Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 59 VE 31/13
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 VE 3/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 15. Dezember 2015 wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen Angriffs geworden ist und deswegen Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) hat.
Der am xxxxx 1962 geborene Kläger i. Staatsangehörigkeit erlitt am 22. Oktober 2005 auf dem Gelände der Tankstelle an der C.-Straße in H. einen Riss des vorderen Kreuzbandes am linken Knie, der operativ versorgt werden musste und in dessen Heilungsverlauf sich als medizinische Komplikation eine Arthrofibrose entwickelte.
Der Geschehensablauf im Einzelnen ist umstritten. Während der Kläger in seiner Anzeige vorgetragen hatte, er habe sich gegen 23 Uhr auf dem Tankstellengelände gegen ein geparktes Fahrzeug gelehnt, weil es ihm plötzlich nicht gut gegangen sei, als ein ihm unbekannter Mann (F.K.) plötzlich da gewesen und ihn angeschrien sowie von dem Auto so stark weggeschubst habe, dass er gefallen sei, hatte Herr K. den Vorgang dahingehend geschildert, dass er gesehen habe, wie der Kläger sich an seinen Wagen gelehnt und an der Fahrerseite an beiden Türgriffen gezogen habe, um die Türen zu öffnen. Als er den Kläger habe zur Rede stellen wollen, sei dieser geflüchtet und dabei gestürzt. Erst danach sei es zu einem Wortgefecht gekommen. Später habe er den Kläger wieder gesehen als dieser erneut getestet habe, ob geparkte Pkws verschlossen seien. Zeugen des Vorfalls gab es keine.
Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen (gegen den Kläger wegen des Vortäuschens einer Straftat, gegen Herrn K. wegen Körperverletzung) endeten jeweils durch Einstellung der Verfahren.
Den Antrag des Klägers auf Versorgung nach dem OEG lehne die Beklagte nach Auswertung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten und der Unterlagen des M.-Krankenhauses mit Bescheid vom 4. Januar 2007 ab, den dagegen gerichteten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2013 zurück. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger ausweislich der Unterlagen der Staatsanwaltschaft bereits im Jahre 2004 versucht habe, Türen parkender Fahrzeuge zu öffnen, sei die Darstellung des Vorfalls durch Herrn K. durchaus schlüssig und glaubhaft. Damit stehe nicht zweifelsfrei fest, dass ein Schädigungstatbestand im Sinne des § 1 OEG vorliege. Die Folgen der Beweislosigkeit gingen zu Lasten des Klägers.
Die Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 15. Dezember 2015 abgewiesen. Zwar könne auch ein Schubsen oder Stoßen einen tätlichen Angriff im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG darstellen, aber ein solcher Ablauf sei hier nicht erwiesen. Da im Falle des Klägers die Beweiserleichterung nach § 15 Satz 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) nicht zur Anwendung komme, müsse ein tätlicher Angriff im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, feststehen. Unabhängig davon sei seine Schilderung des Ablaufs jedoch noch nicht einmal überwiegend wahrscheinlich, sondern stelle nur eine bloße Möglichkeit dar, weil die Darstellung von Herrn K. zumindest genauso wahrscheinlich sei. Für den von diesem geschilderten Ablauf spreche, dass der Kläger ausweislich der Unterlagen des Polizeikommissariats 41 in früheren Jahren mehrfach beim Ziehen an Türgriffen von Fahrzeugen beobachtet wurde. Auch wenn der Wahrheitsgehalt dieser Unterlagen wegen des Zeitablaufs nicht mehr überprüft werden könne, führe ihr Vorhandensein dazu, dass der Vortrag des Klägers jedenfalls nicht wahrscheinlicher sei als die Aussage von Herrn K ...
Gegen diese ihm am 17. Februar 2016 zugestellte Entscheidung hat der Kläger die bereits am 5. Februar 2016 zu Protokoll gegebene Berufung eingelegt. Eine Berufungsbegründung hat er nicht vorgelegt, die Berufung jedoch auch nach Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags durch den Beschluss des Senats vom 2. Mai 2016 aufrechterhalten.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 15. Dezember 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der gesundheitlichen Folgen des tätlichen Angriffs vom 22. Oktober 2005 Beschädigtenversorgung nach dem OEG in Verbindung mit dem BVG zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die erstinstanzliche Entscheidung sei zutreffend. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Sie sind Gegenstand der Beratung und Entscheidung des Senats gewesen.
II.:
Das Gericht kann gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen, da es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher gehört worden.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar, Rz. 9 zu § 151 SGG) und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers (vgl. §§ 143, 144, 151 SGG) ist nicht begründet.
Wie das Sozialgericht im angegriffenen Urteil zutreffend ausführt, ist es noch nicht einmal überwiegend wahrscheinlich, dass sich das Ereignis am 22. Oktober 2005 so zugetragen hat, wie der Kläger dies schildert. Die Darstellung, wie sie Herrn K. gegenüber der Polizei geschildert hat, ist zumindest genauso wahrscheinlich, zumal der Kläger in früherer Zeit öfters dabei beobachtet wurde, wie er – aus welchen Gründen auch immer – das Verschlossensein von Pkw-Türen prüfte. Darüber hinaus scheidet eine Beweiserleichterung gemäß § 15 Satz 1 KOVVfG aus, wonach Angaben der Antragsteller, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen, der Entscheidung zu Grunde zu legen sind, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind. Wie das Sozialgericht auch insoweit richtig darlegt, sind die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht gegeben. Da das Sozialgericht die auf Entschädigung gerichtete Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen hat, sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf die dortigen Ausführungen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen diesen Beschluss nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen der §§ 153 Abs. 4 Satz 3, 158 Satz 3 i. V. m. § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Gründe:
I.:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger Opfer eines vorsätzlichen, rechtswidrigen Angriffs geworden ist und deswegen Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) hat.
Der am xxxxx 1962 geborene Kläger i. Staatsangehörigkeit erlitt am 22. Oktober 2005 auf dem Gelände der Tankstelle an der C.-Straße in H. einen Riss des vorderen Kreuzbandes am linken Knie, der operativ versorgt werden musste und in dessen Heilungsverlauf sich als medizinische Komplikation eine Arthrofibrose entwickelte.
Der Geschehensablauf im Einzelnen ist umstritten. Während der Kläger in seiner Anzeige vorgetragen hatte, er habe sich gegen 23 Uhr auf dem Tankstellengelände gegen ein geparktes Fahrzeug gelehnt, weil es ihm plötzlich nicht gut gegangen sei, als ein ihm unbekannter Mann (F.K.) plötzlich da gewesen und ihn angeschrien sowie von dem Auto so stark weggeschubst habe, dass er gefallen sei, hatte Herr K. den Vorgang dahingehend geschildert, dass er gesehen habe, wie der Kläger sich an seinen Wagen gelehnt und an der Fahrerseite an beiden Türgriffen gezogen habe, um die Türen zu öffnen. Als er den Kläger habe zur Rede stellen wollen, sei dieser geflüchtet und dabei gestürzt. Erst danach sei es zu einem Wortgefecht gekommen. Später habe er den Kläger wieder gesehen als dieser erneut getestet habe, ob geparkte Pkws verschlossen seien. Zeugen des Vorfalls gab es keine.
Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen (gegen den Kläger wegen des Vortäuschens einer Straftat, gegen Herrn K. wegen Körperverletzung) endeten jeweils durch Einstellung der Verfahren.
Den Antrag des Klägers auf Versorgung nach dem OEG lehne die Beklagte nach Auswertung der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten und der Unterlagen des M.-Krankenhauses mit Bescheid vom 4. Januar 2007 ab, den dagegen gerichteten Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2013 zurück. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger ausweislich der Unterlagen der Staatsanwaltschaft bereits im Jahre 2004 versucht habe, Türen parkender Fahrzeuge zu öffnen, sei die Darstellung des Vorfalls durch Herrn K. durchaus schlüssig und glaubhaft. Damit stehe nicht zweifelsfrei fest, dass ein Schädigungstatbestand im Sinne des § 1 OEG vorliege. Die Folgen der Beweislosigkeit gingen zu Lasten des Klägers.
Die Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 15. Dezember 2015 abgewiesen. Zwar könne auch ein Schubsen oder Stoßen einen tätlichen Angriff im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG darstellen, aber ein solcher Ablauf sei hier nicht erwiesen. Da im Falle des Klägers die Beweiserleichterung nach § 15 Satz 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) nicht zur Anwendung komme, müsse ein tätlicher Angriff im Sinne des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, feststehen. Unabhängig davon sei seine Schilderung des Ablaufs jedoch noch nicht einmal überwiegend wahrscheinlich, sondern stelle nur eine bloße Möglichkeit dar, weil die Darstellung von Herrn K. zumindest genauso wahrscheinlich sei. Für den von diesem geschilderten Ablauf spreche, dass der Kläger ausweislich der Unterlagen des Polizeikommissariats 41 in früheren Jahren mehrfach beim Ziehen an Türgriffen von Fahrzeugen beobachtet wurde. Auch wenn der Wahrheitsgehalt dieser Unterlagen wegen des Zeitablaufs nicht mehr überprüft werden könne, führe ihr Vorhandensein dazu, dass der Vortrag des Klägers jedenfalls nicht wahrscheinlicher sei als die Aussage von Herrn K ...
Gegen diese ihm am 17. Februar 2016 zugestellte Entscheidung hat der Kläger die bereits am 5. Februar 2016 zu Protokoll gegebene Berufung eingelegt. Eine Berufungsbegründung hat er nicht vorgelegt, die Berufung jedoch auch nach Ablehnung des Prozesskostenhilfeantrags durch den Beschluss des Senats vom 2. Mai 2016 aufrechterhalten.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 15. Dezember 2015 sowie den Bescheid der Beklagten vom 4. Januar 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der gesundheitlichen Folgen des tätlichen Angriffs vom 22. Oktober 2005 Beschädigtenversorgung nach dem OEG in Verbindung mit dem BVG zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, die erstinstanzliche Entscheidung sei zutreffend. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Prozessakte sowie die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. Sie sind Gegenstand der Beratung und Entscheidung des Senats gewesen.
II.:
Das Gericht kann gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen, da es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind vorher gehört worden.
Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig, SGG-Kommentar, Rz. 9 zu § 151 SGG) und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers (vgl. §§ 143, 144, 151 SGG) ist nicht begründet.
Wie das Sozialgericht im angegriffenen Urteil zutreffend ausführt, ist es noch nicht einmal überwiegend wahrscheinlich, dass sich das Ereignis am 22. Oktober 2005 so zugetragen hat, wie der Kläger dies schildert. Die Darstellung, wie sie Herrn K. gegenüber der Polizei geschildert hat, ist zumindest genauso wahrscheinlich, zumal der Kläger in früherer Zeit öfters dabei beobachtet wurde, wie er – aus welchen Gründen auch immer – das Verschlossensein von Pkw-Türen prüfte. Darüber hinaus scheidet eine Beweiserleichterung gemäß § 15 Satz 1 KOVVfG aus, wonach Angaben der Antragsteller, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, soweit sie nach den Umständen des Falles glaubhaft erscheinen, der Entscheidung zu Grunde zu legen sind, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind. Wie das Sozialgericht auch insoweit richtig darlegt, sind die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht gegeben. Da das Sozialgericht die auf Entschädigung gerichtete Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen hat, sieht der Senat von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf die dortigen Ausführungen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.
Der Senat hat die Revision gegen diesen Beschluss nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen der §§ 153 Abs. 4 Satz 3, 158 Satz 3 i. V. m. § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
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