Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 12 RA 139/03
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 R 148/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 11. Juli 2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob der Kläger für die Beigeladene zu 1) nicht selbständig tätig war.
Der Kläger ist Rechtsanwalt. Er war für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1. April 2001 bis 31. Dezember 2003 als Geschäftsführer tätig, ohne selbst Gesellschafter der Beigeladenen zu 1) gewesen zu sein. Zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1) war am 5. Januar 2001 ein "Geschäftsführer-Anstellungsvertrag" geschlossen worden, wonach zum Aufgabengebiet des Klägers die Leitung der Zweigniederlassung der Gesellschaft in Hamburg und alle für Rechtsanwälte zulässigen Tätigkeiten gehörten. Der Kläger sollte seine Arbeitskraft der Gesellschaft zur Verfügung stellen und die ihm übertragenen Arbeiten eigenverantwortlich ausführen. An fachliche Weisungen war er nicht gebunden. Er war alleinvertretungsberechtigt und vom Verbot des Selbstkontrahierens befreit. Der Kläger erhielt eine Brutto-Jahresvergütung in Höhe von 120.000 DM, zu zahlen in zwölf gleichen Beträgen jeweils zum Monatsende. Darüber hinaus stand ihm eine vom Jahresüberschuss der Niederlassung Hamburg abhängige Tantieme zu, desgleichen ein Urlaubsanspruch und Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung im Falle von unverschuldeter Krankheit. Außerdem sollte er eine Nebentätigkeit nicht ausüben dürfen. Auch eine Konkurrenzklausel war vereinbart.
Vor und nach seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) war der Kläger überwiegend als selbständiger Rechtsanwalt tätig.
Im März 2001 teilte die Beigeladene zu 1) der Beigeladenen zu 2) den Anstellungsvertrag des Klägers mit und bat um verbindliche Beurteilung der Sozialversicherungspflicht. Dabei wies sie darauf hin, dass der Kläger an fachliche Weisungen nicht gebunden und in der Einteilung seiner Arbeitszeit frei sei. Am wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft werde er durch eine Tantieme beteiligt. In der Hamburger Zweigniederlassung seien neben ihm weitere Rechtsanwälte oder Geschäftsführer nicht tätig, sodass ihm die weisungsfreie Leitung dieser Zweigniederlassung obliege. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sei daher nicht gegeben.
Im Juni 2001 beantragte der Kläger selbst gegenüber der Beklagten - bundesweite Clearing-Stelle für sozialversicherungsrechtliche Statusfragen - die Entscheidung über die Versicherungspflicht nach § 7 a Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) sowie die Feststellung, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nach § 7 Abs. 1 SGB IV nicht bestehe. In diesem Zusammenhang füllte er einen vorformulierten Fragebogen aus (vgl. Bl. 16 f. der Verwaltungsakten).
Mit Bescheid vom 12. November 2001 stellte die Beklagte im Verfahren nach §§ 7 a ff. SGB IV fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) ab 1. April 2001 im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Nicht am Kapital einer GmbH beteiligte Geschäftsführer (sogenannte Fremdgeschäftsführer) unterlägen grundsätzlich der Sozialversicherungspflicht aufgrund des Vorliegens eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. So verhalte es sich auch beim Kläger. Er habe keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft, da er nicht am Stammkapital beteiligt sei und nicht einmal eine Sperrminorität besitze. Auch wenn ihm hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Ausübung der Geschäftsführung weitgehende Gestaltungsfreiheit belassen sei, bleibe seine Arbeitsleistung fremdbestimmt, da er sich als Geschäftsführer in eine von der Gesellschaft vorgegebene Ordnung des Betriebes eingliedere. Seine Weisungsgebundenheit verfeinere sich, wie bei Diensten höherer Art, zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage er kein unternehmerisches Risiko. Über den Beginn der Versicherungspflicht ergehe ein gesonderter Bescheid (letzteres ist bisher nicht geschehen).
Der Kläger erhob Widerspruch und machte geltend, die Beklagte verkenne den Unterschied zwischen seiner gesellschaftsrechtlichen Organstellung und dem Dienstverhältnis. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Beklagte feststellen könne, er bleibe in seiner Arbeitsleistung fremdbestimmt. Tatsache sei, dass er bei seiner beruflichen Tätigkeit dem anwaltlichen Berufsrecht unterliege. Gesellschaftsrechtlichen oder dienstrechtlichen Vorgaben unterliege er hingegen nicht. Er erledige seine Arbeit alleinverantwortlich, bestimme die Art der Mandatsbearbeitung und entscheide über die Annahme oder Ablehnung von Mandaten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2003 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück: Die Tatsache, dass Rechtsanwälte dem anwaltlichen Berufsrecht verpflichtet seien und dass der Rechtsanwaltsberuf ein sogenannter freier Beruf sei, sei kein Widerspruch zum Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung; abhängige Beschäftigungsverhältnisse zwischen Anwaltskanzleien und angestellten Rechtsanwälten seien durchaus typisch.
Der Widerspruchsbescheid wurde am 24. Februar 2003 zur Post gegeben. Am 25. März 2003 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Hamburg Klage erhoben.
Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger ausgeführt, nach der ausdrücklichen Regelung im Anstellungsvertrag sei er als Geschäftsführer in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung keinerlei Weisungen unterworfen gewesen. Insbesondere habe er allein über die Annahme oder Ablehnung von Mandaten entschieden, über die Abrechnung geleisteter Tätigkeiten sowie über alle weiteren geschäftlichen Entscheidungen der Zweigniederlassung Hamburg der Beigeladenen zu 1). Eine Entscheidung gegen seinen Willen hätte auch die Gesellschafterversammlung nicht durchsetzten können, da hierfür aufgrund seiner faktischen Stellung, aber auch aufgrund der berufsrechtlichen Vorschriften die Mitwirkung und Umsetzung durch ihn erforderlich gewesen sei, gleichzeitig ihm aber nach den vertraglichen Vereinbarungen und auch nach den berufsrechtlichen Bestimmungen keine Weisungen hätten erteilt werden dürfen. Nach dem Gesamtbild seiner beruflichen Stellung habe er die Zweigniederlassung wie ein Alleininhaber geleitet, zumal er auch an deren wirtschaftlichem Erfolg durch eine Tantieme beteiligt gewesen sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei er nicht in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen. Diese verkenne insbesondere, dass seine Stellung als Geschäftsführer mit der Stellung angestellter Rechtsanwälte in Rechtsanwaltskanzleien nicht vergleichbar sei. Zum einen dürften Rechtsanwälte Zweigniederlassungen einer Rechtsanwaltsgesellschaft nur dann leiten, wenn sie zugleich Geschäftsführer seien. Zum anderen könnten angestellte Rechtsanwälte aufgrund der berufsrechtlichen Vorschriften nur in Rechtsanwaltskanzleien tätig sein, in denen auch der Inhaber selbst den Beruf ausübe. Auch diesen angestellten Rechtsanwälten dürften zwar fachliche Weisungen nicht erteilt werden, allerdings bestehe dort die Möglichkeit, Entscheidungen gegen den Willen eines angestellten Rechtsanwalts durchzusetzen, indem der Inhaber die Durchsetzung dieser Entscheidung an einen anderen angestellten Rechtsanwalt delegiere oder selbst erledige. Diese Möglichkeit habe in seinem, des Klägers, Falle nicht bestanden. Auch wenn es innerhalb enger Grenzen möglich gewesen sein möge, dass die Gesellschafterversammlung ihm in Bezug auf die Kanzleiorganisation Weisungen erteile, sei dies hier tatsächlich ausgeschlossen gewesen, da Entscheidungen gegen seinen Willen nicht hätten durchgesetzt werden können. Tatsächlich sei sein Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft in Bezug auf die Zweigniederlassung Hamburg so stark gewesen, dass gegen seinen Willen keine Entscheidung hätte getroffen werden können. Dieser tatsächliche Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft sei jedoch ausreichend, um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen. Aufgrund der Tatsache, dass er der einzige Berufsträger in der Zweigniederlassung Hamburg gewesen sei, sei ihm eine Stellung zugekommen, welche der Stellung eines mit den Gesellschaftern durch Familienbande verbundenen Geschäftsführers entspreche, sodass von der Regelbeurteilung abzuweichen und ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen sei.
Vor Eintritt in die Gesellschaft sei er als Rechtsanwalt selbständig tätig gewesen. Er habe in die Gesellschaft seine Mandate eingebracht und weiter selbständig bearbeitet. Über seine Geschäftstätigkeit habe er den Gesellschaftern nicht einmal Bericht erstatten müssen, ebenso wenig wie er verpflichtet gewesen sei, die organisatorischen Verhältnisse in Hamburg zu offenbaren. Damit habe keine tatsächliche Grundlage bestanden, um Weisungen zu erteilen oder Entscheidungen zu treffen; letztere seien vielmehr seiner Beurteilung überlassen worden. Die Kontakte zur Niederlassung in F. seien, dem Sinn des Zusammenschlusses entsprechend, stets kooperativ und partnerschaftlich gewesen. Der Sinn der wechselseitigen Vereinbarungen habe darin gelegen, Synergieeffekte zu erzielen. Es sei nicht darum gegangen, wie bei einer Handelsgesellschaft eine gemeinsame Geschäftsidee zu verwirklichen und den Gesellschaftszweck mit einer Kapitalausstattung gemeinsam umzusetzen. Damit entfalle bei Rechtsanwaltsgesellschaften auch das Bedürfnis der Inhaber und Eigenkapitalgeber zu kontrollieren, was mit dem Kapital geschehe, wofür es verwandt werde, und ggf. selbst einzugreifen und Entscheidungen zu treffen.
Mit Urteil vom 11. Juli 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht festgestellt, dass der Kläger als Fremdgeschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) seine Tätigkeit im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses nach § 7 Abs. 1 SGB IV ausgeübt habe. Die persönliche Abhängigkeit stelle das wesentliche Merkmal eines Beschäftigungsverhältnisses dar. Sie bedeute Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Das Weisungsrecht könne allerdings besonders bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt sein. Kennzeichnend für eine selbständige Tätigkeit sei demgegenüber das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die Möglichkeit, frei über Arbeitsort und -zeit zu verfügen. Im Zweifel komme es darauf an, welche Merkmale überwiegen. Hier sprächen die überwiegenden Umstände für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Der Kläger sei nicht Gesellschafter der Beigeladenen zu 1) gewesen; formell betrachtet habe er Gesellschaftsbeschlüsse nicht verhindern können. Weitere Indizien für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses seien die vertraglich festgelegten Ansprüche auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und auf Erholungsurlaub, desgleichen das Verbot der Ausübung einer Nebentätigkeit. Die Frage, ob der Kläger ein für einen Selbständigen typisches Unternehmerrisiko getragen habe, lasse sich allerdings nicht eindeutig beantworten. Insoweit ergebe sich ein uneinheitliches Bild. Zwar habe ihm eine feste Vergütung zugestanden, gleichzeitig jedoch auch eine an den Jahresüberschuss gekoppelte Zusatzvergütung. Gerade das Abstellen dieser Zusatzvergütung auf den Jahresüberschuss der Niederlassung, in welcher er als einziger Rechtsanwalt tätig gewesen sei, führe zu einer gewissen Verknüpfung des Erfolges der Tätigkeit mit seinem Einkommen. Andererseits sei zu beachten, dass vertraglich großzügige Kündigungsfristen eingeräumt worden seien. In deren Rahmen habe nicht der Kläger, sondern die Beigeladene zu 1) das Beschäftigungsrisiko getragen. Somit stelle sich die Situation anders dar als bei einem selbständigen Auftragnehmer. Auch der Umstand, dass der Kläger der Beigeladenen zu 1) weder ein Darlehen gewährt noch für sie eine Bürgschaft übernommen habe, spreche für das Fehlen eines unternehmerischen Risikos. Was die Weisungsgebundenheit und die Eingliederung des Klägers in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) betreffe, habe er die Niederlassung in Hamburg zwar völlig eigenständig und in fachlicher Hinsicht frei von Weisungen geführt. Insoweit habe sich diese Tätigkeit nicht von der eines selbständigen Rechtsanwalts in eigener Kanzlei unterschieden. Allerdings könne das Weisungsrecht besonders bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sei. In diesem Zusammenhang sei bedeutend, dass der Kläger nicht befugt gewesen sei, selbständig Personal einzustellen und zu entlassen. Daraus resultiere, dass er auf die personelle Besetzung der von ihm geführten Niederlassung keinen entscheidenden Einfluss gehabt habe. Auch der Gestaltung des Briefpapiers lasse sich entnehmen, dass der Kläger zwar fachlich habe unabhängig arbeiten können, sich jedoch in organisatorischer Hinsicht als Teil der Beigeladenen zu 1) dargestellt habe.
Das Urteil ist dem Kläger am 20. Juli 2005 zugestellt worden. Am 19. August 2005 hat er Berufung eingelegt.
Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor, das Sozialgericht verkenne seine tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse. Die Niederlassung in Hamburg sei eine eigenständige Einheit gewesen, in welcher er völlig selbständig tätig gewesen sei. Die Niederlassung hätte auch eine gesonderte Gesellschaft sein können, ohne dass irgendwelche Änderungen eingetreten wären. Er sei nicht nur alleine verantwortlich für die Akquirierung von Mandaten gewesen, sondern der allein auf seiner Tätigkeit fußende Erfolg der Niederlassung sei für seine Beschäftigung ausschlaggebend gewesen. Abgesehen davon habe er seine laufenden Mandate aus der davorliegenden Einzelanwaltstätigkeit in die Gesellschaft eingebracht, desgleichen seinen Mandantenstamm. Hätte er nicht ausreichend Umsätze erzielt, wäre das Anstellungsverhältnis beendet worden. Es sei unrealistisch anzunehmen, er hätte sich dabei auf eine Kündigungsfrist berufen. Denn selbstverständlich sei ungeschriebene Voraussetzung seiner Tätigkeit gewesen, dass er sein Gehalt und die sonst anfallenden Kosten durch die von ihm erwirtschafteten Umsätze verdiene. Auf etwas anderes hätte er sich auch nicht eingelassen, denn es sei ihm nicht darum gegangen, einen Job zu finden, sondern Synergien aus dem Zusammenschluss mit anderen Anwälten zu erzielen. In welcher gesellschaftsrechtlichen Konstruktion dies geschehe, sei bedeutungslos gewesen. Dabei sei zu bedenken, dass er bereits seit 1988 selbständig als Rechtsanwalt tätig sei. Man könne ihn daher nicht mit einem Berufsanfänger ohne eigene Mandate vergleichen. Vielmehr habe er bereits vor Beginn seiner Geschäftsführertätigkeit über ausreichend eigene Mandanten und Mandate verfügt, um zu existieren und seine Kanzlei weiter auszubauen. Ferner verkenne das Gericht die Besonderheiten einer Anwaltsgesellschaft. Wenn es darauf hinweise, er habe der Gesellschaft kein Darlehen gegeben oder gebürgt, so sei dieses Argument offenbar dem Fall einer produzierenden Gesellschaft entlehnt, in der Kundenaufträge vorfinanziert und Maschinen angeschafft werden müssten. Derartige Vorgänge fänden sich bei einer Anwalts-GmbH nicht. Genauso selbstverständlich sei gewesen, dass der "bezahlte" Urlaub von ihm selbst verdient werde. Hinsichtlich der Personaleinstellung sei praktisch eine Mitsprache der Gesellschafter nicht möglich gewesen, und sie habe auch nicht stattgefunden. Die Mitarbeiterin in der Kanzlei in Hamburg habe er selbst gesucht und mit ihr verhandelt. Selbstverständlich habe er daher den entscheidenden Einfluss auf die Einstellung gehabt. Nicht auf die Regelung in Verträgen komme es an, sondern auf die tatsächliche Ausgestaltung. Mit seiner Argumentation zur äußeren Darstellung des Briefpapiers verkenne das Sozialgericht dessen Funktion. Teil der Synergieüberlegungen sei gewesen, dass er in der Außendarstellung einen Zusammenschluss mehrerer Rechtsanwälte habe nutzen können. Dies als Argument für eine Weisungsgebundenheit oder organisatorische Eingliederung zu nutzen, verkehre die tatsächlichen Verhältnisse ins Gegenteil. Soweit in diesem Zusammenhang auf Antworten in dem ihm übersandten Fragebogen abgestellt werde, passten die entsprechenden Fragen nicht auf seine Situation.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 11. Juli 2005 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 12. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2003 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gewesen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 11. Juli 2005 sowie unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 12. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2003 festzustellen, dass der Kläger seine Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) in dem Zeitraum vom 1. April 2001 bis zum 31. Dezember 2003 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat.
Die übrigen Beigeladenen stellen keine Anträge.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts.
Die Beigeladene zu 1) tritt dem Kläger in seiner Argumentation bei.
Die Sachakten der Beklagten sowie die Akten des Sozialgerichts Nürnberg im Verfahren S 3 RA 113/03 haben vorgelegen. Auf ihren sowie auf den Inhalt der Prozessakten wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nach den Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden und daher zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kläger war als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) versicherungspflichtig beschäftigt.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, der Pflege-, der Renten- und der Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- und Beitragspflicht. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung sowie eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung, welches sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen wird (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 23. November 2006, ZIP 2007 S. 545). Weichen die tatsächlichen Verhältnisse von der vertraglichen Vereinbarung ab, so haben die tatsächlichen Gegebenheiten ausschlaggebende Bedeutung. Erlauben weder die tatsächlichen Umstände noch die vertraglichen Vereinbarungen eine Entscheidung darüber, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, kann Bedeutung erlangen, von welcher der beiden Arten von Erwerbstätigkeit das Berufsleben des Versicherten überhaupt geprägt ist. Dies rechtfertigt sich daraus, dass aus dem bisherigen Status im Erwerbsleben aus den Willen des Versicherten geschlossen werden kann, diesen Status nicht zu verändern (Breitrück/Dücker et al., SGB IV, Texte und Erläuterungen, 16. Aufl., § 7, S. 69, m.N. aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts).
Dies vorausgeschickt, sprechen die überwiegenden Umstände für eine nicht selbständige Tätigkeit des Klägers. Das belegen die Regelungen in dem Anstellungsvertrag, die – bei festem Mindestgehalt, Urlaubsanspruch usw. – eine abhängige Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) dokumentieren. Dies hat das Sozialgericht zutreffend herausgearbeitet. Die Besonderheiten des vorliegenden Falls erfordern keine andere Beurteilung. Dass der Vertrag tatsächlich nicht umgesetzt worden sei, ist weder behauptet noch sonst ersichtlich. Es mag sein, dass der Kläger sich aufgrund seines beruflichen Werdegangs, seiner starken Stellung innerhalb der Hamburger Niederlassung und seines Status als im Wesentlichen nicht weisungsgebundener Rechtsanwalt während seiner Tätigkeit für die Beigeladene nicht als "angestellt", vergleichbar etwa einem anwaltlichen Berufsanfänger, empfunden hat. Auch trifft es zu, dass der Kläger vor seiner - formalen - Anstellung bei der Beigeladenen zu 1) überwiegend als selbständiger Rechtsanwalt tätig war und es auch danach wieder geworden ist. Des Weiteren mag ein Grund für den Vertrag gewesen sein, nach außen hin als Bestandteil einer größeren Gemeinschaft zu erscheinen und gewisse Synergieeffekte nutzen zu können, die sich z.B. daraus ergaben, dass Mandate mit überregionalem Bezug ohne wechselseitige Vollmachten bearbeitet werden konnten. All dies ändert jedoch nichts daran, dass der Kläger – bei gleichzeitiger Begrenzung der erfolgsabhängigen Tantieme nach oben hin – während seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) ein wesentliches unternehmerisches Risiko nicht zu tragen hatte; in seiner Pflicht zu akquirieren und dem Risiko des Stellungsverlustes bei wirtschaftlich nicht erfolgreichem Handeln unterschied er sich damals nicht von sonstigen – nicht selbständigen – Geschäftsführern. Das eingeschränkte Weisungsrecht des Arbeitgebers war im Sinne der (vom Sozialgericht zutreffend wiedergegebenen) Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wie auch sonst häufig bei Diensten höherer Art, zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert, indem der Kläger in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1) für diese entsprechend dem Anstellungsvertrag tätig war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Ein Fall des § 197 a SGG ist nicht gegeben (vgl. Beschluss des Senats vom 28.6.2005, L 3 B 138/05 R).
Ein Fall Grund, die Revision zuzulassen ist nicht gegeben (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob der Kläger für die Beigeladene zu 1) nicht selbständig tätig war.
Der Kläger ist Rechtsanwalt. Er war für die Beigeladene zu 1) in der Zeit vom 1. April 2001 bis 31. Dezember 2003 als Geschäftsführer tätig, ohne selbst Gesellschafter der Beigeladenen zu 1) gewesen zu sein. Zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1) war am 5. Januar 2001 ein "Geschäftsführer-Anstellungsvertrag" geschlossen worden, wonach zum Aufgabengebiet des Klägers die Leitung der Zweigniederlassung der Gesellschaft in Hamburg und alle für Rechtsanwälte zulässigen Tätigkeiten gehörten. Der Kläger sollte seine Arbeitskraft der Gesellschaft zur Verfügung stellen und die ihm übertragenen Arbeiten eigenverantwortlich ausführen. An fachliche Weisungen war er nicht gebunden. Er war alleinvertretungsberechtigt und vom Verbot des Selbstkontrahierens befreit. Der Kläger erhielt eine Brutto-Jahresvergütung in Höhe von 120.000 DM, zu zahlen in zwölf gleichen Beträgen jeweils zum Monatsende. Darüber hinaus stand ihm eine vom Jahresüberschuss der Niederlassung Hamburg abhängige Tantieme zu, desgleichen ein Urlaubsanspruch und Anspruch auf Fortzahlung der Vergütung im Falle von unverschuldeter Krankheit. Außerdem sollte er eine Nebentätigkeit nicht ausüben dürfen. Auch eine Konkurrenzklausel war vereinbart.
Vor und nach seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) war der Kläger überwiegend als selbständiger Rechtsanwalt tätig.
Im März 2001 teilte die Beigeladene zu 1) der Beigeladenen zu 2) den Anstellungsvertrag des Klägers mit und bat um verbindliche Beurteilung der Sozialversicherungspflicht. Dabei wies sie darauf hin, dass der Kläger an fachliche Weisungen nicht gebunden und in der Einteilung seiner Arbeitszeit frei sei. Am wirtschaftlichen Erfolg der Gesellschaft werde er durch eine Tantieme beteiligt. In der Hamburger Zweigniederlassung seien neben ihm weitere Rechtsanwälte oder Geschäftsführer nicht tätig, sodass ihm die weisungsfreie Leitung dieser Zweigniederlassung obliege. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sei daher nicht gegeben.
Im Juni 2001 beantragte der Kläger selbst gegenüber der Beklagten - bundesweite Clearing-Stelle für sozialversicherungsrechtliche Statusfragen - die Entscheidung über die Versicherungspflicht nach § 7 a Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) sowie die Feststellung, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis nach § 7 Abs. 1 SGB IV nicht bestehe. In diesem Zusammenhang füllte er einen vorformulierten Fragebogen aus (vgl. Bl. 16 f. der Verwaltungsakten).
Mit Bescheid vom 12. November 2001 stellte die Beklagte im Verfahren nach §§ 7 a ff. SGB IV fest, dass der Kläger seine Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) ab 1. April 2001 im Rahmen eines abhängigen und damit dem Grunde nach sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe. Nicht am Kapital einer GmbH beteiligte Geschäftsführer (sogenannte Fremdgeschäftsführer) unterlägen grundsätzlich der Sozialversicherungspflicht aufgrund des Vorliegens eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. So verhalte es sich auch beim Kläger. Er habe keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft, da er nicht am Stammkapital beteiligt sei und nicht einmal eine Sperrminorität besitze. Auch wenn ihm hinsichtlich der Arbeitszeit, des Arbeitsortes und der Ausübung der Geschäftsführung weitgehende Gestaltungsfreiheit belassen sei, bleibe seine Arbeitsleistung fremdbestimmt, da er sich als Geschäftsführer in eine von der Gesellschaft vorgegebene Ordnung des Betriebes eingliedere. Seine Weisungsgebundenheit verfeinere sich, wie bei Diensten höherer Art, zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess. Angesichts der Zahlung fester Bezüge trage er kein unternehmerisches Risiko. Über den Beginn der Versicherungspflicht ergehe ein gesonderter Bescheid (letzteres ist bisher nicht geschehen).
Der Kläger erhob Widerspruch und machte geltend, die Beklagte verkenne den Unterschied zwischen seiner gesellschaftsrechtlichen Organstellung und dem Dienstverhältnis. Es sei nicht nachvollziehbar, wie die Beklagte feststellen könne, er bleibe in seiner Arbeitsleistung fremdbestimmt. Tatsache sei, dass er bei seiner beruflichen Tätigkeit dem anwaltlichen Berufsrecht unterliege. Gesellschaftsrechtlichen oder dienstrechtlichen Vorgaben unterliege er hingegen nicht. Er erledige seine Arbeit alleinverantwortlich, bestimme die Art der Mandatsbearbeitung und entscheide über die Annahme oder Ablehnung von Mandaten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. Februar 2003 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück: Die Tatsache, dass Rechtsanwälte dem anwaltlichen Berufsrecht verpflichtet seien und dass der Rechtsanwaltsberuf ein sogenannter freier Beruf sei, sei kein Widerspruch zum Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung; abhängige Beschäftigungsverhältnisse zwischen Anwaltskanzleien und angestellten Rechtsanwälten seien durchaus typisch.
Der Widerspruchsbescheid wurde am 24. Februar 2003 zur Post gegeben. Am 25. März 2003 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Hamburg Klage erhoben.
Zur Begründung seiner Klage hat der Kläger ausgeführt, nach der ausdrücklichen Regelung im Anstellungsvertrag sei er als Geschäftsführer in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsleistung keinerlei Weisungen unterworfen gewesen. Insbesondere habe er allein über die Annahme oder Ablehnung von Mandaten entschieden, über die Abrechnung geleisteter Tätigkeiten sowie über alle weiteren geschäftlichen Entscheidungen der Zweigniederlassung Hamburg der Beigeladenen zu 1). Eine Entscheidung gegen seinen Willen hätte auch die Gesellschafterversammlung nicht durchsetzten können, da hierfür aufgrund seiner faktischen Stellung, aber auch aufgrund der berufsrechtlichen Vorschriften die Mitwirkung und Umsetzung durch ihn erforderlich gewesen sei, gleichzeitig ihm aber nach den vertraglichen Vereinbarungen und auch nach den berufsrechtlichen Bestimmungen keine Weisungen hätten erteilt werden dürfen. Nach dem Gesamtbild seiner beruflichen Stellung habe er die Zweigniederlassung wie ein Alleininhaber geleitet, zumal er auch an deren wirtschaftlichem Erfolg durch eine Tantieme beteiligt gewesen sei. Entgegen der Auffassung der Beklagten sei er nicht in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen. Diese verkenne insbesondere, dass seine Stellung als Geschäftsführer mit der Stellung angestellter Rechtsanwälte in Rechtsanwaltskanzleien nicht vergleichbar sei. Zum einen dürften Rechtsanwälte Zweigniederlassungen einer Rechtsanwaltsgesellschaft nur dann leiten, wenn sie zugleich Geschäftsführer seien. Zum anderen könnten angestellte Rechtsanwälte aufgrund der berufsrechtlichen Vorschriften nur in Rechtsanwaltskanzleien tätig sein, in denen auch der Inhaber selbst den Beruf ausübe. Auch diesen angestellten Rechtsanwälten dürften zwar fachliche Weisungen nicht erteilt werden, allerdings bestehe dort die Möglichkeit, Entscheidungen gegen den Willen eines angestellten Rechtsanwalts durchzusetzen, indem der Inhaber die Durchsetzung dieser Entscheidung an einen anderen angestellten Rechtsanwalt delegiere oder selbst erledige. Diese Möglichkeit habe in seinem, des Klägers, Falle nicht bestanden. Auch wenn es innerhalb enger Grenzen möglich gewesen sein möge, dass die Gesellschafterversammlung ihm in Bezug auf die Kanzleiorganisation Weisungen erteile, sei dies hier tatsächlich ausgeschlossen gewesen, da Entscheidungen gegen seinen Willen nicht hätten durchgesetzt werden können. Tatsächlich sei sein Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft in Bezug auf die Zweigniederlassung Hamburg so stark gewesen, dass gegen seinen Willen keine Entscheidung hätte getroffen werden können. Dieser tatsächliche Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft sei jedoch ausreichend, um ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen. Aufgrund der Tatsache, dass er der einzige Berufsträger in der Zweigniederlassung Hamburg gewesen sei, sei ihm eine Stellung zugekommen, welche der Stellung eines mit den Gesellschaftern durch Familienbande verbundenen Geschäftsführers entspreche, sodass von der Regelbeurteilung abzuweichen und ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu verneinen sei.
Vor Eintritt in die Gesellschaft sei er als Rechtsanwalt selbständig tätig gewesen. Er habe in die Gesellschaft seine Mandate eingebracht und weiter selbständig bearbeitet. Über seine Geschäftstätigkeit habe er den Gesellschaftern nicht einmal Bericht erstatten müssen, ebenso wenig wie er verpflichtet gewesen sei, die organisatorischen Verhältnisse in Hamburg zu offenbaren. Damit habe keine tatsächliche Grundlage bestanden, um Weisungen zu erteilen oder Entscheidungen zu treffen; letztere seien vielmehr seiner Beurteilung überlassen worden. Die Kontakte zur Niederlassung in F. seien, dem Sinn des Zusammenschlusses entsprechend, stets kooperativ und partnerschaftlich gewesen. Der Sinn der wechselseitigen Vereinbarungen habe darin gelegen, Synergieeffekte zu erzielen. Es sei nicht darum gegangen, wie bei einer Handelsgesellschaft eine gemeinsame Geschäftsidee zu verwirklichen und den Gesellschaftszweck mit einer Kapitalausstattung gemeinsam umzusetzen. Damit entfalle bei Rechtsanwaltsgesellschaften auch das Bedürfnis der Inhaber und Eigenkapitalgeber zu kontrollieren, was mit dem Kapital geschehe, wofür es verwandt werde, und ggf. selbst einzugreifen und Entscheidungen zu treffen.
Mit Urteil vom 11. Juli 2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe zu Recht festgestellt, dass der Kläger als Fremdgeschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) seine Tätigkeit im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses nach § 7 Abs. 1 SGB IV ausgeübt habe. Die persönliche Abhängigkeit stelle das wesentliche Merkmal eines Beschäftigungsverhältnisses dar. Sie bedeute Eingliederung in den Betrieb und Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers. Das Weisungsrecht könne allerdings besonders bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt sein. Kennzeichnend für eine selbständige Tätigkeit sei demgegenüber das eigene Unternehmerrisiko, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die Möglichkeit, frei über Arbeitsort und -zeit zu verfügen. Im Zweifel komme es darauf an, welche Merkmale überwiegen. Hier sprächen die überwiegenden Umstände für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Der Kläger sei nicht Gesellschafter der Beigeladenen zu 1) gewesen; formell betrachtet habe er Gesellschaftsbeschlüsse nicht verhindern können. Weitere Indizien für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses seien die vertraglich festgelegten Ansprüche auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und auf Erholungsurlaub, desgleichen das Verbot der Ausübung einer Nebentätigkeit. Die Frage, ob der Kläger ein für einen Selbständigen typisches Unternehmerrisiko getragen habe, lasse sich allerdings nicht eindeutig beantworten. Insoweit ergebe sich ein uneinheitliches Bild. Zwar habe ihm eine feste Vergütung zugestanden, gleichzeitig jedoch auch eine an den Jahresüberschuss gekoppelte Zusatzvergütung. Gerade das Abstellen dieser Zusatzvergütung auf den Jahresüberschuss der Niederlassung, in welcher er als einziger Rechtsanwalt tätig gewesen sei, führe zu einer gewissen Verknüpfung des Erfolges der Tätigkeit mit seinem Einkommen. Andererseits sei zu beachten, dass vertraglich großzügige Kündigungsfristen eingeräumt worden seien. In deren Rahmen habe nicht der Kläger, sondern die Beigeladene zu 1) das Beschäftigungsrisiko getragen. Somit stelle sich die Situation anders dar als bei einem selbständigen Auftragnehmer. Auch der Umstand, dass der Kläger der Beigeladenen zu 1) weder ein Darlehen gewährt noch für sie eine Bürgschaft übernommen habe, spreche für das Fehlen eines unternehmerischen Risikos. Was die Weisungsgebundenheit und die Eingliederung des Klägers in die Arbeitsorganisation der Beigeladenen zu 1) betreffe, habe er die Niederlassung in Hamburg zwar völlig eigenständig und in fachlicher Hinsicht frei von Weisungen geführt. Insoweit habe sich diese Tätigkeit nicht von der eines selbständigen Rechtsanwalts in eigener Kanzlei unterschieden. Allerdings könne das Weisungsrecht besonders bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sei. In diesem Zusammenhang sei bedeutend, dass der Kläger nicht befugt gewesen sei, selbständig Personal einzustellen und zu entlassen. Daraus resultiere, dass er auf die personelle Besetzung der von ihm geführten Niederlassung keinen entscheidenden Einfluss gehabt habe. Auch der Gestaltung des Briefpapiers lasse sich entnehmen, dass der Kläger zwar fachlich habe unabhängig arbeiten können, sich jedoch in organisatorischer Hinsicht als Teil der Beigeladenen zu 1) dargestellt habe.
Das Urteil ist dem Kläger am 20. Juli 2005 zugestellt worden. Am 19. August 2005 hat er Berufung eingelegt.
Zur Begründung seiner Berufung trägt der Kläger vor, das Sozialgericht verkenne seine tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse. Die Niederlassung in Hamburg sei eine eigenständige Einheit gewesen, in welcher er völlig selbständig tätig gewesen sei. Die Niederlassung hätte auch eine gesonderte Gesellschaft sein können, ohne dass irgendwelche Änderungen eingetreten wären. Er sei nicht nur alleine verantwortlich für die Akquirierung von Mandaten gewesen, sondern der allein auf seiner Tätigkeit fußende Erfolg der Niederlassung sei für seine Beschäftigung ausschlaggebend gewesen. Abgesehen davon habe er seine laufenden Mandate aus der davorliegenden Einzelanwaltstätigkeit in die Gesellschaft eingebracht, desgleichen seinen Mandantenstamm. Hätte er nicht ausreichend Umsätze erzielt, wäre das Anstellungsverhältnis beendet worden. Es sei unrealistisch anzunehmen, er hätte sich dabei auf eine Kündigungsfrist berufen. Denn selbstverständlich sei ungeschriebene Voraussetzung seiner Tätigkeit gewesen, dass er sein Gehalt und die sonst anfallenden Kosten durch die von ihm erwirtschafteten Umsätze verdiene. Auf etwas anderes hätte er sich auch nicht eingelassen, denn es sei ihm nicht darum gegangen, einen Job zu finden, sondern Synergien aus dem Zusammenschluss mit anderen Anwälten zu erzielen. In welcher gesellschaftsrechtlichen Konstruktion dies geschehe, sei bedeutungslos gewesen. Dabei sei zu bedenken, dass er bereits seit 1988 selbständig als Rechtsanwalt tätig sei. Man könne ihn daher nicht mit einem Berufsanfänger ohne eigene Mandate vergleichen. Vielmehr habe er bereits vor Beginn seiner Geschäftsführertätigkeit über ausreichend eigene Mandanten und Mandate verfügt, um zu existieren und seine Kanzlei weiter auszubauen. Ferner verkenne das Gericht die Besonderheiten einer Anwaltsgesellschaft. Wenn es darauf hinweise, er habe der Gesellschaft kein Darlehen gegeben oder gebürgt, so sei dieses Argument offenbar dem Fall einer produzierenden Gesellschaft entlehnt, in der Kundenaufträge vorfinanziert und Maschinen angeschafft werden müssten. Derartige Vorgänge fänden sich bei einer Anwalts-GmbH nicht. Genauso selbstverständlich sei gewesen, dass der "bezahlte" Urlaub von ihm selbst verdient werde. Hinsichtlich der Personaleinstellung sei praktisch eine Mitsprache der Gesellschafter nicht möglich gewesen, und sie habe auch nicht stattgefunden. Die Mitarbeiterin in der Kanzlei in Hamburg habe er selbst gesucht und mit ihr verhandelt. Selbstverständlich habe er daher den entscheidenden Einfluss auf die Einstellung gehabt. Nicht auf die Regelung in Verträgen komme es an, sondern auf die tatsächliche Ausgestaltung. Mit seiner Argumentation zur äußeren Darstellung des Briefpapiers verkenne das Sozialgericht dessen Funktion. Teil der Synergieüberlegungen sei gewesen, dass er in der Außendarstellung einen Zusammenschluss mehrerer Rechtsanwälte habe nutzen können. Dies als Argument für eine Weisungsgebundenheit oder organisatorische Eingliederung zu nutzen, verkehre die tatsächlichen Verhältnisse ins Gegenteil. Soweit in diesem Zusammenhang auf Antworten in dem ihm übersandten Fragebogen abgestellt werde, passten die entsprechenden Fragen nicht auf seine Situation.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 11. Juli 2005 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 12. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2003 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung gewesen ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Beigeladene zu 1) beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 11. Juli 2005 sowie unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 12. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Februar 2003 festzustellen, dass der Kläger seine Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Beigeladenen zu 1) in dem Zeitraum vom 1. April 2001 bis zum 31. Dezember 2003 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt hat.
Die übrigen Beigeladenen stellen keine Anträge.
Die Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts.
Die Beigeladene zu 1) tritt dem Kläger in seiner Argumentation bei.
Die Sachakten der Beklagten sowie die Akten des Sozialgerichts Nürnberg im Verfahren S 3 RA 113/03 haben vorgelegen. Auf ihren sowie auf den Inhalt der Prozessakten wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nach den Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) form- und fristgerecht eingelegt worden und daher zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Der Kläger war als Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) versicherungspflichtig beschäftigt.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, der Pflege-, der Renten- und der Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- und Beitragspflicht. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung sowie eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung, welches sich nach den tatsächlichen Verhältnissen bestimmt. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen wird (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 23. November 2006, ZIP 2007 S. 545). Weichen die tatsächlichen Verhältnisse von der vertraglichen Vereinbarung ab, so haben die tatsächlichen Gegebenheiten ausschlaggebende Bedeutung. Erlauben weder die tatsächlichen Umstände noch die vertraglichen Vereinbarungen eine Entscheidung darüber, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis oder eine selbständige Tätigkeit vorliegt, kann Bedeutung erlangen, von welcher der beiden Arten von Erwerbstätigkeit das Berufsleben des Versicherten überhaupt geprägt ist. Dies rechtfertigt sich daraus, dass aus dem bisherigen Status im Erwerbsleben aus den Willen des Versicherten geschlossen werden kann, diesen Status nicht zu verändern (Breitrück/Dücker et al., SGB IV, Texte und Erläuterungen, 16. Aufl., § 7, S. 69, m.N. aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts).
Dies vorausgeschickt, sprechen die überwiegenden Umstände für eine nicht selbständige Tätigkeit des Klägers. Das belegen die Regelungen in dem Anstellungsvertrag, die – bei festem Mindestgehalt, Urlaubsanspruch usw. – eine abhängige Tätigkeit des Klägers für die Beigeladene zu 1) dokumentieren. Dies hat das Sozialgericht zutreffend herausgearbeitet. Die Besonderheiten des vorliegenden Falls erfordern keine andere Beurteilung. Dass der Vertrag tatsächlich nicht umgesetzt worden sei, ist weder behauptet noch sonst ersichtlich. Es mag sein, dass der Kläger sich aufgrund seines beruflichen Werdegangs, seiner starken Stellung innerhalb der Hamburger Niederlassung und seines Status als im Wesentlichen nicht weisungsgebundener Rechtsanwalt während seiner Tätigkeit für die Beigeladene nicht als "angestellt", vergleichbar etwa einem anwaltlichen Berufsanfänger, empfunden hat. Auch trifft es zu, dass der Kläger vor seiner - formalen - Anstellung bei der Beigeladenen zu 1) überwiegend als selbständiger Rechtsanwalt tätig war und es auch danach wieder geworden ist. Des Weiteren mag ein Grund für den Vertrag gewesen sein, nach außen hin als Bestandteil einer größeren Gemeinschaft zu erscheinen und gewisse Synergieeffekte nutzen zu können, die sich z.B. daraus ergaben, dass Mandate mit überregionalem Bezug ohne wechselseitige Vollmachten bearbeitet werden konnten. All dies ändert jedoch nichts daran, dass der Kläger – bei gleichzeitiger Begrenzung der erfolgsabhängigen Tantieme nach oben hin – während seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) ein wesentliches unternehmerisches Risiko nicht zu tragen hatte; in seiner Pflicht zu akquirieren und dem Risiko des Stellungsverlustes bei wirtschaftlich nicht erfolgreichem Handeln unterschied er sich damals nicht von sonstigen – nicht selbständigen – Geschäftsführern. Das eingeschränkte Weisungsrecht des Arbeitgebers war im Sinne der (vom Sozialgericht zutreffend wiedergegebenen) Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, wie auch sonst häufig bei Diensten höherer Art, zu einer funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert, indem der Kläger in den Räumlichkeiten der Beigeladenen zu 1) für diese entsprechend dem Anstellungsvertrag tätig war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Ein Fall des § 197 a SGG ist nicht gegeben (vgl. Beschluss des Senats vom 28.6.2005, L 3 B 138/05 R).
Ein Fall Grund, die Revision zuzulassen ist nicht gegeben (§ 160 Abs. 2 SGG).
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