L 3 U 53/12

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
40
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 40 U 288/11
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 U 53/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist im Streit, ob die Klägerin bei einer Aktion des Vereins G. e.V. einen Arbeitsunfall erlitten hat.

Unter dem 20. März 2008 meldete die Barmer Ersatzkasse bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch nach § 111 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – an. Ihre Versicherte – die am 14. September 1984 geborene Klägerin – sei am 21. Februar 2008 während einer G.-Aktion verletzt worden. Als Vereinsmitglied/Aktivistin sei sie gesetzlich unfallversichert.

In ihrer Unfallanzeige gegenüber der Barmer Ersatzkasse hatte die Klägerin zuvor unter Hinweis auf einen beigefügten Artikel aus der Tageszeitung Hamburger Abendblatt angegeben, am Unfalltag zusammen mit vier anderen Aktivisten an der Außenfassade des Hotels R. in H. ein Banner befestigt zu haben. Dabei seien sie nach Industriestandard geklettert, hätten Zweiseiltechnik und neueste Ausrüstung genutzt und seien alle erfahrene, gut ausgebildete Kletterer gewesen. Als sie gegen 20.30 Uhr das Banner hätten einholen wollen, sei dieses von einer starken Bö erfasst worden, habe sie – die Klägerin – mitgerissen und um die Ecke des Gebäudes herumgeschleudert. Als die Bö nachgelassen habe, sei sie zurück zur Hauswand geschwungen, habe sich dort abstützen wollen, wobei beide Beine und ein Arm gebrochen seien. In dem Zeitungsartikel heißt es, 14 Aktivisten hätten in 50 m Höhe gegen die Klimapolitik von Bürgermeister O.B. und Bundeskanzlerin A.M. protestieren wollen, sich aus dem 19. Stock abgeseilt, ein 15 mal 15 m großes Banner aufgehängt. Die Demonstranten hätten dort mehrere Stunden bei Wind und Wetter ausgeharrt und fast mit ihrem Leben bezahlt.

Der in das Vereinsregister des Amtsgerichts Hamburg eingetragene Verein G. hat seinen Sitz in H ... Er wiederum ist Mitglied des Stiftung G., einer Stiftung des niederländischen Rechts, mit Sitz in A ... Diese fungiert als Dachorganisation aller nationalen G.-Sektionen. Zweck des Vereins ist gemäß § 2 Abs. 1 seiner Satzung (Satzung-G.), als international tätige ökologische Organisation die Probleme der Umwelt, insbesondere die globalen, bewusst zu machen und die Beeinträchtigung oder Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen von Menschen, Tieren und Pflanzen zu verhindern. Entsprechend § 2 Abs. 2 Satzung-G. verfolgt der Verein seinen Zweck insbesondere durch gewaltfreie Aktionen, durch Öffentlichkeits- und Lobbyarbeit sowie durch Aufklärung und Beratung. Die Organe von G. e.V. sind gemäß 7 Satzung-G. die Versammlung der stimmberechtigten Mitglieder, der Aufsichtsrat und die Geschäftsführung. Nach § 3 Satzung-G. (Mitglieder) hat der Verein Fördermitglieder, ehrenamtliche Mitglieder, stimmberechtigte Mitglieder und Ehrenmitglieder. Mitglieder im Sinne des deutschen Vereinsrechts sind gemäß § 5 Abs. 3 Satzung-G. nur die 40 (vgl. § 4 Abs. 4 Satzung-G.) stimmberechtigten Mitglieder. Die Zahl setzt sich zusammen aus Stiftung G. als geborenem Mitglied und Vertretern anderer ausländischer G.-Organisationen, aktiven Mitgliedern in G.-Gruppen (Ehrenamtliche), Mitarbeitern des Vereins und sonstigen natürlichen Personen, die sich für die Zwecke und Ziele von G. einsetzen. Die stimmberechtigten Mitglieder aus den G.-Gruppen werden durch die jeweilige Gruppe nominiert. Über die Aufnahme der stimmberechtigten Mitglieder entscheidet der Aufsichtsrat mit einfacher Mehrheit. Der Aufsichtsrat ist gemäß § 10 Abs. 2 Satzung-G. die gewählte Vertretung der Mitglieder. Mit der Stellung und den Aufgaben der ehrenamtlichen Mitglieder befasst sich § 5 (Mitgliedschaftsrechte) Abs. 2 Satzung-G ... Er lautet:

Die ehrenamtlichen Mitglieder (Ehrenamtliche) fördern die Ziele und die Arbeit des Vereins durch Kampagnen, Projekte und Öffentlichkeitsarbeit auf lokaler oder fachlicher Ebene. Die Ausübung der Rechte und die Erfüllung der Pflichten der ehrenamtlichen Mitglieder erfolgt ausschließlich in der jeweils zuständigen G.-Gruppe. Die G.-Gruppen sind unselbstständige funktionale Untergliederungen des Vereins. Über Gründung und Auflösung von G.-Gruppen sowie über die von den G.-Gruppen verantwortlich zu besetzenden Arbeitsbereiche (z.B. Gruppenkoordination und Öffentlichkeitsarbeit) entscheidet der Verein. Die G.-Gruppen sind der Zweckbindung des Vereins (§ 2) verpflichtet und an die auf dieser Satzung beruhenden Ordnungen, Beschlüsse und Weisungen des Vereins gebunden. Alle den G.-Gruppen zur Verfügung gestellten Gelder, Materialien oder sonstigen Vermögenswerte sind Eigentum des Vereins und dürfen nur in seinem Interesse verwendet werden. Im Übrigen sind die G.-Gruppen in der Gestaltung ihrer Aktivitäten frei.

Hinsichtlich der Beendigung der ehrenamtlichen Mitgliedschaft regelt § 6 Abs. 3 Satzung-G.:

Die ehrenamtliche Mitgliedschaft endet a) mit dem Tode, b) durch freiwilligen Austritt, der jederzeit gegenüber dem Verein erklärt werden kann, c) mit der dauerhaften Einstellung der aktiven Mitarbeit in der zuständigen G.-Gruppe. Zusammen mit der Feststellung der Beendigung der ehrenamtlichen Mitgliedschaft durch die Leitung (Koordinatoren) der G. Gruppe, die Geschäftsführung oder eine hierzu bevollmächtigte Person wird dem ausgeschiedenen Mitgliedglied die Zugangsberechtigung zur Online-Plattform entzogen.

Im Rahmen der daraufhin von der Beklagten eingeleiteten Ermittlungen zu dem Vorfall gab die Klägerin an, sie engagiere sich bei G., indem sie sich an der Vorbereitung von Aktionen beteilige und auch selbst an Aktionen teilnehme, bei denen die Bevölkerung auf Umweltschutzprobleme aufmerksam gemacht werde. Diese Form des Engagements sei für sie – die Klägerin – diejenige, durch welche sie am intensivsten die Ziele von und mit G. verfolgen könne. An der Aktion habe sie teilgenommen, weil sie es wichtig finde, auf politische Missstände hinzuweisen und sich für den Schutz der Umwelt einzusetzen. Auch halte sie derartige Aktionen für ein sehr wirkungsvolles Mittel, um die Öffentlichkeit für Bedrohungen des Klimas zu sensibilisieren. Letztendlich sei es gerade diese Form des Engagements, welche zur originären Arbeit von Aktivisten zähle. Wann immer sie Zeit habe, nehme sie an Aktionen teil. Sie wolle nicht tatenlos bleiben, sondern aktiv für den Schutz der Umwelt eintreten. In dem aktuellen Fall habe für sie eine zusätzliche Motivation bestanden, weil sie aus der Nähe von H. komme, sich auch außerhalb von G. für den Schutz der Niederelbe engagiere und eine thematische Nähe zum geplanten Kohlekraftwerk M. bestehe. Aktiv für G. tätig sei sie seit Frühjahr 2006. Seit Mai 2007 sei sie Teil des Kletterteams. Seitdem habe sie an 9 Kletteraktionen im In- und Ausland teilgenommen. Dabei sei es in drei Fällen ebenfalls um die Klimagefährdung durch den Bau von Kohlekraftwerken in Deutschland gegangen. Mit Blick auf das Gefahrenpotenzial der Aktion führte die Klägerin aus, alles sei sorgsam geplant worden und habe ein kalkulierbares Risiko geborgen, welches sich durch die unerwartet starke Bö realisiert habe. Die Sicherheitsmaßnahmen bestünden darin, dass man nur nach den Industriestandards des Fach-und Interessenverbandes seilunterstützter Arbeitstechniken (FISAT) klettere. Dies bedeute unter anderem, dass man sich immer redundant sichere, neueste und hochwertige Materialien und Ausrüstungsgegenstände verwende, mit Zweiseiltechnik arbeite, Helm trage, Rettungsszenarien übe und einplane, bei jeder Aktion genügend erfahrene Kletterer mitzunehmen, um auswechseln zu können, und die Ausrüstung vor und nach jedem Gebrauch auf ihre Funktionstüchtigkeit überprüfe. Die Klettertechniken würden jedem Kletterer in einem einwöchigen Training von FISAT-zertifizierten Höhenrettern vermittelt und regelmäßig geprobt.

G. e. V. gab auf Befragen gegenüber der Beklagten an, die Klägerin sei nicht im Sinne des Vereinsrechts Mitglied im Verein gewesen. Ihre Funktion sei diejenige einer ehrenamtlichen Aktivistin. Die Teilnahme sei aus freien Stücken und selbstständig erfolgt. Zurzeit habe der Verein 3500 ehrenamtlich Tätige. Diese nähmen an öffentlichkeits-wirksamen Aktionen teil. Im Jahr 2007 seien in Deutschland rund 5000 solcher Aktionen durchgeführt worden. Hierbei würden alle Sicherheitsmaßnahmen nach FISAT eingehalten.

Mit Bescheid vom 25. November 2008 lehnte die Beklagte es ab, der Klägerin Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass des Unfalls vom 21. Februar 2008 zu gewähren. Es habe kein Unfall eines Versicherten vorgelegen. Zwar könnten nach § 2 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (SGB VII) auch Personen in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert sein, die wie ein Versicherter nach § 2 Abs. 1 Nummer 1 SGB VII tätig würden. Jedoch könne vorliegend nicht von einer Arbeitnehmerähnlichkeit im Einzelfall gesprochen werden, denn die Motivation/Handlungstendenz für die Teilnahme an der Aktion sei durch die Einstellung der Klägerin, d.h. ihre persönliche bzw. politische Einstellung geprägt gewesen. Auch der Umstand, dass die Aktion Straftatbestände erfüllt habe, sei Indiz, welches gegen eine Arbeitnehmerähnlichkeit spreche.

Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin Widerspruch und ließ zur Begründung vortragen, ihr könnten Strafdelikte, namentlich Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung nicht vorgeworfen werden. Das Hotel habe zwar Strafantrag gestellt, diesen jedoch zurückgenommen und die Staatsanwaltschaft habe daraufhin unter dem 18. August 2008 das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung eingestellt. Dies komme einem Freispruch gleich. Versicherungsschutz in der Gesetzlichen Unfallversicherung habe mit Blick auf den unmittelbar drohenden Eintritt einer Gemeingefahr bestanden. Der Klimawandel verursache eine Reihe von schwerwiegenden Gemeingefahren. Der unmittelbar drohende Eintritt einer solchen Gemeingefahr sei ausreichend. Auch müsse die subjektive Sicht respektiert werden, dass der Klimawandel eine unmittelbar bevorstehende Gefahr bedeute, die zum Teil bereits eingetreten sei. Hilfsweise komme als Anspruchsgrundlage eine "Wie-Beschäftigung" gemäß § 2 Abs. 2 SGB VII in Betracht. Teilnehmer an öffentlichen Kundgebungen könnten für ihre Teilnahme nämlich auch bezahlt werden. So bedienten sich nicht selten Wirtschaftsverbände oder Lobbyisten bezahlter Demonstranten. Auch die kassenärztliche Bundesvereinigung habe mit Laiendarstellern vor dem Reichstag demonstriert. Im Internet fänden sich ebenfalls Angebote von Berufsdemonstranten, die gegen Entgelt Demonstrationen oder die Teilnahme an Demonstrationen anböten. Das Anbringen von Bannern und Plakaten an Fassaden oder Baugerüsten sei gleichfalls eine weitverbreitete entgeltliche Leistung durch Beschäftigungsverhältnisse. Hiermit sei die Tätigkeit der Verletzten zum Unfallzeitpunkt am ehesten zu vergleichen. Sie sei auch entsprechend ausgebildet gewesen. Auch das Hotel selbst habe seine Fassaden wiederholt für großflächige Fassadenwerbung vermietet, insbesondere für die Werbung für Kinofilme. Dafür habe man vermutlich ebenfalls Berufskletterer eingesetzt. Hiermit sei die Tätigkeit jedenfalls vergleichbar gewesen.

Mit Bescheid vom 2. April 2009 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Unfall sei nicht bei versicherter Tätigkeit geschehen. Es bestehe nach § 2 Abs. 2 SGB VII kein Versicherungsschutz für Aktions- bzw. Demonstrationsteilnehmer. Dies habe das Bundessozialgericht (BSG) mehrfach entschieden (Urt. vom 08.10.1981 – 2 RU 50/80 – und Urt. vom 29.09.1992 – 2 RU 38/91 – sowie Urt. vom 08.12.1998 – B 2 U 36/97 R). Mit Blick auf § 2 Abs. 1 Nummer 13 a SGB VII könne eine Entscheidung nicht erfolgen, da die Beklagte nicht der zuständige Unfallversicherungsträger für diese Norm sei.

Zur Begründung der daraufhin fristgerecht erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, es habe Versicherungsschutz zum einen über § 2 Abs. 1 Nummer 13 a SGB VII bestanden, denn sie habe konkret auf die gemeine Gefahr der Erderwärmung durch den Klimawandel hingewiesen. Überdies habe aber auch Versicherungsschutz wie eine Beschäftigte nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII bestanden, weil sie bei dem Unfall für den Verein G. e. V. tätig geworden sei. Das ergebe sich aus der Aufschrift des Banners, welches von einer Windbö erfasst wurde, was wiederum Anlass für den Unfall gewesen sei. Dies ergebe sich des Weiteren aus der Anmietung der Hotelzimmer für G. und daraus, dass G. alleine mit dem Hotel verhandelt habe, um mit diesem die vorgelegte Vergleichsvereinbarung zum Ersatz der bei der Aktion entstandenen Schäden abzuschließen. Weder sei sie – die Klägerin – Mitglied des Vereins noch bei diesem im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII beschäftigt gewesen. Unabhängig davon werde selbstverständlich von Vereinsmitgliedern nicht erwartet, an Kletteraktionen teilzunehmen. Der Teilnehmerkreis für solche Aktionen beschränke sich vielmehr auf einen kleinen Kreis professionell ausgebildeter und erfahrener Kletterer, welche vereinzelt in einem Beschäftigungsverhältnis zu dem Verein stünden. Zu diesen freien Kletterern habe die Klägerin gehört. Dies alles werde auch im Wesentlichen von der Beklagten so gesehen. Allerdings mache diese den Fehler, dass sie derartige hochprofessionelle Kletteraktionen mit der gewöhnlichen Teilnahme an Demonstrationen gleichsetze. Hier habe es sich aber nicht um eine Demonstration gehandelt, weil nicht jedermann das Recht zur Teilnahme gehabt habe. Vielmehr hätten sich an der Kletteraktion am 21. Februar 2008 nur der enge Kreis der Beteiligten, welcher von dem Veranstalter insbesondere nach professionellen Gesichtspunkten ausgewählt worden sei, beteiligen können. Der Veranstalter habe auch die Anmietung der Hotelzimmer veranlasst und durch hauptamtliche Mitarbeiter den Ablauf der Plakataktion, deren Koordination sowie den Einsatz der Beteiligten einschließlich der Klägerin bestimmt. Voraussetzung für eine solche Teilnahme sei, sich in das Team einzufügen. Bei der Aktion sei sie – die Klägerin – naheliegenderweise weisungsgebunden gewesen und habe sich nicht nach ihrem subjektiven Belieben verhalten. Die Tätigkeit eines Industriekletterers müsse dem Arbeitsmarkt zugerechnet werden, da für Werbemontagen wie auch für das Anbringen von Riesenplakaten an Fassaden Leistungen von Industriekletterern angeboten würden. Dementsprechend räume die Beklagte ein, dass die Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt auch von berufsmäßigen Kletterern hätte ausgeübt werden können. Falsch und abwegig sei dagegen die Auffassung, nach der sie allein eigene, subjektive Ziele verfolgt habe und bei ihrem Einsatz keine Bereitschaft gezeigt habe, dem Verein zu dienen oder dessen Ziele zu fördern. Insoweit habe aber eine mitgliedschaftliche Verpflichtung zur Ausübung der Tätigkeit nicht vorgelegen. Dabei spreche die Freiwilligkeit ihrer Teilnahme nicht gegen das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses. Vielmehr habe sie eine dem Verein dienende Tätigkeit verrichtet, die zudem dessen erklärten Willen entsprochen habe und im inneren Zusammenhang mit dem Unfallvorgang gestanden habe. Das Handeln sei auch nicht rechtswidrig gewesen. Da die Fassade für Werbezwecke vermietet, die Aktion im Nachhinein durch Absprachen mit dem Hotel gebilligt worden sei und die Beteiligten sich in diesem als Hotelgäste rechtmäßig aufgehalten hätten sowie alle Forderungen des Hotels beglichen worden seien, habe es am Schluss von niemanden mehr eine Beanstandung gegeben. Dementsprechend sei der Unfall als Arbeitsunfall während eines Beschäftigungsverhältnisses anzusehen bzw. diesem Sachverhalt gleichzustellen.

Hinsichtlich eines möglichen Versicherungsschutzes nach § 2 Abs. 1 Nummer 13 a SGB VII hat die Klägerin vorgetragen, dass auch dann, wenn der Klimawandel als allgemeine Gefahr gesehen würde, es doch an einer unmittelbaren Hilfeleistung gegen diese bei der Aktion gefehlt haben dürfte. Die Aktion habe nur Bedeutung für den Meinungsbildungsprozess gehabt.

In der mündlichen Verhandlung am 21. September 2012 hat das Sozialgericht die Klägerin angehört. Diese hat erklärt, Anfang 2007 eine einwöchige Ausbildung zum professionellen Klettern durch G. erhalten zu haben. Die Kosten habe G. getragen. G. habe die komplette Ausrüstung zur Verfügung gestellt und trage auch die kompletten Kosten und Auslagen für Aktionen. Die Kosten für die Verpflegung übernehme G. ebenfalls. Nach der Aktion, bei welcher sie sich verletzt habe, habe sie noch vier weitere Kletteraktionen durchgeführt und sei noch an fünf weiteren Aktionen beteiligt gewesen. Sie habe überlegt, einmal stimmberechtigtes Mitglied zu werden. Dies sei jedoch eine sehr zeitintensive und verantwortungsvolle Aufgabe, die sie dann nicht habe übernehmen wollen. Das seinerzeit eingeleitete strafrechtliche Verfahren sei aus dem Rechtshilfefonds von G. bezahlt worden.

Das Sozialgericht hat des Weiteren den Zeugen Dr. K. vernommen, der als Diplompädagoge bei G. e.V. in H. beschäftigt ist. Dieser hat erklärt, dort Leiter der Abteilung Aktion und Ehrenamt zu sein. Seinerzeit habe man 27 Beschäftigte und 4000 ehrenamtlich Tätige gehabt. Von diesen 4000 seien ca. 480 für gewaltfreie Aktionen ausgebildet. Die Hälfte davon habe ein Spezialtraining absolviert, davon hätten wiederum 80 eine Kletterausbildung und ca. 30 eine professionelle Kletterausbildung. Die Aktivisten würden in der Regel von ihm telefonisch angerufen, ob sie Zeit und Lust hätten an einer Aktion teilzunehmen.

Durch Urteil vom 21. September 2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung heißt es, die Klägerin sei zum Unfallzeitpunkt nicht in der Gesetzlichen Unfallversicherung versichert gewesen. Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII habe nicht bestanden, weil die Klägerin zu G. e.V. nicht in einem Beschäftigungsverhältnis gestanden habe. Versicherung als Hilfeleistung nach § 2 Abs. 2 Nr. 13 a VII komme nicht in Betracht, weil dessen Voraussetzungen mit Blick auf den Klimawandel und die damit einhergehende Erderwärmung nicht vorlägen. Schließlich habe die Klägerin nicht als Wie-Beschäftigte nach § 2 Abs. 2 SGB VII unter Versicherungsschutz gestanden. Zwar habe sie eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende Tätigkeit ausgeübt, die dem ausdrücklichen bzw. mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprochen habe. Diese Tätigkeit sei auch – jedenfalls bei abstrakter Betrachtungsweise – dem Arbeitsmarkt für Industriekletterer zugänglich. Jedoch sei diese Tätigkeit nicht konkret arbeitnehmerähnlich gewesen, weil sie im Rahmen der Sonderbeziehung als ehrenamtliches Mitglied des G. e.V. verrichtet worden sei. Dabei folge ein Versicherungsschutz auch nicht aus dem Umstandsmoment der "besonderen Gefährlichkeit" der Tätigkeit. Diese sei zwar bei der Wertung, ob Versicherungsschutz zu gewähren sei, ein wesentliches Zurechnungselement und mithin Versicherungsschutz begründend. Jedoch habe die genossene Ausbildung die Klägerin in besonderer Weise befähigt, diese Tätigkeit auszuüben, weshalb sie im Ergebnis nicht besonders gefährlich gewesen sei.

Gegen die ihren Prozessbevollmächtigten am 22. November 2012 zugestellte Entscheidung, auf die Bezug genommen wird, hat die Klägerin am 18. Dezember 2012 Berufung eingelegt. Sie trägt vor, keinen mitgliedschaftsrechtlichen Verpflichtungen bei G. unterlegen zu haben. Sie habe keine Organisationsrechte besessen und sei kein Mitglied des Vereins im Sinne der §§ 32, 38 Bürgerliches Gesetzbuch gewesen. Sie habe sich lediglich als ehrenamtliches Mitglied nach § 4 Ziffer 2 der Satzung von G. e. V. verstanden. Ehrenamtlich sei ein Synonym für freiwillig, unentgeltlich. Es sei mithin unzutreffend, ihr zu unterstellen, sie habe den Unfall in Ausübung einer mitgliedschaftsrechtlichen Verpflichtung erlitten. Unzutreffend sei auch, in der Erderwärmung und in dem Klimawandel keine konkrete Gemeingefahr zu sehen. Da der anthropogene Klimawandel nach fast einhelliger Meinung der Wissenschaft mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 % bereits mit Schadensfolgen eingesetzt habe, würden allseits hohe Schäden durch den Klimawandel für eine Vielzahl von Ländern bereits für die Gegenwart vorausgesagt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 21. September 2012 und den Bescheid der Beklagten vom 25. November 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. April 2009 aufzuheben und festzustellen, dass sie am 21. Februar 2008 einen Arbeitsunfall erlitten hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tritt dem Berufungsvorbringen entgegen und verweist hierzu auf die Satzung von G ... Danach bestehe der Vereinszweck darin, auf globale Umweltprobleme aufmerksam zu machen, welches durch medienwirksame Aktionen geschehe. Dieses erfolge zu einem großen Teil durch die ehrenamtlichen Aktivisten, welche als aktiv ehrenamtlich Tätige den Verein und seine satzungsgemäße Verpflichtung unterstützten. Diese Personen seien im Verein registriert und gegebenenfalls von ihm ausgebildet. Sie würden über Aktionen informiert bzw. bei Bedarf um Teilnahme gebeten. Nach Aussage des Zeugen Dr. K. stellten die Ehrenamtlichen auch einen Beirat des Vereins und hätten 10 Plätze in der Mitgliederversammlung. Deshalb seien die ehrenamtlichen Aktivisten hinsichtlich des Versicherungsschutzes nicht anders zu behandeln als Mitglieder, welche Beiträge zahlten. Unfallversicherungsschutz nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII sei nicht gegeben, weil zum Unfallzeitpunkt keine ungewöhnliche Gefahrenlage bestanden habe, bei der ohne sofortiges Eingreifen eine erhebliche Schädigung von Personen oder bedeutenden Sachwerten unmittelbar gedroht habe. Der drohende Klimawandel sei unter Beachtung der geltenden Rechtsprechung rein zeitlich gesehen hierunter nicht einzuordnen.

Die Beigeladene beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, die Berufungsklägerin habe einen Arbeitsunfall nicht erlitten, da sie keine den Versicherungsschutz begründende Tätigkeit verrichtet habe.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die ausweislich der Sitzungsniederschrift zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die nach §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegte Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angefochtene Bescheid ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn weder stand die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls als Beschäftigte des G. e.V. nach § 2 Abs. 1 SGB VII, noch stand sie als so genannte Wie-Beschäftigte nach § 2 Abs. 2 SGB VII unter Versicherungsschutz. Ein solcher bestand schließlich auch nicht nach § 2 Abs. 2 Nr. 13 a SGB VII mit Blick auf eine Hilfeleistung bei gemeiner Not oder Gefahr.

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) hat die Klägerin die zum Unfall führende Verrichtung als ehrenamtliches Mitglied im Sinne der §§ 3 Abs. 2 b, 5 Abs. 2 Satzung-G. ausgeübt. Dies ergibt sich aus ihren eigenen Angaben gegenüber der Beklagten sowie denjenigen im gerichtlichen Verfahren, wonach sie ihr Engagement ehrenamtlich bzw. als ehrenamtliche Aktivistin entfaltet hat, und den Erklärungen des vom Sozialgericht als Zeugen vernommenen Leiters der Abteilung Aktion und Ehrenamt des G. e.V., Dr. K., wonach die Klägerin zu eben jenem Personenkreis gehört hat, welcher an Aktionen, wie der vorliegend in Rede stehenden regelmäßig auf Bitten des Vereins teilgenommen hat.

Ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs.1 SGB VII scheidet danach ohne weiteres aus, weil die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls als ehrenamtliches Mitglied des Vereins nicht in einem Beschäftigungsverhältnis zum G. e.V. stand. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten kein Streit und bedarf es auch deshalb weiterer Erörterung nicht.

Ausgehend von den Feststellungen zur Mitgliedschaft der Klägerin stand diese aber auch nicht nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII unter Versicherungsschutz, weil sie zum Unfallzeitpunkt nicht wie ein nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Versicherter tätig geworden ist.

Der Gesetzgeber hat durch diese Vorschrift den Versicherungsschutz aus sozialpolitischen und rechtssystematischen Gründen ebenso wie zuvor bereits durch die inhaltsgleiche Vorgängervorschrift des § 539 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) auch auf Tätigkeiten erstrecken wollen, die zwar nicht sämtliche Merkmale eines Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnisses aufweisen, die in ihrer Grundstruktur aber einer abhängigen Beschäftigung ähneln, weil eine ernstliche, einem fremden Unternehmen dienende, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entsprechende Tätigkeit von wirtschaftlichem Wert erbracht wird, welche ihrer Art nach sonst von Personen verrichtet werden könnte und regelmäßig verrichtet wird, die in einem fremden Unternehmen dafür eingestellt sind, und die auch konkret unter arbeitnehmerähnlichen Umständen vorgenommen wird (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. etwa Urt. vom 05.07.2005 – B 2 U 22/04 R; Urt. vom 31.05.2005 – B 2 U 35/04 R – m.w.N. sowie Urt. vom 27.03.2012 – B 2 U 5/11 R – Rn. 56 ff.; zu den Kriterien im einzelnen vgl. auch Ricke in Kasseler Kommentar, Stand Dezember 2014, § 2 SGB VII, Rn. 104 ff. sowie Bieresborn in: jurPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 2 Rn. 379 ff.).

An der Erfüllung dieser zur Abgrenzung der versicherten von der eigenwirtschaftlichen Tätigkeit im Rahmen des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGBVII entwickelten Kriterien, die auch der erkennende Senat in ständiger Rechtsprechung anwendet, fehlt es bei wertender Betrachtung: Allerdings ist die Tätigkeit der Klägerin eine "ernstliche", d.h. eine nicht völlig wirtschaftlich wertlose, gewesen und sie ist einem fremden Unternehmen, nämlich dem G. e.V. dienlich gewesen. Für den Unternehmensbegriff gilt die allgemeine Definition des Unfallversicherungsrechts wie sie sich aus § 121 Abs. 1 SGB VII ergibt. Danach ist ein Unternehmen jede planmäßige, für eine gewisse Dauer bestimmte Vielzahl von Tätigkeiten, gerichtet auf einen einheitlichen Zweck und ausgeübt mit einer gewissen Regelmäßigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 09.08.1973 – 2 RU 5/72BSGE 36, 111, 115). Nach dieser Definition ist nicht zweifelhaft, dass das umweltpolitische Tätigwerden von G. e.V., auch durch Aktionen wie die vorliegend in Rede stehende, ein Unternehmen darstellt. Für dieses Unternehmen war die Tätigkeit auch nicht ohne wirtschaftlichen Wert, wenn sie auch letztlich aus ideellen Motiven ausgeführt wurde. Denn gerade durch seine Aktionen belegt G. e.V. die bestimmungsgemäße Verwendung ihm spendenhalber zugewandter Mittel, fördert hierdurch ein weiteres Spendenaufkommen und sichert so seine Finanzierung.

Die ausgeübte Tätigkeit entsprach auch dem wirklichen Willen des G. e.V., hatte dieser doch die als Aktivistin geführte Klägerin um Mithilfe bei der Aktion gebeten und sie hierfür zuvor auf eigene Kosten ausgebildet.

Jedoch konnte die zum Unfallzeitpunkt ausgeübte Tätigkeit ihrer Art nach sonst nicht von Personen ausgeübt werden, die in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis stehen; sie war dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zugänglich. Dies ergibt sich bei Beachtung der Satzung des Vereins, insbesondere des § 5 Abs. 2 Satzung-G., wonach die ehrenamtlichen Mitglieder, zu denen die Klägerin gehörte, die Ziele und die Arbeit des Vereins durch Kampagnen, Projekte und Öffentlichkeitsarbeit auf lokaler oder fachlicher Ebene ausschließlich in der jeweils zuständigen G.-Gruppe fördern. Damit ist die aufgrund von § 2 Abs. 2 Satzung-G. zur Durchsetzung des Vereinszwecks erfolgte Teilnahme an einer Demonstration oder Kampagne – wie sie im vorliegenden Fall durch die Kletteraktion erfolgte – unmittelbare Verfolgung der satzungsgemäßen Zwecke des Vereins. Sie ist den hierfür in der Satzung vorgesehenen Personen, namentlich den ehrenamtlichen Mitgliedern vorbehalten und bereits hiernach dem Arbeitsmarkt nicht zugänglich.

Soweit das Sozialgericht unter Hinweis auf eine ausschließlich abstrakte Betrachtung und trotz Erwähnung eigener Bedenken hinsichtlich der Möglichkeit zum Abschluss entsprechender Dienstverträge angenommen hat, die Tätigkeit sei dem allgemeinen Arbeitsmarkt als Industriekletterer gleichwohl zugänglich, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Denn die Trennung der Klettertätigkeit vom Organisationsstatut des Vereins und seinem politischen Anliegen ist lebensfremd und blendet die soziale Wirklichkeit aus. Sie negiert auch, dass bei den Aktionen von G. e.V. die Verletzung von Straftatbeständen bewusst in Kauf genommen wird. Dies ergibt sich aus der von der Beklagten beigezogenen staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte. Dass das entsprechende Verfahren wegen Hausfriedensbruch und Sachbeschädigung letztlich eingestellt wurde, nachdem G. e.V. alle bei der Aktion an dem Eigentum des Hotels entstandenen Schäden ersetzt hatte, ändert an dieser Bewertung im Sinne einer grundsätzlichen Strafbarkeit nichts. Auch bildet G. seine Aktivisten selbst zu Kletterern aus und stellt so sicher, dass gerade die ausführenden Personen das politische Anliegen mittragen. Nach allem ist die Frage, ob das Anbringen von politischen Botschaften für G. e.V. an Hauswänden, Schornsteinen oder ähnlichem eine Tätigkeit ist, die auf dem Arbeitsmarkt angeboten wird, bei der erforderlichen konkreten Betrachtung zu verneinen.

Die Klägerin hat darüber hinaus ihre Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt nicht unter konkret arbeitnehmerähnlichen Umständen vorgenommen. Maßgeblich für die Entscheidung dieser Frage ist die (finale) Handlungstendenz des Verunfallten, d.h. der (durch objektive Umstände des Einzelfalles bestätigte) Zweck seines Handelns, der von dem bloßen Handlungsmotiv zu trennen ist. Mit diesem Merkmal sollen arbeitnehmerähnliche Tätigkeiten im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII gegenüber Tätigkeiten in anderer Eigenschaft oder Funktion abgegrenzt werden. Denn eine so genannte Wie-Beschäftigung kann nur festgestellt werden, wenn das Handeln fremdwirtschaftlich ist, d.h. wenn nicht durch die Pflege von Freundschaft oder Verwandtschaft oder einer sonstigen Sonderbeziehung (zum Begriff vgl. BSG, Urt. vom 27.03.2012 – B 2 U 5/11 R – Rn. 56 ff.), etwa einer Vereinsmitgliedschaft, eigene Zwecke verfolgt werden. Zwar schließen sich Vereinsmitgliedschaft und Versicherung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII nicht grundsätzlich aus. Erbringt aber ein Mitglied eines Vereins eine Arbeitsleistung, die auf einer Mitgliedschaftspflicht beruht, dann ist es hierbei nicht als Wie-Beschäftigter nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII versichert (vgl. BSG, Urt. vom 29.09.1992 – 2 RU 38/91 sowie Urt. vom 13.08.2002 – B 2 U 29/01 R – Rn. 20 ff. jeweils noch zur Vorgängervorschrift des § 539 Abs. 2 RVO).

So aber liegt es hier nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens. Die Tätigkeit der Klägerin, aufgrund derer sie verunfallt ist, war bei Beachtung ihrer Handlungstendenz eigenwirtschaftlich. Dies folgt allerdings noch nicht aus dem Umstand, dass sie nach allen im Verfahren zutage getretenen Umständen ihr eigenes politisches Engagement dadurch hat ausüben wollen, dass sie sich als Aktivistin bei G. e.V. engagiert hat, sich in professionellen Klettertechniken hat ausbilden lassen und an entsprechenden Aktionen teilgenommen hat. Soweit der Ausgangs-bescheid hierauf zur Verneinung des Versicherungsschutzes abhebt, verwechselt er das bloße Handlungsmotiv mit dem Handlungszweck. Jedoch hat die Klägerin am Unfalltag erkennbar als Aktivistin von G. gehandelt und damit die Vereinsinteressen wahrgenommen. Als ehren-amtliches Mitglied von G. e.V. war sie nach § 5 Abs. 2 Satzung-G. auch gehalten, an entsprechenden Aktionen tatsächlich mitzuwirken, wollte sie nicht nach § 6 Abs. 3 c Satzung-G. ihrer Mitgliedschaft verlustig gehen. Damit ist sie in Ausübung ihrer mitgliedschaftlichen Verpflichtung tätig geworden und es sind diese Umstände auch nach außen in Gestalt der Aufschrift auf dem Banner und der erklärten Verantwortlichkeit von G. e.V. für die Aktion erkennbar gewesen und damit durch die objektiven Umstände des Einzelfalles bestätigt worden. Für die wertende Betrachtung der Handlungstendenz kommt es schließlich auf das rechtsförmliche Bestehen einer Mitgliedschaft im Sinne des deutschen Vereinsrechts nicht an. Ausreichend für die Feststellung eigenwirtschaftlichen Tätigwerdens ist vielmehr, wenn das Handeln des Verletzten erkennbar innerhalb des Rahmens einer zu dem Begünstigten bestehenden Sonderbeziehung erfolgt.

Die Wertung des unfallbringenden Verhaltens als eigenwirtschaftlich wird mit Blick auf die Sonderbeziehung der Verletzten zu G. e.V. auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass dem konkreten Tun eine besondere Gefährlichkeit innewohnte. Denn der Rahmen dessen, was aufgrund mitgliedschaftlicher Verpflichtung geschuldet wird, bemisst sich nach der Satzung und der Vereinsübung. Dabei muss der Maßstab für die allgemeine Vereinsübung nicht notwendig für alle Mitglieder gleich sein. Überträgt der Verein bestimmten Mitgliedern besondere Aufgaben, so treffen diese sowohl quantitativ als auch qualitativ besondere Mitgliedschaftspflichten. Für die Ermittlung der Handlungstendenz ist auch unter Beachtung der besonderen Gefahr eines Tuns allein maßgeblich, ob der Verein erwarten kann, dass bestimmte Aufgaben von geeigneten Mitgliedern wahrgenommen werden (BSG, Urt. vom 13.08.2002 – B 2 U 29/01 R – Rn. 24).

Schließlich scheidet auch Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Nr. 13 a SGB VII aus. Nach dieser Vorschrift sollen Personen abgesichert werden, die im öffentlichen Interesse Hilfe leisten. Dabei ist der Versicherungsschutz nach allgemeiner Auffassung, wie sie in der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urt. vom 13.09.2005 – B 2 U 6/05 R) zum Ausdruck kommt, auf solche Situationen beschränkt, in denen jedermann von Gesetzes wegen, d.h. nach § 323 e Strafgesetzbuch, zur Hilfeleistung verpflichtet ist. Denn nach dem Schutzzweck der Norm wird nur der Helfer in akuten Notfällen geschützt, niemals jedoch derjenige, der wie die Klägerin mit der Teilnahme an den Aktivitäten von G. e.V. auf eine allgemein drohende Gefahr nur aufmerksam macht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.

Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG ist nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
Saved