Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 11 R 210/13
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 R 5/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen. &8195;
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am xxxxx 1968 geborene, aus P. stammende Klägerin hat dort eine Ausbildung zur Friseurin absolviert und war als Kellnerin, Verkäuferin und Näherin tätig bis sie im Jahr 1995 als Spätaussiedlerin nach D. kam. Seither ist die nicht erwerbstätig gewesen. Eine begonnene Umschulung zur Köchin beendete die Klägerin wegen der Geburt der Tochter im Jahr 2002 nicht. Bei ihr ist ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt.
Wegen eines im Jahr 2008 erlittenen Wohnungsbrands, bei dem die Klägerin schwere Verletzungen davontrug, befand sie sich vom 31. Juli 2008 bis 2. September 2008 im berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus in H ...
Am 29. Dezember 2011 beantragte sie bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung unter Angabe von Depressionen, Gesundheitseinschränkungen wegen der Unfallfolgen, eines geschwächten Immunsystems, einer Unterfunktion der Lunge, einem geschädigten Nervensystem, sowie geschädigter Muskeln und Sehnen.
Die Beklagte wertete vom ärztlichen Dienst der Bundesagentut für Arbeit angeforderte Befundberichte des behandelnden Psychiaters Dr. M. vom 28. April 2010 und 29. September 2011 aus, der der Klägerin eine Stabilität auf nur niedrigem Niveau bei wechselnder Stimmung und weiterhin bestehenden familiären und sozialen Belastungen bescheinigte.
Für die Beklagte erstellte sodann die Internistin Dr. K. am 24. Mai 2012 unter Berücksichtigung eines von Dr. E. angefertigten Lungenfunktionsbefundes vom 30. April 2012 ein fachärztliches Gutachten und stellte bei der Klägerin Brandverletzung II. Grades von ca. 12 % der Körperoberfläche im Bereich Gesicht, Hals, Arme und Schultern, Spalthauttransplantation im Jahr 2008, ein schweres Inhalationstrauma mit vorübergehender Respirationstherapie mit seitdem bestehender chronischer Bronchitis sowie eine posttraumatische Belastungsstörung mit Flashbacks fest; trotz dieser gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei die Klägerin jedoch weiter in der Lage, vollschichtig, also täglich sechs Stunden und mehr eine leichte körperliche Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung und ohne Stressbelastungen auszuüben.
Mit Bescheid vom 8. September 2012 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung unter Hinweis auf die Feststellungen der ärztlichen Untersuchungsergebnisse ab. Mit dem festgestellten Leistungsvermögen könne die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.
Aufgrund des Widerspruches der Klägerin vom 21. Juni 2012, in welchem sie auf Angst und Panik wegen ständig wiederkehrender Bilder vom Brandunfall sowie auf bestehende Depressionen hinwies, erstellte der Neurologe und Psychiater Dr. J. am 12. November 2012 ein weiteres fachärztliches Gutachten für die Beklagte und stellte bei der Klägerin den Verdacht auf Angst und Depression gemischt sowie ein Asthma bronchiale fest und hielt die Klägerin ebenfalls noch für vollschichtig, also täglich sechs Stunden und mehr leistungsfähig für eine leichte körperliche Tätigkeit. Er hielt eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben für angezeigt.
Die Beklagte wies sodann den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2013 zurück. In den Gründen heißt es u.a., der Klägerin stehe kein Berufsschutz zu, da eine Prüfung wegen ihres Geburtsdatums nach dem 1. Januar 1961 von Gesetzeswegen ausgeschlossen sei.
Mit ihrer am 28. Februar 2013 vor dem Sozialgericht Hamburg erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt und insbesondere auf das Vorbringen im Vorverfahren verwiesen.
Die Beklagte hat sich in der Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und den Inhalt der Verwaltungsakten bezogen.
Zur Ermittlung des Sachverhaltes hat das Sozialgericht Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte Dr. M. vom 11. April 2013 und Frau W. vom 14. Mai 2013 eingeholt. Es hat die Gutachten des ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit des Dr. K1 vom 26. Juni 2009 und Dr. L. 30. Juni 2010, in denen neben den Folgen des Brandunfalles auf eine Störung des Antriebes, des Durchhalte- und Konzentrationsvermögens bei seelischer Minderbelastbarkeit hingewiesen worden war und die Klägerin lediglich für eine Arbeitsleistung von täglich drei bis sechs Stunden leistungsfähig erachtet worden war, sowie die Schwerbehindertenakte des Versorgungsamtes Hamburg beigezogen. Auf Veranlassung des Sozialgerichts hat der Neurologe und Psychiater Dr. N. die Klägerin am 24. Juli 2013 untersucht und am 26. Juli 2013 ein fachärztliches Gutachten erstellt. Unter der Diagnose von Angst und Depression gemischt, Agoraphobie mit Panikstörung sowie einem phobischen Schwindel und dem Zustand nach Brandverletzung hat der Sachverständige die Klägerin ebenfalls noch für in der Lage gehalten, vollschichtig, also täglich sechs Stunden und mehr eine leichte körperliche Tätigkeit einfacher Art und Verantwortung, möglichst in geschlossenen Räumen, ohne Zeitdruck und Nachtarbeiten auszuüben. Wegen des phobischen Schwindels seien Arbeiten auf Leitern und Gerüsten auszuschließen. Die Klägerin sei wegefähig und in der Lage, Willenskräfte zu mobilisieren, um Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung zu überwinden.
Das Sozialgericht hat die Klage nach mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 12. Dezember abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Ermittlungen hätten ergeben, dass die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei. Unter Berücksichtigung der eingeholten Befundberichte und den insoweit übereinstimmenden medizinischen Gutachten leide die Klägerin an den Folgen des Brandunfalles, hier in Form eines sich hieraus ergebenden Asthma bronchiale, an psychischen Beeinträchtigungen in Form von Angst und Depression, einer Agoraphobie mit Panikstörung sowie einem phobischen Schwindel. Trotz dieser gesundheitlichen Einschränkungen sei die Klägerin weiterhin noch in der Lage, vollschichtig, also täglich sechs Stunden und mehr eine leichte körperliche Tätigkeit einfacher Art und Verantwortung und ohne Zeitdruck und Nachtarbeiten zu arbeitsmarktüblichen Bedingungen auszuüben. Zwar sei das Leistungsvermögen der Klägerin bereits erheblich abgesunken. In Betracht kämen insoweit nur noch leichte körperliche Tätigkeiten einfacher geistiger Art und mit geringer Verantwortung. Allerdings lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin diese Art der Tätigkeiten auf dem beschriebenen Niveau nicht mehr ausüben könne. Auch überzeuge die noch in dem Gutachten der Arbeitsagentur festgestellte zeitliche Einschränkung auf nur noch tägliche Arbeitszeiten von drei bis sechs Stunden nicht. Diese Einschätzung habe möglicherweise noch im Zusammenhang mit dem erst im Jahr davor erlittenen Brandunfall bestanden; seit der Rentenantragsstellung sei jedoch ein derart eingeschränktes Leistungsvermögen nicht mehr ersichtlich. Die Gutachten der Arbeitsagentur verwiesen dabei auf das Erfordernis von therapeutischer Begleitung; von einem dauerhaft aufgehobenen Leistungsvermögen sei auch hiernach nicht auszugehen. Die Klägerin sei weiterhin noch in der Lage, eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, wie beispielsweise leichte Produktions- und Prüfarbeiten, auszuüben.
Gegen das der Klägerin am 31. Dezember 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17. Januar 2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung ist ausgeführt, ihre Gesundheit sei derart beeinträchtigt, dass sie sich nicht in der Lage sehe, zu arbeiten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 12. Dezember 2013 sowie des Bescheides der Beklagten vom 8. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2012 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Vorentscheidung des Sozialgerichts.
Im Termin am 7. Mai 2014 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung der Berichterstatterin als Einzelrichterin einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen, die vorgelegen haben und zum Gegenstand der Entscheidung gemacht worden sind.
Entscheidungsgründe:
Der erkennende Senat konnte gemäß § 155 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil der Berichterstatterin entscheiden, da sich die Beteiligten zuvor hiermit einverstanden erklärt haben.
Die nach §§ 143, 144 des SGG statthafte Berufung ist auch im Übrigen zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Sie ist jedoch unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung.
Gemäß § 43 Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung vom 20. April 2007 (BGBl. I S. 554) haben Versicherte bis zum Erreichen der Altersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin erfüllt die genannten medizinischen Voraussetzungen jedoch nicht, da sie in der Lage ist, zumindest körperlich und geistig leichte Arbeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Das Leistungsvermögen ist allein in qualitativer Hinsicht eingeschränkt. Dies entnimmt der Senat den vorliegenden medizinischen Ermittlungen, insbesondere den Ausführungen der Sachverständigen Dr. K. und Dr. N ... Im Vordergrund der Leistungseinschränkungen steht danach der psychiatrische Befund des Vorliegens von Angst und Depression gemischt, Agoraphobie mit Panikstörung sowie einem phobischen Schwindel. Auch die weiteren Gesundheitsstörungen auf internistischen Fachgebiet, als Folgen der Brandverletzung erhobenen Befunde, insbesondere das schwere Inhalationstrauma und die seitdem bestehende chronische Bronchitis sind nicht so schwerwiegend, als das sie ein Leistungsvermögen unterhalb von sechs Stunden täglich begründen würden.
Wie bereits in der Voruntersuchungen durch Dr. J. zeigte sich die Klägerin in der Untersuchung durch Dr. N. im psychischen Befund in der Beziehungs- und Kontaktaufnahme freundlich und zugewandt, wies keine Beeinträchtigung von Kognition, Konzentration und Mnestik auf. Eine vorzeitige Ermüdung oder Erschöpfung war nicht festzustellen; Ein- und Umstellungsfähigkeit war gegeben. Das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung war nicht feststellbar, weil weder ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten noch Flashbacks mit Vegetativreaktionen oder Affektstürmen festzustellen waren. In Erscheinung traten lediglich einzelne Symptome einer gering ausgeprägten Depressivität, wie eine psychomotorische Schwunglosigkeit mit leicht unruhiger Angespanntheit, eine leicht eingeengte affektive Schwingungsfähigkeit, ein geringfügig reduzierter Antrieb sowie ein zäher Gedankengang, der sich jedoch keinesfalls als depressiv gehemmt darstellte. Die Willens- und Antriebskräfte zeigten sich zielgerichtet und strukturiert. Gravierende Einschränkungen in der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit waren nicht erkennbar; erhebliche Ressourcen in den komplexen Ich-Funktionen vorhanden.
Hieraus hat Dr. N. nach sorgfältiger Auswertung aller zur Verfügung stehenden medizinischen Unterlagen nachvollziehbar abgeleitet, dass eine quantitative Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten einfacher geistiger Art mit geringer Verantwortung ohne Zeitdruck und Akkordarbeit nicht begründet werden kann. Arbeitsplätze, die Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten erfordern, sind zu meiden. Wegefähigkeit ist gegeben und die Klägerin ist in der Lage, Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung zu überwinden. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt bei der Klägerin ebenso wenig vor wie eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Die von dem Sachverständigen Dr. N. genannten qualitativen Leistungseinschränkungen sind weder zahlreich noch ungewöhnlich.
Diese Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin steht auch im Einklang mit der Leistungsbeurteilung durch Dr. J., der bei der Klägerin den Verdacht auf Angst und Depression gemischt sowie ein Asthma bronchiale festgestellt hatte und die Klägerin ebenfalls noch für vollschichtig, also täglich sechs Stunden und mehr leistungsfähig für eine leichte körperliche Tätigkeit hielt. Auch aus den weiteren medizinischen Unterlagen ergibt sich keine von Dr. N. abweichende Leistungsbeurteilung.
Zu Recht hat sich das Sozialgericht in seiner Urteilsbegründung auch darauf gestützt, dass die abweichenden Leistungsbeurteilungen in den Gutachten des ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit nur für einen Zeitraum aussagekräftig sein können, der vor dem Zeitpunkt der Rentenantragsstellung lag.
Hinsichtlich der Berufungsbegründung besteht kein Anlass zur weiteren Sachaufklärung. Soweit die Klägerin im Termin am 7. Mai 2014 vorgetragen hat, ohne das dies protokolliert wurde, wegen des erlittenen Inhalationstraumas häufig an Lungenentzündungen zu erkranken, ist dieser Umstand ausreichend von der Sachverständigen auf internistischem Fachgebiet Dr. K. gewürdigt worden. Hierbei handelt es sich um ein Behandlungsleiden, dass eine zeitlich befristet Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat aber keine volle oder teilweise Erwerbsminderung zu begründen vermag. Zwar besteht eine Einschränkung der klägerischen Lungenfunktion, aber diese ist mit der Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin auf leichte Tätigkeiten ausreichend berücksichtigt. Eine seit den letzten Begutachtungen eingetretene Veränderung des Gesundheitszustandes der Klägerin, die das Vorliegen einer wesentlichen Verschlimmerung begründen könnte, ist nicht vorgetragen.
Der Klägerin steht schließlich auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Diese Voraussetzungen sind bereits deshalb nicht erfüllt, weil die Klägerin nach dem 1. Januar 1961 geboren wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; sie folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.
Die am xxxxx 1968 geborene, aus P. stammende Klägerin hat dort eine Ausbildung zur Friseurin absolviert und war als Kellnerin, Verkäuferin und Näherin tätig bis sie im Jahr 1995 als Spätaussiedlerin nach D. kam. Seither ist die nicht erwerbstätig gewesen. Eine begonnene Umschulung zur Köchin beendete die Klägerin wegen der Geburt der Tochter im Jahr 2002 nicht. Bei ihr ist ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt.
Wegen eines im Jahr 2008 erlittenen Wohnungsbrands, bei dem die Klägerin schwere Verletzungen davontrug, befand sie sich vom 31. Juli 2008 bis 2. September 2008 im berufsgenossenschaftlichen Unfallkrankenhaus in H ...
Am 29. Dezember 2011 beantragte sie bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung unter Angabe von Depressionen, Gesundheitseinschränkungen wegen der Unfallfolgen, eines geschwächten Immunsystems, einer Unterfunktion der Lunge, einem geschädigten Nervensystem, sowie geschädigter Muskeln und Sehnen.
Die Beklagte wertete vom ärztlichen Dienst der Bundesagentut für Arbeit angeforderte Befundberichte des behandelnden Psychiaters Dr. M. vom 28. April 2010 und 29. September 2011 aus, der der Klägerin eine Stabilität auf nur niedrigem Niveau bei wechselnder Stimmung und weiterhin bestehenden familiären und sozialen Belastungen bescheinigte.
Für die Beklagte erstellte sodann die Internistin Dr. K. am 24. Mai 2012 unter Berücksichtigung eines von Dr. E. angefertigten Lungenfunktionsbefundes vom 30. April 2012 ein fachärztliches Gutachten und stellte bei der Klägerin Brandverletzung II. Grades von ca. 12 % der Körperoberfläche im Bereich Gesicht, Hals, Arme und Schultern, Spalthauttransplantation im Jahr 2008, ein schweres Inhalationstrauma mit vorübergehender Respirationstherapie mit seitdem bestehender chronischer Bronchitis sowie eine posttraumatische Belastungsstörung mit Flashbacks fest; trotz dieser gesundheitlichen Beeinträchtigungen sei die Klägerin jedoch weiter in der Lage, vollschichtig, also täglich sechs Stunden und mehr eine leichte körperliche Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung und ohne Stressbelastungen auszuüben.
Mit Bescheid vom 8. September 2012 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung unter Hinweis auf die Feststellungen der ärztlichen Untersuchungsergebnisse ab. Mit dem festgestellten Leistungsvermögen könne die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein.
Aufgrund des Widerspruches der Klägerin vom 21. Juni 2012, in welchem sie auf Angst und Panik wegen ständig wiederkehrender Bilder vom Brandunfall sowie auf bestehende Depressionen hinwies, erstellte der Neurologe und Psychiater Dr. J. am 12. November 2012 ein weiteres fachärztliches Gutachten für die Beklagte und stellte bei der Klägerin den Verdacht auf Angst und Depression gemischt sowie ein Asthma bronchiale fest und hielt die Klägerin ebenfalls noch für vollschichtig, also täglich sechs Stunden und mehr leistungsfähig für eine leichte körperliche Tätigkeit. Er hielt eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben für angezeigt.
Die Beklagte wies sodann den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2013 zurück. In den Gründen heißt es u.a., der Klägerin stehe kein Berufsschutz zu, da eine Prüfung wegen ihres Geburtsdatums nach dem 1. Januar 1961 von Gesetzeswegen ausgeschlossen sei.
Mit ihrer am 28. Februar 2013 vor dem Sozialgericht Hamburg erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt und insbesondere auf das Vorbringen im Vorverfahren verwiesen.
Die Beklagte hat sich in der Begründung ihres Antrags auf Klageabweisung auf die Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden und den Inhalt der Verwaltungsakten bezogen.
Zur Ermittlung des Sachverhaltes hat das Sozialgericht Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte Dr. M. vom 11. April 2013 und Frau W. vom 14. Mai 2013 eingeholt. Es hat die Gutachten des ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit des Dr. K1 vom 26. Juni 2009 und Dr. L. 30. Juni 2010, in denen neben den Folgen des Brandunfalles auf eine Störung des Antriebes, des Durchhalte- und Konzentrationsvermögens bei seelischer Minderbelastbarkeit hingewiesen worden war und die Klägerin lediglich für eine Arbeitsleistung von täglich drei bis sechs Stunden leistungsfähig erachtet worden war, sowie die Schwerbehindertenakte des Versorgungsamtes Hamburg beigezogen. Auf Veranlassung des Sozialgerichts hat der Neurologe und Psychiater Dr. N. die Klägerin am 24. Juli 2013 untersucht und am 26. Juli 2013 ein fachärztliches Gutachten erstellt. Unter der Diagnose von Angst und Depression gemischt, Agoraphobie mit Panikstörung sowie einem phobischen Schwindel und dem Zustand nach Brandverletzung hat der Sachverständige die Klägerin ebenfalls noch für in der Lage gehalten, vollschichtig, also täglich sechs Stunden und mehr eine leichte körperliche Tätigkeit einfacher Art und Verantwortung, möglichst in geschlossenen Räumen, ohne Zeitdruck und Nachtarbeiten auszuüben. Wegen des phobischen Schwindels seien Arbeiten auf Leitern und Gerüsten auszuschließen. Die Klägerin sei wegefähig und in der Lage, Willenskräfte zu mobilisieren, um Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung zu überwinden.
Das Sozialgericht hat die Klage nach mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 12. Dezember abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Ermittlungen hätten ergeben, dass die Klägerin weder voll noch teilweise erwerbsgemindert sei. Unter Berücksichtigung der eingeholten Befundberichte und den insoweit übereinstimmenden medizinischen Gutachten leide die Klägerin an den Folgen des Brandunfalles, hier in Form eines sich hieraus ergebenden Asthma bronchiale, an psychischen Beeinträchtigungen in Form von Angst und Depression, einer Agoraphobie mit Panikstörung sowie einem phobischen Schwindel. Trotz dieser gesundheitlichen Einschränkungen sei die Klägerin weiterhin noch in der Lage, vollschichtig, also täglich sechs Stunden und mehr eine leichte körperliche Tätigkeit einfacher Art und Verantwortung und ohne Zeitdruck und Nachtarbeiten zu arbeitsmarktüblichen Bedingungen auszuüben. Zwar sei das Leistungsvermögen der Klägerin bereits erheblich abgesunken. In Betracht kämen insoweit nur noch leichte körperliche Tätigkeiten einfacher geistiger Art und mit geringer Verantwortung. Allerdings lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Klägerin diese Art der Tätigkeiten auf dem beschriebenen Niveau nicht mehr ausüben könne. Auch überzeuge die noch in dem Gutachten der Arbeitsagentur festgestellte zeitliche Einschränkung auf nur noch tägliche Arbeitszeiten von drei bis sechs Stunden nicht. Diese Einschätzung habe möglicherweise noch im Zusammenhang mit dem erst im Jahr davor erlittenen Brandunfall bestanden; seit der Rentenantragsstellung sei jedoch ein derart eingeschränktes Leistungsvermögen nicht mehr ersichtlich. Die Gutachten der Arbeitsagentur verwiesen dabei auf das Erfordernis von therapeutischer Begleitung; von einem dauerhaft aufgehobenen Leistungsvermögen sei auch hiernach nicht auszugehen. Die Klägerin sei weiterhin noch in der Lage, eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, wie beispielsweise leichte Produktions- und Prüfarbeiten, auszuüben.
Gegen das der Klägerin am 31. Dezember 2013 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 17. Januar 2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung ist ausgeführt, ihre Gesundheit sei derart beeinträchtigt, dass sie sich nicht in der Lage sehe, zu arbeiten.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 12. Dezember 2013 sowie des Bescheides der Beklagten vom 8. Juni 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2012 zu verurteilen, der Klägerin Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Vorentscheidung des Sozialgerichts.
Im Termin am 7. Mai 2014 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung der Berichterstatterin als Einzelrichterin einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen, die vorgelegen haben und zum Gegenstand der Entscheidung gemacht worden sind.
Entscheidungsgründe:
Der erkennende Senat konnte gemäß § 155 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Urteil der Berichterstatterin entscheiden, da sich die Beteiligten zuvor hiermit einverstanden erklärt haben.
Die nach §§ 143, 144 des SGG statthafte Berufung ist auch im Übrigen zulässig, sie ist insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegt worden. Sie ist jedoch unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung.
Gemäß § 43 Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) in der seit dem 1. Januar 2008 geltenden Fassung vom 20. April 2007 (BGBl. I S. 554) haben Versicherte bis zum Erreichen der Altersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser bzw. voller Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Teilweise bzw. voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs bzw. drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist gem. § 43 Abs. 3 SGB VI nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Die Klägerin erfüllt die genannten medizinischen Voraussetzungen jedoch nicht, da sie in der Lage ist, zumindest körperlich und geistig leichte Arbeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Das Leistungsvermögen ist allein in qualitativer Hinsicht eingeschränkt. Dies entnimmt der Senat den vorliegenden medizinischen Ermittlungen, insbesondere den Ausführungen der Sachverständigen Dr. K. und Dr. N ... Im Vordergrund der Leistungseinschränkungen steht danach der psychiatrische Befund des Vorliegens von Angst und Depression gemischt, Agoraphobie mit Panikstörung sowie einem phobischen Schwindel. Auch die weiteren Gesundheitsstörungen auf internistischen Fachgebiet, als Folgen der Brandverletzung erhobenen Befunde, insbesondere das schwere Inhalationstrauma und die seitdem bestehende chronische Bronchitis sind nicht so schwerwiegend, als das sie ein Leistungsvermögen unterhalb von sechs Stunden täglich begründen würden.
Wie bereits in der Voruntersuchungen durch Dr. J. zeigte sich die Klägerin in der Untersuchung durch Dr. N. im psychischen Befund in der Beziehungs- und Kontaktaufnahme freundlich und zugewandt, wies keine Beeinträchtigung von Kognition, Konzentration und Mnestik auf. Eine vorzeitige Ermüdung oder Erschöpfung war nicht festzustellen; Ein- und Umstellungsfähigkeit war gegeben. Das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung war nicht feststellbar, weil weder ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten noch Flashbacks mit Vegetativreaktionen oder Affektstürmen festzustellen waren. In Erscheinung traten lediglich einzelne Symptome einer gering ausgeprägten Depressivität, wie eine psychomotorische Schwunglosigkeit mit leicht unruhiger Angespanntheit, eine leicht eingeengte affektive Schwingungsfähigkeit, ein geringfügig reduzierter Antrieb sowie ein zäher Gedankengang, der sich jedoch keinesfalls als depressiv gehemmt darstellte. Die Willens- und Antriebskräfte zeigten sich zielgerichtet und strukturiert. Gravierende Einschränkungen in der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit waren nicht erkennbar; erhebliche Ressourcen in den komplexen Ich-Funktionen vorhanden.
Hieraus hat Dr. N. nach sorgfältiger Auswertung aller zur Verfügung stehenden medizinischen Unterlagen nachvollziehbar abgeleitet, dass eine quantitative Leistungseinschränkung für leichte Tätigkeiten einfacher geistiger Art mit geringer Verantwortung ohne Zeitdruck und Akkordarbeit nicht begründet werden kann. Arbeitsplätze, die Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten erfordern, sind zu meiden. Wegefähigkeit ist gegeben und die Klägerin ist in der Lage, Hemmungen gegenüber einer Arbeitsleistung zu überwinden. Eine schwere spezifische Leistungsbehinderung liegt bei der Klägerin ebenso wenig vor wie eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen. Die von dem Sachverständigen Dr. N. genannten qualitativen Leistungseinschränkungen sind weder zahlreich noch ungewöhnlich.
Diese Einschätzung des Leistungsvermögens der Klägerin steht auch im Einklang mit der Leistungsbeurteilung durch Dr. J., der bei der Klägerin den Verdacht auf Angst und Depression gemischt sowie ein Asthma bronchiale festgestellt hatte und die Klägerin ebenfalls noch für vollschichtig, also täglich sechs Stunden und mehr leistungsfähig für eine leichte körperliche Tätigkeit hielt. Auch aus den weiteren medizinischen Unterlagen ergibt sich keine von Dr. N. abweichende Leistungsbeurteilung.
Zu Recht hat sich das Sozialgericht in seiner Urteilsbegründung auch darauf gestützt, dass die abweichenden Leistungsbeurteilungen in den Gutachten des ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit nur für einen Zeitraum aussagekräftig sein können, der vor dem Zeitpunkt der Rentenantragsstellung lag.
Hinsichtlich der Berufungsbegründung besteht kein Anlass zur weiteren Sachaufklärung. Soweit die Klägerin im Termin am 7. Mai 2014 vorgetragen hat, ohne das dies protokolliert wurde, wegen des erlittenen Inhalationstraumas häufig an Lungenentzündungen zu erkranken, ist dieser Umstand ausreichend von der Sachverständigen auf internistischem Fachgebiet Dr. K. gewürdigt worden. Hierbei handelt es sich um ein Behandlungsleiden, dass eine zeitlich befristet Arbeitsunfähigkeit zur Folge hat aber keine volle oder teilweise Erwerbsminderung zu begründen vermag. Zwar besteht eine Einschränkung der klägerischen Lungenfunktion, aber diese ist mit der Einschränkung des Leistungsvermögens der Klägerin auf leichte Tätigkeiten ausreichend berücksichtigt. Eine seit den letzten Begutachtungen eingetretene Veränderung des Gesundheitszustandes der Klägerin, die das Vorliegen einer wesentlichen Verschlimmerung begründen könnte, ist nicht vorgetragen.
Der Klägerin steht schließlich auch keine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu. Gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Diese Voraussetzungen sind bereits deshalb nicht erfüllt, weil die Klägerin nach dem 1. Januar 1961 geboren wurde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; sie folgt dem Ausgang des Verfahrens in der Hauptsache.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die hierfür erforderlichen Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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