L 1 KR 71/12

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 8 KR 260/08
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 71/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Feststellung der Sozialversicherungspflichtigkeit einer Tätigkeit, die der Kläger bei der Zeugin E.M. ausgeübt hat. Am 30. Januar 2007 meldete Frau B.M. (im Folgenden: die Zeugin) den Kläger rückwirkend für die Zeit ab dem 21. Januar 2007, einem Sonntag, zur Sozialversicherung bei der Beklagten an. Mit Schreiben vom 14. Februar 2007 begrüßte die Beklagte den Kläger als Mitglied. Am 20. März 2007 stellte die Beklagte eine Mitgliedsbescheinigung mit Wirkung ab dem 21. Januar 2007 aus, die sie an die Zeugin übersandte. Bereits am 24. Januar 2007 war der Kläger wegen einer perforierten Sigmadiverticulitis in stationäre - anfangs auch intensivmedizinische - Krankenhausbehandlung aufgenommen worden. Einen Tag darauf wurde der Kläger operiert; es wurde ein Teil des entzündeten Darms entfernt und ein künstlicher Darmausgang gelegt. Im Aufnahmebogen des Krankenhauses wurde vermerkt, der Kläger habe angegeben, seit einer Woche unter zunehmenden Unterbauchbeschwerden mit Obstipation zu leiden. Im März 2007 leitete die Beklagte daraufhin eine Überprüfung der Versicherungspflicht ein und übersandte der Zeugin einen Fragebogen zur Mitarbeit von Angehörigen in der Annahme, die Zeugin sei die Lebensgefährtin des Klägers. Nachdem die Zeugin auf diese Anfrage nicht reagiert hatte, stellte die Beklagte wegen fehlender Mitwirkung mit Bescheid vom 12. Juni 2007 gegenüber der Zeugin fest, dass der Kläger nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei und teilte ihr die Stornierung der Anmeldung mit. Am selben Tag teilte sie dem Kläger mit, dass dieser nach ihren Unterlagen zuletzt 1996 bei der Beklagten gemeldet gewesen, ihm zugesandte Fragebögen trotz mehrfacher Erinnerungen auch anlässlich diverser telefonischer Rückfragen durch den Kläger jedoch nicht beantwortet worden seien. Wegen fehlender Mitwirkung müsse die Beklagte feststellen, dass der Kläger bei der Zeugin nicht versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Hiergegen hat der Kläger am 23. Juni 2007 Widerspruch erhoben. Er sei vom 21. Januar 2007 an versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Fehlende Mitwirkung könne ihm nicht vorgeworfen werden. Alle ihm zugesandten Fragebögen seien beantwortet und umgehend zurückgesandt worden. Die Beklagte übersandte dem Kläger den Fragebogen zur versicherungsrechtlichen Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses zwischen Ehegatten/Lebenspartnern im Rahmen eines Anfrageverfahrens gemäß § 7a Abs. 1 S. 2 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV -. Hierauf teilte der Kläger mit, den Fragebogen nicht ausfüllen zu können, da dort von der irrigen Annahme einer Familienangehörigkeit bzw. Lebenspartnerschaft zwischen ihm und der Zeugin ausgegangen werde. Zum Betrieb der Zeugin könne er ebenfalls keine Angaben machen, da er nur ihr Angestellter gewesen sei. Am 6. März 2007 hat der Kläger beim zuständigen Leistungsträger die Gewährung von SGB-II-Leistungen beantragt, die ihm auch gewährt wurden. Im Juli 2007 hat der Kläger im Wege eines einstweiligen Anordnungsverfahrens am Sozialgericht gegen die Beklagte die Übernahme der Kosten für die fragliche Krankenhausbehandlung begehrt. Er sei als Studiomitarbeiter bei der Zeugin tätig gewesen und habe dafür vereinbarungsgemäß ein Entgelt erhalten. Hierüber habe er auch einen schriftlichen Vertrag mit der Zeugin geschlossen. Das behandelnde Krankenhaus habe ihm eine Mahnung über den Betrag von 10.038,94 EUR geschickt, die ihn unter Druck setze. In dem Eilverfahren trug die Beklagte vor, dass die Zeugin am 25. Januar 2007 in einer ihrer Geschäftsstellen gewesen sei, um für den Kläger, bei dem es sich nach den eigenen Worten der Zeugin um "ihren Lebensgefährten" gehandelt habe, eine Beitrittserklärung zu holen. Schon nach der Berufsbiographie des Klägers gehöre dieser nicht zum Personenkreis der Erwerbstätigen. Es spreche mehr dafür, dass er lediglich einen Kostenträger für die Krankenhauskosten suche. Der Kläger legte in jenem Verfahren einen Arbeitsvertrag mit der Zeugin mit Datum vom 15. Januar 2007 vor, nach dem er beginnend ab dem 21. Januar 2007 als technischer Mitarbeiter für alle anfallenden Arbeiten im Studiobetrieb, Aufbau von Equipment, Reparaturen von Kabeln, Instrumenten soweit möglich, auch kleine Renovierungsarbeiten etc. für eine monatliche Bruttovergütung in Höhe von 680,00 EUR eingestellt worden war. Ein weiteres Schreiben der Zeugin mit Datum vom 7. März 2007 beinhaltet die fristgemäße Kündigung des Arbeitsvertrages während der Probezeit zum 21. März 2007. Zugleich wurden drei Lohn- bzw. Gehaltsabrechnungen für die Monate Januar, Februar und März 2007 vorgelegt, nach denen die Gehaltszahlungen verbucht worden waren. Ebenfalls wurden die am 30. Januar bzw. 21. März 2007 erstellten Meldebescheinigungen für den Arbeitnehmer nach § 25 DEÜV vorgelegt, nach der der Kläger vom 21. Januar bis 21. März 2007 sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Auf Nachfrage des Sozialgerichts im Eilverfahren erklärte die Zeugin zu keinem Zeitpunkt gegenüber der Beklagten gesagt zu haben, dass der Kläger ihr Lebensgefährte sei. Dass in den Krankenakten notiert worden sei, dass sie die Lebensgefährtin des Klägers sei, könne sie nur damit erklären, dass der Kläger im Krankenhaus versucht habe, sie telefonisch zu erreichen und die Krankenschwester hierzu eingebunden habe. Diese dürfte dann in den Krankenakten notiert haben, dass es sich bei der Zeugin um die Lebensgefährtin handele. Das stimme aber nicht mit der Realität überein. Der Kläger erklärte im Eilverfahren weiter, dass er im Haus der Zeugin in O. (Landkreis C.) gearbeitet habe. Die Zeugin habe ein Musikstudio aufbauen wollen; er habe dort umfangreiche Renovierungsarbeiten durchgeführt. Es habe ein Fußboden herausgeholt und neu verlegt werden sollen. Aufräumungsarbeiten seien durchgeführt, Regale und Tischplatten aufgestellt, eine Studioeinrichtung habe hergestellt werden sollen. An dem Tag an dem der Kläger krank geworden sei, habe die gesamte Elektronik und Verkabelung aufgebaut werden sollen. Er habe auch am Klavier gearbeitet und den Bass repariert. Er habe an der Einrichtung des Musikstudios handwerklich mitgewirkt und dort auch weiter arbeiten sollen. Zeugen hierfür gäbe es, außer der Zeugin selbst, nicht. Im Eilverfahren vor dem Sozialgericht überreichte der Kläger einen Kontoauszug, aus dem sich ergab, dass 109,53 EUR am 27. März 2007 von der Zeugin auf sein Konto überwiesen worden sind und die Kopien zweier von der Zeugin am 16. Februar und 24. Januar 2007 ausgestellter und am selben Tag vom Kläger unterschriebener Quittungen für dem Kläger gezahlte Vorschüsse von 350,- EUR und 530,- EUR. Das Eilverfahren wurde vom Kläger für erledigt erklärt, nachdem das Krankenhaus erklärt hatte, die Forderungsverfolgung auszusetzen, solange das Gerichtsverfahren noch nicht abgeschlossen sei.

Der Widerspruch wurde durch die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11. Dezember 2007 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Kläger zuletzt bis 1996 durch Leistungsbezüge vom Arbeitsamt H. bei der Beklagten versichert gewesen sei und nicht als Arbeitnehmer in Erscheinung getreten sei. Für die Zeit ab 6. März 2006 sei der Kläger erneut durch den Bezug von Arbeitslosengeld bei der Beklagten versichert gewesen. Sie halte es für unglaubwürdig, dass das Beschäftigungsverhältnis an einem Sonntag begonnen habe. Die Zeugin habe auch weder vor noch nach der Tätigkeit des Klägers mit sozialversicherungspflichtigen Arbeitnehmern gearbeitet. Sie sei überdies auch keine Arbeitgeberin im sozialversicherungsrechtlichen Sinne. Sie habe selbst ausgeführt, dass Sie sich vorgenommen gehabt habe, entsprechend ihrer Neigung ein Tonstudio aufzubauen. Daher dürfte es sich mehr um ein Privatvergnügen gehandelt haben, als um eine auf Gewinn ausgerichtete Firma. Dann aber mache die Einstellung eines sozialversicherten Arbeitnehmers keinen Sinn. Auch nach dem Ausscheiden des Klägers sei kein Ersatz für ihn durch die Zeugin eingestellt worden. Der Betrieb sei offenbar wieder eingestellt worden. Die Zeugin habe überdies angegeben, dass sie ein Hobby als weiteres Standbein verfolge. Auch sei es unwahrscheinlich, dass sich der Kläger für eine Arbeitszeit von 21 Wochenstunden täglich von H. nach O. in der Nähe von C. begebe, um dort als technischer Mitarbeiter zu arbeiten. Der Kläger sei nach eigenen Angaben davor nicht krankenversichert gewesen und habe von gelegentlichen Hilfeleistungen im Bekanntenkreis gelebt. Gleiches gelte aber zur Überzeugung der Beklagten auch bei der Arbeit im Einfamilienhaus der Zeugin. Offen könne daher auch bleiben, ob es sich bei der Zeugin um eine Lebensgefährtin oder lediglich um eine Bekannte handele. Am 14. Januar 2008 erhob der Kläger vor dem Sozialgericht Klage gegen den Widerspruchsbescheid und wiederholte zur Begründung seine Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren. Die Beigeladene zu 3. weist darauf hin, dass die vom Kläger für die Zeugin vorgetragenen Tätigkeiten wie Renovierungsarbeiten und Erarbeitung der Einrichtung einer Studioeinrichtung nicht zu den Arbeiten einer Produktionsfirma oder eines Tonstudios gehörten, sondern typischerweise an Fremdfirmen zur Vorbereitung der gewerblichen Tätigkeit in Auftrag gegeben würden. Der vorgelegte Arbeitsvertrag sei daher nur zum Schein geschlossen worden, um dem Kläger einen Krankenversicherungsschutz zu ermöglichen. Das Sozialgericht hat die Zeugin um Vorlage diverser Unterlagen zum Nachweis der Anmeldung des Gewerbebetriebes und des Klägers als ihrem Arbeitnehmer gebeten. Die Zeugin hat daraufhin eine Kopie der Gewerbeanmeldung vom 26. Januar 2007, mit der sie zum 13. Januar 2007 einen Betrieb "M." bei der Samtgemeinde H1 angemeldet hatte, zur Akte gereicht. Die Ermittlungen des Gerichts in Bezug auf die Steuerunterlagen der Zeugin blieben ergebnislos. Das Finanzamt C. teilte dem Gericht mit, dass dort außer der Gewinnmitteilung keine Unterlagen zum Betrieb der Zeugin vorhanden seien. Die Steuererklärung der Zeugin würde aufgrund ihres Wohnsitzes vom Finanzamt H. bearbeitet. Die Zeugin erklärte daraufhin, dass sie in H. ein Taxigewerbe angemeldet habe. Im Jahr 2007 habe sie keine Betriebsausgaben abgerechnet, weil ihr das Finanzamt C. mitgeteilt habe, sie könne diese nicht geltend machen. Weitere Ermittlungen des Gerichts u.a. bei dem behandelnden Arzt des Klägers blieben ergebnislos. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts erklärte der Kläger, er habe die Zeugin erst einige Wochen bis wenige Monate vor der Arbeitsaufnahme über Musikbands kennen gelernt. Sie seien beide Musiker. Da er sich die Beiträge nicht habe leisten können, sei er nicht krankenversichert gewesen. Er könne sich an den Abschluss des Arbeitsvertrages nicht erinnern. Die Zeugin habe ihn jeweils nach ihrer Nachtschicht als Taxifahrerin in H. in ihrem Auto mit nach O. genommen. Er habe dort den ganzen Tag gearbeitet. Abends habe die Zeugin ihn wieder nach H. mitgenommen, wo sie ihre Nachtschicht begonnen habe. Er habe in der Wohnung der Zeugin, wo auch das Tonstudio gewesen sei, gearbeitet. Der Fußboden sei falsch verlegt gewesen und habe einen Wasserschaden gehabt. Daher habe dieser zunächst herausgeholt und neu verlegt werden müssen. Das habe nach seiner Erinnerung mehrere Tage gedauert. Er habe auch noch ein Klavier für die Zeugin repariert. Was er im Anschluss nach der Fußbodenarbeit bei der Zeugen habe machen sollen, sei ihm nicht erinnerlich. Es sei wohl um die Einrichtung eines Tonstudios bzw. eines Übungsraumes gegangen. Was die Zeugen dort genau vorgehabt habe, sei ihm nicht bekannt. Er habe die Arbeit nach den Operationen nicht wieder aufgenommen. Er hätte schon zu Beginn der Arbeit Schmerzen gehabt. Aktuell habe er keinen Kontakt mehr zu der Zeugin. Er habe schon mehrfach für Freunde und Bekannte gearbeitet, dann aber immer unentgeltlich. Die Zeugin habe nicht zu seinen Bekannten gehört. Er habe sie dennoch versucht zu erreichen, weil er Geld benötigt habe und sie habe bitten wollen, mit ihrem Taxi Sachen aus seiner Wohnung abzuholen. Auch habe die Zeugin mitbekommen, dass es ihm sehr schlecht gegangen sei. Die Zeugin sagte vor dem Sozialgericht aus, sie sei nach O. gezogen, weil sie dort billig eine Wohnung habe mieten können. Sie sei selber Musikerin und habe dort ein Studio einrichten wollen. Die Elektrik im Haus habe komplett neu verlegt werden müssen, um ausreichend Stromanschlüsse zur Verfügung zu haben. Das Studio sei inzwischen fertig. Sie habe auch viele Kontakte geknüpft und einen Auftrag erhalten, den sie jedoch wegen einer Erkrankung nicht habe ausführen können. Ihren Lebensunterhalt verdiene sie als Taxifahrerin. Sie habe den Kläger im Jahre 2006 kennen gelernt, als sie eine Band gesucht habe und mit dem Kläger und einer weiteren Person 2-3 Monate zusammen gespielt habe. Sie sei sich mit dem Kläger in dieser Zeit einmal näher gekommen; sie seien aber keine Lebensgefährten gewesen. Den Arbeitsvertrag habe Sie formuliert und ihn mit dem Kläger in O. abgeschlossen. Nachdem sie in dem Haus gemeinsam den Fußboden verlegt hätten, habe sie ihn gefragt, ob er bei dem Aufbau des Tonstudios mitmachen wolle. Sie habe den Kläger damit auch absichern wollen, weil er sonst Sozialhilfe hätte beziehen müssen. Sie habe ihn dann so schnell wie möglich bei der Krankenversicherung angemeldet. Sie sei nachts in H. Taxi gefahren und habe den Kläger morgens in Neugraben abgeholt um mit ihm zusammen nach O. zu fahren. Der Kläger habe insgesamt drei Tage gearbeitet. Sie habe die Schmerzen, über die er geklagt habe, nicht so ernst genommen. Am Morgen des 24. Januar habe er sich nicht mehr bewegen können, sie habe ihn dann zum Krankenhaus gefahren. Dass der Kläger sich vom Krankenhaus aus bei ihr gemeldet habe, erkläre sie sich damit, dass er weder zu seiner Familie noch zu Freunden Kontakt gehabt habe. Sie sei über den Vorfall so schockiert gewesen, dass sie mit dem Aufbau des Tonstudios pausiert und auch keine andere Arbeitskraft angestellt habe. Zu den 21 Wochenstunden im Vertrag sei es gekommen, weil sie sich bei einem Stundenlohn von 8,- EUR die monatlichen Lohnzahlungen an den Kläger habe vorstellen können. Das Sozialgericht hat der Klage mit Urteil vom 12. Juni 2012 stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Kläger und die Zeugin einen Arbeitsvertrag geschlossen hätten, der alle für ein Arbeitsverhältnis typischen Regelungen enthalte. Die Zeugin habe den Kläger zur Sozialversicherung angemeldet und ihm Gehalt gezahlt. Es handele sich auch nicht um ein Scheinarbeitsverhältnis. Die dafür bestehenden Anhaltspunkte seien entkräftet worden. Der Kläger und die Zeugin seien zur Überzeugung der Kammer keine Lebensgefährten gewesen. Zwar habe sich die Zeugin dem Kläger verbunden gefühlt, es habe aber an einer engen Beziehung gefehlt. Die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung sei für beide nicht absehbar gewesen. Die Krankheit, an der der Kläger litt, sei durch ein plötzlich eingetretenes Krankheitsgeschehen gekennzeichnet, dass für die beiden bei Vertragsschluss nicht abzusehen gewesen sei. Der Kläger habe dem Weisungsrecht der Zeugin unterlegen und sei in ihren Betrieb im Rechtssinne eingegliedert gewesen. Er habe die ihm übertragenen Aufgaben tatsächlich ausgeführt. Der Arbeitsbeginn an einem Sonntag sei bei Tätigkeiten, die auch am Wochenende zu leisten seien, nicht unüblich. Mit Blick auf die nächtliche Arbeit der Klägerin als Taxifahrerin sei die entstandene Fahrgemeinschaft mit dem Kläger auch nicht ungewöhnlich. Ebenso nachvollziehbar sei, dass die Zeugin sich weder zur Renovierung der Räume noch für die geplanten technischen Studioaufbauarbeiten spezieller Fachkräfte bedient hat. Dazu sei sie finanziell nicht in der Lage gewesen. Wegen des Ausfalls des Klägers habe sich der Studioaufbau für lange Zeit verschoben. Dies sei alles plausibel und nachvollziehbar gewesen, weshalb die Klage Erfolg gehabt habe. Das Urteil des Sozialgerichts wurde der Beklagten am 18. Juni 2012 zugestellt. Hiergegen hat die Beklagte am 11. Juli 2012 Berufung erhoben. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die im Urteil der Vorinstanz zur Begründung herangezogenen Argumente die zahlreichen Anhaltspunkte für ein Scheinarbeitsverhältnis des Klägers mit der Zeugin nicht hätten erschüttern können. Zum einen bestünden erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin. Das Sozialgericht habe der Zeugin schlicht geglaubt ohne dies näher zu untersuchen. Alleine der Umstand, dass die Zeugin eine partnerschaftliche Beziehung zu dem Kläger mit der Begründung verneint habe, man habe sich durchaus verbunden gefühlt, es habe aber an der Grundlage für eine enge Beziehung gefehlt, könne diese Annahme nicht erschüttern. Gerade Lebensgefährten fühlten sich durchaus verbunden. Überdies hätte die Zeugin sowohl im Krankenhaus als auch auf der Geschäftsstelle der Beklagten angegeben, dass sie die Lebensgefährtin des Klägers sei. Auch habe die Zeugin dem Kläger in seiner prekären persönlichen Situation und seinem lebensbedrohlichen Krankheitszustand intensiv geholfen und zur Seite gestanden. Genau dies zeige eine für Lebenspartner typische uneigennützige Haltung. Auch könne aus den Krankenunterlagen nicht geschlossen werden, dass es sich um ein plötzlich erst am 24. Januar 2007 eingetretenes Krankheitsgeschehen gehandelt habe. Der Kläger habe bei seiner Aufnahme im Krankenhaus über bereits seit einer Woche zunehmende Bauchschmerzen mit Obstipation geklagt. Das sei bei der erheblichen intraabdominalen Eiterung von ca. 1 Liter auch nicht ungewöhnlich. Es müsse daher davon ausgegangen werden, dass der Kläger und die Zeugin den Arbeitsvertrag in erster Linie deshalb geschlossen haben, um die Kosten für die unmittelbar bevorstehenden stationären Behandlungskosten abzusichern. Der Bau des geplanten Studios habe hingegen offenbar keine große Eile gehabt. Auch sei unklar, was der Kläger an Renovierungsarbeiten bei seinem Gesundheitszustand überhaupt noch habe ausführen können. Alleine die Behauptung der Zeugin, Interesse an der Tätigkeit des Klägers in ihrem Haus gehabt zu haben, reiche nicht aus, die Annahme eines Scheinarbeitsverhältnisses zu entkräften. Die Zeugin habe nur zum Schutze des Klägers so ausgesagt, wie sie es getan hat. Der Kläger habe sich auch mehrere Wochen in stationärer Behandlung befunden, allein vom 24. bis 31. Januar 2007 auf der Intensivstation. Weder davor noch danach dürfte der Kläger arbeitsfähig gewesen sein. Auch die vorgelegten Lohnabrechnungen seien nicht plausibel. Hätte das Arbeitsverhältnis am 21. Januar begonnen, erkläre sich nicht, warum er nach der vorgelegten Lohnabrechnung für die kurze Arbeitszeit alleine im Januar 2007 437,40 EUR vergütet erhalten bekommen hat. Auch spräche viel dafür, dass keine Lohnfortzahlung wegen Krankheit erbracht worden ist. Schließlich sei entgegen den entsprechenden Vereinbarungen im Vertrag lediglich im März 2007 109,53 EUR Lohn auf das Konto des Klägers geflossen. Den Rest soll der Kläger in bar erhalten haben. Quittiert habe der Kläger aber nur den Erhalt von 530,- EUR für den Monat Februar 2007. Es sei daher auch nicht glaubhaft, dass der Kläger für die drei behaupteten Monate den Lohn in bar von der Zeugin erhalten habe. Schließlich sei es auch nicht glaubwürdig, wenn die Zeugin angibt, wegen des krankheitsbedingten Ausfalls des Klägers das Studioprojekt verschieben haben zu müssen, dem Kläger aber trotzdem, letztlich für drei Arbeitstage, mehr als 1000,- EUR Lohn gezahlt zu haben. Schließlich spreche für das Gefälligkeitsverhältnis auch die rückwirkende Gewerbeanmeldung der Zeugin vom 26. Januar zum 13. Januar 2007. Die Beklagte beantragt, das Urteil des Sozialgerichts vom 12. Juni 2012 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat dazu ausgeführt, die Zeugin habe überzeugend ausgesagt; das Sozialgericht habe seine Beurteilung auch überzeugend begründet und alles abgewogen. Die Zeugin habe deutliche Worte zur Frage, ob der Kläger ihr Lebensgefährte sei, gefunden. Auch dies sei überzeugend gewesen. Dem sei aus dortiger Sicht nichts hinzuzufügen. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, von 1996 bis 2000 als Angestellter bei der AOK - möglicherweise AOK N. - gesetzlich krankenversichert und im Anschluss bis 2005/2006 arbeitslos gemeldet gewesen zu sein. Detailliert hat er berichtet, wie er und die Zeugin sich kennen gelernt haben. Weiter hat er ausgeführt, wie die Idee dazu, ihn im Betrieb der Zeugin anzustellen, zustande gekommen ist und was er wann in der Wohnung der Klägerin konkret für Arbeiten ausgeführt hat, die ihr Ende mit seiner Einlieferung ins Krankenhaus gefunden haben. Das Gericht hat überdies in der mündlichen Verhandlung zu den Umständen des Zustandekommens des Arbeitsvertrages durch Vernehmung der Zeugin Beweis erhoben. Die Zeugin hat dargestellt, wie sie und der Kläger sich kennen gelernt und eine Freundschaft entwickelt haben und wie ihre Idee gereift sei, mit einem Musikstudio Geld zu verdienen. Weiter hat sie dargelegt, sich mit dem Kläger in der Zeit auch etwas näher gekommen zu sein. Der Kläger sei schon vor Beginn des Arbeitsvertrages einige Male bei ihr gewesen, um Musikinstrumente zu reparieren. Wegen ihrer Kontakte zu einem Musikstudio habe sich ihre Geschäftsidee konkretisiert und sie habe den Kläger nach der Herrichtung des Studios dazu einsetzen wollen, Instrumente musikalisch "einzufädeln". Sie habe dadurch, dass sie den Kläger kennen gelernt habe, die Möglichkeit gesehen, ihre Geschäftsidee zu verwirklichen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen habe sie aus ihrer Tätigkeit bei dem fraglichen Musikstudiostudio gekannt. Wegen der weiteren Einzelheiten der Angaben des Klägers und der Aussage der Zeugin wird auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung des Gerichts am 4. September 2014 verwiesen. Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch die Berichterstatterin als Einzelrichterin erklärt.

Die Verwaltungsakte der Beklagten wurde ebenso wie die Prozessakten zu diesem und zu den Verfahren mit den Aktenzeichen S 37 KR 454/07 und S 37 KR 452/07 ER sowie die Krankenakten des Krankenhauses M1 und A. Klinik H. zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Entscheidungsgründe:

I. Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz – SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben worden.

II. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht hat der Klage, die als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach §§ 54, 55 Sozialgerichtsgesetz - SGG - zulässig ist, zu Recht stattgegeben. Das Berufungsgericht schließt sich der Einschätzung des Sozialgerichts in dem angefochtenen Urteil vom 12. Juni 2014 an, wonach der Kläger für die Zeit des Arbeitsverhältnisses mit der Zeugin der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterlegen hat und verweist wegen der Begründung auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 SGG).

Mit Blick auf den weiteren Vortrag im Berufungsverfahren wird wie folgt ergänzt: Die Beklagte ist für die Entscheidung über die Versicherungspflicht nach § 28h II S. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV - als Einzugsstelle zuständig. Einzugsstelle ist gemäß § 28i SGB IV die Krankenkasse, von der die Krankenversicherung eines abhängig Beschäftigten durchgeführt wird, hier die Beklagte. Gemäß § 28h Abs. 2 S. 1 SGB IV entscheidet die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Krankenversicherung, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Gemäß § 28h Abs. 2 S. 1 2. Hs. SGB IV erlässt sie auch den Widerspruchsbescheid, gegen den der Kläger die vorliegende Klage erhoben und die Beklagte die Berufung eingelegt hat.

Der Kläger unterlag der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung. Die insoweit nahezu textidentischen Regelungen der fraglichen Gesetzeswerke - § 25 Abs. 1 S. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III -; § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB V -; § 1 S. 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -; § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - SGB XI -; stellen jeweils darauf ab, dass die fragliche Person gegen Arbeitsentgelt beschäftigt ist. Dabei definiert § 7 Abs. 1 SGB IV die Tatbestandsmerkmale für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung als Grundlage für die Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV. Nach der Rechtsprechung des BSG ist für eine Beschäftigung zu fordern, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Dies ist regelmäßig dann der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei in Bezug auf die Zeit, die Dauer, den Ort und die Art der Ausführung einem umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (BSG, Urteil vom 25 1.2006, B 12 KR 12/05 R, juris).

Ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ist abgesehen von den Fällen einer rechtlich unverbindlichen innerhalb der Familie erbrachten Hilfe, einer selbständigen Tätigkeit oder einer geringfügigen Beschäftigung jedoch insbesondere dann zu verneinen, wenn ein Scheingeschäft vorliegt, mit dem ein Beschäftigungsverhältnis lediglich vorgetäuscht werden soll, um Leistungen der Sozialversicherung – hier insbesondere der Krankenversicherung – zu erlangen. Versicherungspflicht tritt auch dann nicht ein, wenn ein Arbeitnehmer ein Arbeitsverhältnis mit der Absicht eingeht, die Tätigkeit unter Berufung auf die ihm bekannte Arbeitsunfähigkeit nicht anzutreten oder alsbald wieder aufzugeben. In Fällen dieser Art ist vielmehr zu prüfen, ob die tatsächlichen Verhältnisse insgesamt den Schluss auf die ernstliche Absicht rechtfertigen, die mit einer Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis verbundenen gegenseitigen rechtlichen Verpflichtungen einzugehen (BSG, Urteil vom 29.09.1998 – B 1 KR 10/96 R m.w.N.). Legen die Umstände des Falles ein missbräuchliches Verhalten oder eine Manipulation zu Lasten der Krankenkasse nahe, so bedarf es weiterer Aufklärung dieser Umstände und der von den Vertragsparteien in Wahrheit verfolgten Absichten. Kommen weitere Umstände wie eine familiäre oder verwandtschaftliche Beziehung zwischen den Arbeitsvertragsparteien, das Fehlen eines schriftlichen Arbeitsvertrags, eine offensichtlich unangemessene Lohnhöhe, der Verlust eines anderweitigen Versicherungsschutzes oder eine rückwirkende Anmeldung bei der Krankenkasse nach zwischenzeitlichem Auftreten einer kostenaufwendigen Erkrankung hinzu, kann von einer Versicherungspflicht nur ausgegangen werden, wenn weitere Tatsachen diese Verdachtsmomente entkräften. Soweit sich die Tatsachengrundlage objektiv nicht aufklären lässt, trägt derjenige den rechtlichen Nachteil, der sich auf sie beruft (BSG a.a.O.).

Im vorliegenden Fall steht es zur Überzeugung des Senats fest, dass durch das Beschäftigungsverhältnis des Klägers bei der Zeugin Versicherungsschutz in der Krankenversicherung begründet worden ist.

Der Kläger und die Zeugin haben am 15. Januar 2007 zum 21. Januar 2007 einen Arbeitsvertrag geschlossen, der alle für ein Arbeitsverhältnis typischen Regelungen und die Unterschrift beider Vertragsparteien enthält. Dieser dürfte nicht individuell formuliert, sondern auf Basis einer Vorlage entstanden sein, was jedoch kein Indiz gegen die Absicht einen ernstgemeinten Vertrag zu schließen, ist. Aus dem Vertragswerk selbst ergibt sich kein Anhaltspunkt für ein vorgetäuschtes Vertragsverhältnis.

Ein aus partnerschaftlicher Verbundenheit heraus begründetes Zusammenwirken des Klägers und der Zeugin, welches den Verdacht der Begründung eines Scheinarbeitsverhältnisses nahe gelegt hätte, hat es zur Überzeugung des Gerichts nicht gegeben. Das Gericht hat aus dem Inhalt der mündlichen Verhandlung nicht den Eindruck gewonnen, dass der Kläger und die Zeugin eine Liebesbeziehung miteinander gehabt haben, die Grundlage für ein zugunsten des Klägers vorgetäuschtes Arbeitsverhältnis hätte sein können. Beide haben mit ihren jeweiligen musikalischen Fertigkeiten und Interessen übereinstimmend und glaubhaft erklärt, wann und wie sie sich als Musiker auf der Suche nach einer Band kennen gelernt und welchen Hintergrund ihre Beziehung zueinander gehabt hat: nämlich denjenigen, gemeinsam Musik zu machen. Dass die Zeugin dabei in der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht und dem Sozialgericht formuliert hat "am Ende des Jahres sind wir uns auch etwas näher gekommen", hat bei dem Gericht nicht den Eindruck einer - auch nur zeitweise bestehenden - Lebenspartnerschaft oder Liebesbeziehung hervorgerufen. Allenfalls hat sich in der mündlichen Verhandlung der Eindruck beim Gericht ergeben, dass die Zeugin sich persönlich möglicherweise mehr für die Person des Klägers interessiert hat, als dies umgekehrt der Fall gewesen ist. Dies könnte auch ein weiteres Motiv dafür gewesen sein, dass sie sich trotz ihrer eigenen begrenzten finanziellen Mittel entschlossen hat, den Kläger bei sich zu beschäftigen. Der Kläger hat diesen Eindruck in der mündlichen Verhandlung auch mit der Aussage gestützt, dass er vermute, dass das Arbeitsverhältnis auch deshalb zustande gekommen ist, weil die Zeugin ihn, den Kläger, als Unterstützung für den Betrieb ihres künftigen Musikstudios "binden wollte". Dieses Motiv, sollte es bei der Zeugin tatsächlich bestanden haben, wäre aber für die Ernsthaftigkeit des vereinbarten Arbeitsverhältnisses unschädlich, da letzteres unabhängig von im Hintergrund bestehenden weiteren Erwartungen oder Hoffnungen der Zeugin die vertraglich vereinbarten Wirkungen entfaltet hat. Auch erscheint es nachvollziehbar, dass die Zeugin durch die Zusammenarbeit mit dem Kläger – erstmals - die begründete Hoffnung hatte, mit einem Musikstudio Geld verdienen zu können.

Ebensowenig ist aus der vereinbarten Lohnhöhe abzuleiten, dass es sich um einen Scheinvertrag gehandelt hat. Dazu haben der Kläger und die Zeugin übereinstimmend erklärt, dass die Zeugin ihm zunächst 7,- EUR Stundenlohn angeboten hatte und nach Verhandlung mit dem Kläger auf 8,- EUR erhöht hat. Dieser Wert ist zwar für die vertraglich vereinbarten Tätigkeiten als "technischer Mitarbeiter" niedrig. Andererseits entspricht es der allgemeinen Lebenserfahrung, dass der Kläger in seiner Situation ohne entsprechende Ausbildung und ohne aktuelle Beschäftigung keine branchenüblichen Ansprüche stellen konnte. Konsequent war es daher auch, auf den ersten Vorschlag der Zeugin, 7,- EUR Stundenlohn zahlen zu wollen, nach nur kurzer Verhandlung mit 8,- EUR einverstanden gewesen zu sein.

Das Gericht hat keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass dem Kläger seine Arbeitsunfähigkeit im Hinblick auf die vereinbarte Tätigkeit bekannt war, bzw. dass es ihm alleine in der Erkenntnis an einer schweren und eine kostenintensive medizinische Behandlung auslösenden Krankheit zu leiden, um den Abschluss eines Arbeitsvertrages gegangen ist. Die fragliche Krankheit war beim Kläger zum ersten Mal aufgetreten. Ihre Symptome, vor allem aber die Schwere der Erkrankung, die ihm die Arbeit im Haus der Zeugin zunächst erschwert und dann unmöglich gemacht hat, war ihm nicht bewusst. Dies ist beim erstmaligen Auftreten der Krankheitssymptome für die Art der Erkrankung - einer Peritonitis und Sepsis bei perforierter Sigmadivertikulitis - auch nicht ungewöhnlich, da die Symptome sich zunächst durchaus auch längere Zeit mit undefinierbaren Unterleibsschmerzen zeigen und die Krankheit erst bei fehlender ärztlicher Behandlung zu einer lebensbedrohlichen perforierten Sigmadivertikulitis führen kann (u.a.: Internetrecherche http://www.netdoktor.de/krankheiten/divertikulitis/symptome/.

Der Kläger hat mit der Zeugin auch übereinstimmend erklärt, wie sie sich die Bewältigung des Arbeitsweges zum Haus der Zeugin in O. und damit etwa eine Stunde Pkw-Fahrzeit vom Wohnort des Klägers in N1 entfernt, vorgestellt hatten. Zunächst handelte es sich bei der Tätigkeit des Klägers um eine Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 21 Stunden, so dass keine tägliche Anwesenheit erforderlich war. Die Zeugin berichtete überzeugend, den Kläger 2 bis 3 Tage pro Woche bei sich habe arbeiten lassen wollen. Da sie selbst als Taxifahrerin in Nachtschichten tätig war, wollte sie den Kläger am Ende ihrer Schicht mit dem Taxi nach O. mitnehmen und ihn am Ende seines Arbeitstages zum Nachtschichtbeginn wieder nach H. zurückfahren.

Auch die übrigen Umstände sprechen eher gegen die Annahme eines Scheinvertrages. Zunächst ist das fragliche Arbeitsverhältnis nicht die einzige Möglichkeit gewesen, einen Krankenversicherungsschutz für den Kläger zu erhalten. Im Falle des Klägers hätten die sozialen Sicherungssysteme (wie Leistungen nach dem SGB II oder im Falle dauerhafter Erwerbsminderung nach dem SGB XII) dem Kläger ebenfalls Krankenversicherungsschutz vermittelt; dafür hätte es "nur" eines Antrags bei dem fraglichen Leistungsträger bedurft; bei SGB-II-Bezug wäre der Kläger nach § 26 Abs. 2 SGB II (i.d.F. vom 20.07.2006) pflichtversichert gewesen. Das wäre im Ergebnis auch der einfachere und vor allem sicherere Weg zur Absicherung der Behandlungskosten gewesen, als die Begründung eines Scheinarbeitsverhältnisses. Hierfür hat die Zeugin wegen des hierfür zuvor noch zu gründenden Gewerbebetriebes – wie der Sachverhalt auch zeigt – erheblichen administrativen Aufwand in Kauf nehmen müssen. Der Kläger war im Umgang mit der Bundesagentur für Arbeit nach seinem jahrelangen Bezug von Arbeitslosengeld nicht unerfahren. Dass er hierüber krankenversichert gewesen wäre, dürfte ihm bewusst gewesen sein. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Zeugin hat der Kläger auch – wieder – staatliche Transferleistungen (nach dem SGB II) in Anspruch genommen. Die Zeugin zu einem Scheinarbeitsverhältnis mit ihm zu veranlassen und damit diese und sich selbst in einen Betrug zu Lasten der Sozialversicherungsträger zu verstricken, steht dazu in keinem vernünftigen und damit glaubhaften Verhältnis.

Für ein reguläres Beschäftigungsverhältnis spricht weiter, dass die Zeugin Abgaben abgeführt hat und der Lohn, wenn auch teils in bar, fortgezahlt wurde. Den Umstand, dass die Zeugin den Kläger erst nach seiner Aufnahme im Krankenhaus bei der Beklagten anmeldet hat, hat die Zeugin damit erklären können, dass sie den Kläger über das Internet online anmelden habe wollen, ihr Modem jedoch nicht funktioniert habe, so dass sie die Anmeldung erst später habe durchführen können. Diese Erklärung erscheint dem Gericht plausibel. Denn die Zeugin hat, worauf die Beklagte zu Recht hinweist, keinen eingerichteten Gewerbebetrieb unterhalten, in dem die Anmeldung von Arbeitnehmern Sache der Buchhaltung oder des Steuerberaters gewesen wäre. Hier war alleine sie für die Anmeldung ihres Arbeitnehmers zuständig. Die von der Zeugin dargelegte Situation, die Tätigkeit als Taxifahrerin - zudem in der Nacht - durch Einkünfte aus dem Betrieb eines Musikstudio beenden zu können und dies mithilfe der Beschäftigung des Klägers für realisierbar zu halten, mag naiv erscheinen. Gänzlich unglaubwürdig ist dies jedoch nicht. So ist es auch nachvollziehbar, dass die Zeugin die Tätigkeit in ihrem Betrieb für den Kläger u.a. damit attraktiv zu gestalten versucht hat, dass sie ihn bei sich fest angestellt und damit zugleich auch gesetzlich sozialversichert hat. Dies alles erscheint dem Gericht zwar objektiv realitätsfern aus der Sicht der Zeugin aber plausibel.

Damit erklärt sich auch, dass die Anstellung des Klägers die einzige Beschäftigung eines Arbeitnehmers bei der Zeugin geblieben ist, denn die Zeugin hat nach dem Kläger keinen anderen Arbeitnehmer mehr eingestellt. Da die Zeugin aber wohl ein Interesse daran hatte, den Kläger für sich zu gewinnen und dabei zugleich eine Chance sah, ihre unternehmerische Idee zum Aufbau eines Musikstudios mit jemandem "vom Fach" zu realisieren, fällt dies gegenüber dem bisher Gesagten nicht entscheidend ins Gewicht. Gleiches gilt für den Hinweis der Beklagten, die Zeugin habe sich auf ihrer Geschäftsstelle und im Krankenhaus als die Lebensgefährten des Klägers bezeichnet. Zum einen sind die genaueren Umstände hierzu ungewiss geblieben. Zum anderen erschiene es plausibel, wenn die Zeugin, die sich damals als die einzige in Freundschaft verbundene Bezugsperson für den Kläger sah, den Kontakt zu den Mitarbeitern der Beklagten und dem Krankenhauspersonal vereinfachen wollte, indem sie sich als Lebensgefährtin bezeichnete.

Auf Grund der Gesamtumstände und dem Eindruck, den der Kläger und die Zeugin vor Gericht gemacht haben, ist das Gericht letztlich davon überzeugt, dass der Kläger bei der Zeugin gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V gegen Arbeitsentgelt beschäftigt war.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

IV. Die Revision ist nicht zugelassen worden, weil hierfür kein Grund nach § 160 Abs. 2 SGG vorlag.
Rechtskraft
Aus
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