L 1 KR 92/13

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 6 KR 1109/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 92/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 10. Juni 2013 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin die Kosten einer vom 26. Mai bis 7. Juli 2010 durchgeführten stationären Rehabilitationsmaßnahme in J. am T. nebst Reisekosten zu erstatten hat.

Die 1945 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin leidet seit vielen Jahren an einer Psoriasis vulgaris, die 1986 erstmalig generalisierte und seitdem als chronisch-stationäre Form mit zusätzlicher Gelenkbeteiligung (Psoriasis arthropathica) besteht. Neben ambulanten Behandlungen führte sie 1986 eine Kurmaßnahme auf B. und 1997/1998 eine ambulante Balneo-Foto-Therapie in der Praxis ihres behandelnden Dermatologen durch. In der Folgezeit absolvierte sie auf Kosten der Beklagten zahlreiche Rehabilitationsmaßnahmen am T., die jeweils zu einer kompletten Abheilung führten. Rezidive traten nach etwa ein bis zwei Jahren auf.

Im Februar 2010 beantragte die Klägerin unter Vorlage einer Verordnung von Dr. E. die Kostenübernahme für eine erneute Rehabilitationsmaßnahme am T ... Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 29. April 2010 unter Bezugnahme auf ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung N. vom 23. April 2010 ab, da die Therapieziele durch ambulante Maßnahmen erreicht werden könnten. Darüber hinaus seien ähnliche stationäre Maßnahmen auch im europäischen Raum möglich. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2010 zurück. In der Zeit vom 26. Mai bis 7. Juli 2010 führte die Klägerin die beantragte Maßnahme durch. Hierfür sind ihr Kosten in Höhe von EUR 7.673,38 sowie Reisekosten in Höhe von EUR 578,84 entstanden.

Mit ihrer Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Das Sozialgericht hat von dem Hautarzt und Allergologen Dr. U. ein Gutachten vom 15. September 2011 eingeholt und der Klage mit Urteil vom 10. Juni 2013 stattgegeben. Es hat ausgeführt, der Sachverständige habe die eindeutige Überlegenheit der Maßnahme am T. gegenüber anderen Behandlungsmethoden dargelegt. Dass die Maßnahme auch dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen habe und bei der Klägerin medizinisch indiziert gewesen sei, sei nicht zu bezweifeln. Die im EU-/EWR-Inland verfügbaren Therapiemöglichkeiten seien demgegenüber wegen der klimatischen Verhältnisse nicht vergleichbar. Das der Beklagten eingeräumte Ermessen sei auf Null reduziert, zumal die Klägerin, die eine Erwerbsunfähigkeitsrente von monatlich etwas über 1.000 EUR beziehe, nicht in der Lage wäre, die Maßnahme dauerhaft selbst zu finanzieren.

Die Beklagte hat dagegen am 27. Juni 2013 Berufung eingelegt und trägt vor, es bestehe keine Notwendigkeit für eine stationäre Maßnahme, da die ambulanten Behandlungsmaßnahmen noch nicht ausgeschöpft seien. Allenfalls sei aber eine stationäre Maßnahme im Inland, nicht aber am T. erforderlich, denn die Behandlung einer Psoriasis sei auch in einer Inlandseinrichtung bzw. innerhalb der EU/EWR möglich. Eine eindeutige Überlegenheit der Behandlung am T. bestehe nicht und sei auch von Dr. U. nicht bestätigt worden, der lediglich ausgeführt habe, dass der Erfolg anderer Therapiemaßnahmen nicht sicher vorhersehbar sei. Mit einer entsprechenden Klinik auf den K. Inseln unterhalte die Beklagte keinen Versorgungsvertrag. Schließlich habe die Klägerin auch den Beschaffungsweg nach § 13 Abs. 3 SGB V nicht eingehalten, da sie bei der Antragstellung schon auf den Reisetermin hingewiesen habe und daher schon fest entschlossen gewesen sei, die Reise anzutreten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 10. Juni 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Beweisaufnahme habe ergeben, dass die durchgeführte Rehabilitationsmaßnahme indiziert gewesen sei. Aufgrund der klimatischen Verhältnisse am T. stehe fest, dass eine Inlandsbehandlung nicht die gleiche Wirkung haben könne. Insbesondere die Lage von 300 m unter dem Meeresspiegel habe wegen der weitgehenden Ausfilterung der kurzwelligen Strahlung eine besonders günstige Wirkung, da normalerweise Patienten mit nordischem Hauttyp nach einem so langen Sonnenbad mit einem schwersten Sonnenbrand zu kämpfen hätten. Die Klägerin sei kein Versuchskaninchen, das sich allen möglichen nicht so wirksamen Behandlungen unterziehen müsse, bis endlich feststehe, dass sie ans T. fahren könne. Dabei zeige sich die Überlegenheit der Therapie am T. auch darin, dass eine einmalige Behandlung im Jahr ausreiche, um eine vollständige Abheilung der Haut zu bewirken. Im Übrigen müssten die Kliniken in D. in der sonnenarmen Jahreszeit auf eine medikamentöse Therapie setzen. Dabei sei es problematisch, dass die Klägerin Cignolin und Fumaderm nicht vertrage und auch das Medikament Methostrexan wegen der durchgemachten Lungentuberkulose nicht eingenommen werden könne. Auch am T. sei sie in den ersten Wochen nicht im Wasser. Zunächst müssten die betroffenen Hautstellen durch das dortige Klima abheilen, bevor sie überhaupt in der Lage sei, ohne unerträgliche Schmerzen in das sehr salzhaltige Wasser zu gehen. Dies sei meist nach drei Wochen, manchmal auch gar nicht der Fall. Die befallenen Hautpartien heilten dennoch immer bis zum Ende des Aufenthaltes aus. Die Behauptung, der Beschaffungsweg sei nicht eingehalten worden, sei abwegig, da Ablehnungs- und Widerspruchsbescheid vor dem Reiseantritt ergangen seien.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, insbesondere auch der Ausführungen des Sachverständigen Dr. U., wird auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Berufung (§§ 143, 151 SGG) ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat vielmehr zu Recht die Beklagte verurteilt, der Klägerin die Kosten der im Jahr 2010 durchgeführten Behandlungsmaßnahme am T. nebst Reisekosten zu erstatten.

Da die streitbefangene Behandlung der Klägerin in J. durchgeführt worden ist und zwischenstaatliche Vereinbarungen über die Gewährung von Krankenversicherungsleistungen insoweit nicht bestehen, kommt als Anspruchsgrundlage ausschließlich § 18 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) in Betracht, der eine Ausnahme zu dem in § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V geregelten Grundsatz darstellt, wonach der Anspruch auf Leistungen aus der deutschen Krankenversicherung ruht, solange Versicherte sich im Ausland aufhalten. Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse nach § 18 Abs. 1 Satz 1 SGB V die Kosten der erforderlichen Behandlung ganz oder teilweise übernehmen. Der Anspruch umfasst auch die Kostenerstattung nach vorheriger Antragstellung und rechtswidriger Ablehnung (BSG, Urteil vom 06.03.2012 – B 1 KR 17/11 R – Juris).

Als Auslandskrankenbehandlung im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 1 SGB V kommt grundsätzlich jede Krankenbehandlung nach §§ 11, 27 SGB V in Betracht. Es ist daher unerheblich, ob die am T. in J. durchgeführte Behandlung den Anforderungen an eine Rehabilitationsmaßnahme (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, § 40 SGB V) entspricht, da ihre Kosten anderenfalls auch als ärztliche Behandlung (§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB V) erstattungsfähig sein können. Allein maßgeblich ist, ob die Voraussetzungen von § 18 Abs. 1 Satz 1 SGB V vorliegen, was hier der Fall ist.

Ein Anspruch nach § 18 Abs. 1 S. 1 SGB V setzt demnach zunächst voraus, dass die begehrte Behandlung im Ausland dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht. Das ist der Fall, wenn die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dieses setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode – die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist – zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Zur Feststellung, ob dies der Fall ist, kann auf Stellungnahmen der einschlägigen Fachgesellschaften zurückgegriffen werden, wobei es von besonderer Bedeutung ist, wenn sich konsensfähige medizinische Erkenntnisse bereits in ärztlichen Leitlinien niedergeschlagen haben (BSG, Urteil vom 13.12.2005 – B 1 KR 21/04 R – Juris).

Dies ist vorliegend der Fall, denn die Leitlinie zur Therapie der Psoriasis vulgaris (S3-Leitlinie) empfiehlt ausdrücklich die Integration von Klima- bzw. kombinierten Klima-Balneo-Therapie, z.B. am T., in das Behandlungskonzept von Patienten, die – wie die Klägerin – an einer über Jahre bestehenden therapiebedürftigen Psoriasis vulgaris leiden. Auch der Sachverständige Dr. U. hat in seinem Gutachten vom 15. September 2011 ausgeführt, dass die Wirkungsweise von derartigen Therapien belegt sei, auch wenn der Wirkmechanismus nicht vollständig geklärt sei. Dies sieht offenbar auch die Beklagte so, denn sie hat mit dem Deutschen Medizinischen Zentrum (DMZ) eine Versorgungs- und Vergütungsvereinbarung für zwei Kliniken am T. geschlossen, in der unter anderem alle Formen der Psoriasis behandelt werden (http://www.dmz-klinik.de/kosten/v2/ dak.htm).

§ 18 Abs. 1 S. 1 SGB V setzt weiterhin voraus, dass eine ausreichende und rechtzeitige Behandlung im Inland nicht möglich war. Hierfür reicht es allerdings nicht aus, dass die konkrete, vom Versicherten gewünschte Therapie nur im Ausland durchgeführt werden kann; erforderlich ist vielmehr ein quantitatives oder qualitatives Versorgungsdefizit. Der Anspruch aus § 18 SGB V ist allerdings nicht auf Fälle beschränkt, in denen eine konkrete medizinische Behandlungsmaßnahme im EU/EWR-Inland überhaupt nicht zu erlangen ist, sondern besteht auch, wenn eine Behandlung zwar dort erfolgen kann, der im EU/EWR-Ausland praktizierten anderen Methode jedoch ein qualitativer Vorrang gegenüber den im EU/EWR-Inland angewandten Methoden gebührt. Letzteres ist der Fall, wenn die begehrte Behandlung der EU/EWR-Inlandsbehandlung aus medizinischen Gründen eindeutig überlegen ist. Die Überlegenheit kann sich auch im Rahmen eines Vergleichs lediglich symptomatisch behandelnder Therapien ergeben (BSG, Urteil vom 06.03.2012, a.a.O., m.w.N.).

Auch diese Voraussetzung ist nach Auffassung des Senats erfüllt. Maßstab für die Beurteilung, ob die Auslandsbehandlung der Inlandsbehandlung qualitativ überlegen ist, muss jeweils der konkrete Einzelfall sein (Padé in JurisPK-SGB V, 2. Aufl., § 18 Rn. 33). Dies gilt hier umso mehr, als es sich bei der Psoriasis vulgaris um eine Erkrankung handelt, für die es keine kausale Therapie gibt, sondern für die lediglich verschiedene symptomatische Therapieansätze zur Verfügung stehen. Wie der Sachverständige ausgeführt hat, ist der klinische Verlauf einer Psoriasis von Patient zu Patient durch eine außerordentliche Variationsbreite gekennzeichnet, sodass die Wahl der therapeutischen Option immer eine Einzelfallentscheidung sein muss. Anders als die Beklagte meint, steht dem Anspruch daher nicht entgegen, dass eine generelle Überlegenheit der Klimatherapie am T. gegenüber inländischen Behandlungsoptionen durch Studien nicht belegt ist. Ausreichend ist vielmehr, dass zur Überzeugung des Senats im konkreten Fall der Klägerin die Therapieoptionen im Inland bzw. EU-/EWR-Ausland den durch die Klimatherapie am T. erreichten Behandlungserfolg nicht herstellen können oder aufgrund der Gefahr schwerer Nebenwirkungen nicht zumutbar sind.

Dr. U. hat hierzu in seinem Gutachten vom 15. September 2011 ausgeführt, dass bei der Klägerin die lokalen Therapien nicht befriedigend angeschlagen hätten. Im Übrigen werde auch durch die einschlägigen Leitlinien bei mittelgradigem Befall, der bei der Klägerin gegeben sei, zusätzlich zur topischen Therapie eine Klima-Balneo-Therapie ausdrücklich empfohlen. Darüber hinaus sei eine Fumaderm-Therapie nicht vertragen worden und eine frühere Balneo-Foto-Therapie ohne Klimawechsel sei wirkungslos geblieben. Die systemischen Therapien (Retinoide, Methotrexat, Fumarsäureester, Cyclosporin oder Biologica) führten zu einer Vielzahl von zusätzlich belastenden Nebenwirkungen, zudem schränke die einmal stattgehabte Tuberkuloseerkrankung den Einsatz von Biologica stark ein. Nach Auffassung des Senats kann aber nicht auf eine Inlandsbehandlung verwiesen werden, die mit der Gefahr schwerer Nebenwirkungen verbunden ist, wenn eine gut verträgliche Therapiemethode im Ausland zur Verfügung steht.

Der Senat ist schließlich auch davon überzeugt, dass die Klägerin nicht auf eine vorrangige Inanspruchnahme einer Balneo-Foto-Therapie im Inland bzw. EU-/EWR-Ausland verwiesen werden kann, wobei die Beklagte nach ihrem Vortrag auch keine Versorgungsverträge mit entsprechenden Einrichtungen im EU-/EWR-Ausland abgeschlossen hat, wie dies bei Krankenversicherungsträgern der skandinavischen Länder beispielsweise auf den K. Inseln der Fall ist. Zwar hat Dr. U. in seinem schriftlichen Gutachten ausgeführt, dass eine solche Therapie in Form der Anwendung von salzhaltigen Bädern in Kombination mit UV-Lichtexposition grundsätzlich überall möglich sei, wo geeignete Bestrahlungsgeräte zur Verfügung stünden, letztlich also auch in speziellen Praxen oder Kliniken. Er hat jedoch auch darauf hingewiesen, dass die Therapieerfolge durch Ausnutzung bestimmter klimatischer Verhältnisse gesteigert werden könnten, was durch die entsprechenden Leitlinien bestätigt wird.

Soweit nach den Leitlinien diese Klima-Therapien nicht nur am Toten Meer, sondern auch an der Nord- und Ostsee oder im Hochgebirge durchgeführt werden können, hat Dr. U. überzeugend dargelegt, dass die dort herrschenden klimatischen Verhältnisse mit denen am Toten Meer nicht vergleichbar seien. Am Toten Meer bestehe nämlich der Vorteil eines konstant sonnenreichen Klimas und eines besonders hohen Salzgehalts. Hinzu komme die ideale Lage von 300 m unter dem Meeresspiegel, wodurch die sonnenbrandfördernde kurzwelligere UVB-Strahlung weitgehend herausgefiltert werde, sodass Patienten sich wesentlich länger in der Sonne aufhalten könnten. Zwar werde in speziellen Kliniken in D. die Salzkonzentration nachgestellt und es werde eine synchrone Foto-Therapie während des Salzbades durchgeführt, der eigentliche Klimaeffekt sei aber natürlich geringer als am T. und in dieser Form auch nicht reproduzierbar.

Dr. U. hat weiter darauf hingewiesen, dass die Klägerin bereits 24mal am T. gewesen sei und jedes Mal klar erkennbar eine vollständige Abheilung der erkrankten Hautstellen erreicht habe. Dies sei ein erstaunlicher Therapieerfolg, der sich bei dieser Form der Erkrankung selten einstelle. Die Maßnahme am T. sei daher für die Klägerin sicherlich die beste Therapieform.

Der Senat geht vor diesem Hintergrund davon aus, dass im speziellen Fall der Klägerin ein qualitativer Vorrang der Behandlung am T. gegenüber vergleichbaren inländischen Maßnahmen besteht, ohne dass hierdurch ein genereller Vorrang derartiger Maßnahmen konstatiert wird.

Dr. U. hat schließlich auch bestätigt, dass die Maßnahme im Zeitpunkt ihrer Durchführung aufgrund der deutlichen Exazerbation der psoriatischen Beschwerden und des Wiederauftretens von arthropathischen Beschwerden medizinisch erforderlich war und ein Abwarten der Vierjahresfrist nicht krankheitsgerecht gewesen wäre. Es kommt daher nicht darauf an, ob die Voraussetzungen des § 40 Abs. 3 S. 4 SGB V im Rahmen von § 18 SGB V überhaupt anwendbar sind.

Das der Beklagten aufgrund von § 18 Abs. 1 S. 1 SGB V grundsätzlich eröffnete Ermessen ist vorliegend auf Null reduziert. Maßgeblich ist hierfür zum einen die Schwere der Erkrankung der Klägerin und der hiermit verbundene erhebliche Leidensdruck sowie die auf Grundlage des Akteninhalts und der Ausführungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Senats feststehende Tatsache, dass die Maßnahme am T. im speziellen Fall der Klägerin alternativlos ist. Hinzu kommt, dass die Gewährung der in Rede stehenden Maßnahme für die Beklagte sogar wirtschaftlicher sein dürfte als ansonsten zu gewährende inländische Therapien. Da durch die Behandlung am T. bei der Klägerin regelmäßig eine vollständige Abheilung erreicht werden konnte, wurden in der Folgezeit Aufwendungen für ambulante Therapien erspart. Darüber hinaus können nach den Angaben des Sachverständigen vergleichbare stationäre Maßnahmen im Inland sogar teurer sein. Keine andere Beurteilung ergibt sich daraus, dass eine Behandlung in einer DMZ-Klinik aufgrund des bestehenden Versorgungsvertrages für die Beklagte möglicherweise kostengünstiger gewesen wäre, denn auf diese Möglichkeit hat sie die Klägerin nicht hingewiesen.

Gemäß § 18 Abs. 2 SGB V hat die Beklagte der Klägerin als weitere Kosten auch die Flugkosten in Höhe von EUR 573,34 zu erstatten. Hierbei handelt es sich um Kosten, die in notwendigem Zusammenhang mit der Auslandskrankenbehandlung stehen, sodass die Ermessenreduzierung auf Null auch insoweit gilt. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die Reisekosten günstiger hätte gestalten können, bestehen nicht.

An der Einhaltung des Beschaffungsweges bestehen keine Zweifel, da die Klägerin die Maßnahme vor ihrem Antritt beantragt und die Entscheidung der Beklagten abgewartet hat. Anhaltspunkte dafür, dass sie schon vorher eine unwiderrufliche Verpflichtung in Bezug auf die Kosten eingegangen ist, bestehen nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.

Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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