Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 55 AS 491/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 AS 58/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob der Beklagte dem Kläger die Weiterbildung zum City-Logistiker als Eingliederungsleistung zu bewilligen hat. Der aus S. stammende Kläger ist ausgebildeter Pianist. Einen Antrag des Klägers auf Leistungen für die Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13. Mai 2011 ab. Der Kläger erhob Widerspruch und bat um einen Bildungsgutschein für eine Ausbildung zum City-Logistiker. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2011 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Nr. 1 SGB III lägen nicht vor, denn es könne nicht festgestellt werden, dass die begehrte Weiterbildung notwendig sei, um den Kläger bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern. Er sei ausweislich eines psychologischen Gutachtens vom 18. November 2010 für eine Weiterbildung als City-Logistiker nicht geeignet. Einen Absendevermerk trägt der Widerspruchsbescheid nicht.
Am 30. November 2011 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Hamburg zunächst Untätigkeitsklage erhoben (Verfahren S 55 AS 3973/11) und diese am 7. Februar 2012 im vorliegenden Verfahren als Verpflichtungsklage weitergeführt.
Mit Gerichtsbescheid vom 7. Januar 2013 hat das Sozialgericht Hamburg die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Bewilligung einer beruflichen Weiterbildung zum City-Logistiker. Als Anspruchsgrundlage für die begehrte Weiterbildung komme § 16 Abs. 1 S. 1 und S. 2 SGB II in Verbindung mit § 77 Abs. 1 SGB III in Betracht. Für die danach erforderliche Prognoseentscheidung zur Frage, ob die Bildungsmaßnahme die Eingliederungschancen des Betroffenen erhöhe, stehe dem Beklagten ein Beurteilungsspielraum bei nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle zu. Lägen die Voraussetzungen des § 77 SGB III vor, habe der Beklagte pflichtgemäß Ermessen auszuüben, ob die Teilnahme an einer Maßnahme und, wenn ja, in welchem Umfange sie gefördert werde. Bei Ermessensleistungen beschränke sich die gerichtliche Überprüfung darauf, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung das ihr eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt habe. Im vorliegenden Falle bestünden bereits Zweifel, ob die vom Kläger begehrte Weiterbildung zu seiner Eingliederung erforderlich sei. Dies werde unter Hinweis auf das psychologische Gutachten vom 18. November 2010 verneint. Ob der Kläger die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Weiterbildungsmaßnahme im Sinne des § 77 SGB III erfülle, könne jedoch offen bleiben, denn wegen des gesetzlich eingeräumten Ermessens wäre der Beklagte auch bei Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht gezwungen, eine Weiterbildung gerade zum City-Logistiker zu bewilligen. Der Beklagte habe dem Kläger eine nach seiner Auffassung effektivere und zeitnähere Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung mit Schreiben vom 20. Mai 2011 angeboten. Eine Reduzierung des Ermessens allein auf die Bewilligung einer Weiterbildung zum City-Logistiker sei nicht ersichtlich.
Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 17. Januar 2013 zugestellt worden. Am 11. Fe-bruar 2013 hat er Berufung eingelegt.
Der Kläger verfolgt sein Ziel weiter. Er vertritt die Auffassung, mit seiner r. Ausbildung zum Pianisten könne er in Deutschland den Lebensunterhalt nicht verdienen, da diese hier nicht anerkannt werde. Für Klavierspieler gebe es keine Stellen, und Einzelunterricht könne er als unverheirateter Mann pubertierenden Jugendlichen nicht geben, ohne in verfängliche Situationen zu geraten. Heiraten wiederum könne er nicht, weil ihm die nötigen Dokumente dazu fehlten. Für eine Ausbildung zum City-Logistiker sei er sehr wohl geeignet, wie ihm z.B. der TÜV N. und die Dekra bescheinigt hätten. Auch sei er laut ärztlichem Attest nicht psychisch krank.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 7. Januar 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 13. Mai 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm eine Weiterbildung zum City-Logistiker zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt die angefochtenen Entscheidungen.
Die Sachakten des Beklagten haben vorgelegen. Auf ihren sowie auf den Inhalt der Prozessakten, auch des Verfahrens S 55 AS 3973/11, wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet durch den Berichterstatter als Einzelrichter, da die Beteiligten ihr Einverständnis gegeben haben.
Die nach den Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Zwar kann mit dem Sozialgericht will die Klage als zulässig angesehen werden, sie ist jedoch jedenfalls nicht begründet. Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Leistungen zur Eingliederung in Form der Weiterbildung zum City-Logistiker. Dies hat das Sozialgericht in sachlicher und rechtlicher Hinsicht ausführlich und zutreffend in der angegriffenen Entscheidung dargelegt. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Die Entscheidung des Beklagten ist auch im Lichte des Berufungsvorbringens nicht zu beanstanden. Der Senat hat bereits Zweifel, ob der Kläger seine Ausbildung zum Pianisten hinreichend zu nutzen versucht, um durch eine entsprechende Tätigkeit als ausübender Künstler oder Lehrer seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Seine Bedenken, die sich daraus ergeben, dass er die Ausbildung nicht in Deutschland genossen hat, hält der Senat ebenso wenig für durchschlagend wie seine Befürchtung, er werde im Falle der Erteilung von Privatunterricht in bedenkliche Situationen geraten. Allerdings bestehen Zweifel, ob es dem Kläger aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur gelingen wird, in diesem Bereich Fuß zu fassen. Dies gilt jedoch gleichermaßen für die von ihm gewünschte Ausbildung zum City-Logistiker. Es mag zwar sein, dass der Kläger nicht, wie es in dem psychologischen Gutachten von T.C. vom 18. November 2010 angedeutet wird, psychisch erkrankt ist. Die in dem psychologischen Gutachten angesprochenen Probleme bei der Einhaltung täglicher Strukturen und Regeln sowie die Zweifel hinsichtlich seiner Belastbarkeit, Selbstorganisation und psychischen Stabilität sind jedoch, so wie sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung präsentiert hat, nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund bedarf der Kläger gewiss der speziellen Förderung durch den Beklagten, und es werden besondere Überlegungen anzustellen sein, wie man ihn in das Erwerbsleben eingliedern kann, jedoch drängt sich hier nicht in erster Linie eine Weiterbildung zum City-Logistiker auf, einer Tätigkeit, die körperliche und psychische Belastbarkeit, das Aushalten von Zeitdruck und Stress in besonderem Maße erfordert.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Ein Grund, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten, ob der Beklagte dem Kläger die Weiterbildung zum City-Logistiker als Eingliederungsleistung zu bewilligen hat. Der aus S. stammende Kläger ist ausgebildeter Pianist. Einen Antrag des Klägers auf Leistungen für die Teilnahme an einer beruflichen Weiterbildungsmaßnahme lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 13. Mai 2011 ab. Der Kläger erhob Widerspruch und bat um einen Bildungsgutschein für eine Ausbildung zum City-Logistiker. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2011 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 77 Abs. 1 Nr. 1 SGB III lägen nicht vor, denn es könne nicht festgestellt werden, dass die begehrte Weiterbildung notwendig sei, um den Kläger bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern. Er sei ausweislich eines psychologischen Gutachtens vom 18. November 2010 für eine Weiterbildung als City-Logistiker nicht geeignet. Einen Absendevermerk trägt der Widerspruchsbescheid nicht.
Am 30. November 2011 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Hamburg zunächst Untätigkeitsklage erhoben (Verfahren S 55 AS 3973/11) und diese am 7. Februar 2012 im vorliegenden Verfahren als Verpflichtungsklage weitergeführt.
Mit Gerichtsbescheid vom 7. Januar 2013 hat das Sozialgericht Hamburg die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klage sei zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Bewilligung einer beruflichen Weiterbildung zum City-Logistiker. Als Anspruchsgrundlage für die begehrte Weiterbildung komme § 16 Abs. 1 S. 1 und S. 2 SGB II in Verbindung mit § 77 Abs. 1 SGB III in Betracht. Für die danach erforderliche Prognoseentscheidung zur Frage, ob die Bildungsmaßnahme die Eingliederungschancen des Betroffenen erhöhe, stehe dem Beklagten ein Beurteilungsspielraum bei nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle zu. Lägen die Voraussetzungen des § 77 SGB III vor, habe der Beklagte pflichtgemäß Ermessen auszuüben, ob die Teilnahme an einer Maßnahme und, wenn ja, in welchem Umfange sie gefördert werde. Bei Ermessensleistungen beschränke sich die gerichtliche Überprüfung darauf, ob die Behörde bei ihrer Entscheidung das ihr eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt habe. Im vorliegenden Falle bestünden bereits Zweifel, ob die vom Kläger begehrte Weiterbildung zu seiner Eingliederung erforderlich sei. Dies werde unter Hinweis auf das psychologische Gutachten vom 18. November 2010 verneint. Ob der Kläger die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Weiterbildungsmaßnahme im Sinne des § 77 SGB III erfülle, könne jedoch offen bleiben, denn wegen des gesetzlich eingeräumten Ermessens wäre der Beklagte auch bei Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht gezwungen, eine Weiterbildung gerade zum City-Logistiker zu bewilligen. Der Beklagte habe dem Kläger eine nach seiner Auffassung effektivere und zeitnähere Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung mit Schreiben vom 20. Mai 2011 angeboten. Eine Reduzierung des Ermessens allein auf die Bewilligung einer Weiterbildung zum City-Logistiker sei nicht ersichtlich.
Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 17. Januar 2013 zugestellt worden. Am 11. Fe-bruar 2013 hat er Berufung eingelegt.
Der Kläger verfolgt sein Ziel weiter. Er vertritt die Auffassung, mit seiner r. Ausbildung zum Pianisten könne er in Deutschland den Lebensunterhalt nicht verdienen, da diese hier nicht anerkannt werde. Für Klavierspieler gebe es keine Stellen, und Einzelunterricht könne er als unverheirateter Mann pubertierenden Jugendlichen nicht geben, ohne in verfängliche Situationen zu geraten. Heiraten wiederum könne er nicht, weil ihm die nötigen Dokumente dazu fehlten. Für eine Ausbildung zum City-Logistiker sei er sehr wohl geeignet, wie ihm z.B. der TÜV N. und die Dekra bescheinigt hätten. Auch sei er laut ärztlichem Attest nicht psychisch krank.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 7. Januar 2013 sowie den Bescheid des Beklagten vom 13. Mai 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. Juli 2011 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm eine Weiterbildung zum City-Logistiker zu bewilligen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Der Beklagte verteidigt die angefochtenen Entscheidungen.
Die Sachakten des Beklagten haben vorgelegen. Auf ihren sowie auf den Inhalt der Prozessakten, auch des Verfahrens S 55 AS 3973/11, wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat entscheidet durch den Berichterstatter als Einzelrichter, da die Beteiligten ihr Einverständnis gegeben haben.
Die nach den Vorschriften des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Zwar kann mit dem Sozialgericht will die Klage als zulässig angesehen werden, sie ist jedoch jedenfalls nicht begründet. Der Kläger hat gegenüber dem Beklagten keinen Anspruch auf Leistungen zur Eingliederung in Form der Weiterbildung zum City-Logistiker. Dies hat das Sozialgericht in sachlicher und rechtlicher Hinsicht ausführlich und zutreffend in der angegriffenen Entscheidung dargelegt. Hierauf nimmt der Senat Bezug. Die Entscheidung des Beklagten ist auch im Lichte des Berufungsvorbringens nicht zu beanstanden. Der Senat hat bereits Zweifel, ob der Kläger seine Ausbildung zum Pianisten hinreichend zu nutzen versucht, um durch eine entsprechende Tätigkeit als ausübender Künstler oder Lehrer seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Seine Bedenken, die sich daraus ergeben, dass er die Ausbildung nicht in Deutschland genossen hat, hält der Senat ebenso wenig für durchschlagend wie seine Befürchtung, er werde im Falle der Erteilung von Privatunterricht in bedenkliche Situationen geraten. Allerdings bestehen Zweifel, ob es dem Kläger aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur gelingen wird, in diesem Bereich Fuß zu fassen. Dies gilt jedoch gleichermaßen für die von ihm gewünschte Ausbildung zum City-Logistiker. Es mag zwar sein, dass der Kläger nicht, wie es in dem psychologischen Gutachten von T.C. vom 18. November 2010 angedeutet wird, psychisch erkrankt ist. Die in dem psychologischen Gutachten angesprochenen Probleme bei der Einhaltung täglicher Strukturen und Regeln sowie die Zweifel hinsichtlich seiner Belastbarkeit, Selbstorganisation und psychischen Stabilität sind jedoch, so wie sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung präsentiert hat, nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund bedarf der Kläger gewiss der speziellen Förderung durch den Beklagten, und es werden besondere Überlegungen anzustellen sein, wie man ihn in das Erwerbsleben eingliedern kann, jedoch drängt sich hier nicht in erster Linie eine Weiterbildung zum City-Logistiker auf, einer Tätigkeit, die körperliche und psychische Belastbarkeit, das Aushalten von Zeitdruck und Stress in besonderem Maße erfordert.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Ein Grund, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, ist nicht gegeben.
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