L 4 AS 293/12

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 26 AS 1910/11 WA
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 AS 293/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Rücknahme einer von ihr erhobenen Klage durch ihren Betreuer.

Die Klägerin hat am 14. Januar 2011 Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben und geltend gemacht, dass der Beklagte über die von ihr gestellten Folgeanträge vom 3. November 2009 und 22. Juli 2010 auf die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab 1. Dezember 2009 noch nicht entschieden habe. Der Beklagte hat in seiner Klagerwiderung mitgeteilt, dass mit Bescheid vom 9. April 2010 ein Leistungsantrag vom 3. November 2009 wegen fehlender Mitwirkung abgelehnt worden sei. Am 23. Juli 2010 habe die Klägerin nochmals in der Eingangszone des Jobcenters N. vorgesprochen. Im Rahmen dieser Vorsprache seien der Klägerin die Antragsunterlagen mit Anlagen ausgehändigt worden, welche sie jedoch nicht zurückgereicht habe.

Der frühere Betreuer der Klägerin, Herr D., hat in einem Schreiben an das Gericht vom 29. März 2011 unter Vorlage einer Kopie seines vom Amtsgericht Hamburg-St. Georg ausgestellten Betreuerausweises vom 28. Oktober 2010 (Geschäfts-Nr. 992 XVII F 3278) um Akteneinsicht gebeten. Mit Schreiben vom 13. April 2011 – beim Gericht eingegangen am 15. April 2011 – hat er die Rücknahme der Klage erklärt.

Die Klägerin hat am 25. Mai 2011 zur Niederschrift beim Gericht erklärt, dass das Verfahren nicht als erledigt betrachtet werden könne, und die Wiederaufnahme beantragt. Im Folgenden hat die Klägerin zahlreiche Schriftsätze übersandt, auf deren Inhalt verwiesen wird.

Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 9. August 2012 festgestellt, dass das Klageverfahren durch Rücknahme erledigt sei. Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) könne der Kläger die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen. Die Klagerücknahme erledige den Rechtsstreit in der Hauptsache (§ 102 Abs. 1 Satz 2 SGG). Bestehe Streit über die Wirksamkeit einer Klagerücknahme, sei in Fortsetzung des Ausgangsrechtsstreits zu entscheiden. Komme das Gericht zum Ergebnis, dass das Verfahren durch eine Klagerücknahme erledigt sei, stelle es diese Wirkung fest. An der Wirksamkeit der vom Betreuer der Klägerin erklärten Klagerücknahme bestünden nach Ansicht des Gerichts keine Zweifel. Ausweislich seines Betreuerausweises umfasse der Aufgabenkreis des Betreuers die Vermögenssorge ohne das Recht zur Wohnungsauflösung und die Vertretung gegenüber Behörden, Leistungsträgern und Pflegediensten/ Pflegeeinrichtungen. Die Vertretung erfolge im Rahmen des Aufgabenkreises gerichtlich und außergerichtlich. Darin enthalten sei auch die Befugnis, ein gegen den Beklagten geführtes Klageverfahren durch eine Rücknahmeerklärung zu beenden. Der Zustimmung der Klägerin zur Rücknahmeerklärung bedürfe es im Außenverhältnis zum Gericht nicht. Ein Widerruf der Rücknahmeerklärung komme nur in Betracht, soweit die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 179 SGG in Verbindung mit §§ 578 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) bzw. § 180 SGG gegeben seien. Daran fehle es. Anhaltspunkte, dass der Betreuer bei der Rücknahmeerklärung seine Pflichten als Betreuer verletzt haben könnte, sehe die Kammer nicht.

Dagegen hat die Klägerin am 4. September 2012 Berufung eingelegt. Sie ist der Ansicht, dass sich das Klageverfahren nicht erledigt habe, sondern fortzuführen bzw. wiederaufzunehmen sei. Ihr Betreuer habe illegal und gegen ihren Willen gehandelt. Der Beklagte sei zu verurteilen, über die Anträge zu entscheiden und ihr für die Zeit ab Dezember 2009 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zu gewähren.

Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich der Antrag,

unter Aufhebung des Gerichtsbescheides des Sozialgerichts Hamburg vom 9. August 2012 den Beklagten zu verurteilen, über die am 3. November 2009 und 22. Juli 2010 gestellten Leistungsanträge zu entscheiden und der Klägerin für die Zeit ab Dezember 2009 Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass die vom Betreuer erklärte Klagerücknahme wirksam und das Verfahren daher in der Hauptsache erledigt sei.

Mit Beschluss vom 7. Januar 2013 hat das Gericht das Verfahren nach § 153 Abs. 5 SGG auf den Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.

Das Gericht hat am 22. Oktober 2013 über die Berufung mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats war.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte durch den Berichterstatter und die ehrenamtlichen Richter entscheiden, da der Senat das Verfahren nach § 153 Abs. 5 SGG übertragen hatte.

Das Gericht konnte trotz Ausbleibens der Klägerin in der mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Klägerin ordnungsgemäß geladen und nach § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht festgestellt, dass die Klage durch Rücknahme erledigt sei. Die entsprechende Prozesserklärung des Betreuers der Klägerin ist wirksam und kann auch nicht nachträglich beseitigt werden, zumal sie dem wohlverstandenen Interesse der Klägerin diente. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe sieht der Senat ab und verweist nach § 153 Abs. 2 SGG auf die Gründe des angefochtenen Gerichtsbescheides des Sozialgerichts.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG vorliegt.
Rechtskraft
Aus
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