen.

Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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