Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 35 KR 379/11
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 28/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts verur- teilt, an die Klägerin 100,- EUR Zinsen nebst Verzugszinsen in Höhe von 5% p.a. seit dem 7. August 2008 sowie weitere 46,41 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. 2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. 3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob bei der Prüfung einer Fallzusammenführung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) für geleistete Behandlungen der Klägerin neben der bereits erstatteten eine weitere Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Höhe von 100,- EUR zu zahlen ist.
Die bei der Beklagten versicherte H.S. wurde in der Zeit vom 15.9.2007 bis zum 25.9.2007 sowie vom 27.9.2007 bis zum 10.10.2007 im Krankenhaus der Klägerin behandelt. Die Klägerin stellte der Beklagten hierfür zwei Behandlungsfälle in Rechnung; die erste Rechnung datiert vom 28. September 2007 über 9.193,06 EUR und trägt die Rechnungsnummer: 1610361934//92400512. Die zweite datiert vom 17. Oktober 2007 über 3.873,06 EUR und trägt die Rechnungsnummer: 1610364058//92420792.
Die Beklagte holte eine gutachterliche Stellungnahme des MDK zu der Frage ein, ob eine Fallzusammenführung gegeben sei. In der dem Gericht vorgelegten Verwaltungsakte der Beklagten findet sich ein Formularschreiben ohne Datum (es findet sich am Ende des Formulars im Feld "Datum, Unterschrift, Stempel MDK" nur ein unleserlicher Stempel mit einer Unterschrift – wohl des MDK-Mitarbeiters – und der alleine leserlichen Jahreszahl 2007) mit der Angabe der zum ersten Aufenthalt gehörenden Aufnahme-Nummer (1610361934), welches als Auftraggeber die Beklagte bezeichnet. In der Rubrik der Falldaten wurde maschinenschriftlich eingetragen: "Aufnahme am: 15.09.07 Entlassung am: 25.09.07". Handschriftlich ist der zweite Aufenthaltszeitraum der Versicherten unter die Daten des ersten Aufenthalts hinzugefügt worden ("Aufnahme am: 27.09.07 Entlassung am: 10.10.07"). Im Feld "Fragestellung der Kasse:" erscheint der handschriftliche Eintrag: "Fallzus.-führung?". Nach Auskunft der Beklagten in der mündlichen Verhandlung des Senats handelt es sich hierbei um die Prüfungsmitteilung des MDK an die Klägerin. Der Prüfauftrag der Beklagten an den MDK findet sich nicht in den Akten und ist nach Angabe der Beklagten auch bei ihr nicht – mehr – vorhanden.
Der MDK stellte in seinem Gutachten vom 14.12.2007 fest, dass die beiden Aufenthalte der Versicherten nicht zusammenzufassen seien und sich deshalb keine Verringerung der Rechnungsbeträge ergebe. Die Beklagte beglich daraufhin die beiden Rechnungen, zahlte, nachdem die Klägerin eine Aufwandspauschale je Aufenthalt und Abrechnungsvorgang in Rechnung gestellt hatte, jedoch nur eine Aufwandspauschale.
Mit der am 12. April 2011 erhobenen Klage begehrte die Klägerin die Zahlung einer zweiten Aufwandspauschale. Zur Begründung führte sie aus, es seien zwei Abrechnungsfälle geprüft worden, die jeweils zu keiner Minderung des Abrechnungsbetrages geführt hätten. Die Auslegung, dass eine Aufwandspauschale für jeden einzelnen Behandlungsfall und nicht für jeden Prüfanlass zu zahlen sei, ergebe sich aus dem Gesetzeszweck des Bürokratieabbaus. Sie entspreche auch dem Aufwand der Klägerin, die jeweils zwei Vorgänge aus dem Archiv holen und gegebenenfalls verschiedene Ärzte aus verschiedenen Abteilungen zu dem Prüfauftrag heranziehen müsse. Aus dem Sinn einer Pauschale sei ersichtlich, dass sie unabhängig vom tatsächlich anfallenden Verwaltungsaufwand zu zahlen sei.
Die Beklagte erwiderte darauf, sie sei der Auffassung, dass die Aufwandspauschale nur einmal anfalle, weil der MDK nur einen Prüfauftrag erteilt habe; für die Frage der Fallzusammenführung seien die Behandlungsunterlagen für den zweiten Aufenthalt lediglich herangezogen worden. Des Weiteren verwies sie auf die – ihre Auffassung stützenden – Urteilsgründe des Sozialgerichts Augsburg in dessen Urteil vom 10.2.2011 zum Aktenzeichen S 10 KR 167/10.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 29. März 2012 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Klage sei zulässig, jedoch nicht begründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung einer weiteren Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c Satz 3 Sozialgesetzbuch SGB V. Die Voraussetzung von § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V, wonach die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von (im streitbefangenen Zeitraum) 100,00 EUR zu entrichten habe, falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führe, läge auch im hier zur Entscheidung anstehenden Fall nur einmal vor.
Der Klägerin stehe eine weitere Aufwandspauschale nicht zu, denn der MDK habe vorliegend nur eine Prüfung im Sinne des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V durchgeführt. Dem Wortlaut nach beziehe sich die Vorschrift insoweit auch auf "eine Prüfung" bzw. die "Prüfung" im Singular.
Bei der Prüfung der Abrechnung eines Krankenhausaufenthaltes, ob eine Fallzusammenführung nach § 2 der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) mit einem zuvor zeitnah erfolgten ersten Krankenhausaufenthalt erfolgen kann, handele es sich um eine einheitliche Prüfung im Sinne von § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Anlass für die von der Beklagten in Auftrag gegebene Prüfung sei gewesen, dass eine Wiederaufnahme der Patientin innerhalb der oberen Grenzverweildauer erfolgt sei. Eine Prüfung erfolge somit nur aus Anlass des zweiten Aufenthaltes. Allein der erste Aufenthalt der Versicherten und die dafür erstellte Rechnung der Klägerin hätten der Beklagten keinen Anlass zur Einleitung einer Prüfung durch den MDK gegeben. Dass der erste Aufenthalt der Patienten bei der Prüfung einer Fallzusammenführung nach der FPV inzident mit überprüft werden müsse, sei Folge der in der Vereinbarung getroffenen Regelungen, wonach unter bestimmten Voraussetzungen eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen sei, wenn eine erneute Aufnahme des Patienten innerhalb der oberen Grenzverweildauer erfolge.
Nicht nachvollziehbar sei, dass der Klägerin durch die Prüfung des MDK ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstanden sei, denn hier habe dem MDK zur Prüfung nur eine Patientenakte vorgelegt werden müssen, die beide Aufenthalte dokumentiert habe. Stellungnahmen verschiedener Ärzte seien nicht erfolgt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei jedoch zwingende Voraussetzung für die Abrechnung einer Aufwandspauschale, dass dem Krankenhaus durch die Befassung mit dem Behandlungs- und Abrechnungsfall ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstanden ist.
Im Übrigen habe das BSG darauf hingewiesen, dass der Sinn und Zweck des § 275 Abs.1c Satz 3 SGB V und sein funktionales Zusammenspiel mit der Prüfpflicht nach Abs. 1 Nr. 1 SGB V zu einer einschränkenden Interpretation führten. Der Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung, die Pflicht der Krankenkassen zu ihrer Bewilligung und die Pflicht des Krankenhauses zu ihrer Bewirkung hingen von der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes ab. Allein die Erfüllung dieser Prüfpflicht löse noch keine Zahlungsansprüche eines Krankenhauses aus, weil die damit verbundenen Kosten grundsätzlich Teil der Leistungserbringung selbst und schon in die Vergütung für die erbrachte Leistung mit "eingepreist" und den Krankenkassen zusätzlich und allein nur unter eng umrissenen Voraussetzungen ausnahmsweise auferlegt werden könnten.
Es sei nicht ersichtlich, inwiefern aus der Gesetzesbegründung der Schluss zu ziehen sei, dass bei der Prüfung einer Fallzusammenführung zwei Fallpauschalen anfielen. Regelungszweck von § 275 Abs.1c SGB V sei es, einer ungezielten und übermäßigen Einleitung von Begutachtungen zur Überprüfung der Abrechnungen entgegenzuwirken. Unnötige Bürokratie sowie zusätzlicher personeller und finanzieller Aufwand sollte auch dann vermieden werden, wenn keine Detailgerechtigkeit in jedem Einzelfall gewährleistet werden könne. Da die Prüfung einer Fallzusammenführung immer zumindest die einheitliche Prüfung zweier Behandlungsfälle notwendig mache, könne die Krankenkasse gar nicht auf die Prüfung eines der möglicherweise zusammenzuführenden Behandlungsfälle verzichten. Nur in dieser Weise, könne die Beklagte ihrem Auftrag, das Wirtschaftlichkeitsgebot einzuhalten, gerecht werden. Die Aufwandspauschale ziele jedoch nur auf die Einschränkung von Prüfungen ab, die die Krankenkassen ohne berechtigten Anlass, gegebenenfalls durch "missbräuchliche" Prüfungsbegehren eingeleitet hätten. Die Berufung gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.
Das Urteil wurde der Klägerin am 16. April 2012 zugestellt.
Am 16. Mai 2012 hat die Klägerin hiergegen Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, der der Senat mit Beschluss vom 28. März 2013 entsprochen und die Berufung zugelassen hat.
Zur Begründung der Berufung wiederholt die Klägerin ihre Argumente aus dem erstinstanzlichen Verfahren und betont, dass nach dem Wortlaut des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V der einzelne Behandlungsfall Anknüpfungspunkt für die Prüfung durch den MDK sei. Ob es sich um eine oder zwei Krankenhausbehandlungen gehandelt habe, sei von der Einschätzung als einheitlichem Lebenssachverhalt abhängig. Dieser liege hier jedoch gerade nicht vor. Es handele sich um zwei voneinander getrennte medizinische Sachverhalte, so dass zwei Aufwandspauschalen angefallen seien. Ebenso sei dies aus den Gesetzesmaterialien zu § 275 Abs. 1c SGB V abzuleiten. Die Verklammerung beider Fälle entstehe letztlich nur durch die rein verwaltungstechnisch vorgenommene Verklammerung derselben durch die Beklagte in ihrem Auftrag an den MDK. Auch die Gesetzesbegründung zum Thema Aufwandspauschale nehme die Krankenhausfälle in Bezug, nicht hingegen den Prüfauftrag. Auch die zu dieser Rechtsfrage ergangenen Urteile stünden nicht entgegen. Auch könne dem SG Augsburg nicht gefolgt werden, welches mit Annahmen und Unterstellungen bzw. unschlüssigen Schlussfolgerungen argumentiere. Das LSG Niedersachsen habe in dessen Urteil vom 25. August 2010 zum Aktenzeichen L 1 KR 331/09 hingegen gerade nur einen einzigen medizinischen Lebenssachverhalt zu beurteilen gehabt. Dann sei aber auch nur eine Aufwandspauschale berechtigt. Auch das BSG stütze im Urteil vom 22. Juni 2010 zum Aktenzeichen B 1 KR 1/10 R die Rechtsansicht der Klägerin, denn auch dort würde an den Behandlungs- und Abrechnungsfall angeknüpft. Die Befassung mit diesem solle den Anspruch auf die Aufwandspauschale auslösen, nicht jedoch die Prüfung durch den MDK. Es könne auch nicht ernsthaft bestritten werden, dass die beim Krankenhaus ausgelöste Prüfung in den Fallzusammenführungsfällen einen erheblichen Mehraufwand für das Krankenhaus auslöse, da nicht nur eine Behandlung, sondern zwei aufbereitet, vorgelegt und erläutert werden müssten. Das sei auch der Grund dafür, dass gerade das Wirtschaftlichkeitsgebot das Krankenhaus veranlasse, die Pauschale zwei Mal zu verlangen. Wollte man mit der Wirtschaftlichkeit des Handelns argumentieren, müsse man die Beklagte im Blick haben. Deren Verhalten gebe Anlass, die Wirtschaftlichkeit von am Ende zu Unrecht angezweifelten und beim MDK in Auftrag gegebenen Prüfungen in Zweifel zu ziehen.
Dies sei auch Anlass dafür, die Kosten für die – ergebnislosen – Prüfungen des MDK letztlich bei der Beklagten zu belassen. Gerade und nur die anderen Fälle, in denen die Prüfung des MDK zu einer Abrechnungskorrektur führe, beließen die Kosten für die MDK-Begutachtung – zu Recht – beim Krankenhaus. Die Klägerin habe sich aber hier gerade nicht fehlerhaft verhalten, wie dem Gutachten des MDK zu entnehmen sei. Die Fallzusammenführung sei schlicht eine Konstellation, in der sich immer die Frage stelle, ob von einem oder zwei Behandlungsfällen auszugehen sei. Handele es sich aber um zwei Fälle, müsse die Pauschale auch zwei Mal erstattet werden.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, weitere 100,00 EUR nebst Verzugszinsen in Höhe von 5% seit dem 7. August 2008 sowie weitere 46,41 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tritt der Berufung entgegen, ohne sich inhaltlich dazu zu äußern. Im Übrigen ist ihrem prozessualen Verhalten zu entnehmen, dass sie sich zur weiteren Begründung auf die Gründe des angefochtenen Urteils beziehen möchte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 21. November 2013 sowie auf die dort aufgeführten Unterlagen Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts ist nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.
Sie hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung einer (weiteren) Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V.
Rechtsgrundlage des zulässig mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG verfolgten Klagebegehrens ist § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V. Insoweit wird zunächst durch Satz 1 und 2 des § 275 Abs. 1c SGB V klargestellt, dass bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V eine Prüfung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zeitnah durchzuführen ist; diese Prüfung ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen. Daran anschließend bestimmt § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V: "Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von (im hier fraglichen Zeitpunkt) 100,- EUR (seit dem 25.3.2009: 300 Euro) zu entrichten."
Bezugsnorm für den Anspruch auf die Pauschale ist demnach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Hiernach haben die Krankenkassen u.a. bei stationärer Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen, soweit es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist.
Ziel der Regelungen des § 275 Abs. 1c SGB V – insbesondere der 6-Wochen-Frist (vgl. hierzu eingehend BSG, Urteil vom 16.5.2012 - B 3 KR 14/11 R) und der Aufwandspauschale – ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers, den bürokratischen Aufwand und dessen Folgen infolge der Kontrolle von Krankenhausabrechnungen auf Krankenhausseite möglichst gering zu halten (vgl. hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 16.05.2012 - B 3 KR 12/11 R, Rn.10, 11 mit Darstellung der Gesetzesbegründung). Anknüpfungspunkt für die Prüfung eines Falles durch den MDK ist dabei immer die Abrechnung mit dem Ziel der Reduzierung des Abrechnungsbetrages. Dies ergibt sich eindeutig aus der Formulierung des § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V " zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung " und des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V "Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt, ".
Dementsprechend stellt der 3. Senat des BSG (Urteil vom 16.05.2012 - B 3 KR 12/11 R, Rn. 12) im Hinblick auf den Anspruch auf die Aufwandspauschale fest:
"Die Pflicht zur Zahlung der Aufwandspauschale kann nach diesem Regelungskonzept durch jede Prüfung ausgelöst werden, die mit dem Ziel der Verminderung des Rechnungsbetrages - auch einer Zwischenrechnung - aus Anlass einer konkreten Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) eingeleitet und durchgeführt wird."
Weiter führt er aus (Rn. 17):
"Von einer Abrechnungsprüfung i.S. von § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V - also von einer Prüfung zur potentiellen Verminderung der Krankenhausabrechnung - wird regelmäßig dann auszugehen sein, wenn der dem MDK erteilte Prüfauftrag bei objektiver Betrachtungsweise eine Herabsetzung der im Raume stehenden Krankenhausvergütung zur Folge haben kann und zudem - wie hier - zum Zeitpunkt der Auftragserteilung an den MDK zumindest bereits eine erste Krankenhausrechnung ordnungsgemäß erstellt und bei der Krankenkasse eingegangen ist. In diesem Fall wird unwiderleglich vermutet, dass Ziel des beauftragten MDK-Gutachtens eine Minderung der bereits geforderten oder zukünftig zu erwartenden Vergütung ist."
Zuvor hat der 1. Senat des BSG bereits in seiner Entscheidung vom 22. Juni 2010 (B 1 KR 1/10 R, Rn. 13) ausgeführt:
"Auch muss die Krankenkasse den MDK gezielt beauftragt haben, eine gutachtliche Stellungnahme abzugeben, mit dem Ziel, in Verfolgung des Wirtschaftlichkeitsgebots zu einer Verminderung der Vergütung zu gelangen, d.h. eine Verminderung des (möglicherweise) vom Krankenhaus zu hoch angesetzten Abrechnungsbetrages zu erreichen".
Wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 275 Abs. 1 SGB V ergibt, hat die Krankenkasse bei der Frage, ob eine Abrechnung bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen durch den MDK zu prüfen ist, kein Entschließungsermessen, sondern ist "verpflichtet", eine medizinische Stellungnahme des MDK einzuholen.
Vorliegend spricht nach Ansicht des Senats einiges für die Annahme, dass tatsächlich die Abrechnungen für beide Aufenthalte zur Überprüfung gestellt worden sind (dazu unter 1.). Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da aufgrund der rechtlichen Besonderheiten der Fallzusammenführung mit dem Auftrag zur Überprüfung der Abrechnung mit dem Argument, dass der der Abrechnung zugrunde liegende Krankenhausaufenthalt mit einem vorherigen Aufenthalt zusammenzuführen sei, automatisch auch die den vorherigen Aufenthalt betreffende Abrechnung zur Überprüfung gestellt ist (dazu unter 2.).
1. Der Senat geht davon aus, dass die Beklagte beide Abrechnungen mit den dazugehörenden Aufenthalten zur Überprüfung gestellt wissen wollte. Die Beklagte beruft sich hingegen darauf, nur hinsichtlich einer Abrechnung einen Prüfauftrag erteilt zu haben. Der zweite Fall sei lediglich zur Prüfung der Fallzusammenführung herangezogen worden. Der damals durch die Beklagte an den MDK ergangene Prüfauftrag ist dem Gericht nicht vorgelegt worden und findet sich nicht in den Akten. Die Beteiligten haben auf Nachfrage diesen auch nicht mehr vorlegen können. Es spricht aber viel dafür, dass der Prüfauftrag an den MDK beide Abrechnungsfälle erfassen sollte, wie die Prüfanzeige des MDK an die Klägerin dies letztlich auch vorsah. Denn es erscheint unwahrscheinlich und widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass der MDK den Prüfumfang eigenmächtig erweitert.
Es spricht einiges dafür, bei der Frage, durch welches Schriftstück der Prüfauftrag entscheidend bestimmt wird, auf die Anzeige gegenüber dem Krankenhaus und bei dessen Auslegung auf einen objektiven Empfängerhorizont abzustellen. Denn die Beauftragung des MDK durch die Krankenkasse hat keine unmittelbare Außenwirkung. Sie erfolgt vielmehr ausschließlich im Verhältnis Krankenkasse zum MDK. Erst durch die von § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V vorgesehene Anzeige der Prüfung durch den MDK dem Krankenhaus gegenüber erhält das Krankenhaus eine Information über den Prüfauftrag. Dabei muss sich die Krankenkasse das Verhalten des MDK im Prüfungsverfahren grundsätzlich entgegenhalten lassen (vgl. BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 24/11 R, Rn. 25; Urteil vom 18.07.2013 - B 3 KR 21/12 R, Rn. 30). Es ist dann aber nur folgerichtig, wenn man für die Frage, was Gegenstand des Prüfungsauftrages ist, auf eine am objektiven Empfängerhorizont des Krankenhauses orientierte Auslegung der Anzeige abstellt.
Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin nach dem Inhalt der Prüfanzeige des MDK von der Prüfung beider Abrechnungen für die Versicherte auszugehen hatte. Denn in dem in der Verwaltungsakte der Beklagten abgehefteten Formularschreiben der Prüfanzeige mit unvollständigem Datum – es findet sich am Ende des Formulars im Feld "Datum, Unterschrift, Stempel MDK" nur ein unleserlicher Stempel mit einer Unterschrift – wohl des MDK-Mitarbeiters – und der alleine leserlichen Jahreszahl 2007 – findet sich zwar nur die Angabe der zum ersten Aufenthalt gehörenden Aufnahme-Nummer 1610361934. In der Rubrik der Falldaten wurde jedoch maschinenschriftlich eingetragen: "Aufnahme am: 15.09.07 Entlassung am: 25.09.07" und handschriftlich der zweite Aufenthaltszeitraum der Versicherten unter die Daten des ersten Aufenthalts hinzugefügt: "Aufnahme am: 27.09.07 Entlassung am: 10.10.07". Im Feld "Fragestellung der Kasse:" erscheint schließlich noch der handschriftliche Eintrag: "Fallzus.-führung?".
2. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen. Denn aufgrund der besonderen rechtlichen Verknüpfung der Abrechnungen im Fall einer Fallzusammenführung ist mit der im Hinblick auf eine angenommene Fallzusammengehörigkeit beauftragten Überprüfung der Abrechnung für den ersten Aufenthalt zugleich die Abrechnung für den zweiten Aufenthalt zur Überprüfung gestellt.
Wie sich aus § 2 Abs. 4 Satz 2 und 5 Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2007 (Fallpauschalenvereinbarung 2007 - FPV 2007) ergibt, ist bei einer Fallzusammenführung eine einheitliche Abrechnung für den zusammengeführten Fall zu erstellen und es ist eine ggf. schon bzgl. eines zusammenzuführenden Aufenthalts erfolgte Abrechnung zu stornieren. Es wird also bei einer Fallzusammenführung nicht etwa eine der ergangenen Abrechnungen abgeändert, sondern es werden diese Abrechnungen storniert und es erfolgt eine Neuabrechnung des zusammengeführten Falles (so auch LSG für das Saarland, Urteil vom 19.11.2013 - L 2 KR 7/13, Rn. 28; SG Augsburg, Urteil vom 10.02.2011 - S 10 KR 167/10, Rn. 17).
Das bedeutet, dass eine Krankenkasse, die bei zwei Abrechnungen vermutet, dass es sich bei den zugrunde liegenden Krankenhausaufenthalten in Wahrheit um einen einheitlichen, zusammenzuführenden Fall handelt, ausgehend von der dargestellten Verpflichtung zur Wirtschaftlichkeit grundsätzlich beide Abrechnungen überprüfen zu lassen hat. Sie kann sich nämlich nicht auf den Standpunkt stellen, sie könne die erste Abrechnung nicht angreifen, weil die Prüfung der Abrechnung nicht zu einer Reduzierung des Abrechnungsbetrages führen könne. Denn nach der dargestellten rechtlichen Konstruktion hätte die Fallzusammenführung nicht die Konsequenz, dass die erste Abrechnung nur zu niedrig ausgefallen wäre, sondern, dass sie storniert werden müsste. Die Stornierung einer Abrechnung ist aber die Reduzierung in ihrer stärksten Form. Die Krankenkasse ist daher unter dem Blickwinkel der Wirtschaftlichkeit verpflichtet, beide Abrechnungen, die die zusammenzuführenden Aufenthalte betreffen, mit dem Ziel der Stornierung beider Rechnungen mit jeweils einem Prüfauftrag (zumeist dann zeitgleich) anzugreifen. Anschließend wird von dem Krankenhaus eine neue, dritte Abrechnung für den zusammengeführten Fall erfolgen, die dann ggf. erneut überprüft werden kann.
Daher kann der Senat – anders als das LSG für das Saarland (Urteil vom 19.11.2013 - L 2 KR 7/13, Juris) – aus dieser rechtlichen Systematik nicht die Erkenntnis ziehen, dass eine Überprüfung beider Abrechnungen nicht erforderlich sei, weil bei zutreffender Beanstandung einer Abrechnung die andere Abrechnung aufgrund der dargestellten Regelungen ebenfalls zu stornieren sei. Denn die Prüfung, ob die Krankenkasse den MDK beauftragt, eine medizinische Stellungnahme abzugeben, orientiert sich nach den gesetzlichen Vorgaben nicht an dem Kriterium der Erforderlichkeit, sondern statuiert eine entsprechende Verpflichtung. Stellt man auf das Kriterium der Erforderlichkeit ab, würde es der Krankenkasse ermöglicht, entgegen der eindeutigen Verpflichtung aus § 275 Abs. 1 SGB V eine Abrechnung nicht zur Überprüfung zu stellen und dennoch – unter Umgehung der Verpflichtung zur Zahlung der Aufwandspauschale – deren Stornierung zu erreichen. Ein solches Vorgehen ist nach Ansicht des Senats von den rechtlichen Grundlagen nicht gedeckt und daher nicht hinnehmbar. Der Senat geht daher in den besonderen Fällen der Fallzusammenführung davon aus, dass mit dem Auftrag zur Überprüfung der Abrechnung mit dem Argument, dass der der Abrechnung zugrunde liegende Krankenhausaufenthalt mit einem vorherigen Aufenthalt zusammenzuführen sei, automatisch auch die den vorherigen Aufenthalt betreffende Abrechnung angegriffen ist.
An diesem Ergebnis vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass offensichtlich tatsächlich oftmals in den Fällen der Fallzusammenführung nicht beide Ausgangsabrechnungen storniert und eine neue Abrechnung erstellt, sondern die den ersten Aufenthalt betreffende Abrechnung lediglich abgeändert wird. Denn dieses Vorgehen entspricht nicht den rechtlichen Vorgaben und kann daher keine Berücksichtigung finden.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass ihm bewusst ist, dass aus der hier vertretenen Sichtweise weitere rechtliche Probleme resultieren können. Insbesondere stellt sich die Frage, zu welchen Konsequenzen diese Sichtweise führt, wenn zwischen der Rechnungsstellung der ersten und der zweiten Abrechnung mehr als 6 Wochen vergangen sind. Der medizinischen Überprüfung der ersten Abrechnung durch den MDK, die ja nur den Anspruch auf die Pauschale auszulösen vermag, könnte dann die Ausschlussfrist des § 275 Abs. 1c Satz 1 SGB V entgegenstehen. Hier ist nach Ansicht des Senates zu erwägen, die 6-Wochen-Frist nicht in Gang gesetzt zu sehen. Denn die Krankenkasse kann erst Überlegungen hinsichtlich der Überprüfung einer Rechnung unter dem Gesichtspunkt der Fallzusammenführung anstellen, wenn sie die Umstände, die die Annahme einer Fallzusammenführung rechtfertigen, kennt bzw. kennen müsste. Von diesen Umständen erhält die Krankenkasse jedoch erst mit Vorlage der zweiten Rechnung Kenntnis. In einer derartigen Fallgestaltung erscheint es gerechtfertigt, die 6-Wochen-Frist dahingehend zu modifizieren, dass sie für die Frage der Fallzusammenführung – und nur für diese – erst mit der Übermittlung der zweiten Abrechnung zu laufen beginnt, also parallel mit der für die zweite Abrechnung geltenden Frist läuft. Dabei ist auch zu beachten, dass diese Fälle nur dann entstehen, wenn das Krankenhaus trotz zeitlich unmittelbaren Zusammenhangs von 2 Aufenthalten, diese mit zeitlich großem Abstand abrechnet. Die vorliegende Betrachtungsweise würde verhindern, dass dies zielgerichtet im Hinblick auf die Überprüfungsmöglichkeit der Abrechnung erfolgt.
Ist damit vorliegend davon auszugehen, dass beide Abrechnungen zur Prüfung durch den MDK gestellt wurden, so resultiert aus dem Umstand, dass die Prüfung, die auch hinsichtlich der ersten Rechnung die 6-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V eingehalten hat, keine Reduzierung des Abrechnungsbetrages ergeben hat, dass die Pauschale des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V zweimal entstanden, aber bisher nur einmal von der Beklagten bezahlt worden ist. Die Klägerin hat daher Anspruch auf Zahlung einer weiteren Pauschale in Höhe von 100,- EUR.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 14 des zwischen den Beteiligten geltenden Vertrages nach § 112 SGB V (Hamburger Vertrag – Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung). Dieser soll zwar ausdrücklich wohl nur die Abrechnung des Krankenhausaufenthaltes als solchen regeln. Der Sachzusammenhang mit der hier in Rede stehenden Forderung legt es jedoch nahe, die Zinsregelung zumindest im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung auf diese Forderung anzuwenden.
Der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 46,41 EUR ergibt sich aus § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m. § 280 Abs. 1, 2 und § 286 Bürgerliches Gesetzbuch. Danach ist eine Krankenkasse grundsätzlich verpflichtet, einem Krankenhaus den durch die verspätete Zahlung der Krankenhausvergütung entstandenen Verzugsschaden zu ersetzen. Zwar ist es einer Krankenkasse in einfach gelagerten Abrechnungsfällen ohne schwierige Rechtsfragen und ohne hervorgehobene wirtschaftliche Bedeutung zuzumuten, offene Vergütungsansprüche vorgerichtlich mit eigenen Mitarbeitern und ohne anwaltliche Unterstützung geltend zu machen (BSG, Urteil vom 15.11.2007 - B 3 KR 1/07 R), ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben. Die hier im Streit stehende Rechtsfrage ist durchaus schwierig und auch eine besondere wirtschaftliche Bedeutung ist angesichts der Vielzahl der gleichgelagerten Fälle anzuerkennen. Die zugrunde gelegte Bewertung mit 1,3 Geschäftsgebühren nach Nr. 2300 VV RVG ist nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die in der mündlichen Verhandlung erfolgte Anpassung des Antrags hinsichtlich des Zinsanspruches führt dabei nicht zu einer Quotelung. Die Zurückweisung der Berufung im Übrigen erfolgte im Hinblick auf diese Anpassung versehentlich. Da sie keinen Beteiligten belastet, sieht der Senat kein Bedürfnis für eine Berichtigung von Amts wegen.
Die Zulassung der Revision war wegen der höchstrichterlich nicht geklärten Konstellation geboten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Frage, ob bei der Prüfung einer Fallzusammenführung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) für geleistete Behandlungen der Klägerin neben der bereits erstatteten eine weitere Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c Satz 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in Höhe von 100,- EUR zu zahlen ist.
Die bei der Beklagten versicherte H.S. wurde in der Zeit vom 15.9.2007 bis zum 25.9.2007 sowie vom 27.9.2007 bis zum 10.10.2007 im Krankenhaus der Klägerin behandelt. Die Klägerin stellte der Beklagten hierfür zwei Behandlungsfälle in Rechnung; die erste Rechnung datiert vom 28. September 2007 über 9.193,06 EUR und trägt die Rechnungsnummer: 1610361934//92400512. Die zweite datiert vom 17. Oktober 2007 über 3.873,06 EUR und trägt die Rechnungsnummer: 1610364058//92420792.
Die Beklagte holte eine gutachterliche Stellungnahme des MDK zu der Frage ein, ob eine Fallzusammenführung gegeben sei. In der dem Gericht vorgelegten Verwaltungsakte der Beklagten findet sich ein Formularschreiben ohne Datum (es findet sich am Ende des Formulars im Feld "Datum, Unterschrift, Stempel MDK" nur ein unleserlicher Stempel mit einer Unterschrift – wohl des MDK-Mitarbeiters – und der alleine leserlichen Jahreszahl 2007) mit der Angabe der zum ersten Aufenthalt gehörenden Aufnahme-Nummer (1610361934), welches als Auftraggeber die Beklagte bezeichnet. In der Rubrik der Falldaten wurde maschinenschriftlich eingetragen: "Aufnahme am: 15.09.07 Entlassung am: 25.09.07". Handschriftlich ist der zweite Aufenthaltszeitraum der Versicherten unter die Daten des ersten Aufenthalts hinzugefügt worden ("Aufnahme am: 27.09.07 Entlassung am: 10.10.07"). Im Feld "Fragestellung der Kasse:" erscheint der handschriftliche Eintrag: "Fallzus.-führung?". Nach Auskunft der Beklagten in der mündlichen Verhandlung des Senats handelt es sich hierbei um die Prüfungsmitteilung des MDK an die Klägerin. Der Prüfauftrag der Beklagten an den MDK findet sich nicht in den Akten und ist nach Angabe der Beklagten auch bei ihr nicht – mehr – vorhanden.
Der MDK stellte in seinem Gutachten vom 14.12.2007 fest, dass die beiden Aufenthalte der Versicherten nicht zusammenzufassen seien und sich deshalb keine Verringerung der Rechnungsbeträge ergebe. Die Beklagte beglich daraufhin die beiden Rechnungen, zahlte, nachdem die Klägerin eine Aufwandspauschale je Aufenthalt und Abrechnungsvorgang in Rechnung gestellt hatte, jedoch nur eine Aufwandspauschale.
Mit der am 12. April 2011 erhobenen Klage begehrte die Klägerin die Zahlung einer zweiten Aufwandspauschale. Zur Begründung führte sie aus, es seien zwei Abrechnungsfälle geprüft worden, die jeweils zu keiner Minderung des Abrechnungsbetrages geführt hätten. Die Auslegung, dass eine Aufwandspauschale für jeden einzelnen Behandlungsfall und nicht für jeden Prüfanlass zu zahlen sei, ergebe sich aus dem Gesetzeszweck des Bürokratieabbaus. Sie entspreche auch dem Aufwand der Klägerin, die jeweils zwei Vorgänge aus dem Archiv holen und gegebenenfalls verschiedene Ärzte aus verschiedenen Abteilungen zu dem Prüfauftrag heranziehen müsse. Aus dem Sinn einer Pauschale sei ersichtlich, dass sie unabhängig vom tatsächlich anfallenden Verwaltungsaufwand zu zahlen sei.
Die Beklagte erwiderte darauf, sie sei der Auffassung, dass die Aufwandspauschale nur einmal anfalle, weil der MDK nur einen Prüfauftrag erteilt habe; für die Frage der Fallzusammenführung seien die Behandlungsunterlagen für den zweiten Aufenthalt lediglich herangezogen worden. Des Weiteren verwies sie auf die – ihre Auffassung stützenden – Urteilsgründe des Sozialgerichts Augsburg in dessen Urteil vom 10.2.2011 zum Aktenzeichen S 10 KR 167/10.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 29. März 2012 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
Die Klage sei zulässig, jedoch nicht begründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung einer weiteren Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c Satz 3 Sozialgesetzbuch SGB V. Die Voraussetzung von § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V, wonach die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von (im streitbefangenen Zeitraum) 100,00 EUR zu entrichten habe, falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führe, läge auch im hier zur Entscheidung anstehenden Fall nur einmal vor.
Der Klägerin stehe eine weitere Aufwandspauschale nicht zu, denn der MDK habe vorliegend nur eine Prüfung im Sinne des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V durchgeführt. Dem Wortlaut nach beziehe sich die Vorschrift insoweit auch auf "eine Prüfung" bzw. die "Prüfung" im Singular.
Bei der Prüfung der Abrechnung eines Krankenhausaufenthaltes, ob eine Fallzusammenführung nach § 2 der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) mit einem zuvor zeitnah erfolgten ersten Krankenhausaufenthalt erfolgen kann, handele es sich um eine einheitliche Prüfung im Sinne von § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Anlass für die von der Beklagten in Auftrag gegebene Prüfung sei gewesen, dass eine Wiederaufnahme der Patientin innerhalb der oberen Grenzverweildauer erfolgt sei. Eine Prüfung erfolge somit nur aus Anlass des zweiten Aufenthaltes. Allein der erste Aufenthalt der Versicherten und die dafür erstellte Rechnung der Klägerin hätten der Beklagten keinen Anlass zur Einleitung einer Prüfung durch den MDK gegeben. Dass der erste Aufenthalt der Patienten bei der Prüfung einer Fallzusammenführung nach der FPV inzident mit überprüft werden müsse, sei Folge der in der Vereinbarung getroffenen Regelungen, wonach unter bestimmten Voraussetzungen eine Neueinstufung in eine Fallpauschale vorzunehmen sei, wenn eine erneute Aufnahme des Patienten innerhalb der oberen Grenzverweildauer erfolge.
Nicht nachvollziehbar sei, dass der Klägerin durch die Prüfung des MDK ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstanden sei, denn hier habe dem MDK zur Prüfung nur eine Patientenakte vorgelegt werden müssen, die beide Aufenthalte dokumentiert habe. Stellungnahmen verschiedener Ärzte seien nicht erfolgt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei jedoch zwingende Voraussetzung für die Abrechnung einer Aufwandspauschale, dass dem Krankenhaus durch die Befassung mit dem Behandlungs- und Abrechnungsfall ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand entstanden ist.
Im Übrigen habe das BSG darauf hingewiesen, dass der Sinn und Zweck des § 275 Abs.1c Satz 3 SGB V und sein funktionales Zusammenspiel mit der Prüfpflicht nach Abs. 1 Nr. 1 SGB V zu einer einschränkenden Interpretation führten. Der Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung, die Pflicht der Krankenkassen zu ihrer Bewilligung und die Pflicht des Krankenhauses zu ihrer Bewirkung hingen von der Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes ab. Allein die Erfüllung dieser Prüfpflicht löse noch keine Zahlungsansprüche eines Krankenhauses aus, weil die damit verbundenen Kosten grundsätzlich Teil der Leistungserbringung selbst und schon in die Vergütung für die erbrachte Leistung mit "eingepreist" und den Krankenkassen zusätzlich und allein nur unter eng umrissenen Voraussetzungen ausnahmsweise auferlegt werden könnten.
Es sei nicht ersichtlich, inwiefern aus der Gesetzesbegründung der Schluss zu ziehen sei, dass bei der Prüfung einer Fallzusammenführung zwei Fallpauschalen anfielen. Regelungszweck von § 275 Abs.1c SGB V sei es, einer ungezielten und übermäßigen Einleitung von Begutachtungen zur Überprüfung der Abrechnungen entgegenzuwirken. Unnötige Bürokratie sowie zusätzlicher personeller und finanzieller Aufwand sollte auch dann vermieden werden, wenn keine Detailgerechtigkeit in jedem Einzelfall gewährleistet werden könne. Da die Prüfung einer Fallzusammenführung immer zumindest die einheitliche Prüfung zweier Behandlungsfälle notwendig mache, könne die Krankenkasse gar nicht auf die Prüfung eines der möglicherweise zusammenzuführenden Behandlungsfälle verzichten. Nur in dieser Weise, könne die Beklagte ihrem Auftrag, das Wirtschaftlichkeitsgebot einzuhalten, gerecht werden. Die Aufwandspauschale ziele jedoch nur auf die Einschränkung von Prüfungen ab, die die Krankenkassen ohne berechtigten Anlass, gegebenenfalls durch "missbräuchliche" Prüfungsbegehren eingeleitet hätten. Die Berufung gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.
Das Urteil wurde der Klägerin am 16. April 2012 zugestellt.
Am 16. Mai 2012 hat die Klägerin hiergegen Nichtzulassungsbeschwerde erhoben, der der Senat mit Beschluss vom 28. März 2013 entsprochen und die Berufung zugelassen hat.
Zur Begründung der Berufung wiederholt die Klägerin ihre Argumente aus dem erstinstanzlichen Verfahren und betont, dass nach dem Wortlaut des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V der einzelne Behandlungsfall Anknüpfungspunkt für die Prüfung durch den MDK sei. Ob es sich um eine oder zwei Krankenhausbehandlungen gehandelt habe, sei von der Einschätzung als einheitlichem Lebenssachverhalt abhängig. Dieser liege hier jedoch gerade nicht vor. Es handele sich um zwei voneinander getrennte medizinische Sachverhalte, so dass zwei Aufwandspauschalen angefallen seien. Ebenso sei dies aus den Gesetzesmaterialien zu § 275 Abs. 1c SGB V abzuleiten. Die Verklammerung beider Fälle entstehe letztlich nur durch die rein verwaltungstechnisch vorgenommene Verklammerung derselben durch die Beklagte in ihrem Auftrag an den MDK. Auch die Gesetzesbegründung zum Thema Aufwandspauschale nehme die Krankenhausfälle in Bezug, nicht hingegen den Prüfauftrag. Auch die zu dieser Rechtsfrage ergangenen Urteile stünden nicht entgegen. Auch könne dem SG Augsburg nicht gefolgt werden, welches mit Annahmen und Unterstellungen bzw. unschlüssigen Schlussfolgerungen argumentiere. Das LSG Niedersachsen habe in dessen Urteil vom 25. August 2010 zum Aktenzeichen L 1 KR 331/09 hingegen gerade nur einen einzigen medizinischen Lebenssachverhalt zu beurteilen gehabt. Dann sei aber auch nur eine Aufwandspauschale berechtigt. Auch das BSG stütze im Urteil vom 22. Juni 2010 zum Aktenzeichen B 1 KR 1/10 R die Rechtsansicht der Klägerin, denn auch dort würde an den Behandlungs- und Abrechnungsfall angeknüpft. Die Befassung mit diesem solle den Anspruch auf die Aufwandspauschale auslösen, nicht jedoch die Prüfung durch den MDK. Es könne auch nicht ernsthaft bestritten werden, dass die beim Krankenhaus ausgelöste Prüfung in den Fallzusammenführungsfällen einen erheblichen Mehraufwand für das Krankenhaus auslöse, da nicht nur eine Behandlung, sondern zwei aufbereitet, vorgelegt und erläutert werden müssten. Das sei auch der Grund dafür, dass gerade das Wirtschaftlichkeitsgebot das Krankenhaus veranlasse, die Pauschale zwei Mal zu verlangen. Wollte man mit der Wirtschaftlichkeit des Handelns argumentieren, müsse man die Beklagte im Blick haben. Deren Verhalten gebe Anlass, die Wirtschaftlichkeit von am Ende zu Unrecht angezweifelten und beim MDK in Auftrag gegebenen Prüfungen in Zweifel zu ziehen.
Dies sei auch Anlass dafür, die Kosten für die – ergebnislosen – Prüfungen des MDK letztlich bei der Beklagten zu belassen. Gerade und nur die anderen Fälle, in denen die Prüfung des MDK zu einer Abrechnungskorrektur führe, beließen die Kosten für die MDK-Begutachtung – zu Recht – beim Krankenhaus. Die Klägerin habe sich aber hier gerade nicht fehlerhaft verhalten, wie dem Gutachten des MDK zu entnehmen sei. Die Fallzusammenführung sei schlicht eine Konstellation, in der sich immer die Frage stelle, ob von einem oder zwei Behandlungsfällen auszugehen sei. Handele es sich aber um zwei Fälle, müsse die Pauschale auch zwei Mal erstattet werden.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, weitere 100,00 EUR nebst Verzugszinsen in Höhe von 5% seit dem 7. August 2008 sowie weitere 46,41 EUR zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie tritt der Berufung entgegen, ohne sich inhaltlich dazu zu äußern. Im Übrigen ist ihrem prozessualen Verhalten zu entnehmen, dass sie sich zur weiteren Begründung auf die Gründe des angefochtenen Urteils beziehen möchte.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vom 21. November 2013 sowie auf die dort aufgeführten Unterlagen Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts ist nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden.
Sie hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat Anspruch auf Zahlung einer (weiteren) Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V.
Rechtsgrundlage des zulässig mit der (echten) Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 SGG verfolgten Klagebegehrens ist § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V. Insoweit wird zunächst durch Satz 1 und 2 des § 275 Abs. 1c SGB V klargestellt, dass bei Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V eine Prüfung nach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V zeitnah durchzuführen ist; diese Prüfung ist spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen. Daran anschließend bestimmt § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V: "Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrags führt, hat die Krankenkasse dem Krankenhaus eine Aufwandspauschale in Höhe von (im hier fraglichen Zeitpunkt) 100,- EUR (seit dem 25.3.2009: 300 Euro) zu entrichten."
Bezugsnorm für den Anspruch auf die Pauschale ist demnach § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Hiernach haben die Krankenkassen u.a. bei stationärer Erbringung von Leistungen, insbesondere zur Prüfung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung, sowie bei Auffälligkeiten zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung eine gutachtliche Stellungnahme des MDK einzuholen, soweit es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist.
Ziel der Regelungen des § 275 Abs. 1c SGB V – insbesondere der 6-Wochen-Frist (vgl. hierzu eingehend BSG, Urteil vom 16.5.2012 - B 3 KR 14/11 R) und der Aufwandspauschale – ist nach der Vorstellung des Gesetzgebers, den bürokratischen Aufwand und dessen Folgen infolge der Kontrolle von Krankenhausabrechnungen auf Krankenhausseite möglichst gering zu halten (vgl. hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 16.05.2012 - B 3 KR 12/11 R, Rn.10, 11 mit Darstellung der Gesetzesbegründung). Anknüpfungspunkt für die Prüfung eines Falles durch den MDK ist dabei immer die Abrechnung mit dem Ziel der Reduzierung des Abrechnungsbetrages. Dies ergibt sich eindeutig aus der Formulierung des § 275 Abs. 1 Nr. 1 SGB V " zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung " und des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V "Falls die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt, ".
Dementsprechend stellt der 3. Senat des BSG (Urteil vom 16.05.2012 - B 3 KR 12/11 R, Rn. 12) im Hinblick auf den Anspruch auf die Aufwandspauschale fest:
"Die Pflicht zur Zahlung der Aufwandspauschale kann nach diesem Regelungskonzept durch jede Prüfung ausgelöst werden, die mit dem Ziel der Verminderung des Rechnungsbetrages - auch einer Zwischenrechnung - aus Anlass einer konkreten Krankenhausbehandlung (§ 39 SGB V) eingeleitet und durchgeführt wird."
Weiter führt er aus (Rn. 17):
"Von einer Abrechnungsprüfung i.S. von § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V - also von einer Prüfung zur potentiellen Verminderung der Krankenhausabrechnung - wird regelmäßig dann auszugehen sein, wenn der dem MDK erteilte Prüfauftrag bei objektiver Betrachtungsweise eine Herabsetzung der im Raume stehenden Krankenhausvergütung zur Folge haben kann und zudem - wie hier - zum Zeitpunkt der Auftragserteilung an den MDK zumindest bereits eine erste Krankenhausrechnung ordnungsgemäß erstellt und bei der Krankenkasse eingegangen ist. In diesem Fall wird unwiderleglich vermutet, dass Ziel des beauftragten MDK-Gutachtens eine Minderung der bereits geforderten oder zukünftig zu erwartenden Vergütung ist."
Zuvor hat der 1. Senat des BSG bereits in seiner Entscheidung vom 22. Juni 2010 (B 1 KR 1/10 R, Rn. 13) ausgeführt:
"Auch muss die Krankenkasse den MDK gezielt beauftragt haben, eine gutachtliche Stellungnahme abzugeben, mit dem Ziel, in Verfolgung des Wirtschaftlichkeitsgebots zu einer Verminderung der Vergütung zu gelangen, d.h. eine Verminderung des (möglicherweise) vom Krankenhaus zu hoch angesetzten Abrechnungsbetrages zu erreichen".
Wie sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 275 Abs. 1 SGB V ergibt, hat die Krankenkasse bei der Frage, ob eine Abrechnung bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen durch den MDK zu prüfen ist, kein Entschließungsermessen, sondern ist "verpflichtet", eine medizinische Stellungnahme des MDK einzuholen.
Vorliegend spricht nach Ansicht des Senats einiges für die Annahme, dass tatsächlich die Abrechnungen für beide Aufenthalte zur Überprüfung gestellt worden sind (dazu unter 1.). Letztlich kann dies jedoch dahinstehen, da aufgrund der rechtlichen Besonderheiten der Fallzusammenführung mit dem Auftrag zur Überprüfung der Abrechnung mit dem Argument, dass der der Abrechnung zugrunde liegende Krankenhausaufenthalt mit einem vorherigen Aufenthalt zusammenzuführen sei, automatisch auch die den vorherigen Aufenthalt betreffende Abrechnung zur Überprüfung gestellt ist (dazu unter 2.).
1. Der Senat geht davon aus, dass die Beklagte beide Abrechnungen mit den dazugehörenden Aufenthalten zur Überprüfung gestellt wissen wollte. Die Beklagte beruft sich hingegen darauf, nur hinsichtlich einer Abrechnung einen Prüfauftrag erteilt zu haben. Der zweite Fall sei lediglich zur Prüfung der Fallzusammenführung herangezogen worden. Der damals durch die Beklagte an den MDK ergangene Prüfauftrag ist dem Gericht nicht vorgelegt worden und findet sich nicht in den Akten. Die Beteiligten haben auf Nachfrage diesen auch nicht mehr vorlegen können. Es spricht aber viel dafür, dass der Prüfauftrag an den MDK beide Abrechnungsfälle erfassen sollte, wie die Prüfanzeige des MDK an die Klägerin dies letztlich auch vorsah. Denn es erscheint unwahrscheinlich und widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass der MDK den Prüfumfang eigenmächtig erweitert.
Es spricht einiges dafür, bei der Frage, durch welches Schriftstück der Prüfauftrag entscheidend bestimmt wird, auf die Anzeige gegenüber dem Krankenhaus und bei dessen Auslegung auf einen objektiven Empfängerhorizont abzustellen. Denn die Beauftragung des MDK durch die Krankenkasse hat keine unmittelbare Außenwirkung. Sie erfolgt vielmehr ausschließlich im Verhältnis Krankenkasse zum MDK. Erst durch die von § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V vorgesehene Anzeige der Prüfung durch den MDK dem Krankenhaus gegenüber erhält das Krankenhaus eine Information über den Prüfauftrag. Dabei muss sich die Krankenkasse das Verhalten des MDK im Prüfungsverfahren grundsätzlich entgegenhalten lassen (vgl. BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 1 KR 24/11 R, Rn. 25; Urteil vom 18.07.2013 - B 3 KR 21/12 R, Rn. 30). Es ist dann aber nur folgerichtig, wenn man für die Frage, was Gegenstand des Prüfungsauftrages ist, auf eine am objektiven Empfängerhorizont des Krankenhauses orientierte Auslegung der Anzeige abstellt.
Der Senat geht davon aus, dass die Klägerin nach dem Inhalt der Prüfanzeige des MDK von der Prüfung beider Abrechnungen für die Versicherte auszugehen hatte. Denn in dem in der Verwaltungsakte der Beklagten abgehefteten Formularschreiben der Prüfanzeige mit unvollständigem Datum – es findet sich am Ende des Formulars im Feld "Datum, Unterschrift, Stempel MDK" nur ein unleserlicher Stempel mit einer Unterschrift – wohl des MDK-Mitarbeiters – und der alleine leserlichen Jahreszahl 2007 – findet sich zwar nur die Angabe der zum ersten Aufenthalt gehörenden Aufnahme-Nummer 1610361934. In der Rubrik der Falldaten wurde jedoch maschinenschriftlich eingetragen: "Aufnahme am: 15.09.07 Entlassung am: 25.09.07" und handschriftlich der zweite Aufenthaltszeitraum der Versicherten unter die Daten des ersten Aufenthalts hinzugefügt: "Aufnahme am: 27.09.07 Entlassung am: 10.10.07". Im Feld "Fragestellung der Kasse:" erscheint schließlich noch der handschriftliche Eintrag: "Fallzus.-führung?".
2. Letztlich kann dies jedoch dahinstehen. Denn aufgrund der besonderen rechtlichen Verknüpfung der Abrechnungen im Fall einer Fallzusammenführung ist mit der im Hinblick auf eine angenommene Fallzusammengehörigkeit beauftragten Überprüfung der Abrechnung für den ersten Aufenthalt zugleich die Abrechnung für den zweiten Aufenthalt zur Überprüfung gestellt.
Wie sich aus § 2 Abs. 4 Satz 2 und 5 Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2007 (Fallpauschalenvereinbarung 2007 - FPV 2007) ergibt, ist bei einer Fallzusammenführung eine einheitliche Abrechnung für den zusammengeführten Fall zu erstellen und es ist eine ggf. schon bzgl. eines zusammenzuführenden Aufenthalts erfolgte Abrechnung zu stornieren. Es wird also bei einer Fallzusammenführung nicht etwa eine der ergangenen Abrechnungen abgeändert, sondern es werden diese Abrechnungen storniert und es erfolgt eine Neuabrechnung des zusammengeführten Falles (so auch LSG für das Saarland, Urteil vom 19.11.2013 - L 2 KR 7/13, Rn. 28; SG Augsburg, Urteil vom 10.02.2011 - S 10 KR 167/10, Rn. 17).
Das bedeutet, dass eine Krankenkasse, die bei zwei Abrechnungen vermutet, dass es sich bei den zugrunde liegenden Krankenhausaufenthalten in Wahrheit um einen einheitlichen, zusammenzuführenden Fall handelt, ausgehend von der dargestellten Verpflichtung zur Wirtschaftlichkeit grundsätzlich beide Abrechnungen überprüfen zu lassen hat. Sie kann sich nämlich nicht auf den Standpunkt stellen, sie könne die erste Abrechnung nicht angreifen, weil die Prüfung der Abrechnung nicht zu einer Reduzierung des Abrechnungsbetrages führen könne. Denn nach der dargestellten rechtlichen Konstruktion hätte die Fallzusammenführung nicht die Konsequenz, dass die erste Abrechnung nur zu niedrig ausgefallen wäre, sondern, dass sie storniert werden müsste. Die Stornierung einer Abrechnung ist aber die Reduzierung in ihrer stärksten Form. Die Krankenkasse ist daher unter dem Blickwinkel der Wirtschaftlichkeit verpflichtet, beide Abrechnungen, die die zusammenzuführenden Aufenthalte betreffen, mit dem Ziel der Stornierung beider Rechnungen mit jeweils einem Prüfauftrag (zumeist dann zeitgleich) anzugreifen. Anschließend wird von dem Krankenhaus eine neue, dritte Abrechnung für den zusammengeführten Fall erfolgen, die dann ggf. erneut überprüft werden kann.
Daher kann der Senat – anders als das LSG für das Saarland (Urteil vom 19.11.2013 - L 2 KR 7/13, Juris) – aus dieser rechtlichen Systematik nicht die Erkenntnis ziehen, dass eine Überprüfung beider Abrechnungen nicht erforderlich sei, weil bei zutreffender Beanstandung einer Abrechnung die andere Abrechnung aufgrund der dargestellten Regelungen ebenfalls zu stornieren sei. Denn die Prüfung, ob die Krankenkasse den MDK beauftragt, eine medizinische Stellungnahme abzugeben, orientiert sich nach den gesetzlichen Vorgaben nicht an dem Kriterium der Erforderlichkeit, sondern statuiert eine entsprechende Verpflichtung. Stellt man auf das Kriterium der Erforderlichkeit ab, würde es der Krankenkasse ermöglicht, entgegen der eindeutigen Verpflichtung aus § 275 Abs. 1 SGB V eine Abrechnung nicht zur Überprüfung zu stellen und dennoch – unter Umgehung der Verpflichtung zur Zahlung der Aufwandspauschale – deren Stornierung zu erreichen. Ein solches Vorgehen ist nach Ansicht des Senats von den rechtlichen Grundlagen nicht gedeckt und daher nicht hinnehmbar. Der Senat geht daher in den besonderen Fällen der Fallzusammenführung davon aus, dass mit dem Auftrag zur Überprüfung der Abrechnung mit dem Argument, dass der der Abrechnung zugrunde liegende Krankenhausaufenthalt mit einem vorherigen Aufenthalt zusammenzuführen sei, automatisch auch die den vorherigen Aufenthalt betreffende Abrechnung angegriffen ist.
An diesem Ergebnis vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass offensichtlich tatsächlich oftmals in den Fällen der Fallzusammenführung nicht beide Ausgangsabrechnungen storniert und eine neue Abrechnung erstellt, sondern die den ersten Aufenthalt betreffende Abrechnung lediglich abgeändert wird. Denn dieses Vorgehen entspricht nicht den rechtlichen Vorgaben und kann daher keine Berücksichtigung finden.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass ihm bewusst ist, dass aus der hier vertretenen Sichtweise weitere rechtliche Probleme resultieren können. Insbesondere stellt sich die Frage, zu welchen Konsequenzen diese Sichtweise führt, wenn zwischen der Rechnungsstellung der ersten und der zweiten Abrechnung mehr als 6 Wochen vergangen sind. Der medizinischen Überprüfung der ersten Abrechnung durch den MDK, die ja nur den Anspruch auf die Pauschale auszulösen vermag, könnte dann die Ausschlussfrist des § 275 Abs. 1c Satz 1 SGB V entgegenstehen. Hier ist nach Ansicht des Senates zu erwägen, die 6-Wochen-Frist nicht in Gang gesetzt zu sehen. Denn die Krankenkasse kann erst Überlegungen hinsichtlich der Überprüfung einer Rechnung unter dem Gesichtspunkt der Fallzusammenführung anstellen, wenn sie die Umstände, die die Annahme einer Fallzusammenführung rechtfertigen, kennt bzw. kennen müsste. Von diesen Umständen erhält die Krankenkasse jedoch erst mit Vorlage der zweiten Rechnung Kenntnis. In einer derartigen Fallgestaltung erscheint es gerechtfertigt, die 6-Wochen-Frist dahingehend zu modifizieren, dass sie für die Frage der Fallzusammenführung – und nur für diese – erst mit der Übermittlung der zweiten Abrechnung zu laufen beginnt, also parallel mit der für die zweite Abrechnung geltenden Frist läuft. Dabei ist auch zu beachten, dass diese Fälle nur dann entstehen, wenn das Krankenhaus trotz zeitlich unmittelbaren Zusammenhangs von 2 Aufenthalten, diese mit zeitlich großem Abstand abrechnet. Die vorliegende Betrachtungsweise würde verhindern, dass dies zielgerichtet im Hinblick auf die Überprüfungsmöglichkeit der Abrechnung erfolgt.
Ist damit vorliegend davon auszugehen, dass beide Abrechnungen zur Prüfung durch den MDK gestellt wurden, so resultiert aus dem Umstand, dass die Prüfung, die auch hinsichtlich der ersten Rechnung die 6-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V eingehalten hat, keine Reduzierung des Abrechnungsbetrages ergeben hat, dass die Pauschale des § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V zweimal entstanden, aber bisher nur einmal von der Beklagten bezahlt worden ist. Die Klägerin hat daher Anspruch auf Zahlung einer weiteren Pauschale in Höhe von 100,- EUR.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 14 des zwischen den Beteiligten geltenden Vertrages nach § 112 SGB V (Hamburger Vertrag – Allgemeine Bedingungen der Krankenhausbehandlung). Dieser soll zwar ausdrücklich wohl nur die Abrechnung des Krankenhausaufenthaltes als solchen regeln. Der Sachzusammenhang mit der hier in Rede stehenden Forderung legt es jedoch nahe, die Zinsregelung zumindest im Rahmen einer ergänzenden Vertragsauslegung auf diese Forderung anzuwenden.
Der Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 46,41 EUR ergibt sich aus § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m. § 280 Abs. 1, 2 und § 286 Bürgerliches Gesetzbuch. Danach ist eine Krankenkasse grundsätzlich verpflichtet, einem Krankenhaus den durch die verspätete Zahlung der Krankenhausvergütung entstandenen Verzugsschaden zu ersetzen. Zwar ist es einer Krankenkasse in einfach gelagerten Abrechnungsfällen ohne schwierige Rechtsfragen und ohne hervorgehobene wirtschaftliche Bedeutung zuzumuten, offene Vergütungsansprüche vorgerichtlich mit eigenen Mitarbeitern und ohne anwaltliche Unterstützung geltend zu machen (BSG, Urteil vom 15.11.2007 - B 3 KR 1/07 R), ein solcher Fall ist hier jedoch nicht gegeben. Die hier im Streit stehende Rechtsfrage ist durchaus schwierig und auch eine besondere wirtschaftliche Bedeutung ist angesichts der Vielzahl der gleichgelagerten Fälle anzuerkennen. Die zugrunde gelegte Bewertung mit 1,3 Geschäftsgebühren nach Nr. 2300 VV RVG ist nicht zu beanstanden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die in der mündlichen Verhandlung erfolgte Anpassung des Antrags hinsichtlich des Zinsanspruches führt dabei nicht zu einer Quotelung. Die Zurückweisung der Berufung im Übrigen erfolgte im Hinblick auf diese Anpassung versehentlich. Da sie keinen Beteiligten belastet, sieht der Senat kein Bedürfnis für eine Berichtigung von Amts wegen.
Die Zulassung der Revision war wegen der höchstrichterlich nicht geklärten Konstellation geboten.
Rechtskraft
Aus
Login
HAM
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