Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 6 RJ 1331/04
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 6 R 194/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 15. Juni 2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die am X.XXXXXXXXX 1955 in S./Bosnien geborene Klägerin lebt seit 1973 in der Bundesre-publik Deutschland und war hier ohne förmliche Berufsausbildung als Packerin, Zimmermädchen, Küchenhilfe und zuletzt als Arbeiterin im Hauswirtschaftsdienst bei der Vereinigung H. gGmbH versicherungspflichtig beschäftigt. Sie hat diese Beschäftigung seit dem Beginn ihrer Arbeitsunfähigkeit im November 1999 auch nach der operativen Behandlung einer hochgradigen asymptomatischen Stenose der das Gehirn versorgenden Arteria carotis interna (der Halsschlagader) am 17. Dezember 1999 im Rahmen ihres Aufenthalts im Allgemeinen Krankenhaus Hamburg-A. vom 10. Dezember bis zum 21. Dezember 1999 und auch dem Ende des Bezuges von Krankengeld mit Ablauf des 4. März 2001 nicht mehr aus¬geübt; der Arbeitgeber beendete das Arbeitsverhältnis mit ihr aus personenbedingten Grün¬den zum 31. Dezember 2003. Seither hat sie keinerlei Erwerbs-tätigkeit aufgenommen.
Der damalige Hausarzt der Klägerin Dr. H1, Arzt für Allgemeinmedizin, begründete die Feststellung ihrer Arbeitsunfähigkeit am 26. November 1999 mit dem Bestehen einer somatisierten Depression bei Arbeitsplatzkonflikt, der Internist Dr. R. vom medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) in Ham¬burg in seinem Gutachten vom 23. März 2000 mit einem anhaltenden psychovegetativen depressiv getönten Erschöpfungs- und Versagenszustand mit Angstsymptomen und Nei¬gung zu konversiver Verarbeitung sowie mit einer Neigung zu hypertoner Dysregulation bei Zustand nach Carotisdesobliteration rechts. Die auf seine Empfehlung von der Beklagten bewilligte stationäre Heilbehandlung in der W.-Klinik in Bad E. brach die Klägerin am 25. Mai 2000 nach drei Tagen ab. Sie hatte im Antragverfahren die Frage nach Belas¬tungen am Arbeitsplatz durch schweres Heben und Tragen verneint und die Frage, ob sie nach ihrer Einschätzung die zuletzt ausgeübte Tätigkeit wieder werde verrichten können, bejaht. Die Klinik übernahm im Entlassungsbericht vom 8. Juni 2000, der eine sozialmedizi¬nische Beurteilung nicht enthielt, die von Dr. R. gestellten Diagnosen und führte aus, die Klägerin habe sich auf das therapeutische Angebot der Klinik nicht einlassen können. Sie hatte dort in erster Linie über seit dem Beginn des Jahres beste-hende Depressionen geklagt, die sie mit der im Dezember des Vorjahres durchgeführ¬ten Operation an der Halsschlagader in Verbindung brachte, in deren Gefolge verschiedene körperliche Beschwerden immer mehr zugenommen hätten.
Ihren ersten Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 28. Juli 2000 begründete die Klägerin mit Beschwerden im Hals nach Halsschlagader-Operation, Kopfschmerzen, Bluthochdruck und Ohrgeräuschen. Die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. von M. bestätigte nach Untersuchung der Klägerin am 17. November 2000 in ihrem Gutachten vom selben Tage die von Dr. R. im März des Jahres gestellten Diagnosen und vertrat die Auffassung, die Klägerin könne mit diesen gesundheitlichen Beeinträchtigungen ihre bisherige Arbeit sowie vergleichbare körperlich durchschnittlich belastende Arbeiten vollschichtig verrichten. Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 13. Dezember 2000 ab. Der nicht näher begründete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2001). Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Hamburg (S 4 851/01) kam der vom Gericht zum Sachverständigen bestellte Internist Dr. W. nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 27. März 2002 in seinem Gutachten vom 3. April 2002 zum Ergebnis, ihre Leistungsfähigkeit sei beeinträchtigt durch • ein arterielles Bluthochdruckleiden, bisher medikamentös nicht ausreichend eingestellt, aber ohne gravierende Rückwirkungen auf das Herz-und Gefäßsystem, • einen Zustand nach erfolgreicher Beseitigung einer Verengung der Hirnschlagader rechts, • einen psychovegetativen Erschöpfungszustand mit fortbestehenden Ängsten und vielfältigen Mißempfindungen. Die Klägerin könne damit an nicht gefährdenden Arbeitsplätzen körperlich leichte Arbeiten vollschichtig, mittelschwere nur noch gelegentlich (unterhalbschichtig) verrichten; auszuschließen seien Arbeiten unter erhöhtem Zeitdruck, in der Nacht und im Schichtdienst. Die Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L. berichtete dem Sozialgericht am 18. April 2002 über die im Dezember des Vorjahres aufgenommene Behandlung der Klägerin. Die Klägerin wirke leicht deprimiert, lebhaft und nicht antriebsgemindert; diagnostisch handele es sich um einen Spannungskopfschmerz sowie um eine depressive Störung mit im Vordergrund stehenden somatischen Symptomen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 10. Oktober 2002 nahm die Klägerin die Klage zurück.
Am 10. April 2003 beantragte die Klägerin, die seit dem 12. Februar 2003 Lohner¬satzleis-tungen wegen Arbeitslosigkeit bezog, erneut Rente wegen Erwerbsminderung. Sie be¬zeich-nete die ihres Erachtens ihr Leistungsvermögen aufhebenden Gesundheitsstörun¬gen wie folgt: "(Zustand nach) Halsschlagader(-operation), Bandscheibenvorfall, Tinnitus, Depressi-onen und Bluthochdruck." In dem beigefügten Attest vom 25. März 2003 beschei¬nigte ihr der Allgemeinmediziner Dr. Ö., sie sei aufgrund ihres Krankheitsbildes und vor allem wegen der Bandscheibenschäden nicht belastbar und könne mithin keine schweren Arbeiten ver¬richten. Sie sei somit nur bedingt (z. B. sitzende Tätigkeit) einsetzbar. Der In¬ternist Dr. J. vom sozialärztlichen Dienst der Beklagten führte in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 24. April 2003 aus, dieses Attest enthalte keine Hinweise darauf, dass sich am Gesundheitszustand der Klägerin oder an ihrem Leistungsvermögen gegenüber dem Zeitpunkt ihrer Begutachtung durch Dr. W. irgendetwas geändert haben könnte, so dass dessen sozialmedizinische Einschätzung unverändert gültig sei. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 30. April 2003 ab.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren übermittelte der Nervenarzt S1 der Beklagten unter dem 1. Oktober 2003 die folgenden Diagnosen: • Angst und Depressionen, Zustand nach Endarteriektomie im Bereich der rechten Carotisgabel und Dacron-Streifen-Erweiterungsplastik, • zum Teil cervikal bedingtes Kopfschmerzsyndrom, • LWS- Syndrom mit rechts betontem Bandscheibenvorfall L 5/S 1 und geringer ausgeprägter Protrusion L 4/L 5, • Arteriosklerotische Wandveränderungen im Bereich der Arteria carotis communis rechts, • Spondylosis deformans des LWS. Der Allgemeinmediziner Dr. Ö. teilte unter dem Datum 18. September 2003 neben den bereits von der Beklagten aufgenommenen die folgenden Diagnosen mit: • Arterielle Hypertonie, • Autoimmunthyreose, • Helicobacter pos. Gastritis, • Hypercholesterinämie. Unter der Rubrik "Funktionseinschränkungen" teilte er mit, die Klägerin sei körperlich und psychisch nicht lange belastbar und leide des Öfteren an Kopfschmerzen, Luftnotanfällen, starken Schmerzen im Halsbereich links sowie an Panikattacken. Beide Ärzte gaben an, die Befunde hätten sich in den letzten 12 Monaten nicht geändert. Der Internist Dr. J. vom sozialärztlichen Dienst der Beklagten folgerte daraus in seiner am 4. Juni 2004 nach Aktenlage abgegebenen gutachterlichen Stellungnahme, dass die im April 2002 durch Dr. W. abgegebene Einschätzung der Erwerbsfähigkeit unverändert Gültigkeit habe. Gestützt darauf wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 2004 zurück.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht haben Berichte über die bei der Klä¬gerin erhobenen Befunde erstattet die Allgemeinmedizinerin Dr. L1 (Bericht vom 2. Mai 2005), der Allgemeinmediziner H2 (Bericht vom 24. Mai 2005), der Orthopäde Dr. B. (Bericht vom 25. Mai 2005), der Nervenarzt S1 (Bericht vom 24. Mai 2005), der Orthopäde Dr. K. (Bericht vom 9. Juni 2005) und der Kardiologe Dr. S2 (Bericht vom 7. August 2005).
In der Folgezeit ist die Klägerin auf Veranlassung des Sozialgerichts zur Feststellung ihrer Erwerbsfä¬higkeit durch den Arzt für Orthopädie Dr. H3, den Arzt für Neurologie, Psychiatrie und klinische Neuropsychologie Prof. Dr. M1 sowie durch Dr. T., Psychiater und Nervenarzt, begutachtet worden. Dr. H3 ist nach Untersuchung der Klägerin am 24. November 2005 in seinem schriftlichen Gutachten vom 4. Dezember 2005 zum Ergebnis gekommen, die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei durch die auf orthopädischem Gebiet bestehenden Gesundheitsstörungen - leichtergradiges degeneratives Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom mit Schultergürtelmyogelosen und cervicocephaler Symptomatik, mit einem teilfixierten Rundrü¬cken und Dorsomyalgien und mit wiederkehrenden Lumboischialgien, leichtergradiges Supraspinatussehnensyndrom beidseits, Epicondylitis radialis humeri beidseits, Beinverkürzung rechts um 1 cm, beginnende Kniegelenksarthrose beid¬seits sowie Übergewichtigkeit - insofern eingeschränkt, als sie keine körperlich schweren Arbeiten mehr verrichten könne, leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten jedoch vollschichtig - ohne häufigere oder gar dauerhafte Tätigkeiten über Kopf oder in Armvorhalte, ohne Dauergreif- oder Haltearbeiten, ohne Tätigkeiten in Zwangshaltungen sowie ohne das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg.
Prof. Dr. M1 hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 7. April 2006 nach Untersuchung der Klägerin am 31. März 2006 ausgeführt, dass bei ihr auf neurologischem wie auf psychiatrischem Fachgebiet aktuell keine Gesundheitsstörungen bestehen, insbesondere keine Somatisierungsstörung, keine depressive Störung und auch keine Angststörung.
Dr. T. hat die Klägerin am 24. Oktober 2006 befragt und untersucht und in seinem schriftlichen Gutachten vom 20. Dezember 2006 die folgenden Diagnosen gestellt: • Neurasthenie, chronisch-degeneratives Wirbelsäulenleiden, Zustand nach Operation einer Carotis-interna-Stenose. Er hat die Auffassung vertreten, die Klägerin könne aufgrund der erheblichen psychischen Beeinträchtigung infolge der Neurasthenie gegenwärtig und auf absehbare Zeit keiner regel-mäßigen Arbeit über einen Zeitraum von 2 bis 3 Stunden nachgehen.
Wegen mittelgradig chronifizierter, nicht klassifizierbarer Ganzkörperschmerzen wurde die Klägerin am 6. November 2006 zur tagesklinischen schmerztherapeutischen Komplexbehandlung in die Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie des M-Krankenhauses in Hamburg aufgenommen. Von dort wurde sie am 1. Dezember 2006 mit den folgenden Diagnosen entlassen: • chronischer Schmerz mit biopsychosozialen Faktoren, Somatisierungsstörung, Ganzkörperschmerz (unspezifische Schmerzen der Lendenwirbelsäule und der Halswirbelsäule), essenzielle Hypertonie, Übergewicht, Carotisstenose, 1999 Operation rechts, 70 bis 80-prozentige Stenose links (asymptomatisch), Hypothyreose (medikamentös eingestellt), Panikstörung mit Agoraphobie, depressive Störung, Tinnitus.
Das Sozialgericht hat die Klage durch das Urteil vom 15. Juni 2007 mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin sei weder vollständig noch teilweise erwerbsgemindert, denn sie könne zumindest körperlich leichte Arbeiten mit gelegentlich mittelschweren Arbeiten noch vollschichtig, d. h. mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Es ist dabei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin durch die Sachverständigen Dr. H3 und Prof. Dr. M1 gefolgt und hat die entgegengesetzte Einschätzung durch den Sachverständigen Dr. T. für nicht überzeugend erachtet. Es sei nicht nachgewiesen, dass bei der Klägerin eine psychiatrische Erkrankung in Gestalt einer Somatisierungsstörung bestehe, die so gravierend sei, dass ihr Leistungsvermögen aufgehoben sei. Die von Dr. T. erhobenen Befunde seien nicht gravierend. Die von ihm aus der Chronifizierung der Somatisierungsstörung geschlossene Aufhebung des Leistungsvermögens der Klägerin sei nicht nachvollziehbar.
Gegen dieses ihr am 2. Oktober 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26. Oktober Berufung eingelegt und geltend gemacht, das Sozialgericht habe seine Entscheidung zu Unrecht auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M1 gestützt. Dieser habe ihre Erwerbsfähigkeit falsch eingeschätzt. Seine Befragung habe ihm einen unzutreffenden Eindruck von dem bei ihr bestehenden Leidensdruck vermittelt. In einem solchen Dialog mit interessierten Zuhörern finde sie, die tagsüber auf sich fixiert sei, gleichsam ein Ventil und könne sich so von ihrer Fixierung auf die Schmerzproblematik lösen. Ihre Erwerbsminderung ergebe sich aus Folgendem: sie sei unfähig, einen bestimmten Gedanken zu halten; sie sei extrem leicht ablenkbar, fahrig, sprunghaft und unlogisch in ihrem Verhalten. Sie sei auf einem beliebigen Arbeitsplatz im Kontakt mit Mitarbeitern sozial nicht kompatibel, leicht kränkbar und werde bei einer Wiedereingliederung jederzeit eine Ausgrenzung erfahren, die schon während der Probezeit zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen werde. Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen vegetativer Erschöpfung seien vorprogrammiert.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 15. Juni 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. April 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. August 2004 aufzuhe¬ben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. Mai 2003 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 15. Juni 2007 zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Auf Veranlas¬sung des Senats hat Dr. L2, Arzt für Neurologie und Psychiatrie, die Klägerin am 13. Oktober 2009 untersucht. In seinem Gutachten vom 19. Oktober 2009 hat er die bei ihr auf seinem Fachgebiet bestehenden Gesundheitsstörungen bezeichnet als Episoden einer leicht bis allenfalls mittelgradigen depressiven Störung mit somatischem Syndrom. Hieraus ergäben sich für die regelmäßige Arbeit keine Einschränkungen, die über die internistisch und orthopädisch bedingten hinausgehen. Die Klägerin könne regelmäßig sechs Stunden täglich erwerbstätig sein
Im Termin zur Beweisaufnahme vor dem Berichterstatter am 30. Oktober 2009 hat Dr. L2 die Frage verneint, ob die vermehrte Reizbarkeit der Klägerin, die sich in Konflikten am letzten Arbeitsplatz und in der Nachbarschaft geäußert habe, ihre Grundlage in einer krankhaften Persönlichkeitsstörung habe, und im übrigen die im schriftlichen Gutachten abgegebene Einschätzung der Erwerbsfähigkeit bekräftigt.
Zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift aufgeführten Akten verwiesen, die Gegenstand der Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist statthaft (§ 143 Sozialge¬richtsge¬setz - SGG -), form- und frist-gerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch unbe-gründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Der Rentenanspruch der Klägerin richtet sich nach § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialge¬setz-buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI). Dieser Bestimmung zufolge haben Versi-cherte unter weiteren - hier nicht strittigen - Voraussetzungen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsmin¬derung, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Ist der Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, so ist er voll erwerbs¬gemindert (§ 41 Abs. 2 SGB VI). Die Klägerin ist nach Überzeugung des Senats weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, sondern in der Lage, zumindest körperlich leichte Arbeiten mit gewissen unwesentli¬chen quali¬tativen Einschränkungen unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat hält die diesbezüglichen sich auf die Gutachten des Orthopäden Dr. H3 und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. M1 stützenden und die ihnen widersprechende Auffassung des Sachverständigen Dr. T. ablehnenden Ausführungen des Sozialgerichts für überzeugend und nimmt deshalb auf sie Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Dies gilt umso mehr, als weder die Einlassungen der Klägerin im Berufungsverfahren noch das Ergebnis der Ermittlungen des Senats eine abweichende und den von ihr verfolgten Anspruch rechtfertigende Beurteilung des Sachverhalts gebieten.
So hält sie der Beurteilung ihrer Erwerbsfähigkeit durch Prof. Dr. M1 ohne Erfolg entgegen, dieser habe beim Gespräch mit ihr bzw. bei der Exploration einen unzutreffenden Eindruck von dem Leidensdruck gewonnen, dem sie ausgesetzt sei. Ihre Einlassung, sie finde in einem solchen Dialog mit einem interessierten Zuhörer gleichsam ein Ventil und könne sich so aus ihrer Fixierung auf die Schmerzproblematik lösen - was ihre wache Mitteilsamkeit gegenüber Prof. M1 erkläre -, stellt nicht die Richtigkeit der Einschätzung durch Prof. M1 infrage, sondern im Gegenteil das Vorliegen einer willensunabhängigen, nicht steuerbaren, mithin krankheitswertigen Fixierung mit leistungseinschränkender Wirkung. Darüber hinaus wird diese Einlassung der Klägerin dem Ablauf ihrer Befragung durch Prof. Dr. M1, so wie dieser sie geschildert hat, nicht annähernd gerecht. Demnach handelte es sich dabei nicht - jedenfalls nicht nur - um eine anregende, eine willkommene Abwechslung bietende Unterhaltung; vielmehr versuchte die Klägerin - insbesondere bei den Fragen dieses Sachverständigen zum Tagesablauf und zur Therapie - mit Energie und Zielstrebigkeit, die Befragung von ihrer Interessenlage her zu leiten. Ein solches Verhalten widerspricht der von der Klägerin zur Begründung ihrer Berufung vorgetragene Selbstcharakterisierung als unfähig, einen bestimmten Gedanken zu halten oder einen bestimmten Handlungsstrang durchzuziehen, als extrem leicht ablenkbar, fahrig, sprunghaft, und der von ihr u. a. darauf gestützten Behauptung, völlig erwerbsgemindert zu sein. Auch die Ärzte der Schmerzklinik des M-Krankenhauses haben die Klägerin während ihrer nahezu vier Wochen andauernden, mithin mehr als nur einen querschnittsmäßigen Eindruck ermöglichenden stationären Behandlung vom 6. November bis 1. Dezember 2006, nicht in dieser Weise wahrgenommen; die Krankenakte und der abschließende Bericht der Klinik geben jedenfalls keinen entsprechenden Hinweis. Das in der Krankenakte befindliche Protokoll über die "patientenorientierte Teambesprechung" vom 29. November 2006 spricht für das Gegenteil: Nachdem dort - nach mehr als drei Wochen tagesklinischer Behandlung - der körperliche Zustand der Klägerin als wenig eingeschränkt und unter der Rubrik "psychischer Zustand" die Stimmung als gebessert, weniger klagend und jammernd, beschrieben worden ist - die Klägerin könne besser mit dem Schmerz umgehen -, ist unter "Festlegungen" vermerkt: "Vorstellungsgespräch als Putzhilfe". Daraus lässt sich zwanglos folgern, dass jedenfalls die behandelnden Therapeuten eine solche Erwerbstätigkeit der Klägerin für leidensgerecht gehalten haben. Davon abgesehen enthält die Verlaufsdokumentation in ihrer Krankenakte Angaben in tatsächlicher Hinsicht, die ihre Klagen über Schmerzen und Ängste und diesbezügliche Ausführungen von Sachverständigen zumindest relativieren. So heißt es unter dem 17. November: "Macht täglich Ergometertraining; darunter schmerzfrei. Wertet den Gesamtverlauf als positiv: weniger Schmerzen, besserer Umgang, weniger Angst." Schon im Protokoll über die am Vortag stattgehabte patientenorientierte Teambesprechung hatte es unter "körperlicher Zustand" geheißen: "Bewegung lindert definitiv ihren Schmerz" und unter "psychischer Zustand: klagsam, äußerte letzte Woche Ängste, jetzt keine mehr – schwankend – Echtheit?" Unter dem 15. November ist vermerkt: "14.15 Uhr bis 15.15 Uhr: Einführung Nordic Walking – guter Rhythmus", für den 22. November für dieselbe Zeit "Nordic Walken", für den 28. November "Bewegungsangebot: Nordic Walken". Insbesondere das Nordic Walken, aber auch das regelmäßige Ergometertraining, stellen die Aussage des Sachverständigen Dr. T. über das Gehvermögen der Klägerin in Frage, wonach sie aufgrund der degenerativen Wirbelsäulenerkrankung noch langsam und mit gelegentlichen Pausen etwa 1 km gehen kann.
Ebenso wenig überzeugend ist vor diesem Hintergrund die Einschätzung des Dr. T., die Klägerin sei an einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit durch die gefühlte, mittlerweile auch tatsächlich eingetretene erhebliche Minderung der Belastbarkeit insofern gehindert, als sie schon bei leichten Belastungen, die auch bei einer sitzenden Tätigkeit mit einfachen Aufgaben, etwa Verpackungs- oder Büroarbeiten, zwangsläufig auftreten, mit schweren depressiven Zuständen reagieren würde. Schon eine Arbeitszeit von zwei Stunden (täglich) erscheine ihm realistischerweise nicht mehr zu leisten. Diese Einschätzung beruht wesentlich auf der Annahme des Dr. T., dass die ihm von der Klägerin vorgetragenen subjektiven Beschwerden - eine vorschnelle Erschöpfung schon bei geringfügigen Anstrengungen bzw. ein sehr ausgeprägtes Schwere- und Erschöpfungsgefühl mit umfassender, praktisch ganztägiger Erschöpfung, unspezifische Muskelschmerzen vor allem an den Beinen, aber auch an den Armen, Gefühlsstörungen an den Händen und ein wenig differenziert anzugebendes Körpermissempfinden - im wesentlichen glaubhaft sind. Angesichts des dokumentierten und oben auszugsweise referierten Verlaufs ihrer stationären Behandlung sind insofern erhebliche Zweifel angebracht.
Die Beurteilung durch Dr. T. steht zudem im Widerspruch zum Vortrag der Klägerin, ihre vollständige Erwerbsminderung ergebe sich aus ihrem Unvermögen, einen bestimmten Gedanken zu halten; sie sei extrem leicht ablenkbar, fahrig, sprunghaft und unlogisch in ihrem Verhalten. Sie sei auf einem beliebigen Arbeitsplatz im Kontakt mit Mitarbeitern sozial nicht kompatibel, leicht kränkbar und werde bei einer Wiedereingliederung jederzeit eine Ausgrenzung erfahren, die schon während der Probezeit zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen werde. Den von der Klägerin zuletzt bezeichneten Merkmalen ist mit Dr. L2 eine ihr Leistungsvermögen reduzierende Wirkung abzusprechen. Mit ihm geht auch das Gericht davon aus, dass im Hinblick auf die von der Klägerin im Alltag und in der persönlichen Interaktion gezeigte soziale Kompetenz bei ihr insofern eine krankhafte Störung der Persönlichkeit nicht unterstellt werden kann.
Im Übrigen räumt Dr. T. ein, dass seine von Prof. M1 abweichende Beurteilung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht darauf beruht, dass er andere Krankheitssymptome festgestellt oder andere Befunde erhoben habe, sondern lediglich auf einer anderen Bewertung bzw. diagnostischen Einordnung der - wie er formuliert - im wesentlichen auch von Prof. M1 beschriebenen Symptome. Für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit kommt es allerdings nicht auf die Diagnose an, sondern auf evtl. bestehenden Funktionsstörungen. Mit dem Sozialgericht hält auch das erkennende Gericht die diesbezüglichen Ausführungen des Prof. M1 für nachvollziehbar, d. h. aus den von ihm getroffenen Feststellungen ableitbar, die des Sachverständigen Dr. T. hingegen nicht.
Auch Dr. L2 hat der Einschätzung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin durch Prof. M1 zugestimmt. Er hat bei seiner querschnittsmäßigen Untersuchung der Klägerin einen aktuellen depressiven Affekt nicht feststellen können. Zwar habe die schwierige soziale Situation nachvollziehbar zu einer spürbaren Betroffenheit bis hin zu einem anrührenden Weinen geführt. So nachvollziehbar und adäquat dieser Affekt auch sei, so sehr habe er dem primär lebhaften empathischen Wesen der Klägerin entsprochen, das ihr ebenfalls ermöglicht habe, beim Wechsel des Themas sowohl heiter als auch warm empathisch zu lächeln und den entsprechenden Affekt in gleicher intensiver Weise zu erleben. Dr. L2 folgt deshalb dem Vorgutachter Prof M1 darin, dass bei der Klägerin eine Depression von vitaler Tiefe, die ihr Denken und Fühlen bestimmen würde, nicht vorliegt. Stattdessen bestehen seines Erachtens bei ihr neben den Beeinträchtigungen auf orthopädischem und auf internistischem Gebiet Episoden einer leicht- bis allenfalls mittelgradigen depressiven Störung mit somatischem Syndrom. Der Sachverständige hat diese Einschätzung aus den von ihm erhobenen und aus den aktenkundigen Befunden schlüssig und nachvollziehbar und damit überzeugend abgeleitet. Das Gericht macht sie sich deshalb zu Eigen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Ver-fahrens Rechnung.
Der Senat hat die Revision gegen diese Entscheidung nicht zugelassen, weil die gesetzli¬chen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Die am X.XXXXXXXXX 1955 in S./Bosnien geborene Klägerin lebt seit 1973 in der Bundesre-publik Deutschland und war hier ohne förmliche Berufsausbildung als Packerin, Zimmermädchen, Küchenhilfe und zuletzt als Arbeiterin im Hauswirtschaftsdienst bei der Vereinigung H. gGmbH versicherungspflichtig beschäftigt. Sie hat diese Beschäftigung seit dem Beginn ihrer Arbeitsunfähigkeit im November 1999 auch nach der operativen Behandlung einer hochgradigen asymptomatischen Stenose der das Gehirn versorgenden Arteria carotis interna (der Halsschlagader) am 17. Dezember 1999 im Rahmen ihres Aufenthalts im Allgemeinen Krankenhaus Hamburg-A. vom 10. Dezember bis zum 21. Dezember 1999 und auch dem Ende des Bezuges von Krankengeld mit Ablauf des 4. März 2001 nicht mehr aus¬geübt; der Arbeitgeber beendete das Arbeitsverhältnis mit ihr aus personenbedingten Grün¬den zum 31. Dezember 2003. Seither hat sie keinerlei Erwerbs-tätigkeit aufgenommen.
Der damalige Hausarzt der Klägerin Dr. H1, Arzt für Allgemeinmedizin, begründete die Feststellung ihrer Arbeitsunfähigkeit am 26. November 1999 mit dem Bestehen einer somatisierten Depression bei Arbeitsplatzkonflikt, der Internist Dr. R. vom medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) in Ham¬burg in seinem Gutachten vom 23. März 2000 mit einem anhaltenden psychovegetativen depressiv getönten Erschöpfungs- und Versagenszustand mit Angstsymptomen und Nei¬gung zu konversiver Verarbeitung sowie mit einer Neigung zu hypertoner Dysregulation bei Zustand nach Carotisdesobliteration rechts. Die auf seine Empfehlung von der Beklagten bewilligte stationäre Heilbehandlung in der W.-Klinik in Bad E. brach die Klägerin am 25. Mai 2000 nach drei Tagen ab. Sie hatte im Antragverfahren die Frage nach Belas¬tungen am Arbeitsplatz durch schweres Heben und Tragen verneint und die Frage, ob sie nach ihrer Einschätzung die zuletzt ausgeübte Tätigkeit wieder werde verrichten können, bejaht. Die Klinik übernahm im Entlassungsbericht vom 8. Juni 2000, der eine sozialmedizi¬nische Beurteilung nicht enthielt, die von Dr. R. gestellten Diagnosen und führte aus, die Klägerin habe sich auf das therapeutische Angebot der Klinik nicht einlassen können. Sie hatte dort in erster Linie über seit dem Beginn des Jahres beste-hende Depressionen geklagt, die sie mit der im Dezember des Vorjahres durchgeführ¬ten Operation an der Halsschlagader in Verbindung brachte, in deren Gefolge verschiedene körperliche Beschwerden immer mehr zugenommen hätten.
Ihren ersten Antrag auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 28. Juli 2000 begründete die Klägerin mit Beschwerden im Hals nach Halsschlagader-Operation, Kopfschmerzen, Bluthochdruck und Ohrgeräuschen. Die Ärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. von M. bestätigte nach Untersuchung der Klägerin am 17. November 2000 in ihrem Gutachten vom selben Tage die von Dr. R. im März des Jahres gestellten Diagnosen und vertrat die Auffassung, die Klägerin könne mit diesen gesundheitlichen Beeinträchtigungen ihre bisherige Arbeit sowie vergleichbare körperlich durchschnittlich belastende Arbeiten vollschichtig verrichten. Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 13. Dezember 2000 ab. Der nicht näher begründete Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2001). Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Hamburg (S 4 851/01) kam der vom Gericht zum Sachverständigen bestellte Internist Dr. W. nach ambulanter Untersuchung der Klägerin am 27. März 2002 in seinem Gutachten vom 3. April 2002 zum Ergebnis, ihre Leistungsfähigkeit sei beeinträchtigt durch • ein arterielles Bluthochdruckleiden, bisher medikamentös nicht ausreichend eingestellt, aber ohne gravierende Rückwirkungen auf das Herz-und Gefäßsystem, • einen Zustand nach erfolgreicher Beseitigung einer Verengung der Hirnschlagader rechts, • einen psychovegetativen Erschöpfungszustand mit fortbestehenden Ängsten und vielfältigen Mißempfindungen. Die Klägerin könne damit an nicht gefährdenden Arbeitsplätzen körperlich leichte Arbeiten vollschichtig, mittelschwere nur noch gelegentlich (unterhalbschichtig) verrichten; auszuschließen seien Arbeiten unter erhöhtem Zeitdruck, in der Nacht und im Schichtdienst. Die Ärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie Dr. L. berichtete dem Sozialgericht am 18. April 2002 über die im Dezember des Vorjahres aufgenommene Behandlung der Klägerin. Die Klägerin wirke leicht deprimiert, lebhaft und nicht antriebsgemindert; diagnostisch handele es sich um einen Spannungskopfschmerz sowie um eine depressive Störung mit im Vordergrund stehenden somatischen Symptomen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 10. Oktober 2002 nahm die Klägerin die Klage zurück.
Am 10. April 2003 beantragte die Klägerin, die seit dem 12. Februar 2003 Lohner¬satzleis-tungen wegen Arbeitslosigkeit bezog, erneut Rente wegen Erwerbsminderung. Sie be¬zeich-nete die ihres Erachtens ihr Leistungsvermögen aufhebenden Gesundheitsstörun¬gen wie folgt: "(Zustand nach) Halsschlagader(-operation), Bandscheibenvorfall, Tinnitus, Depressi-onen und Bluthochdruck." In dem beigefügten Attest vom 25. März 2003 beschei¬nigte ihr der Allgemeinmediziner Dr. Ö., sie sei aufgrund ihres Krankheitsbildes und vor allem wegen der Bandscheibenschäden nicht belastbar und könne mithin keine schweren Arbeiten ver¬richten. Sie sei somit nur bedingt (z. B. sitzende Tätigkeit) einsetzbar. Der In¬ternist Dr. J. vom sozialärztlichen Dienst der Beklagten führte in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 24. April 2003 aus, dieses Attest enthalte keine Hinweise darauf, dass sich am Gesundheitszustand der Klägerin oder an ihrem Leistungsvermögen gegenüber dem Zeitpunkt ihrer Begutachtung durch Dr. W. irgendetwas geändert haben könnte, so dass dessen sozialmedizinische Einschätzung unverändert gültig sei. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag der Klägerin mit Bescheid vom 30. April 2003 ab.
Im anschließenden Widerspruchsverfahren übermittelte der Nervenarzt S1 der Beklagten unter dem 1. Oktober 2003 die folgenden Diagnosen: • Angst und Depressionen, Zustand nach Endarteriektomie im Bereich der rechten Carotisgabel und Dacron-Streifen-Erweiterungsplastik, • zum Teil cervikal bedingtes Kopfschmerzsyndrom, • LWS- Syndrom mit rechts betontem Bandscheibenvorfall L 5/S 1 und geringer ausgeprägter Protrusion L 4/L 5, • Arteriosklerotische Wandveränderungen im Bereich der Arteria carotis communis rechts, • Spondylosis deformans des LWS. Der Allgemeinmediziner Dr. Ö. teilte unter dem Datum 18. September 2003 neben den bereits von der Beklagten aufgenommenen die folgenden Diagnosen mit: • Arterielle Hypertonie, • Autoimmunthyreose, • Helicobacter pos. Gastritis, • Hypercholesterinämie. Unter der Rubrik "Funktionseinschränkungen" teilte er mit, die Klägerin sei körperlich und psychisch nicht lange belastbar und leide des Öfteren an Kopfschmerzen, Luftnotanfällen, starken Schmerzen im Halsbereich links sowie an Panikattacken. Beide Ärzte gaben an, die Befunde hätten sich in den letzten 12 Monaten nicht geändert. Der Internist Dr. J. vom sozialärztlichen Dienst der Beklagten folgerte daraus in seiner am 4. Juni 2004 nach Aktenlage abgegebenen gutachterlichen Stellungnahme, dass die im April 2002 durch Dr. W. abgegebene Einschätzung der Erwerbsfähigkeit unverändert Gültigkeit habe. Gestützt darauf wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. August 2004 zurück.
Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht haben Berichte über die bei der Klä¬gerin erhobenen Befunde erstattet die Allgemeinmedizinerin Dr. L1 (Bericht vom 2. Mai 2005), der Allgemeinmediziner H2 (Bericht vom 24. Mai 2005), der Orthopäde Dr. B. (Bericht vom 25. Mai 2005), der Nervenarzt S1 (Bericht vom 24. Mai 2005), der Orthopäde Dr. K. (Bericht vom 9. Juni 2005) und der Kardiologe Dr. S2 (Bericht vom 7. August 2005).
In der Folgezeit ist die Klägerin auf Veranlassung des Sozialgerichts zur Feststellung ihrer Erwerbsfä¬higkeit durch den Arzt für Orthopädie Dr. H3, den Arzt für Neurologie, Psychiatrie und klinische Neuropsychologie Prof. Dr. M1 sowie durch Dr. T., Psychiater und Nervenarzt, begutachtet worden. Dr. H3 ist nach Untersuchung der Klägerin am 24. November 2005 in seinem schriftlichen Gutachten vom 4. Dezember 2005 zum Ergebnis gekommen, die Leistungsfähigkeit der Klägerin sei durch die auf orthopädischem Gebiet bestehenden Gesundheitsstörungen - leichtergradiges degeneratives Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulensyndrom mit Schultergürtelmyogelosen und cervicocephaler Symptomatik, mit einem teilfixierten Rundrü¬cken und Dorsomyalgien und mit wiederkehrenden Lumboischialgien, leichtergradiges Supraspinatussehnensyndrom beidseits, Epicondylitis radialis humeri beidseits, Beinverkürzung rechts um 1 cm, beginnende Kniegelenksarthrose beid¬seits sowie Übergewichtigkeit - insofern eingeschränkt, als sie keine körperlich schweren Arbeiten mehr verrichten könne, leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten jedoch vollschichtig - ohne häufigere oder gar dauerhafte Tätigkeiten über Kopf oder in Armvorhalte, ohne Dauergreif- oder Haltearbeiten, ohne Tätigkeiten in Zwangshaltungen sowie ohne das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg.
Prof. Dr. M1 hat in seinem schriftlichen Gutachten vom 7. April 2006 nach Untersuchung der Klägerin am 31. März 2006 ausgeführt, dass bei ihr auf neurologischem wie auf psychiatrischem Fachgebiet aktuell keine Gesundheitsstörungen bestehen, insbesondere keine Somatisierungsstörung, keine depressive Störung und auch keine Angststörung.
Dr. T. hat die Klägerin am 24. Oktober 2006 befragt und untersucht und in seinem schriftlichen Gutachten vom 20. Dezember 2006 die folgenden Diagnosen gestellt: • Neurasthenie, chronisch-degeneratives Wirbelsäulenleiden, Zustand nach Operation einer Carotis-interna-Stenose. Er hat die Auffassung vertreten, die Klägerin könne aufgrund der erheblichen psychischen Beeinträchtigung infolge der Neurasthenie gegenwärtig und auf absehbare Zeit keiner regel-mäßigen Arbeit über einen Zeitraum von 2 bis 3 Stunden nachgehen.
Wegen mittelgradig chronifizierter, nicht klassifizierbarer Ganzkörperschmerzen wurde die Klägerin am 6. November 2006 zur tagesklinischen schmerztherapeutischen Komplexbehandlung in die Klinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin und Schmerztherapie des M-Krankenhauses in Hamburg aufgenommen. Von dort wurde sie am 1. Dezember 2006 mit den folgenden Diagnosen entlassen: • chronischer Schmerz mit biopsychosozialen Faktoren, Somatisierungsstörung, Ganzkörperschmerz (unspezifische Schmerzen der Lendenwirbelsäule und der Halswirbelsäule), essenzielle Hypertonie, Übergewicht, Carotisstenose, 1999 Operation rechts, 70 bis 80-prozentige Stenose links (asymptomatisch), Hypothyreose (medikamentös eingestellt), Panikstörung mit Agoraphobie, depressive Störung, Tinnitus.
Das Sozialgericht hat die Klage durch das Urteil vom 15. Juni 2007 mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin sei weder vollständig noch teilweise erwerbsgemindert, denn sie könne zumindest körperlich leichte Arbeiten mit gelegentlich mittelschweren Arbeiten noch vollschichtig, d. h. mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Es ist dabei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin durch die Sachverständigen Dr. H3 und Prof. Dr. M1 gefolgt und hat die entgegengesetzte Einschätzung durch den Sachverständigen Dr. T. für nicht überzeugend erachtet. Es sei nicht nachgewiesen, dass bei der Klägerin eine psychiatrische Erkrankung in Gestalt einer Somatisierungsstörung bestehe, die so gravierend sei, dass ihr Leistungsvermögen aufgehoben sei. Die von Dr. T. erhobenen Befunde seien nicht gravierend. Die von ihm aus der Chronifizierung der Somatisierungsstörung geschlossene Aufhebung des Leistungsvermögens der Klägerin sei nicht nachvollziehbar.
Gegen dieses ihr am 2. Oktober 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26. Oktober Berufung eingelegt und geltend gemacht, das Sozialgericht habe seine Entscheidung zu Unrecht auf das Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. M1 gestützt. Dieser habe ihre Erwerbsfähigkeit falsch eingeschätzt. Seine Befragung habe ihm einen unzutreffenden Eindruck von dem bei ihr bestehenden Leidensdruck vermittelt. In einem solchen Dialog mit interessierten Zuhörern finde sie, die tagsüber auf sich fixiert sei, gleichsam ein Ventil und könne sich so von ihrer Fixierung auf die Schmerzproblematik lösen. Ihre Erwerbsminderung ergebe sich aus Folgendem: sie sei unfähig, einen bestimmten Gedanken zu halten; sie sei extrem leicht ablenkbar, fahrig, sprunghaft und unlogisch in ihrem Verhalten. Sie sei auf einem beliebigen Arbeitsplatz im Kontakt mit Mitarbeitern sozial nicht kompatibel, leicht kränkbar und werde bei einer Wiedereingliederung jederzeit eine Ausgrenzung erfahren, die schon während der Probezeit zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen werde. Arbeitsunfähigkeitszeiten wegen vegetativer Erschöpfung seien vorprogrammiert.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 15. Juni 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 30. April 2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. August 2004 aufzuhe¬ben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. Mai 2003 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 15. Juni 2007 zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Auf Veranlas¬sung des Senats hat Dr. L2, Arzt für Neurologie und Psychiatrie, die Klägerin am 13. Oktober 2009 untersucht. In seinem Gutachten vom 19. Oktober 2009 hat er die bei ihr auf seinem Fachgebiet bestehenden Gesundheitsstörungen bezeichnet als Episoden einer leicht bis allenfalls mittelgradigen depressiven Störung mit somatischem Syndrom. Hieraus ergäben sich für die regelmäßige Arbeit keine Einschränkungen, die über die internistisch und orthopädisch bedingten hinausgehen. Die Klägerin könne regelmäßig sechs Stunden täglich erwerbstätig sein
Im Termin zur Beweisaufnahme vor dem Berichterstatter am 30. Oktober 2009 hat Dr. L2 die Frage verneint, ob die vermehrte Reizbarkeit der Klägerin, die sich in Konflikten am letzten Arbeitsplatz und in der Nachbarschaft geäußert habe, ihre Grundlage in einer krankhaften Persönlichkeitsstörung habe, und im übrigen die im schriftlichen Gutachten abgegebene Einschätzung der Erwerbsfähigkeit bekräftigt.
Zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift aufgeführten Akten verwiesen, die Gegenstand der Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin ist statthaft (§ 143 Sozialge¬richtsge¬setz - SGG -), form- und frist-gerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch sonst zulässig. Sie ist jedoch unbe-gründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Der Rentenanspruch der Klägerin richtet sich nach § 43 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialge¬setz-buch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI). Dieser Bestimmung zufolge haben Versi-cherte unter weiteren - hier nicht strittigen - Voraussetzungen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsmin¬derung, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes wenigstens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Ist der Versicherte wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, so ist er voll erwerbs¬gemindert (§ 41 Abs. 2 SGB VI). Die Klägerin ist nach Überzeugung des Senats weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, sondern in der Lage, zumindest körperlich leichte Arbeiten mit gewissen unwesentli¬chen quali¬tativen Einschränkungen unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Der Senat hält die diesbezüglichen sich auf die Gutachten des Orthopäden Dr. H3 und des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. M1 stützenden und die ihnen widersprechende Auffassung des Sachverständigen Dr. T. ablehnenden Ausführungen des Sozialgerichts für überzeugend und nimmt deshalb auf sie Bezug (§ 153 Abs. 2 SGG).
Dies gilt umso mehr, als weder die Einlassungen der Klägerin im Berufungsverfahren noch das Ergebnis der Ermittlungen des Senats eine abweichende und den von ihr verfolgten Anspruch rechtfertigende Beurteilung des Sachverhalts gebieten.
So hält sie der Beurteilung ihrer Erwerbsfähigkeit durch Prof. Dr. M1 ohne Erfolg entgegen, dieser habe beim Gespräch mit ihr bzw. bei der Exploration einen unzutreffenden Eindruck von dem Leidensdruck gewonnen, dem sie ausgesetzt sei. Ihre Einlassung, sie finde in einem solchen Dialog mit einem interessierten Zuhörer gleichsam ein Ventil und könne sich so aus ihrer Fixierung auf die Schmerzproblematik lösen - was ihre wache Mitteilsamkeit gegenüber Prof. M1 erkläre -, stellt nicht die Richtigkeit der Einschätzung durch Prof. M1 infrage, sondern im Gegenteil das Vorliegen einer willensunabhängigen, nicht steuerbaren, mithin krankheitswertigen Fixierung mit leistungseinschränkender Wirkung. Darüber hinaus wird diese Einlassung der Klägerin dem Ablauf ihrer Befragung durch Prof. Dr. M1, so wie dieser sie geschildert hat, nicht annähernd gerecht. Demnach handelte es sich dabei nicht - jedenfalls nicht nur - um eine anregende, eine willkommene Abwechslung bietende Unterhaltung; vielmehr versuchte die Klägerin - insbesondere bei den Fragen dieses Sachverständigen zum Tagesablauf und zur Therapie - mit Energie und Zielstrebigkeit, die Befragung von ihrer Interessenlage her zu leiten. Ein solches Verhalten widerspricht der von der Klägerin zur Begründung ihrer Berufung vorgetragene Selbstcharakterisierung als unfähig, einen bestimmten Gedanken zu halten oder einen bestimmten Handlungsstrang durchzuziehen, als extrem leicht ablenkbar, fahrig, sprunghaft, und der von ihr u. a. darauf gestützten Behauptung, völlig erwerbsgemindert zu sein. Auch die Ärzte der Schmerzklinik des M-Krankenhauses haben die Klägerin während ihrer nahezu vier Wochen andauernden, mithin mehr als nur einen querschnittsmäßigen Eindruck ermöglichenden stationären Behandlung vom 6. November bis 1. Dezember 2006, nicht in dieser Weise wahrgenommen; die Krankenakte und der abschließende Bericht der Klinik geben jedenfalls keinen entsprechenden Hinweis. Das in der Krankenakte befindliche Protokoll über die "patientenorientierte Teambesprechung" vom 29. November 2006 spricht für das Gegenteil: Nachdem dort - nach mehr als drei Wochen tagesklinischer Behandlung - der körperliche Zustand der Klägerin als wenig eingeschränkt und unter der Rubrik "psychischer Zustand" die Stimmung als gebessert, weniger klagend und jammernd, beschrieben worden ist - die Klägerin könne besser mit dem Schmerz umgehen -, ist unter "Festlegungen" vermerkt: "Vorstellungsgespräch als Putzhilfe". Daraus lässt sich zwanglos folgern, dass jedenfalls die behandelnden Therapeuten eine solche Erwerbstätigkeit der Klägerin für leidensgerecht gehalten haben. Davon abgesehen enthält die Verlaufsdokumentation in ihrer Krankenakte Angaben in tatsächlicher Hinsicht, die ihre Klagen über Schmerzen und Ängste und diesbezügliche Ausführungen von Sachverständigen zumindest relativieren. So heißt es unter dem 17. November: "Macht täglich Ergometertraining; darunter schmerzfrei. Wertet den Gesamtverlauf als positiv: weniger Schmerzen, besserer Umgang, weniger Angst." Schon im Protokoll über die am Vortag stattgehabte patientenorientierte Teambesprechung hatte es unter "körperlicher Zustand" geheißen: "Bewegung lindert definitiv ihren Schmerz" und unter "psychischer Zustand: klagsam, äußerte letzte Woche Ängste, jetzt keine mehr – schwankend – Echtheit?" Unter dem 15. November ist vermerkt: "14.15 Uhr bis 15.15 Uhr: Einführung Nordic Walking – guter Rhythmus", für den 22. November für dieselbe Zeit "Nordic Walken", für den 28. November "Bewegungsangebot: Nordic Walken". Insbesondere das Nordic Walken, aber auch das regelmäßige Ergometertraining, stellen die Aussage des Sachverständigen Dr. T. über das Gehvermögen der Klägerin in Frage, wonach sie aufgrund der degenerativen Wirbelsäulenerkrankung noch langsam und mit gelegentlichen Pausen etwa 1 km gehen kann.
Ebenso wenig überzeugend ist vor diesem Hintergrund die Einschätzung des Dr. T., die Klägerin sei an einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit durch die gefühlte, mittlerweile auch tatsächlich eingetretene erhebliche Minderung der Belastbarkeit insofern gehindert, als sie schon bei leichten Belastungen, die auch bei einer sitzenden Tätigkeit mit einfachen Aufgaben, etwa Verpackungs- oder Büroarbeiten, zwangsläufig auftreten, mit schweren depressiven Zuständen reagieren würde. Schon eine Arbeitszeit von zwei Stunden (täglich) erscheine ihm realistischerweise nicht mehr zu leisten. Diese Einschätzung beruht wesentlich auf der Annahme des Dr. T., dass die ihm von der Klägerin vorgetragenen subjektiven Beschwerden - eine vorschnelle Erschöpfung schon bei geringfügigen Anstrengungen bzw. ein sehr ausgeprägtes Schwere- und Erschöpfungsgefühl mit umfassender, praktisch ganztägiger Erschöpfung, unspezifische Muskelschmerzen vor allem an den Beinen, aber auch an den Armen, Gefühlsstörungen an den Händen und ein wenig differenziert anzugebendes Körpermissempfinden - im wesentlichen glaubhaft sind. Angesichts des dokumentierten und oben auszugsweise referierten Verlaufs ihrer stationären Behandlung sind insofern erhebliche Zweifel angebracht.
Die Beurteilung durch Dr. T. steht zudem im Widerspruch zum Vortrag der Klägerin, ihre vollständige Erwerbsminderung ergebe sich aus ihrem Unvermögen, einen bestimmten Gedanken zu halten; sie sei extrem leicht ablenkbar, fahrig, sprunghaft und unlogisch in ihrem Verhalten. Sie sei auf einem beliebigen Arbeitsplatz im Kontakt mit Mitarbeitern sozial nicht kompatibel, leicht kränkbar und werde bei einer Wiedereingliederung jederzeit eine Ausgrenzung erfahren, die schon während der Probezeit zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses führen werde. Den von der Klägerin zuletzt bezeichneten Merkmalen ist mit Dr. L2 eine ihr Leistungsvermögen reduzierende Wirkung abzusprechen. Mit ihm geht auch das Gericht davon aus, dass im Hinblick auf die von der Klägerin im Alltag und in der persönlichen Interaktion gezeigte soziale Kompetenz bei ihr insofern eine krankhafte Störung der Persönlichkeit nicht unterstellt werden kann.
Im Übrigen räumt Dr. T. ein, dass seine von Prof. M1 abweichende Beurteilung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin nicht darauf beruht, dass er andere Krankheitssymptome festgestellt oder andere Befunde erhoben habe, sondern lediglich auf einer anderen Bewertung bzw. diagnostischen Einordnung der - wie er formuliert - im wesentlichen auch von Prof. M1 beschriebenen Symptome. Für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit kommt es allerdings nicht auf die Diagnose an, sondern auf evtl. bestehenden Funktionsstörungen. Mit dem Sozialgericht hält auch das erkennende Gericht die diesbezüglichen Ausführungen des Prof. M1 für nachvollziehbar, d. h. aus den von ihm getroffenen Feststellungen ableitbar, die des Sachverständigen Dr. T. hingegen nicht.
Auch Dr. L2 hat der Einschätzung der Erwerbsfähigkeit der Klägerin durch Prof. M1 zugestimmt. Er hat bei seiner querschnittsmäßigen Untersuchung der Klägerin einen aktuellen depressiven Affekt nicht feststellen können. Zwar habe die schwierige soziale Situation nachvollziehbar zu einer spürbaren Betroffenheit bis hin zu einem anrührenden Weinen geführt. So nachvollziehbar und adäquat dieser Affekt auch sei, so sehr habe er dem primär lebhaften empathischen Wesen der Klägerin entsprochen, das ihr ebenfalls ermöglicht habe, beim Wechsel des Themas sowohl heiter als auch warm empathisch zu lächeln und den entsprechenden Affekt in gleicher intensiver Weise zu erleben. Dr. L2 folgt deshalb dem Vorgutachter Prof M1 darin, dass bei der Klägerin eine Depression von vitaler Tiefe, die ihr Denken und Fühlen bestimmen würde, nicht vorliegt. Stattdessen bestehen seines Erachtens bei ihr neben den Beeinträchtigungen auf orthopädischem und auf internistischem Gebiet Episoden einer leicht- bis allenfalls mittelgradigen depressiven Störung mit somatischem Syndrom. Der Sachverständige hat diese Einschätzung aus den von ihm erhobenen und aus den aktenkundigen Befunden schlüssig und nachvollziehbar und damit überzeugend abgeleitet. Das Gericht macht sie sich deshalb zu Eigen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Ver-fahrens Rechnung.
Der Senat hat die Revision gegen diese Entscheidung nicht zugelassen, weil die gesetzli¬chen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
Login
HAM
Saved