L 2 AL 16/15

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 14 AL 739/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 16/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die 1940 in F. geborene Klägerin absolvierte nach ihrer Übersiedlung nach Deutschland im Jahr 1965 in den Jahren von 1968 bis 1971 eine Ausbildung zur Krankenschwester, war im Anschluss als solche beschäftigt. Nach Ende der Beschäftigung bezog sie von Anfang 1983 bis Mitte März 1985 Leistungen der Beklagten. Im Rentenversicherungsverlauf findet sich dann eine Lücke bis Mitte Oktober 1989. Ein letzter Pflichtbeitrag zur Rentenversicherung wurde für Februar 1996 entrichtet. Danach war die Klägerin nicht mehr erwerbstätig. Seit Mai 2005 bezieht sie eine Regelaltersrente in Höhe von knapp 400 EUR monatlich und ergänzend laufende Hilfe zum Lebensunterhalt vom Grundsicherungsträger.

Am 15. Oktober 2012 hat die Klägerin beim Sozialgericht Berlin Klage gegen die Beklagte erhoben und deren Verurteilung zur Zahlung "verlorenen Arbeitsverdienstes" "bis" bzw. ab 18. März 1985 – dem Tag der Beendigung der Zahlung von Arbeitslosenhilfe – nebst 4 % Zinsen begehrt. Nach Verweisung an das örtlich zuständige Sozialgericht Hamburg mit Beschluss vom 6. November 2012 hat jenes vergeblich versucht, einen Erörterungstermin mit der Klägerin durchzuführen, nachdem die Beklagte mitgeteilt hatte, dass eine Leistungsakte wegen deren Vernichtung nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist nicht mehr existiere, aktuell kein Verwaltungsakt ergangen und die Klage deshalb unzulässig sei.

Nach zwei Postrückläufen und fehlender Reaktion der Klägerin auf einen dritten Versuch, sie zur Absicht anzuhören, die Klage durch Gerichtsbescheid abzuweisen, hat das Sozialgericht zunächst eine erneute Anhörung öffentlich zugestellt und anschließend mit Gerichtsbescheid vom 12. März 2014 die Klage als unzulässig abgewiesen. Dabei hat es den Schriftsätzen der Klägerin das Begehren entnommen, die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 18. März 1985 Leistungen zu gewähren. Diese Klage sei unzulässig. Es gebe keinen anfechtbaren Verwaltungsakt, und auch eine echte Leistungsklage sowie eine Feststellungsklage seien nicht zulässig. Auch den Gerichtsbescheid hat das Sozialgericht öffentlich zugestellt. Er ist am 13. März 2014 an die Gerichtstafel geheftet und am 22. April 2014 von dieser abgenommen worden.

Am 13. März 2015 sind zwei Schriftsätze der Klägerin unter Angabe des erstinstanzlichen Aktenzeichens eingegangen, in denen unter anderem eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt worden ist. Dieses Begehren hat sie unter ausdrücklicher Aufrechterhaltung der Klage mit mehreren Schriftsätzen wiederholt, nachdem das Sozialgericht sie darauf hingewiesen hatte, dass die Klage bereits mit Gerichtsbescheid vom 12. März 2014 als unzulässig abgewiesen und dieser öffentlich zugestellt worden sei.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 12. März 2014 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr ab 18. März 1985 Leistungen zzgl. 4 % Zinsen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat durch Beschluss vom 3. Juni 2015 die Berufung dem Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet (§ 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und der mit Beschluss vom 13. Juli 2015 den Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Berufungsverfahrens wegen fehlender hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt hat.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 23. September 2015, die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) Berufung ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht (§ 151 SGG) eingelegt worden. Die Berufungsfrist ist nicht versäumt worden, weil es an einer die Frist in Gang setzenden wirksamen Zustellung des angefochtenen Gerichtsbescheids fehlt. Die öffentliche Zustellung nach § 63 Abs. 2 Satz 1 SGG in Verbindung mit §§ 185 bis 188 Zivilprozessordnung ist auf Fälle beschränkt, in denen sie als letzte Möglichkeit übrig bleibt, nachdem alle geeigneten und zumutbaren Nachforschungen angestellt wurden, um den Aufenthalt des Zustellungsadressaten zu ermitteln (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 63 Rn. 17,17b mit weiteren Nachweisen). Dies ist vorliegend nicht der Fall gewesen. Die postalische Erreichbarkeit der Klägerin war zwar nicht immer gewährleistet, die Adressen wechselten, zwischenzeitlich war nur eine Postfachadresse bekannt und zwei Anhörungen zur Absicht des Sozialgerichts, die Klage durch Gerichtsbescheid zurückzuweisen, sind zurückgelaufen, weil der Empfänger nicht zu ermitteln gewesen ist. Danach sind jedoch Ermittlungen zu einer etwaigen aktuellen Anschrift der Klägerin unterblieben, und die Gerichtspost hat die Klägerin entgegen der Annahme des Sozialgerichts tatsächlich unter der dann gewählten Postfachadresse erreicht, wie sich aus der Übersendung des nicht ausgefüllten Empfangsbekenntnisses auf Blatt 58 der Prozessakte ergibt, das die Klägerin offensichtlich im Rahmen eines beim Landessozialgericht anhängigen Rechtsstreits eingereicht und das das Landessozialgericht an die zuständige Kammer des Sozialgerichts weitergeleitet hatte.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird, abgewiesen. Im Verfahren vor dem Landessozialgericht ist nichts vorgetragen worden, was zu einer anderen Bewertung Anlass gäbe. Entsprechend ist der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts mit Beschluss des Berichterstatters vom 13. Juli 2015 abgelehnt worden. Auch auf diesen Beschluss nimmt der Senat Bezug und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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