Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 28 SF 3525/15 E
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 SF 1493/16 B
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gotha vom 17. November 2016 (S 28 SF 3525/15 E) aufgehoben und die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung der Beschwerdegegnerin für das Verfahren S 28 AS 3875/13 auf 1.399,68 EUR festgesetzt. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Gotha (Az.: S 28 AS 3875/13) der von der Beschwerdegegnerin vertretenen Klägerinnen zu 1. und 2.
Die durch die Beschwerdegegnerin vertretenen Klägerinnen hatten gegen den Bescheid der Beklagten vom 12. März 2010 (teilweise Aufhebung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. April 2005 bis 30. November 2007 wegen der Erzielung von Einkommens durch eBay-Geschäfte - Erstattungsforderung 2.971,85 EUR) unter dem 6. April 2010 Widerspruch erhoben. Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2010 hatte die Beschwerdegegnerin das Angebot der Beklagten vom 3. Juni 2013, die Rückforderung aus dem angefochtenen Bescheid um ein Drittel zu reduzieren abgelehnt, um eine erneute Prüfung des Sachverhalts und eine rechtsmittelfähigen Entscheidung gebeten. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2013). Am 5. August 2013 erhob die Beschwerdegegnerin unter Vorlage einer Prozessvollmacht der Klägerin zu 1. vom 6. April 2010, Klage beim SG. Zur Begründung führte sie aus, nachdem die Klägerin zu 1. das Angebot des Beklagten nicht habe annehmen wollen, habe diese den Widerspruch zurückgewiesen. Der Beklagte möge zunächst die von der Aufhebung betroffenen Bescheide nebst Berechnungsbögen zur Verfügung stellen. Mit weiterem Schriftsatz beanstandete die Beschwerdegegnerin, dass nicht alle zu Grunde liegenden Bewilligungsbescheide aufgehoben worden seien und deshalb der angefochtene Bescheid nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) sei. Mit Schrift-satz vom 30. Juli 2014 bat sie um eine Verlängerung der Frist zur Stellungnahme, mit weite-rem Schriftsatz beantragte sie die Aufhebung des anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung wegen Verhinderung.
Mit Beschluss vom 6. Januar 2015 lehnte das SG den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) ab. Auf die Beschwerde der Klägerinnen hob das Thüringer Landessozialgericht (LSG) den Beschluss des SG auf und bewilligte den Klägerinnen PKH für das erstinstanzliche Verfahren unter Beiordnung der Beschwerdegegnerin ohne Kostenbeteiligung. Mit Schriftsatz vom 20. Mai 2015 führte die Beschwerdegegnerin zur Begründung der Klage aus, der Lebensgefährte der Klägerin zu 1. habe deren Internet-Account für eigene eBay-Geschäfte genutzt. Die Klägerin zu 1. habe aus diesen Geschäften jedoch keine Einkünfte bezogen; das eingeleitete Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Meiningen (120 Js 28388/09) sei nach § 153a der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt worden. Die Staatsanwaltschaft Meiningen reichte den Schriftsatz der Beschwerdegegnerin zu den Akten, mit dem sie Akteneinsicht in die Ermittlungsakte beantragt hatte, die durch das SG gewährt wurde. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23. Juni 2015, der von 8:35 Uhr bis 10:07 Uhr dauerte, wurde die Mutter der Klägerin zu 1. als Zeugin vernommen. Die Beteiligten schlossen einen Vergleich dahingehend, dass der Bescheid vom 12. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2013 gegenüber der Klägerin zu 2. ganz aufgehoben und gegenüber der Klägerin zu 1. die Erstattungsforderung auf 600,00 EUR abgesenkt wird.
Unter dem 4. Mai 2015 beantragte die Beschwerdegegnerin zunächst die Festsetzung folgen-der Gebühren:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG, Gebührenerhöhung Nr. 1008 VV 390,00 EUR Pauschale für Post und Telekommunikation 20,00 EUR Zwischensumme 410,00 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 77,90 EUR Summe 487,90 EUR
Unter dem 23 Juni 2015 beantragte sie die Festsetzung folgender Gebühren für das Klageverfahren: Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG, Gebührenerhöhung Nr. 1008 VV RVG wegen zwei Auftraggebern 552,50 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 395,00 EUR Einigungsgebühr Nr. 1005, 1006 VV RVG 425,00 EUR Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG am 23. Juni 2015 25,20 EUR Tage- und Abwesenheitsgeld für bis zu vier Stunden Nr. 7005 VV RVG 25,00 EUR Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Zwischensumme 1.442,70 EUR Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 274,11 EUR Summe 1.716,81 EUR
Da die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerinnen besonders hoch gewesen sei, könne unter Berücksichtigung des § 14 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) nicht von der Mittelgebühr ausgegangen werden. Für eine außergerichtliche Vertretung desselben Gegen-stands habe sie keine Geschäftsgebühr erhalten. Beratungshilfe sei in Höhe von 99,96 EUR ge-zahlt worden.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss (richtig: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) vom 27. Juli 2015 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) die zu zahlende Vergütung aus der Staatskasse auf 1.399,68 EUR fest (Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 320,00 EUR, weitere Auftraggeber Nr. 1008 VV RVG 96,00 EUR, Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 350,00 Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 380,00 EUR, Auslagen/Pauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR, Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG 20,00 EUR, Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG 25,20 EUR, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 230,13 EUR, Anrechnung hälftige Beratungshilfegebühr 41,65 EUR). Anwendbar sei das RVG in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung, da die unbedingte Auftragserteilung zur Klageerhebung laut Vollmacht bereits am 6. April 2010 erfolgt und die Beschwerdegegnerin bereits im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren tätig gewesen sei. Unter Berücksichtigung der Kriterien zu § 14 RVG werde bezüglich der Verfahrens-, der Termins- und der Einigungsgebühr die Höchstgebühr als angemessen erachtet.
Gegen die Kostenfestsetzung hat die Beschwerdegegnerin am 17. August 2015 Erinnerung eingelegt und vorgetragen, es sei richtig, dass die Vollmacht vom 6. April 2010 datiere. Diese Vollmacht sei von der Klägerin zu 1. jedoch zu Beginn der Beauftragung unterzeichnet worden. Nachdem der eingelegte Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen wurde, sei am 16. Dezember 2013 Klage zum SG erhoben worden. Erst zu diesem Zeitpunkt sei ihr der gerichtliche Auftrag erteilt worden, so dass die Rechtsanwaltsgebühren nach dem ab 1. August 2013 geltenden Rechtsanwaltsvergütungsgesetz entstanden seien.
Die Kammervorsitzende hat dem Beschwerdeführer einen Hinweis dahingehend erteilt, dass es hier auf den Zeitpunkt der Vollmachterteilung nicht ankomme, folglich die Gebühren sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz in der seit 1. August 2013 geltenden Fassung rich-teten. Der Beschwerdeführer hat die Auffassung vertreten, Widerspruch und Klage seien keine Rechtsmittel. Mithin sei auf die Klage vom 5. August 2013 § 60 Abs. 1 Satz 2 RVG nicht anwendbar. Werde eine (General) Vollmacht vor dem 1. August 2013 erteilt und im weiteren Verfahrensgang keine andere Vollmacht erteilt oder auf andere Art und Weise eine spätere Auftragserteilung nachgewiesen, finde das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz in der Fassung vor dem 1. August 2013 Anwendung. Der Erinnerung werde nicht abgeholfen. Die Beschwerdegegnerin hat sich dem Hinweis das SG angeschlossen und nach Hinweis des SG ausgeführt, vor der Klageerhebung am 5. August 2013 habe eine telefonische Rücksprache mit der Klägerin zu 1. stattgefunden, die sodann den Klageauftrag erteilt habe. Eine gesonderte schriftliche Vollmacht sei durch die Klägerin zu 1. nicht unterschrieben worden.
Mit Beschluss vom 17. November 2016 hat das SG die aus der Staatskasse zu erstattende Gebühr für das Klageverfahren auf 1.675,16 EUR festgesetzt und die Erinnerung im Übrigen zurückgewiesen. Nicht zu beanstanden sei, dass die Beschwerdegegnerin die Gebühren nach dem RVG in der seit 1. August 2013 geltenden Fassung angesetzt habe. Dies ergebe sich aus § 60 Abs. 1 RVG. Für Rechtsmittel, die nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung eingelegt worden seien, gelte § 60 Abs. 1 Satz 2 RVG. Ungeachtet dessen stelle die Vollmacht vom 6. April 2010 keine unbedingte Beauftragung zur Klageerhebung dar. Die von der Beschwer-degegnerin angesetzten Gebühren jeweils in Höhe der Mitte zwischen Mittel- und Höchstge-bühr seien nicht zu beanstanden. Zur Begründung werde in entsprechender Anwendung des § 136 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf die insoweit zutreffenden Ausführungen in der Vergütungsfestsetzung vom 27. Juli 2015 verwiesen.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 28. November 2016 Beschwerde erhoben. Er bean-trage die Festsetzung der Vergütung auf 1.399,68 EUR. Er wiederholt seine Ausführungen aus dem Erinnerungsverfahren. Mit Zugang des Widerspruchsbescheides an die Beschwerdegeg-nerin sei die aufschiebende Bedingung zur Klageerhebung weggefallen und es habe ein unbedingter Auftrag vorgelegen. Dass am 5. August 2013 eine telefonische Rücksprache mit der Klägerin zu 1. stattgefunden habe, ändere nichts daran, dass bereits ein unbedingter Klageauftrag vorgelegen habe. Es entspreche vielmehr der anwaltlichen Sorgfaltspflicht die Mandantin über die beabsichtigte Klageerhebung zu informieren. Die Beschwerdegegnerin verweist auf die Gründe des erstinstanzlichen Beschlusses vom 17. November 2016.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 5. Dezember 2016) und die Akten dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Zuständig für die Entscheidung ist nach der aktuellen Geschäftsverteilung des Thüringer Landessozialgerichts i.V.m. der Geschäftsverteilung des 1. Senats die Berichterstatterin des Senats. Anzuwenden ist das RVG in der Fassung bis 31. Juli 2013 (a.F.), denn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit ist vor diesem Zeitpunkt erfolgt (§ 60 Abs. 1 S 1 RVG). Nach § 60 Abs. 1 RVG ist die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt bestellt oder beigeordnet worden ist (Satz 1). Ist der Rechtsanwalt im Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Gesetzesänderung in derselben Angelegenheit bereits tätig, ist die Vergütung für das Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach diesem Zeitpunkt eingelegt worden ist, nach neuem Recht zu berechnen (Satz 2).
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist § 60 Abs. 1 Satz 2 RVG hier nicht einschlägig. Bei der Klage handelt es sich nicht um ein Rechtsmittel. Rechtsmittel sind Berufung, Revision, Beschwerde einschließlich Nichtzulassungsbeschwerde, die prozessuale Mittel sind, um die gerichtliche Entscheidung durch eine höhere Instanz überprüfen zu lassen. Rechtsbehelfe, aber keine Rechtsmittel, sind Widerspruch und Klage (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller Leitherer/Schmidt SGG 12. Auflage 2017, § 66 Rn. 2).
Die Beiordnung der Beschwerdegegnerin in dem PKH-Verfahren ist erst nach dem 1. August 2013 erfolgt. Der unmittelbare Auftrag zur Klageerhebung ist jedoch bereits vor dem 1. Au-gust 2013 erfolgt.
Maßgebend ist der Zeitpunkt des Auftrags, nicht der Zeitpunkt der Vollmachtserteilung. Die Vollmachtserteilung kann jedoch als Indiz für einen Auftrag gewertet werden. Aufträge zur außergerichtlichen Tätigkeit und eventuellen Prozessführung stellen sich als unbedingter Auftrag zur außergerichtlichen Tätigkeit und als bedingter (bedingt durch das Scheitern der außergerichtlichen Tätigkeit) Auftrag zur Prozessführung dar (vgl. Mayer, in Gerold/Schmidt RVG, 23. Auflage 2017, § 60 Rn. 6).
Bei dem Widerspruchs- und Klageverfahren handelt es sich um verschiedene Angelegenheiten im Sinne des § 17 Nr. 1 und Nr. 1a RVG. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Der unbedingte Auftrag zur Erhebung des Widerspruchs ist unstreitig vor dem 1. August 2013 erfolgt. Hierfür hat sich die Beschwerdegegnerin eine uneingeschränkte Prozessvollmacht der Klägerin zu 1. erteilen lassen. Der bedingte Auftrag zur Klageerhebung, hat sich dann in einen unbedingten Auftrag gewandelt.
Hierfür sprechen die dem Sachverhalt zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände. Als Nachweis ihres Rechts, die Klägerinnen im Klageverfahren zu vertreten, hat die Beschwerdegegnerin die bereits am 6. April 2010 für das Widerspruchsverfahren erteilte Prozessvollmacht vorgelegt. Das Widerspruchsverfahren war erfolglos. Der Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2013 ist der Beschwerdegegnerin spätestens am 15. Juli 2013 - also vor dem Stichtag am 1. August 2013 - zugegangen. Eine gesonderte Prozessvollmacht wurde ihr für das Klageverfahren durch die Klägerinnen nicht erteilt. Dies war auch nicht notwendig, weil die Prozessvollmacht vom 6. April 2010 das - im Falle des Scheiterns im Vorverfahren - Klageverfahren bereits umfasste. Noch unter dem 18. Juni 2013 hatten die Klägerinnen ein Vergleichsangebot der Beklagten, dass eine Reduzierung des Erstattungsanspruchs um ein Drittel bedeutet hätte, abgelehnt und um eine rechtsmittelfähige Entscheidung gebeten. Insoweit ist die Behauptung der Beschwerdegegnerin, sie habe erst am 5. August 2013 den unbedingten Auftrag zur Klageerhebung erhalten, nicht glaubhaft. Nachweise hierfür hat sie auch nicht vorgelegt. Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft und zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 Euro. Die Beschwerde ist begründet. Die aus der Staatskasse im Rahmen der PKH zu zahlende Vergütung der Beschwerdegegnerin ist auf 1.399,68 EUR festzusetzen. Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbar-keit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebüh-ren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Das LSG hatte den Klägerinnen mit Beschluss vom 16. April 2015 PKH für das Klageverfahren gewährt und sie waren kostenprivilegierte Beteiligte i.S.d. § 183 Satz 1 SGG. Damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach herrschender Meinung ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R m.w.N., Thüringer LSG, Beschluss vom 26. November 2014 - L 6 SF 1079/14 B m.w.N., nach juris). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Thüringer LSG, Beschluss 14. Februar 2011 - L 6 SF 1376/10 B, nach juris); dann erfolgt eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren.
Die Höhe der Gebühr Nr. 3103 VV RVG a.F. (Gebührenrahmen 20,00 bis 320,00 EUR) ist mit 425,00 EUR überhöht. Sie überschreitet die in Nr. 3103 VV RVG vorgesehene Höchstgebühr. Der Beschwerdegegnerin steht nur eine Gebühr in Höhe von 245,00 EUR (Hälfte zwischen Mittel- und Höchstgebühr) zu. Die von der UdG festgesetzte Höchstgebühr ist ebenfalls nicht angemessen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war im Vergleich mit den übrigen sozi-algerichtlichen Verfahren (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 18. August 2011 - L 6 SF 872/11 B) überdurchschnittlich. Die Beschwerdegegnerin fertigte acht Schriftsätze, von denen einige nur organisatorische Angelegenheiten betrafen, und nahm Einsicht in die beigezogenen Akten des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens gegen die Klägerin zu 1. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit war leicht überdurchschnittlich. Die Bedeutung der Angelegenheiten für die Klägerinnen als Bezieherinnen von Leistungen nach dem SGB II war angesichts der Erstattungsforderung insgesamt deutlich überdurchschnittlich. Die geringen Einkommens- und Vermögensverhältnisse und das allenfalls geringe Haftungsrisiko sind korrigierend zu berücksichtigen. Die Erhöhungsgebühr (Nr. 1008 VV RVG) beträgt für eine weitere Beteiligte 73,50 EUR (30 v.H.).
Die Höhe der Terminsgebühr (Gebührenrahmen 20,00 bis 380,00 EUR) Nr. 3106 VV RVG a.F. ist in Höhe der Höchstgebühr (380,00 EUR) festzusetzen. Die von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte Gebühr in Höhe von 395,00 EUR ist in Nr. 3106 VV-RVG nicht vorgesehen. Sie überschreitet die Höchstgebühr. Der Senat hält wie die UdG die Höchstgebühr in Höhe von 380,00 EUR hier für akzeptabel. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, der sich nach der Dauer des Termins richtet, erreicht hier 92 Minuten. Dies entspricht einem weit überdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 6. März 2008 - L 6 B 198/07 SF, nach juris). Hinsichtlich der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerinnen, deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse und der Haftung wird auf die Ausführungen zur Verfahrensgebühr verwiesen.
Die Erledigungsgebühr Nr. 1002, 1006 VV RVG a.F. ist in Höhe (Gebührenrahmen 30,00 bis 350,00 Euro) von 270,00 EUR (Hälfte zwischen Mittel- und Höchstgebühr) festzusetzen. Die von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte Vergütung in Höhe von 425,00 EUR ist in Nr. 1006 VV RVG nicht vorgesehen. Sie überschreitet den vorgesehenen Rahmen. Bezüglich des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerinnen verweist der Senat auf die Ausführungen zur Verfahrensgebühr.
Zu vergüten sind weiter die zwischen den Beteiligten nicht streitige Pauschale Nr. 7002 VV RVG, die Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG, das Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG und die Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG. Die nach Nr. 2500 ff. VV RVG entstandene Beratungshilfegebühr in Höhe von 84,00 EUR (99,96 EUR abzüglich der Umsatzsteuer) ist zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr anzurechnen. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 270,00 EUR Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV RVG 73,50 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 380,00 EUR Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 270,00 EUR Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG 25,20 EUR Tage- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG 20,00 EUR Auslagen/Pauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Anrechnung Beratungshilfe -42,00 EUR Zwischensumme 1.016,70 EUR Umsatzsteuer 193,17 EUR Summe 1.209,87 EUR
Einer Kürzung der Vergütung auf diesen Betrag steht allerdings der Grundsatz der "reformatio in peius" entgegen. Der Beschwerdeführer hat im erstinstanzlichen Verfahren keine Erinnerung gegen die Vergütungsfestsetzung der UdG eingelegt und (dementsprechend) seine Beschwerde darauf beschränkt, die Vergütung in Höhe des durch die UdG festgesetzten Betrages in Höhe von 1.399,68 EUR festzusetzen. Eine Herabsetzung der Vergütung unter diesen Betrag ist in diesem Fall weder im Erinnerungs- noch im Beschwerdeverfahren möglich.
Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG). Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Gründe:
I.
Streitig ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) Gotha (Az.: S 28 AS 3875/13) der von der Beschwerdegegnerin vertretenen Klägerinnen zu 1. und 2.
Die durch die Beschwerdegegnerin vertretenen Klägerinnen hatten gegen den Bescheid der Beklagten vom 12. März 2010 (teilweise Aufhebung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. April 2005 bis 30. November 2007 wegen der Erzielung von Einkommens durch eBay-Geschäfte - Erstattungsforderung 2.971,85 EUR) unter dem 6. April 2010 Widerspruch erhoben. Mit Schriftsatz vom 18. Juni 2010 hatte die Beschwerdegegnerin das Angebot der Beklagten vom 3. Juni 2013, die Rückforderung aus dem angefochtenen Bescheid um ein Drittel zu reduzieren abgelehnt, um eine erneute Prüfung des Sachverhalts und eine rechtsmittelfähigen Entscheidung gebeten. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2013). Am 5. August 2013 erhob die Beschwerdegegnerin unter Vorlage einer Prozessvollmacht der Klägerin zu 1. vom 6. April 2010, Klage beim SG. Zur Begründung führte sie aus, nachdem die Klägerin zu 1. das Angebot des Beklagten nicht habe annehmen wollen, habe diese den Widerspruch zurückgewiesen. Der Beklagte möge zunächst die von der Aufhebung betroffenen Bescheide nebst Berechnungsbögen zur Verfügung stellen. Mit weiterem Schriftsatz beanstandete die Beschwerdegegnerin, dass nicht alle zu Grunde liegenden Bewilligungsbescheide aufgehoben worden seien und deshalb der angefochtene Bescheid nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) sei. Mit Schrift-satz vom 30. Juli 2014 bat sie um eine Verlängerung der Frist zur Stellungnahme, mit weite-rem Schriftsatz beantragte sie die Aufhebung des anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung wegen Verhinderung.
Mit Beschluss vom 6. Januar 2015 lehnte das SG den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) ab. Auf die Beschwerde der Klägerinnen hob das Thüringer Landessozialgericht (LSG) den Beschluss des SG auf und bewilligte den Klägerinnen PKH für das erstinstanzliche Verfahren unter Beiordnung der Beschwerdegegnerin ohne Kostenbeteiligung. Mit Schriftsatz vom 20. Mai 2015 führte die Beschwerdegegnerin zur Begründung der Klage aus, der Lebensgefährte der Klägerin zu 1. habe deren Internet-Account für eigene eBay-Geschäfte genutzt. Die Klägerin zu 1. habe aus diesen Geschäften jedoch keine Einkünfte bezogen; das eingeleitete Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Meiningen (120 Js 28388/09) sei nach § 153a der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt worden. Die Staatsanwaltschaft Meiningen reichte den Schriftsatz der Beschwerdegegnerin zu den Akten, mit dem sie Akteneinsicht in die Ermittlungsakte beantragt hatte, die durch das SG gewährt wurde. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 23. Juni 2015, der von 8:35 Uhr bis 10:07 Uhr dauerte, wurde die Mutter der Klägerin zu 1. als Zeugin vernommen. Die Beteiligten schlossen einen Vergleich dahingehend, dass der Bescheid vom 12. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Juli 2013 gegenüber der Klägerin zu 2. ganz aufgehoben und gegenüber der Klägerin zu 1. die Erstattungsforderung auf 600,00 EUR abgesenkt wird.
Unter dem 4. Mai 2015 beantragte die Beschwerdegegnerin zunächst die Festsetzung folgen-der Gebühren:
Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG, Gebührenerhöhung Nr. 1008 VV 390,00 EUR Pauschale für Post und Telekommunikation 20,00 EUR Zwischensumme 410,00 EUR Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 77,90 EUR Summe 487,90 EUR
Unter dem 23 Juni 2015 beantragte sie die Festsetzung folgender Gebühren für das Klageverfahren: Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG, Gebührenerhöhung Nr. 1008 VV RVG wegen zwei Auftraggebern 552,50 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 395,00 EUR Einigungsgebühr Nr. 1005, 1006 VV RVG 425,00 EUR Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG am 23. Juni 2015 25,20 EUR Tage- und Abwesenheitsgeld für bis zu vier Stunden Nr. 7005 VV RVG 25,00 EUR Pauschale für Post und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Zwischensumme 1.442,70 EUR Mehrwertsteuer Nr. 7008 VV RVG 274,11 EUR Summe 1.716,81 EUR
Da die Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerinnen besonders hoch gewesen sei, könne unter Berücksichtigung des § 14 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) nicht von der Mittelgebühr ausgegangen werden. Für eine außergerichtliche Vertretung desselben Gegen-stands habe sie keine Geschäftsgebühr erhalten. Beratungshilfe sei in Höhe von 99,96 EUR ge-zahlt worden.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss (richtig: Vergütungsfestsetzungsbeschluss) vom 27. Juli 2015 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) die zu zahlende Vergütung aus der Staatskasse auf 1.399,68 EUR fest (Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 320,00 EUR, weitere Auftraggeber Nr. 1008 VV RVG 96,00 EUR, Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 350,00 Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 380,00 EUR, Auslagen/Pauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR, Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG 20,00 EUR, Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG 25,20 EUR, Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG 230,13 EUR, Anrechnung hälftige Beratungshilfegebühr 41,65 EUR). Anwendbar sei das RVG in der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung, da die unbedingte Auftragserteilung zur Klageerhebung laut Vollmacht bereits am 6. April 2010 erfolgt und die Beschwerdegegnerin bereits im vorausgegangenen Verwaltungsverfahren tätig gewesen sei. Unter Berücksichtigung der Kriterien zu § 14 RVG werde bezüglich der Verfahrens-, der Termins- und der Einigungsgebühr die Höchstgebühr als angemessen erachtet.
Gegen die Kostenfestsetzung hat die Beschwerdegegnerin am 17. August 2015 Erinnerung eingelegt und vorgetragen, es sei richtig, dass die Vollmacht vom 6. April 2010 datiere. Diese Vollmacht sei von der Klägerin zu 1. jedoch zu Beginn der Beauftragung unterzeichnet worden. Nachdem der eingelegte Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen wurde, sei am 16. Dezember 2013 Klage zum SG erhoben worden. Erst zu diesem Zeitpunkt sei ihr der gerichtliche Auftrag erteilt worden, so dass die Rechtsanwaltsgebühren nach dem ab 1. August 2013 geltenden Rechtsanwaltsvergütungsgesetz entstanden seien.
Die Kammervorsitzende hat dem Beschwerdeführer einen Hinweis dahingehend erteilt, dass es hier auf den Zeitpunkt der Vollmachterteilung nicht ankomme, folglich die Gebühren sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz in der seit 1. August 2013 geltenden Fassung rich-teten. Der Beschwerdeführer hat die Auffassung vertreten, Widerspruch und Klage seien keine Rechtsmittel. Mithin sei auf die Klage vom 5. August 2013 § 60 Abs. 1 Satz 2 RVG nicht anwendbar. Werde eine (General) Vollmacht vor dem 1. August 2013 erteilt und im weiteren Verfahrensgang keine andere Vollmacht erteilt oder auf andere Art und Weise eine spätere Auftragserteilung nachgewiesen, finde das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz in der Fassung vor dem 1. August 2013 Anwendung. Der Erinnerung werde nicht abgeholfen. Die Beschwerdegegnerin hat sich dem Hinweis das SG angeschlossen und nach Hinweis des SG ausgeführt, vor der Klageerhebung am 5. August 2013 habe eine telefonische Rücksprache mit der Klägerin zu 1. stattgefunden, die sodann den Klageauftrag erteilt habe. Eine gesonderte schriftliche Vollmacht sei durch die Klägerin zu 1. nicht unterschrieben worden.
Mit Beschluss vom 17. November 2016 hat das SG die aus der Staatskasse zu erstattende Gebühr für das Klageverfahren auf 1.675,16 EUR festgesetzt und die Erinnerung im Übrigen zurückgewiesen. Nicht zu beanstanden sei, dass die Beschwerdegegnerin die Gebühren nach dem RVG in der seit 1. August 2013 geltenden Fassung angesetzt habe. Dies ergebe sich aus § 60 Abs. 1 RVG. Für Rechtsmittel, die nach Inkrafttreten der Gesetzesänderung eingelegt worden seien, gelte § 60 Abs. 1 Satz 2 RVG. Ungeachtet dessen stelle die Vollmacht vom 6. April 2010 keine unbedingte Beauftragung zur Klageerhebung dar. Die von der Beschwer-degegnerin angesetzten Gebühren jeweils in Höhe der Mitte zwischen Mittel- und Höchstge-bühr seien nicht zu beanstanden. Zur Begründung werde in entsprechender Anwendung des § 136 Abs. 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) auf die insoweit zutreffenden Ausführungen in der Vergütungsfestsetzung vom 27. Juli 2015 verwiesen.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 28. November 2016 Beschwerde erhoben. Er bean-trage die Festsetzung der Vergütung auf 1.399,68 EUR. Er wiederholt seine Ausführungen aus dem Erinnerungsverfahren. Mit Zugang des Widerspruchsbescheides an die Beschwerdegeg-nerin sei die aufschiebende Bedingung zur Klageerhebung weggefallen und es habe ein unbedingter Auftrag vorgelegen. Dass am 5. August 2013 eine telefonische Rücksprache mit der Klägerin zu 1. stattgefunden habe, ändere nichts daran, dass bereits ein unbedingter Klageauftrag vorgelegen habe. Es entspreche vielmehr der anwaltlichen Sorgfaltspflicht die Mandantin über die beabsichtigte Klageerhebung zu informieren. Die Beschwerdegegnerin verweist auf die Gründe des erstinstanzlichen Beschlusses vom 17. November 2016.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Verfügung vom 5. Dezember 2016) und die Akten dem Thüringer Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Zuständig für die Entscheidung ist nach der aktuellen Geschäftsverteilung des Thüringer Landessozialgerichts i.V.m. der Geschäftsverteilung des 1. Senats die Berichterstatterin des Senats. Anzuwenden ist das RVG in der Fassung bis 31. Juli 2013 (a.F.), denn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit ist vor diesem Zeitpunkt erfolgt (§ 60 Abs. 1 S 1 RVG). Nach § 60 Abs. 1 RVG ist die Vergütung nach bisherigem Recht zu berechnen, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG vor dem Inkrafttreten einer Gesetzesänderung erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt bestellt oder beigeordnet worden ist (Satz 1). Ist der Rechtsanwalt im Zeitpunkt des Inkrafttretens einer Gesetzesänderung in derselben Angelegenheit bereits tätig, ist die Vergütung für das Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach diesem Zeitpunkt eingelegt worden ist, nach neuem Recht zu berechnen (Satz 2).
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist § 60 Abs. 1 Satz 2 RVG hier nicht einschlägig. Bei der Klage handelt es sich nicht um ein Rechtsmittel. Rechtsmittel sind Berufung, Revision, Beschwerde einschließlich Nichtzulassungsbeschwerde, die prozessuale Mittel sind, um die gerichtliche Entscheidung durch eine höhere Instanz überprüfen zu lassen. Rechtsbehelfe, aber keine Rechtsmittel, sind Widerspruch und Klage (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller Leitherer/Schmidt SGG 12. Auflage 2017, § 66 Rn. 2).
Die Beiordnung der Beschwerdegegnerin in dem PKH-Verfahren ist erst nach dem 1. August 2013 erfolgt. Der unmittelbare Auftrag zur Klageerhebung ist jedoch bereits vor dem 1. Au-gust 2013 erfolgt.
Maßgebend ist der Zeitpunkt des Auftrags, nicht der Zeitpunkt der Vollmachtserteilung. Die Vollmachtserteilung kann jedoch als Indiz für einen Auftrag gewertet werden. Aufträge zur außergerichtlichen Tätigkeit und eventuellen Prozessführung stellen sich als unbedingter Auftrag zur außergerichtlichen Tätigkeit und als bedingter (bedingt durch das Scheitern der außergerichtlichen Tätigkeit) Auftrag zur Prozessführung dar (vgl. Mayer, in Gerold/Schmidt RVG, 23. Auflage 2017, § 60 Rn. 6).
Bei dem Widerspruchs- und Klageverfahren handelt es sich um verschiedene Angelegenheiten im Sinne des § 17 Nr. 1 und Nr. 1a RVG. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
Der unbedingte Auftrag zur Erhebung des Widerspruchs ist unstreitig vor dem 1. August 2013 erfolgt. Hierfür hat sich die Beschwerdegegnerin eine uneingeschränkte Prozessvollmacht der Klägerin zu 1. erteilen lassen. Der bedingte Auftrag zur Klageerhebung, hat sich dann in einen unbedingten Auftrag gewandelt.
Hierfür sprechen die dem Sachverhalt zugrunde liegenden tatsächlichen Umstände. Als Nachweis ihres Rechts, die Klägerinnen im Klageverfahren zu vertreten, hat die Beschwerdegegnerin die bereits am 6. April 2010 für das Widerspruchsverfahren erteilte Prozessvollmacht vorgelegt. Das Widerspruchsverfahren war erfolglos. Der Widerspruchsbescheid vom 10. Juli 2013 ist der Beschwerdegegnerin spätestens am 15. Juli 2013 - also vor dem Stichtag am 1. August 2013 - zugegangen. Eine gesonderte Prozessvollmacht wurde ihr für das Klageverfahren durch die Klägerinnen nicht erteilt. Dies war auch nicht notwendig, weil die Prozessvollmacht vom 6. April 2010 das - im Falle des Scheiterns im Vorverfahren - Klageverfahren bereits umfasste. Noch unter dem 18. Juni 2013 hatten die Klägerinnen ein Vergleichsangebot der Beklagten, dass eine Reduzierung des Erstattungsanspruchs um ein Drittel bedeutet hätte, abgelehnt und um eine rechtsmittelfähige Entscheidung gebeten. Insoweit ist die Behauptung der Beschwerdegegnerin, sie habe erst am 5. August 2013 den unbedingten Auftrag zur Klageerhebung erhalten, nicht glaubhaft. Nachweise hierfür hat sie auch nicht vorgelegt. Die Beschwerde gegen die Festsetzung der Rechtsanwaltsgebühren ist nach §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 S. 1 RVG statthaft und zulässig. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt 200,00 Euro. Die Beschwerde ist begründet. Die aus der Staatskasse im Rahmen der PKH zu zahlende Vergütung der Beschwerdegegnerin ist auf 1.399,68 EUR festzusetzen. Nach § 3 Abs. 1 S. 1 RVG entstehen in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbar-keit, in denen das Gerichtskostengesetz (GKG) nicht anzuwenden ist, Betragsrahmengebüh-ren, die dem im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt aus der Landeskasse zu erstatten sind (§ 45 Abs. 1 RVG). Das LSG hatte den Klägerinnen mit Beschluss vom 16. April 2015 PKH für das Klageverfahren gewährt und sie waren kostenprivilegierte Beteiligte i.S.d. § 183 Satz 1 SGG. Damit scheidet die Anwendung des GKG aus (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG). Die Höhe der Vergütung errechnet sich nach dem Vergütungsverzeichnis (VV) der Anlage 1 zum RVG. Die Höhe der Rahmengebühr bestimmt nach § 14 Abs. 1 RVG der Rechtsanwalt im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, vor allem des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit sowie der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen (Satz 1); bei Rahmengebühren ist das Haftungsrisiko zu berücksichtigen (Satz 3). Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (Satz 4), wobei ihm nach herrschender Meinung ein Spielraum (sogenannte Toleranzgrenze) von 20 v.H. zusteht (vgl. BSG, Urteil vom 1. Juli 2009 - B 4 AS 21/09 R m.w.N., Thüringer LSG, Beschluss vom 26. November 2014 - L 6 SF 1079/14 B m.w.N., nach juris). Unbilligkeit liegt vor, wenn der Rechtsanwalt die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG unter Beachtung des Beurteilungsspielraums objektiv nicht hinreichend beachtet (vgl. Thüringer LSG, Beschluss 14. Februar 2011 - L 6 SF 1376/10 B, nach juris); dann erfolgt eine Festsetzung nur in Höhe der angemessenen Gebühren.
Die Höhe der Gebühr Nr. 3103 VV RVG a.F. (Gebührenrahmen 20,00 bis 320,00 EUR) ist mit 425,00 EUR überhöht. Sie überschreitet die in Nr. 3103 VV RVG vorgesehene Höchstgebühr. Der Beschwerdegegnerin steht nur eine Gebühr in Höhe von 245,00 EUR (Hälfte zwischen Mittel- und Höchstgebühr) zu. Die von der UdG festgesetzte Höchstgebühr ist ebenfalls nicht angemessen. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit war im Vergleich mit den übrigen sozi-algerichtlichen Verfahren (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 18. August 2011 - L 6 SF 872/11 B) überdurchschnittlich. Die Beschwerdegegnerin fertigte acht Schriftsätze, von denen einige nur organisatorische Angelegenheiten betrafen, und nahm Einsicht in die beigezogenen Akten des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens gegen die Klägerin zu 1. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit war leicht überdurchschnittlich. Die Bedeutung der Angelegenheiten für die Klägerinnen als Bezieherinnen von Leistungen nach dem SGB II war angesichts der Erstattungsforderung insgesamt deutlich überdurchschnittlich. Die geringen Einkommens- und Vermögensverhältnisse und das allenfalls geringe Haftungsrisiko sind korrigierend zu berücksichtigen. Die Erhöhungsgebühr (Nr. 1008 VV RVG) beträgt für eine weitere Beteiligte 73,50 EUR (30 v.H.).
Die Höhe der Terminsgebühr (Gebührenrahmen 20,00 bis 380,00 EUR) Nr. 3106 VV RVG a.F. ist in Höhe der Höchstgebühr (380,00 EUR) festzusetzen. Die von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte Gebühr in Höhe von 395,00 EUR ist in Nr. 3106 VV-RVG nicht vorgesehen. Sie überschreitet die Höchstgebühr. Der Senat hält wie die UdG die Höchstgebühr in Höhe von 380,00 EUR hier für akzeptabel. Der Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, der sich nach der Dauer des Termins richtet, erreicht hier 92 Minuten. Dies entspricht einem weit überdurchschnittlichen Umfang der anwaltlichen Tätigkeit (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 6. März 2008 - L 6 B 198/07 SF, nach juris). Hinsichtlich der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, der Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerinnen, deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse und der Haftung wird auf die Ausführungen zur Verfahrensgebühr verwiesen.
Die Erledigungsgebühr Nr. 1002, 1006 VV RVG a.F. ist in Höhe (Gebührenrahmen 30,00 bis 350,00 Euro) von 270,00 EUR (Hälfte zwischen Mittel- und Höchstgebühr) festzusetzen. Die von der Beschwerdegegnerin geltend gemachte Vergütung in Höhe von 425,00 EUR ist in Nr. 1006 VV RVG nicht vorgesehen. Sie überschreitet den vorgesehenen Rahmen. Bezüglich des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerinnen verweist der Senat auf die Ausführungen zur Verfahrensgebühr.
Zu vergüten sind weiter die zwischen den Beteiligten nicht streitige Pauschale Nr. 7002 VV RVG, die Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG, das Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG und die Umsatzsteuer Nr. 7008 VV RVG. Die nach Nr. 2500 ff. VV RVG entstandene Beratungshilfegebühr in Höhe von 84,00 EUR (99,96 EUR abzüglich der Umsatzsteuer) ist zur Hälfte auf die Verfahrensgebühr anzurechnen. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG 270,00 EUR Erhöhungsgebühr Nr. 1008 VV RVG 73,50 EUR Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG 380,00 EUR Einigungsgebühr Nr. 1006 VV RVG 270,00 EUR Fahrtkosten Nr. 7003 VV RVG 25,20 EUR Tage- und Abwesenheitsgeld Nr. 7005 VV RVG 20,00 EUR Auslagen/Pauschale Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR Anrechnung Beratungshilfe -42,00 EUR Zwischensumme 1.016,70 EUR Umsatzsteuer 193,17 EUR Summe 1.209,87 EUR
Einer Kürzung der Vergütung auf diesen Betrag steht allerdings der Grundsatz der "reformatio in peius" entgegen. Der Beschwerdeführer hat im erstinstanzlichen Verfahren keine Erinnerung gegen die Vergütungsfestsetzung der UdG eingelegt und (dementsprechend) seine Beschwerde darauf beschränkt, die Vergütung in Höhe des durch die UdG festgesetzten Betrages in Höhe von 1.399,68 EUR festzusetzen. Eine Herabsetzung der Vergütung unter diesen Betrag ist in diesem Fall weder im Erinnerungs- noch im Beschwerdeverfahren möglich.
Die Beschwerde ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 56 Abs. 2 S 2 und 3 RVG). Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 4 S. 3 RVG).
Rechtskraft
Aus
Login
FST
Saved