L 2 B 396/07 ER KA

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 3 KA 142/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 B 396/07 ER KA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 19. September 2007 wird zurückgewiesen. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1). Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten. Der Streitwert wird für beide Instanzen auf jeweils 55.500 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der 1959 geborene Antragsteller war ab 1. April 1987 im Bezirk der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein - in K. - als Vertragszahnarzt zugelassen. Seine Praxis betrieb er in Gemeinschaft mit der Vertragszahnärztin T ... Mit Schreiben vom 9. März 2007 beantragte er für sich und seine Ehefrau, die bis 31. August 2007 Stabszahnärztin bei der Bundeswehr war, beim Zulassungsausschuss für den Bezirk der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Hamburg zum 1. September 2007 die Zulassung für den Vertragszahnarztsitz R.-Chaussee in Hamburg. Er wolle die in Hamburg entstehende Praxis als Filiale seiner Praxis in K. führen. Die Sicherstellung der Praxis in K. solle in seiner Abwesenheit durch die Vertragszahnärztin T. erfolgen. Er habe vor, seine Ehefrau in Hamburg anzustellen, die dort in der Woche die Sicherstellung der Patientenbehandlung gewährleisten werde. Seinen eigenen Behandlungseinsatz werde er aufteilen. In seine K. Praxis kämen zurzeit aus dem Hamburger Raum 9 % seiner Patienten. Seine Patienten erhielten nun die Möglichkeit, ihn sonnabends in der Praxis R.-Chaussee zu konsultieren.

Nachdem der Antragsteller und seine Ehefrau am 4. April 2007 beim Zulassungsausschuss erschienen und darauf hingewiesen worden waren, dass eine Doppelzulassung in Schleswig-Holstein und Hamburg, eine gleichzeitige Zulassung und Anstellung der Ehefrau und auch die Gründung einer Zweitpraxis in Hamburg nicht zulässig seien, erklärten sie diese Anträge für erledigt.

Mit Vertrag vom 4. April 2007 mietete der Antragsteller in der R.-Chaussee Räumlichkeiten zum Betriebe einer Zahnarztpraxis mit Wirkung ab 1. Juli 2007 und bis 30. Juni 2017 zu monatlichen Gesamtkosten von 3.111,85 EUR an. Er schloss u. a. mit der N. GmbH am 4. Mai/15. August 2007 einen Leasing-Vertrag über die Lieferung einer Behandlungseinheit E. und Zubehör in Höhe von 66.242,20 EUR (brutto 78.828,22 EUR) mit einer monatlichen Anfangsrate von 1. 040,39 EUR und über ein Z. Mikroskop und Zubehör über 46.624,20 EUR (Leistungszeitpunkt 22. August 2007). Die Bank B. AG räumte ihm zur "Finanzierung der Kosten für die Neugründung einer Zahnarztpraxis in Hamburg gem. KfW-Antrag vom 1. Juli 2007 am Investitionsort R.-Chaussee " ein zweckgebundenes Darlehen in Höhe von 424.000 EUR bzw. ein Darlehen in Höhe von 80.000 EUR (Verwendungszweck: Bereitstellung von Betriebsmitteln gem. KfW-Antrag vom 1. Juli 2007) mit einem Zinssatz von 6,55 %, effektiv 8,25 %, ein.

Am 9. Mai 2007 beantragte der Antragsteller, ihn unter Beschränkung seines Versorgungsauftrages auf die Hälfte zur vertragszahnärztlichen Versorgung in Hamburg, R.-Chaussee, unter der Bedingung zuzulassen, dass er die Beschränkung seines Versorgungsauftrages im Bezirk der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein auf die Hälfte nachweise.

Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag am 20. Juni 2007 ab. Für die gleichzeitige (hälftige) vertragszahnärztliche Zulassung in Hamburg und Schleswig-Holstein gebe es keine Rechtsgrundlage. § 19a Abs. 2 Satz 1 Zulassungsverordnung für Zahnärzte (Zahnärzte-ZV) lasse sich nicht entnehmen, dass ein Vertragszahnarzt eine bestehende Vollzulassung in zwei Teilzulassungen aufteilen könne. Der Gesetzgeber habe die Singularzulassung nicht aufheben wollen. Der Vertragszahnarzt bleibe nach wie vor an seinen Vertragszahnarztsitz gebunden. Eine Tätigkeit außerhalb desselben komme lediglich unter den in der Zahnärzte - ZV genannten Ausnahmen in Betracht (Bescheid vom 28. Juni 2007). Den Widerspruch des Antragstellers wies der Antragsgegner durch Beschluss am 5. September 2007 zurück (Widerspruchsbescheid vom 20. September 2007). Dem Antrag stehe bereits die Residenzpflicht (§ 24 Abs. 2 Satz 2 Zahnärzte-ZV) entgegen. Die nunmehrige Möglichkeit der Eintragung eines Zahnarztes in mehrere Zahnarztregister stütze den geltend gemachten Anspruch nicht. Mit der entsprechenden Gesetzesänderung seien andere Ziele verfolgt worden. Auch seien die Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 Nr. 1 Zahnärzte-ZV nicht erfüllt.

Die Ehefrau des Antragstellers erhielt vom Zulassungsausschuss für den Bezirk der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Hamburg zum 1. September 2007 eine Zulassung zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung in Hamburg für eine Praxis in der R.-Chaussee.

Am 7. September 2007 hat der Antragsteller beim Sozialgericht beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, ihn unter Beschränkung seines Versorgungsauftrages auf die Hälfte vorläufig zur vertragszahnärztlichen Versorgung in Hamburg unter der Bedingung zuzulassen, dass er die Beschränkung seines Versorgungsauftrages im Bereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein nachweise. Der Zulassungsausschuss für Zahnärzte im Zulassungsbezirk Schleswig-Holstein hat auf sein Schreiben vom 29. August 2007 den Versorgungsauftrag durch Beschluss vom 19. September 2007 mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2007 auf die Hälfte beschränkt (§ 19a Abs. 2 Zahnärzte-ZV).

Das Sozialgericht hat den Eilantrag durch Beschluss vom 19. September 2007 abgelehnt und den Streitwert auf 5.000 EUR festgesetzt. Dem Antrag mangele es bereits an einem Anordnungsgrund. Der Antragsteller habe auf eigenes Risiko gehandelt, da er trotz ausstehender bzw. nicht bestandskräftiger Zulassungsentscheidungen Verpflichtungen eingegangen sei, die er nur mithilfe der Zulassung erfüllen könne. Im Übrigen sei die Rechtsauffassung des Antragsgegners bei summarischer Prüfung nicht offensichtlich rechtswidrig. Die durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz (VÄndG) vom 22. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3439) über § 95 Abs. 3 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i. V. m. § 19a Abs. 2 Satz 1 Zahnärzte - ZV geschaffene Möglichkeit der Beschränkung des Versorgungsauftrages besage vom Wortlaut her nicht eindeutig, dass damit auch die Möglichkeit zweier Teilzulassungen an verschiedenen Orten (zumal in Bezirken verschiedener Kassenzahnärztlicher Vereinigungen) bestehe. Vielmehr sei die Rechtsfrage offen. Deren Klärung müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Auf den Auffangstreitwert von 5.000 EUR habe zurückgegriffen werden müssen, weil es sich bei der begehrten vorläufigen Zulassung um eine Neuzulassung handele und insoweit keine Vergleichsumsatzzahlen vorlägen.

Gegen den Beschluss vom 19. September 2007 richtet sich die an 21. September 2007 eingelegte Beschwerde des Antragstellers. Die Rechtslage sei eindeutig; die Aufhebung des Verbots der Eintragung in mehrere Arztregister habe seinen Weg in die Endfassung des VÄndG - mit einer hierauf bezogenen, dem Wortlaut nach eindeutigen - eine andere Auslegung nicht zulassenden - Gesetzesbegründung gefunden. Die Streichung des § 4 Abs. 1 Satz 3 Zahnärzte-ZV a. F. sei insbesondere nicht nur im Hinblick auf die Anstellung von Zahnärzten erfolgt. Er habe somit einen Anspruch auf Teilzulassung. Im Bereich der vertragsärztlichen Versorgung sei die Ermöglichung zweier Teilzulassungen - auch in Bezirken verschiedener Kassenärztlicher Vereinigungen (KV) - geübte Praxis (vgl. KV Thüringen, Infomaterial VÄndG- Stand: 26. Juni 2007, Bl. 242 Gerichtsakten ( GA )). Diese entspreche der Rechtsauffassung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und der Spitzenverbände der Krankenkassen (vgl. § 1a Nr. 4a, 15 Nr. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte ( BMV-Ä )). Er könne seine Residenzpflicht in Hamburg auch erfüllen, wenn er seinen Wohnsitz in K. beibehalte. Jedenfalls sei es unverhältnismäßig, wenn der Antragsgegner seine ablehnende Entscheidung auf die Residenzpflicht gründe, ohne ihm aufzuerlegen, dieser auf andere Weise zu genügen. Die erheblichen finanziellen Verpflichtungen (Belastungen) sei er im Vertrauen auf die eindeutige Rechtslage eingegangen, sie dürften bei der Beurteilung der Zumutbarkeit eines Verweises auf die Hauptsache nicht unberücksichtigt bleiben. Solche Dispositionen müsse ein Zahnarzt, der eine Zulassung beantrage, bereits vor Antragstellung, zumindest vor der Entscheidung des Zulassungsausschusses, treffen, insbesondere hinsichtlich des geplanten Vertragszahnarztsitzes und des Praxisinventars. Auf Grund der eindeutigen Rechtslage seien im Übrigen keine übermäßigen Anforderungen an das Vorliegen des Anordnungsgrundes zu stellen. Im Hinblick auf den Aspekt der berufsbezogenen Zulassung, insbesondere die Betroffenheit grundrechtlich gesicherter Positionen, gehe der Hinweis fehl, eine einstweilige Anordnung würde vorliegend die Hauptsache teilweise vorweg nehmen. Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes erfordere dies hier, weil ein Unterliegen in der Hauptsache praktisch ausgeschlossen erscheine.

Der Antragsgegner tritt der Beschwerde entgegen. Der Antragsteller sei seine erheblichen wirtschaftlichen Risiken bewusst eingegangen. Der geltend gemachte Teilzulassungsanspruch lasse sich keineswegs eindeutig dem VÄndG, dem SGB V oder der Zahnärzte-ZV entnehmen. Vielmehr deute das Unterbleiben weiterer Regelungen zur Residenzpflicht und zu Zweigpraxen darauf hin, dass der Gesetzgeber zunächst möglicherweise angedachte Änderungen des Zulassungsrechts - insbesondere räumlich getrennte Teilzulassungen - letztlich nicht umgesetzt habe und auch nicht umsetzen habe wollen.

Die Beigeladene zu 1) hält einen Ausnahmefall, in welchem im Wege der einstweiligen Anordnung eine vorläufige Zulassung eines Zahnarztes als Vertragszahnarzt erfolgen könne, nicht für gegeben. Für die begehrte Teilzulassung gelte dies erst recht. Von gravierenden wirtschaftlichen Nachteilen oder gar einer Existenzgefährdung des Antragstellers könne keine Rede sein. Im Übrigen sei er seinen Verpflichtungen in Kenntnis der unsicheren Rechtslage eingegangen. Damit verbundene Risiken habe er selbst zu verantworten. Insbesondere sei die Ablehnung der Teilzulassung durch den Antragsgegner nicht offensichtlich rechtswidrig. Die einschlägigen Vorschriften des VÄndG seien mit der heißen Nadel gestrickt. Absichten, die sich in den Gesetzesmaterialien fänden, seien nicht verwirklicht, Folgen nicht bedacht und nicht geregelt worden. Das VÄndG lasse vor allem notwendige Klarstellungen - insbesondere zur Residenzpflicht, die der Antragsteller nicht erfüllen könne, und zu den Zweigpraxen - vermissen. Auch sei offen, ob durch die begehrte Teilzulassung einerseits die Versorgungssituation in Hamburg verbessert und andererseits die Versorgungssituation in K. nicht verschlechtert werde (vgl. § 24 Zahnärzte-ZV).

Die Beigeladenen zu 2) bis 6) haben sich nicht geäußert.

II.

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz ( SGG )), der das Sozialgericht nicht abgeholfen und die es dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt hat (§ 174 SGG), ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat den Eilantrag im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die Voraussetzungen des § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG liegen nicht vor. Hiernach sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Es liegt aber weder ein Anordnungsgrund vor noch ist ein Anordnungsanspruch derart zweifelsfrei gegeben, dass an den Anordnungsgrund, auf den nicht verzichtet werden kann, nur abgeschwächte oder gar geringfügige Anforderungen gestellt zu werden brauchen.

Anordnungsgrund ist die Notwendigkeit zur Abwendung wesentlicher Nachteile. Es soll vermieden werden, dass der Antragsteller vor vollendete Tatsachen gestellt wird, bevor er wirksamen Rechtsschutz erlangen kann. Entscheidend ist, ob dem Antragsteller nach den Umständen des Einzelfalls zumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Hierbei kommt es auf eine Interessenabwägung an. Wesentliche Nachteile liegen z. B. vor, wenn der Antragsteller ohne die einstweilige Anordnung unmittelbar von Insolvenz bedroht ist bzw. die Schließung seines Betriebes - seiner Praxis - zu befürchten ist oder eine konkrete Gefährdung der Existenz oder sogar die Vernichtung der Lebensgrundlage droht. Erhebliche wirtschaftliche Nachteile, die entstehen, wenn das Ergebnis eines langwierigen Hauptsacheverfahrens abgewartet werden müsste, können ausreichen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., § 86b Rdnr 28).

Die Entscheidung des Antragsgegners hat dem Antragsteller keine wesentlichen Nachteile beschert, ist jedenfalls für solche nicht ursächlich. Vielmehr hat er bereits, bevor der Zulassungsausschuss über seinen Antrag vom 9. Mai 2007 am 20. Juni 2007 befunden hat, den Mietvertrag vom 4. April 2007 abgeschlossen und ist während des Verwaltungs- und Vorverfahrens weitere Verbindlichkeiten eingegangen, die ebenfalls in sein eigenes Risiko fallen. Dazu gehört auch, dass er am 29. August 2007 beantragt hat, seine Vollzulassung in Schleswig-Holstein auf den hälftigen Versorgungsauftrag zu beschränken, und diesen Antrag aufrecht erhalten hat, nachdem der Antragsgegner seinen Widerspruch am 5. September 2007 zurückgewiesen hatte, so dass der Zulassungsausschuss in Schleswig-Holstein seinen Versorgungsauftrag am 19. September 2007 beschränkt hat. Letzteres hätte der Antragsteller selbst nach Erhalt des Widerspruchsbescheides vom 20. September 2007 noch verhindern können, wenn er seinen Antrag in Schleswig-Holstein zurückgenommen oder gegen die dortige Entscheidung vom 19. September 2007 Widerspruch eingelegt hätte, wodurch er in den Vorteil der aufschiebenden Wirkung (§ 96 Abs. 4 Satz 2 SGB V) gekommen wäre. Dass er auf vertragszahnärztlichem Gebiet derzeit Einkünfte nur aus der Wahrnehmung eines halben Versorgungsauftrages erzielen kann, ist seiner Verantwortungssphäre zuzurechnen. Der Senat vermag daher der Auffassung des Antragstellers (Schriftsatz vom 19. September 2007) nicht zu folgen, nach welcher der Anordnungsgrund bereits darin besteht, dass seine zulassungsrechtliche Position nur dadurch (wieder) hergestellt werden kann, dass die einstweilige Anordnung mit Wirkung einer weiteren Teilzulassung per 1. Oktober 2007 oder alsbald ergeht.

Im Übrigen hat der Antragsteller eine wirtschaftliche Notlage auch nicht glaubhaft gemacht. Seine finanziellen Aufwendungen für die von ihm geplante Hamburger Teilzulassungspraxis dürften im Ergebnis in nicht unbedeutendem Maße seiner Ehefrau zu Gute kommen, die seit 1. September 2007 in der R.-Chaussee eine Vertragszahnarztpraxis betreibt, also die angemieteten Räume und die geleasten Geräte nutzen dürfte. Durch das von ihr dort erzielte vertragszahnärztliche und privatzahnärztliche Honorar können die vom Antragsteller eingegangenen Verpflichtungen - zumindest zu einem Großteil - abgedeckt werden. Aber auch der Antragsteller kann in Hamburg - neben seiner beschränkten K. Zulassung - privatzahnärztlich tätig sein und hierdurch sowohl zur weiteren Auslastung der entsprechenden Räumlichkeiten und Geräte als auch durch die vertragszahnärztlich und privatzahnärztlich erzielten bzw. erzielbaren Einkünfte zur Tilgung der Verbindlichkeiten beitragen. Für die gegenteilige Annahme ist der Antragsteller die Glaubhaftmachung (§ 920 Zivilprozessordnung iVm § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG) schuldig geblieben; dies hätte u. a. der Offenlegung seiner Vermögens- und Einkommensverhältnisse bedurft. Dies ist nicht geschehen.

Sollte der Antragsteller - was nicht glaubhaft gemacht ist - durch seine auf Gründung einer vertragszahnärztlichen Praxis mit halbem Versorgungsauftrag in Hamburg abzielenden wirtschaftlichen Entscheidungen in eine wirtschaftliche Notlage mit drohender Existenzgefährdung gekommen sein, so hätte er dies selbst zu vertreten. Denn er konnte, insbesondere nach dem Gespräch beim Zulassungsausschuss am 4. April 2007, nicht davon ausgehen, dass sein Antrag ohne weiteres befürwortet werden würde. Das finanzielle Interesse und das wirtschaftliche Risiko bei voreiliger Gründung einer Praxis reichen im Vertragarztrecht grundsätzlich nicht aus, um die Zulassung zur Vertragsarztpraxis im Wege einstweiliger Anordnung zu erlangen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., § 86b Rdnr. 34). Nichts anderes kann für den vorliegenden Fall gelten. Bei einer Folgenabwägung brauchen deshalb die etwa nunmehr beim Antragsteller eingetretenen schlechteren wirtschaftlichen Verhältnisse nicht einbezogen zu werden.

Von den vorstehend aufgezeigten Anforderungen an das Vorliegen eines Anordnungsgrundes können hier keine erheblichen Abstriche gemacht werden. Denn der Anordnungsanspruch liegt hier keinesfalls klar zu Tage. Es ist nicht offensichtlich, dass der Antragsteller einen Anspruch auf vertragszahnärztliche Teilzulassung in Hamburg hat (solange er in K. noch über eine solche verfügt).

Zwar heißt es im Bericht des 14. Ausschusses vom 25. Oktober 2006 zu der vom 14. Ausschuss vorgeschlagenen - Gesetz gewordenen - Streichung des § 4 Abs. 1 Satz 3 Ärzte-ZV/Zahnärzte-ZV a. F. (BT-Drucks. 16/3157, S. 19, 20), dass nach künftig geltendem Recht ein Vertrags(zahn)arzt in Bezirken verschiedener Kassen(zahn)ärztlicher Vereinigungen "sog. Teilzulassungen" (vgl. zu diesem Begriff BT-Drucks. 16/2474, S. 16, 21, 28) erhalten kann und dieser Vertrags(zahn)arzt nicht nur in beiden Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen Mitglied werden, sondern auch in zwei Zahnarztregistern eingetragen werden soll. Aus diesem Grund werde § 4 Abs. 1 Satz 3 Ärzte-ZV/Zahnärzte-ZV gestrichen, der die Eintragung in ein weiteres Arztregister ausschließt. Außerdem stellt die allgemeine Begründung des VÄndG klar, dass Vertragzahnärzte außerhalb ihres Vertragsarztsitzes an weiteren Orten vertragszahnärztlich tätig sein dürfen (BT-Drucks. 16/3157, S. 10; BT-Drucks. 16/2474, S. 2, 16). Indem der Antragsteller sich hierauf und auf die seine Auffassung stützenden Stimmen in der Literatur beruft, hat er jedoch noch keinen eindeutigen, zweifelsfreien Anordnungsanspruch auf seine hälftige Zulassung im Bezirk der Beigeladenen zu 1) dargetan.

Die Begründung des 14. Ausschusses zur Streichung der §§ 4 Abs. 1 Nr. 3 Ärzte-ZV/Zahnärzte-ZV, gibt zwar einen Hinweis dafür, dass ein Vertragszahnarzt zwei Teilzulassungen haben kann, eignet sich als normative Rechtsgrundlage für die vom Antragsteller erstrebte zweite "Teilzulassung" aber kaum. Da die Zahnärzte-ZV auch für medizinische Versorgungszentren und die dort und bei Vertragszahnärzten angestellten Zahnärzte entsprechend gilt (§ 1 Abs. 3 Zahnärzte-ZV), ist es ebenso gut möglich, dass die Ermöglichung der Eintragung in zwei Arztregister der Förderung anderer Versorgungskonstellationen - wie etwa Anstellungsverhältnisse von Zahnärzten im Bereiche zweier Kassenzahnärztlicher Vereinigungen - dienen soll.

Im Übrigen ergibt sich weder aus dem SGB V noch aus der Zahnärzte-ZV, die nach § 95 Abs. 2 Satz 4 SGB V das Nähere über die Zulassung regelt, klar und unmissverständlich, dass ein Vertragszahnarzt zwei Teilzulassungen mit je einem halben Versorgungsauftrag in den Bezirken zweier Kassenzahnärztlicher Vereinigungen erhalten kann. Nach wie vor bestimmt § 95 Abs. 1 Satz 7 SGB V, dass die Zulassung für den Ort der Niederlassung als Zahnarzt (Vertragszahnarztsitz) erfolgt, und § 95 Abs. 3 Satz 1 SGB V i. d. F. des Art. 1 Nr. 5 Buchst. c VÄndG, dass sie bewirkt, dass der Vertragszahnarzt Mitglied der für seinen Kassenzahnarztsitz zuständigen Kassenzahnärztlichen Vereinigung wird und zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden zeitlich vollen oder hälftigen Versorgungsauftrags berechtigt und verpflichtet wird. Von der Möglichkeit zweier Vertragszahnarztsitze eines zugelassenen Vertragszahnarztes in den Bezirken verschiedener Kassenzahnärztlicher Vereinigungen ist weder im SGB V noch in der Zahnärzte-ZV, insbesondere nicht in §§ 18, 19a, 24 Zahnärzte-ZV, die Rede. Auch aus den Vorschriften über die Möglichkeit der Entziehung der hälftigen Zulassung ergibt sich für den Standpunkt des Antragstellers nichts. Soweit § 19a Abs. 2 Satz 1 Zahnärzte-ZV den Vertragzahnarzt berechtigt, seinen Versorgungsauftrag auf die Hälfte zu beschränken, ist es zwar ebenfalls möglich, dass auf Antrag schon bei der Erstzulassung eine Zulassung nur im Umfange eines hälftigen Versorgungsauftrags erfolgt (vgl. § 18a Abs. 1 Satz 3 Buchst. c Zahnärzte-ZV; BT-Drucks. 16/2474, S. 32). Jedoch dürften der Wortlaut des § 24 Abs. 3 Zahnärzte-ZV und die zu dieser Vorschrift erfolgte Begründung der Bundesregierung (BT-Drucks. 16/2474, S. 10, 32) mehr dafür sprechen, dass der Gesetzgeber das Tätigwerden eines im Bezirk einer Kassenzahnärztlichen Vereinigung zugelassenen Vertragszahnarztes im Bezirk einer anderen Kassenzahnärztlichen Vereinigung lediglich im Rahmen einer bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zu erteilenden und für diesen Tatbestand für sachgerecht gehaltenen Ermächtigung hat zulassen wollen. Die Ermächtigung nach § 24 Abs. 3 Satz 3 Zahnärzte-ZV setzt u. a. voraus, dass die Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 Satz 1 Zahnärzte-ZV (Verbesserung der Versicherten an dem weiteren Ort und Nichtbeeinträchtigung der ordnungsgemäßen Versorgung der Versicherten am Ort des Vertragsarztsitzes) gegeben sind und dass vorher die beteiligen Kassenzahnärztlichen Vereinigungen und der Zulassungsausschuss, in dem der betreffende Vertragszahnarzt seinen Vertragszahnarztsitz hat, gehört werden. Nicht ohne gewisse Berechtigung führt der Antragsgegner in seiner Antragserwiderung daher aus, dass die zu den "Zweigpraxen" ergangenen - restriktiven - Regelungen des § 24 Abs. 3 Zahnärzte-ZV unterlaufen würden, wenn man "zwei Teilzulassungen" zuließe, zumal die "Teilzulassung" in erster Linie zur Flexibilisierung der beruflichen Betätigungsmöglichkeiten (insbesondere auch für (Zahn- )Ärztinnen und Psychotherapeutinnen), vor allem zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sowie zur besseren Bewältigung von Unterversorgungssituationen vorgesehen ist (vgl. BT-Drucks. 16/3157, S. 10, 16).

Der Bundesmantelvertrag-Zahnärzte trifft, wie der Antragsteller selbst vorbringt, keine Regelung, nach der zwei "Teilzulassungen" nach § 19a Zahnärzte-ZV zulässig sind. Soweit der Antragsteller auf den Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) hinweist, nach welchem (vgl. "Begriffsbestimmungen") zu einer "KV-bereichsübergreifenden Berufsausübung" das Tätigsein eines Vertragsarztes "mit zwei Teilzulassungen nach § 19a Ärzte-ZV" gehört, betrifft diese Regelung nicht die Vertragszahnärzte. Sie erscheint im Hinblick auf die in § 24 Abs. 4 Satz 2 Ärzte-ZV den Vertragspartnern des BMV-Ä eingeräumte Regelungskompetenz, die sich lediglich auf Fälle des § 24 Abs. 3 Ärzte-ZV erstreckt, zudem rechtlich auch fragwürdig.

Dass im Bereiche einiger Kassenärztlicher Vereinigungen sich die Zulassungspraxis eher in Richtung der Auffassung des Antragstellers zu entwickeln scheint, vermag den Senat nicht davon zu überzeugen, dass der Anordnungsanspruch offensichtlich oder zweifelsfrei ist.

Die Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung. Es entspricht der Billigkeit, dem Antragsteller die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) aufzuerlegen, da sie einen eigenen Antrag gestellt und durch ihr schriftsätzliches Vorbringen das Verfahren wesentlich gefördert hat.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 47 Abs. 2, 63 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Wie sich aus dem Handbuch der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung für das Jahr 2006 ergibt, betrug der steuerliche Einnahmenüberschuss (Umsatz minus Kosten) je vertragszahnärztlichem Praxisinhaber im Jahre 2005 (auf volle tausend EUR abgerundet) 111.000 EUR. Der Senat legt für das Anordnungsverfahren nicht, wie im Hauptsacheverfahren der Vollzulassung üblich, drei Jahresbeträge, sondern nur einen Jahresbetrag zugrunde. Da eine einstweilige Zulassung nur im Umfang eines hälftigen Versorgungsauftrags begehrt wird, hat der Senat einen Streitwert von 55.500 EUR festgesetzt. Er hat außerdem von der in § 65 Abs. 3 GKG eingeräumten Berechtigung Gebrauch gemacht, die erstinstanzliche Festsetzung entsprechend zu ändern (vgl. BSG 19. September 2006 - B 6 KA 30706 B, juris).

Diese Entscheidung kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§§ 177 SGG, 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Rechtskraft
Aus
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