Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 2 KR 1409/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 39/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. April 2015 wird aufgehoben. 2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1. EUR 51.085,89 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 2. EUR 36.409,51 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 4. Der Beklagte wird verurteilt an die Klägerin zu 3. EUR54.984,32 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 5. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 4. EUR 6.943,57 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 6. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 5. EUR 455,56 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen. 7. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte. 8. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rückzahlung bereits geleisteter Zahlungen an den Pflegedienst A. für häusliche Krankenpflege im Zeitraum 1. Oktober 2006 bis 5. Juni 2009.
Der Pflegedienst A. wurde im Jahr 1995 gegründet und der Beklagte wurde im Jahr 1996 Gesellschafter des Pflegedienstes. Im Jahr 2002 schloss der Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V., Landesvertretung H. (im Folgenden: VdAK H.) mit dem Pflegedienst einen Vertrag gem. § 132a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) über die Versorgung mit häuslicher Krankenpflege. In diesem Vertag, der gemäß § 2 auch für die Klägerinnen zu 1 bis 5 als Mitgliedskassen galt, ist unter anderem in den § 16 Abs. 2 geregelt, dass die angebotenen Leistungen der häuslichen Krankenpflege unter ständiger Verantwortung einer Pflegekraft nach § 17 (des Vertrages) zu erbringen sind.
In der Folgezeit erbrachte der Pflegedienst Leistungen der häuslichen Krankenpflege, die die Klägerinnen zu 1 bis 5 entsprechend den vertraglichen Regelungen vergüteten.
Mit Schreiben vom 19. Mai 2006 teilte der Pflegedienst dem VdAK H. mit, dass Herr D., ausgebildeter Krankenpfleger, ab 12. Mai 2006 mit 40 Stunden wöchentlich beim Pflegedienst beschäftigt sei. Mit Schreiben vom 8. Juni 2006 informierte der Beklagte den VdAK H. dann unter Beifügung einer Kopie der Weiterbildungsbescheinigung eines 1.200 Stunden dauernden Kurses zur Pflegedienstleitung darüber, dass die Aufgaben der verantwortlichen Pflegedienstleitung nun von Herrn D. wahrgenommen würden. Darüber hinaus existiert eine schriftliche Vereinbarung vom 7. Juni 2006 über die Übernahme der Pflegedienstleitung ab 7. Juni 2006 durch Herrn D. mit einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 300 EUR monatlich, die vom Beklagten nicht aber dem Vertragspartner, Herrn D., unterschrieben wurde. Auf dieser schriftlichen Vereinbarung ist weiter handschriftlich vermerkt, dass ab 1. Oktober 2006 monatlich 600 EUR bezahlt werden. Am 7. Juni 2006 wurde ein Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft zwischen der A., vertreten durch den Beklagten, und Herrn D. geschlossen. Darin verpflichtete sich Herr D., den fachlichen Weisungen der Pflegedienstleitung Folge zu leisten.
Herr D. wurde auch in der Folgezeit als verantwortlicher Pflegedienstleiter mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden an den VdAK H. gemeldet.
Zum 1. Oktober 2006 begann Herr D. neben seiner Tätigkeit beim Pflegedienst eine von der B1 finanzierte berufliche Rehabilitationsmaßnahme zum Einrichtungsleiter in Pflegediensten und Pflegeheimen, die durchschnittlich 37 Wochenstunden beanspruchte. Im Rahmen dieser Maßnahme musste Herr D. unter anderem auch ein zwölfwöchiges Praktikum mit einem Stundenumfang von 40 Stunden wöchentlich absolvieren, das er im Pflegedienst A. ableistete. Diese Weiterbildungsmaßnahme dauerte insgesamt ein Jahr; anschließend bezog Herr D. Arbeitslosengeld I. Gegenüber dem Arbeitsamt gab er an, dass seine Tätigkeit beim Pflegedienst nur eine Nebenbeschäftigung darstelle, für die eine Aufwandsentschädigung gezahlt werde.
Zum Zeitpunkt des Eintritts von Herrn D. in den Pflegedienst im Jahr 2006, bestand die A. aus dem Beklagten als geschäftsführenden Gesellschafter und Frau K. als weitere Gesellschafterin. Daneben gab es noch weitere stille Gesellschafter, die als Pflegefachkräfte für den Pflegedienst tätig waren und nicht in einem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis zu diesem standen. Im Übrigen hat der Beklagte angegeben, dass im streitigen Zeitraum im Pflegedienst insgesamt 8 Vollzeitkräfte beschäftigt waren, die täglich acht Stunden gepflegt und daneben 12 Teilzeitkräfte, die wöchentlich zwischen zwei und vier Stunden gearbeitet und die Vertretungen an den Wochenenden übernommen hätten.
Mit Schreiben vom 31. Januar 2007 kündigte die Gesellschafterin Frau K. ihre Beteiligung als Gesellschafterin der A. fristlos. Ab diesem Zeitpunkt war Frau K. nicht mehr als Pflegekraft beim Pflegedienst tätig.
Im Auftrag der AOK erstellte der MDK N. im Mai 2007 einen Prüfbericht nach § 112 ff Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI). In diesem Bericht wurden in verschiedenen Bereichen Mängel beanstandet, so beispielsweise, dass aktuelle Protokolle von Pflegevisiten am Prüftag nicht vorgelegen hätten. Auch die Anforderungen zur Durchführung von fachbezogenen Dienstbesprechungen und bestimmte Anforderungen an die Dienstpläne seien nicht erfüllt worden. Weiter habe der Beklagte auf Nachfrage eingeräumt, dass die Gesellschafter sich ihre Arbeitszeit selbständig einteilen konnten. Abschließend wurde u.a. die Empfehlung gegeben, dass die verantwortliche Pflegefachkraft ihre Aufgaben gemäß den gemeinsamen Grundsätzen und Maßstäben nachvollziehbar wahrnehmen sollte und die Dienstpläne gemäß den allgemeinen Anforderungen zu führen seien. Diese Maßnahmen müssten sofort erfolgen, für die Beanstandungen im Übrigen wurde eine Frist von sechs bis zwölf Monaten eingeräumt. Auch im Rahmen des Prüfberichts wurde die verantwortliche Pflegedienstleitung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden angegeben. Im Übrigen wurde zu der Frage, ob die verantwortliche Pflegefachkraft ihre Aufgaben wahrnehme, ausgeführt, dass von sechs Kriterien nur drei erfüllt seien.
Mit Schreiben vom 21. April 2008 wandte sich der VdAK H. an Herrn D. mit der Bitte um Äußerung zu dem Verdacht, dass das mitgeteilte Beschäftigungsverhältnis nur zum Schein bestehe und weder die Funktion der verantwortlichen Pflegedienstleitung ausgeübt werde noch seine Anwesenheit im Pflegedienst festzustellen sei. Darauf teilte Herr D. mit Schreiben vom 29. April 2008 mit, dass die Vorwürfe als völlig haltlos und unsubstantiiert zurückgewiesen würden. Er sei als Pflegedienstleiter mit einem Stundenumfang von 40 Stunden wöchentlich tätig. Als Nachweis verwies er auf sein Zwischenzeugnis vom 28. Dezember 2007, in dem die Hauptaufgaben und Tätigkeiten detailliert dargestellt würden.
Mit Schreiben vom 29. April 2008 teilte Rechtsanwalt S., der mehrere Pflegekräfte des Pflegedienstes vertrat, die über einen Vertrag mit dem Pflegedienst verfügten, mit, dass Herr D. lediglich eine Marionette sei und nur dienstags und freitags vielleicht für 1,5 bis 2 Stunden im Büro anwesend sei. Im Übrigen habe einmal im Monat ein Qualitätszirkel stattgefunden, der aber auch öfters ausgefallen sei. Darüber hinaus sei Herr D. praktisch nicht erreichbar gewesen und Rückrufe fänden, wenn überhaupt, nur nach 19.00 Uhr statt. Die Richtigkeit dieser Angaben bezeugten mehrere Pflegekräfte – darunter auch der Zeuge S1 – mit ihrer Unterschrift unter dem Schriftsatz.
Am 10. Dezember 2008 kündigte Herr D. sowohl den Vertrag zur Errichtung einer stillen Gesellschaft vom 7. Juni 2006 als auch seine Tätigkeit als Pflegedienstleiter fristlos, da er über die tatsächliche Situation der A. erst durch die Beklagten umfassend informiert worden sei.
Mit Schreiben vom 16. Februar 2009 kündigte der VdAK H. den Vertrag über die Durchführung häuslicher Krankenpflege gemäß § 132a SGB V mit dem Pflegedienst A. fristgemäß zum 31. Dezember 2009. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass spätestens seit 1. Oktober 2006 eine Versorgung der Versicherten unter ständiger Verantwortung einer verantwortlichen Pflegefachkraft nicht mehr gewährleistet gewesen sei. Auch die Funktion der stellvertretenden Pflegefachkraft sei nicht ordnungsgemäß wahrgenommen worden. Weiterhin wurde angekündigt, dass eine fristlose Kündigung erfolge, sofern im Zeitraum bis 31. Dezember 2009 erneut gegen die vertraglichen Pflichten verstoßen werde. Im Übrigen wurde mitgeteilt, dass gegebenenfalls Schadensersatzansprüche für den Zeitraum Oktober 2006 bis Dezember 2008 geltend gemacht würden.
Mit weiterem Schreiben vom 3. Juni 2009 kündigte der VdAK H. den Vertrag über die Durchführung häuslicher Krankenpflege gemäß § 132a SGB V mit dem Pflegedienst A. fristlos, da der Beklagte die Gesellschaft als letzter Gesellschafter nach dem Ausscheiden von Frau K. sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis alleine führe.
Im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Pflegedienst A. und einer seiner stillen Gesellschafterinnen über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung eines Vertrages über die Errichtung einer stillen Gesellschaft kam das Landgericht Hamburg (vgl. Urteil vom 12. Februar 2010 Az.: 329 O 182/08) zu dem Ergebnis, dass die A. mit dem Ausscheiden der vorletzten Gesellschafterin Frau K. beendet worden sei. Dies sei spätestens mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist des Gesellschaftsvertrages der Frau K. zum 31. März 2007 der Fall gewesen. Darüber hinaus sei auch nicht davon auszugehen, dass Herr D. in die Gesellschaft als weiterer Gesellschafter eingetreten sei, da der Gesellschaftsvertag nur zum Schein geschlossen worden sei und aus diesem Grund nicht wirksam sei. Dies folge insbesondere aus der Regelung gemäß § 14 b des Gesellschaftervertrags, der den Ausschluss jeglicher Haftung im Innen- wie auch im Außenverhältnis vorsehe, was dem Wesen einer GbR widerspräche und zeige, dass der Wille der Vertragsschließenden gerade nicht darauf gerichtet gewesen sei, dass Herr D. Gesellschafter der GbR hatte werden sollen. Aus diesem Grund scheide auch eine Neugründung einer GbR mit dem Beklagten und Herrn D. als Gesellschaftern aus.
Am 15. September 2010 haben die Klägerinnen zu 1 bis 5, die Ersatzkassen im Sinne des SGB V darstellen und als unmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts bundesweit tätig sind, Klage erhoben mit dem Ziel, den Beklagten zu verurteilen, die im Zeitraum 1. Oktober 2006 bis einschließlich 5. Juni 2009 von den Klägerinnen erhaltenen Leistungen für die erbrachte häusliche Krankenpflege zurückzuzahlen. Der Beklagte als ehemaliger geschäftsführender Gesellschafter der A., habe gegenüber den Klägerinnen Leistungen abgerechnet, ohne dass die vertraglichen Voraussetzungen hierfür vorgelegen hätten.
Zum einen bestehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch, da ein Vergütungsanspruch nur dann entstehe, wenn die Leistungen des Pflegedienstes vertragskonform erbracht werden. Dies sei im streitigen Zeitraum nicht der Fall gewesen, da tatsächlich keine verantwortliche Pflegekraft eingesetzt worden sei. Zum anderen sei die Vertragsgrundlage durch Auflösung der A. entfallen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 16. April 2015 hat Herr D., der als Zeuge vernommen wurde, mitgeteilt, dass er die Aufgabe als Pflegedienstleiter rudimentär wahrgenommen habe. Mit dem Beklagten sei mündlich eine Tätigkeit im Umfang von nur zehn Wochenstunden vereinbart gewesen und seine Tätigkeit in der Gesellschaft habe er in seiner Funktion als stiller Gesellschafter wahrgenommen. Pflegeaufgaben habe er selbst nicht wahrgenommen. Er sei meistens dienstags und donnerstags von 15:00 bis 18:00 im Büro gewesen und habe ca. einmal im Monat Teambesprechungen durchgeführt. Nur während der insgesamt 12 Wochen Praktikum hätte er 40 Stunden wöchentlich im Pflegedienst gearbeitet, wobei er sich in dieser Zeit im Wesentlichen um seinen Praktikumsbericht gekümmert habe. Die im Zwischenzeugnis vom 28. Dezember 2007 aufgeführten Tätigkeiten habe er nur zum Teil tatsächlich wahrgenommen. Im Übrigen hätten die Teamleitungen sehr selbständig gearbeitet und beispielsweise auch den Einsatzplan erstellt. Auch hätten die Teamleitungen teilweise über eine Ausbildung zur Pflegedienstleitung oder Wohnbereichsleitung verfügt. Auf Grund des geringen Stundenumfangs könne er nicht sagen, dass die Leistungen der häuslichen Krankenpflege unter seiner ständigen Verantwortung erbracht worden seien. Das Schreiben vom 29. April 2008 gegenüber dem VdAK sei für seine Ausbildung sehr hilfreich gewesen. Damals sei er auch davon ausgegangen, dass es inhaltlich zutreffe, heute würde er die Situation allerdings anders beurteilen. Die dort getroffene Aussage, dass er 40 Stunden wöchentlich als Pflegedienstleiter tätig gewesen sei, habe sich nur auf die Praktikumszeiten bezogen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 16. April 2015 abgewiesen. Den Klägerinnen stehe kein Erstattungsanspruch zu. Der Vergütungsanspruch sei nicht aufgrund der Verletzung vertraglicher Verpflichtungen ausgeschlossen. Zwar lägen Indizien dafür vor, dass Herr D. die Pflegedienstleitung nicht in dem vertraglich vereinbarten Umfang wahrgenommen habe. Jedoch habe es sich dabei nur um Mängel in der Organisationsstruktur des Pflegedienstes gehandelt, die nicht zum Entfallen des Vergütungsanspruchs führen könnten. Insoweit seien die Regelungen in § 9 des Vertrages abschließend. Die von den Klägerinnen angeführten Entscheidungen des BSG würden Fallgestaltungen betreffen, die mit der vorliegenden nicht vergleichbar seien. Ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 263 Strafgesetzbuch (StGB) scheitere schon daran, dass kein Schaden entstanden sei.
Gegen dieses Urteil haben die Klägerinnen am 22. Mai 2015 Berufung eingelegt. Sie sind der Auffassung, ihnen stehe ein Rückerstattungsanspruch für den Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis zum 5. Juni 2009 zu. Der Rechtsgrund für die geleistete Vergütung sei weggefallen. Die Voraussetzungen für die Abrechenbarkeit der Pflegeleistungen seien im Abschnitt 2 – Strukturqualität – des Vertrages (§§ 14 bis 22 geregelt). Dazu zählten auch die in den §§ 16 und 17 gestellten Voraussetzungen für die verantwortliche Pflegefachkraft (die Pflegedienstleitung). Für die Parteien habe das gemeinsame Vertragsverständnis bestanden, dass die Einhaltung der Anforderungen an die Pflegedienstleitung den Vergütungsanspruch bedingten. Dies sei auch im Allgemeinen gelebte Vertragswirklichkeit in diesem Bereich. Diese Vorschriften seien auch analog der Vorschriften zum SGB XI auszulegen, nämlich analog § 71 ff. SGB XI. Die Voraussetzungen in § 71 Abs. 1 und 2 SGB XI seien aber gerade zwingend für die Zulassung zum ambulanten Pflegedienst. Diese sollen die nach dem Gesetz gebotene Qualität der Pflegesachleistung sicherstellen. Gleiches gelte für die hier streitgegenständlichen vertraglichen Regelungen. Insoweit gehe auch das erstinstanzliche Urteil davon aus, dass der Zeuge D. diese Voraussetzungen nicht erfüllt habe. Dies ergäbe sich auch aus dessen eigener Einlassung. Darüber hinaus verkenne das Sozialgericht die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum sozialrechtlichen Schadensbegriff und wende stattdessen zivilrechtliche Grundsätze des Bereicherungsrechts an, indem es eine Saldierung vornehme. Diese seien aber nach der Rechtsprechung des BSG gar nicht anzuwenden, wenn ein Leistungserbringer seine Leistung nicht ordnungsgemäß erfülle. Hiervon weiche das Sozialgericht aber ab, da es einen Verlust des Vergütungsanspruchs deshalb verneine, weil die Pflegesachleistung mangelfrei erbracht worden sei. Das Tatbestandsmerkmal der "Patientenunmittelbarkeit" stelle eine Abkehr von der bundessozialgerichtlichen Rechtsprechung dar. Auch der Bundesgerichtshof wende bei der Nichteinhaltung vertraglicher Anforderungen durch Pflegepersonal eine strenge formale Betrachtungsweise an. Schließlich sei der Vergütungsanspruch spätestens entfallen, als die GbR beendet war, nämlich mit Ausscheiden der Gesellschafterin K ... Auch die Annahme eines faktischen Vertrages sei falsch, da ein entsprechender Rechtsbindungswille den Klägerinnen nicht unterstellt werden könne. Die Klägerinnen seien aber nur deshalb noch von einem bestehenden Vertrag ausgegangen, weil der vorgelegte (unwirksame) Vertrag zwischen dem Beklagten und dem Zeugen D. dies suggeriert habe. Darüber hinaus bestehe ein deliktischer Schadensersatzanspruch, da der Beklagte mehrfach wahrheitswidrige Angaben über das Vorhandensein einer verantwortlichen Pflegefachkraft gemacht habe. In Kenntnis der wahren Umstände hätten die Klägerinnen die Vergütung aber nicht geleistet. Soweit das Sozialgericht das Vorhandensein eines Schadens verneine, verkenne es den sozialrechtlichen streng formalen Schadensbegriff.
Die Klägerinnen beantragen,
1. Das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. April 2015 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1. EUR 51.085,89 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 2. EUR 36.409,51 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
4. Der Beklagte wird verurteilt an die Klägerin zu 3. EUR54.984,32 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
5. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 4. EUR 6.943,57 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
6. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 5. EUR 455,56 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
7. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält das angefochtene Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Eine Anspruchsgrundlage für die begehrte Rückzahlung bestehe nicht. Eine Rechtsgrundlage für die Vergütungen der Klägerin an die A. habe bestanden. Ein Vertrag habe mindestens bis zu dem Zeitpunkt bestanden, als die Gesellschafterin K. den Gesellschaftsvertrag gekündigt habe. Auch wegen des Untergangs der A. als Vertragspartnerin der Klägerinnen sei ein Erstattungsanspruch nicht gegeben. Dies habe das Sozialgericht zutreffend erkannt. Schließlich sei im Anschluss an die Kündigung durch die Gesellschafterin K. ein faktischer Vertrag zustande gekommen. Der Rechtsbindungswille der Klägerinnen sei erst nach Kenntnis aller Umstände entfallen. Bei Aufösung der GbR sei er aber vorhanden gewesen. Darüber hinaus sei der Vergütungsanspruch der A. auch nicht nach § 132a SGB V deshalb entfallen, weil der Beklagte in seinem Betrieb gegen die §§ 16 und 17 des Vertrages verstoßen habe. Das angebliche gemeinsame dahingehende Vertragsverständnis habe tatsächlich nicht bestanden. Dies ergäbe sich weder aus den Vertragsgrundlagen, noch der Rechtsprechung und sei im Übrigen auch nicht dem Zeugenbeweis zugänglich. Außerdem sei es auch nicht gelebte Vertragswirklichkeit, dass bei Nichteinhaltung der fachlichen Anforderungen durch die verantwortliche Pflegefachkraft die Vergütung zurückgezahlt werden müsse, wenn die Pflegedienstleistung am Patienten mangelfrei erfolgt sei. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe hier auch kein Verstoß gegen die §§ 16 f. des Vertrages vorgelegen. Es mögen zwar gewisse Indizien dafür vorgelegen haben, dass der Zeuge D. nicht Vollzeit wöchentlich als Pflegedienstleiter für die GbR tätig war, allerdings habe der Zeuge auch ausgeführt, dass er die Sache organisatorisch im Griff gehabt habe und vor allem die pflegenden Personen im Blick hatte und überwachte. Als Gesellschafter habe der Zeuge gem. § 17 Buchst. c) des Vertrages auch gar nicht hauptberuflich und in Vollzeit bei der GbR tätig sein müssen. Den Klägerinnen sei nach Auffassung des Beklagten kein Schaden entstanden. Die Rechtsfolge des Entfallens des Vergütungsanspruchs sei im Vertrag nicht geregelt. Ein Schaden sei auch nicht dargelegt. Nichts anderes folge aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Die von den Klägerinnen zitierten Entscheidungen beträfen andere Streitgegenstände. Außerdem habe dort, anders als hier, eine Verletzung der Leistungspflichten am Patienten vorgelegen. Soweit das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung beschreibe, welche Aufgaben eine verantwortliche Pflegekraft habe, so seien diese im Betrieb des Beklagten erfüllt gewesen. Im Übrigen beruft sich der Beklagte auf Verjährung.
In der mündlichen Verhandlung vom 17. November 2016 hat der Beklagte angegeben, dass die A. gemeinsam so organisiert worden sei, dass die Kosten für die Administration möglichst gering bleiben sollten. Dies habe sowohl für ihn als Geschäftsführer als auch für die Pflegedienstleitung gegolten.
Der in diesem Termin unter Widerrufsvorbehalt geschlossene Vergleich ist von den Klägerinnen mit der Begründung widerrufen worden, dass der Beklagte zu der Abrechnung der geleisteten Dienste nur in der Lage gewesen sei, weil er über die personelle Struktur und das Bestehen einer Pflegedienstleitung getäuscht habe.
In der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2017 haben sowohl Herr D. als auch Herr S1 als Zeugen ausgesagt. Hinsichtlich ihrer Aussagen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Klägerinnen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerinnen ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
Sie hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerinnen haben Anspruch auf Rückzahlung der in dem streitigen Zeitraum von ihnen an die A. gezahlten Entgelte.
Ein solcher Anspruch ergibt sich sowohl auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches (dazu unter 1.) als auch auf der Grundlage eines Schadensersatzes nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB (dazu unter 2.).
1. Der aus den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Rechts hergeleitete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (vgl BSG, Urt. v. 01.08.1991 - 6 RKa 9/89). Im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs gelten ähnliche Grundsätze wie im bürgerlichen Recht der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff BGB), dem der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch zumindest insoweit vergleichbar ist, als beide Ansprüche als Ausdruck eines althergebrachten Rechtsgrundsatzes dem Ausgleich einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung dienen. Allerdings ist auch im Zivilrecht nicht ausdrücklich geregelt, wann eine Bereicherung ungerechtfertigt ist. Es lässt sich deshalb keine einheitliche Formel für das Vorliegen oder Fehlen eines die Vermögensverschiebung rechtfertigenden Grundes aufstellen. Allgemein anerkannt ist jedoch, dass Leistungen zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit, die in Wirklichkeit nicht besteht, grundsätzlich zurückgefordert werden können (BSG, Urt. v. 22.07.2004 - B 3 KR 21/03 R, Rn. 15f.).
Das BSG erkennt einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch jedoch auch dann an und geht damit von einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung in diesem Sinne aus, wenn eine Leistung zwar evtl. nicht ohne rechtlichen Grund, jedoch entgegen einer besonderen gesetzlichen Regelung bzw. vertraglichen Vereinbarung erbracht wurde. Solche Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, haben die Funktion zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für die Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Das wird dadurch erreicht, dass dem Arzt oder sonstigen Leistungserbringer für Leistungen, die er unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt, auch dann keine Vergütung zusteht, wenn diese Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht sind. Ihre Steuerungsaufgabe könnten die genannten Regelungen nicht erfüllen, wenn der Arzt oder Leistungserbringer die gesetz- oder vertragswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung oder einen Aufwendungsersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) im Ergebnis dennoch vergütet bekäme (vgl. BSG, Beschl. v. 17.05.2000 - B 3 KR 19/99 B, Rn. 5 mwN; vgl. auch schon BSG, Urt. v. 04.05.1994 - 6 RKa 40/93, Rn. 18). Wie bereits hier betont das BSG auch an anderer Stelle, dass diese Aussagen nicht nur für den ärztlichen Bereich, sondern auch für alle sonstigen Leistungserbringer gelten. So hat es in seinem Urteil vom 17.03.2005 (B 3 KR 2/05 R, Rn. 32 mit einer Vielzahl weiterer Nachweise) ausgeführt, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BSG zum Vertragsarztrecht und zum Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, innerhalb dieses Systems die Funktion zu gewährleisten haben, dass sich die Leistungserbringung nach den für diese Art der Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Das werde dadurch erreicht, dass dem Vertragsarzt, dem Apotheker oder den sonstigen Leistungserbringern für Leistungen, die unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt würden, auch dann keine Vergütung zustehe, wenn diese Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden und für den Versicherten geeignet und nützlich seien.
Die Versagung einer Vorteilsausgleichung nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen soll nach der Rechtsprechung des BSG aber nur dann zum Zuge kommen, wenn zwingende Gründe die Einhaltung von formalen und inhaltlichen Voraussetzungen erfordern. Dabei geht es vor allem um die Einhaltung von Vorschriften, die die Qualität der Leistungserbringung sichern und deren Überprüfung erleichtern sollen. Dagegen soll bei Vorschriften, denen eine reine Ordnungsfunktion zukommt, kein Grund bestehen, dem Leistungserbringer eine Entschädigung auf bereicherungsrechtlicher Grundlage zu versagen (BSG, Urt. v. 28.02.2007 - B 3 KR 15/06 R, Rn. 17 mwN).
Bei den hier in Rede stehenden Regelungen des § 16 des Vertrages handelt es sich um zentrale Normen des Qualitätsmanagements, wie sich schon aus ihrer systematischen Stellung im Kapitel III "Qualitätsmaßstäbe", Abschnitt 2 "Strukturqualität" ergibt. Qualitätssichernde Regelungen haben innerhalb des SGB V – wie sich aus folgenden Ausführungen ergibt – einen hohen Stellenwert. Ein Verstoß gegen solche Regelungen stellt daher nicht nur einen Verstoß gegen bloße Ordnungsvorschriften dar, sondern lässt den Vergütungsanspruch entfallen und rechtfertigt damit grundsätzlich die Erstattung einer bereits geleisteten Vergütung. Dies gilt zumindest dann, wenn der Verstoß so erheblich ausfällt, wie es vorliegend der Fall ist.
Unerheblich ist dabei, dass es sich hier um eine vertragliche und nicht eine gesetzliche Regelung handelt. § 132a SGB V liefert für eine solche vertragliche Regelung eine ausreichende rechtliche Grundlage. Nach § 132a Abs. 1 Satz 1 SGB V sollen die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich und die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene unter Berücksichtigung der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V gemeinsam Rahmenempfehlungen über die einheitliche Versorgung mit häuslicher Krankenpflege abgeben. Dabei sind nach § 132a Abs. 1 Satz 4 SGB V insbesondere zu regeln: Inhalte der häuslichen Krankenpflege einschließlich deren Abgrenzung (Nr. 1), Eignung der Leistungserbringer (Nr. 2), Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Fortbildung (Nr. 3), Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des Leistungserbringers mit dem verordnenden Vertragsarzt und dem Krankenhaus (Nr. 4), Grundsätze der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung einschließlich deren Prüfung (Nr. 5) sowie Grundsätze der Vergütungen und ihrer Strukturen (Nr. 6). Über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, über die Preise und deren Abrechnung und die Verpflichtung der Leistungserbringer zur Fortbildung schließen dann die Krankenkassen Verträge mit den Leistungserbringern (§ 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Die Frage, welche persönlichen und fachlichen Anforderungen die Leitung eines ambulanten Krankenpflegedienstes (§ 132a SGB V) erfüllen muss, sollen hiernach grundsätzlich Rahmenempfehlungen der Spitzenverbände auf Bundesebene regeln. Dennoch ist ein Versorgungsvertrag, der eine Regelung über die Eignung der Leistungserbringer trifft, nicht schon mangels gesetzlicher Grundlage rechtswidrig. Für die Regelungsgegenstände des § 132a Abs. 1 Satz 4 SGB V müssen solche Verträge zumindest solange geschlossen werden, wie es keine Rahmenempfehlungen auf Bundesebene gibt, was in dem hier streitigen Zeitraum der Fall war. Die Krankenkassen und die Pflegedienste benötigen konkrete Regelungen über die Grundsätze der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, um ihre tägliche Arbeit durchzuführen und Streitfälle nach Möglichkeit zu vermeiden; vom Gesetzgeber wird auch nur auf Rahmenempfehlungen auf Bundesebene verwiesen, die erlassen werden "sollen", also auch nicht innerhalb einer bestimmten Frist erlassen werden mussten. In dieser Situation sind die Parteien der Versorgungsverträge zur Lückenfüllung befugt. Eines förmlichen Gesetzes zur Wahrung des sog Wesentlichkeitsprinzips bedurfte es nicht, vielmehr reichte es hier aus, dass der Gesetzgeber sich auf den unbestimmten Rechtsbegriff der "Eignung" der Leistungserbringer beschränkt hat, weil damit jedenfalls die äußeren Grenzen des Spielraums der Vertragspartner abgesteckt sind und die Möglichkeit richterlicher Überprüfung der Einhaltung der Grenzen gegeben ist (BSG, Urt. v. 07.12.2006 - B 3 KR 5/06 R mwN; vgl. auch BSG, Urt. v. 22.04.2009 - B 3 P 14/07 R, Rn. 20; Scheider, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 132a SGB V, Rn. 20).
Zentrale Bestimmung des Vertrages ist hier § 16 Abs. 2. Danach stellt der Leistungserbringer sicher, dass die angebotenen Leistungen der häuslichen Krankenpflege unter ständiger Verantwortung einer Pflegefachkraft nach § 17 des Vertrages erbracht werden.
Diese Voraussetzung sind nach Ansicht des Senates nicht erfüllt worden. Vielmehr hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass der Pflegedienst des Beklagten bewusst so organisiert war, dass die einzelnen, als stille Gesellschafter der GbR verbundenen Pflegekräfte möglichst eigenständig und unbeaufsichtigt die Pflege an den Versicherten organisierten und durchführten. Die Verwaltung des Pflegedienstes – wie der Beklagte selbst angegeben hat – schlank und kostengünstig sein.
Nach Auffassung des Senates wurden die Pflegeleistungen bei diesem Verwaltungsmodell schon nicht unter der "ständigen Verantwortung" einer Pflegefachkraft erbracht. Dies gilt insbesondere bezüglich der Arbeit des Herrn D ... Es kann daher dahinstehen, ob er die Vorgaben zum zeitlichen Umfang seiner Tätigkeit nach § 17 Buchst. c) des Vertrages erfüllt hat.
Der Begriff der "ständigen Verantwortung" wird in dem Vertrag nicht direkt definiert, es gibt nur grobe Anhaltspunkte in § 16 Abs. 3. Allerdings findet sich in § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI für den Bereich der Pflegeversicherung der gleiche Begriff und ist hier durch die Rechtsprechung des BSG deutlich ausgeformt. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum diese Ausformung nicht auch auf die Formulierung in dem hier streitigen Vertrag übertragen werden kann. Denn die häusliche Pflege nach dem SGB V unterscheidet sich von der Pflege nach dem SGB XI nicht so sehr, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber habe für die Zulassung nach § 132a Abs. 2 SGB V geringere Qualifikationen in Kauf genommen. In beiden Gebieten umfasst die Pflege Grundpflege, hauswirtschaftliche Versorgung und Behandlungspflege, wenn auch letztere in der Pflegeversicherung nur insoweit, als sie verrichtungsbezogen ist oder in Heimen stattfindet (BSG, Urt. v. 21.11.2002 - B 3 KR 14/02 R, Rn. 19)
Danach erfordert der Begriff der "ständigen Verantwortung" nach § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI, dass in jedem Fall gewährleistet sein muss, dass die verantwortliche Fachkraft die den einzelnen Heimbewohnern zukommenden Pflegeleistungen zumindest in den Grundzügen selbst festlegt, ihre Durchführung organisiert und ihre Umsetzung angemessen kontrolliert. Der Begriff will als Teil der umfassenden Ansätze zur Sicherung der Pflegequalität darauf hinwirken, Pflegemängel durch eine angemessene Organisation und Kontrolle der Pflegeprozesse zu vermeiden. Dieser Funktion wird die Einrichtung nur gerecht, wenn die dafür benannten Mitarbeiter die "ständige Verantwortung" tatsächlich selbst wahrnehmen und in eigener Person dafür Sorge tragen, dass den Pflegebedürftigen die im Einzelfall gebotenen Pflegeleistungen tatsächlich zukommen. Nicht ausreichend ist es dagegen, wenn sich die verantwortliche Fachkraft nur berichten lässt und im Übrigen darauf vertrauen muss, dass die von ihr beauftragten weiteren Mitarbeiter den ihnen zugewiesenen Aufgaben ordnungsgemäß nachkommen werden (vgl. BSG, Urt. v. 22.04.2009 - B 3 P 14/07 R, Rn. 27).
Die Erfüllung dieser Voraussetzungen durch Herrn D. ist für die Zeit der ganztätigen Weiterbildungsmaßnahme von Oktober 2006 bis September 2007 – abgesehen von den Praktikumszeiten – von vornherein ausgeschlossen.
Nach seinen in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht und dem Senat gemachten Angaben gilt dies jedoch zur Überzeugung des Senates auch für die übrige Zeit. Insoweit hat der Zeuge sowohl vor dem Sozialgericht als auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht angegeben, die Tätigkeit als Nebenbeschäftigung ausgeübt zu haben. Er sei meist dienstags und donnerstags zwischen 15.00 und 18.00 Uhr im Büro gewesen und habe ca. einmal im Monat eine Teambesprechung durchgeführt. Der Kontakt zu den Teamleitungen sei eher lose gewesen. Diese hätten sehr eigenständig gearbeitet und er habe mehr das Gefühl gehabt, diesen lästig zu sein. Er sei telefonisch erreichbar gewesen, was jedoch nicht oft in Anspruch genommen worden sei. Er habe sich eher als Praktikant und Erfüllungsgehilfe gesehen. Seine Aufgaben, so die Fortbildungsplanung und das Qualitäts- und Hygienemanagement, habe er rudimentär wahrgenommen.
Diese Aussagen lassen es schon zweifelhaft erscheinen, ob Herr D. überhaupt irgendeinen Bereich einer verantwortlichen Pflegefachkraft wahrgenommen hat. In jedem Fall fehlt jedoch der Kontakt zu der tatsächlichen Leistungserbringung bei dem Versicherten. In der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2017 hat Herr D. ausdrücklich bestätigt, nie mit den Versicherten im Kontakt gewesen zu sein. Damit fehlt aber auch ebenfalls die Möglichkeit einer Qualitätskontrolle der pflegerischen Arbeit, die das Kernstück der "ständigen Verantwortung" einer Pflegefachkraft darstellt. Es ist weder erkennbar, dass der Zeuge in die individuelle Pflegeplanung noch in deren Kontrolle maßgeblich eingebunden war. Wenn der Zeuge formuliert, er habe das Gefühl gehabt, den Teamleitungen lästig zu sein, wird damit sehr deutlich, dass er seine Aufgabe gerade in Bezug auf die Pflegekräfte nicht wahrgenommen hat. Denn diese bestand gerade darin, "lästig" in dem Sinne zu sein, sich mit ihnen hin- und auseinanderzusetzen, um eine Pflegeplanung zu erstellen und zu verantworten und dann auch aktiv deren Einhaltung zu kontrollieren. In dieses Bild passt auch die Aussage des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 17. November 2016. Dort vermittelte er deutlich den Eindruck, dass die GbR im Verwaltungsaufbau so schlank wie möglich sein sollte. Die Pflegekräfte sollten gerade sehr selbständig und unabhängig voneinander arbeiten können. Bei einem solchen Aufbau ist eine Pflegedienstleitung im Sinne einer ständig verantwortlichen Pflegefachkraft hinderlich.
Es ist daher nicht erkennbar, dass die "pflegerische Gesamtverantwortung" bei Herrn D. gelegen hat, wie dies jedoch – und zwar unabhängig von der Größe oder Organisationsform des Pflegebetriebes – in jedem Fall notwendig gewesen wäre (vgl. BSG, Urt. v. 22.04.2009 - B 3 P 14/07 R, Rn. 25). Aus demselben Grund bedurfte es auch keiner weiteren Ausführungen zu dem Argument des Klägers, § 17 Buchst. c) des Vertrages verlange für Gesellschafter des Pflegedienstunternehmens keine hauptberufliche bzw. Vollzeitbeschäftigung des Pflegedienstleiters.
Dass die tatsächlich erbrachte Pflegeleistung am Versicherten dabei scheinbar nicht zu beanstanden war, ändert hieran – entgegen der Auffassung des Sozialgerichts – nichts. Das Erfordernis der "ständigen Verantwortung" hat – wie bereits gesagt – qualitätssichernde Funktion und ist deshalb nicht dann unbeachtlich, wenn übrige vertragliche und/oder gesetzliche Vorgaben eingehalten sind. Die Regelung zielt auf eine selbstständige Sicherung der Pflegequalität durch einen entsprechend qualifizierten Personaleinsatz für die Aufgaben der Pflegeplanung, -organisation und -kontrolle. Die Pflegequalität ist nicht nur von der Qualifikation im unmittelbaren Betreuungsverhältnis zwischen Pflegekräften und Bewohnern abhängig. Essenziell ist vielmehr auch eine entsprechende, am individuellen Bedarf der Heimbewohner ausgerichtete und seine kontinuierliche Berücksichtigung gewährleistende Steuerung der Pflegeprozesse (vgl. BSG, Urt. v. 22.04.2009 - B 3 P 14/07 R, Rn. 28).
Ebenfalls kann auch an dieser Stelle dahinstehen, ob und wann sich die A. aufgelöst hat. Denn wenn man davon ausgeht, dass damit schon keine rechtliche Grundlage für die Zahlung der Vergütung bestand, fehlt es schon aus diesem Grund an einem Rechtsgrund für die Zahlungen und der Erstattungsanspruch wäre begründet. Geht man von dem Vorliegen eines faktischen Vertrages aus, dann muss dieser Vertrag den gleichen Inhalt gehabt haben, wie der zuvor bestehende. Denn es ist davon auszugehen, dass die Vertragsparteien nur auf dieser Grundlage eine Fortführung der Leistungsbeziehungen gewollt haben. Für diesen Fall wären dann wiederrum die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 des (faktischen) Vertrages nicht erfüllt.
Dem damit bestehenden öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch steht auch nicht die Regelung des § 9 des Vertrages entgegen, denn der hier in Rede stehende Erstattungsanspruch fällt schon nicht in den Anwendungsbereich des § 9 des Vertrages.
Bei dem hier geschlossenen Vertrag handelt es sich um einen an den zivilrechtlichen Dienstleistungsvertrag angelehnten Vertrag. Leistungsstörungen werden bei einem Dienstleistungsvertrag durch die Möglichkeit der Kündigung und des Schadensersatzes abgewickelt. Bei sachgerechter Auslegung wollen die Regelungen des § 9 diese Optionen konkretisieren bzw. aufrechterhalten. Dem hier in Rede stehenden Erstattungsanspruch liegt jedoch keine Leistungsstörung in diesem Sinne zugrunde, sondern er ist Resultat des Umstandes, dass aufgrund sozialrechtlicher Besonderheiten der Vergütungsanspruch schon gar nicht entstanden ist. Hätten die Klägerinnen die Vergütungen mit dem Hinweis darauf gar nicht erst gezahlt, dass nach ihrer Ansicht die vertraglichen Voraussetzungen hinsichtlich der Qualitätsanforderungen nicht erfüllt seien, so wäre dies nicht zu beanstanden gewesen, da nach oben Gesagtem ein Entgeltanspruch nicht gegeben war. § 9 wäre dann in keiner Weise betroffen. Der hier in Rede stehende Erstattungsanspruch ist nur das Mittel, um diesen Zustand nach erfolgter Zahlung wieder herbeizuführen. Hieran kann § 9 dann folgerichtig auch nichts ändern. Diese Differenzierung zwischen im Vertrag geregelten Folgen für Leistungsprobleme und dem Umstand, dass bei Qualitätsverstößen gar kein Entgeltanspruch entsteht, klingt auch in der Entscheidung des BSG vom 17. März 2005 (B 3 KR 2/05 R, Rn. 31 am Ende) an.
Der Erstattungsanspruch ist nicht verjährt. Auch für ihn gilt die 4-jährige Verjährungsfrist des § 45 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 07.07.2016 - L 7 AS 1359/14 mwN). Der Erstattungsanspruch wird für die Zeit ab 1. Oktober 2006 geltend gemacht. Der älteste Anspruchsteil liegt also im Jahr 2006. Selbst für ihn begann damit die Verjährung mit dem 1. Januar 2007 und endete erst nach der Klagerhebung vom 15. September 2010 am 31. Dezember 2010.
2. Unabhängig von diesem Erstattungsanspruch liegen nach Ansicht des Senates auch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB vor.
Der BGH hat in einer vergleichbaren Konstellation, in der qualitative Voraussetzungen der Pflegekräfte vertraglich vereinbart, jedoch nicht eingehalten wurden – ohne dass dies Auswirkungen auf die Qualität der Pflege gehabt hatte –, in dem Urteil vom 16. Juni 2014 (4 StR 21/14, Rn. 18ff) ausgeführt:
"1. Die Angeklagte täuschte die zuständigen Mitarbeiter der B. durch die Einreichung der Rechnungen nebst Leistungsnachweisen konkludent über das Vorliegen der den Zahlungsanspruch begründenden Tatsachen. Soweit die Angeklagte Rechnungen mit überhöhter Stundenzahl eingereicht hat, liegt dies auf der Hand. Darüber hinaus gab die Angeklagte aber auch konkludent wahrheitswidrig vor, Pflegepersonal eingesetzt und beschäftigt zu haben, das die vertraglich vereinbarte Qualifikation aufwies. Im Einzelnen:
Zwar fordert das SGB V bezüglich der häuslichen Krankenpflege keine besondere Qualifikation der von den Leistungserbringern eingesetzten Personen. Die Krankenkassen sind jedoch berechtigt, den Abschluss eines Vertrages über die Leistung häuslicher Krankenpflege von einer bestimmten formalen Qualifikation des Pflegepersonals abhängig zu machen (BSGE 90, 150, 154 ff.; BSGE 98, 12, 17, 19). Wird eine solche Vereinbarung getroffen, bildet sie neben den gesetzlichen Bestimmungen die Grundlage der Leistungsbeziehung und soll sicherstellen, dass sich die Pflege nach den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht (vgl. BSG, Beschluss vom 17. Mai 2000 – B 3 KR 19/99 B, Rn. 5, juris; BSGE 94, 213, 220 Rn. 26; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. April 2008 – L 1 KR 78/07, Rn. 32, juris). Eine solche Bestimmung haben die Vertragsparteien hier in § 2 der am 12. September 2008 unterzeichneten "Ergänzungsvereinbarung" getroffen, und zwar ausdrücklich für die häusliche Krankenpflege nach § 37 SGB V und die Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI. Die Leistungserbringung gegenüber der Krankenversicherung und gegenüber der Pflegeversicherung richtete sich daher nach denselben Maßstäben.
b) Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass nach der getroffenen Vereinbarung jegliche pflegerische Versorgung des Patienten O. durch besonders qualifiziertes Personal, nämlich durch Fachgesundheits- und Krankenpfleger/-innen und Kinderkrankenpfleger/-innen für pädiatrische Intensivpflege durchgeführt werden, zumindest aber das Personal durch derart ausgebildete Personen eingearbeitet, angeleitet, unterstützt und überwacht werden sollte. [ ]
c) Hiervon ausgehend hat das Landgericht rechtsfehlerfrei auch insoweit in den Abrechnungen der Angeklagten eine Täuschung der Mitarbeiter der B. erblickt; denn tatsächlich setzte die Angeklagte – obwohl sie dies in den eingereichten Rechnungen zumindest konkludent (mit-)erklärt hat – zur Pflege des Herrn O. zu keinem Zeitpunkt Mitarbeiter mit der vereinbarten Zusatzqualifikation ein und veranlasste auch keine Einweisung und Überwachung des vor Ort tätigen Personals durch solche Mitarbeiter. Auch hatte sie nur kurzzeitig Personal beschäftigt, das diese Qualifikation aufwies.
2. Ausweislich der rechtsfehlerfreien Feststellungen gingen die Mitarbeiter der B. deshalb davon aus, dass die Angeklagte die Leistungen wie vereinbart erbracht habe und bezahlten die Rechnungen. Hätten sie von der fehlenden Qualifikation des Personals gewusst, hätten sie dies nicht getan.
3. Der B. ist durch die irrtumsbedingte Bezahlung der Rechnungen ein Vermögensschaden entstanden.
Ein solcher tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des Gesamtwerts des Vermögens des Verfügenden führt (Gesamtsaldierung, vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2012 – 2 StR 79/12, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 77; Beschlüsse vom 25. Januar 2012 – 1 StR 45/11, BGHSt 57, 95 Rn. 75; vom 5. Juli 2011 – 3 StR 444/10, jeweils mwN). Aus dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG folgt dabei, dass die gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht durch eine normative Auslegung des Merkmals des Vermögensnachteils bzw. -schadens überlagert werden darf (vgl. BVerfG, NStZ 2010, 626, 629; NJW 2012, 907, 916 f.).
a) Nach diesem Maßstab liegt zunächst ein Vermögensschaden der B. vor, soweit die Angeklagte in sämtlichen Abrechnungen gegenüber der Krankenkasse mehr Dienststunden angegeben hat als tatsächlich geleistet wurden (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 1989 – 4 StR 419/89, BGHSt 36, 320, 321; Volk, NJW 2000, 3385, 3386; SSW-StGB/Satzger, 2. Aufl., § 263 Rn. 255).
b) Aber auch soweit durch die Mitarbeiter der Angeklagten die Pflegeleistungen tatsächlich erbracht wurden, tragen die Feststellungen die Annahme eines Vermögensschadens und damit die Verurteilung wegen Betrugs.
aa) Denn die B. war im Tatzeitraum nicht zur Zahlung der in Rechnung gestellten Beträge verpflichtet, da die von der Angeklagten eingesetzten und beschäftigten Pflegekräfte nicht über die in der Vereinbarung zwischen der Angeklagten und der B. vorausgesetzte Qualifikationen verfügten.
Das Unterschreiten der nach dem Vertrag vereinbarten Qualifikation führt nach den insoweit maßgeblichen Grundsätzen des Sozialrechts auch dann zum vollständigen Entfallen des Vergütungsanspruchs, wenn die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht wurden ("streng formale Betrachtungsweise", vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 62 m. Anm. Beckemper/Wegner, NStZ 2003, 315, 316; Beschluss vom 28. September 1994 – 4 StR 280/94, NStZ 1995, 85 f.; Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 18. Dezember 2009 – L 1 KR 89/06, Rn. 36, juris). Dies ergibt sich aus Folgendem:
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts können die Krankenkassen auf formalen Ausbildungs- und Weiterbildungsqualifikationen bestehen, weil sonst eine den praktischen Erfordernissen entsprechende Qualitätskontrolle der Leistungserbringung nicht möglich ist (BSGE 98, 12 Rn. 32 mwN). Die Abrechenbarkeit von Leistungen knüpft daher streng an die formale Qualifikation des Personals an, wobei die vertragliche Vereinbarung mit dem Leistungserbringer maßgeblich ist (SG Potsdam, Urteil vom 8. Februar 2008 – S 7 KR 40/07, juris; SG Dresden, Beschluss vom 10. September 2003 – S 16 KR 392/03 ER). Dem Leistungserbringer steht daher für Leistungen, die er unter Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften oder vertragliche Vereinbarungen bewirkt, auch dann keine Vergütung zu, wenn diese Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht sind (vgl. BSG, Beschluss vom 17. Mai 2000 – B 3 KR 19/99 B, Rn. 5, juris; BSGE 94, 213, 220 Rn. 26; Urteil vom 8. September 2004 – B 6 KA 14/03 R, Rn. 23, juris, jeweils mwN). Auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung oder Geschäftsführung ohne Auftrag scheiden in diesen Fällen aus (BSG, Beschluss vom 17. Mai 2000 – B 3 KR 19/99 B, Rn. 5, juris). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Rechtsauffassung bestehen nicht. Die Regelungen im Sozialrecht dienen in erster Linie der Wirtschaftlichkeit und der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, welche einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang darstellen (vgl. BVerfG, NJW 2014, 2340, 2341 Tz. 34).
Hatten die Angeklagte und die Pflegedienste mithin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf die geltend gemachten Leistungen, so ist der B. mit den Zahlungen wirtschaftlich – nicht lediglich normativ – ein entsprechender Schaden entstanden.
[ ]
cc) Der Annahme eines vollständigen Vermögensverlustes steht auch nicht entgegen, dass die B. die dem Versicherten O. geschuldeten Leistungen im Nachhinein nicht mehr erbringen muss. Dabei kann dahinstehen, ob der Anspruch des Versicherten O. auf häusliche Krankenpflege nach § 37 SGB V durch das Tätigwerden der Angeklagten erloschen ist (vgl. LG Lübeck, GesR 2006, 176, 177; Grunst, NStZ 2004, 533, 535; Gaidzik, wistra 1998, 329, 331 f.; Ellbogen/Wichmann, MedR 2007, 14; Saliger, ZIS 2011, 902, 917; Idler, JuS 2004, 1037, 1041). Insoweit fehlt es jedenfalls bereits an der erforderlichen Unmittelbarkeit des herbeigeführten Vermögenszuwachses. Denn eine Befreiung von der Leistungspflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer stellt keine Gegenleistung für die gezahlte Pflegevergütung dar. Sie würde vielmehr aus einer anderen Leistungsbeziehung als derjenigen zwischen der B. und der Angeklagten herrühren (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 – 1 StR 45/11, BGHSt 57, 95, 117; MüKoStGB/Hefendehl, 2. Aufl., § 263 Rn. 582; Hellmann, NStZ 1995, 232, 233; Beckemper/Wegner, NStZ 2003, 315, 316).
Aus demselben Grund entfällt der Vermögensschaden auch nicht dadurch, dass die Krankenkasse keinen anderen Pflegedienst mit der Pflege des Herrn O. beauftragen musste und deshalb Aufwendungen erspart hat (BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 – 1 StR 45/11, aaO, 118 f.; Urteil vom 4. September 2012 – 1 StR 534/11, BGHSt 57, 312 Rn. 52; Urteil vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, NStZ 2003, 313, 315 mit zust. Anm. Beckemper/Wegner, NStZ 2003, 315, 316; Beschluss vom 28. September 1994 – 4 StR 280/94, NStZ 1995, 85, 86 mit zust. Anm. Hellmann, NStZ 1995, 232, 233; SSW-StGB/Satzger, 2. Aufl., § 263 Rn. 256; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 263 Rn. 155; aA Wischnewski/Jahn, GuP 2011, 212, 216; Wasserburg, NStZ 2003, 353, 357)."
Diese Ausführungen sind nach Ansicht des Senates grundsätzlich hinsichtlich der Prüfung der Tatbestandsmerkmale des Betruges auf den vorliegenden Fall zu übertragen.
Durch die wiederholte Angabe, es bestehe mit Herrn D. eine verantwortliche Pflegefachkraft im Sinne der vertraglichen Vereinbarung, hat der Beklagte die Klägerinnen über diesen Umstand getäuscht und bei den Klägerinnen einen Irrtum hervorgerufen, der diese zur Auszahlung des Entgelts veranlasst hat. Da nach oben stehenden Ausführungen auf dieses Entgelt kein Anspruch bestand, ist den Klägerinnen insoweit auch ein Schaden entstanden.
Der Schädigungsvorsatz resultiert aus dem Grundsatz, dass vom äußeren Tatablauf auf einen (bedingten) Schädigungsvorsatz geschlossen werden kann (vgl. BGH, Beschl. v. 09.07.2003 – 5 StR 65/02). Ein Ausnahmefall ist hier nicht ersichtlich. Es ist kein anderer Grund erkennbar, aus dem der Beklagte die unzutreffenden Angaben gemacht haben sollte, wenn nicht zur Aufrechterhaltung einer Auftrags- und Entgeltquelle, die ihm bzw. der GbR nicht zustand. Es besteht auch kein Zweifel daran, dass er dies getan hat, um sich und die anderen Gesellschafter zu bereichern. Dabei muss dem Beklagten nicht positiv bewusst gewesen sein, dass bei Nichteinhalten der qualitativen Vertragsvorgaben der Vergütungsanspruch entfallen würde. Denn was ihm sicher bewusst war und was er auch sicher mit der Täuschung verhindern wollte, war, dass der Vertrag gekündigt werden würde. Die zuvor festgestellte Vertragsverletzung hätte eine fristlose Kündigung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 des Vertrages gerechtfertigt. Damit kam es dem Beklagten aber als Zwischenziel zur Erreichung seines eigentlichen Ziels (Erlangung des Entgelts ohne Anspruch darauf) gerade darauf an, die Klägerinnen darüber zu täuschen, dass die vertraglich vereinbarten Qualitätserfordernisse nicht erfüllt wurden.
3. Die Klägerinnen nehmen zu Recht den Beklagten in Anspruch. Die Gesellschafter einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts haften analog § 128 Handelsgesetzbuch (HGB) gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Den Klägerinnen als Gläubigern stand es daher frei, gegen die Gesellschaft, alle Gesellschafter oder auch nur – wie geschehen – gegen einen Gesellschafter vorzugehen. Sollte sich die Gesellschaft im streitigen Zeitraum aufgelöst haben, so ist dennoch der Beklagte richtiger Anspruchsgegner. Denn er hat den Geschäftsbetrieb weiter aufrechterhalten und er hatte damit die Zugriffmöglichkeit auf die Vergütungserlöse. So hat Herr D. in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2017 ausgeführt, dass die Abrechnung "Verschlusssache" des Beklagten war.
4. Hinsichtlich der Schadenshöhe sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass die geltend gemachten Beträge nicht zutreffend sind.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs. 1 VwGO. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rückzahlung bereits geleisteter Zahlungen an den Pflegedienst A. für häusliche Krankenpflege im Zeitraum 1. Oktober 2006 bis 5. Juni 2009.
Der Pflegedienst A. wurde im Jahr 1995 gegründet und der Beklagte wurde im Jahr 1996 Gesellschafter des Pflegedienstes. Im Jahr 2002 schloss der Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V., Landesvertretung H. (im Folgenden: VdAK H.) mit dem Pflegedienst einen Vertrag gem. § 132a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) über die Versorgung mit häuslicher Krankenpflege. In diesem Vertag, der gemäß § 2 auch für die Klägerinnen zu 1 bis 5 als Mitgliedskassen galt, ist unter anderem in den § 16 Abs. 2 geregelt, dass die angebotenen Leistungen der häuslichen Krankenpflege unter ständiger Verantwortung einer Pflegekraft nach § 17 (des Vertrages) zu erbringen sind.
In der Folgezeit erbrachte der Pflegedienst Leistungen der häuslichen Krankenpflege, die die Klägerinnen zu 1 bis 5 entsprechend den vertraglichen Regelungen vergüteten.
Mit Schreiben vom 19. Mai 2006 teilte der Pflegedienst dem VdAK H. mit, dass Herr D., ausgebildeter Krankenpfleger, ab 12. Mai 2006 mit 40 Stunden wöchentlich beim Pflegedienst beschäftigt sei. Mit Schreiben vom 8. Juni 2006 informierte der Beklagte den VdAK H. dann unter Beifügung einer Kopie der Weiterbildungsbescheinigung eines 1.200 Stunden dauernden Kurses zur Pflegedienstleitung darüber, dass die Aufgaben der verantwortlichen Pflegedienstleitung nun von Herrn D. wahrgenommen würden. Darüber hinaus existiert eine schriftliche Vereinbarung vom 7. Juni 2006 über die Übernahme der Pflegedienstleitung ab 7. Juni 2006 durch Herrn D. mit einer Aufwandsentschädigung in Höhe von 300 EUR monatlich, die vom Beklagten nicht aber dem Vertragspartner, Herrn D., unterschrieben wurde. Auf dieser schriftlichen Vereinbarung ist weiter handschriftlich vermerkt, dass ab 1. Oktober 2006 monatlich 600 EUR bezahlt werden. Am 7. Juni 2006 wurde ein Vertrag über die Errichtung einer stillen Gesellschaft zwischen der A., vertreten durch den Beklagten, und Herrn D. geschlossen. Darin verpflichtete sich Herr D., den fachlichen Weisungen der Pflegedienstleitung Folge zu leisten.
Herr D. wurde auch in der Folgezeit als verantwortlicher Pflegedienstleiter mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden an den VdAK H. gemeldet.
Zum 1. Oktober 2006 begann Herr D. neben seiner Tätigkeit beim Pflegedienst eine von der B1 finanzierte berufliche Rehabilitationsmaßnahme zum Einrichtungsleiter in Pflegediensten und Pflegeheimen, die durchschnittlich 37 Wochenstunden beanspruchte. Im Rahmen dieser Maßnahme musste Herr D. unter anderem auch ein zwölfwöchiges Praktikum mit einem Stundenumfang von 40 Stunden wöchentlich absolvieren, das er im Pflegedienst A. ableistete. Diese Weiterbildungsmaßnahme dauerte insgesamt ein Jahr; anschließend bezog Herr D. Arbeitslosengeld I. Gegenüber dem Arbeitsamt gab er an, dass seine Tätigkeit beim Pflegedienst nur eine Nebenbeschäftigung darstelle, für die eine Aufwandsentschädigung gezahlt werde.
Zum Zeitpunkt des Eintritts von Herrn D. in den Pflegedienst im Jahr 2006, bestand die A. aus dem Beklagten als geschäftsführenden Gesellschafter und Frau K. als weitere Gesellschafterin. Daneben gab es noch weitere stille Gesellschafter, die als Pflegefachkräfte für den Pflegedienst tätig waren und nicht in einem sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnis zu diesem standen. Im Übrigen hat der Beklagte angegeben, dass im streitigen Zeitraum im Pflegedienst insgesamt 8 Vollzeitkräfte beschäftigt waren, die täglich acht Stunden gepflegt und daneben 12 Teilzeitkräfte, die wöchentlich zwischen zwei und vier Stunden gearbeitet und die Vertretungen an den Wochenenden übernommen hätten.
Mit Schreiben vom 31. Januar 2007 kündigte die Gesellschafterin Frau K. ihre Beteiligung als Gesellschafterin der A. fristlos. Ab diesem Zeitpunkt war Frau K. nicht mehr als Pflegekraft beim Pflegedienst tätig.
Im Auftrag der AOK erstellte der MDK N. im Mai 2007 einen Prüfbericht nach § 112 ff Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI). In diesem Bericht wurden in verschiedenen Bereichen Mängel beanstandet, so beispielsweise, dass aktuelle Protokolle von Pflegevisiten am Prüftag nicht vorgelegen hätten. Auch die Anforderungen zur Durchführung von fachbezogenen Dienstbesprechungen und bestimmte Anforderungen an die Dienstpläne seien nicht erfüllt worden. Weiter habe der Beklagte auf Nachfrage eingeräumt, dass die Gesellschafter sich ihre Arbeitszeit selbständig einteilen konnten. Abschließend wurde u.a. die Empfehlung gegeben, dass die verantwortliche Pflegefachkraft ihre Aufgaben gemäß den gemeinsamen Grundsätzen und Maßstäben nachvollziehbar wahrnehmen sollte und die Dienstpläne gemäß den allgemeinen Anforderungen zu führen seien. Diese Maßnahmen müssten sofort erfolgen, für die Beanstandungen im Übrigen wurde eine Frist von sechs bis zwölf Monaten eingeräumt. Auch im Rahmen des Prüfberichts wurde die verantwortliche Pflegedienstleitung mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden angegeben. Im Übrigen wurde zu der Frage, ob die verantwortliche Pflegefachkraft ihre Aufgaben wahrnehme, ausgeführt, dass von sechs Kriterien nur drei erfüllt seien.
Mit Schreiben vom 21. April 2008 wandte sich der VdAK H. an Herrn D. mit der Bitte um Äußerung zu dem Verdacht, dass das mitgeteilte Beschäftigungsverhältnis nur zum Schein bestehe und weder die Funktion der verantwortlichen Pflegedienstleitung ausgeübt werde noch seine Anwesenheit im Pflegedienst festzustellen sei. Darauf teilte Herr D. mit Schreiben vom 29. April 2008 mit, dass die Vorwürfe als völlig haltlos und unsubstantiiert zurückgewiesen würden. Er sei als Pflegedienstleiter mit einem Stundenumfang von 40 Stunden wöchentlich tätig. Als Nachweis verwies er auf sein Zwischenzeugnis vom 28. Dezember 2007, in dem die Hauptaufgaben und Tätigkeiten detailliert dargestellt würden.
Mit Schreiben vom 29. April 2008 teilte Rechtsanwalt S., der mehrere Pflegekräfte des Pflegedienstes vertrat, die über einen Vertrag mit dem Pflegedienst verfügten, mit, dass Herr D. lediglich eine Marionette sei und nur dienstags und freitags vielleicht für 1,5 bis 2 Stunden im Büro anwesend sei. Im Übrigen habe einmal im Monat ein Qualitätszirkel stattgefunden, der aber auch öfters ausgefallen sei. Darüber hinaus sei Herr D. praktisch nicht erreichbar gewesen und Rückrufe fänden, wenn überhaupt, nur nach 19.00 Uhr statt. Die Richtigkeit dieser Angaben bezeugten mehrere Pflegekräfte – darunter auch der Zeuge S1 – mit ihrer Unterschrift unter dem Schriftsatz.
Am 10. Dezember 2008 kündigte Herr D. sowohl den Vertrag zur Errichtung einer stillen Gesellschaft vom 7. Juni 2006 als auch seine Tätigkeit als Pflegedienstleiter fristlos, da er über die tatsächliche Situation der A. erst durch die Beklagten umfassend informiert worden sei.
Mit Schreiben vom 16. Februar 2009 kündigte der VdAK H. den Vertrag über die Durchführung häuslicher Krankenpflege gemäß § 132a SGB V mit dem Pflegedienst A. fristgemäß zum 31. Dezember 2009. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass spätestens seit 1. Oktober 2006 eine Versorgung der Versicherten unter ständiger Verantwortung einer verantwortlichen Pflegefachkraft nicht mehr gewährleistet gewesen sei. Auch die Funktion der stellvertretenden Pflegefachkraft sei nicht ordnungsgemäß wahrgenommen worden. Weiterhin wurde angekündigt, dass eine fristlose Kündigung erfolge, sofern im Zeitraum bis 31. Dezember 2009 erneut gegen die vertraglichen Pflichten verstoßen werde. Im Übrigen wurde mitgeteilt, dass gegebenenfalls Schadensersatzansprüche für den Zeitraum Oktober 2006 bis Dezember 2008 geltend gemacht würden.
Mit weiterem Schreiben vom 3. Juni 2009 kündigte der VdAK H. den Vertrag über die Durchführung häuslicher Krankenpflege gemäß § 132a SGB V mit dem Pflegedienst A. fristlos, da der Beklagte die Gesellschaft als letzter Gesellschafter nach dem Ausscheiden von Frau K. sowohl im Innen- als auch im Außenverhältnis alleine führe.
Im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen dem Pflegedienst A. und einer seiner stillen Gesellschafterinnen über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung eines Vertrages über die Errichtung einer stillen Gesellschaft kam das Landgericht Hamburg (vgl. Urteil vom 12. Februar 2010 Az.: 329 O 182/08) zu dem Ergebnis, dass die A. mit dem Ausscheiden der vorletzten Gesellschafterin Frau K. beendet worden sei. Dies sei spätestens mit Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist des Gesellschaftsvertrages der Frau K. zum 31. März 2007 der Fall gewesen. Darüber hinaus sei auch nicht davon auszugehen, dass Herr D. in die Gesellschaft als weiterer Gesellschafter eingetreten sei, da der Gesellschaftsvertag nur zum Schein geschlossen worden sei und aus diesem Grund nicht wirksam sei. Dies folge insbesondere aus der Regelung gemäß § 14 b des Gesellschaftervertrags, der den Ausschluss jeglicher Haftung im Innen- wie auch im Außenverhältnis vorsehe, was dem Wesen einer GbR widerspräche und zeige, dass der Wille der Vertragsschließenden gerade nicht darauf gerichtet gewesen sei, dass Herr D. Gesellschafter der GbR hatte werden sollen. Aus diesem Grund scheide auch eine Neugründung einer GbR mit dem Beklagten und Herrn D. als Gesellschaftern aus.
Am 15. September 2010 haben die Klägerinnen zu 1 bis 5, die Ersatzkassen im Sinne des SGB V darstellen und als unmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts bundesweit tätig sind, Klage erhoben mit dem Ziel, den Beklagten zu verurteilen, die im Zeitraum 1. Oktober 2006 bis einschließlich 5. Juni 2009 von den Klägerinnen erhaltenen Leistungen für die erbrachte häusliche Krankenpflege zurückzuzahlen. Der Beklagte als ehemaliger geschäftsführender Gesellschafter der A., habe gegenüber den Klägerinnen Leistungen abgerechnet, ohne dass die vertraglichen Voraussetzungen hierfür vorgelegen hätten.
Zum einen bestehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch, da ein Vergütungsanspruch nur dann entstehe, wenn die Leistungen des Pflegedienstes vertragskonform erbracht werden. Dies sei im streitigen Zeitraum nicht der Fall gewesen, da tatsächlich keine verantwortliche Pflegekraft eingesetzt worden sei. Zum anderen sei die Vertragsgrundlage durch Auflösung der A. entfallen.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 16. April 2015 hat Herr D., der als Zeuge vernommen wurde, mitgeteilt, dass er die Aufgabe als Pflegedienstleiter rudimentär wahrgenommen habe. Mit dem Beklagten sei mündlich eine Tätigkeit im Umfang von nur zehn Wochenstunden vereinbart gewesen und seine Tätigkeit in der Gesellschaft habe er in seiner Funktion als stiller Gesellschafter wahrgenommen. Pflegeaufgaben habe er selbst nicht wahrgenommen. Er sei meistens dienstags und donnerstags von 15:00 bis 18:00 im Büro gewesen und habe ca. einmal im Monat Teambesprechungen durchgeführt. Nur während der insgesamt 12 Wochen Praktikum hätte er 40 Stunden wöchentlich im Pflegedienst gearbeitet, wobei er sich in dieser Zeit im Wesentlichen um seinen Praktikumsbericht gekümmert habe. Die im Zwischenzeugnis vom 28. Dezember 2007 aufgeführten Tätigkeiten habe er nur zum Teil tatsächlich wahrgenommen. Im Übrigen hätten die Teamleitungen sehr selbständig gearbeitet und beispielsweise auch den Einsatzplan erstellt. Auch hätten die Teamleitungen teilweise über eine Ausbildung zur Pflegedienstleitung oder Wohnbereichsleitung verfügt. Auf Grund des geringen Stundenumfangs könne er nicht sagen, dass die Leistungen der häuslichen Krankenpflege unter seiner ständigen Verantwortung erbracht worden seien. Das Schreiben vom 29. April 2008 gegenüber dem VdAK sei für seine Ausbildung sehr hilfreich gewesen. Damals sei er auch davon ausgegangen, dass es inhaltlich zutreffe, heute würde er die Situation allerdings anders beurteilen. Die dort getroffene Aussage, dass er 40 Stunden wöchentlich als Pflegedienstleiter tätig gewesen sei, habe sich nur auf die Praktikumszeiten bezogen.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 16. April 2015 abgewiesen. Den Klägerinnen stehe kein Erstattungsanspruch zu. Der Vergütungsanspruch sei nicht aufgrund der Verletzung vertraglicher Verpflichtungen ausgeschlossen. Zwar lägen Indizien dafür vor, dass Herr D. die Pflegedienstleitung nicht in dem vertraglich vereinbarten Umfang wahrgenommen habe. Jedoch habe es sich dabei nur um Mängel in der Organisationsstruktur des Pflegedienstes gehandelt, die nicht zum Entfallen des Vergütungsanspruchs führen könnten. Insoweit seien die Regelungen in § 9 des Vertrages abschließend. Die von den Klägerinnen angeführten Entscheidungen des BSG würden Fallgestaltungen betreffen, die mit der vorliegenden nicht vergleichbar seien. Ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) i.V.m. § 263 Strafgesetzbuch (StGB) scheitere schon daran, dass kein Schaden entstanden sei.
Gegen dieses Urteil haben die Klägerinnen am 22. Mai 2015 Berufung eingelegt. Sie sind der Auffassung, ihnen stehe ein Rückerstattungsanspruch für den Zeitraum vom 1. Oktober 2006 bis zum 5. Juni 2009 zu. Der Rechtsgrund für die geleistete Vergütung sei weggefallen. Die Voraussetzungen für die Abrechenbarkeit der Pflegeleistungen seien im Abschnitt 2 – Strukturqualität – des Vertrages (§§ 14 bis 22 geregelt). Dazu zählten auch die in den §§ 16 und 17 gestellten Voraussetzungen für die verantwortliche Pflegefachkraft (die Pflegedienstleitung). Für die Parteien habe das gemeinsame Vertragsverständnis bestanden, dass die Einhaltung der Anforderungen an die Pflegedienstleitung den Vergütungsanspruch bedingten. Dies sei auch im Allgemeinen gelebte Vertragswirklichkeit in diesem Bereich. Diese Vorschriften seien auch analog der Vorschriften zum SGB XI auszulegen, nämlich analog § 71 ff. SGB XI. Die Voraussetzungen in § 71 Abs. 1 und 2 SGB XI seien aber gerade zwingend für die Zulassung zum ambulanten Pflegedienst. Diese sollen die nach dem Gesetz gebotene Qualität der Pflegesachleistung sicherstellen. Gleiches gelte für die hier streitgegenständlichen vertraglichen Regelungen. Insoweit gehe auch das erstinstanzliche Urteil davon aus, dass der Zeuge D. diese Voraussetzungen nicht erfüllt habe. Dies ergäbe sich auch aus dessen eigener Einlassung. Darüber hinaus verkenne das Sozialgericht die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zum sozialrechtlichen Schadensbegriff und wende stattdessen zivilrechtliche Grundsätze des Bereicherungsrechts an, indem es eine Saldierung vornehme. Diese seien aber nach der Rechtsprechung des BSG gar nicht anzuwenden, wenn ein Leistungserbringer seine Leistung nicht ordnungsgemäß erfülle. Hiervon weiche das Sozialgericht aber ab, da es einen Verlust des Vergütungsanspruchs deshalb verneine, weil die Pflegesachleistung mangelfrei erbracht worden sei. Das Tatbestandsmerkmal der "Patientenunmittelbarkeit" stelle eine Abkehr von der bundessozialgerichtlichen Rechtsprechung dar. Auch der Bundesgerichtshof wende bei der Nichteinhaltung vertraglicher Anforderungen durch Pflegepersonal eine strenge formale Betrachtungsweise an. Schließlich sei der Vergütungsanspruch spätestens entfallen, als die GbR beendet war, nämlich mit Ausscheiden der Gesellschafterin K ... Auch die Annahme eines faktischen Vertrages sei falsch, da ein entsprechender Rechtsbindungswille den Klägerinnen nicht unterstellt werden könne. Die Klägerinnen seien aber nur deshalb noch von einem bestehenden Vertrag ausgegangen, weil der vorgelegte (unwirksame) Vertrag zwischen dem Beklagten und dem Zeugen D. dies suggeriert habe. Darüber hinaus bestehe ein deliktischer Schadensersatzanspruch, da der Beklagte mehrfach wahrheitswidrige Angaben über das Vorhandensein einer verantwortlichen Pflegefachkraft gemacht habe. In Kenntnis der wahren Umstände hätten die Klägerinnen die Vergütung aber nicht geleistet. Soweit das Sozialgericht das Vorhandensein eines Schadens verneine, verkenne es den sozialrechtlichen streng formalen Schadensbegriff.
Die Klägerinnen beantragen,
1. Das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. April 2015 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1. EUR 51.085,89 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 2. EUR 36.409,51 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
4. Der Beklagte wird verurteilt an die Klägerin zu 3. EUR54.984,32 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
5. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 4. EUR 6.943,57 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
6. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 5. EUR 455,56 nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
7. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält das angefochtene Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Eine Anspruchsgrundlage für die begehrte Rückzahlung bestehe nicht. Eine Rechtsgrundlage für die Vergütungen der Klägerin an die A. habe bestanden. Ein Vertrag habe mindestens bis zu dem Zeitpunkt bestanden, als die Gesellschafterin K. den Gesellschaftsvertrag gekündigt habe. Auch wegen des Untergangs der A. als Vertragspartnerin der Klägerinnen sei ein Erstattungsanspruch nicht gegeben. Dies habe das Sozialgericht zutreffend erkannt. Schließlich sei im Anschluss an die Kündigung durch die Gesellschafterin K. ein faktischer Vertrag zustande gekommen. Der Rechtsbindungswille der Klägerinnen sei erst nach Kenntnis aller Umstände entfallen. Bei Aufösung der GbR sei er aber vorhanden gewesen. Darüber hinaus sei der Vergütungsanspruch der A. auch nicht nach § 132a SGB V deshalb entfallen, weil der Beklagte in seinem Betrieb gegen die §§ 16 und 17 des Vertrages verstoßen habe. Das angebliche gemeinsame dahingehende Vertragsverständnis habe tatsächlich nicht bestanden. Dies ergäbe sich weder aus den Vertragsgrundlagen, noch der Rechtsprechung und sei im Übrigen auch nicht dem Zeugenbeweis zugänglich. Außerdem sei es auch nicht gelebte Vertragswirklichkeit, dass bei Nichteinhaltung der fachlichen Anforderungen durch die verantwortliche Pflegefachkraft die Vergütung zurückgezahlt werden müsse, wenn die Pflegedienstleistung am Patienten mangelfrei erfolgt sei. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts habe hier auch kein Verstoß gegen die §§ 16 f. des Vertrages vorgelegen. Es mögen zwar gewisse Indizien dafür vorgelegen haben, dass der Zeuge D. nicht Vollzeit wöchentlich als Pflegedienstleiter für die GbR tätig war, allerdings habe der Zeuge auch ausgeführt, dass er die Sache organisatorisch im Griff gehabt habe und vor allem die pflegenden Personen im Blick hatte und überwachte. Als Gesellschafter habe der Zeuge gem. § 17 Buchst. c) des Vertrages auch gar nicht hauptberuflich und in Vollzeit bei der GbR tätig sein müssen. Den Klägerinnen sei nach Auffassung des Beklagten kein Schaden entstanden. Die Rechtsfolge des Entfallens des Vergütungsanspruchs sei im Vertrag nicht geregelt. Ein Schaden sei auch nicht dargelegt. Nichts anderes folge aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts. Die von den Klägerinnen zitierten Entscheidungen beträfen andere Streitgegenstände. Außerdem habe dort, anders als hier, eine Verletzung der Leistungspflichten am Patienten vorgelegen. Soweit das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung beschreibe, welche Aufgaben eine verantwortliche Pflegekraft habe, so seien diese im Betrieb des Beklagten erfüllt gewesen. Im Übrigen beruft sich der Beklagte auf Verjährung.
In der mündlichen Verhandlung vom 17. November 2016 hat der Beklagte angegeben, dass die A. gemeinsam so organisiert worden sei, dass die Kosten für die Administration möglichst gering bleiben sollten. Dies habe sowohl für ihn als Geschäftsführer als auch für die Pflegedienstleitung gegolten.
Der in diesem Termin unter Widerrufsvorbehalt geschlossene Vergleich ist von den Klägerinnen mit der Begründung widerrufen worden, dass der Beklagte zu der Abrechnung der geleisteten Dienste nur in der Lage gewesen sei, weil er über die personelle Struktur und das Bestehen einer Pflegedienstleitung getäuscht habe.
In der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2017 haben sowohl Herr D. als auch Herr S1 als Zeugen ausgesagt. Hinsichtlich ihrer Aussagen wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Klägerinnen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerinnen ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben.
Sie hat auch in der Sache Erfolg. Zu Unrecht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klägerinnen haben Anspruch auf Rückzahlung der in dem streitigen Zeitraum von ihnen an die A. gezahlten Entgelte.
Ein solcher Anspruch ergibt sich sowohl auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches (dazu unter 1.) als auch auf der Grundlage eines Schadensersatzes nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB (dazu unter 2.).
1. Der aus den allgemeinen Grundsätzen des öffentlichen Rechts hergeleitete öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt voraus, dass im Rahmen eines öffentlichen Rechtsverhältnisses Leistungen ohne rechtlichen Grund erbracht oder sonstige rechtsgrundlose Vermögensverschiebungen vorgenommen worden sind (vgl BSG, Urt. v. 01.08.1991 - 6 RKa 9/89). Im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs gelten ähnliche Grundsätze wie im bürgerlichen Recht der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff BGB), dem der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch zumindest insoweit vergleichbar ist, als beide Ansprüche als Ausdruck eines althergebrachten Rechtsgrundsatzes dem Ausgleich einer rechtsgrundlosen Vermögensverschiebung dienen. Allerdings ist auch im Zivilrecht nicht ausdrücklich geregelt, wann eine Bereicherung ungerechtfertigt ist. Es lässt sich deshalb keine einheitliche Formel für das Vorliegen oder Fehlen eines die Vermögensverschiebung rechtfertigenden Grundes aufstellen. Allgemein anerkannt ist jedoch, dass Leistungen zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit, die in Wirklichkeit nicht besteht, grundsätzlich zurückgefordert werden können (BSG, Urt. v. 22.07.2004 - B 3 KR 21/03 R, Rn. 15f.).
Das BSG erkennt einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch jedoch auch dann an und geht damit von einer rechtswidrigen Vermögensverschiebung in diesem Sinne aus, wenn eine Leistung zwar evtl. nicht ohne rechtlichen Grund, jedoch entgegen einer besonderen gesetzlichen Regelung bzw. vertraglichen Vereinbarung erbracht wurde. Solche Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, haben die Funktion zu gewährleisten, dass sich die Leistungserbringung nach den für die Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Das wird dadurch erreicht, dass dem Arzt oder sonstigen Leistungserbringer für Leistungen, die er unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt, auch dann keine Vergütung zusteht, wenn diese Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht sind. Ihre Steuerungsaufgabe könnten die genannten Regelungen nicht erfüllen, wenn der Arzt oder Leistungserbringer die gesetz- oder vertragswidrig bewirkten Leistungen über einen Wertersatzanspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung oder einen Aufwendungsersatzanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) im Ergebnis dennoch vergütet bekäme (vgl. BSG, Beschl. v. 17.05.2000 - B 3 KR 19/99 B, Rn. 5 mwN; vgl. auch schon BSG, Urt. v. 04.05.1994 - 6 RKa 40/93, Rn. 18). Wie bereits hier betont das BSG auch an anderer Stelle, dass diese Aussagen nicht nur für den ärztlichen Bereich, sondern auch für alle sonstigen Leistungserbringer gelten. So hat es in seinem Urteil vom 17.03.2005 (B 3 KR 2/05 R, Rn. 32 mit einer Vielzahl weiterer Nachweise) ausgeführt, dass nach der ständigen Rechtsprechung des BSG zum Vertragsarztrecht und zum Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung Bestimmungen, die die Vergütung ärztlicher oder sonstiger Leistungen von der Erfüllung bestimmter formaler oder inhaltlicher Voraussetzungen abhängig machen, innerhalb dieses Systems die Funktion zu gewährleisten haben, dass sich die Leistungserbringung nach den für diese Art der Versorgung geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht. Das werde dadurch erreicht, dass dem Vertragsarzt, dem Apotheker oder den sonstigen Leistungserbringern für Leistungen, die unter Verstoß gegen derartige Vorschriften bewirkt würden, auch dann keine Vergütung zustehe, wenn diese Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht worden und für den Versicherten geeignet und nützlich seien.
Die Versagung einer Vorteilsausgleichung nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen soll nach der Rechtsprechung des BSG aber nur dann zum Zuge kommen, wenn zwingende Gründe die Einhaltung von formalen und inhaltlichen Voraussetzungen erfordern. Dabei geht es vor allem um die Einhaltung von Vorschriften, die die Qualität der Leistungserbringung sichern und deren Überprüfung erleichtern sollen. Dagegen soll bei Vorschriften, denen eine reine Ordnungsfunktion zukommt, kein Grund bestehen, dem Leistungserbringer eine Entschädigung auf bereicherungsrechtlicher Grundlage zu versagen (BSG, Urt. v. 28.02.2007 - B 3 KR 15/06 R, Rn. 17 mwN).
Bei den hier in Rede stehenden Regelungen des § 16 des Vertrages handelt es sich um zentrale Normen des Qualitätsmanagements, wie sich schon aus ihrer systematischen Stellung im Kapitel III "Qualitätsmaßstäbe", Abschnitt 2 "Strukturqualität" ergibt. Qualitätssichernde Regelungen haben innerhalb des SGB V – wie sich aus folgenden Ausführungen ergibt – einen hohen Stellenwert. Ein Verstoß gegen solche Regelungen stellt daher nicht nur einen Verstoß gegen bloße Ordnungsvorschriften dar, sondern lässt den Vergütungsanspruch entfallen und rechtfertigt damit grundsätzlich die Erstattung einer bereits geleisteten Vergütung. Dies gilt zumindest dann, wenn der Verstoß so erheblich ausfällt, wie es vorliegend der Fall ist.
Unerheblich ist dabei, dass es sich hier um eine vertragliche und nicht eine gesetzliche Regelung handelt. § 132a SGB V liefert für eine solche vertragliche Regelung eine ausreichende rechtliche Grundlage. Nach § 132a Abs. 1 Satz 1 SGB V sollen die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich und die für die Wahrnehmung der Interessen von Pflegediensten maßgeblichen Spitzenorganisationen auf Bundesebene unter Berücksichtigung der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V gemeinsam Rahmenempfehlungen über die einheitliche Versorgung mit häuslicher Krankenpflege abgeben. Dabei sind nach § 132a Abs. 1 Satz 4 SGB V insbesondere zu regeln: Inhalte der häuslichen Krankenpflege einschließlich deren Abgrenzung (Nr. 1), Eignung der Leistungserbringer (Nr. 2), Maßnahmen zur Qualitätssicherung und Fortbildung (Nr. 3), Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit des Leistungserbringers mit dem verordnenden Vertragsarzt und dem Krankenhaus (Nr. 4), Grundsätze der Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung einschließlich deren Prüfung (Nr. 5) sowie Grundsätze der Vergütungen und ihrer Strukturen (Nr. 6). Über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, über die Preise und deren Abrechnung und die Verpflichtung der Leistungserbringer zur Fortbildung schließen dann die Krankenkassen Verträge mit den Leistungserbringern (§ 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V). Die Frage, welche persönlichen und fachlichen Anforderungen die Leitung eines ambulanten Krankenpflegedienstes (§ 132a SGB V) erfüllen muss, sollen hiernach grundsätzlich Rahmenempfehlungen der Spitzenverbände auf Bundesebene regeln. Dennoch ist ein Versorgungsvertrag, der eine Regelung über die Eignung der Leistungserbringer trifft, nicht schon mangels gesetzlicher Grundlage rechtswidrig. Für die Regelungsgegenstände des § 132a Abs. 1 Satz 4 SGB V müssen solche Verträge zumindest solange geschlossen werden, wie es keine Rahmenempfehlungen auf Bundesebene gibt, was in dem hier streitigen Zeitraum der Fall war. Die Krankenkassen und die Pflegedienste benötigen konkrete Regelungen über die Grundsätze der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, um ihre tägliche Arbeit durchzuführen und Streitfälle nach Möglichkeit zu vermeiden; vom Gesetzgeber wird auch nur auf Rahmenempfehlungen auf Bundesebene verwiesen, die erlassen werden "sollen", also auch nicht innerhalb einer bestimmten Frist erlassen werden mussten. In dieser Situation sind die Parteien der Versorgungsverträge zur Lückenfüllung befugt. Eines förmlichen Gesetzes zur Wahrung des sog Wesentlichkeitsprinzips bedurfte es nicht, vielmehr reichte es hier aus, dass der Gesetzgeber sich auf den unbestimmten Rechtsbegriff der "Eignung" der Leistungserbringer beschränkt hat, weil damit jedenfalls die äußeren Grenzen des Spielraums der Vertragspartner abgesteckt sind und die Möglichkeit richterlicher Überprüfung der Einhaltung der Grenzen gegeben ist (BSG, Urt. v. 07.12.2006 - B 3 KR 5/06 R mwN; vgl. auch BSG, Urt. v. 22.04.2009 - B 3 P 14/07 R, Rn. 20; Scheider, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 132a SGB V, Rn. 20).
Zentrale Bestimmung des Vertrages ist hier § 16 Abs. 2. Danach stellt der Leistungserbringer sicher, dass die angebotenen Leistungen der häuslichen Krankenpflege unter ständiger Verantwortung einer Pflegefachkraft nach § 17 des Vertrages erbracht werden.
Diese Voraussetzung sind nach Ansicht des Senates nicht erfüllt worden. Vielmehr hat der Senat die Überzeugung gewonnen, dass der Pflegedienst des Beklagten bewusst so organisiert war, dass die einzelnen, als stille Gesellschafter der GbR verbundenen Pflegekräfte möglichst eigenständig und unbeaufsichtigt die Pflege an den Versicherten organisierten und durchführten. Die Verwaltung des Pflegedienstes – wie der Beklagte selbst angegeben hat – schlank und kostengünstig sein.
Nach Auffassung des Senates wurden die Pflegeleistungen bei diesem Verwaltungsmodell schon nicht unter der "ständigen Verantwortung" einer Pflegefachkraft erbracht. Dies gilt insbesondere bezüglich der Arbeit des Herrn D ... Es kann daher dahinstehen, ob er die Vorgaben zum zeitlichen Umfang seiner Tätigkeit nach § 17 Buchst. c) des Vertrages erfüllt hat.
Der Begriff der "ständigen Verantwortung" wird in dem Vertrag nicht direkt definiert, es gibt nur grobe Anhaltspunkte in § 16 Abs. 3. Allerdings findet sich in § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI für den Bereich der Pflegeversicherung der gleiche Begriff und ist hier durch die Rechtsprechung des BSG deutlich ausgeformt. Es sind keine Gründe ersichtlich, warum diese Ausformung nicht auch auf die Formulierung in dem hier streitigen Vertrag übertragen werden kann. Denn die häusliche Pflege nach dem SGB V unterscheidet sich von der Pflege nach dem SGB XI nicht so sehr, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber habe für die Zulassung nach § 132a Abs. 2 SGB V geringere Qualifikationen in Kauf genommen. In beiden Gebieten umfasst die Pflege Grundpflege, hauswirtschaftliche Versorgung und Behandlungspflege, wenn auch letztere in der Pflegeversicherung nur insoweit, als sie verrichtungsbezogen ist oder in Heimen stattfindet (BSG, Urt. v. 21.11.2002 - B 3 KR 14/02 R, Rn. 19)
Danach erfordert der Begriff der "ständigen Verantwortung" nach § 71 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI, dass in jedem Fall gewährleistet sein muss, dass die verantwortliche Fachkraft die den einzelnen Heimbewohnern zukommenden Pflegeleistungen zumindest in den Grundzügen selbst festlegt, ihre Durchführung organisiert und ihre Umsetzung angemessen kontrolliert. Der Begriff will als Teil der umfassenden Ansätze zur Sicherung der Pflegequalität darauf hinwirken, Pflegemängel durch eine angemessene Organisation und Kontrolle der Pflegeprozesse zu vermeiden. Dieser Funktion wird die Einrichtung nur gerecht, wenn die dafür benannten Mitarbeiter die "ständige Verantwortung" tatsächlich selbst wahrnehmen und in eigener Person dafür Sorge tragen, dass den Pflegebedürftigen die im Einzelfall gebotenen Pflegeleistungen tatsächlich zukommen. Nicht ausreichend ist es dagegen, wenn sich die verantwortliche Fachkraft nur berichten lässt und im Übrigen darauf vertrauen muss, dass die von ihr beauftragten weiteren Mitarbeiter den ihnen zugewiesenen Aufgaben ordnungsgemäß nachkommen werden (vgl. BSG, Urt. v. 22.04.2009 - B 3 P 14/07 R, Rn. 27).
Die Erfüllung dieser Voraussetzungen durch Herrn D. ist für die Zeit der ganztätigen Weiterbildungsmaßnahme von Oktober 2006 bis September 2007 – abgesehen von den Praktikumszeiten – von vornherein ausgeschlossen.
Nach seinen in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht und dem Senat gemachten Angaben gilt dies jedoch zur Überzeugung des Senates auch für die übrige Zeit. Insoweit hat der Zeuge sowohl vor dem Sozialgericht als auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht angegeben, die Tätigkeit als Nebenbeschäftigung ausgeübt zu haben. Er sei meist dienstags und donnerstags zwischen 15.00 und 18.00 Uhr im Büro gewesen und habe ca. einmal im Monat eine Teambesprechung durchgeführt. Der Kontakt zu den Teamleitungen sei eher lose gewesen. Diese hätten sehr eigenständig gearbeitet und er habe mehr das Gefühl gehabt, diesen lästig zu sein. Er sei telefonisch erreichbar gewesen, was jedoch nicht oft in Anspruch genommen worden sei. Er habe sich eher als Praktikant und Erfüllungsgehilfe gesehen. Seine Aufgaben, so die Fortbildungsplanung und das Qualitäts- und Hygienemanagement, habe er rudimentär wahrgenommen.
Diese Aussagen lassen es schon zweifelhaft erscheinen, ob Herr D. überhaupt irgendeinen Bereich einer verantwortlichen Pflegefachkraft wahrgenommen hat. In jedem Fall fehlt jedoch der Kontakt zu der tatsächlichen Leistungserbringung bei dem Versicherten. In der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2017 hat Herr D. ausdrücklich bestätigt, nie mit den Versicherten im Kontakt gewesen zu sein. Damit fehlt aber auch ebenfalls die Möglichkeit einer Qualitätskontrolle der pflegerischen Arbeit, die das Kernstück der "ständigen Verantwortung" einer Pflegefachkraft darstellt. Es ist weder erkennbar, dass der Zeuge in die individuelle Pflegeplanung noch in deren Kontrolle maßgeblich eingebunden war. Wenn der Zeuge formuliert, er habe das Gefühl gehabt, den Teamleitungen lästig zu sein, wird damit sehr deutlich, dass er seine Aufgabe gerade in Bezug auf die Pflegekräfte nicht wahrgenommen hat. Denn diese bestand gerade darin, "lästig" in dem Sinne zu sein, sich mit ihnen hin- und auseinanderzusetzen, um eine Pflegeplanung zu erstellen und zu verantworten und dann auch aktiv deren Einhaltung zu kontrollieren. In dieses Bild passt auch die Aussage des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 17. November 2016. Dort vermittelte er deutlich den Eindruck, dass die GbR im Verwaltungsaufbau so schlank wie möglich sein sollte. Die Pflegekräfte sollten gerade sehr selbständig und unabhängig voneinander arbeiten können. Bei einem solchen Aufbau ist eine Pflegedienstleitung im Sinne einer ständig verantwortlichen Pflegefachkraft hinderlich.
Es ist daher nicht erkennbar, dass die "pflegerische Gesamtverantwortung" bei Herrn D. gelegen hat, wie dies jedoch – und zwar unabhängig von der Größe oder Organisationsform des Pflegebetriebes – in jedem Fall notwendig gewesen wäre (vgl. BSG, Urt. v. 22.04.2009 - B 3 P 14/07 R, Rn. 25). Aus demselben Grund bedurfte es auch keiner weiteren Ausführungen zu dem Argument des Klägers, § 17 Buchst. c) des Vertrages verlange für Gesellschafter des Pflegedienstunternehmens keine hauptberufliche bzw. Vollzeitbeschäftigung des Pflegedienstleiters.
Dass die tatsächlich erbrachte Pflegeleistung am Versicherten dabei scheinbar nicht zu beanstanden war, ändert hieran – entgegen der Auffassung des Sozialgerichts – nichts. Das Erfordernis der "ständigen Verantwortung" hat – wie bereits gesagt – qualitätssichernde Funktion und ist deshalb nicht dann unbeachtlich, wenn übrige vertragliche und/oder gesetzliche Vorgaben eingehalten sind. Die Regelung zielt auf eine selbstständige Sicherung der Pflegequalität durch einen entsprechend qualifizierten Personaleinsatz für die Aufgaben der Pflegeplanung, -organisation und -kontrolle. Die Pflegequalität ist nicht nur von der Qualifikation im unmittelbaren Betreuungsverhältnis zwischen Pflegekräften und Bewohnern abhängig. Essenziell ist vielmehr auch eine entsprechende, am individuellen Bedarf der Heimbewohner ausgerichtete und seine kontinuierliche Berücksichtigung gewährleistende Steuerung der Pflegeprozesse (vgl. BSG, Urt. v. 22.04.2009 - B 3 P 14/07 R, Rn. 28).
Ebenfalls kann auch an dieser Stelle dahinstehen, ob und wann sich die A. aufgelöst hat. Denn wenn man davon ausgeht, dass damit schon keine rechtliche Grundlage für die Zahlung der Vergütung bestand, fehlt es schon aus diesem Grund an einem Rechtsgrund für die Zahlungen und der Erstattungsanspruch wäre begründet. Geht man von dem Vorliegen eines faktischen Vertrages aus, dann muss dieser Vertrag den gleichen Inhalt gehabt haben, wie der zuvor bestehende. Denn es ist davon auszugehen, dass die Vertragsparteien nur auf dieser Grundlage eine Fortführung der Leistungsbeziehungen gewollt haben. Für diesen Fall wären dann wiederrum die Voraussetzungen des § 16 Abs. 2 des (faktischen) Vertrages nicht erfüllt.
Dem damit bestehenden öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch steht auch nicht die Regelung des § 9 des Vertrages entgegen, denn der hier in Rede stehende Erstattungsanspruch fällt schon nicht in den Anwendungsbereich des § 9 des Vertrages.
Bei dem hier geschlossenen Vertrag handelt es sich um einen an den zivilrechtlichen Dienstleistungsvertrag angelehnten Vertrag. Leistungsstörungen werden bei einem Dienstleistungsvertrag durch die Möglichkeit der Kündigung und des Schadensersatzes abgewickelt. Bei sachgerechter Auslegung wollen die Regelungen des § 9 diese Optionen konkretisieren bzw. aufrechterhalten. Dem hier in Rede stehenden Erstattungsanspruch liegt jedoch keine Leistungsstörung in diesem Sinne zugrunde, sondern er ist Resultat des Umstandes, dass aufgrund sozialrechtlicher Besonderheiten der Vergütungsanspruch schon gar nicht entstanden ist. Hätten die Klägerinnen die Vergütungen mit dem Hinweis darauf gar nicht erst gezahlt, dass nach ihrer Ansicht die vertraglichen Voraussetzungen hinsichtlich der Qualitätsanforderungen nicht erfüllt seien, so wäre dies nicht zu beanstanden gewesen, da nach oben Gesagtem ein Entgeltanspruch nicht gegeben war. § 9 wäre dann in keiner Weise betroffen. Der hier in Rede stehende Erstattungsanspruch ist nur das Mittel, um diesen Zustand nach erfolgter Zahlung wieder herbeizuführen. Hieran kann § 9 dann folgerichtig auch nichts ändern. Diese Differenzierung zwischen im Vertrag geregelten Folgen für Leistungsprobleme und dem Umstand, dass bei Qualitätsverstößen gar kein Entgeltanspruch entsteht, klingt auch in der Entscheidung des BSG vom 17. März 2005 (B 3 KR 2/05 R, Rn. 31 am Ende) an.
Der Erstattungsanspruch ist nicht verjährt. Auch für ihn gilt die 4-jährige Verjährungsfrist des § 45 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 07.07.2016 - L 7 AS 1359/14 mwN). Der Erstattungsanspruch wird für die Zeit ab 1. Oktober 2006 geltend gemacht. Der älteste Anspruchsteil liegt also im Jahr 2006. Selbst für ihn begann damit die Verjährung mit dem 1. Januar 2007 und endete erst nach der Klagerhebung vom 15. September 2010 am 31. Dezember 2010.
2. Unabhängig von diesem Erstattungsanspruch liegen nach Ansicht des Senates auch die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB vor.
Der BGH hat in einer vergleichbaren Konstellation, in der qualitative Voraussetzungen der Pflegekräfte vertraglich vereinbart, jedoch nicht eingehalten wurden – ohne dass dies Auswirkungen auf die Qualität der Pflege gehabt hatte –, in dem Urteil vom 16. Juni 2014 (4 StR 21/14, Rn. 18ff) ausgeführt:
"1. Die Angeklagte täuschte die zuständigen Mitarbeiter der B. durch die Einreichung der Rechnungen nebst Leistungsnachweisen konkludent über das Vorliegen der den Zahlungsanspruch begründenden Tatsachen. Soweit die Angeklagte Rechnungen mit überhöhter Stundenzahl eingereicht hat, liegt dies auf der Hand. Darüber hinaus gab die Angeklagte aber auch konkludent wahrheitswidrig vor, Pflegepersonal eingesetzt und beschäftigt zu haben, das die vertraglich vereinbarte Qualifikation aufwies. Im Einzelnen:
Zwar fordert das SGB V bezüglich der häuslichen Krankenpflege keine besondere Qualifikation der von den Leistungserbringern eingesetzten Personen. Die Krankenkassen sind jedoch berechtigt, den Abschluss eines Vertrages über die Leistung häuslicher Krankenpflege von einer bestimmten formalen Qualifikation des Pflegepersonals abhängig zu machen (BSGE 90, 150, 154 ff.; BSGE 98, 12, 17, 19). Wird eine solche Vereinbarung getroffen, bildet sie neben den gesetzlichen Bestimmungen die Grundlage der Leistungsbeziehung und soll sicherstellen, dass sich die Pflege nach den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen vollzieht (vgl. BSG, Beschluss vom 17. Mai 2000 – B 3 KR 19/99 B, Rn. 5, juris; BSGE 94, 213, 220 Rn. 26; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. April 2008 – L 1 KR 78/07, Rn. 32, juris). Eine solche Bestimmung haben die Vertragsparteien hier in § 2 der am 12. September 2008 unterzeichneten "Ergänzungsvereinbarung" getroffen, und zwar ausdrücklich für die häusliche Krankenpflege nach § 37 SGB V und die Pflegesachleistung nach § 36 SGB XI. Die Leistungserbringung gegenüber der Krankenversicherung und gegenüber der Pflegeversicherung richtete sich daher nach denselben Maßstäben.
b) Das Landgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass nach der getroffenen Vereinbarung jegliche pflegerische Versorgung des Patienten O. durch besonders qualifiziertes Personal, nämlich durch Fachgesundheits- und Krankenpfleger/-innen und Kinderkrankenpfleger/-innen für pädiatrische Intensivpflege durchgeführt werden, zumindest aber das Personal durch derart ausgebildete Personen eingearbeitet, angeleitet, unterstützt und überwacht werden sollte. [ ]
c) Hiervon ausgehend hat das Landgericht rechtsfehlerfrei auch insoweit in den Abrechnungen der Angeklagten eine Täuschung der Mitarbeiter der B. erblickt; denn tatsächlich setzte die Angeklagte – obwohl sie dies in den eingereichten Rechnungen zumindest konkludent (mit-)erklärt hat – zur Pflege des Herrn O. zu keinem Zeitpunkt Mitarbeiter mit der vereinbarten Zusatzqualifikation ein und veranlasste auch keine Einweisung und Überwachung des vor Ort tätigen Personals durch solche Mitarbeiter. Auch hatte sie nur kurzzeitig Personal beschäftigt, das diese Qualifikation aufwies.
2. Ausweislich der rechtsfehlerfreien Feststellungen gingen die Mitarbeiter der B. deshalb davon aus, dass die Angeklagte die Leistungen wie vereinbart erbracht habe und bezahlten die Rechnungen. Hätten sie von der fehlenden Qualifikation des Personals gewusst, hätten sie dies nicht getan.
3. Der B. ist durch die irrtumsbedingte Bezahlung der Rechnungen ein Vermögensschaden entstanden.
Ein solcher tritt ein, wenn die Vermögensverfügung des Getäuschten bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise unmittelbar zu einer nicht durch Zuwachs ausgeglichenen Minderung des Gesamtwerts des Vermögens des Verfügenden führt (Gesamtsaldierung, vgl. BGH, Urteil vom 27. Juni 2012 – 2 StR 79/12, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 77; Beschlüsse vom 25. Januar 2012 – 1 StR 45/11, BGHSt 57, 95 Rn. 75; vom 5. Juli 2011 – 3 StR 444/10, jeweils mwN). Aus dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG folgt dabei, dass die gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht durch eine normative Auslegung des Merkmals des Vermögensnachteils bzw. -schadens überlagert werden darf (vgl. BVerfG, NStZ 2010, 626, 629; NJW 2012, 907, 916 f.).
a) Nach diesem Maßstab liegt zunächst ein Vermögensschaden der B. vor, soweit die Angeklagte in sämtlichen Abrechnungen gegenüber der Krankenkasse mehr Dienststunden angegeben hat als tatsächlich geleistet wurden (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 1989 – 4 StR 419/89, BGHSt 36, 320, 321; Volk, NJW 2000, 3385, 3386; SSW-StGB/Satzger, 2. Aufl., § 263 Rn. 255).
b) Aber auch soweit durch die Mitarbeiter der Angeklagten die Pflegeleistungen tatsächlich erbracht wurden, tragen die Feststellungen die Annahme eines Vermögensschadens und damit die Verurteilung wegen Betrugs.
aa) Denn die B. war im Tatzeitraum nicht zur Zahlung der in Rechnung gestellten Beträge verpflichtet, da die von der Angeklagten eingesetzten und beschäftigten Pflegekräfte nicht über die in der Vereinbarung zwischen der Angeklagten und der B. vorausgesetzte Qualifikationen verfügten.
Das Unterschreiten der nach dem Vertrag vereinbarten Qualifikation führt nach den insoweit maßgeblichen Grundsätzen des Sozialrechts auch dann zum vollständigen Entfallen des Vergütungsanspruchs, wenn die Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht wurden ("streng formale Betrachtungsweise", vgl. BGH, Urteil vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, BGHR StGB § 263 Abs. 1 Vermögensschaden 62 m. Anm. Beckemper/Wegner, NStZ 2003, 315, 316; Beschluss vom 28. September 1994 – 4 StR 280/94, NStZ 1995, 85 f.; Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 18. Dezember 2009 – L 1 KR 89/06, Rn. 36, juris). Dies ergibt sich aus Folgendem:
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts können die Krankenkassen auf formalen Ausbildungs- und Weiterbildungsqualifikationen bestehen, weil sonst eine den praktischen Erfordernissen entsprechende Qualitätskontrolle der Leistungserbringung nicht möglich ist (BSGE 98, 12 Rn. 32 mwN). Die Abrechenbarkeit von Leistungen knüpft daher streng an die formale Qualifikation des Personals an, wobei die vertragliche Vereinbarung mit dem Leistungserbringer maßgeblich ist (SG Potsdam, Urteil vom 8. Februar 2008 – S 7 KR 40/07, juris; SG Dresden, Beschluss vom 10. September 2003 – S 16 KR 392/03 ER). Dem Leistungserbringer steht daher für Leistungen, die er unter Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften oder vertragliche Vereinbarungen bewirkt, auch dann keine Vergütung zu, wenn diese Leistungen im Übrigen ordnungsgemäß erbracht sind (vgl. BSG, Beschluss vom 17. Mai 2000 – B 3 KR 19/99 B, Rn. 5, juris; BSGE 94, 213, 220 Rn. 26; Urteil vom 8. September 2004 – B 6 KA 14/03 R, Rn. 23, juris, jeweils mwN). Auch Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung oder Geschäftsführung ohne Auftrag scheiden in diesen Fällen aus (BSG, Beschluss vom 17. Mai 2000 – B 3 KR 19/99 B, Rn. 5, juris). Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Rechtsauffassung bestehen nicht. Die Regelungen im Sozialrecht dienen in erster Linie der Wirtschaftlichkeit und der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung, welche einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang darstellen (vgl. BVerfG, NJW 2014, 2340, 2341 Tz. 34).
Hatten die Angeklagte und die Pflegedienste mithin unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf die geltend gemachten Leistungen, so ist der B. mit den Zahlungen wirtschaftlich – nicht lediglich normativ – ein entsprechender Schaden entstanden.
[ ]
cc) Der Annahme eines vollständigen Vermögensverlustes steht auch nicht entgegen, dass die B. die dem Versicherten O. geschuldeten Leistungen im Nachhinein nicht mehr erbringen muss. Dabei kann dahinstehen, ob der Anspruch des Versicherten O. auf häusliche Krankenpflege nach § 37 SGB V durch das Tätigwerden der Angeklagten erloschen ist (vgl. LG Lübeck, GesR 2006, 176, 177; Grunst, NStZ 2004, 533, 535; Gaidzik, wistra 1998, 329, 331 f.; Ellbogen/Wichmann, MedR 2007, 14; Saliger, ZIS 2011, 902, 917; Idler, JuS 2004, 1037, 1041). Insoweit fehlt es jedenfalls bereits an der erforderlichen Unmittelbarkeit des herbeigeführten Vermögenszuwachses. Denn eine Befreiung von der Leistungspflicht gegenüber dem Versicherungsnehmer stellt keine Gegenleistung für die gezahlte Pflegevergütung dar. Sie würde vielmehr aus einer anderen Leistungsbeziehung als derjenigen zwischen der B. und der Angeklagten herrühren (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 – 1 StR 45/11, BGHSt 57, 95, 117; MüKoStGB/Hefendehl, 2. Aufl., § 263 Rn. 582; Hellmann, NStZ 1995, 232, 233; Beckemper/Wegner, NStZ 2003, 315, 316).
Aus demselben Grund entfällt der Vermögensschaden auch nicht dadurch, dass die Krankenkasse keinen anderen Pflegedienst mit der Pflege des Herrn O. beauftragen musste und deshalb Aufwendungen erspart hat (BGH, Beschluss vom 25. Januar 2012 – 1 StR 45/11, aaO, 118 f.; Urteil vom 4. September 2012 – 1 StR 534/11, BGHSt 57, 312 Rn. 52; Urteil vom 5. Dezember 2002 – 3 StR 161/02, NStZ 2003, 313, 315 mit zust. Anm. Beckemper/Wegner, NStZ 2003, 315, 316; Beschluss vom 28. September 1994 – 4 StR 280/94, NStZ 1995, 85, 86 mit zust. Anm. Hellmann, NStZ 1995, 232, 233; SSW-StGB/Satzger, 2. Aufl., § 263 Rn. 256; Fischer, StGB, 61. Aufl., § 263 Rn. 155; aA Wischnewski/Jahn, GuP 2011, 212, 216; Wasserburg, NStZ 2003, 353, 357)."
Diese Ausführungen sind nach Ansicht des Senates grundsätzlich hinsichtlich der Prüfung der Tatbestandsmerkmale des Betruges auf den vorliegenden Fall zu übertragen.
Durch die wiederholte Angabe, es bestehe mit Herrn D. eine verantwortliche Pflegefachkraft im Sinne der vertraglichen Vereinbarung, hat der Beklagte die Klägerinnen über diesen Umstand getäuscht und bei den Klägerinnen einen Irrtum hervorgerufen, der diese zur Auszahlung des Entgelts veranlasst hat. Da nach oben stehenden Ausführungen auf dieses Entgelt kein Anspruch bestand, ist den Klägerinnen insoweit auch ein Schaden entstanden.
Der Schädigungsvorsatz resultiert aus dem Grundsatz, dass vom äußeren Tatablauf auf einen (bedingten) Schädigungsvorsatz geschlossen werden kann (vgl. BGH, Beschl. v. 09.07.2003 – 5 StR 65/02). Ein Ausnahmefall ist hier nicht ersichtlich. Es ist kein anderer Grund erkennbar, aus dem der Beklagte die unzutreffenden Angaben gemacht haben sollte, wenn nicht zur Aufrechterhaltung einer Auftrags- und Entgeltquelle, die ihm bzw. der GbR nicht zustand. Es besteht auch kein Zweifel daran, dass er dies getan hat, um sich und die anderen Gesellschafter zu bereichern. Dabei muss dem Beklagten nicht positiv bewusst gewesen sein, dass bei Nichteinhalten der qualitativen Vertragsvorgaben der Vergütungsanspruch entfallen würde. Denn was ihm sicher bewusst war und was er auch sicher mit der Täuschung verhindern wollte, war, dass der Vertrag gekündigt werden würde. Die zuvor festgestellte Vertragsverletzung hätte eine fristlose Kündigung nach § 9 Abs. 2 Satz 1 des Vertrages gerechtfertigt. Damit kam es dem Beklagten aber als Zwischenziel zur Erreichung seines eigentlichen Ziels (Erlangung des Entgelts ohne Anspruch darauf) gerade darauf an, die Klägerinnen darüber zu täuschen, dass die vertraglich vereinbarten Qualitätserfordernisse nicht erfüllt wurden.
3. Die Klägerinnen nehmen zu Recht den Beklagten in Anspruch. Die Gesellschafter einer Gesellschaft Bürgerlichen Rechts haften analog § 128 Handelsgesetzbuch (HGB) gesamtschuldnerisch für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Den Klägerinnen als Gläubigern stand es daher frei, gegen die Gesellschaft, alle Gesellschafter oder auch nur – wie geschehen – gegen einen Gesellschafter vorzugehen. Sollte sich die Gesellschaft im streitigen Zeitraum aufgelöst haben, so ist dennoch der Beklagte richtiger Anspruchsgegner. Denn er hat den Geschäftsbetrieb weiter aufrechterhalten und er hatte damit die Zugriffmöglichkeit auf die Vergütungserlöse. So hat Herr D. in der mündlichen Verhandlung vom 22. Juni 2017 ausgeführt, dass die Abrechnung "Verschlusssache" des Beklagten war.
4. Hinsichtlich der Schadenshöhe sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich oder vorgetragen, dass die geltend gemachten Beträge nicht zutreffend sind.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs. 1 VwGO. Gründe für eine Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
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