Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 10 RJ 945/04
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 R 17/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 31. Oktober 2007 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren war für die Klägerin notwendig. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob die Klägerin der Beklagten weitere Sozialversicherungsbeiträge schuldet.
Die Beklagte führte am 3. September 2003 bei der Klägerin, die ein zahntechnisches Labor betreibt, eine Betriebsprüfung für die Jahre 1999 bis 2002 durch. Dabei erhielt die Prüferin Einsicht in die sozialversicherungsrechtlich relevanten Geschäftsunterlagen der Klägerin.
Mit Bescheid vom 15. September 2003 forderte die Beklagte gegenüber der Klägerin Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 1.864,20 EUR nach, die sich ergeben sollten aus fehlerhaft behandelten Entgelten für den Beigeladenen zu 3) (R.) sowie von zwei weiteren Bediensteten der Klägerin. In der Begründung des Bescheides heißt es, für die Berechnung der Beiträge seien Provisionen grundsätzlich in dem Lohnabrechnungszeitraum zu berücksichtigen, in dem sie erzielt worden seien. Das ergebe sich aus dem Charakter der Provisionen als laufendes Arbeitsentgelt und der dann anzuwendenden Fälligkeitsvorschrift des § 23 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV). Provisionen seien dann erzielt, wenn der Anspruch darauf entstanden sei. Die Zuordnung solcher Zahlungen nach diesem Grundsatz habe zur Folge, dass bei verspäteter Auszahlung von Provisionen eine Korrektur der Beitragsberechnung vorzunehmen sei. Da solche Korrekturen mit erheblicher Mehrarbeit verbunden seien, bestünden keine Bedenken, wenn Provisionen, die zwar zeitversetzt, aber monatlich ausgezahlt würden, im Lohnabrechnungszeitraum der Auszahlung zur Beitragsberechnung herangezogen würden. Würden Provisionen in größeren Zeitabständen als monatlich gezahlt und sei eine genaue Aufschlüsselung auf die Monate des Anspruchserwerbs nicht mehr möglich, so sei eine gleichmäßige Aufteilung der Zahlung auf die einzelnen Monate des Anspruchszeitraums zulässig. Lediglich dann, wenn sie ohne Bezug auf bestimmte Lohnabrechnungszeiträume gezahlt würden, seien Provisionen als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne des § 23 a SGB IV anzusehen. In Einzelfällen seien Provisionen quartalsweise abgerechnet worden. Eine Korrektur der Beitragsberechnung der betroffenen Monate sei nicht vorgenommen worden. Ein Arbeitnehmer habe nach Ablauf eines Jahres eine Provision für das Vorjahr ausgezahlt erhalten. Diese Provision sei nicht als Einmalzahlung, sondern als laufendes Entgelt berücksichtigt worden.
Urlaubsabgeltungen seien Zuwendungen, die nicht für Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt würden. Sie unterlägen deshalb als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Rahmen des § 23 a SGB IV der Beitragspflicht. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt werde einem bestimmten Entgeltabrechnungszeitraum zugerechnet; jedoch werde hierbei die monatliche Beitragsbemessungsgrenze außer Kraft gesetzt. Für die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge schreibe § 23 a SGB IV vor, dass das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt insoweit zur Beitragsberechnung herangezogen werde, als es zusammen mit dem bis zum Ablauf des Entgeltabrechnungszeitraums erzielten beitragspflichtigen Arbeitsentgelt die bis dahin maßgebende anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze nicht erreiche. Überschreite das Entgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze der Krankenversicherung, so seien die Beiträge zur Rentenversicherung und zur Bundesanstalt für Arbeit (hier Beigeladene zu 4) bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung zu berechnen. Für die Pflegeversicherung gelte die Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung. Die an einen Arbeitnehmer gezahlte Urlaubsabgeltung sei als laufendes Entgelt berücksichtigt worden.
Eine Zusammenstellung der zu wenig gezahlten Beiträge möge die Klägerin der dem Bescheid beigefügten Anlage zur Berechnung der Beiträge entnehmen.
In der Anlage ist für den Beigeladenen S. R. für das Jahr 1999 eine sogenannte "Entgeltdifferenz" von 500 DM wegen einer angeblichen Provisionsnachzahlung im Februar 2000 für 1999 ausgewiesen, des Weiteren für das Jahr 2000 eine "Entgeltdifferenz" in Höhe von 3.600 DM wegen angeblicher Provisionsnachzahlung für das Jahr 2000 im Januar 2001, schließlich für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis 30. November 2001 eine "Entgeltdifferenz" von 6.300 DM mit der Sachverhaltsbezeichnung: "Provisionszahlung (Jahresbezug) und Urlaubsabgeltung sind einmalige Zuwendungen im Sinne der Sozialversicherung."
Die aus Sicht der Beklagten deshalb jeweils nachzuerhebenden Sozialversicherungsbeiträge flossen als Summanden in die Gesamtforderung von 1.864,20 EUR ein. Wegen weiterer Einzelheiten der Berechnung wird auf die zutreffende Sachverhaltsdarstellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils (S. 3) Bezug genommen.
Die Klägerin erhob Widerspruch und bat mit Schreiben vom 24. Dezember 2003 ausdrücklich darum, die Berechnung neu durchzuführen. Der Bescheid verletze die Anforderungen an eine Begründungspflicht nach § 35 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X). Die Begründung erschöpfe sich in formelhaften allgemeinen Darlegungen, die nicht auf den konkreten Fall eingingen. Sie, die Klägerin, müsse die maßgeblichen Gründe erfahren, die zu der Entscheidung geführt hätten, damit sie in der Lage sei, sich über einen Rechtsbehelf schlüssig zu werden und ihn sachgemäß zu begründen. Die Begründung des Bescheides bestehe demgegenüber aus abstrakten Ausführungen zur Berechnung von Provisionen und Urlaubsabgeltungen, die keinen Bezug zum Sachverhalt hätten. Daran ändere auch die Anlage des Bescheides nichts. Gerade die dortigen Bemerkungen unter der Rubrik "Sachverhalt" stünden im Widerspruch zu den Ausführungen im Bescheid selbst. Zur Begründung dieser Auffassung führte die Klägerin, genau bezogen auf einzelne Passagen des Bescheides und der Anlage, mehrere Beispiele nebst Kontrollberechnungen an und beanstandete zugleich, dass der Bescheid nicht aus sich selbst heraus verständlich sei. So habe es zum Beispiel eine Einmalzahlung in Höhe von 3.600 DM nie gegeben.
Aus einer internen Stellungnahme der Beklagten zum Widerspruch ergibt sich, dass sie die Kenntnisse der Klägerin im Sozialversicherungsrecht für mangelhaft halte; sie bot ihrem Bevollmächtigten daher eine Unterredung an, um zusammen mit der Buchhalterin die Begründung und Berechnung der Nachforderung durchzugehen. Darauf ließ die Klägerin sich nicht ein, sondern bestand auf einer schriftlichen Entscheidung.
Mit Bescheid vom 3. Juni 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In der Begründung heißt es, der Widerspruch sei nicht begründet. Es folgt eine im Wesentlichen wörtliche Wiedergabe der Gesetzesvorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 1 sowie des § 23 a Abs. 1 bis 4 SGB IV. Sodann führt die Beklagte aus, bei dem Beigeladenen R. handele es sich um eine Jahresprovision, die nach Ablauf des Geschäftsjahres ermittelt werde und in der Regel in den ersten drei Monaten des Folgejahres ausgezahlt werde. Zum Ende seines Beschäftigungsverhältnisses im November 2001 habe der Beigeladene eine Provision für das laufende Jahr sowie eine Urlaubsabgeltung erhalten. Sowohl die Provisionen als auch die Urlaubsabgeltung seien von der Klägerin bei der Beitragsberechnung im Monat der Auszahlung als laufendes Entgelt verbeitragt worden. Da es sich hierbei um Einmalzahlungen gehandelt habe, seien die entsprechenden Beiträge "unter Berücksichtigung der Märzklausel" (für die Provision aus Januar 2001) nachzuerheben. Weitere Ausführungen zur Begründung einer Beitragsforderung aufgrund der Beschäftigung des Beigeladenen R. enthält der Widerspruchsbescheid nicht.
Der Widerspruchsbescheid wurde am 3. Juni 2004 zur Post gegeben. Am 5. Juli 2004 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Hamburg Klage erhoben und die Anfechtung dabei auf die Beitragsforderung der Beklagten wegen des Beigeladenen R. beschränkt. Später haben die Beteiligten auch noch einen Betrag in Höhe von 474,89 EUR aus dem Streit genommen, der sich aus einer Zahlung an den Beigeladenen R. im Januar 2001 ergeben sollte.
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin ausgeführt, die Beklagte sei im Widerspruchsverfahren nicht auf ihre Rüge einer mangelnden Begründung des Ausgangsbescheides eingegangen. Auch der Widerspruchsbescheid begründe die streitige Forderung der Beklagten nicht genügend. Es sei zudem falsch, sämtliche Zahlungen an den Beigeladenen R. über dessen monatliches Arbeitsentgelt hinaus als "Provisionszahlungen" zu bezeichnen. Provisionen habe der Beigeladene als Zahntechnikermeister und Laborleiter nicht erhalten dürfen. Vielmehr habe man ihm gelegentlich Sonderzahlungen im Sinne einmalig gezahlten Arbeitsentgelts gewährt. Solche würden grundsätzlich demjenigen Kalendermonat zugeordnet, in dem sie gezahlt würden. Nur unter bestimmten Voraussetzungen (Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze) könnten sie – teilweise – anderen Kalendermonaten zugeordnet werden. Dabei sei die Beklagte nicht entsprechend dem Gesetz verfahren. Die Berechnung einer "Entgeltdifferenz" in Höhe von 6.300 DM im Jahr 2001 sei ebenfalls nicht nachvollziehbar. Wie sich eine solche ergebe, erschließe sich aus den Bescheiden nicht.
Die Klägerin hat weiter vorgetragen, die Betriebsprüfung sei am 3. September 2003 durchgeführt und an diesem Tag auch abgeschlossen worden. Die Prüferin der Beklagten habe unbeschränkte Einsichtsmöglichkeiten in ihre Unterlagen gehabt. Mitteilenswert sei, dass die Prüferin der Beklagten im Dezember 2004, also nach Klagzustellung bei ihrer, der Klägerin, Buchhalterin angerufen habe, um noch einmal Einsicht in die Abrechnungen und Personaldaten zu bekommen. Dies sei ihr im Hinblick auf das laufende Gerichtsverfahren verwehrt worden. Es gehe nicht an, nach abschließender Prüfung und Erstellung zweier Bescheide und nach Klagerhebung von ihr, der Klägerin, zu verlangen, im Klageverfahren noch Kopien der Jahreslohnkonten der Jahre 1999 bis 2001 vorzulegen, um die Nachberechnung nochmals zu prüfen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf ihren Widerspruchsbescheid verwiesen: Es gehe um beitragsrechtliche Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt, das in einem Lohnabrechnungszeitraum bis Ende März eines Jahres gezahlt werde. Bei der Klägerin bestehe offensichtlich Unklarheit darüber, wie nach der sogenannten Märzklausel gemäß § 23 a Abs. 4 SGB IV ein einmalig gezahltes Arbeitsentgelt abzurechnen sei. In einem solchen Fall sei zunächst zu prüfen, ob mit dem einmalig gezahlten Arbeitsentgelt die anteiligen Beitragsbemessungsgrenzen für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März überschritten würden. Nur dann sei das gesamte einmalig gezahlte Arbeitsentgelt dem Vorjahr zuzuschlagen und dort bis zum Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze mit Beiträgen zu belegen. Diese Sachlage habe sich jeweils für das im ersten Quartal der Jahre 2000 und 2001 gezahlte Entgelt ergeben. Im Übrigen stelle der Begriff einer Provisionszahlung keinen eindeutigen beitragsrechtlichen Sachverhalt dar. Sei die Provision einem bestimmten Lohnabrechnungsmonat zuzuordnen, in dem sie erzielt worden sei, sei sie einmalig gezahltes Arbeitsentgelt. Eine Provisionsnachzahlung, die einzelnen Lohnabrechnungszeiträumen zugeordnet werden könne, stelle laufendes Arbeitsentgelt dar und sei entsprechend der Entstehung auf die Vormonate aufzuteilen und mit Beiträgen zu belegen. Allerdings sei hier eine exakte Überprüfung der Nachberechnung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nicht möglich gewesen, da wegen mangelnder Möglichkeiten während der Betriebsprüfung selbst keine Kopien der Unterlagen der Klägerin hätten gefertigt werden können. Nachdem die Prüferin Kenntnis von dem Klageverfahren erlangt habe, habe sie sich mit der Buchhalterin der Klägerin und deren Prozessbevollmächtigten erneut in Verbindung gesetzt, um die Unterlagen doch noch einsehen zu können, jedoch sei ihr dies verweigert worden. Eine Überprüfung der Angaben der Klägerin sei jedoch durch die Anforderung der Soll-Stellung der Beigeladenen zu 1) (G. Ersatzkasse) möglich. Die entsprechende Kontrolle habe die Höhe der nachgeforderten Beiträge bestätigt.
Des Weiteren hat die Beklagte vorgetragen, nach § 7 Beitragsverfahrensverordnung sei sie berechtigt, aber nicht verpflichtet gewesen, im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 SGB IV Kopien schriftlicher Unterlagen des Arbeitsgebers zu fertigen, gleichzeitig sei nach § 9 Satz 2 SGB X das Verwaltungsverfahren einfach und zweckmäßig durchzuführen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sie, die Beklagte, im Rahmen durchzuführender Betriebsprüfungen jährlich über achtzigtausend Beanstandungen erhebe. Im Übrigen regele § 98 SGB X eine Verpflichtung zur Angabe von Tatsachen und Vorlage von Beweismitteln. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin entsprechende Unterlagen bereits im Rahmen der Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 SGB IV vorgelegt habe. Auch im gerichtlichen Verfahren seien die Beteiligten zur Mitwirkung verpflichtet. Schließlich sei auf § 444 Zivilprozessordnung (ZPO) hinzuweisen, wonach im Falle der Vereitelung des Urkundenbeweises Behauptungen des Gegners über die Beschaffenheit und den Inhalt einer Urkunde als bewiesen angesehen werden könnten.
Das Sozialgericht hat die Betriebsprüferin der Beklagten namens G1 B. als Zeugin gehört. Wegen der Thematik und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 31. Oktober 2007 (Blatt 90 bis 92 der Gerichtsakten) verwiesen.
Mit Urteil vom 31. Oktober 2007 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 15. September 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 2004 aufgehoben, soweit Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie zur Umlage über 474,89 EUR hinaus für den Beigeladenen R. gegenüber der Klägerin nachberechnet worden sind. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Bescheid der Beklagten vom 15. September 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides sei, soweit noch angefochten, rechtswidrig, da nicht hinreichend bestimmt. Die Klägerin sei deshalb in ihren Rechten verletzt. Die Beklagte habe keinen Anspruch auf weitere Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen- und Umlageversicherung für den Beigeladenen R ... Dieser sei zwar im Prüfungszeitraum bei der Klägerin gegen Arbeitsentgelt beschäftigt gewesen. Ob er jedoch im Januar 2000 für das Jahr 1999 und anlässlich der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses im November 2001 einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne von § 23 a SGB IV erhalten habe, sei streitig. Abrechnungsunterlagen bzw. Gehaltskonten, die eine solche Zahlung belegten, lägen nicht vor.
Die Beklagte als Träger der Rentenversicherung prüfe bei der Klägerin als Arbeitgeberin, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Sozialversicherungsbeitrag stünden, ordnungsgemäß erfülle. Sie prüfe insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen nach § 28 a SGB IV (§ 28 p Abs. 1 Satz 1 SGB IV), wobei die Klägerin verpflichtet sei, angemessene Prüfhilfen zu leisten (§ 28 p Abs. 5 Satz 1 SGB IV). Die Beklagte wende nicht ein, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Prüfung gegen ihre Mitwirkungspflichten verstoßen habe. Vielmehr habe die als Zeugin gehörte Prüferin erklärt, am 3. September 2003 hätten ihr die erforderlichen Unterlagen vorgelegen. Sie habe diese lediglich nicht kopiert.
Die Beklagte begründe ihre Beitragsnachforderungen nicht genügend. Der Hinweis auf bestimmte "Entgeltdifferenzen" wegen Provisionsnachzahlungen und Urlaubsabgeltung reiche nicht aus. Mit dieser Begründung sei die Beitragsforderung nicht hinreichend bestimmt. In der Begründung eines Verwaltungsakts seien die wesentlichen tatsächlichen oder rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen hätten. Diesen Anforderungen genüge der Bescheid vom 15. September 2003 in Bezug auf die Entgeltdifferenzen von 500 DM bzw. 6.300 DM nicht. Auch im Widerspruchsverfahren sei es der Beklagten nicht gelungen, die erforderliche Begründung der Beitragserhebung nachzuholen. Ob sie im Rahmen des Verfahrens die Möglichkeit gehabt hätte, von der Klägerin die erneute Vorlage von Abrechnungsunterlagen oder Lohnkonten zu erzwingen, könne dahinstehen, denn sie habe einen solchen Versuch nicht unternommen. Setze sie die ihr nach dem Gesetz zustehenden Möglichkeiten nicht ein, um notwendige Unterlagen zu erhalten, könne dies nicht dazu führen, dass streitige Tatsachen als bewiesen gälten. Um die fehlende Bestimmtheit des Bescheides noch im gerichtlichen Verfahren zu heilen, habe die Kammer die Betriebsprüferin als Zeugin gehört. Nach Würdigung ihrer Aussage sei die Kammer jedoch nicht davon überzeugt, dass tatsächlich weitere Zahlungen an den Beigeladenen R. erfolgt seien. Die Beklagte befinde sich trotzdem nicht in einem Beweisnotstand, der eine ihr günstige Entscheidung ermögliche. Ein solcher trete nicht schon dann ein, wenn es die Beklagte versäume, Kopien relevanter Belege anfertigen zu lassen, weil sie darauf vertraue, dass im Falle von Streitigkeiten ihr noch einmal Einsicht gewährt werde. Ihr sei es unbenommen, aus praktischen Gründen auf die Anfertigung von Kopien zu verzichten. Führe dies dazu, dass der zu erlassende Bescheid mangels hinreichender Bestimmtheit rechtswidrig werde, habe sie die Möglichkeit, den Fehler im Widerspruchsverfahren zu heilen, indem dort die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen, für welche sie die objektive Feststellungslast treffe, nachgeholt würden. Über die Mitwirkungspflicht der Klägerin bei der Betriebsprüfung selbst, der sie nachgekommen sei, hinaus ergebe sich keine Pflicht, der Beklagten oder dem Gericht erneut Unterlagen vorzulegen. Auch der Untersuchungsgrundsatz des § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG) biete hier keine ausreichende Handhabe, die Klägerin hier um Mitteilung weiterer Urkunden zu ersuchen (§ 106 Abs. 3 Nr. 1 SGG). Es sei im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes nicht Aufgabe des Gerichts, Verwaltungsakte, die wegen fehlender Bestimmtheit rechtswidrig seien, durch eigene Ermittlungen zu heilen.
Das Urteil des Sozialgerichts ist der Beklagten am 10. Januar 2008 zugestellt worden. Am 24. Januar 2008 hat sie Berufung eingelegt.
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, sie habe im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellt, dass der Beigeladene R. im Februar 2001 eine Jahresprovision und im November 2001 eine Jahresprovision und Urlaubsabgeltung erhalten habe. Für eine ordnungsgemäße Begründung des Nachforderungsbescheides sei im Sinne von § 35 SGB X die Angabe der maßgebenden und tragenden Erwägungen ausreichend, wobei auch die Bezugnahme auf eine dem Bescheid beigefügte Anlage zulässig sei. Im Übrigen hätte das Sozialgericht im Wege des Urkundenbeweises einschlägige Unterlagen der Klägerin beiziehen müssen. Auch sei dem Gericht nicht darin zu folgen, dass durch die Zeugenaussage der Betriebsprüferin ein Nachweis weiterer Zahlungen nicht erbracht worden sei. Ferner könne unter Berücksichtigung der von der Klägerin früher gemeldeten Arbeitsentgelte "davon ausgegangen werden", dass der Beigeladene R. bestimmte Einmalzahlungen erhalten habe. Das ergebe auch ein Vergleich mit dem steuerpflichtigen Arbeitsentgelt, wie es vom Finanzamt bestätigt worden sei.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 31. Oktober 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Die Klägerin tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil des Sozialgerichts.
Die Beteiligten haben sich sämtlich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung allein durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt.
Die Sachakten der Beklagten haben vorgelegen. Auf ihren sowie auf den Inhalt der Prozessakten wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung (§ 155 Abs. 3 und 4 SGG).
Die Berufung der Beklagten ist nach den Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes zulässig. Sie ist in der Sache jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 15. September 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 2004 aufgehoben, soweit mit ihm Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie zur Umlage über den Betrag von 474,89 EUR hinaus für den Beigeladenen R. nachberechnet worden sind. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, dass die Begründung der Bescheide unzureichend ist und die streitige Beitragsforderung der Beklagten nicht trägt. Dies macht die Bescheide rechtswidrig, und sie sind im Wege der Anfechtungsklage als die Klägerin in ihren Rechten verletzend aufzuheben.
Allerdings teilt der Senat nicht die Auffassung des Sozialgerichts, dass der Bescheid zu unbestimmt sei: Der von der Klägerin geforderte Betrag wird präzise angegeben. Unpräzise und mangelhaft ist hingegen die Begründung des Bescheides.
Nach § 28 p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und sonstigen Pflichten nach dem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Sie erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe (Satz 5). Dabei unterliegen sie wie auch sonst den verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (§ 1 Abs. 1 SGB X).
Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB X ist ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen, in welcher die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen sind, welche die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Der vom Bescheid Betroffene muss aus dieser Entscheidung erkennen können, welche tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte für die Entscheidung maßgeblich gewesen sind. Nur dann ist er in der Lage, die Verwaltungsmaßnahme zu begreifen, zu akzeptieren oder sie mit einem statthaften Rechtsbehelf anzufechten. Die Behörde hat die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen bezogen auf den konkreten Einzelfall darzustellen und nicht als formelhafte allgemeine Darlegung. Ein schriftlicher Bescheid muss für einen seriösen, um Verständnis bemühten Leser ohne spezielle Kenntnis der besonderen Rechtsmaterie (zum Beispiel des Sozialversicherungsrechts) aus sich selbst heraus verständlich und nachvollziehbar sein. Auf Einwände, Fragen und Argumente des Betroffenen ist zumal im Widerspruchsverfahren einzugehen. Diesen Anforderungen genügen die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht.
Der Bescheid vom 15. September 2003 enthält in der Begründung neben einer präzisen Bezeichnung des Nachforderungsbetrages lediglich eine allgemeine Schilderung für die Beitragserhebung bei Provisionszahlungen und Urlaubsabgeltungen geltender Erhebungsgrundsätze. Als monita zu verstehende Bemerkungen sind im Passiv formuliert, so dass teils nicht klar ist, ob sie überhaupt beanstandend und wem gegenüber sie erhoben werden. Der Beigeladene R. wird im Begründungstext nicht namentlich erwähnt; hier ist lediglich zu vermuten, dass es sich um die Person handelt, die als "ein Arbeitnehmer" bezeichnet ist.
Durch die Anlage des Bescheides wird es nicht wesentlich klarer. Hier ist zwar von Provisionszahlungen und einer Urlaubsabgeltung für den Beigeladenen R. die Rede, es wird jedoch nicht deutlich, ob diese mit den von der Beklagten jeweils als sogenannte "Entgeltdifferenz" bezeichneten Beträgen gleichzusetzen sind oder ob und inwieweit jeweils – vor dem Hintergrund möglicherweise hereinspielender Beitragsbemessungsgrenzen und "Klauseln" – die sogenannte Entgeltdifferenz bereits das Resultat einer durch gesetzliche Vorgaben bestimmten Rechenoperation ist, bei der die angenommene Provisionszahlung bzw. Urlaubsabgeltung nur ein Rechenfaktor gewesen ist. Eine Differenz ist immer erst das Ergebnis einer arithmetischen Operation (Subtraktion). Ein Bescheid also, der lediglich Differenzen mitteilt, nicht aber die Einsatzgrößen der zugrunde liegenden Berechnung, kann schon von daher nicht aus sich heraus verständlich sein. Es kommt hinzu, dass weder der Begriff der anscheinend in die Berechung eingeflossenen Beitragsbemessungsgrenzen erklärt noch deren Höhe betragsmäßig angegeben wird. Auch dies lässt es, selbst wenn man die von der Beklagten im Übrigen genannten rechtlichen Grundlagen anwendete, einem verständigen Leser nicht zu, den Bescheid nachzuvollziehen.
Im Widerspruchsbescheid wird die erforderliche Begründung nicht nachträglich ausreichend gegeben (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X). Diese erschöpft sich vielmehr im Wesentlichen in einer Wiedergabe des Gesetzestextes und einem Hinweis auf die von der Beklagten so bezeichnete "Märzklausel", ohne die Berechnung im Einzelnen zu präzisieren. Dies wäre um so wichtiger gewesen, als die Klägerin, von der spezielle Kenntnisse des Sozialversicherungsrechts nicht erwartet werden dürfen, im Rahmen der Begründung ihre Widerspruchs ausführlich auf aus ihrer Sicht bestehende Ungereimtheiten in der Begründung und Berechnung des Ausgangsbescheides hingewiesen und ausdrücklich um eine Erklärung und Neuberechnung der Beitragsforderung gebeten hatte. Vor diesem Hintergrund ist die mangelnde Begründung des angefochtenen Bescheides beachtlich.
Die Beklagte hat die fehlende Begründung der angefochtenen Bescheide auch nicht zulässigerweise im gerichtlichen Verfahren nachgeschoben. Ein solches Nachschieben kann zwar unter Umständen möglich sein, sofern der angefochtene Verwaltungsakt nicht in seinem Wesen verändert wird (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 9. Aufl., § 54 Rn. 35 ff.); die von der Beklagten nunmehr im Gerichtsverfahren mitgeteilten Tatsachen und Umstände rechtfertigen gleichwohl die streitige Forderung nicht. Bei den von der Beklagten behaupteten und von der Klägerin jedenfalls dem Betrag nach bestrittenen Zahlungen handelt es sich lediglich um Mutmaßungen und Schlussfolgerungen aus Unterlagen der Krankenkasse bzw. der Finanzverwaltung. Es mag in der Tat viel dafür sprechen, dass der Beigeladene R. damals Zahlungen erhalten hat, die beitragsrechtlich anders hätten behandelt werden müssen. Rückschlüsse aus den Unterlagen anderer Behörden sind jedoch vor dem Hintergrund, dass die rechtlichen Grundlagen für deren Handeln unterschiedlich sind, zumindest nicht zu einer bestimmten betragsmäßig zu bezeichnenden Höhe des Entgelts (§ 14 SGB IV) möglich. Eine Begründung, welche die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide noch im Prozess beseitigen könnte, stellen die Überlegungen der Beklagten deswegen nicht dar.
Ebenso wenig berührt es die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide, dass die Klägerin der Beklagten, wie diese meint, die Möglichkeit einer Nachbesserung der Begründung genommen hat, indem sie ihr (freilich erst im Laufe des Gerichtsverfahrens, dessen Streitgegenstand gerade die Frage bildet, ob die Beklagte sich bei Erlass der Bescheide rechtmäßig verhalten hatte) die nochmalige Vorlage ihrer Geschäftsunterlagen verweigerte. Allerdings bestehen im Sozialversicherungsrecht für den Arbeitgeber weitgehende Aufbewahrungs-, Vorlage- und Kooperationspflichten. Diesen hat die Klägerin jedoch im September 2003, was von der Beklagten nicht bestritten wird, vollständig genügt. Wenn die Beklagte vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens (im weiteren Sinne), d. h. vor Erlass des Widerspruchsbescheides, die Möglichkeit nicht genutzt hat, von der Klägerin fehlende Informationen zu fordern, so kann sich dies nicht auf die Frage der Rechtmäßigkeit des Bescheides auswirken, zumal die Ermächtigung der Beklagten zum Erlass von Bescheiden zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe auf den "Rahmen der Prüfung" beschränkt ist (vgl. § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV) und der Zustand der erheblich in die Sphäre und Rechte des Arbeitgebers eingreifenden Betriebsprüfung nicht unbegrenzt anhält (vgl. jetzt § 12, § 7 Abs. 3 und 4 Beitragsverfahrensverordnung).
Ferner gestattet es der Rechtsgedanke des § 444 ZPO nicht, die Angaben der Beklagten über Zahlungen an den Beigeladenen R. als die Beitragsforderung hinreichend begründend zu Lasten der Klägerin zu verwerten. § 444 ZPO setzt voraus, dass ein Beteiligter eine Urkunde in der Absicht, ihre Benutzung dem Gegner zu entziehen, beseitigt oder zur Benutzung untauglich macht. Es können dann Behauptungen des Gegners über die Beschaffenheit und den Inhalt der Urkunde als bewiesen angesehen werden. Von der damit zu fordernden Arglist kann im Falle der Klägerin jedoch nicht die Rede sein. Vielmehr hat diese im Rahmen der Betriebsprüfung ihren Kooperationspflichten genügt und der Beklagten die fraglichen Urkunden zugänglich gemacht. Wenn die Beklagte jetzt gleichwohl in Beweisnot ist, so liegt dies nicht am Verhalten der Klägerin, sondern daran, dass die Beklagte sich nicht spätestens im Widerspruchsverfahren Gewissheit über die fraglichen Vorgänge verschafft hat, wozu sie schon mit Blick auf die besondere Widerspruchsbegründung der Klägerin veranlasst gewesen wäre.
Der Bescheid der Beklagten ist schließlich nicht deswegen rechtmäßig, weil die Berechtigung der Forderung der Beklagten anderweitig feststünde. Die zur Rechtswidrigkeit führende mangelhafte Begründung der angefochtenen Bescheide könnte dies nicht ersetzten, weshalb sich auch weitere Ermittlungen des Gerichts zum Zwecke einer Prüfung des Anspruchs selbst erübrigen.
Die Berufung der Beklagten war nach alledem zurückzuweisen.
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung sowie aus § 160 Abs. 2 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob die Klägerin der Beklagten weitere Sozialversicherungsbeiträge schuldet.
Die Beklagte führte am 3. September 2003 bei der Klägerin, die ein zahntechnisches Labor betreibt, eine Betriebsprüfung für die Jahre 1999 bis 2002 durch. Dabei erhielt die Prüferin Einsicht in die sozialversicherungsrechtlich relevanten Geschäftsunterlagen der Klägerin.
Mit Bescheid vom 15. September 2003 forderte die Beklagte gegenüber der Klägerin Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 1.864,20 EUR nach, die sich ergeben sollten aus fehlerhaft behandelten Entgelten für den Beigeladenen zu 3) (R.) sowie von zwei weiteren Bediensteten der Klägerin. In der Begründung des Bescheides heißt es, für die Berechnung der Beiträge seien Provisionen grundsätzlich in dem Lohnabrechnungszeitraum zu berücksichtigen, in dem sie erzielt worden seien. Das ergebe sich aus dem Charakter der Provisionen als laufendes Arbeitsentgelt und der dann anzuwendenden Fälligkeitsvorschrift des § 23 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV). Provisionen seien dann erzielt, wenn der Anspruch darauf entstanden sei. Die Zuordnung solcher Zahlungen nach diesem Grundsatz habe zur Folge, dass bei verspäteter Auszahlung von Provisionen eine Korrektur der Beitragsberechnung vorzunehmen sei. Da solche Korrekturen mit erheblicher Mehrarbeit verbunden seien, bestünden keine Bedenken, wenn Provisionen, die zwar zeitversetzt, aber monatlich ausgezahlt würden, im Lohnabrechnungszeitraum der Auszahlung zur Beitragsberechnung herangezogen würden. Würden Provisionen in größeren Zeitabständen als monatlich gezahlt und sei eine genaue Aufschlüsselung auf die Monate des Anspruchserwerbs nicht mehr möglich, so sei eine gleichmäßige Aufteilung der Zahlung auf die einzelnen Monate des Anspruchszeitraums zulässig. Lediglich dann, wenn sie ohne Bezug auf bestimmte Lohnabrechnungszeiträume gezahlt würden, seien Provisionen als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne des § 23 a SGB IV anzusehen. In Einzelfällen seien Provisionen quartalsweise abgerechnet worden. Eine Korrektur der Beitragsberechnung der betroffenen Monate sei nicht vorgenommen worden. Ein Arbeitnehmer habe nach Ablauf eines Jahres eine Provision für das Vorjahr ausgezahlt erhalten. Diese Provision sei nicht als Einmalzahlung, sondern als laufendes Entgelt berücksichtigt worden.
Urlaubsabgeltungen seien Zuwendungen, die nicht für Arbeit in einem einzelnen Entgeltabrechnungszeitraum gezahlt würden. Sie unterlägen deshalb als einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Rahmen des § 23 a SGB IV der Beitragspflicht. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt werde einem bestimmten Entgeltabrechnungszeitraum zugerechnet; jedoch werde hierbei die monatliche Beitragsbemessungsgrenze außer Kraft gesetzt. Für die Berechnung der Krankenversicherungsbeiträge schreibe § 23 a SGB IV vor, dass das einmalig gezahlte Arbeitsentgelt insoweit zur Beitragsberechnung herangezogen werde, als es zusammen mit dem bis zum Ablauf des Entgeltabrechnungszeitraums erzielten beitragspflichtigen Arbeitsentgelt die bis dahin maßgebende anteilige Jahresbeitragsbemessungsgrenze nicht erreiche. Überschreite das Entgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze der Krankenversicherung, so seien die Beiträge zur Rentenversicherung und zur Bundesanstalt für Arbeit (hier Beigeladene zu 4) bis zur Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung zu berechnen. Für die Pflegeversicherung gelte die Beitragsbemessungsgrenze der Krankenversicherung. Die an einen Arbeitnehmer gezahlte Urlaubsabgeltung sei als laufendes Entgelt berücksichtigt worden.
Eine Zusammenstellung der zu wenig gezahlten Beiträge möge die Klägerin der dem Bescheid beigefügten Anlage zur Berechnung der Beiträge entnehmen.
In der Anlage ist für den Beigeladenen S. R. für das Jahr 1999 eine sogenannte "Entgeltdifferenz" von 500 DM wegen einer angeblichen Provisionsnachzahlung im Februar 2000 für 1999 ausgewiesen, des Weiteren für das Jahr 2000 eine "Entgeltdifferenz" in Höhe von 3.600 DM wegen angeblicher Provisionsnachzahlung für das Jahr 2000 im Januar 2001, schließlich für die Zeit vom 1. Januar 2001 bis 30. November 2001 eine "Entgeltdifferenz" von 6.300 DM mit der Sachverhaltsbezeichnung: "Provisionszahlung (Jahresbezug) und Urlaubsabgeltung sind einmalige Zuwendungen im Sinne der Sozialversicherung."
Die aus Sicht der Beklagten deshalb jeweils nachzuerhebenden Sozialversicherungsbeiträge flossen als Summanden in die Gesamtforderung von 1.864,20 EUR ein. Wegen weiterer Einzelheiten der Berechnung wird auf die zutreffende Sachverhaltsdarstellung im Tatbestand des angefochtenen Urteils (S. 3) Bezug genommen.
Die Klägerin erhob Widerspruch und bat mit Schreiben vom 24. Dezember 2003 ausdrücklich darum, die Berechnung neu durchzuführen. Der Bescheid verletze die Anforderungen an eine Begründungspflicht nach § 35 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X). Die Begründung erschöpfe sich in formelhaften allgemeinen Darlegungen, die nicht auf den konkreten Fall eingingen. Sie, die Klägerin, müsse die maßgeblichen Gründe erfahren, die zu der Entscheidung geführt hätten, damit sie in der Lage sei, sich über einen Rechtsbehelf schlüssig zu werden und ihn sachgemäß zu begründen. Die Begründung des Bescheides bestehe demgegenüber aus abstrakten Ausführungen zur Berechnung von Provisionen und Urlaubsabgeltungen, die keinen Bezug zum Sachverhalt hätten. Daran ändere auch die Anlage des Bescheides nichts. Gerade die dortigen Bemerkungen unter der Rubrik "Sachverhalt" stünden im Widerspruch zu den Ausführungen im Bescheid selbst. Zur Begründung dieser Auffassung führte die Klägerin, genau bezogen auf einzelne Passagen des Bescheides und der Anlage, mehrere Beispiele nebst Kontrollberechnungen an und beanstandete zugleich, dass der Bescheid nicht aus sich selbst heraus verständlich sei. So habe es zum Beispiel eine Einmalzahlung in Höhe von 3.600 DM nie gegeben.
Aus einer internen Stellungnahme der Beklagten zum Widerspruch ergibt sich, dass sie die Kenntnisse der Klägerin im Sozialversicherungsrecht für mangelhaft halte; sie bot ihrem Bevollmächtigten daher eine Unterredung an, um zusammen mit der Buchhalterin die Begründung und Berechnung der Nachforderung durchzugehen. Darauf ließ die Klägerin sich nicht ein, sondern bestand auf einer schriftlichen Entscheidung.
Mit Bescheid vom 3. Juni 2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. In der Begründung heißt es, der Widerspruch sei nicht begründet. Es folgt eine im Wesentlichen wörtliche Wiedergabe der Gesetzesvorschrift des § 14 Abs. 1 Satz 1 sowie des § 23 a Abs. 1 bis 4 SGB IV. Sodann führt die Beklagte aus, bei dem Beigeladenen R. handele es sich um eine Jahresprovision, die nach Ablauf des Geschäftsjahres ermittelt werde und in der Regel in den ersten drei Monaten des Folgejahres ausgezahlt werde. Zum Ende seines Beschäftigungsverhältnisses im November 2001 habe der Beigeladene eine Provision für das laufende Jahr sowie eine Urlaubsabgeltung erhalten. Sowohl die Provisionen als auch die Urlaubsabgeltung seien von der Klägerin bei der Beitragsberechnung im Monat der Auszahlung als laufendes Entgelt verbeitragt worden. Da es sich hierbei um Einmalzahlungen gehandelt habe, seien die entsprechenden Beiträge "unter Berücksichtigung der Märzklausel" (für die Provision aus Januar 2001) nachzuerheben. Weitere Ausführungen zur Begründung einer Beitragsforderung aufgrund der Beschäftigung des Beigeladenen R. enthält der Widerspruchsbescheid nicht.
Der Widerspruchsbescheid wurde am 3. Juni 2004 zur Post gegeben. Am 5. Juli 2004 hat die Klägerin vor dem Sozialgericht Hamburg Klage erhoben und die Anfechtung dabei auf die Beitragsforderung der Beklagten wegen des Beigeladenen R. beschränkt. Später haben die Beteiligten auch noch einen Betrag in Höhe von 474,89 EUR aus dem Streit genommen, der sich aus einer Zahlung an den Beigeladenen R. im Januar 2001 ergeben sollte.
Zur Begründung ihrer Klage hat die Klägerin ausgeführt, die Beklagte sei im Widerspruchsverfahren nicht auf ihre Rüge einer mangelnden Begründung des Ausgangsbescheides eingegangen. Auch der Widerspruchsbescheid begründe die streitige Forderung der Beklagten nicht genügend. Es sei zudem falsch, sämtliche Zahlungen an den Beigeladenen R. über dessen monatliches Arbeitsentgelt hinaus als "Provisionszahlungen" zu bezeichnen. Provisionen habe der Beigeladene als Zahntechnikermeister und Laborleiter nicht erhalten dürfen. Vielmehr habe man ihm gelegentlich Sonderzahlungen im Sinne einmalig gezahlten Arbeitsentgelts gewährt. Solche würden grundsätzlich demjenigen Kalendermonat zugeordnet, in dem sie gezahlt würden. Nur unter bestimmten Voraussetzungen (Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze) könnten sie – teilweise – anderen Kalendermonaten zugeordnet werden. Dabei sei die Beklagte nicht entsprechend dem Gesetz verfahren. Die Berechnung einer "Entgeltdifferenz" in Höhe von 6.300 DM im Jahr 2001 sei ebenfalls nicht nachvollziehbar. Wie sich eine solche ergebe, erschließe sich aus den Bescheiden nicht.
Die Klägerin hat weiter vorgetragen, die Betriebsprüfung sei am 3. September 2003 durchgeführt und an diesem Tag auch abgeschlossen worden. Die Prüferin der Beklagten habe unbeschränkte Einsichtsmöglichkeiten in ihre Unterlagen gehabt. Mitteilenswert sei, dass die Prüferin der Beklagten im Dezember 2004, also nach Klagzustellung bei ihrer, der Klägerin, Buchhalterin angerufen habe, um noch einmal Einsicht in die Abrechnungen und Personaldaten zu bekommen. Dies sei ihr im Hinblick auf das laufende Gerichtsverfahren verwehrt worden. Es gehe nicht an, nach abschließender Prüfung und Erstellung zweier Bescheide und nach Klagerhebung von ihr, der Klägerin, zu verlangen, im Klageverfahren noch Kopien der Jahreslohnkonten der Jahre 1999 bis 2001 vorzulegen, um die Nachberechnung nochmals zu prüfen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat auf ihren Widerspruchsbescheid verwiesen: Es gehe um beitragsrechtliche Behandlung von einmalig gezahltem Arbeitsentgelt, das in einem Lohnabrechnungszeitraum bis Ende März eines Jahres gezahlt werde. Bei der Klägerin bestehe offensichtlich Unklarheit darüber, wie nach der sogenannten Märzklausel gemäß § 23 a Abs. 4 SGB IV ein einmalig gezahltes Arbeitsentgelt abzurechnen sei. In einem solchen Fall sei zunächst zu prüfen, ob mit dem einmalig gezahlten Arbeitsentgelt die anteiligen Beitragsbemessungsgrenzen für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März überschritten würden. Nur dann sei das gesamte einmalig gezahlte Arbeitsentgelt dem Vorjahr zuzuschlagen und dort bis zum Erreichen der Beitragsbemessungsgrenze mit Beiträgen zu belegen. Diese Sachlage habe sich jeweils für das im ersten Quartal der Jahre 2000 und 2001 gezahlte Entgelt ergeben. Im Übrigen stelle der Begriff einer Provisionszahlung keinen eindeutigen beitragsrechtlichen Sachverhalt dar. Sei die Provision einem bestimmten Lohnabrechnungsmonat zuzuordnen, in dem sie erzielt worden sei, sei sie einmalig gezahltes Arbeitsentgelt. Eine Provisionsnachzahlung, die einzelnen Lohnabrechnungszeiträumen zugeordnet werden könne, stelle laufendes Arbeitsentgelt dar und sei entsprechend der Entstehung auf die Vormonate aufzuteilen und mit Beiträgen zu belegen. Allerdings sei hier eine exakte Überprüfung der Nachberechnung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens nicht möglich gewesen, da wegen mangelnder Möglichkeiten während der Betriebsprüfung selbst keine Kopien der Unterlagen der Klägerin hätten gefertigt werden können. Nachdem die Prüferin Kenntnis von dem Klageverfahren erlangt habe, habe sie sich mit der Buchhalterin der Klägerin und deren Prozessbevollmächtigten erneut in Verbindung gesetzt, um die Unterlagen doch noch einsehen zu können, jedoch sei ihr dies verweigert worden. Eine Überprüfung der Angaben der Klägerin sei jedoch durch die Anforderung der Soll-Stellung der Beigeladenen zu 1) (G. Ersatzkasse) möglich. Die entsprechende Kontrolle habe die Höhe der nachgeforderten Beiträge bestätigt.
Des Weiteren hat die Beklagte vorgetragen, nach § 7 Beitragsverfahrensverordnung sei sie berechtigt, aber nicht verpflichtet gewesen, im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 SGB IV Kopien schriftlicher Unterlagen des Arbeitsgebers zu fertigen, gleichzeitig sei nach § 9 Satz 2 SGB X das Verwaltungsverfahren einfach und zweckmäßig durchzuführen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass sie, die Beklagte, im Rahmen durchzuführender Betriebsprüfungen jährlich über achtzigtausend Beanstandungen erhebe. Im Übrigen regele § 98 SGB X eine Verpflichtung zur Angabe von Tatsachen und Vorlage von Beweismitteln. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin entsprechende Unterlagen bereits im Rahmen der Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 SGB IV vorgelegt habe. Auch im gerichtlichen Verfahren seien die Beteiligten zur Mitwirkung verpflichtet. Schließlich sei auf § 444 Zivilprozessordnung (ZPO) hinzuweisen, wonach im Falle der Vereitelung des Urkundenbeweises Behauptungen des Gegners über die Beschaffenheit und den Inhalt einer Urkunde als bewiesen angesehen werden könnten.
Das Sozialgericht hat die Betriebsprüferin der Beklagten namens G1 B. als Zeugin gehört. Wegen der Thematik und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 31. Oktober 2007 (Blatt 90 bis 92 der Gerichtsakten) verwiesen.
Mit Urteil vom 31. Oktober 2007 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 15. September 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 2004 aufgehoben, soweit Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie zur Umlage über 474,89 EUR hinaus für den Beigeladenen R. gegenüber der Klägerin nachberechnet worden sind. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Bescheid der Beklagten vom 15. September 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides sei, soweit noch angefochten, rechtswidrig, da nicht hinreichend bestimmt. Die Klägerin sei deshalb in ihren Rechten verletzt. Die Beklagte habe keinen Anspruch auf weitere Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen- und Umlageversicherung für den Beigeladenen R ... Dieser sei zwar im Prüfungszeitraum bei der Klägerin gegen Arbeitsentgelt beschäftigt gewesen. Ob er jedoch im Januar 2000 für das Jahr 1999 und anlässlich der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses im November 2001 einmalig gezahltes Arbeitsentgelt im Sinne von § 23 a SGB IV erhalten habe, sei streitig. Abrechnungsunterlagen bzw. Gehaltskonten, die eine solche Zahlung belegten, lägen nicht vor.
Die Beklagte als Träger der Rentenversicherung prüfe bei der Klägerin als Arbeitgeberin, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Sozialversicherungsbeitrag stünden, ordnungsgemäß erfülle. Sie prüfe insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen nach § 28 a SGB IV (§ 28 p Abs. 1 Satz 1 SGB IV), wobei die Klägerin verpflichtet sei, angemessene Prüfhilfen zu leisten (§ 28 p Abs. 5 Satz 1 SGB IV). Die Beklagte wende nicht ein, dass die Klägerin im Zeitpunkt der Prüfung gegen ihre Mitwirkungspflichten verstoßen habe. Vielmehr habe die als Zeugin gehörte Prüferin erklärt, am 3. September 2003 hätten ihr die erforderlichen Unterlagen vorgelegen. Sie habe diese lediglich nicht kopiert.
Die Beklagte begründe ihre Beitragsnachforderungen nicht genügend. Der Hinweis auf bestimmte "Entgeltdifferenzen" wegen Provisionsnachzahlungen und Urlaubsabgeltung reiche nicht aus. Mit dieser Begründung sei die Beitragsforderung nicht hinreichend bestimmt. In der Begründung eines Verwaltungsakts seien die wesentlichen tatsächlichen oder rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen hätten. Diesen Anforderungen genüge der Bescheid vom 15. September 2003 in Bezug auf die Entgeltdifferenzen von 500 DM bzw. 6.300 DM nicht. Auch im Widerspruchsverfahren sei es der Beklagten nicht gelungen, die erforderliche Begründung der Beitragserhebung nachzuholen. Ob sie im Rahmen des Verfahrens die Möglichkeit gehabt hätte, von der Klägerin die erneute Vorlage von Abrechnungsunterlagen oder Lohnkonten zu erzwingen, könne dahinstehen, denn sie habe einen solchen Versuch nicht unternommen. Setze sie die ihr nach dem Gesetz zustehenden Möglichkeiten nicht ein, um notwendige Unterlagen zu erhalten, könne dies nicht dazu führen, dass streitige Tatsachen als bewiesen gälten. Um die fehlende Bestimmtheit des Bescheides noch im gerichtlichen Verfahren zu heilen, habe die Kammer die Betriebsprüferin als Zeugin gehört. Nach Würdigung ihrer Aussage sei die Kammer jedoch nicht davon überzeugt, dass tatsächlich weitere Zahlungen an den Beigeladenen R. erfolgt seien. Die Beklagte befinde sich trotzdem nicht in einem Beweisnotstand, der eine ihr günstige Entscheidung ermögliche. Ein solcher trete nicht schon dann ein, wenn es die Beklagte versäume, Kopien relevanter Belege anfertigen zu lassen, weil sie darauf vertraue, dass im Falle von Streitigkeiten ihr noch einmal Einsicht gewährt werde. Ihr sei es unbenommen, aus praktischen Gründen auf die Anfertigung von Kopien zu verzichten. Führe dies dazu, dass der zu erlassende Bescheid mangels hinreichender Bestimmtheit rechtswidrig werde, habe sie die Möglichkeit, den Fehler im Widerspruchsverfahren zu heilen, indem dort die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen, für welche sie die objektive Feststellungslast treffe, nachgeholt würden. Über die Mitwirkungspflicht der Klägerin bei der Betriebsprüfung selbst, der sie nachgekommen sei, hinaus ergebe sich keine Pflicht, der Beklagten oder dem Gericht erneut Unterlagen vorzulegen. Auch der Untersuchungsgrundsatz des § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG) biete hier keine ausreichende Handhabe, die Klägerin hier um Mitteilung weiterer Urkunden zu ersuchen (§ 106 Abs. 3 Nr. 1 SGG). Es sei im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes nicht Aufgabe des Gerichts, Verwaltungsakte, die wegen fehlender Bestimmtheit rechtswidrig seien, durch eigene Ermittlungen zu heilen.
Das Urteil des Sozialgerichts ist der Beklagten am 10. Januar 2008 zugestellt worden. Am 24. Januar 2008 hat sie Berufung eingelegt.
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, sie habe im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellt, dass der Beigeladene R. im Februar 2001 eine Jahresprovision und im November 2001 eine Jahresprovision und Urlaubsabgeltung erhalten habe. Für eine ordnungsgemäße Begründung des Nachforderungsbescheides sei im Sinne von § 35 SGB X die Angabe der maßgebenden und tragenden Erwägungen ausreichend, wobei auch die Bezugnahme auf eine dem Bescheid beigefügte Anlage zulässig sei. Im Übrigen hätte das Sozialgericht im Wege des Urkundenbeweises einschlägige Unterlagen der Klägerin beiziehen müssen. Auch sei dem Gericht nicht darin zu folgen, dass durch die Zeugenaussage der Betriebsprüferin ein Nachweis weiterer Zahlungen nicht erbracht worden sei. Ferner könne unter Berücksichtigung der von der Klägerin früher gemeldeten Arbeitsentgelte "davon ausgegangen werden", dass der Beigeladene R. bestimmte Einmalzahlungen erhalten habe. Das ergebe auch ein Vergleich mit dem steuerpflichtigen Arbeitsentgelt, wie es vom Finanzamt bestätigt worden sei.
Die Beklagte und Berufungsklägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 31. Oktober 2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Die Klägerin tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil des Sozialgerichts.
Die Beteiligten haben sich sämtlich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung allein durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt.
Die Sachakten der Beklagten haben vorgelegen. Auf ihren sowie auf den Inhalt der Prozessakten wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung (§ 155 Abs. 3 und 4 SGG).
Die Berufung der Beklagten ist nach den Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes zulässig. Sie ist in der Sache jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 15. September 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. Juni 2004 aufgehoben, soweit mit ihm Beiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung sowie zur Umlage über den Betrag von 474,89 EUR hinaus für den Beigeladenen R. nachberechnet worden sind. Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, dass die Begründung der Bescheide unzureichend ist und die streitige Beitragsforderung der Beklagten nicht trägt. Dies macht die Bescheide rechtswidrig, und sie sind im Wege der Anfechtungsklage als die Klägerin in ihren Rechten verletzend aufzuheben.
Allerdings teilt der Senat nicht die Auffassung des Sozialgerichts, dass der Bescheid zu unbestimmt sei: Der von der Klägerin geforderte Betrag wird präzise angegeben. Unpräzise und mangelhaft ist hingegen die Begründung des Bescheides.
Nach § 28 p Abs. 1 Satz 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und sonstigen Pflichten nach dem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen. Sie erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe (Satz 5). Dabei unterliegen sie wie auch sonst den verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (§ 1 Abs. 1 SGB X).
Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB X ist ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen, in welcher die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen sind, welche die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Der vom Bescheid Betroffene muss aus dieser Entscheidung erkennen können, welche tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte für die Entscheidung maßgeblich gewesen sind. Nur dann ist er in der Lage, die Verwaltungsmaßnahme zu begreifen, zu akzeptieren oder sie mit einem statthaften Rechtsbehelf anzufechten. Die Behörde hat die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen bezogen auf den konkreten Einzelfall darzustellen und nicht als formelhafte allgemeine Darlegung. Ein schriftlicher Bescheid muss für einen seriösen, um Verständnis bemühten Leser ohne spezielle Kenntnis der besonderen Rechtsmaterie (zum Beispiel des Sozialversicherungsrechts) aus sich selbst heraus verständlich und nachvollziehbar sein. Auf Einwände, Fragen und Argumente des Betroffenen ist zumal im Widerspruchsverfahren einzugehen. Diesen Anforderungen genügen die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht.
Der Bescheid vom 15. September 2003 enthält in der Begründung neben einer präzisen Bezeichnung des Nachforderungsbetrages lediglich eine allgemeine Schilderung für die Beitragserhebung bei Provisionszahlungen und Urlaubsabgeltungen geltender Erhebungsgrundsätze. Als monita zu verstehende Bemerkungen sind im Passiv formuliert, so dass teils nicht klar ist, ob sie überhaupt beanstandend und wem gegenüber sie erhoben werden. Der Beigeladene R. wird im Begründungstext nicht namentlich erwähnt; hier ist lediglich zu vermuten, dass es sich um die Person handelt, die als "ein Arbeitnehmer" bezeichnet ist.
Durch die Anlage des Bescheides wird es nicht wesentlich klarer. Hier ist zwar von Provisionszahlungen und einer Urlaubsabgeltung für den Beigeladenen R. die Rede, es wird jedoch nicht deutlich, ob diese mit den von der Beklagten jeweils als sogenannte "Entgeltdifferenz" bezeichneten Beträgen gleichzusetzen sind oder ob und inwieweit jeweils – vor dem Hintergrund möglicherweise hereinspielender Beitragsbemessungsgrenzen und "Klauseln" – die sogenannte Entgeltdifferenz bereits das Resultat einer durch gesetzliche Vorgaben bestimmten Rechenoperation ist, bei der die angenommene Provisionszahlung bzw. Urlaubsabgeltung nur ein Rechenfaktor gewesen ist. Eine Differenz ist immer erst das Ergebnis einer arithmetischen Operation (Subtraktion). Ein Bescheid also, der lediglich Differenzen mitteilt, nicht aber die Einsatzgrößen der zugrunde liegenden Berechnung, kann schon von daher nicht aus sich heraus verständlich sein. Es kommt hinzu, dass weder der Begriff der anscheinend in die Berechung eingeflossenen Beitragsbemessungsgrenzen erklärt noch deren Höhe betragsmäßig angegeben wird. Auch dies lässt es, selbst wenn man die von der Beklagten im Übrigen genannten rechtlichen Grundlagen anwendete, einem verständigen Leser nicht zu, den Bescheid nachzuvollziehen.
Im Widerspruchsbescheid wird die erforderliche Begründung nicht nachträglich ausreichend gegeben (vgl. § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X). Diese erschöpft sich vielmehr im Wesentlichen in einer Wiedergabe des Gesetzestextes und einem Hinweis auf die von der Beklagten so bezeichnete "Märzklausel", ohne die Berechnung im Einzelnen zu präzisieren. Dies wäre um so wichtiger gewesen, als die Klägerin, von der spezielle Kenntnisse des Sozialversicherungsrechts nicht erwartet werden dürfen, im Rahmen der Begründung ihre Widerspruchs ausführlich auf aus ihrer Sicht bestehende Ungereimtheiten in der Begründung und Berechnung des Ausgangsbescheides hingewiesen und ausdrücklich um eine Erklärung und Neuberechnung der Beitragsforderung gebeten hatte. Vor diesem Hintergrund ist die mangelnde Begründung des angefochtenen Bescheides beachtlich.
Die Beklagte hat die fehlende Begründung der angefochtenen Bescheide auch nicht zulässigerweise im gerichtlichen Verfahren nachgeschoben. Ein solches Nachschieben kann zwar unter Umständen möglich sein, sofern der angefochtene Verwaltungsakt nicht in seinem Wesen verändert wird (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 9. Aufl., § 54 Rn. 35 ff.); die von der Beklagten nunmehr im Gerichtsverfahren mitgeteilten Tatsachen und Umstände rechtfertigen gleichwohl die streitige Forderung nicht. Bei den von der Beklagten behaupteten und von der Klägerin jedenfalls dem Betrag nach bestrittenen Zahlungen handelt es sich lediglich um Mutmaßungen und Schlussfolgerungen aus Unterlagen der Krankenkasse bzw. der Finanzverwaltung. Es mag in der Tat viel dafür sprechen, dass der Beigeladene R. damals Zahlungen erhalten hat, die beitragsrechtlich anders hätten behandelt werden müssen. Rückschlüsse aus den Unterlagen anderer Behörden sind jedoch vor dem Hintergrund, dass die rechtlichen Grundlagen für deren Handeln unterschiedlich sind, zumindest nicht zu einer bestimmten betragsmäßig zu bezeichnenden Höhe des Entgelts (§ 14 SGB IV) möglich. Eine Begründung, welche die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide noch im Prozess beseitigen könnte, stellen die Überlegungen der Beklagten deswegen nicht dar.
Ebenso wenig berührt es die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide, dass die Klägerin der Beklagten, wie diese meint, die Möglichkeit einer Nachbesserung der Begründung genommen hat, indem sie ihr (freilich erst im Laufe des Gerichtsverfahrens, dessen Streitgegenstand gerade die Frage bildet, ob die Beklagte sich bei Erlass der Bescheide rechtmäßig verhalten hatte) die nochmalige Vorlage ihrer Geschäftsunterlagen verweigerte. Allerdings bestehen im Sozialversicherungsrecht für den Arbeitgeber weitgehende Aufbewahrungs-, Vorlage- und Kooperationspflichten. Diesen hat die Klägerin jedoch im September 2003, was von der Beklagten nicht bestritten wird, vollständig genügt. Wenn die Beklagte vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens (im weiteren Sinne), d. h. vor Erlass des Widerspruchsbescheides, die Möglichkeit nicht genutzt hat, von der Klägerin fehlende Informationen zu fordern, so kann sich dies nicht auf die Frage der Rechtmäßigkeit des Bescheides auswirken, zumal die Ermächtigung der Beklagten zum Erlass von Bescheiden zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe auf den "Rahmen der Prüfung" beschränkt ist (vgl. § 28 p Abs. 1 Satz 5 SGB IV) und der Zustand der erheblich in die Sphäre und Rechte des Arbeitgebers eingreifenden Betriebsprüfung nicht unbegrenzt anhält (vgl. jetzt § 12, § 7 Abs. 3 und 4 Beitragsverfahrensverordnung).
Ferner gestattet es der Rechtsgedanke des § 444 ZPO nicht, die Angaben der Beklagten über Zahlungen an den Beigeladenen R. als die Beitragsforderung hinreichend begründend zu Lasten der Klägerin zu verwerten. § 444 ZPO setzt voraus, dass ein Beteiligter eine Urkunde in der Absicht, ihre Benutzung dem Gegner zu entziehen, beseitigt oder zur Benutzung untauglich macht. Es können dann Behauptungen des Gegners über die Beschaffenheit und den Inhalt der Urkunde als bewiesen angesehen werden. Von der damit zu fordernden Arglist kann im Falle der Klägerin jedoch nicht die Rede sein. Vielmehr hat diese im Rahmen der Betriebsprüfung ihren Kooperationspflichten genügt und der Beklagten die fraglichen Urkunden zugänglich gemacht. Wenn die Beklagte jetzt gleichwohl in Beweisnot ist, so liegt dies nicht am Verhalten der Klägerin, sondern daran, dass die Beklagte sich nicht spätestens im Widerspruchsverfahren Gewissheit über die fraglichen Vorgänge verschafft hat, wozu sie schon mit Blick auf die besondere Widerspruchsbegründung der Klägerin veranlasst gewesen wäre.
Der Bescheid der Beklagten ist schließlich nicht deswegen rechtmäßig, weil die Berechtigung der Forderung der Beklagten anderweitig feststünde. Die zur Rechtswidrigkeit führende mangelhafte Begründung der angefochtenen Bescheide könnte dies nicht ersetzten, weshalb sich auch weitere Ermittlungen des Gerichts zum Zwecke einer Prüfung des Anspruchs selbst erübrigen.
Die Berufung der Beklagten war nach alledem zurückzuweisen.
Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung sowie aus § 160 Abs. 2 SGG.
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