Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 38 KR 1054/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 62/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. 3. Die Revision wird nicht zugelassen. 4. Der Streitwert wird auf 5.391,62 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Niederschlagung bzw. den Erlass von Sozialversicherungsbeiträgen.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 27. April 2012 mit, dass für den Mitarbeiter des Klägers – Herrn O.K. – noch Beiträge zur Sozialversicherung für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 30. September 2011 in Höhe von 5.510,62 Euro zu zahlen seien, zzgl. 667,- Euro Säumniszuschläge und 14,- Euro Mahngebühren/Kosten der Zwangsvollstreckung. Er werde gebeten die vereinbarten Raten in Höhe von 400,- Euro auf die Forderung weiterhin monatlich zu entrichten.
Mit Schreiben vom 13. Juni 2012 beantragte der Kläger die "Stundung und Niederschlagung" der Forderung. Zur Begründung führte er aus, dass sein inzwischen verstorbener Mitarbeiter Herr K. ihn um einen hohen fünfstelligen Betrag geschädigt habe, da dieser seit 2003 bereits frankierte Ausgangspost nicht an die Post aufgegeben und diverse an den Kläger gerichtete Schreiben diesem nicht ausgehändigt habe, sondern heimlich bei sich zu Hause verwahrt habe. Es sei davon auszugehen, dass Herr K. die Postunterschlagung aufgrund krankhafter psychischer Störung begangen habe. Bei Kenntnis dieser Störung wäre seiner Einschätzung nach Herr K. schon vor Jahren krankgeschrieben worden. Nach Ablauf der Entgeltfortzahlung hätte seine gesetzliche Lohnfortzahlungspflicht geendet und ein Anspruch auf Krankengeld bestanden. Es würde gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn die Beklagte indirekt davon profitieren würde, dass die Krankheit nicht rechtzeitig entdeckt worden sei.
Mit Bescheid vom 20. Juni 2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sich die Forderung durch die Zahlung zweier weiterer Raten um 800,- Euro auf 5.391,62 Euro reduziert habe und lehnte den Antrag ab. Die Forderung könne nicht erlassen werden.
Der Kläger legte dagegen mit Schreiben vom 9. Juli 2012 Widerspruch ein. Er befinde sich in einer wirtschaftlichen Notsituation. Die Forderung sei daher niederzuschlagen, zumindest jedoch zu stunden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. August 2012 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Ablehnung einer Stundung oder Niederschlagung der Sach- und Rechtslage entspreche und den Kläger daher nicht in seinen Rechten verletze. Die vereinbarte Zahlung der geschuldeten Beiträge in Raten von 400,- Euro monatlich berücksichtige die wirtschaftliche Situation in angemessener Form.
Der Kläger hat am 31. August 2012 Klage erhoben und die Aufhebung der ablehnenden Bescheide der Beklagten sowie die "Niederschlagung" der in Rede stehenden Beitragsforderung beantragt.
Das Sozialgericht hat dem Kläger mit gerichtlicher Verfügung vom 19. Januar 2016 die Gelegenheit gegeben, konkrete Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zu machen und entsprechende Belege einzureichen.
Sodann hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21. Juni 2016 abgewiesen. Der Kläger habe einen Anspruch auf Niederschlagung der Beitragsforderung weder dargelegt noch belegt. Nach § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) dürfe der Versicherungsträger Ansprüche nur niederschlagen, wenn feststehe, dass die Einziehung keinen Erfolg haben werde, oder wenn die Kosten der Einziehung außer Verhältnis zur Höhe des Anspruchs stünden. Nach § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB IV treffe für Ansprüche auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag die Beklagte als zuständige Einzugsstelle die Entscheidung über die Niederschlagung. Die Niederschlagung sei eine Maßnahme, mit der von der Weiterverfolgung eines fälligen Anspruchs vorübergehend oder auf Dauer abgesehen werde. Die Niederschlagung dürfe gemäß gesetzlicher Anordnung nur nach objektiven Kriterien erfolgen; persönliche Verhältnisse seien nicht zu berücksichtigen. Ob die Einziehung objektiv keinen Erfolg haben werde, beurteile sich nach den wirtschaftlichen Verhältnissen, d.h. nach den aktuellen und künftigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Schuldners. Der Kläger sei trotz des gerichtlichen Hinweises vom 19. Januar 2016 nicht bereit gewesen, konkrete Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zu machen und entsprechende Belege beim Gericht einzureichen. Aus diesem Grund könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Einziehung der Forderung keinen Erfolg haben werde. Darüber hinaus stünden die Kosten einer Einziehung auch nicht außer Verhältnis zur Höhe des Anspruchs. Die vom Kläger vorgetragenen aus seiner Sicht bestehenden Unbilligkeitsgründe könnten im Rahmen einer Niederschlagung keine Berücksichtigung finden.
Gegen den ihm am 24. Juni 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 7. Juli 2016 Berufung eingelegt. Er trägt vor, dass von Beginn an ersichtlich gewesen sei, dass er der Sache nach einen Erlass der Beitragsforderung begehre, da sich die Beitragseinziehung aufgrund des Fehlverhaltens des Herrn K. als unbillig darstelle. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Beitragseinziehung existenzvernichtende oder -gefährdende Auswirkungen habe. Entscheidend sei vielmehr, dass durch das Fehlverhalten des Herrn K. ihm ein erheblicher Schaden entstanden sei, zumal seine arbeitsgerichtliche Klage auf Schadensersatz gegen die Erben des Herrn K. keinen Erfolg gehabt habe und er durch die Kosten dieses Verfahrens zusätzlich geschädigt sei. Es sei nicht zumutbar, dass er nun für diesen Angestellten auch noch Sozialversicherungsabgaben zahlen solle.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Gerichtsbescheides vom 21. Juni 2016 den Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2012 und den Widerspruchsbescheid vom 31. August 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Forderung der ausstehenden Sozialversicherungsbeiträge für den verstorbenen Mitarbeiter des Klägers Herrn O.K. für die Zeit vom 11. Januar 2011 bis zum 30. September 2011 zu erlassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es sei unerheblich, ob eine Niederschlagung oder ein Erlass begehrt werde. In beiden Fällen sei unerlässlich, dass der Kläger seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse darlege. Dies habe er trotz Aufforderung des Sozialgerichts nicht gemacht.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte (VA) der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 SGG) Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Allerdings geht das Gericht davon aus, dass Gegenstand dieses Verfahrens zumindest auch die Frage des Erlasses der in Rede stehenden Beitragsforderung ist. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass er von Beginn an die Unbilligkeit des Beitragseinzugs geltend gemacht hat, die er darin begründet sieht, dass der Mitarbeiter, für den die Beiträge geleistet werden sollen, ihm einen erheblich Schaden zugefügt habe. Mit diesem Gedanken hat sich auch die Beklagte im Verwaltungsverfahren auseinandergesetzt. So ist in dem Bescheid vom 20. Juni 2012 sogar ausdrücklich von einem "Erlassen" der Forderung die Rede. Zudem hat sich die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung zu der Frage des Erlasses eingelassen und ausgeführt, dass für sie unter diesem Blickwinkel kein Anlass zur Änderung ihrer Rechtsauffassung bestehe. Vor diesem Hintergrund ist es nicht maßgebend, dass der Kläger bei der jeweiligen Antragstellung nicht den rechtstechnischen Begriff des Erlasses, sondern den der Niederschlagung verwendet hat.
Die so verstandene Klage hat jedoch keinen Erfolg.
Was die Frage der Niederschlagung betrifft, so scheint der Kläger dieses Anliegen mit der Berufung nicht mehr weiterzuverfolgen. In jedem Fall hat jedoch das Sozialgericht zutreffend dargelegt, dass die Voraussetzungen für eine Niederschlagung nicht vorliegen. Hierauf wird nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Auch sind die Voraussetzungen des von dem Kläger begehrten Erlasses nicht gegeben.
Nach § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB IV dürfen Beitragsansprüche nur erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Dabei ist zwischen persönlichen und sachlichen Unbilligkeitsgründen zu unterscheiden (vgl. auch § 9 Abs. 2 Einheitliche Grundsätze zur Erhebung von Beiträgen, zur Stundung, zur Niederschlagung und zum Erlass sowie zum Vergleich von Beitragsansprüchen (Beitragserhebungsgrundsätze – BerhGs)).
Die Prüfung der persönlichen Unbilligkeitsgründe erfordert immer eine Kenntnis der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners. Da der Kläger – wie ausdrücklich in der Berufungsbegründung nochmals betont – diese nicht offenlegen möchte, ist die Feststellung einer persönlichen Unbilligkeit nicht möglich.
Auch eine sachliche Unbilligkeit kann entgegen der Ansicht des Klägers nicht angenommen werden. Letztlich läuft die Argumentation des Klägers darauf hinaus, dass eine Schlechtleistung durch den Arbeitnehmer sich auch auf die Ebene der Beitragserhebung auswirken müsse, indem sie hier die Voraussetzungen für einen Erlass der Beitragsforderung schaffen würde. Dieser Argumentation kann sich das Gericht selbst dann nicht anschließen, wenn man davon ausgeht, dass der Kläger durch seinen Mitarbeiter in erheblichem Maße geschädigt wurde. Denn die Frage der Schlechtleistung und deren schadensrechtliche Auswirkungen sind auf dem Wege des arbeitsrechtlichen bzw. zivilrechtlichen Rechtsschutzes zu klären. Die Qualität der Arbeitsleistung ist hingegen kein Kriterium der Beitragserhebung und es fehlt damit auch jeder Anhaltspunkt für deren Berücksichtigung im Rahmen eines beitragsrechtlichen Erlasses. Der Kläger selbst ist nach seinem Vortrag gerade diesen Weg des arbeitsgerichtlichen Verfahrens auch gegangen. Dass das Verfahren keinen Erfolg hatte, ist unerheblich. Denn der Erlass im Beitragsverfahren kann erst Recht keine Kompensationsmöglichkeit für die Erfolglosigkeit eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens darstellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Niederschlagung bzw. den Erlass von Sozialversicherungsbeiträgen.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 27. April 2012 mit, dass für den Mitarbeiter des Klägers – Herrn O.K. – noch Beiträge zur Sozialversicherung für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 30. September 2011 in Höhe von 5.510,62 Euro zu zahlen seien, zzgl. 667,- Euro Säumniszuschläge und 14,- Euro Mahngebühren/Kosten der Zwangsvollstreckung. Er werde gebeten die vereinbarten Raten in Höhe von 400,- Euro auf die Forderung weiterhin monatlich zu entrichten.
Mit Schreiben vom 13. Juni 2012 beantragte der Kläger die "Stundung und Niederschlagung" der Forderung. Zur Begründung führte er aus, dass sein inzwischen verstorbener Mitarbeiter Herr K. ihn um einen hohen fünfstelligen Betrag geschädigt habe, da dieser seit 2003 bereits frankierte Ausgangspost nicht an die Post aufgegeben und diverse an den Kläger gerichtete Schreiben diesem nicht ausgehändigt habe, sondern heimlich bei sich zu Hause verwahrt habe. Es sei davon auszugehen, dass Herr K. die Postunterschlagung aufgrund krankhafter psychischer Störung begangen habe. Bei Kenntnis dieser Störung wäre seiner Einschätzung nach Herr K. schon vor Jahren krankgeschrieben worden. Nach Ablauf der Entgeltfortzahlung hätte seine gesetzliche Lohnfortzahlungspflicht geendet und ein Anspruch auf Krankengeld bestanden. Es würde gegen Treu und Glauben verstoßen, wenn die Beklagte indirekt davon profitieren würde, dass die Krankheit nicht rechtzeitig entdeckt worden sei.
Mit Bescheid vom 20. Juni 2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sich die Forderung durch die Zahlung zweier weiterer Raten um 800,- Euro auf 5.391,62 Euro reduziert habe und lehnte den Antrag ab. Die Forderung könne nicht erlassen werden.
Der Kläger legte dagegen mit Schreiben vom 9. Juli 2012 Widerspruch ein. Er befinde sich in einer wirtschaftlichen Notsituation. Die Forderung sei daher niederzuschlagen, zumindest jedoch zu stunden.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 7. August 2012 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass die Ablehnung einer Stundung oder Niederschlagung der Sach- und Rechtslage entspreche und den Kläger daher nicht in seinen Rechten verletze. Die vereinbarte Zahlung der geschuldeten Beiträge in Raten von 400,- Euro monatlich berücksichtige die wirtschaftliche Situation in angemessener Form.
Der Kläger hat am 31. August 2012 Klage erhoben und die Aufhebung der ablehnenden Bescheide der Beklagten sowie die "Niederschlagung" der in Rede stehenden Beitragsforderung beantragt.
Das Sozialgericht hat dem Kläger mit gerichtlicher Verfügung vom 19. Januar 2016 die Gelegenheit gegeben, konkrete Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zu machen und entsprechende Belege einzureichen.
Sodann hat das Sozialgericht die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21. Juni 2016 abgewiesen. Der Kläger habe einen Anspruch auf Niederschlagung der Beitragsforderung weder dargelegt noch belegt. Nach § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) dürfe der Versicherungsträger Ansprüche nur niederschlagen, wenn feststehe, dass die Einziehung keinen Erfolg haben werde, oder wenn die Kosten der Einziehung außer Verhältnis zur Höhe des Anspruchs stünden. Nach § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB IV treffe für Ansprüche auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag die Beklagte als zuständige Einzugsstelle die Entscheidung über die Niederschlagung. Die Niederschlagung sei eine Maßnahme, mit der von der Weiterverfolgung eines fälligen Anspruchs vorübergehend oder auf Dauer abgesehen werde. Die Niederschlagung dürfe gemäß gesetzlicher Anordnung nur nach objektiven Kriterien erfolgen; persönliche Verhältnisse seien nicht zu berücksichtigen. Ob die Einziehung objektiv keinen Erfolg haben werde, beurteile sich nach den wirtschaftlichen Verhältnissen, d.h. nach den aktuellen und künftigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen des Schuldners. Der Kläger sei trotz des gerichtlichen Hinweises vom 19. Januar 2016 nicht bereit gewesen, konkrete Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen zu machen und entsprechende Belege beim Gericht einzureichen. Aus diesem Grund könne nicht davon ausgegangen werden, dass die Einziehung der Forderung keinen Erfolg haben werde. Darüber hinaus stünden die Kosten einer Einziehung auch nicht außer Verhältnis zur Höhe des Anspruchs. Die vom Kläger vorgetragenen aus seiner Sicht bestehenden Unbilligkeitsgründe könnten im Rahmen einer Niederschlagung keine Berücksichtigung finden.
Gegen den ihm am 24. Juni 2016 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 7. Juli 2016 Berufung eingelegt. Er trägt vor, dass von Beginn an ersichtlich gewesen sei, dass er der Sache nach einen Erlass der Beitragsforderung begehre, da sich die Beitragseinziehung aufgrund des Fehlverhaltens des Herrn K. als unbillig darstelle. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Beitragseinziehung existenzvernichtende oder -gefährdende Auswirkungen habe. Entscheidend sei vielmehr, dass durch das Fehlverhalten des Herrn K. ihm ein erheblicher Schaden entstanden sei, zumal seine arbeitsgerichtliche Klage auf Schadensersatz gegen die Erben des Herrn K. keinen Erfolg gehabt habe und er durch die Kosten dieses Verfahrens zusätzlich geschädigt sei. Es sei nicht zumutbar, dass er nun für diesen Angestellten auch noch Sozialversicherungsabgaben zahlen solle.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Gerichtsbescheides vom 21. Juni 2016 den Bescheid der Beklagten vom 20. Juni 2012 und den Widerspruchsbescheid vom 31. August 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Forderung der ausstehenden Sozialversicherungsbeiträge für den verstorbenen Mitarbeiter des Klägers Herrn O.K. für die Zeit vom 11. Januar 2011 bis zum 30. September 2011 zu erlassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Es sei unerheblich, ob eine Niederschlagung oder ein Erlass begehrt werde. In beiden Fällen sei unerlässlich, dass der Kläger seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse darlege. Dies habe er trotz Aufforderung des Sozialgerichts nicht gemacht.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Prozessakte und der beigezogenen Verwaltungsakte (VA) der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 SGG) Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Allerdings geht das Gericht davon aus, dass Gegenstand dieses Verfahrens zumindest auch die Frage des Erlasses der in Rede stehenden Beitragsforderung ist. Zutreffend weist der Kläger darauf hin, dass er von Beginn an die Unbilligkeit des Beitragseinzugs geltend gemacht hat, die er darin begründet sieht, dass der Mitarbeiter, für den die Beiträge geleistet werden sollen, ihm einen erheblich Schaden zugefügt habe. Mit diesem Gedanken hat sich auch die Beklagte im Verwaltungsverfahren auseinandergesetzt. So ist in dem Bescheid vom 20. Juni 2012 sogar ausdrücklich von einem "Erlassen" der Forderung die Rede. Zudem hat sich die Beklagte in ihrer Berufungserwiderung zu der Frage des Erlasses eingelassen und ausgeführt, dass für sie unter diesem Blickwinkel kein Anlass zur Änderung ihrer Rechtsauffassung bestehe. Vor diesem Hintergrund ist es nicht maßgebend, dass der Kläger bei der jeweiligen Antragstellung nicht den rechtstechnischen Begriff des Erlasses, sondern den der Niederschlagung verwendet hat.
Die so verstandene Klage hat jedoch keinen Erfolg.
Was die Frage der Niederschlagung betrifft, so scheint der Kläger dieses Anliegen mit der Berufung nicht mehr weiterzuverfolgen. In jedem Fall hat jedoch das Sozialgericht zutreffend dargelegt, dass die Voraussetzungen für eine Niederschlagung nicht vorliegen. Hierauf wird nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.
Auch sind die Voraussetzungen des von dem Kläger begehrten Erlasses nicht gegeben.
Nach § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB IV dürfen Beitragsansprüche nur erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Dabei ist zwischen persönlichen und sachlichen Unbilligkeitsgründen zu unterscheiden (vgl. auch § 9 Abs. 2 Einheitliche Grundsätze zur Erhebung von Beiträgen, zur Stundung, zur Niederschlagung und zum Erlass sowie zum Vergleich von Beitragsansprüchen (Beitragserhebungsgrundsätze – BerhGs)).
Die Prüfung der persönlichen Unbilligkeitsgründe erfordert immer eine Kenntnis der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Schuldners. Da der Kläger – wie ausdrücklich in der Berufungsbegründung nochmals betont – diese nicht offenlegen möchte, ist die Feststellung einer persönlichen Unbilligkeit nicht möglich.
Auch eine sachliche Unbilligkeit kann entgegen der Ansicht des Klägers nicht angenommen werden. Letztlich läuft die Argumentation des Klägers darauf hinaus, dass eine Schlechtleistung durch den Arbeitnehmer sich auch auf die Ebene der Beitragserhebung auswirken müsse, indem sie hier die Voraussetzungen für einen Erlass der Beitragsforderung schaffen würde. Dieser Argumentation kann sich das Gericht selbst dann nicht anschließen, wenn man davon ausgeht, dass der Kläger durch seinen Mitarbeiter in erheblichem Maße geschädigt wurde. Denn die Frage der Schlechtleistung und deren schadensrechtliche Auswirkungen sind auf dem Wege des arbeitsrechtlichen bzw. zivilrechtlichen Rechtsschutzes zu klären. Die Qualität der Arbeitsleistung ist hingegen kein Kriterium der Beitragserhebung und es fehlt damit auch jeder Anhaltspunkt für deren Berücksichtigung im Rahmen eines beitragsrechtlichen Erlasses. Der Kläger selbst ist nach seinem Vortrag gerade diesen Weg des arbeitsgerichtlichen Verfahrens auch gegangen. Dass das Verfahren keinen Erfolg hatte, ist unerheblich. Denn der Erlass im Beitragsverfahren kann erst Recht keine Kompensationsmöglichkeit für die Erfolglosigkeit eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens darstellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
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