Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
4
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 13 AS 1266/16
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 4 AS 449/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen ein Gutachten des Ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit vom 11. Juni 2015.
Der 1957 geborene Kläger bezog vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Im Mai 2015 beauftragte der Beklagte den Ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit mit der Erstellung eines Gutachtens zur Frage der Leistungsfähigkeit des Klägers. Der Ärztliche Dienst fertigte am 11. Juni 2015 ein Gutachten nach Aktenlage an, in dem festgestellt wurde, dass eine psychische Dauerbehinderung das Leistungsvermögen des Klägers derart einschränke, dass er eine regelmäßige Tätigkeit von mindestens drei Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr verrichten könne. Es sei von einer dauerhaften Leistungsunfähigkeit auszugehen.
Am 10. September 2015 beantragte der Kläger den Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Hamburg, das Verfahren wurde dort unter dem Aktenzeichen S 13 AS 34334/15 ER geführt. Der Kläger machte im Rahmen des Eilantrages geltend, erneut begutachtet und persönlich untersucht werden zu wollen. Mit Beschluss vom 30. Oktober 2015 wies das Sozialgericht den Eilantrag des Klägers zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb ohne Erfolg (L 4 AS 485/15 B ER).
Am 2. April 2016 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht erhoben, mit der er sich erneut gegen das ärztliche Gutachten vom 11. Juni 2015 wendet. Er hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt, er sei in F. geboren und in M. aufgewachsen. Dort habe er wegen Haschischkonsums das Gymnasium nicht beenden können. Wieder zurück in F. habe er das Abitur nachholen können. Er habe danach begonnen, Jura zu studieren, und nur denkbar knapp das zweite Staatsexamen nicht bestanden. Weitere berufliche Hoffnungen – das Steuerberater-Examen – hätten sich zerschlagen. Es habe ein Drogenentzug stattgefunden, bei dem er folgenschwere Erfahrungen habe machen müssen. Darüber hinaus hat der Kläger Angaben zu einer erlittenen Bisswunde durch einen Hund gemacht.
Mit Bescheid vom 30. Juni 2016 hat der Beklagte die Entscheidungen über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II mit Wirkung ab 1. August 2016 aufgehoben mit der Begründung, der Kläger sei nicht mehr erwerbsfähig und daher nicht mehr anspruchsberechtigt nach dem SGB II. Der Kläger hat keinen Widerspruch erhoben.
Das Sozialgericht hat den Beteiligten mit Schreiben vom 7. Oktober 2016 mitgeteilt, es sei beabsichtigt, ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür seien erfüllt, einer Zustimmung der Beteiligten bedürfe es nicht.
Mit Gerichtsbescheid vom 3. November 2016 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat dabei das Vorbringen des Klägers so verstanden, dass sich dieser gegen das Gutachten des Ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit vom 11. Juni 2015 wende und eine neue Gutachtenerstellung mit persönlicher Untersuchung begehre. Die Klage sei bereits unzulässig. Eine Anfechtungsklage komme nicht in Betracht, da es sich bei dem ärztlichen Gutachten vom 11. Juni 2015 mangels unmittelbarer Außenwirkung nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) handele. Eine Verpflichtungsklage scheide aus, da auch die Vornahme einer persönlichen Untersuchung des Klägers kein Verwaltungsakt sei. Als Leistungsklage sei die Klage wegen der Subsidiarität dieser Klageart zur Anfechtungs- und Verpflichtungsklage unzulässig. Der Kläger sei insoweit auf ein Vorgehen gegen die Ablehnung der Leistungsbewilligung zu verweisen. Schließlich sei auch eine Feststellungsklage unzulässig, da es nicht um ein Rechtsverhältnis gehe. Der gesundheitliche Zustand des Klägers sei lediglich eine Vorfrage; eine Feststellungsklage in Bezug auf ein derartiges einzelnes Element sei unzulässig.
Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 15. November 2016 zugestellt worden, am 15. Dezember 2016 hat er Berufung eingelegt. Er trägt vor, er übe seit August 2016 einen Minijob als Fabrikarbeiter aus, ferner sei ein Patent für ein von ihm entwickeltes Trainingsschachbrett angemeldet worden. Wegen des Gutachtens vom 11. Juni 2015 sei er verrentet worden, die Rentenentscheidung befinde sich im Widerspruchsverfahren. Das Sozialgericht habe ihm rechtliches Gehör verweigert, das dem Gerichtsbescheid vorausgegangene Schreiben des Gerichts vom 7. Oktober 2016 erfülle nicht die an eine Anhörungsmitteilung zu stellenden Anforderungen. Das Sozialgericht habe eingeräumt, sein Klagebegehren nicht präzisieren zu können, es habe damit gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen. Er wende sich allein gegen das Gutachten vom 11. Juni 2015, insbesondere begehre er nicht die Durchführung einer persönlichen Untersuchung. Der Kläger macht ferner weitere Ausführungen zu seiner Lebensgeschichte und zu erfolgten medizinischen Behandlungen.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid vom 3. November 2016 aufzuheben und 1. das Gutachten vom 11. Juni 2015 aufzuheben sowie 2. festzustellen, dass das Gutachten vom 11. Juni 2015 unzutreffend und beleidigend ist.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Die vom Kläger beantragte Akteneinsicht in das vollständige Gutachten vom 11. Juni 2015 ist ihm zwischenzeitlich gewährt worden. Mit Beschluss vom 21. Februar 2017 hat der Senat die Berufung nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Nach § 153 Abs. 5 SGG kann der Senat durch die Berichterstatterin und die ehrenamtlichen Richter entscheiden.
Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Der Umstand, dass das gerichtliche Schreiben vom 7. Oktober 2016 mangels Hinweises auf die Möglichkeit einer Stellungnahme seitens der Beteiligten (vgl. hierzu B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 105 Rn. 10) wohl nicht den Anforderungen genügt, die an die gemäß § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG vor einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid erforderliche Anhörung zu stellen sind, hindert den Senat nicht daran, in der Sache zu entscheiden. Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif, für eine Zurückverweisung an das Sozialgericht nach § 159 Abs. 1 SGG ist kein Raum.
In der Sache hat das Sozialgericht die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung als unzulässig abgewiesen.
Soweit der Kläger die Aufhebung des Gutachtens vom 11. Juni 2015 begehrt, ist die Klage zunächst nicht als Anfechtungsklage statthaft. Anfechtungsklagen können sich nur gegen Verwaltungsakte im Sinne von § 31 SGB X richten. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Ein Gutachten, das eine Behörde im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 20 SGB X) zur Aufklärung des Sachverhalts einholt, ist kein Verwaltungsakt in diesem Sinne. Derartige Gutachten haben nämlich keinen Regelungscharakter, sondern dienen dazu, das Vorliegen- oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch zu klären, um dann einen regelnden Verwaltungsakt (hier etwa die Bewilligung oder Ablehnung von Leistungen nach dem SGB II bzw. die Aufhebung einer erfolgten Bewilligung) erlassen zu können (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.3.2012 – L 2 AL 8/12 B). Ist ein Gutachten fehlerhaft, so kann dies zur Rechtswidrigkeit des auf seiner Grundlage erlassenen Verwaltungsakts führen. Anfechtbar ist dann aber erst dieser Verwaltungsakt.
Die auf die Aufhebung des Gutachtens gerichtete Klage ist ferner nicht als Leistungsklage im Hinblick auf § 84 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB X zulässig. Nach § 84 Abs. 1 SGB X sind Sozialdaten zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind; § 84 Abs. 2 SGB X bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Sozialdaten zu löschen sind. Beide Ansprüche können jedoch nicht unmittelbar mit der Leistungsklage geltend gemacht werden, da über sie zunächst von der Behörde durch Verwaltungsakt zu entscheiden ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 21.3.2006 – B 2 U 24/04 R; Bieresborn, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 84 Rn. 9). Erst nach Durchführung eines Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens kann eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage erhoben werden. An einem solchen vorherigen Verwaltungsverfahren fehlt es hier aber.
Die Klage ist schließlich auch mit dem Feststellungsantrag unzulässig. Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG kann mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Unter einem Rechtsverhältnis werden die Rechtsbeziehungen zwischen Personen oder zwischen Personen und Gegenständen verstanden, die sich aus einem Sachverhalt aufgrund einer Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 55 Rn. 4 m.w.N.). Die Feststellungsklage kann dabei nicht nur auf die Feststellung des Rechtsverhältnisses insgesamt gerichtet sein, sondern auch auf die Feststellung einzelner Rechte und Pflichten aus einem Rechtsverhältnis. Die Frage nach der Richtigkeit des Gutachtens bzw. nach der Leistungs(un)fähigkeit des Klägers ist weder ein Rechtsverhältnis im oben genannten Sinne, noch geht es dabei um einzelne Rechte und Pflichten aus einem Rechtsverhältnis. Vielmehr ist die Leistungs(un)fähigkeit des Klägers eine persönliche Eigenschaft, die als Vorfrage eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Kläger und dem Beklagten von Belang sein kann. Eine auf die Feststellung eines derartigen einzelnen Elements gerichtete Klage ist in der Regel nicht zulässig (vgl. Keller, a.a.O. Rn. 9 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kommt eine Ausnahme nur dann in Betracht, wenn anzunehmen ist, dass durch die Elementen-Feststellungsklage der (zukünftige) Streit der Beteiligten insgesamt bereinigt ist (vgl. BSG, Urteil vom 15.6.2016 – B 4 AS 45/15 R m.w.N.). Dies ist hier jedoch nicht gegeben bzw. fehlt es jedenfalls an einem berechtigten Feststellungsinteresse. Die Leistungs(un)fähigkeit des Klägers ist im Verhältnis zum Beklagten von Bedeutung für die Frage möglicher Ansprüche auf Leistungen nach dem SGB II. Einer Leistungsgewährung steht jedoch bereits die Bestandskraft des Aufhebungsbescheids vom 30. Juni 2016 entgegen, den der Kläger nicht angefochten hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen ein Gutachten des Ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit vom 11. Juni 2015.
Der 1957 geborene Kläger bezog vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Im Mai 2015 beauftragte der Beklagte den Ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit mit der Erstellung eines Gutachtens zur Frage der Leistungsfähigkeit des Klägers. Der Ärztliche Dienst fertigte am 11. Juni 2015 ein Gutachten nach Aktenlage an, in dem festgestellt wurde, dass eine psychische Dauerbehinderung das Leistungsvermögen des Klägers derart einschränke, dass er eine regelmäßige Tätigkeit von mindestens drei Stunden täglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr verrichten könne. Es sei von einer dauerhaften Leistungsunfähigkeit auszugehen.
Am 10. September 2015 beantragte der Kläger den Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Hamburg, das Verfahren wurde dort unter dem Aktenzeichen S 13 AS 34334/15 ER geführt. Der Kläger machte im Rahmen des Eilantrages geltend, erneut begutachtet und persönlich untersucht werden zu wollen. Mit Beschluss vom 30. Oktober 2015 wies das Sozialgericht den Eilantrag des Klägers zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb ohne Erfolg (L 4 AS 485/15 B ER).
Am 2. April 2016 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht erhoben, mit der er sich erneut gegen das ärztliche Gutachten vom 11. Juni 2015 wendet. Er hat hierzu im Wesentlichen ausgeführt, er sei in F. geboren und in M. aufgewachsen. Dort habe er wegen Haschischkonsums das Gymnasium nicht beenden können. Wieder zurück in F. habe er das Abitur nachholen können. Er habe danach begonnen, Jura zu studieren, und nur denkbar knapp das zweite Staatsexamen nicht bestanden. Weitere berufliche Hoffnungen – das Steuerberater-Examen – hätten sich zerschlagen. Es habe ein Drogenentzug stattgefunden, bei dem er folgenschwere Erfahrungen habe machen müssen. Darüber hinaus hat der Kläger Angaben zu einer erlittenen Bisswunde durch einen Hund gemacht.
Mit Bescheid vom 30. Juni 2016 hat der Beklagte die Entscheidungen über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II mit Wirkung ab 1. August 2016 aufgehoben mit der Begründung, der Kläger sei nicht mehr erwerbsfähig und daher nicht mehr anspruchsberechtigt nach dem SGB II. Der Kläger hat keinen Widerspruch erhoben.
Das Sozialgericht hat den Beteiligten mit Schreiben vom 7. Oktober 2016 mitgeteilt, es sei beabsichtigt, ohne mündliche Verhandlung und ohne Hinzuziehung ehrenamtlicher Richter durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür seien erfüllt, einer Zustimmung der Beteiligten bedürfe es nicht.
Mit Gerichtsbescheid vom 3. November 2016 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat dabei das Vorbringen des Klägers so verstanden, dass sich dieser gegen das Gutachten des Ärztlichen Dienstes der Bundesagentur für Arbeit vom 11. Juni 2015 wende und eine neue Gutachtenerstellung mit persönlicher Untersuchung begehre. Die Klage sei bereits unzulässig. Eine Anfechtungsklage komme nicht in Betracht, da es sich bei dem ärztlichen Gutachten vom 11. Juni 2015 mangels unmittelbarer Außenwirkung nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne von § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) handele. Eine Verpflichtungsklage scheide aus, da auch die Vornahme einer persönlichen Untersuchung des Klägers kein Verwaltungsakt sei. Als Leistungsklage sei die Klage wegen der Subsidiarität dieser Klageart zur Anfechtungs- und Verpflichtungsklage unzulässig. Der Kläger sei insoweit auf ein Vorgehen gegen die Ablehnung der Leistungsbewilligung zu verweisen. Schließlich sei auch eine Feststellungsklage unzulässig, da es nicht um ein Rechtsverhältnis gehe. Der gesundheitliche Zustand des Klägers sei lediglich eine Vorfrage; eine Feststellungsklage in Bezug auf ein derartiges einzelnes Element sei unzulässig.
Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 15. November 2016 zugestellt worden, am 15. Dezember 2016 hat er Berufung eingelegt. Er trägt vor, er übe seit August 2016 einen Minijob als Fabrikarbeiter aus, ferner sei ein Patent für ein von ihm entwickeltes Trainingsschachbrett angemeldet worden. Wegen des Gutachtens vom 11. Juni 2015 sei er verrentet worden, die Rentenentscheidung befinde sich im Widerspruchsverfahren. Das Sozialgericht habe ihm rechtliches Gehör verweigert, das dem Gerichtsbescheid vorausgegangene Schreiben des Gerichts vom 7. Oktober 2016 erfülle nicht die an eine Anhörungsmitteilung zu stellenden Anforderungen. Das Sozialgericht habe eingeräumt, sein Klagebegehren nicht präzisieren zu können, es habe damit gegen den Amtsermittlungsgrundsatz verstoßen. Er wende sich allein gegen das Gutachten vom 11. Juni 2015, insbesondere begehre er nicht die Durchführung einer persönlichen Untersuchung. Der Kläger macht ferner weitere Ausführungen zu seiner Lebensgeschichte und zu erfolgten medizinischen Behandlungen.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid vom 3. November 2016 aufzuheben und 1. das Gutachten vom 11. Juni 2015 aufzuheben sowie 2. festzustellen, dass das Gutachten vom 11. Juni 2015 unzutreffend und beleidigend ist.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf die Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid.
Die vom Kläger beantragte Akteneinsicht in das vollständige Gutachten vom 11. Juni 2015 ist ihm zwischenzeitlich gewährt worden. Mit Beschluss vom 21. Februar 2017 hat der Senat die Berufung nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) der Berichterstatterin zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Nach § 153 Abs. 5 SGG kann der Senat durch die Berichterstatterin und die ehrenamtlichen Richter entscheiden.
Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Der Umstand, dass das gerichtliche Schreiben vom 7. Oktober 2016 mangels Hinweises auf die Möglichkeit einer Stellungnahme seitens der Beteiligten (vgl. hierzu B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 105 Rn. 10) wohl nicht den Anforderungen genügt, die an die gemäß § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG vor einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid erforderliche Anhörung zu stellen sind, hindert den Senat nicht daran, in der Sache zu entscheiden. Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif, für eine Zurückverweisung an das Sozialgericht nach § 159 Abs. 1 SGG ist kein Raum.
In der Sache hat das Sozialgericht die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung als unzulässig abgewiesen.
Soweit der Kläger die Aufhebung des Gutachtens vom 11. Juni 2015 begehrt, ist die Klage zunächst nicht als Anfechtungsklage statthaft. Anfechtungsklagen können sich nur gegen Verwaltungsakte im Sinne von § 31 SGB X richten. Nach dieser Vorschrift ist ein Verwaltungsakt jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Ein Gutachten, das eine Behörde im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes (§ 20 SGB X) zur Aufklärung des Sachverhalts einholt, ist kein Verwaltungsakt in diesem Sinne. Derartige Gutachten haben nämlich keinen Regelungscharakter, sondern dienen dazu, das Vorliegen- oder Nichtvorliegen der Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch zu klären, um dann einen regelnden Verwaltungsakt (hier etwa die Bewilligung oder Ablehnung von Leistungen nach dem SGB II bzw. die Aufhebung einer erfolgten Bewilligung) erlassen zu können (vgl. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 22.3.2012 – L 2 AL 8/12 B). Ist ein Gutachten fehlerhaft, so kann dies zur Rechtswidrigkeit des auf seiner Grundlage erlassenen Verwaltungsakts führen. Anfechtbar ist dann aber erst dieser Verwaltungsakt.
Die auf die Aufhebung des Gutachtens gerichtete Klage ist ferner nicht als Leistungsklage im Hinblick auf § 84 Abs. 1 oder Abs. 2 SGB X zulässig. Nach § 84 Abs. 1 SGB X sind Sozialdaten zu berichtigen, wenn sie unrichtig sind; § 84 Abs. 2 SGB X bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Sozialdaten zu löschen sind. Beide Ansprüche können jedoch nicht unmittelbar mit der Leistungsklage geltend gemacht werden, da über sie zunächst von der Behörde durch Verwaltungsakt zu entscheiden ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 21.3.2006 – B 2 U 24/04 R; Bieresborn, in: von Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Auflage 2014, § 84 Rn. 9). Erst nach Durchführung eines Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens kann eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage erhoben werden. An einem solchen vorherigen Verwaltungsverfahren fehlt es hier aber.
Die Klage ist schließlich auch mit dem Feststellungsantrag unzulässig. Nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG kann mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat. Unter einem Rechtsverhältnis werden die Rechtsbeziehungen zwischen Personen oder zwischen Personen und Gegenständen verstanden, die sich aus einem Sachverhalt aufgrund einer Norm für das Verhältnis mehrerer Personen untereinander oder einer Person zu einer Sache ergeben (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/ Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 55 Rn. 4 m.w.N.). Die Feststellungsklage kann dabei nicht nur auf die Feststellung des Rechtsverhältnisses insgesamt gerichtet sein, sondern auch auf die Feststellung einzelner Rechte und Pflichten aus einem Rechtsverhältnis. Die Frage nach der Richtigkeit des Gutachtens bzw. nach der Leistungs(un)fähigkeit des Klägers ist weder ein Rechtsverhältnis im oben genannten Sinne, noch geht es dabei um einzelne Rechte und Pflichten aus einem Rechtsverhältnis. Vielmehr ist die Leistungs(un)fähigkeit des Klägers eine persönliche Eigenschaft, die als Vorfrage eines Rechtsverhältnisses zwischen dem Kläger und dem Beklagten von Belang sein kann. Eine auf die Feststellung eines derartigen einzelnen Elements gerichtete Klage ist in der Regel nicht zulässig (vgl. Keller, a.a.O. Rn. 9 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts kommt eine Ausnahme nur dann in Betracht, wenn anzunehmen ist, dass durch die Elementen-Feststellungsklage der (zukünftige) Streit der Beteiligten insgesamt bereinigt ist (vgl. BSG, Urteil vom 15.6.2016 – B 4 AS 45/15 R m.w.N.). Dies ist hier jedoch nicht gegeben bzw. fehlt es jedenfalls an einem berechtigten Feststellungsinteresse. Die Leistungs(un)fähigkeit des Klägers ist im Verhältnis zum Beklagten von Bedeutung für die Frage möglicher Ansprüche auf Leistungen nach dem SGB II. Einer Leistungsgewährung steht jedoch bereits die Bestandskraft des Aufhebungsbescheids vom 30. Juni 2016 entgegen, den der Kläger nicht angefochten hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
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