Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 24 U 487/03
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 U 27/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 28. Februar 2007 wird zurückgewiesen. 2. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Verletztengeld über den 27. Juli 2003 hinaus wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 1. Juli 2003 streitig.
Der am XX.XXXXXXXXXX 1951 geborene Kläger erlitt am 1. Juli 2003 während seiner beruflichen Tätigkeit als selbständiger Unternehmensberater einen Arbeitsunfall, als er beim Einsteigen in das Flugzeug, mit dem er von Hamburg nach V. (Litauen) fliegen wollte, von hinten gestoßen wurde, vornüber fiel, ohne dass der Fuß fixiert gewesen wäre, und sofort einen starken Schmerz in der linken Wade spürte. Weil sich sein Zustand bis zur Zwischenlandung in K. (Dänemark) weiter verschlechtert hatte, begab er sich dort zur Erstversorgung in das A. Hospital K. (Dänemark), wo ein sehr schmerzhafter verhärteter Wadenmuskel links festgestellt, röntgenologisch eine Fraktur ausgeschlossen und darauf hingewiesen wurde, dass die Achillessehne links intakt war. Nach Versorgung mit Schmerzmitteln und Gehstützen flog der Kläger weiter nach V. (Litauen), wo er noch am gleichen Tag in die B. Klinik aufgenommen wurde. Dort diagnostizierte der behandelnde Chirurg einen partiellen Muskelriss in der linken Wade.
Nachdem der Kläger nach Deutschland zurückgekehrt war, wurde er am Abend des 6. Juli 2003 notfallmäßig durch die Internistin Dr. N. behandelt, die eine Schwellung, ein Hämatom und eine Bewegungseinschränkung im Bereich der linken Wade feststellte und einen Muskelfaserriss diagnostizierte.
Am 7. Juli 2003 suchte der Kläger dann die Arztpraxis der Orthopäden Dres. S. auf, wo er seit Februar 1993 insgesamt zwölfmal wegen Muskelverletzungen in den Waden und viermal wegen Beschwerden im Bereich der Achillessehnen, zuletzt am 16. Juni 2003 wegen einer akuten Entzündung der Achillessehne links behandelt worden war. Bei der Untersuchung am 7. Juli 2003 stellten die Orthopäden eine deutliche Verfärbung der linken Wade mit punktuellem Maximum in der Wadenmitte und deutlichem Druckschmerz fest. Die Achillessehne war klinisch und sonographisch ohne pathologischen Befund. Es wurde ein Muskelbündelriss diagnostiziert und eine Magnetresonanztomographie (MRT) des linken Unterschenkels zum Ausschluss weiterer Verletzungsfolgen veranlasst. Diese von dem Radiologen Dr. S1 am 11. Juli 2003 durchgeführte MRT erbrachte einen Muskelfaserriss ohne Hinweis auf höhergradige Raumforderungen. Unter dem 18. Juli 2003 berichteten die behandelnden Orthopäden, dass anlässlich der durchgeführten Kontrolluntersuchung die Beschwerden rückläufig gewesen seien. Bei möglicher zunehmender Vollbelastung sei das Abrollen noch eingeschränkt. Der Zehenstand sei noch nicht möglich. Es wurde unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis zum 27. Juli 2003 bescheinigt.
Am 27. Juli 2003 teilte der Kläger der Beklagten schriftlich mit, dass er am nächsten Tag seine berufliche Tätigkeit wieder aufnehmen werde. Später gab er gegenüber der Beklagten telefonisch an, bereits ab dem 27. Juli 2003 wieder gearbeitet zu haben.
Der Kläger stellte sich erneut am 18. August 2003 in der orthopädischen Praxis Dres. S. vor und gab anhaltende Wadenschmerzen links an. Bei der Untersuchung stellten die Orthopäden klinisch und sonographisch eine Auffälligkeit an der linken Achillessehne im muskulären Übergangsbereich mit deutlichen Druckschmerzen und einer Schwellung fest. Demgegenüber wurde der ursprüngliche Druckschmerz im Bereich des Wadenmuskelfaserrisses als deutlich rückläufig beschrieben. Aufgrund der festgestellten Auffälligkeiten wurde eine erneute MRT-Untersuchung des linken Unterschenkels bei dem Radiologen Dr. S1 veranlasst, die am gleichen Tag durchgeführt wurde und eine im Vergleich zur Voruntersuchung neu aufgetretene Teilruptur der Achillessehne am muskulären Anteil mit Auffaserung und intratendinöser Flüssigkeit erbrachte. Gleichzeitig wurde eine im Vergleich zur Voruntersuchung abnehmende Signalalteration im Bereich des Muskelfaserrisses als Zeichen der zunehmenden Einheilung festgestellt.
Nachdem der Orthopäde Dr. B1 in seinem Abschlussbericht vom 19. August 2003 die Auffassung vertreten hatte, die aktuelle Schmerzsituation beim Kläger sei auf eine spontane Achillessehnen-Teilruptur bei degenerativem Vorschaden zurückzuführen und das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren sei abgeschlossen, stellte sich der Kläger am 26. August 2003 bei dem Orthopäden Dr. W. vor, der den Anriss der Achillessehne im Übergangsbereich der Muskulatur zur Sehne bestätigte.
Bereits mit Bescheid vom 6. August 2003 hatte die Beklagte dem Kläger Verletztengeld vom 1. bis 2. und vom 22. bis 27. Juli 2003 bewilligt. Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, durchgehend seit dem 1. Juli 2003 über den 27. Juli 2003 hinaus aufgrund der Unfallfolgen arbeitsunfähig krank gewesen zu sein. Er legte der Beklagten den Bericht des Orthopäden Dr. B1 vom 19. September 2003 gegenüber der privaten Krankenversicherung vor, in welchem es u.a. heißt, dass es plausibel und medizinisch nachvollziehbar sei, dass der Kläger auch in dem Zeitraum vom 28. Juli bis 7. August 2003 arbeitsunfähig gewesen sei.
Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 2. Oktober 2003 darauf hin, dass die MRT-Untersuchung am 11. Juli 2003 eine Verletzung der Achillessehne zu diesem Zeitpunkt ausgeschlossen habe. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe deshalb lediglich bis zum 27. Juli 2003 bestanden. Wann der erst am 18. August 2003 festgestellte spontane Achillessehnenriss tatsächlich aufgetreten sei, stehe nicht fest. Jedenfalls handele es sich dabei um eine unfallunabhängige Erkrankung.
Nachdem der Kläger auch angesichts dieses Schreibens seinen Widerspruch aufrechterhalten hatte, wies die Beklagte ihn mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2003 zurück.
Mit seiner gegen diese Entscheidung erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, durchgehend im Zeitraum vom 1. Juli 2003 bis 11. November 2003 unfallbedingt arbeitsunfähig krank gewesen zu sein. Auch die Achillessehnenruptur sei Folge des Arbeitsunfalls vom 1. Juli 2003. Sie sei von den ihn behandelnden Ärzten aufgrund deren Pflichtwidrigkeit lediglich nicht rechtzeitig erkannt worden, was ihm - dem Kläger - nicht zum Nachteil gereichen könne.
Das Sozialgericht hat den Befundbericht des Orthopäden Dr. W. vom 27. September 2004 beigezogen, in welchem als Diagnose eine "spontane Achillessehnenpartialruptur links bei degenerativem Vorschaden am 1. Juli 2003, aktuell: Achillodynie links" aufgeführt und darauf hingewiesen wird, dass die erste MRT Anfang Juli einen Muskelbündelriss im Bereich der linken Wade mit deutlichem Hämatom, die zweite MRT vier Wochen später dann zusätzlich eine Partialruptur der linken Achillessehne, die im ersten bildgebenden Verfahren noch nicht zu erkennen gewesen sei, ergeben habe. Arbeitsunfähigkeit habe bis einschließlich 11. November 2003 bestanden.
Der Chirurg M. ist in seinem im Auftrag des Sozialgerichts erstellten Gutachten vom 18. August 2005 nach Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis gekommen, bei dem Ereignis am 1. Juli 2003 habe sich der Kläger einen Muskelriss in der Wadenmitte zugezogen, welcher Arbeitsunfähigkeit bis zum 26. bzw. 27. Juli 2003 bedingt habe. Die nachfolgend aufgetretenen Beschwerden im Bereich der Achillessehne seien nicht ursächlich auf das Unfallereignis zurückzuführen.
Der Kläger hat dieser Beurteilung widersprochen und u.a. das an ihn gerichtete Schreiben des Orthopäden Dr. W. vom 5. Oktober 2005 vorgelegt, in welchem Dr. W. angibt, dass nach seiner Einschätzung klar davon auszugehen sei, dass der erlittene Unfall beim Boarding am 1. Juli 2003 ursächlich für die Achillessehnenriss-Situation linksseitig gewesen sei. Darüber hinaus hat der Kläger die Nachbefundung der MRT vom 11. Juli und 18. August 2003 durch den Radiologen Dr. R. vom 27. September 2005 vorgelegt. Darin führt der Radiologe aus, dass ohne Zweifel die Achillessehne am 11. Juli 2003 bis auf einige Restfasern komplett durchgerissen gewesen sei und dieser Befund auch zweifelsfrei in der MRT erkennbar sei, wenn er auch nicht optimal dargestellt werde.
Zusätzlich hat der Kläger das in dem Zivilverfahren gegen die behandelnden Orthopäden erstellte Gutachten des Orthopäden Dr. D. vom 22. Dezember 2005 vorgelegt, in welchem der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger sich bei dem Unfall am 1. Juli 2003 eine Wadenverletzung im Sinne einer Teilruptur in der Wadenmuskulatur zugezogen habe. Eine hochgradige Achillessehnenverletzung der rein sehnigen Strukturen der Achillessehne könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zunächst als Folge des Unfalls vom 1. Juli 2003 ausgeschlossen werden. Erst im weiteren Verlauf sei es dann auch zu einer hochgradigen Ruptur des tendinösen Anteils der Achillessehne gekommen.
Unter Berücksichtigung der vom Kläger eingereichten Unterlagen ist der Sachverständige M. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 7. Juli 2006 bei seiner Einschätzung geblieben. Im Termin am 28. Februar 2007 hat das Sozialgericht den Sachverständigen ergänzend angehört. Durch sein Urteil vom 28. Februar 2007 hat es anschließend die Klage abgewiesen. Eine Verletzung der Achillessehne links durch den Arbeitsunfall vom 1. Juli 2003 sei nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit festzustellen. Dies ergebe sich aus den überzeugenden Ausführungen des medizinischen Sachverständigen M., die zusätzlich im Wesentlichen gestützt werden von den Ausführungen des Sachverständigen Dr. D. in dem beigezogenen Gutachten vom 22. Dezember 2005. Bei dem Arbeitsunfall am 1. Juli 2003 habe der Kläger mithin lediglich einen Muskelfaserriss erlitten, der nach medizinischer Erfahrung innerhalb von vier Wochen ausgeheilt sei, sodass unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit beim Kläger bis einschließlich 27. Juli 2003 vorgelegen habe.
Gegen das am 07. Juni 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. Juni 2007 Berufung eingelegt, mit der er geltend macht, das erstinstanzliche Urteil sei fehlerhaft. Der Sachverständige M. habe in seinem Gutachten und der anschließenden Erläuterung die von ihm – dem Kläger – zur Gerichtsakte gereichten Unterlagen nicht mit einbezogen. Diese Unterlagen würden belegen, dass eine Teilruptur der Achillessehne bereits am 11. Juli 2003 vorgelegen habe. So gehe aus der schriftlichen Stellungnahme des sachverständigen Zeugen Dr. R. eindeutig hervor, dass die dem behandelnden Arzt Dr. S. seinerzeit vorliegenden Röntgenbilder und Bilder der MRT vom 11. Juli 2003 und 18. August 2003 eine Teilruptur der Achillessehne belegten. Auch die Kernspintomographie vom 03. März 2004 dokumentiere entgegen den Ausführungen des Sachverständigen M. eine Zusammenhangstrennung der Achillessehne. Die Ausführungen des Sachverständigen Dr. D. seien ebenfalls nicht überzeugend. Entgegen der von ihm vertretenen Auffassung habe er – der Kläger - beim Arbeitsunfall am 01. Juli 2003 nicht nur einen Muskelfaserriss, sondern eine Teilruptur der Achillessehne erlitten.
Zur Untermauerung seines Vorbringens hat der Kläger der Beklagten einen Bescheid gemäß dem dänischen Gesetz über die Patientenversicherung vom 23. August 2007 eingereicht, wonach er wegen einer fehlerhaften Behandlung im A. Hospital dem Grunde nach zum Schadenersatz berechtigt sei, dieser Schadensersatz aber nicht den Mindestbetrag erreiche und daher nicht geleistet werde. Darüber hinaus hat er das für die Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen erstattete Gutachten des Radiologen Dr. R1 vom 05. Oktober 2007 eingereicht, nach welchem auf den Kernspintomographie-Aufnahmen vom 11. Juli 2003 eine Teilruptur der Achillessehne zweifelsfrei erkennbar sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 28. Februar 2007 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 06. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 01. Juli 2003 Verletztengeld über den 27. Juli 2003 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 28. Februar 2007 zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht Hamburg habe die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.
Nachdem sich die Beteiligten übereinstimmend mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt hatten, ist zum Termin am 16. Februar 2010 der Orthopäde Dr. N1 als weiterer Sachverständiger geladen worden, der den Kläger am 25. Januar 2010 untersucht und das schriftliche Gutachten vom 02. Februar 2010 eingereicht hat. Darin gibt er unter anderem an, dass der Kläger bei der erneuten Befragung zum Geschehensablauf während der Untersuchung eindeutig ausgesagt habe, dass im Moment des Stoßes von hinten sich seine Füße auf unterschiedlichen Stufen der Treppe befunden hätten, jedoch der betroffene Fuß in keiner Weise fixiert gewesen sei. Der Sachverständige weist in seinem Gutachten weiter darauf hin, dass ein erhebliches Missverhältnis bestehe zwischen den klinisch-sonographischen Befunden einerseits und der Interpretation der kernspintomographischen Befunderhebungen am 11. Juli 2003 durch die Radiologen Dr. R. bzw. Dr. R1 andererseits. Diese Interpretation der kernspintomographischen Befunderhebungen sei nicht vereinbar mit den klinischen, zum Teil auch sonographischen Befunderhebungen am 01. Juli 2003, am 02. Juli 2003, am 06. Juli 2003 sowie am 07. Juli 2003. Wenn allerdings gleichwohl davon ausgegangen werde, dass das Ereignis vom 01. Juli 2003 neben einem Muskelbündelriss auch zu einer Partialruptur der linken Achillessehne am Übergang vom sehnigen zum muskulären Anteil geführt habe, so müsse auf einen erheblichen Vorschaden beider Achillessehnen, insbesondere auch der linken Achillessehne hingewiesen werden, wie er sich aus den beigezogenen Behandlungsunterlagen der Praxis Dres. S. ergebe. Auch die kernspintomographische Untersuchung vom 03. März 2004 beschreibe Befunde, wie sie im Rahmen einer Achillodynie zu erwarten seien. Ein erheblicher degenerativer Vorschaden der Achillessehne könne somit als belegt gelten. Da die Belastungsgrenzen der Muskulatur wesentlich niedriger seien als die der Sehnen, sei das Ereignis vom 01. Juli 2003 zwar geeignet, einen Muskelbündelriss zu bewirken; es sei aber nicht geeignet gewesen, eine Achillessehnenruptur zu verursachen. Rechtlich wesentliche Ursache für einen – hier unterstellten – Teilriss der Achillessehne am 01. Juli 2003 wäre der erhebliche degenerative Vorschaden. Angesichts der Vorerkrankung, insbesondere des Vorliegens einer Achillessehnenentzündung schon am 16. Juni 2003, wäre diese Partialruptur auch bei jedem anderen alltäglichem Ereignis eingetreten. Rechtlich wesentliche Ursache für eine solche Partialruptur bleibe immer ein erheblicher degenerativer Vorschaden, der auch dann, wenn nicht als gesichert gelten könne, dass das Ereignis vom 01. Juli 2003 zu einer Achillessehnenpartialruptur geführt habe, diese also zu einem späteren Zeitpunkt eingetreten wäre, ohnehin nur als Ursache in Betracht käme.
Im Termin am 16. Februar 2010 hat Dr. N1 sein schriftliches Gutachten erläutert und darauf hingewiesen, dass die MRT vom 03. März 2004 eine neu aufgetretene Teilruptur der Achillessehne belege. Die Achillessehne des Klägers sei soweit vorgeschädigt gewesen, dass sie nicht nur bei einem Stolpern über eine Teppichkante, sondern ebenfalls bei einem schnellen Antreten, dem Besteigen eines öffentlichen Verkehrsmittels, beim Treppensteigen oder auch ohne weitere Ursache eingerissen wäre.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 16. Februar 2010 aufgeführten Akten und Unterlagen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Berichterstatter kann als Einzelrichter anstelle des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten einvernehmlich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers (§§ 143, 144, 151 SGG) ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die auf Gewährung von Verletztengeld über den 27. Juli 2003 hinaus gerichtete Klage aus zutreffenden Gründen abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Entgegen seiner Auffassung hat der Kläger keinen Anspruch auf Weitergewährung des Verletztengeldes.
Anspruch auf Verletztengeld haben Versicherte unter anderem, wenn sie infolge eines Versicherungsfalles arbeitsunfähig sind und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitsentgelt hatten (§ 45 Abs. 1 Siebentes Buch Sozialgesetzbuch – gesetzliche Unfallversicherung - ( SGB VII )). Der Kläger hat nach den Feststellungen der Beklagten am 01. Juli 2003 während seiner beruflichen Tätigkeit als selbständiger Unternehmensberater beim Besteigen des Flugzeuges einen Arbeitsunfall (Versicherungsfall gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII) erlitten, bei welchem er sich einen Muskelfaserriss im Bereich der linken Wade zugezogen hat. Diese Verletzung bedingte Heilbehandlung und Arbeitsunfähigkeit längstens bis zum 27. Juli 2003. Dies steht aufgrund der Angaben der den Kläger wegen des Muskelfaserrisses behandelnden Ärzte, den übereinstimmenden Ausführungen der medizinischen Sachverständigen M. und Dr. N1 sowie der Tatsache, dass der Kläger selbst der Beklagten am 27. Juli 2003 mitgeteilt hat, er werde seine berufliche Tätigkeit am Folgetag wieder aufnehmen, fest und wird im Übrigen auch vom Kläger nicht in Zweifel gezogen. Im weiteren Verlauf wurde beim Kläger erstmals am 18. August 2003 eine Teilruptur der linken Achillessehne diagnostiziert. Streitig ist allein, ob diese Gesundheitsstörung ihrerseits wesentlich ursächlich auf den am 01. Juli 2003 erlittenen Unfall zurückzuführen war. Diese Frage ist vom Sozialgericht in seiner angefochtenen Entscheidung im Ergebnis zu Recht verneint worden.
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 12.04.2005 – B 2 U 27/04 R – zitiert nach juris). Dabei ist der Begriff "wesentlich" nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Ist allerdings eine Ursache gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist nur sie "wesentlich" und damit Ursache im Rechtsinne. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als Gelegenheitsursache oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersätzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R – und – B 2 U 40/05 R–, zitiert nach juris). Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Gerichts eine unfallbedingte Kausalität für die geltend gemachte Teilruptur der linken Achillessehne nicht vor. Dabei unterstellt das Gericht zugunsten des Klägers und entgegen dem Sachverhalt, den das Sozialgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, dass die Teilruptur der Achillessehne spätestens am 11. Juli 2003 vorlag. Zwar hat der medizinische Sachverständige Dr. N1 eindrücklich und nachvollziehbar dargelegt, dass der klinisch am 01. Juli 2003 im Krankenhaus in K. (Dänemark), am 02.Juli 2003 im Krankenhaus in V. (Litauen), am 06. Juli 2003 von Frau Dr. N. sowie am 07. Juli 2003 in der orthopädischen Gemeinschaftspraxis Dres. S. erhobene Befund genauso wie der am 07. Juli 2003 erhobene sonographische Befund keinerlei Anhaltspunkte für eine erlittene Partialruptur der Achillessehne ergeben hat. Mit diesen Darlegungen steht Dr. N1 im völligen Einklang mit den Ausführungen der Sachverständigen M. und Dr. D. sowie der Beurteilung der Kernspintomographie vom 11. Juli 2003 durch den Radiologen Dr. S1. Dem stehen allerdings gegenüber die Nachbegutachtungen der bei der MRT am 11. Juli 2003 gefertigten Bilder durch die Radiologen Dr. R. vom 27. September 2005 und Dr. R1 vom 05. Oktober 2007, obwohl auch diese Nachbefundungen insoweit nicht unerhebliche Differenzen aufweisen, als Dr. R. eine fast vollständige Ruptur der Achillessehne zu erkennen meint, während Dr. R1 ausdrücklich ausführt, dass der Umfang der Teilruptur auf den Bildern nicht zu erkennen sei. Diese sich widersprechenden Beurteilungen bedürfen aber keiner weiteren Abklärung – etwa in Form der Einholung eines weiteren radiologischen Gutachtens -, weil auch unter Zugrundelegung des vom Kläger behaupteten Umstandes, dass die Teilruptur der Achillessehne bereits am 11. Juli 2003 vorgelegen hat, sich der Unfall vom 01. Juli 2003 nicht als wesentliche (Teil-) Ursache für diese Gesundheitsstörung darstellt.
Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Diese Prüfung erfordert nicht, dass es zu jedem Ursachenzusammenhang statistisch-epidemiologische Forschungen geben muss. Gibt es keinen aktuellen allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu einer bestimmten Fragestellung, kann in Abwägung der verschiedenen Auffassungen einer nur vereinzelt vertretenen Auffassung gefolgt werden. Bei der zu erfolgenden einzelfallbezogenen Bewertung kann nur auf das individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung des Versicherten abgestellt werden, aber nicht so wie er es subjektiv bewertet, sondern wie es objektiv ist. Die Aussage, der Versicherte ist so geschützt, wie er die Arbeit antritt, ist ebenfalls diesem Verhältnis von individueller Bewertung auf objektiver, wissenschaftlicher Grundlage zuzuordnen: Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat "anhand" des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen, aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes. Beweisrechtlich ist insoweit zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Jedoch gibt es im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexen Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R -, aaO).
Im vorliegenden Fall fehlt es danach schon an der Eignung des Unfallherganges vom 01. Juli 2003, eine Teilruptur der Achillessehne zu verursachen. Zutreffend hat der Sachverständige Dr. N1 in seinem schriftlichen Gutachten unter Berücksichtigung des in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur niedergelegten aktuellen allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes darauf hingewiesen, dass ein für ein Sehnenriss geeignetes Unfallereignis ein plötzliches, überfallartiges Überdehnen der Sehne erfordert, wobei die biomechanischen Voraussetzungen besonders bei muskulär festgestelltem Gelenk erfüllt sind. In einem derartigen Fall wird die Sehne plötzlich einer Spitzenbelastung unterworfen, ohne dass sich die Zugspannung koordiniert, gesteuert oder gedämpft von der vorgeschalteten Muskulatur systematisch aufbauen kann. Kommt es andererseits zu einer zusätzlichen Zugbelastung der Sehne bei einer willentlichen Kraftanstrengung, muss davon ausgegangen werden, dass der Muskel sich grundsätzlich den jeweiligen Belastungen anpasst. Diese Anpassung findet ihre Grenze in der Muskelkraft und Dehnungsfähigkeit der Muskulatur, die stets geringer ist als die Zugfestigkeit der zugehörigen Sehne. Bei dem Ereignis vom 01. Juli 2003 war der Fuß des Klägers nach dessen Angaben nicht fixiert gewesen. Der Kläger ist von hinten gestoßen worden und vornübergefallen. Dieser Sturz erfolgte zwar durchaus schnell, aber unter neurophysiologischen Bedingungen nicht schnell genug, um nicht zu einer Reaktion der Wadenmuskulatur mit vergleichsweise allmählichem Aufladen der Last zu führen. Insofern war das Ereignis zwar geeignet, einen Muskelbündelriss zu bewirken, es war aber nicht geeignet, eine Achillessehnenruptur zu verursachen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der nach den Unterlagen der behandelnden Orthopäden Dres. S. beim Kläger bestehenden Vorschädigungen im Bereich der Achillessehne. Nach den vorstehenden Ausführungen ist nämlich in einem Fall wie dem vorliegendem, in welchem die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bestehenden Vorschädigung vergleichen und abzuwägen ist, darauf abzustellen, ob die vor dem Ereignis bestehende Schädigung bzw. Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die Auslösung einer akuten Gesundheitsstörung keiner unersetzlichen äußeren Einwirkung in Form eines Unfalls bedurfte, sondern sie durch jedes andere alltäglich vorkommendes Ereignis zu etwa derselben Zeit auch ausgelöst worden wäre. So liegt der Fall hier. Ausweislich der Behandlungsunterlagen der Praxis Dres. S. befand sich der Kläger vor dem hier streitigen Unfallereignis bereits zwölfmal in ärztlicher Behandlung wegen Muskelverletzungen im Bereich der Waden und viermal in Behandlung wegen Beschwerden der Achillessehnen. Zuletzt wurde er am 16. Juni 2003, also 14 Tage vor dem hier streitigen Ereignis, wegen einer akuten Achillessehnenentzündung links behandelt. Zutreffend stellt der medizinische Sachverständige Dr. N1 unter Berücksichtigung dieser Umstände dar, dass angesichts der erheblichen Vorschädigungen im Bereich der Achillessehne eine Partialruptur auch ohne besonderes äußeres Ereignis aus medizinischer Sicht zu erwarten war und es sich bei dem letztlich am 18. August 2003 kernspintomographisch nachgewiesenen Partialriss der Achillessehne um eine aus innerer Ursache heraus entstandene Krankheit gehandelt hat. Rechtlich allein wesentliche Ursache für diese Partialruptur ist danach der erhebliche degenerative Vorschaden. Dieser hätte auch bei einem leichten Stolpern über eine Teppichkante, bei einem schnellen Antreten, dem Besteigen eines öffentlichen Verkehrsmittels, beim normalen Treppensteigen oder auch ohne jegliche weitere Ursache zu dem Riss der Sehne geführt. Diese Einschätzung wird bestätigt durch die Tatsache, dass nach der Beurteilung des medizinischen Sachverständigen Dr. N1 die MRT vom 03. März 2009 wiederum eine neu aufgetretene Teilruptur der Achillessehne belegt, obwohl ihr ein die Achillessehne in besonderer Form belastendes Ereignis nicht vorangegangen ist.
Nach alledem war das Ereignis vom 01. Juli 2003 nicht wesentliche Ursache für den beim Kläger erstmals am 18. August 2003 festgestellten Teilriss der Achillessehne links, sondern allenfalls lediglich sogenannte "Gelegenheitsursache" für diese Gesundheitsstörung. Selbst unter Zugrundelegung der vom Kläger behaupteten Tatsache, dass der Achillessehnenriss bereits in der MRT vom 11. Juli 2003 erkennbar war, kann seine Berufung daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht im Ergebnis dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Das Gericht hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil weder die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG noch die des § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG vorliegen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung von Verletztengeld über den 27. Juli 2003 hinaus wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 1. Juli 2003 streitig.
Der am XX.XXXXXXXXXX 1951 geborene Kläger erlitt am 1. Juli 2003 während seiner beruflichen Tätigkeit als selbständiger Unternehmensberater einen Arbeitsunfall, als er beim Einsteigen in das Flugzeug, mit dem er von Hamburg nach V. (Litauen) fliegen wollte, von hinten gestoßen wurde, vornüber fiel, ohne dass der Fuß fixiert gewesen wäre, und sofort einen starken Schmerz in der linken Wade spürte. Weil sich sein Zustand bis zur Zwischenlandung in K. (Dänemark) weiter verschlechtert hatte, begab er sich dort zur Erstversorgung in das A. Hospital K. (Dänemark), wo ein sehr schmerzhafter verhärteter Wadenmuskel links festgestellt, röntgenologisch eine Fraktur ausgeschlossen und darauf hingewiesen wurde, dass die Achillessehne links intakt war. Nach Versorgung mit Schmerzmitteln und Gehstützen flog der Kläger weiter nach V. (Litauen), wo er noch am gleichen Tag in die B. Klinik aufgenommen wurde. Dort diagnostizierte der behandelnde Chirurg einen partiellen Muskelriss in der linken Wade.
Nachdem der Kläger nach Deutschland zurückgekehrt war, wurde er am Abend des 6. Juli 2003 notfallmäßig durch die Internistin Dr. N. behandelt, die eine Schwellung, ein Hämatom und eine Bewegungseinschränkung im Bereich der linken Wade feststellte und einen Muskelfaserriss diagnostizierte.
Am 7. Juli 2003 suchte der Kläger dann die Arztpraxis der Orthopäden Dres. S. auf, wo er seit Februar 1993 insgesamt zwölfmal wegen Muskelverletzungen in den Waden und viermal wegen Beschwerden im Bereich der Achillessehnen, zuletzt am 16. Juni 2003 wegen einer akuten Entzündung der Achillessehne links behandelt worden war. Bei der Untersuchung am 7. Juli 2003 stellten die Orthopäden eine deutliche Verfärbung der linken Wade mit punktuellem Maximum in der Wadenmitte und deutlichem Druckschmerz fest. Die Achillessehne war klinisch und sonographisch ohne pathologischen Befund. Es wurde ein Muskelbündelriss diagnostiziert und eine Magnetresonanztomographie (MRT) des linken Unterschenkels zum Ausschluss weiterer Verletzungsfolgen veranlasst. Diese von dem Radiologen Dr. S1 am 11. Juli 2003 durchgeführte MRT erbrachte einen Muskelfaserriss ohne Hinweis auf höhergradige Raumforderungen. Unter dem 18. Juli 2003 berichteten die behandelnden Orthopäden, dass anlässlich der durchgeführten Kontrolluntersuchung die Beschwerden rückläufig gewesen seien. Bei möglicher zunehmender Vollbelastung sei das Abrollen noch eingeschränkt. Der Zehenstand sei noch nicht möglich. Es wurde unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis zum 27. Juli 2003 bescheinigt.
Am 27. Juli 2003 teilte der Kläger der Beklagten schriftlich mit, dass er am nächsten Tag seine berufliche Tätigkeit wieder aufnehmen werde. Später gab er gegenüber der Beklagten telefonisch an, bereits ab dem 27. Juli 2003 wieder gearbeitet zu haben.
Der Kläger stellte sich erneut am 18. August 2003 in der orthopädischen Praxis Dres. S. vor und gab anhaltende Wadenschmerzen links an. Bei der Untersuchung stellten die Orthopäden klinisch und sonographisch eine Auffälligkeit an der linken Achillessehne im muskulären Übergangsbereich mit deutlichen Druckschmerzen und einer Schwellung fest. Demgegenüber wurde der ursprüngliche Druckschmerz im Bereich des Wadenmuskelfaserrisses als deutlich rückläufig beschrieben. Aufgrund der festgestellten Auffälligkeiten wurde eine erneute MRT-Untersuchung des linken Unterschenkels bei dem Radiologen Dr. S1 veranlasst, die am gleichen Tag durchgeführt wurde und eine im Vergleich zur Voruntersuchung neu aufgetretene Teilruptur der Achillessehne am muskulären Anteil mit Auffaserung und intratendinöser Flüssigkeit erbrachte. Gleichzeitig wurde eine im Vergleich zur Voruntersuchung abnehmende Signalalteration im Bereich des Muskelfaserrisses als Zeichen der zunehmenden Einheilung festgestellt.
Nachdem der Orthopäde Dr. B1 in seinem Abschlussbericht vom 19. August 2003 die Auffassung vertreten hatte, die aktuelle Schmerzsituation beim Kläger sei auf eine spontane Achillessehnen-Teilruptur bei degenerativem Vorschaden zurückzuführen und das berufsgenossenschaftliche Heilverfahren sei abgeschlossen, stellte sich der Kläger am 26. August 2003 bei dem Orthopäden Dr. W. vor, der den Anriss der Achillessehne im Übergangsbereich der Muskulatur zur Sehne bestätigte.
Bereits mit Bescheid vom 6. August 2003 hatte die Beklagte dem Kläger Verletztengeld vom 1. bis 2. und vom 22. bis 27. Juli 2003 bewilligt. Mit seinem dagegen erhobenen Widerspruch machte der Kläger geltend, durchgehend seit dem 1. Juli 2003 über den 27. Juli 2003 hinaus aufgrund der Unfallfolgen arbeitsunfähig krank gewesen zu sein. Er legte der Beklagten den Bericht des Orthopäden Dr. B1 vom 19. September 2003 gegenüber der privaten Krankenversicherung vor, in welchem es u.a. heißt, dass es plausibel und medizinisch nachvollziehbar sei, dass der Kläger auch in dem Zeitraum vom 28. Juli bis 7. August 2003 arbeitsunfähig gewesen sei.
Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 2. Oktober 2003 darauf hin, dass die MRT-Untersuchung am 11. Juli 2003 eine Verletzung der Achillessehne zu diesem Zeitpunkt ausgeschlossen habe. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe deshalb lediglich bis zum 27. Juli 2003 bestanden. Wann der erst am 18. August 2003 festgestellte spontane Achillessehnenriss tatsächlich aufgetreten sei, stehe nicht fest. Jedenfalls handele es sich dabei um eine unfallunabhängige Erkrankung.
Nachdem der Kläger auch angesichts dieses Schreibens seinen Widerspruch aufrechterhalten hatte, wies die Beklagte ihn mit Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2003 zurück.
Mit seiner gegen diese Entscheidung erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, durchgehend im Zeitraum vom 1. Juli 2003 bis 11. November 2003 unfallbedingt arbeitsunfähig krank gewesen zu sein. Auch die Achillessehnenruptur sei Folge des Arbeitsunfalls vom 1. Juli 2003. Sie sei von den ihn behandelnden Ärzten aufgrund deren Pflichtwidrigkeit lediglich nicht rechtzeitig erkannt worden, was ihm - dem Kläger - nicht zum Nachteil gereichen könne.
Das Sozialgericht hat den Befundbericht des Orthopäden Dr. W. vom 27. September 2004 beigezogen, in welchem als Diagnose eine "spontane Achillessehnenpartialruptur links bei degenerativem Vorschaden am 1. Juli 2003, aktuell: Achillodynie links" aufgeführt und darauf hingewiesen wird, dass die erste MRT Anfang Juli einen Muskelbündelriss im Bereich der linken Wade mit deutlichem Hämatom, die zweite MRT vier Wochen später dann zusätzlich eine Partialruptur der linken Achillessehne, die im ersten bildgebenden Verfahren noch nicht zu erkennen gewesen sei, ergeben habe. Arbeitsunfähigkeit habe bis einschließlich 11. November 2003 bestanden.
Der Chirurg M. ist in seinem im Auftrag des Sozialgerichts erstellten Gutachten vom 18. August 2005 nach Untersuchung des Klägers zu dem Ergebnis gekommen, bei dem Ereignis am 1. Juli 2003 habe sich der Kläger einen Muskelriss in der Wadenmitte zugezogen, welcher Arbeitsunfähigkeit bis zum 26. bzw. 27. Juli 2003 bedingt habe. Die nachfolgend aufgetretenen Beschwerden im Bereich der Achillessehne seien nicht ursächlich auf das Unfallereignis zurückzuführen.
Der Kläger hat dieser Beurteilung widersprochen und u.a. das an ihn gerichtete Schreiben des Orthopäden Dr. W. vom 5. Oktober 2005 vorgelegt, in welchem Dr. W. angibt, dass nach seiner Einschätzung klar davon auszugehen sei, dass der erlittene Unfall beim Boarding am 1. Juli 2003 ursächlich für die Achillessehnenriss-Situation linksseitig gewesen sei. Darüber hinaus hat der Kläger die Nachbefundung der MRT vom 11. Juli und 18. August 2003 durch den Radiologen Dr. R. vom 27. September 2005 vorgelegt. Darin führt der Radiologe aus, dass ohne Zweifel die Achillessehne am 11. Juli 2003 bis auf einige Restfasern komplett durchgerissen gewesen sei und dieser Befund auch zweifelsfrei in der MRT erkennbar sei, wenn er auch nicht optimal dargestellt werde.
Zusätzlich hat der Kläger das in dem Zivilverfahren gegen die behandelnden Orthopäden erstellte Gutachten des Orthopäden Dr. D. vom 22. Dezember 2005 vorgelegt, in welchem der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger sich bei dem Unfall am 1. Juli 2003 eine Wadenverletzung im Sinne einer Teilruptur in der Wadenmuskulatur zugezogen habe. Eine hochgradige Achillessehnenverletzung der rein sehnigen Strukturen der Achillessehne könne mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zunächst als Folge des Unfalls vom 1. Juli 2003 ausgeschlossen werden. Erst im weiteren Verlauf sei es dann auch zu einer hochgradigen Ruptur des tendinösen Anteils der Achillessehne gekommen.
Unter Berücksichtigung der vom Kläger eingereichten Unterlagen ist der Sachverständige M. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 7. Juli 2006 bei seiner Einschätzung geblieben. Im Termin am 28. Februar 2007 hat das Sozialgericht den Sachverständigen ergänzend angehört. Durch sein Urteil vom 28. Februar 2007 hat es anschließend die Klage abgewiesen. Eine Verletzung der Achillessehne links durch den Arbeitsunfall vom 1. Juli 2003 sei nicht mit der erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit festzustellen. Dies ergebe sich aus den überzeugenden Ausführungen des medizinischen Sachverständigen M., die zusätzlich im Wesentlichen gestützt werden von den Ausführungen des Sachverständigen Dr. D. in dem beigezogenen Gutachten vom 22. Dezember 2005. Bei dem Arbeitsunfall am 1. Juli 2003 habe der Kläger mithin lediglich einen Muskelfaserriss erlitten, der nach medizinischer Erfahrung innerhalb von vier Wochen ausgeheilt sei, sodass unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit beim Kläger bis einschließlich 27. Juli 2003 vorgelegen habe.
Gegen das am 07. Juni 2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 21. Juni 2007 Berufung eingelegt, mit der er geltend macht, das erstinstanzliche Urteil sei fehlerhaft. Der Sachverständige M. habe in seinem Gutachten und der anschließenden Erläuterung die von ihm – dem Kläger – zur Gerichtsakte gereichten Unterlagen nicht mit einbezogen. Diese Unterlagen würden belegen, dass eine Teilruptur der Achillessehne bereits am 11. Juli 2003 vorgelegen habe. So gehe aus der schriftlichen Stellungnahme des sachverständigen Zeugen Dr. R. eindeutig hervor, dass die dem behandelnden Arzt Dr. S. seinerzeit vorliegenden Röntgenbilder und Bilder der MRT vom 11. Juli 2003 und 18. August 2003 eine Teilruptur der Achillessehne belegten. Auch die Kernspintomographie vom 03. März 2004 dokumentiere entgegen den Ausführungen des Sachverständigen M. eine Zusammenhangstrennung der Achillessehne. Die Ausführungen des Sachverständigen Dr. D. seien ebenfalls nicht überzeugend. Entgegen der von ihm vertretenen Auffassung habe er – der Kläger - beim Arbeitsunfall am 01. Juli 2003 nicht nur einen Muskelfaserriss, sondern eine Teilruptur der Achillessehne erlitten.
Zur Untermauerung seines Vorbringens hat der Kläger der Beklagten einen Bescheid gemäß dem dänischen Gesetz über die Patientenversicherung vom 23. August 2007 eingereicht, wonach er wegen einer fehlerhaften Behandlung im A. Hospital dem Grunde nach zum Schadenersatz berechtigt sei, dieser Schadensersatz aber nicht den Mindestbetrag erreiche und daher nicht geleistet werde. Darüber hinaus hat er das für die Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen erstattete Gutachten des Radiologen Dr. R1 vom 05. Oktober 2007 eingereicht, nach welchem auf den Kernspintomographie-Aufnahmen vom 11. Juli 2003 eine Teilruptur der Achillessehne zweifelsfrei erkennbar sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 28. Februar 2007 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 06. August 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Oktober 2003 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 01. Juli 2003 Verletztengeld über den 27. Juli 2003 hinaus zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 28. Februar 2007 zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht Hamburg habe die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.
Nachdem sich die Beteiligten übereinstimmend mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt hatten, ist zum Termin am 16. Februar 2010 der Orthopäde Dr. N1 als weiterer Sachverständiger geladen worden, der den Kläger am 25. Januar 2010 untersucht und das schriftliche Gutachten vom 02. Februar 2010 eingereicht hat. Darin gibt er unter anderem an, dass der Kläger bei der erneuten Befragung zum Geschehensablauf während der Untersuchung eindeutig ausgesagt habe, dass im Moment des Stoßes von hinten sich seine Füße auf unterschiedlichen Stufen der Treppe befunden hätten, jedoch der betroffene Fuß in keiner Weise fixiert gewesen sei. Der Sachverständige weist in seinem Gutachten weiter darauf hin, dass ein erhebliches Missverhältnis bestehe zwischen den klinisch-sonographischen Befunden einerseits und der Interpretation der kernspintomographischen Befunderhebungen am 11. Juli 2003 durch die Radiologen Dr. R. bzw. Dr. R1 andererseits. Diese Interpretation der kernspintomographischen Befunderhebungen sei nicht vereinbar mit den klinischen, zum Teil auch sonographischen Befunderhebungen am 01. Juli 2003, am 02. Juli 2003, am 06. Juli 2003 sowie am 07. Juli 2003. Wenn allerdings gleichwohl davon ausgegangen werde, dass das Ereignis vom 01. Juli 2003 neben einem Muskelbündelriss auch zu einer Partialruptur der linken Achillessehne am Übergang vom sehnigen zum muskulären Anteil geführt habe, so müsse auf einen erheblichen Vorschaden beider Achillessehnen, insbesondere auch der linken Achillessehne hingewiesen werden, wie er sich aus den beigezogenen Behandlungsunterlagen der Praxis Dres. S. ergebe. Auch die kernspintomographische Untersuchung vom 03. März 2004 beschreibe Befunde, wie sie im Rahmen einer Achillodynie zu erwarten seien. Ein erheblicher degenerativer Vorschaden der Achillessehne könne somit als belegt gelten. Da die Belastungsgrenzen der Muskulatur wesentlich niedriger seien als die der Sehnen, sei das Ereignis vom 01. Juli 2003 zwar geeignet, einen Muskelbündelriss zu bewirken; es sei aber nicht geeignet gewesen, eine Achillessehnenruptur zu verursachen. Rechtlich wesentliche Ursache für einen – hier unterstellten – Teilriss der Achillessehne am 01. Juli 2003 wäre der erhebliche degenerative Vorschaden. Angesichts der Vorerkrankung, insbesondere des Vorliegens einer Achillessehnenentzündung schon am 16. Juni 2003, wäre diese Partialruptur auch bei jedem anderen alltäglichem Ereignis eingetreten. Rechtlich wesentliche Ursache für eine solche Partialruptur bleibe immer ein erheblicher degenerativer Vorschaden, der auch dann, wenn nicht als gesichert gelten könne, dass das Ereignis vom 01. Juli 2003 zu einer Achillessehnenpartialruptur geführt habe, diese also zu einem späteren Zeitpunkt eingetreten wäre, ohnehin nur als Ursache in Betracht käme.
Im Termin am 16. Februar 2010 hat Dr. N1 sein schriftliches Gutachten erläutert und darauf hingewiesen, dass die MRT vom 03. März 2004 eine neu aufgetretene Teilruptur der Achillessehne belege. Die Achillessehne des Klägers sei soweit vorgeschädigt gewesen, dass sie nicht nur bei einem Stolpern über eine Teppichkante, sondern ebenfalls bei einem schnellen Antreten, dem Besteigen eines öffentlichen Verkehrsmittels, beim Treppensteigen oder auch ohne weitere Ursache eingerissen wäre.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 16. Februar 2010 aufgeführten Akten und Unterlagen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Berichterstatter kann als Einzelrichter anstelle des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten einvernehmlich mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers (§§ 143, 144, 151 SGG) ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die auf Gewährung von Verletztengeld über den 27. Juli 2003 hinaus gerichtete Klage aus zutreffenden Gründen abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig. Entgegen seiner Auffassung hat der Kläger keinen Anspruch auf Weitergewährung des Verletztengeldes.
Anspruch auf Verletztengeld haben Versicherte unter anderem, wenn sie infolge eines Versicherungsfalles arbeitsunfähig sind und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitsentgelt hatten (§ 45 Abs. 1 Siebentes Buch Sozialgesetzbuch – gesetzliche Unfallversicherung - ( SGB VII )). Der Kläger hat nach den Feststellungen der Beklagten am 01. Juli 2003 während seiner beruflichen Tätigkeit als selbständiger Unternehmensberater beim Besteigen des Flugzeuges einen Arbeitsunfall (Versicherungsfall gemäß § 7 Abs. 1 SGB VII) erlitten, bei welchem er sich einen Muskelfaserriss im Bereich der linken Wade zugezogen hat. Diese Verletzung bedingte Heilbehandlung und Arbeitsunfähigkeit längstens bis zum 27. Juli 2003. Dies steht aufgrund der Angaben der den Kläger wegen des Muskelfaserrisses behandelnden Ärzte, den übereinstimmenden Ausführungen der medizinischen Sachverständigen M. und Dr. N1 sowie der Tatsache, dass der Kläger selbst der Beklagten am 27. Juli 2003 mitgeteilt hat, er werde seine berufliche Tätigkeit am Folgetag wieder aufnehmen, fest und wird im Übrigen auch vom Kläger nicht in Zweifel gezogen. Im weiteren Verlauf wurde beim Kläger erstmals am 18. August 2003 eine Teilruptur der linken Achillessehne diagnostiziert. Streitig ist allein, ob diese Gesundheitsstörung ihrerseits wesentlich ursächlich auf den am 01. Juli 2003 erlittenen Unfall zurückzuführen war. Diese Frage ist vom Sozialgericht in seiner angefochtenen Entscheidung im Ergebnis zu Recht verneint worden.
Nach der im Sozialrecht anzuwendenden Theorie der wesentlichen Bedingung werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 12.04.2005 – B 2 U 27/04 R – zitiert nach juris). Dabei ist der Begriff "wesentlich" nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die anderen Ursachen keine überragende Bedeutung haben. Ist allerdings eine Ursache gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist nur sie "wesentlich" und damit Ursache im Rechtsinne. Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich ist, aber nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als Gelegenheitsursache oder Auslöser bezeichnet werden. Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersätzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (vgl. zum Vorstehenden insgesamt BSG, Urteile vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R – und – B 2 U 40/05 R–, zitiert nach juris). Nach diesen Grundsätzen liegt zur Überzeugung des Gerichts eine unfallbedingte Kausalität für die geltend gemachte Teilruptur der linken Achillessehne nicht vor. Dabei unterstellt das Gericht zugunsten des Klägers und entgegen dem Sachverhalt, den das Sozialgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, dass die Teilruptur der Achillessehne spätestens am 11. Juli 2003 vorlag. Zwar hat der medizinische Sachverständige Dr. N1 eindrücklich und nachvollziehbar dargelegt, dass der klinisch am 01. Juli 2003 im Krankenhaus in K. (Dänemark), am 02.Juli 2003 im Krankenhaus in V. (Litauen), am 06. Juli 2003 von Frau Dr. N. sowie am 07. Juli 2003 in der orthopädischen Gemeinschaftspraxis Dres. S. erhobene Befund genauso wie der am 07. Juli 2003 erhobene sonographische Befund keinerlei Anhaltspunkte für eine erlittene Partialruptur der Achillessehne ergeben hat. Mit diesen Darlegungen steht Dr. N1 im völligen Einklang mit den Ausführungen der Sachverständigen M. und Dr. D. sowie der Beurteilung der Kernspintomographie vom 11. Juli 2003 durch den Radiologen Dr. S1. Dem stehen allerdings gegenüber die Nachbegutachtungen der bei der MRT am 11. Juli 2003 gefertigten Bilder durch die Radiologen Dr. R. vom 27. September 2005 und Dr. R1 vom 05. Oktober 2007, obwohl auch diese Nachbefundungen insoweit nicht unerhebliche Differenzen aufweisen, als Dr. R. eine fast vollständige Ruptur der Achillessehne zu erkennen meint, während Dr. R1 ausdrücklich ausführt, dass der Umfang der Teilruptur auf den Bildern nicht zu erkennen sei. Diese sich widersprechenden Beurteilungen bedürfen aber keiner weiteren Abklärung – etwa in Form der Einholung eines weiteren radiologischen Gutachtens -, weil auch unter Zugrundelegung des vom Kläger behaupteten Umstandes, dass die Teilruptur der Achillessehne bereits am 11. Juli 2003 vorgelegen hat, sich der Unfall vom 01. Juli 2003 nicht als wesentliche (Teil-) Ursache für diese Gesundheitsstörung darstellt.
Die Kausalitätsbeurteilung hat auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen. Das schließt eine Prüfung ein, ob ein Ereignis nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen. Diese Prüfung erfordert nicht, dass es zu jedem Ursachenzusammenhang statistisch-epidemiologische Forschungen geben muss. Gibt es keinen aktuellen allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu einer bestimmten Fragestellung, kann in Abwägung der verschiedenen Auffassungen einer nur vereinzelt vertretenen Auffassung gefolgt werden. Bei der zu erfolgenden einzelfallbezogenen Bewertung kann nur auf das individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung des Versicherten abgestellt werden, aber nicht so wie er es subjektiv bewertet, sondern wie es objektiv ist. Die Aussage, der Versicherte ist so geschützt, wie er die Arbeit antritt, ist ebenfalls diesem Verhältnis von individueller Bewertung auf objektiver, wissenschaftlicher Grundlage zuzuordnen: Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat "anhand" des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen, aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes. Beweisrechtlich ist insoweit zu beachten, dass der je nach Fallgestaltung ggf. aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und den Unfallfolgen als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Jedoch gibt es im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexen Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R -, aaO).
Im vorliegenden Fall fehlt es danach schon an der Eignung des Unfallherganges vom 01. Juli 2003, eine Teilruptur der Achillessehne zu verursachen. Zutreffend hat der Sachverständige Dr. N1 in seinem schriftlichen Gutachten unter Berücksichtigung des in der unfallversicherungsrechtlichen Literatur niedergelegten aktuellen allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes darauf hingewiesen, dass ein für ein Sehnenriss geeignetes Unfallereignis ein plötzliches, überfallartiges Überdehnen der Sehne erfordert, wobei die biomechanischen Voraussetzungen besonders bei muskulär festgestelltem Gelenk erfüllt sind. In einem derartigen Fall wird die Sehne plötzlich einer Spitzenbelastung unterworfen, ohne dass sich die Zugspannung koordiniert, gesteuert oder gedämpft von der vorgeschalteten Muskulatur systematisch aufbauen kann. Kommt es andererseits zu einer zusätzlichen Zugbelastung der Sehne bei einer willentlichen Kraftanstrengung, muss davon ausgegangen werden, dass der Muskel sich grundsätzlich den jeweiligen Belastungen anpasst. Diese Anpassung findet ihre Grenze in der Muskelkraft und Dehnungsfähigkeit der Muskulatur, die stets geringer ist als die Zugfestigkeit der zugehörigen Sehne. Bei dem Ereignis vom 01. Juli 2003 war der Fuß des Klägers nach dessen Angaben nicht fixiert gewesen. Der Kläger ist von hinten gestoßen worden und vornübergefallen. Dieser Sturz erfolgte zwar durchaus schnell, aber unter neurophysiologischen Bedingungen nicht schnell genug, um nicht zu einer Reaktion der Wadenmuskulatur mit vergleichsweise allmählichem Aufladen der Last zu führen. Insofern war das Ereignis zwar geeignet, einen Muskelbündelriss zu bewirken, es war aber nicht geeignet, eine Achillessehnenruptur zu verursachen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der nach den Unterlagen der behandelnden Orthopäden Dres. S. beim Kläger bestehenden Vorschädigungen im Bereich der Achillessehne. Nach den vorstehenden Ausführungen ist nämlich in einem Fall wie dem vorliegendem, in welchem die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bestehenden Vorschädigung vergleichen und abzuwägen ist, darauf abzustellen, ob die vor dem Ereignis bestehende Schädigung bzw. Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die Auslösung einer akuten Gesundheitsstörung keiner unersetzlichen äußeren Einwirkung in Form eines Unfalls bedurfte, sondern sie durch jedes andere alltäglich vorkommendes Ereignis zu etwa derselben Zeit auch ausgelöst worden wäre. So liegt der Fall hier. Ausweislich der Behandlungsunterlagen der Praxis Dres. S. befand sich der Kläger vor dem hier streitigen Unfallereignis bereits zwölfmal in ärztlicher Behandlung wegen Muskelverletzungen im Bereich der Waden und viermal in Behandlung wegen Beschwerden der Achillessehnen. Zuletzt wurde er am 16. Juni 2003, also 14 Tage vor dem hier streitigen Ereignis, wegen einer akuten Achillessehnenentzündung links behandelt. Zutreffend stellt der medizinische Sachverständige Dr. N1 unter Berücksichtigung dieser Umstände dar, dass angesichts der erheblichen Vorschädigungen im Bereich der Achillessehne eine Partialruptur auch ohne besonderes äußeres Ereignis aus medizinischer Sicht zu erwarten war und es sich bei dem letztlich am 18. August 2003 kernspintomographisch nachgewiesenen Partialriss der Achillessehne um eine aus innerer Ursache heraus entstandene Krankheit gehandelt hat. Rechtlich allein wesentliche Ursache für diese Partialruptur ist danach der erhebliche degenerative Vorschaden. Dieser hätte auch bei einem leichten Stolpern über eine Teppichkante, bei einem schnellen Antreten, dem Besteigen eines öffentlichen Verkehrsmittels, beim normalen Treppensteigen oder auch ohne jegliche weitere Ursache zu dem Riss der Sehne geführt. Diese Einschätzung wird bestätigt durch die Tatsache, dass nach der Beurteilung des medizinischen Sachverständigen Dr. N1 die MRT vom 03. März 2009 wiederum eine neu aufgetretene Teilruptur der Achillessehne belegt, obwohl ihr ein die Achillessehne in besonderer Form belastendes Ereignis nicht vorangegangen ist.
Nach alledem war das Ereignis vom 01. Juli 2003 nicht wesentliche Ursache für den beim Kläger erstmals am 18. August 2003 festgestellten Teilriss der Achillessehne links, sondern allenfalls lediglich sogenannte "Gelegenheitsursache" für diese Gesundheitsstörung. Selbst unter Zugrundelegung der vom Kläger behaupteten Tatsache, dass der Achillessehnenriss bereits in der MRT vom 11. Juli 2003 erkennbar war, kann seine Berufung daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht im Ergebnis dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Das Gericht hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil weder die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG noch die des § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG vorliegen.
Rechtskraft
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