Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 14 AL 357/16
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 14/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung wird als unzulässig verworfen. 2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg).
Der am xxxxx 1978 geborene Kläger arbeitete zunächst ab dem 1. März 2012 als angestellter Rechtsanwalt bei der Kanzlei R., wo er ausweislich der Arbeitgeberauskunft im Jahr 2015 ein sozialversicherungsrechtliches Bruttoarbeitsentgelt von 64.023,61 Euro erzielte. Nachdem der Kläger das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 29. September 2015 zum 31. Dezember 2015 gekündigt hatte, stellte der Arbeitgeber ihn ab dem 12. Oktober 2015 bei Fortzahlung des Arbeitsentgelts unwiderruflich von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung frei.
Der Kläger meldete sich am 1. Oktober 2015 persönlich arbeitssuchend und beantragte am 18. Oktober 2015 Alg, wobei er angab, er werde alle zumutbaren Möglichkeiten nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Zum Eintritt einer Sperrzeit angehört erklärte er, es gebe bei der Kanzlei R. keine Karriereperspektive für ihn. Er habe den Wunsch, Partner zu werden, in Personalgesprächen deutlich gemacht, jedoch seien sämtliche Partnerpositionen vergeben.
Mit Bescheid vom 18. Januar 2016 (i.F.: Sperrzeitbescheid) stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. Januar 2016 bis zum 24. März 2016 fest. Sie führte aus, der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis durch Eigenkündigung beendet und hierfür auch keinen wichtigen Grund gehabt. Zur Begründung seines am 15. Februar 2016 erhobenen Widerspruchs führte der Kläger aus, er sei in eine berufliche Sackgasse geraten, nachdem er – um Beruf und Familie in Einklang zu bringen – Elternzeit genommen und zuletzt nur noch vier Tage in der Woche gearbeitet habe. Im Übrigen sei eine Sperrzeit ausgehend von der unwiderruflichen Freistellung durch den Arbeitgeber zu berechnen. Somit sei die Sperrzeit bereits abgelaufen gewesen. Die Beklagte änderte den Sperrzeitbescheid nach Anhörung des Klägers mit Bescheid vom 29. April 2016 dahingehend ab, dass der Eintritt einer Sperrzeit vom 12. Oktober 2015 bis zum 3. Januar 2016 festgestellt werde. Auch nach Ablauf der Sperrzeit bestehe kein Alg-Anspruch, da der Kläger den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 31. Mai 2016 hat der Kläger Klage erhoben und hierbei die Aufhebung des Sperrzeitbescheides (hilfsweise die Vorverlegung des Eintritts auf den 6. Oktober 2015) sowie die Zahlung von Alg "mit Ablauf der Ruhenszeiten" begehrt. Er hat ausführlich zur Frage nach dem Vorliegen eines wichtigen Grundes vorgetragen.
Die Beklagte ist bei ihrer Auffassung geblieben.
Durch Gerichtsbescheid vom 5. April 2017 (dem Kläger zugestellt am 7. April 2017) hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Dem schriftlichen Vorbringen des Klägers sei zu entnehmen, dass er Alg für die Zeit vom 1. Januar 2016 bis zum 4. Januar 2016 begehre. Ein solcher Anspruch stehe ihm jedoch nicht zu. Auf einen wichtigen Grund könne sich der Kläger nicht berufen, denn zwingende Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses seien weder dargetan noch ersichtlich. Einen Anspruch auf Alg für den 4. Januar 2016 habe er nicht, da er nicht verfügbar gewesen sei. Er habe bereits sämtliche Schritte für eine selbstständige Tätigkeit als Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt getan. Einen Ausspruch über die Zulassung der Berufung enthält der Tenor des Gerichtsbescheides nicht. Ausgangs der Entscheidungsgründe heißt es hierzu, die Berufung bedürfe nicht der Zulassung, weil es dem Kläger hauptsächlich nicht um Alg, sondern um den im Klageverfahren mit dem Aktenzeichen S 14 AL 234/16 geltend gemachten Gründungszuschuss gehe.
Der Kläger hat am 4. Mai 2017 Berufung eingelegt.
Er hat sein Begehren dahingehend präzisiert, dass er Alg für den 4. Januar 2016 begehre. Weiter führt er aus, die Berufung sei statthaft, denn das Sozialgericht habe eindeutig zu erkennen gegeben, dass es die Berufung habe ermöglichen wollen. Es sehe das Klagebegehren im vorliegenden Verfahren und das im Berufungsverfahren mit dem Aktenzeichen L 2 AL 13/17 als miteinander verbunden an. In der Sache sei er bei seiner Kündigung noch nicht auf die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit festgelegt gewesen und wäre Vermittlungsvorschlägen nachgegangen, um für den Fall des Scheiterns der Vorbereitung für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit vorzubeugen. Es sei ihm gerade darum gegangen, möglichst lange zweigleisig zu fahren. Im Beratungsgespräch mit der Beklagten habe er – ausweislich eines Verbis-Vermerks vom 29. Oktober 2015 keinen Grund zur Annahme gegeben, er wolle nicht in eine abhängige Beschäftigung vermittelt werden. Dies ergebe sich auch aus der Eingliederungsvereinbarung. Der noch bestehende Arbeitsvertrag habe seiner Verfügbarkeit nicht entgegengestanden. Wäre unter den Vermittlungsvorschlägen die – insbesondere im Hinblick auf den Wunsch des Klägers nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf – ideal passende Anschlussbeschäftigung gefunden worden, so hätte er diese Möglichkeit gründlich abgewogen, denn auf der anderen Waagschale hätten dann sowohl die Selbstständigkeit als auch – je nach Antritt der Beschäftigung – mehrere Monate Entgeltfortzahlung gelegen. Falls er sich dann für eine Annahme der ideal passenden Anschlussbeschäftigung entschieden hätte, hätte wahrscheinlich eine Modifikation des Partnerschaftsvertrages ähnlich dessen § 6 (betreffend die Aufnahme weiterer Gesellschafter) angestrebt. Auch habe das Sozialgericht unzutreffend nur seine Verfügbarkeit am 4. Januar 2016 im Blick gehabt und nicht berücksichtigt, dass er bereits ab dem 12. Oktober 2015 unwiderruflich freigestellt gewesen sei. Insbesondere sei die Beklagte verpflichtet gewesen, ihn über ihre restriktive Förderpraxis zu informieren. Bei hinreichender Information hätte er sich dafür entschieden, die selbstständige Tätigkeit zunächst in einem Umfang von weniger als 15 Stunden in der Woche auszuüben. Dies hätte sich auch deswegen angeboten, weil die Aufnahme der Tätigkeit Anfang 2016 mit erheblichen organisatorischen Schwierigkeiten verbunden gewesen und für die eigentliche Erwerbstätigkeit nur wenig Zeit geblieben sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 5. April 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2016 in der Gestalt des Bescheides vom 29. April 2016 und des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Arbeitslosengeld für den 4. Januar 2016 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt.
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt aus, die Berufung sei bereits unstatthaft. Der Kläger mache einen Alg-Anspruch für einen Tag in Höhe von 63,36 Euro geltend. Das Sozialgericht habe die Berufung auch nicht zugelassen. Es sei unzutreffend davon ausgegangen, dass es einer Zulassung der Berufung nicht bedürfe. Weder hierin noch in der unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung liege jedoch die erforderliche Zulassung der Berufung. Auch eine Umdeutung der Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde scheide aus.
Durch Beschluss vom 18. Mai 2017 hat der Senat die Berufung nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
In dieser Besetzung hat der Senat sodann am 10. Juli 2017 über die Berufung mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte sowie auf Prozess- und Verwaltungsakte im Berufungsverfahren mit dem Aktenzeichen L 2 AL 13/17 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte durch den Berichterstatter und die ehrenamtlichen Richter entscheiden, da der Senat das Verfahren nach § 153 Abs. 5 SGG übertragen hatte.
Die Berufung ist bereits unstatthaft. Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Im vorliegenden Fall betrifft die auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Alg gerichtete Klage eine Geldleistung. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt auch nicht den im Gesetz genannten Betrag von 750 Euro, denn ein Alg-Anspruch wird nur für einen Tag (den 4. Januar 2016) geltend gemacht. Der Kläger hat ausweislich der Arbeitgeberauskunft im Jahr 2015 ein Brutto-Arbeitsentgelt von 64.023,61 Euro erzielt (ergibt monatlich durchschnittlich 5335,30 Euro), woraus sich der von der Beklagten berechnete tägliche Leistungssatz ergibt. Der sich hieraus ergebende Wert des Beschwerdegegenstandes liegt deutlich unterhalb von 750 Euro. Im Übrigen wäre die Wertgrenze von 750 Euro selbst dann nicht überschritten, wenn der Kläger versicherungspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze erzielt hätte, die im streitigen Zeitraum gemäß § 341 Abs. 4 SGB III in Verbindung mit § 160 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch und § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2016 bei 6.200 Euro monatlich lag. Hieraus hätte sich ein Leistungssatz von täglich 72,21 Euro ergeben.
Entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts sind hierbei die Auswirkungen, die das Bestehen eines Alg-Anspruchs bis einschließlich dem 4. Januar 2016 gehabt hätte, nicht bei der Wertberechnung zu berücksichtigen. Maßgeblich ist die konkret streitige Leistung ohne Einbeziehung wirtschaftlicher Folgewirkungen (Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rn. 18). Dies gilt umso mehr, wenn diese Auswirkungen – hier ein möglicher Anspruch auf Gründungszuschuss – Streitgegenstand eines anderen Klage- und Berufungsverfahrens sind.
Eine Zulassung der Berufung im angefochtenen Gerichtsbescheid (der gemäß § 105 Abs. 3 SGG als Urteil wirkt) ist nicht erfolgt. Zwar kann eine eindeutig ausgesprochene Zulassung der Berufung das Berufungsgericht auch dann binden, wenn sie nur in den Entscheidungsgründen erfolgt (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 1977 – 11 RA 94/76, SozR 1500 § 161 Nr. 16 = juris, Rn. 14 ff.), im vorliegenden Fall aber hat das Sozialgericht nicht etwa eine solche Zulassung ausgesprochen, sondern es ist davon ausgegangen, dieser Zulassung bedürfe es nicht. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, das Sozialgericht habe ihm jedenfalls den Weg zu einer Sachentscheidung im Berufungsverfahren eröffnen wollen. Die Intention des Sozialgerichts ist – wie dargestellt – ebenso unbeachtlich wie ein Irrtum des Sozialgerichts über das Erreichen des Rechtsmittelstreitwerts.
Eine Umdeutung der Berufung in die richtigerweise statthafte Nichtzulassungsbeschwerde scheidet wegen der unrichtigen Zielrichtungen beider Rechtsmittel aus (Sommer, a.a.O., § 145 Rn. 12).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg).
Der am xxxxx 1978 geborene Kläger arbeitete zunächst ab dem 1. März 2012 als angestellter Rechtsanwalt bei der Kanzlei R., wo er ausweislich der Arbeitgeberauskunft im Jahr 2015 ein sozialversicherungsrechtliches Bruttoarbeitsentgelt von 64.023,61 Euro erzielte. Nachdem der Kläger das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 29. September 2015 zum 31. Dezember 2015 gekündigt hatte, stellte der Arbeitgeber ihn ab dem 12. Oktober 2015 bei Fortzahlung des Arbeitsentgelts unwiderruflich von der Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung frei.
Der Kläger meldete sich am 1. Oktober 2015 persönlich arbeitssuchend und beantragte am 18. Oktober 2015 Alg, wobei er angab, er werde alle zumutbaren Möglichkeiten nutzen, um seine Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Zum Eintritt einer Sperrzeit angehört erklärte er, es gebe bei der Kanzlei R. keine Karriereperspektive für ihn. Er habe den Wunsch, Partner zu werden, in Personalgesprächen deutlich gemacht, jedoch seien sämtliche Partnerpositionen vergeben.
Mit Bescheid vom 18. Januar 2016 (i.F.: Sperrzeitbescheid) stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 1. Januar 2016 bis zum 24. März 2016 fest. Sie führte aus, der Kläger habe sein Beschäftigungsverhältnis durch Eigenkündigung beendet und hierfür auch keinen wichtigen Grund gehabt. Zur Begründung seines am 15. Februar 2016 erhobenen Widerspruchs führte der Kläger aus, er sei in eine berufliche Sackgasse geraten, nachdem er – um Beruf und Familie in Einklang zu bringen – Elternzeit genommen und zuletzt nur noch vier Tage in der Woche gearbeitet habe. Im Übrigen sei eine Sperrzeit ausgehend von der unwiderruflichen Freistellung durch den Arbeitgeber zu berechnen. Somit sei die Sperrzeit bereits abgelaufen gewesen. Die Beklagte änderte den Sperrzeitbescheid nach Anhörung des Klägers mit Bescheid vom 29. April 2016 dahingehend ab, dass der Eintritt einer Sperrzeit vom 12. Oktober 2015 bis zum 3. Januar 2016 festgestellt werde. Auch nach Ablauf der Sperrzeit bestehe kein Alg-Anspruch, da der Kläger den Vermittlungsbemühungen der Beklagten nicht zur Verfügung gestanden habe. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Mai 2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Am 31. Mai 2016 hat der Kläger Klage erhoben und hierbei die Aufhebung des Sperrzeitbescheides (hilfsweise die Vorverlegung des Eintritts auf den 6. Oktober 2015) sowie die Zahlung von Alg "mit Ablauf der Ruhenszeiten" begehrt. Er hat ausführlich zur Frage nach dem Vorliegen eines wichtigen Grundes vorgetragen.
Die Beklagte ist bei ihrer Auffassung geblieben.
Durch Gerichtsbescheid vom 5. April 2017 (dem Kläger zugestellt am 7. April 2017) hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Dem schriftlichen Vorbringen des Klägers sei zu entnehmen, dass er Alg für die Zeit vom 1. Januar 2016 bis zum 4. Januar 2016 begehre. Ein solcher Anspruch stehe ihm jedoch nicht zu. Auf einen wichtigen Grund könne sich der Kläger nicht berufen, denn zwingende Gründe für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses seien weder dargetan noch ersichtlich. Einen Anspruch auf Alg für den 4. Januar 2016 habe er nicht, da er nicht verfügbar gewesen sei. Er habe bereits sämtliche Schritte für eine selbstständige Tätigkeit als Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt getan. Einen Ausspruch über die Zulassung der Berufung enthält der Tenor des Gerichtsbescheides nicht. Ausgangs der Entscheidungsgründe heißt es hierzu, die Berufung bedürfe nicht der Zulassung, weil es dem Kläger hauptsächlich nicht um Alg, sondern um den im Klageverfahren mit dem Aktenzeichen S 14 AL 234/16 geltend gemachten Gründungszuschuss gehe.
Der Kläger hat am 4. Mai 2017 Berufung eingelegt.
Er hat sein Begehren dahingehend präzisiert, dass er Alg für den 4. Januar 2016 begehre. Weiter führt er aus, die Berufung sei statthaft, denn das Sozialgericht habe eindeutig zu erkennen gegeben, dass es die Berufung habe ermöglichen wollen. Es sehe das Klagebegehren im vorliegenden Verfahren und das im Berufungsverfahren mit dem Aktenzeichen L 2 AL 13/17 als miteinander verbunden an. In der Sache sei er bei seiner Kündigung noch nicht auf die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit festgelegt gewesen und wäre Vermittlungsvorschlägen nachgegangen, um für den Fall des Scheiterns der Vorbereitung für die Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit vorzubeugen. Es sei ihm gerade darum gegangen, möglichst lange zweigleisig zu fahren. Im Beratungsgespräch mit der Beklagten habe er – ausweislich eines Verbis-Vermerks vom 29. Oktober 2015 keinen Grund zur Annahme gegeben, er wolle nicht in eine abhängige Beschäftigung vermittelt werden. Dies ergebe sich auch aus der Eingliederungsvereinbarung. Der noch bestehende Arbeitsvertrag habe seiner Verfügbarkeit nicht entgegengestanden. Wäre unter den Vermittlungsvorschlägen die – insbesondere im Hinblick auf den Wunsch des Klägers nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf – ideal passende Anschlussbeschäftigung gefunden worden, so hätte er diese Möglichkeit gründlich abgewogen, denn auf der anderen Waagschale hätten dann sowohl die Selbstständigkeit als auch – je nach Antritt der Beschäftigung – mehrere Monate Entgeltfortzahlung gelegen. Falls er sich dann für eine Annahme der ideal passenden Anschlussbeschäftigung entschieden hätte, hätte wahrscheinlich eine Modifikation des Partnerschaftsvertrages ähnlich dessen § 6 (betreffend die Aufnahme weiterer Gesellschafter) angestrebt. Auch habe das Sozialgericht unzutreffend nur seine Verfügbarkeit am 4. Januar 2016 im Blick gehabt und nicht berücksichtigt, dass er bereits ab dem 12. Oktober 2015 unwiderruflich freigestellt gewesen sei. Insbesondere sei die Beklagte verpflichtet gewesen, ihn über ihre restriktive Förderpraxis zu informieren. Bei hinreichender Information hätte er sich dafür entschieden, die selbstständige Tätigkeit zunächst in einem Umfang von weniger als 15 Stunden in der Woche auszuüben. Dies hätte sich auch deswegen angeboten, weil die Aufnahme der Tätigkeit Anfang 2016 mit erheblichen organisatorischen Schwierigkeiten verbunden gewesen und für die eigentliche Erwerbstätigkeit nur wenig Zeit geblieben sei.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom 5. April 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. Januar 2016 in der Gestalt des Bescheides vom 29. April 2016 und des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Arbeitslosengeld für den 4. Januar 2016 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt.
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt aus, die Berufung sei bereits unstatthaft. Der Kläger mache einen Alg-Anspruch für einen Tag in Höhe von 63,36 Euro geltend. Das Sozialgericht habe die Berufung auch nicht zugelassen. Es sei unzutreffend davon ausgegangen, dass es einer Zulassung der Berufung nicht bedürfe. Weder hierin noch in der unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung liege jedoch die erforderliche Zulassung der Berufung. Auch eine Umdeutung der Berufung in eine Nichtzulassungsbeschwerde scheide aus.
Durch Beschluss vom 18. Mai 2017 hat der Senat die Berufung nach § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf den Berichterstatter zur Entscheidung mit den ehrenamtlichen Richtern übertragen.
In dieser Besetzung hat der Senat sodann am 10. Juli 2017 über die Berufung mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte sowie auf Prozess- und Verwaltungsakte im Berufungsverfahren mit dem Aktenzeichen L 2 AL 13/17 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte durch den Berichterstatter und die ehrenamtlichen Richter entscheiden, da der Senat das Verfahren nach § 153 Abs. 5 SGG übertragen hatte.
Die Berufung ist bereits unstatthaft. Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Im vorliegenden Fall betrifft die auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Alg gerichtete Klage eine Geldleistung. Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt auch nicht den im Gesetz genannten Betrag von 750 Euro, denn ein Alg-Anspruch wird nur für einen Tag (den 4. Januar 2016) geltend gemacht. Der Kläger hat ausweislich der Arbeitgeberauskunft im Jahr 2015 ein Brutto-Arbeitsentgelt von 64.023,61 Euro erzielt (ergibt monatlich durchschnittlich 5335,30 Euro), woraus sich der von der Beklagten berechnete tägliche Leistungssatz ergibt. Der sich hieraus ergebende Wert des Beschwerdegegenstandes liegt deutlich unterhalb von 750 Euro. Im Übrigen wäre die Wertgrenze von 750 Euro selbst dann nicht überschritten, wenn der Kläger versicherungspflichtiges Arbeitsentgelt in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze erzielt hätte, die im streitigen Zeitraum gemäß § 341 Abs. 4 SGB III in Verbindung mit § 160 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch und § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Sozialversicherungs-Rechengrößenverordnung 2016 bei 6.200 Euro monatlich lag. Hieraus hätte sich ein Leistungssatz von täglich 72,21 Euro ergeben.
Entgegen der Rechtsauffassung des Sozialgerichts sind hierbei die Auswirkungen, die das Bestehen eines Alg-Anspruchs bis einschließlich dem 4. Januar 2016 gehabt hätte, nicht bei der Wertberechnung zu berücksichtigen. Maßgeblich ist die konkret streitige Leistung ohne Einbeziehung wirtschaftlicher Folgewirkungen (Sommer in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 144 Rn. 18). Dies gilt umso mehr, wenn diese Auswirkungen – hier ein möglicher Anspruch auf Gründungszuschuss – Streitgegenstand eines anderen Klage- und Berufungsverfahrens sind.
Eine Zulassung der Berufung im angefochtenen Gerichtsbescheid (der gemäß § 105 Abs. 3 SGG als Urteil wirkt) ist nicht erfolgt. Zwar kann eine eindeutig ausgesprochene Zulassung der Berufung das Berufungsgericht auch dann binden, wenn sie nur in den Entscheidungsgründen erfolgt (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 1977 – 11 RA 94/76, SozR 1500 § 161 Nr. 16 = juris, Rn. 14 ff.), im vorliegenden Fall aber hat das Sozialgericht nicht etwa eine solche Zulassung ausgesprochen, sondern es ist davon ausgegangen, dieser Zulassung bedürfe es nicht. Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, das Sozialgericht habe ihm jedenfalls den Weg zu einer Sachentscheidung im Berufungsverfahren eröffnen wollen. Die Intention des Sozialgerichts ist – wie dargestellt – ebenso unbeachtlich wie ein Irrtum des Sozialgerichts über das Erreichen des Rechtsmittelstreitwerts.
Eine Umdeutung der Berufung in die richtigerweise statthafte Nichtzulassungsbeschwerde scheidet wegen der unrichtigen Zielrichtungen beider Rechtsmittel aus (Sommer, a.a.O., § 145 Rn. 12).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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