L 4 AS 220/12

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
53
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 53 AS 3133/09
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 AS 220/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Aufhebung und Erstattung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Der am 20. Januar 1966 geborene Kläger stand in der Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 30. November 2007 im Leistungsbezug nach dem SGB II. Im Einzelnen wurden dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 30. April 2005 Leistungen in monatlicher Höhe von 803,83 EUR, für die Zeit vom 1. Mai 2005 bis zum 31. Juli 2005 in Höhe von 830,00 EUR, für die Zeit vom 1. August 2005 bis zum 30. Juni 2006 in Höhe von 709,00 EUR, für die Zeit vom 1. Juli 2006 bis zum 31. August 2006 in Höhe von 466,00 EUR, für die Zeit vom 1. September 2006 bis zum 30. September 2006 in Höhe von 674,00 EUR, für die Zeit vom 1. Oktober 2006 bis zum 31. Oktober 2006 in Höhe von 709,00 EUR, für die Zeit vom 1. November 2006 bis zum 30. November 2006 in Höhe von 501,00 EUR, für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis zum 30. Juni 2007 in Höhe von 709,00 EUR, für die Zeit vom 1. Juli 2007 bis zum 31. Juli 2007 in Höhe von 711,00 EUR und für die Zeit vom 1. August 2007 bis zum 30. November 2007 in Höhe von 540,77 EUR bewilligt und ausbezahlt (Bescheide vom 10. Januar 2005, 3. Mai 2005, 22. Juli 2005, 3. Januar 2006, 17. Februar 2006, 6. April 2006, 10. Juli 2006, 27. November 2006, 28. November 2006, 25. April 2007, 2. Juni 2007, 7. August 2007 und 2. Oktober 2007).

Einkommen des Klägers wurde bei der Leistungsgewährung in diesem Zeitraum nicht angerechnet. In den jeweiligen Leistungs- und Weiterbewilligungsanträgen war die Frage nach Erwerbseinkommen vom Kläger stets verneint worden.

Am 14. Dezember 2006 teilte das Landeskriminalamt H. (LKA H.) dem für die Leistungsbewilligung zuständigen Sachbearbeiter des Beklagten telefonisch mit, dass gegen den Kläger wegen Betrugs ermittelt werde. Es bestehe der Verdacht, dass der Kläger durch die Veranstaltung von Partys Einkommen erziele.

Im Zuge polizeilicher Ermittlungen wurden Anfang des Jahres 2007 mehrere Zeugen zu den geschäftlichen Tätigkeiten des Klägers befragt. Im Juli 2007 erfolgte eine Durchsuchung der Wohnung des Klägers in der M.Straße. Hierbei wurden zahlreiche Unterlagen sichergestellt, die die Veranstaltung und Organisation von Partys durch den Kläger betrafen, darunter Verträge über die Anmietung von Veranstaltungsräumen, Gästelisten von Partyveranstaltungen und Mahnungen von Getränkelieferanten. Darüber hinaus wurden Unterlagen zu den Ausgaben des Klägers beschlagnahmt, u. a. ein vom Kläger geführtes Kassenbuch für die Zeit von Oktober 2006 bis Mai 2007.

Nach weiteren Ermittlungen teilte das LKA H. dem Beklagten am 3. Dezember 2007 mit, dass aus Sicht des LKA H. ausreichend belegt sei, dass der Kläger während des Leistungszeitraums in nicht unerheblichem Ausmaß unternehmerisch tätig gewesen und dabei hohe Gewinne erzielt habe. Mit Schreiben des Beklagten vom 4. Dezember 2007 wurde der Kläger vom Beklagten um Auskunft zu seiner Tätigkeit und zum hieraus erzielten Einkommen gebeten. Zu diesem Schreiben äußerte sich der Kläger nicht.

Mit Bescheid vom 6. Februar 2008 wurde der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum ab 1. Dezember 2007 abgelehnt. Zur Begründung hieß es, dass der Kläger keine Nachweise über sein Einkommen aus selbständiger Tätigkeit vorgelegt und die Hilfebedürftigkeit nicht nachgewiesen habe. Gegen diesen Bescheid wurde Widerspruch nicht erhoben.

Mit Bescheid vom 6. Mai 2008 hob der Beklagte die Leistungsbescheide für den Zeitraum von Januar 2005 bis November 2007 und die hierzu ergangenen Änderungsbescheide vollständig auf und forderte vom Kläger Leistungen in Höhe von 28.398,30 EUR zurück. Der Kläger sei während des gesamten Zeitraums unternehmerisch tätig gewesen, so dass ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht bestanden habe. Das Vertrauen des Klägers auf den Bestand der Leistungsbescheide sei nicht schutzwürdig, da der Kläger seinen Mitteilungspflichten nicht nachgekommen sei. Der Bescheid enthielt eine detaillierte Auflistung der für jeden Leistungsmonat zurückgeforderten Beträge.

Der Kläger erhob am 3. Juni 2008 Widerspruch gegen den Bescheid und machte zur Begründung geltend, dass die Vorwürfe des Beklagten unzutreffend seien. Um seine Verteidigung nicht zu gefährden, könne er zur Zeit keine weitere Aussage machen. Er bitte darum, das Strafverfahren abzuwarten.

Die Staatsanwaltschaft stellte im Mai 2009 das Strafverfahren gegen den Kläger im Hinblick auf das laufende Widerspruchsverfahren vorläufig nach § 154d Strafprozessordnung (StPO) ein.

Der Widerspruch des Klägers wurde vom Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 23. September 2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hieß es, dass der Kläger wahrheitswidrig die Erzielung von Einkommen aus einer selbständigen Tätigkeit nicht angegeben habe. Nach den polizeilichen Ermittlungen stehe fest, dass der Kläger über den gesamten Leistungszeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 30. November 2007 kommerziell, selbständig-unternehmerisch als Partyveranstalter tätig gewesen sei. Der Kläger habe zumindest grob fahrlässig unrichtige oder unvollständige Angaben zum Einkommen und Vermögen gemacht. Die erbrachten Leistungen seien zu erstatten.

Der Kläger hat am 27. Oktober 2009 Klage vor dem Sozialgericht Hamburg erhoben. Er hat im Klageverfahren zunächst beantragt, das sozialgerichtliche Klageverfahren bis zum Abschluss des Strafverfahrens auszusetzen. Das Sozialgericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 12. September 2011 abgelehnt. Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde hat das Landessozialgericht Hamburg mit Beschluss vom 28. Oktober 2011 zurückgewiesen (Az. L 5 AS 401/11 B).

Der Kläger hat zur weiteren Begründung seiner Klage geltend gemacht, dass er zwar - mit erheblichem Aufwand - Partys organisiert und veranstaltet habe. Einen Gewinn habe er damit jedoch nicht erwirtschaften können. Eine Liste der veranstalteten Partys habe er nicht geführt. Die Kosten der Partys seien dadurch finanziert worden, dass der Vermieter der Räumlichkeiten die Getränke vorab gekauft habe oder indem die Getränke auf Kommission gekauft worden seien. Teilweise habe der Kläger auch selbst Getränke beschafft, diese aber nicht bezahlen können. Der Kläger habe auch heute noch Schulden. Der Sachbearbeiter des Beklagten, Herr H., sei vom Kläger über die Tätigkeit als Partyveranstalter informiert worden.

Das Sozialgericht hat die Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Hamburg (Az. 3001 Js 14/07) beigezogen und den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2012 persönlich befragt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Mit Urteil vom 18. Juni 2012 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die angefochtenen Bescheide formell und materiell rechtmäßig seien. In formeller Hinsicht habe der Beklagte zwar den Kläger vor Erlass des Bescheids vom 6. Mai 2008 nicht angehört, dieser Verfahrensverstoß sei jedoch im Widerspruchsverfahren geheilt worden. In materieller Hinsicht sei das Bestimmtheitsgebot des § 33 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gewahrt. Rechtsgrundlage der Aufhebung der Leistungsbewilligung sei § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und § 45 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und Satz 3 Nr. 2 SGB X. Es sei zweifelhaft, ob der Kläger zum Zeitpunkt der ursprünglichen Leistungsbewilligung hilfebedürftig gewesen sei. Diese Zweifel gingen zu Lasten des Klägers. Unstreitig sei der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum als Partyveranstalter tätig gewesen. Dies ergebe sich zum einen aus den Ergebnissen des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens, zum anderen habe dies der Kläger selbst eingeräumt. Es lasse sich jedoch auch bei Ausschöpfung der dem Gericht zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten nicht sicher aufklären, in welcher Höhe der Kläger aus seiner Tätigkeit anrechenbares Einkommen erzielt habe. Die strafrechtlichen Ermittlungen zu dieser Frage ergäben kein einheitliches Bild. Es werde deutlich, dass der Kläger im Rahmen seiner Veranstaltertätigkeit Verpflichtungen in nicht unerheblichem Maße eingegangen sei. Die Angaben der von der Polizei vernommenen Zeugen seien sehr unterschiedlich und basierten lediglich auf eigenen Einschätzungen. Konkret belegte Beobachtungen und Unterlagen seien nicht vorhanden. Erst recht ließen sich den Angaben keine Einzelheiten zu den Einnahmen und den ihnen gegenüberstehenden Ausgaben entnehmen. Der Vortrag des Klägers, er habe mit den Partyveranstaltungen keine Gewinne gemacht, sei für sich genommen nicht geeignet, das Gericht davon zu überzeugen, dass er kein Einkommen erzielt habe. Das Gericht halte es nicht für plausibel, dass der Kläger über einen Zeitraum von drei Jahren Partys veranstaltet und hierfür einen erheblichen Aufwand an Arbeit und Geld betrieben habe, ohne daraus jemals einen Gewinn zu erzielen. Auch wenn eine selbständige Tätigkeit durchaus eine gewisse Anlaufphase benötige, sei es nicht lebensnah, dass sie über einen derart langen Zeitraum ohne eine Verbesserung der finanziellen Situation betrieben werde. Ein gewichtiges Indiz dafür, dass der Kläger aus seinen Veranstaltungen durchaus Geld zur eigenen Verwendung gehabt habe, sei darin zu sehen, dass er im Jahre 2006 immer wieder seine Miete durch Bareinzahlungen auf das Konto des Vermieters gezahlt habe. Anlass zu weiteren Ermittlungen zu den Einkommensverhältnissen des Klägers von Amts wegen habe das Gericht nicht. Zeugen für seine konkreten Einnahmen habe der Kläger nicht benannt. Schließlich sei auch darauf hinzuweisen, dass selbst für den Fall, dass die Einnahmen des Klägers aus den Partys vollständig für seine damit zusammenhängenden Ausgaben aufgebraucht worden seien, dies nicht automatisch bedeute, dass kein nach dem SGB II anrechenbares Einkommen vorhanden sei. Ob alle geltend gemachten Ausgaben auch tatsächlich von den erzielten Einnahmen abzusetzen seien, habe nicht der Kläger zu entscheiden, sondern sei nach den maßgeblichen Regelungen der Arbeitslosengeld II/ Sozialgeld-Verordnung (Alg II-VO) zu prüfen.

Die Beweislast für die Frage des anzurechnenden Einkommens und damit der Hilfebedürftigkeit treffe vorliegend den Kläger. Zwar habe im Falle einer rückwirkenden Aufhebung grundsätzlich der Beklagte die tatsächlichen Umstände zu beweisen, die eine Zurücknahme der ursprünglichen Leistungsbewilligung rechtfertigten. Ergebe sich jedoch nach Ausschöpfung der zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten, dass in der persönlichen Sphäre oder in der Verantwortungssphäre des Leistungsempfängers wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar seien, sei eine Umkehr dieser grundsätzlichen Beweislastverteilung gerechtfertigt. Die Einkommenssituation sei vorliegend allein der Verantwortungssphäre des Klägers zuzuordnen. Eine besondere, dem Kläger anzulastende Beweisnähe, die die Umkehr der Beweislast rechtfertige, begründe sich daraus, dass der Kläger es unterlassen habe, Aufzeichnungen über die Einnahmen und Ausgaben im Zusammenhang mit seiner Tätigkeit als Partyveranstalter zu machen. Der Kläger könne sich auch nicht auf schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der ursprünglichen Bewilligungsbescheide berufen. Der Kläger habe dem Beklagten nicht mitgeteilt, dass er Einnahmen aus seiner selbständigen Tätigkeit als Partyveranstalter gehabt habe. Der Kläger könne sich insoweit auch nicht darauf berufen, er habe dem Mitarbeiter des Beklagten Herrn H. mitgeteilt, dass er Partys veranstalte. Selbst wenn dies der Wahrheit entspreche, so habe der Kläger jedenfalls nicht mitgeteilt, dass und in welcher Höhe er aus seiner Tätigkeit Einnahmen erziele. Der Kläger habe hierbei zumindest grob fahrlässig gehandelt. Die Höhe der Erstattung ergebe sich aus § 50 Abs. 1 SGB X. Berechnungsfehler zu Lasten des Klägers seien nicht erkennbar.

Gegen das am 25. Juni 2012 zugestellte Urteil hat der Kläger am 2. Juli 2012 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt, dass seine Tätigkeit als Partyveranstalter ihm keine Einnahmen beschert habe. Die Erkenntnisse aus dem Strafverfahren machten deutlich, dass er hohe Schulden gehabt habe. Die Durchsuchung habe keine Hinweise auf Einkommen ergeben. Gegenüber dem Sachbearbeiter Herrn H. habe er wahrheitsgemäß erklärt, dass Einnahmen aus der selbständigen Tätigkeit nicht erzielt worden seien und Einkommen nicht vorhanden sei.

Der anwaltlich vertretene Kläger, der zu der mündlichen Verhandlung vom 9. Juli 2015 nicht erschienen ist, beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 18. Juni 2012 und den Bescheid des Beklagten vom 6. Mai 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. September 2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er beruft sich auf die Gründe der angefochtenen Bescheide und des erstinstanzlichen Urteils.

Der Beklagte hat im Berufungsverfahren eine dienstliche Stellungnahme von Herrn H. vom 10. Dezember 2012 vorgelegt. Herr H. hat darin erklärt, dass eine Genehmigung der selbständigen Tätigkeit durch ihn nicht erfolgt sei. Es sei ihm bis zur Mitteilung der Polizei nicht bekannt gewesen, dass der Kläger selbständig tätig gewesen sei. Der Kläger habe die Frage nach Einnahmen aus einer Selbständigkeit verneint. Daher sei während des Leistungsbezugs kein Einkommen angerechnet worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte, der Verwaltungsakte der Beklagten und der beigezogenen staatsanwaltschaftlichen Akten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind und bei der Beratung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben worden.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zur Recht hat das Sozialgericht die Klage gegen die Aufhebungs- und Erstattungsbescheide abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig. Der Senat nimmt gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug auf die zutreffende Begründung des Sozialgerichts im Urteil vom 18. Juni 2012. Dies gilt insbesondere für die Bewertung der Beweis- bzw. Feststellungslast. Das Sozialgericht hat im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 10.9.2013 - B 4 AS 89/12 R; Urteil vom 24.5.2006 - B 11a AL 7/05 R; Urteil vom 21.3.2007 - B 11a AL 21/06 R) und des erkennenden Senats (vgl. LSG Hamburg, Urteil vom 21.6.2012 - L 4 AS 193/10) eine Ausnahme von der grundsätzlichen Beweislastverteilung bejaht. Dies ist im vorliegenden Fall gerechtfertigt, da die zu prüfenden Umstände, die Höhe und der Zeitpunkt des Einkommenszuflusses, im Verantwortungsbereich des Klägers wurzeln und nicht erkennbar ist, wie der Sachverhalt durch andere Beweismittel weiter aufgeklärt werden könnte. Kein Zweifel besteht hierbei an der Tatsache, dass der Kläger Partys in einem erheblichen Umfang organisiert und über die Verwendung der Einnahmen in eigener Verantwortung entschieden hat. Dies hat der Kläger gegenüber dem Sozialgericht in der mündlichen Verhandlung vom 18. Juni 2012 nochmals bestätigt. Über die Höhe der Einnahmen und Ausgaben hat der Kläger hingegen konkrete Angaben nicht gemacht. Seine Einlassung, er habe während des gesamten Zeitraums keinerlei Gewinne erzielt, ist nicht glaubhaft. Der erhebliche, vom Kläger selbst geschilderte Aufwand bei der Durchführung der Partys, die bei der polizeilichen Durchsuchung im Juli 2007 beschlagnahmten Verträge über die Anmietung und Nutzung der Veranstaltungslokale "P." und "L." sowie die Belege über die hohen finanziellen Ausgaben des Klägers im betreffenden Zeitraum bestätigen die Annahme, dass der Kläger in der Zeit ab Januar 2005 Einkommen aus seiner Tätigkeit erwirtschaftete und nicht hilfebedürftig im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II war.

Das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren rechtfertigt keine andere Beurteilung. Soweit der Kläger geltend macht, dass sich aus den bei der Durchsuchung im Jahre 2007 beschlagnahmten Unterlagen kein Hinweis auf Einkommen ergeben habe, folgt der Senat diesem Einwand nicht. Zwar ist richtig, dass weder Kontoauszüge, Bargeld oder Sparbücher gefunden wurden. Die in der Wohnung des Klägers aufgefundenen Unterlagen belegen jedoch eindeutig, dass der Kläger im hier maßgeblichen Zeitraum Ausgaben getätigt hat, die er keinesfalls mit den ihm bewilligten Leistungen nach dem SGB II hätte bestreiten können. So ergeben sich aus dem vom Kläger angelegten Kassenbuch für den Zeitraum von Oktober 2006 bis Mai 2007 Ausgaben in Höhe von ca. 1.300,00 EUR monatlich, wobei es sich nach den Aufzeichnungen des Klägers überwiegend um Ausgaben für Telefon und Benzin handelt, bei denen eine Zahlung auf Kredit unwahrscheinlich ist. Kosten für Lebensmittel sind in dieser Aufstellung nur in sehr geringem Umfang genannt, so dass davon auszugehen ist, dass der Kläger hierfür noch weitere Mittel zur Verfügung gehabt haben muss. Höhere Barzahlungen des Klägers sind im Übrigen auch in weiteren Unterlagen dokumentiert. So hat der Kläger an den Vermieter seiner damaligen Wohnung in der Straße A. im November 2006 einen Betrag in Höhe von 1.242,95 EUR gezahlt und im März 2006 einen Betrag in Höhe von 1.156,95 EUR. Auch die Miete für das ab April 2005 angemietete Lokal "P." hat der Kläger laut des Mahnschreibens der Vermieter vom 30. Januar 2006 zumindest in den Monaten Mai und Juni 2005 in Höhe von 2.600,00 EUR bzw. 3.950,00 EUR gezahlt. Die Höhe der vom Kläger getätigten Ausgaben lassen den Schluss zu, dass er durch seine selbständige Tätigkeit im gesamten Zeitraum oder jedenfalls im überwiegenden Zeitraum des Leistungsbezugs bedarfsdeckendes Einkommen erwirtschaftet hat. Dies ist vom Kläger nicht mit plausiblen Einwänden widerlegt worden. Die Feststellungs- und Beweislast trifft insoweit – wie das Sozialgericht zutreffend ausgeführt hat – den Kläger. Die Beweislastumkehr führt zugleich dazu, dass die Voraussetzungen des Ausschlusses von Vertrauensschutz nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X als gegeben anzusehen sind (vgl. LSG Hamburg, Urt. v. vom 21.6.2012 - L 4 AS 193/10).

Der Senat hat keine Veranlassung gesehen, weiteren Beweis durch die Vernehmung von Zeugen zu erheben. Seitens des Klägers war im Berufungsverfahren zunächst die Vernehmung des Sachbearbeiters des Beklagten, Herrn H., angeregt worden. Über die im vorliegenden Fall maßgebliche Frage, welche Einkünfte der Kläger in den Jahren 2005 bis 2007 erwirtschaftet hat, kann Herr H. jedoch ersichtlich keine Auskunft geben, da der Kläger ihm gegenüber – was nicht streitig und nicht zweifelhaft ist – Einkünfte nicht angegeben hat. Ob und zu welchem Zeitpunkt der Kläger Herrn H. mitgeteilt haben könnte, dass er als Partyveranstalter – ohne Erzielung von Gewinn – tätig sei oder tätig werden wolle, kann deshalb dahinstehen. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang allerdings, dass Herr H. erst nach dem Umzug des Klägers in die A.Straße im Spätsommer 2005 für den Kläger zuständig war und sich aus der Verwaltungsakte des Beklagten keinerlei Hinweise ergeben, dass eine Mitteilung über die selbständige Tätigkeit erfolgt sein könnte. Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat auf die Anfrage des Senats im Rahmen der mündlichen Verhandlung gleichfalls erklärt, dass eine Vernehmung von Herrn H. nicht mehr erforderlich sei.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.

Die Revision ist nicht nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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