L 1 R 72/05

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 20 RJ 1663/96
Datum
-
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 R 72/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Altersrente unter Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen im Streit.

Der heute 86-jährige Kläger wurde 1920 in Rumänien geboren. Er lebt seit 1969 in den Vereinigten Staaten von Amerika, deren Staatsangehörigkeit er besitzt. Am 20. Januar 1995 beantragte er bei der Beklagten die Gewährung einer Altersrente unter Zulassung zur Nachentrichtung. Hierzu gab er an, von 1936 bis Oktober 1941 im Betriebe seines Vaters in B. M. in Rumänien tätig gewesen zu sein, und zwar zunächst als Lehrling und später als angestellter Bäcker und Konditor. Bei einem Monatsverdienst von ungefähr 1000 Lei als Lehrling, später ungefähr 3000 Lei, habe er dort acht Stunden täglich gearbeitet. Von seinem Lohn seien Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung abgezogen worden.

Mit Bescheid vom 31. Mai 1996 anerkannte die Beklagte nach Durchführung entsprechender Ermittlungen zwar die Zugehörigkeit des Klägers zum Personenkreis des § 1 Bundesentschädigungsgesetz sowie seine Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis, lehnte jedoch den Rentenantrag mit der Begründung ab, dass keine anrechenbaren Beitragszeiten vorlägen. Der rumänische Versicherungsträger habe eine Beitragsentrichtung nicht bestätigen können. Zudem sei bei Personen, die wie der Kläger im Betriebe des Vaters beschäftigt gewesen seien, erfahrungsgemäß bis zum 31. Dezember 1948 eine Beitragsentrichtung zur rumänischen Rentenversicherung unterblieben. Als Beschäftigungszeit könne der Zeitraum keine Anerkennung finden, weil er nach dem zum 1. März 1957 geltenden Bundesrecht keine Versicherungspflicht begründet hätte. Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger eine eidesstattliche Versicherung des – mittlerweile verstorbenen –A. S. vor, in welcher dieser bestätigt, dass er – der Kläger – von September 1936 bis Oktober 1941 in der Bäckerei und Konditorei seines Vaters in B. M. angestellt war. Er habe dort als Bäcker und Konditor gearbeitet und sei entsprechend bezahlt worden. Von seinem Gehalt seien die entsprechenden Pflichtversicherungsbeiträge "regelrecht abgezogen und an die betreffende Behörde abgeführt worden". Zwar wisse er nicht genau, wie hoch das Gehalt gewesen sei. Aber der Kläger habe ein standesgemäßes Leben geführt und es dürften etwa 2500 Lei monatlich gewesen sein. All dies wisse er, weil er mit dem Kläger sehr befreundet sei und deshalb die Daten genau erinnere.

Im Widerspruchsverfahren wurde eine Auskunft des rumänischen Generalkonsulats in New York vom 26. Juni 1995 bei der Beklagten aktenkundig. Dort heißt es, Herr J. K. habe "in den für die Zeit von 1936 – 1948 existierenden Archivunterlagen nicht identifiziert" werden können. Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 1996 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach ihren Erkenntnissen sei es in Rumänien bei Familienangehörigen - entgegen den gesetzlichen Vorschriften - erfahrungsgemäß besonders für Zeiten bis zum 31.12.1948 oftmals zu keiner Beitragsleistung zur Rentenversicherung gekommen. Die Zeiten der Beschäftigung oder Mithilfe von Kindern im Unternehmen der Eltern werde daher nach den rumänischen Vorschriften (Art. 89 Abs. 1 a Dekret Nr. 292/59) nicht als Arbeitszeit anerkannt, es sei denn, dass eine Beitragsentrichtung an die früheren Sozialversicherungskassen urkundlich nachgewiesen werde. Nach den existierenden Archivunterlagen seien aber keine Beitragszeiten für den Kläger feststellbar.

Mit seiner daraufhin fristgerecht erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er sei zweifellos rentenversicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Dies sei auch durch Zeugenerklärungen bestätigt worden. So weit der rumänische Träger sich dahingehend äußere, dass Unterlagen nicht vorhanden seien, sei allgemein bekannt, dass diese durch die Herrschaft der Rumänen, dann der Ungarn und dann der Kommunisten nicht sorgfältig behandelt wurden und deshalb heute nicht mehr vorhanden seien. Dies könne nicht zu seinen Lasten gehen. Erfahrungswerte der Beklagten dürften nicht über glaubhafte Bekundungen gestellt werden. Damit sei auch glaubhaft, dass Beiträge abgeführt wurden.

Das Sozialgericht hat den von dem Kläger benannten Zeugen E. E1 am 10. Februar 1998 durch das Generalkonsulat der Bundesrepublik Deutschland in New York vernehmen lassen. Der Zeuge hat erklärt, die Eltern des Klägers hätten in B. M. eine Konditorei besessen. Dort habe auch der Kläger gearbeitet. Zwar seien sie nicht in dieselbe Schule gegangen, hätten sich aber häufig auf der Straße und in der Synagoge getroffen. Er wisse, dass der Kläger bis September oder Oktober 1941 dort gearbeitet habe. Dann nämlich seien sie zusammen in das ungarische Arbeitslager eingewiesen worden. Das Geschäft der Eltern sei durch den ungarischen Staat konfisziert worden. Der Familienbetrieb habe aus den Eltern und den Geschwistern, d. h. zwei Schwestern und einem Bruder bestanden. J. - der Kläger - sei der Älteste gewesen und habe den Betrieb übernehmen sollen. Der Kläger habe ein Entgelt zwischen 2000 und 3000 Lei erhalten. Dies sei ein gutes Gehalt gewesen, welches über dem Durchschnitt gelegen habe. Der Grund hierfür sei gewesen, dass es sich um einen Familienbetrieb gehandelt habe. Von dem Einkommen seien damals generell Abzüge für Steuern und für die Krankenversicherung vorgenommen worden. Für die Krankenversicherung habe es ein kleines Heft gegeben, in welches die Versicherungsmarken hätten eingeklebt werden müssen. Diese staatliche Versicherung habe Anspruch auf ambulante und stationäre Behandlung gegeben. Auch der Kläger habe ein solches Heft besessen. Hieran könne er sich erinnern, weil er es einmal bei einem gemeinsamen Arztbesuch gesehen habe. Er wisse allerdings nicht, ob mit dieser Versicherung auch eine Rentenversicherung zusammengehangen habe.

Das Sozialgericht hat des Weiteren eine Auskunft des Trägers der Rumänischen Rentenversicherung "Nationale Kasse für Renten und andere Ansprüche aus Sozialversicherungen" - CNPAS - eingeholt. In der am 30.10.2003 ausgefertigten Auskunft der CNPAS, Direktion für Beitragszahler auf Landesebene, Abteilung Archiv, heißt es, dass der Kläger nicht in den Registern für den Zeitraum 1936 bis 1941 eingetragen sei. In diesen Registern seien jene Personen eingetragen, die ihre Beiträge an die ehemalige Zentralkasse für Sozialversicherungen bezahlt hätten, und zwar in Tabellen nach Geburtsjahr, ungeachtet der innegehabten Arbeitsplätze. Auch die Firma, bei der der Kläger behauptet gearbeitet zu haben, sei in diesen Tabellen nicht zu finden. Der in Anspruch genommene Zeitraum könne deshalb nicht bestätigt werden. Auf Anfrage des Sozialgerichts teilte das rumänische Ministerium für Arbeit und Sozialfürsorge - Amt für die Evidenz der Versicherungsunterlagen - am 21. Juni 2004 mit, dass nicht bekannt sei, ob die Evidenzen vollständig seien.

Durch Urteil vom 15. März 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat offen gelassen, ob die Glaubhaftmachung der Beitragszahlung gelungen ist. Mangels Bundesgebietsbeitragszeiten sei eine Rente jedenfalls nicht ins Ausland zahlbar, und der Kläger habe auch kein Nachentrichtungsrecht mehr, welches ihm solche Beitragszeiten verschaffen könnte. Für ihn komme namentlich die nach 1995 geschaffene Nachentrichtungsmöglichkeit nach Nr. 8 des Schlussprotokolls zum deutsch-amerikanischen Sozialversicherungsabkommen (SP-USA-SVA) nicht in Betracht. Denn mit ihr sei die Nachentrichtung nur für solche Personen eröffnet worden, für die durch die Anwendung des § 17a Fremdrentengesetz (FRG) erstmals Beitragszeiten oder Beschäftigungszeiten nach dem FRG zu berücksichtigen gewesen seien. Bei dem Kläger seien jedoch bereits Fremdrentenzeiten durch die Anwendung des seit dem 1. Januar 1990 geltenden § 20 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) zu berücksichtigen gewesen, zu dessen Personenkreis er gehöre. Das Urteil ist der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 8. April 2005 zugestellt worden.

Der Kläger hat am 19. April 2005 die vorliegende Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, für ihn seien Beitragszeiten für den Zeitraum vom 01. September 1936 bis zum 15. Oktober 1941 anzuerkennen. Er habe glaubhaft gemacht, dass er in diesem Zeitraum in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden habe und dass entsprechende Beiträge entrichtet worden seien. Das Vorliegen von Sozialversicherungspflicht sei nämlich grundsätzlich ein starkes Indiz dafür, dass auf Grund derselben auch entsprechende Beiträge entrichtet wurden, dass also der gesetzlichen Verpflichtung zur Abführung von Beiträgen zur Rentenversicherung auch Genüge getan wurde. Der Zeuge S. habe dies bestätigt. Demgegenüber habe die Beklagte ihr gegenteiliges Vorbringen nicht belegt. Damit sprächen mehr Gründe für eine Beitragsentrichtung als dagegen. Hiervon ausgehend sei die Beitragsentrichtung im streitigen Zeitraum glaubhaft, und es seien unter Berücksichtigung der 5/6 Kürzung des § 19 FRG 53 Monate Beitragszeiten anzuerkennen. Zusammen mit den noch zu berücksichtigenden Ersatzzeiten nach Maßgabe des § 250 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) sowie den amerikanischen Beitragszeiten sei die Wartezeit für eine Altersrente von 60 Kalendermonaten Versicherungszeit bei Weitem erfüllt. Die Rente sei auch in die Vereinigten Staaten zahlbar. Ihm stehe nämlich im Gegensatz zu der Auffassung des Sozialgerichts ein Nachentrichtungsrecht nach Nr. 8 des Schlussprotokolls zum USA-SVA zu. Die seinerzeit beteiligten Versicherungsträger seien nach Abstimmung mit dem seinerzeit zuständigen Ministerium übereingekommen, das Nachentrichtungsrecht nach Maßgabe der Nr. 8 bzw. Nr. 11 Schlussprotokoll auch für Berechtigte zuzulassen, die zwar zum Personenkreis des § 20 WGSVG gehörten, denen aber bis zum Inkrafttreten der Nachentrichtungsvorschrift Beitragszeiten noch nicht anerkannt worden seien. Dies treffe auf ihn, den Kläger, zu. Weder die Deutsche Rentenversicherung Bund noch die Deutsche Rentenversicherung Rheinland hätten in der Vergangenheit Nachentrichtungsverfahren mit der Begründung abgelehnt, dass bei Vorliegen sowohl der Voraussetzungen des § 17 a FRG als auch des § 20 WGSVG keine "Erstmaligkeit" vorliegen würde. Im Übrigen habe das Sozialgericht klar zutage liegende Gestaltungsmöglichkeiten nach § 9 WGSVG und nach § 7 SGB VI übersehen. Beide Vorschriften ließen eine Nachentrichtung zu, so dass eine Vollzahlung in die USA erreicht werden könnte.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 15. März 2005 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 31. Mai 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Oktober 1996 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm Altersrente unter Anerkennung einer Beitragszeit vom 01. September 1936 bis zum 15. Oktober 1941 sowie daran anschließender Verfolgungsersatzzeiten und unter Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen gemäß Zusatzabkommen zum deutsch-amerikanischen Sozialversicherungsabkommen bzw. freiwilligen Beiträgen nach Maßgabe des § 9 WGSVG oder § 7 SGB VI zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt der Auffassung des Klägers insoweit bei, als nach Nr. 8 des Schlussprotokolls zum USA-SVA die Nachentrichtung auch für Personen zulässig sei, für die FRG-Zeiten erst ab 6. März 1995 oder noch gar nicht vorgemerkt worden seien. Der entgegenstehenden Auffassung des Sozialgerichts in der angefochtenen Entscheidung und derjenigen des Bundessozialgerichts in der vom Sozialgericht angezogenen Entscheidung vom 10. April 2003 (B 4 RA 43/02 R) folge sie nicht. Danach bestehe ein Nachentrichtungsrecht unter der Voraussetzung, dass die streitigen Zeiten anzuerkennen wären. Dies sei aber nicht der Fall. Sie seien nicht glaubhaft gemacht.

Auf entsprechende Aufklärungsverfügung des Berufungsgerichts hat die Beklagte ihre Behauptung, dass in Familienbetrieben in Rumänien regelmäßig - trotz bestehender Beitragspflicht - Beiträge zur Rentenversicherung nicht entrichtet wurden, unter Hinweis auf eine Stellungnahme der Verbindungsstelle nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien, Deutsche Rentenversicherungsanstalt Unterfranken, erläutert. Danach besaßen im Zeitraum vom 1. April 1933 bis 30. Juni 1943 Versicherte ein so genanntes Versicherungsbuch, in welches der Arbeitgeber die Dauer der in seinem Betrieb zurückgelegten Dienstzeit und die vom Entgelt abgezogenen Beiträge zur Rentenversicherung einzutragen und zu bestätigen oder die entsprechenden Stempelmarken einzukleben hatte. Daneben wurde der Nachweis der Beitragsentrichtung bis zum 1.1.1939 auch noch durch Quittungskarten geführt, in die ebenfalls die Versicherungsmarken eingeklebt wurden. Nur in Betrieben mit mehr als 10 Arbeitnehmern wurden Lohnlisten geführt und der Nachweis der Beitragsentrichtung durch Vorlage derselben an die Versicherungskasse geführt. Die Versicherten hatten ihr Versicherungsbuch am Ende eines jeden Beitragsjahres der zuständigen Versicherungskasse vorzulegen und erhielten hierfür einen Beitragsnachweis (Aufrechnungsbescheinigung). Die Beitragsnachweise verblieben stets im Besitz des Versicherten. Arbeitsbücher wurden erst ab 1. Januar 1949 ausgestellt, und zwar auf Grund der völligen Neugestaltung des Beitragssystems. Auf die Auskunft (Blatt 215 f. der Gerichtsakte) wird ergänzend Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die ausweislich der Niederschrift über die öffentliche Senatssitzung am 14. März 2007 zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gemachten Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte und zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) des Klägers ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger kann die begehrte Rente nicht beanspruchen.

Auf den Rechtsstreit finden die am 1. Januar 1992 in Kraft getretenen Vorschriften des SGB VI über die Regelaltersrente und nicht diejenigen der Reichsversicherungsordnung über das Altersruhegeld Anwendung, weil der Kläger seinen Anspruch erst nach Ablauf von mehr als drei Monaten nach Aufhebung der für das Altersruhegeld geltenden Vorschriften der RVO bei der Beklagten geltend gemacht hat (§ 300 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 SGB VI).

Nach § 35 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Regelaltersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit von 5 Jahren rentenrechtlicher Zeiten (§ 50 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI) erfüllt haben. Für Staatsangehörige der Vereinigten Staaten von Amerika reicht nach Art. 7 Abs. 2 USA-SVA i.d.F. des Zusatzabkommens vom 2. Oktober 1986 (BGBl. 1988 II, S. 83) und des Zweiten Zusatzabkommens vom 6. März 1995 (BGBl. 1996 II, S. 302) eine Mindestversicherungszeit nach deutschen Rechtsvorschriften von 18 Monaten aus. Jedoch sind für den Kläger keine Versicherungszeiten auf die Wartezeit anzurechnen. Er ist in der deutschen Rentenversicherung nicht versichert gewesen. Er hat aber auch keinen Anspruch auf die geltend gemachte Anrechnung in Rumänien zurückgelegter Beitragszeiten nach §§ 15 und 17a FRG und damit auch keinen Anspruch auf Rente unter Zulassung zur Nachentrichtung von freiwilligen Beiträgen nach Nr. 8 des Schlussprotokolls zum USA-SVA, weil solche Zeiten nicht glaubhaft gemacht sind. Auf die in dieser Vorschrift enthaltene Ausschlussklausel kommt es insoweit nicht an.

Nach § 17 a FRG finden die für die gesetzliche Rentenversicherung maßgebenden Vorschriften des FRG Anwendung auch auf Personen, die bis zu dem Zeitpunkt, in dem der nationalsozialistische Einflussbereich sich auf ihr jeweiliges Heimatgebiet erstreckt hat, dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört haben, das 16. Lebensjahr bereits vollendet hatten oder im Zeitpunkt des Verlassens des Vertreibungsgebietes dem deutschen Sprach- und Kulturkreis angehört haben und sich wegen ihrer Zugehörigkeit zum Judentum nicht zum deutschen Volkstum bekannt hatten und die Vertreibungsgebiete nach § 1 Abs. 2 Nr. 3 des Bundesvertriebenengesetzes verlassen haben. Diese Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen. Für die Feststellung der insoweit erheblichen Tatsachen genügt es nach § 4 FRG, wenn sie glaubhaft gemacht sind, d.h. wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, welche sich auf alle erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Vorliegend kann die Zugehörigkeit des Klägers zu dem genannten Personenkreis unterstellt werden. Denn es ist jedenfalls nicht im Sinne des § 4 FRG glaubhaft gemacht, dass Beitragszeiten bei einem nichtdeutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung im Sinne des § 15 FRG zurückgelegt wurden.

Allerdings geht der Senat nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens davon aus, dass innerhalb des vorliegend geltend gemachten Zeitraumes am Heimatort des Klägers Versicherungspflicht in einem System der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden hat, und zwar nach den in Alt-Rumänien geltenden Vorschriften. Dies ergibt nicht zuletzt die Auskunft der Verbindungsstelle nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Rumänien, Deutsche Rentenversicherungsanstalt Unterfranken. Das Vorbringen des Klägers, wonach sein Heimatort eine "wechselvolle Geschichte" hatte und in Folge zu Österreich-Ungarn, zu Ungarn, zu Rumänien, alsdann wieder zu Ungarn und letztendlich zu Rumänien gehörte, steht dieser Annahme nicht entgegen, weil der geltend gemachte Zeitraum auch nach diesem Vorbringen in die Zuständigkeit des rumänischen Trägers fällt. Dies deckt sich mit der vom Sozialgericht eingeholten Auskunft des ungarischen Trägers vom 4. März 2002, der seine Zuständigkeit verneint. Glaubhaft ist mit der am 15. September 1997 bei dem Sozialgericht eingegangenen Bescheinigung der jüdischen Gemeinde B. M. (Blatt 39, 48 der Gerichtsakte) und den Bekundungen des Zeugen E1 ferner, dass der Kläger von seinem Vater für die Tätigkeit in dessen Betrieb Geldleistungen empfangen hat. Auch kann bestehende Versicherungspflicht als Hinweistatsache für die Beitragsentrichtung gelten. Die indizielle Wirkung der Versicherungspflicht wird hier jedoch durch die Auskunft der Rentenversicherungsanstalt Unterfranken und den hierin enthaltenen Hinweis, dass der Versicherungspflicht in Alt-Rumänien in Familienbetrieben regelmäßig nicht genügt wurde und dass deshalb nach den rumänischen Vorschriften eine entsprechende Beitragszeit in Rumänien nur bei urkundlichem Nachweis der Beitragsentrichtung anerkannt wird, relativiert. Diese Handhabung des rumänischen Trägers spiegelt die seinerzeit geltenden Vorschriften und die dem entsprechende Praxis des rumänischen Trägers wider. Wenn nämlich in Betrieben unter 10 Beschäftigten – wozu ausweislich der Aussage des Zeugen E1 der Beschäftigungsbetrieb des Klägers gehörte – Lohnlisten nicht geführt wurden, sondern Versicherte ein so genanntes Versicherungsbuch oder aber Quittungskarten besaßen, in welches der Arbeitgeber die Dauer der in seinem Betrieb zurückgelegten Dienstzeit und die vom Entgelt abgezogenen Beiträge zur Rentenversicherung einzutragen und zu bestätigen oder die entsprechenden Stempelmarken einzukleben hatte, und wenn ferner die jährlich einzuholenden Beitragsnachweise (Aufrechnungsbescheinigungen) stets im Besitz des Versicherten verblieben, so hing der Vollzug der Versicherungspflicht ausschließlich von der Gesetzestreue von Arbeitgeber und Arbeitnehmer ab. Eine Kontrolle durch den Träger konnte nicht stattfinden. Vor diesem Hintergrund kann die Auskunft des Trägers der Rumänischen Rentenversicherung "Nationale Kasse für Renten und andere Ansprüche aus Sozialversicherungen" - CNPAS - , wonach sich in den dortigen Unterlagen eine Eintragung über den Kläger oder den Beschäftigungsbetrieb nicht findet, einerseits bedeuten, dass für diesen keine Aufrechungsbescheinigungen erteilt wurden, weil für ihn der üblichen Vorgehensweise bei Familienbetrieben entsprechend keine Marken "geklebt" oder Beiträge abgestempelt wurden. Möglich ist andererseits aber auch, dass entsprechende Unterlagen lediglich verloren gegangen sind. Für die Nicht-Entrichtung von Beiträgen spricht die Aussage des Zeugen E1. Wenn dieser nämlich das gute Gehalt des Klägers hervorhebt, welches der Üblichkeit in Familienbetrieben entsprochen habe, so fügt sich diese Bekundung zwanglos in das einer Beitragsentrichtung entgegenstehende Vorbringen der Beklagten ein. Die Aussage lässt die Deutung zu, dass für den Kläger, der nach der Bekundung des Zeugen den väterlichen Betrieb hatte übernehmen sollen, als zukünftiger Unternehmer eine Absicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung unnötig war und ihm deshalb ein entsprechend höheres Gehalt gezahlt werden konnte. Hiermit wiederum deckt sich die Aussage des Zeugen, der bekundet, lediglich davon Kenntnis zu haben, dass eine Krankenversicherung für den Kläger bestand, deren Beiträge vom Lohn einbehalten wurden. Zweifel an der Entrichtung der Pflichtbeiträge weckt schließlich auch das Vorbringen des Klägers in seinem Rentenantrag, wenn dieser dort die beispielhaft in dem Fragebogen gestellte Frage nach einem "Arbeitsbuch" dahingehend beantwortet, dass er ein solches "nicht mehr" habe. Ein Arbeitsbuch ist in Rumänien nämlich erst 1949 eingeführt worden, er kann ein solches nicht besessen haben. Aufgrund der von dem Kläger behaupteten Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis, von welcher auch der Senat ausgeht, kann auch nicht von einem Fehlverständnis des Fragebogens ausgegangen werden. Vielmehr wäre zu erwarten gewesen, dass der Kläger vom Verlust seiner Quittungskarten oder seines Versicherungsbuches spricht oder aber davon, dass für ihn "Marken geklebt wurden". Vor diesem Hintergrund ist die schriftliche Zeugenaussage des verstorbenen A. S. auch nicht geeignet, zur Glaubhaftmachung beizutragen. Sie ist viel zu pauschal, um den Hintergrund zu erhellen. Nach allem kann nicht als überwiegend wahrscheinlich gelten, dass Beiträge zur Rentenversicherung im Sinne des § 15 FRG abgeführt wurden. Vielmehr ist ebenso wahrscheinlich, dass dies in diesem Familienbetrieb genauso wenig geschah, wie in anderen im Geltungsbereich der rumänischen Vorschriften. Dafür schließlich, dass Beiträge im Hinblick auf die wechselnden Zuständigkeiten am Heimatort des Klägers zum ungarischen Träger der Rentenversicherung abgeführt wurden, ist nichts ersichtlich. Denn dessen Zuständigkeit könnte ohnehin erst gegen Ende 1941 begründet worden sein. Zu diesem Zeitpunkt aber war die behauptete Beschäftigung bereits beendet.

Dem Beweisantrag des Klägers in der Gestalt der Einholung einer – neuerlichen – Auskunft bei der CNPAS war nicht zu folgen, weil der Kläger mit dem Antrag keine Tatsachen behauptet, die für die Entscheidung erheblich sein können. Denn es ist weder dargetan noch sonst ersichtlich, was dieses Auskunftsersuchen, welches inhaltlich übereinstimmend bereits vom Sozialgericht an dieselbe Stelle gerichtet worden und von dieser auch beantwortet worden war, an entscheidungserheblichem Sachverhalt zutage fördern sollte. Den in das Wissen dieser Stelle ebenfalls gestellten Umstand, dass die Archive nicht vollständig sind, hat das Gericht seiner Entscheidung bereits zugrunde gelegt.

Einen Anspruch auf Rente unter Zulassung zur Nachentrichtung von Beiträgen hat der Kläger auch nicht im Hinblick auf geltend gemachte Beschäftigungszeiten nach §§ 16 und 17a FRG. Insoweit kann dahinstehen, ob der Zeitraum der Tätigkeit im elterlichen Betrieb – obschon eine Beitragsentrichtung nicht glaubhaft ist – gleichwohl als Beschäftigungszeit im Sinne des § 16 FRG anzuerkennen ist oder ob dies – wie die Beklagte meint – ausgeschlossen ist, weil die Tätigkeit im elterlichen Betrieb nach dem zum 1. März 1957 geltenden Bundesrecht keine Versicherungspflicht begründet hätte (vgl. BSG v. 05.04.1956 – 3 RK 65/55 - SozR Nr. 18 zu § 164 SGG – "Meistersohn"). Denn wie das Sozialgericht zutreffend unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. v. 10.04.2003 – B 4 RA 43/02 R – SozR 4-6961 Nr. 8) ausgeführt hat, sieht Nr. 8 SP-USA-SVA die – für die Zahlung der begehrten Rente zwingend erforderliche – Nachentrichtung nur für Personen vor, für die durch die Anwendung des § 17a FRG erstmals Beitrags- oder Beschäftigungszeiten nach dem FRG zu berücksichtigen sind. Zu diesen Personen gehört der Kläger nicht. Vielmehr stand ihm insoweit bereits nach §§ 20, 21 WGSVG ein längstens bis zum 30.12.1990 befristetes Recht zur Nachentrichtung von Beiträgen wegen verfolgungsbedingter Unterbrechung der rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung nach Maßgabe der §§ 9, 10 WGSVG (in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung) zu. Obwohl der Kläger hiervon keinen Gebrauch gemacht, vielmehr die Zulassung zur Nachentrichtung erst im Jahre 1995 beantragt hat, ist das Nachentrichtungsrecht nach Nr. 8 SP-USA-SVA hierdurch nunmehr ausgeschlossen. Auf das Urteil des Sozialgerichts wird insoweit nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.

Die nunmehr erstmals im Berufungsverfahren ausdrücklich begehrte Zulassung zur Nachentrichtung auch nach § 9 WGSVG (in der bis zum 31.12.1991 geltenden Fassung) scheidet schon wegen Fristablaufes aus.

Soweit erstmals im Berufungsverfahren – klagerweiternd – Rente unter Entrichtung freiwilliger Beiträge nach § 7 SGB VI begehrt wird, fehlt es an einer Verwaltungsentscheidung. Insoweit ist die Klage bereits unzulässig und die Berufung aus diesem Grunde zurückzuweisen. Denn die angefochtene Entscheidung der Beklagten bezieht sich eindeutig und ausdrücklich nur auf die Möglichkeit der Nachentrichtung, nicht jedoch auf die Entrichtung freiwilliger Beiträge. Ob eine Rente nach entsprechender Entrichtung zu gewähren wäre, ist im Übrigen zweifelhaft. Grundsätzlich ist nämlich die Anwendung dieser Vorschrift auf den Kläger wegen des aus § 3 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) folgenden Territorialprinzips ausgeschlossen. Allenfalls könnte zwischenstaatliches Recht (vgl. § 6 SGB IV) – hier in Gestalt des deutsch-amerikanischen Sozialversicherungsabkommens – die Entrichtung freiwilliger Beiträge ermöglichen. Insoweit müsste der Kläger aufgrund übergangsrechtlicher Vorschriften, die vor dem 19. Oktober 1972 in Kraft waren, zur freiwilligen Versicherung berechtigt gewesen oder aber für ihn ein Recht auf freiwillige Versicherung aufgrund der am 19. Oktober 1972 in Kraft getretenen Rechtsvorschriften über die freiwillige Versicherung entfallen sein (Nr. 7 b und c SP-USA-SVA). Ob der Kläger namentlich die Voraussetzungen von § 1233 Abs. 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung in der bis zum 18. Oktober 1972 geltenden Fassung erfüllt (vgl. hierzu BSG v. 22.10.1987 – 12 RK 9/87SozR 6961 Nr. 7 Nr. 1 sowie Frank, DAngVers 1979, 183), wonach sich freiwillig weiterversichern konnte, wer innerhalb von 10 Jahren mindestens 60 Kalendermonate Beiträge für eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung entrichtet hat, ist nach dem Gesamtergebnis des vorliegenden Verfahrens zweifelhaft, braucht aber vorliegend nicht entschieden zu werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.

Der Senat hat die Revision gegen dieses Urteil nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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