Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 13 AL 9/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 AL 32/12
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 5. Dezember 2011 wird aufgehoben. Die Bescheide der Beklagten vom 26. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 8. Dezember 2009 werden hinsichtlich der Erstattung des auf das Insolvenzgeld erbrachten Vorschusses aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. 2. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu neun Zehnteln zu erstatten. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Insolvenzgeld für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Dezember 2008 sowie eine Verpflichtung des Klägers zur Erstattung eines auf das zu erwartende Insolvenzgeld gezahlten Vorschusses.
Der am xxxxx 1952 geborene Kläger meldete sich am 30. Dezember 2008 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Hierbei gab er an, er sei seit dem 5. November 2007 bei der Firma T. GmbH (i.F.: Arbeitgeber) als Maurer beschäftigt gewesen, die das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 23. Dezember 2008 zum 1. Januar 2009 gekündigt habe. Die Entgeltansprüche für die Monate Oktober, November und Dezember 2008 seien noch offen. Die Beklagte holte eine Arbeitsbescheinigung ein, wonach der Kläger zuletzt als Servicearbeiter beschäftigt gewesen sei. Die Frage, ob der Kläger für eine zusammenhängende Zeit von mehr als einem Monat kein Arbeitsentgelt erhalten habe, verneinte der Arbeitgeber. Weiter heißt es, der Kläger habe in den letzten zwölf Monaten beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von insgesamt 27.300,- Euro (monatlich jeweils 2275.- Euro) erhalten. Die Beklagte bewilligte daraufhin Alg für die Zeit ab dem 1. Januar 2009. Ab dem 27. April 2009 war der Kläger wieder in Arbeit.
Am 13. Februar 2009 beantragte der Kläger Insolvenzgeld (Insg) und gab hierbei an, das Arbeitsentgelt für die Monate Oktober, November und Dezember 2008 sei in Höhe von monatlich jeweils 1.721,67 Euro netto noch offen. Beigefügt waren Entgeltabrechnungen betreffend die genannten Monate sowie eine Insg-Bescheinigung des Arbeitgebers, in der von einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 17. Dezember 2008 die Rede ist und die ansonsten das klägerische Vorbringen bestätigt.
Die Beklagte gewährte mit Bescheid vom 18. Februar 2009 einen Vorschuss auf das Insg in Höhe von 4.640 Euro (90 Prozent des von der Beklagten errechneten Gesamtanspruchs in Höhe von 1.721,67 X 3 = 5165,01 Euro). Weiter hieß es, eine abschließende Entscheidung sei nicht möglich, denn es liege, da noch kein Insolvenzereignis festgestellt worden sei, noch keine Insg-Bescheinigung vor.
Das Insolvenzverfahren wurde aufgrund Antrag einer Gläubigerin vom 19. November 2008 am 8. April 2009 vom Amtsgericht Hamburg (Az. 67g IN 473/08) eröffnet. Auf die Bitte der Beklagten um Übersendung einer Insg-Bescheinigung erklärte der (im Klageverfahren beigeladene) Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Weitzmann, es habe im Insolvenzzeitraum verschiedene Barauszahlungen gegeben, deren ordnungsgemäße Verwendung bislang nicht abschließend zu prüfen gewesen sei.
Im Oktober 2009 beantrage der Kläger die Auszahlung des vollen Insg und führte aus, der Insolvenzverwalter verweigere ohne rechtlichen Grund die Ausstellung der entsprechenden Bescheinigung. Er fügte eine eigene eidesstattliche Versicherung bei sowie ein Schreiben des (seinerzeit für den Arbeitgeber tätigen) Lohn-, Kontierungsbüros & WB Z. bei, in dem es heißt, nach den dort vorliegenden Buchungsunterlagen sei nicht ersichtlich, dass der Kläger in der Zeit von Oktober 2008 bis Dezember 2008 Lohnzahlungen erhalten habe.
Der Insolvenzverwalter erklärte – unter Vorlage seines Schriftverkehrs mit dem Kläger sowie seines Insolvenzberichts – er halte einen Anspruch auf Insg nicht für glaubhaft dargelegt. Es überwögen die Hinweise auf ein kollusives Zusammenwirken der Beteiligten. Aus diesem Grund habe er keine Insg-Bescheinigung gefertigt. Das Kassenbuch des Arbeitgebers weise am 1. Oktober 2008 Auszahlungen von Gehalt in Höhe von 17.299,36 Euro aus. Unter dem 31. Dezember 2008 seien nochmals Zahlungen in Höhe von 12.749,41 Euro an Gehältern und Darlehen verbucht. Auf Nachfragen, wann er auf welchen Baustellen er im Insg-Zeitraum beschäftigt gewesen sei, habe der Kläger nicht geantwortet.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Oktober 2009 (i.F: Ablehnungsbescheid) den Insg-Antrag des Klägers ab. Mit einem weiteren Bescheid ebenfalls vom 26. Oktober 2009 (i.F.: Erstattungsbescheid) verlangte sie den erbrachten Vorschuss in voller Höhe erstattet. Am 5. November 2009 erhob der Kläger gegen den Ablehnungsbescheid und den Erstattungsbescheid ohne nähere Begründung jeweils Widerspruch. Die Beklagte wies beide Widersprüche mit einheitlichem Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2009 zurück.
Am 7. Januar 2010 hat der Kläger Klage erhoben mit dem Antrag, "den Bescheid der Beklagten" vom 26. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2009 aufzuheben und ihm Insg in Höhe von 4.640.- Euro zu gewähren. Er hat ergänzend auf eine Liste offener Posten des Arbeitgebers sowie ein Schreiben des Insolvenzverwalters vom 8. Mai 2009 verwiesen. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag liege ihm nicht vor; es sei davon auszugehen, dass ihm seinerzeit kein Exemplar ausgehändigt worden sei. Das Entgelt sei täglich in bar ausgezahlt und nicht überwiesen worden. Der Zeuge K. habe die Auszahlungen in unregelmäßigen Raten und zumeist auf Baustellen vorgenommen. Auf Aufforderung des Sozialgerichts hat er Auszüge aus dem auf ihn und seine Ehefrau lautenden Konto bei der D. Bank vorgelegt, aus denen sich im streitigen Zeitraum Bareinzahlungen in Höhe von jeweils 1.000 Euro am 3. November 2008 und am 26. November 2008 ergeben.
Die Beklagte ist bei ihrer Auffassung geblieben.
Der Beigeladene, der keinen Antrag gestellt hat, hat u.a. eine Summen- und Saldenliste für Dezember 2008, einen Auszug aus dem Kassenbuch für Oktober 2008 bis Dezember 2008 und eine Liste offener Posten per Dezember 2008 (Stand: 9. Februar 2009; i.F.: Postenliste) vorgelegt. Aus alledem ergebe sich, dass in der Zeit von Oktober bis Dezember 2008 erhebliche Zahlungen auf die Entgelte der Beschäftigten geleistet worden seien. Im Übrigen habe der Kläger auf Nachfrage nicht mitgeteilt, auf welchen Baustellen er beschäftigt gewesen sei.
Das Sozialgericht hat am 5. Dezember 2011 mündlich verhandelt. Die zum Termin geladenen und erschienen Zeugen K. und Waldeck hat es nicht vernommen. Der Kläger hat den Antrag aus der Klageschrift gestellt.
Durch Urteil vom 5. Dezember 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat hierbei den Antrag des Klägers dahingehend ausgelegt, er beantrage die Aufhebung beider Bescheide vom 26. Oktober 2009 und die Verurteilung zur Zahlung von Insg in Höhe von insgesamt 5.165,01 Euro. Die so verstandene Klage sei unbegründet, da der Kläger nicht habe nachweisen können, dass er für die der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses (d.h. für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Dezember 2008) noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt gehabt habe.
Dabei sei schon nicht erwiesen, dass der Kläger überhaupt jemals bei der Firma T. Tech beschäftigt gewesen sei, denn es lägen kein schriftlicher Arbeitsvertrag, keine Nachweise über erhaltenes Entgelt und auch keine schriftliche Kündigung vor. Die von ihm vorgelegten Gehaltsabrechnungen des Arbeitgebers widersprächen seinen eigenen Angaben, denn dort sei von einer Überweisung auf sein Konto die Rede, zudem wiesen sie einen monatlich gleichbleibenden Festlohn aus, während der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben habe, sein Lohn sei schwankend gewesen, da ein Stundenlohn vereinbart gewesen sei.
Jedenfalls scheitere ein Anspruch auf Insg daran, dass das Kassenbuch des Arbeitgebers für den Insolvenzgeldzeitraum Lohnzahlungen in Höhe von insgesamt 27.623,13 Euro ausweise. Dieser Betrag habe bei weitem ausgereicht, um die Gehälter sämtlicher Mitarbeiter der T. Tech (nach übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Zeugen K. seien es insgesamt vier gewesen) im Insolvenzgeldzeitraum abzudecken. Der Zeuge K. habe angegeben, als Bauleiter 2.000,- Euro brutto monatlich verdient zu haben, der Kläger wolle 2.225,- Euro brutto monatlich verdient haben, ein weiterer Bauarbeiter habe nach in der Insg-Akte des Klägers vorliegenden Gehaltsabrechnungen ebenfalls ein Bruttogehalt von 2.225,- Euro gehabt, und die vierte, im Büro beschäftigte Mitarbeiterin werde wohl kaum mehr verdient haben als die Maurer und der Bauleiter. Somit seien offene Ansprüche auf Arbeitsentgelt für den Insolvenzgeldzeitraum nicht zu erkennen. Hier wirke sich auch aus, dass der Kläger seinen Lohn stets in bar ohne Quittungen erhalten haben wolle. Das Fehlen von Überweisungen bzw. Quittungen könne dann nämlich in Zeiten, für die behauptet werde, es sei kein Gehalt geflossen, nicht als Beweis des unterbliebenen Lohnzuflusses herangezogen werden, und die Benennung eines Kollegen, des Bauleiters und des Geschäftsführers K. als Zeugen dafür, dass kein Lohn geflossen sei, sei untauglich, wenn sich aus dem Kassenbuch eindeutig ergebe, dass Lohn in erheblicher Höhe geflossen sei.
Der Kläger hat gegen das (seinem Prozessbevollmächtigten am 19. März 2012 zugestellte) Urteil am 13. April 2012 Berufung eingelegt und (mit Schriftsatz vom 13. Juli 2012) den Antrag gestellt, das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 26. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides zu verurteilen, Insg in Höhe von 5.165,01 Euro zu zahlen.
Er führt aus, es stehe auch ausweislich der Darlegungen des Beigeladenen fest, dass er im fraglichen Zeitraum bei der Firma T. GmbH beschäftigt gewesen sei. Es sei ein monatlicher Festlohn in Höhe von 2.275.- Euro vereinbart gewesen, wie sich aus den Entgeltabrechnungen des Arbeitgebers sowie der Auskunft des angebotenen Zeugen Z. ergebe. Außerdem könnten dies der Zeuge K. und der angebotene Zeuge Waldeck bestätigen. Seine, des Klägers, entgegenstehende Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht seien irrtümlich erfolgt und hätten sich auf das anschließende Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber bezogen. Er habe sie denn auch bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht richtig gestellt.
Auch habe er für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Dezember 2008 kein Arbeitsentgelt erhalten. Für diesen Erfüllungseinwand sei nicht er, sondern die Beklagte beweispflichtig, der es hierbei verwehrt sei, sich auf die Darlegungen des Beigeladenen zu beziehen. Im Übrigen seien dessen Darlegungen auch unzutreffend; sie würden durch die Postenliste widerlegt, die der Beigeladene im erstinstanzlichen Verfahren selbst vorgelegt habe. Hieraus ergebe sich, dass lediglich das Gehalt der im Büro des Arbeitgebers beschäftigten Frau G. (ehemals K.) in Höhe von monatlich 993,32 Euro gezahlt worden sei. Dass der Kläger kein Entgelt erhalten habe, ergebe sich auch aus dem Lohnkonto. Soweit das Kassenbuch unter dem 31. Dezember 2008 Buchungen von 3.571,25 (Buchungsnummer 877), 2.579,61 (Buchungsnummer 878) und 4.172,94 Euro (Buchungsnummer 886) ausweise, habe es sich um das Arbeitsentgelt für Juli, August und September 2008 gehandelt.
Er habe keine Erinnerung, wie es zu den beiden Bareinzahlungen vom 3. November 2008 und 26. November 2008 gekommen sei. Er vermute, dass es Darlehen aus dem Verwandtenkreis gewesen seien, die er und seine Ehefrau damals in Anspruch genommen hätten, um einen finanziellen Engpass zu überbrücken.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 5. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 26. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2009 zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld in Höhe von insgesamt 5.165,01 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt aus, es sei nach wie vor davon auszugehen, dass der Kläger das Entgelt bar erhalten habe. Die in der Postenliste enthaltenen offenen Posten für Gehälter ließen sich nicht nachvollziehen. Der Beigeladene habe überzeugend vorgetragen, dass es nicht zuzuordnende Entnahmen seitens des Geschäftsführers gegeben habe, die Rückschlüsse auf Barzahlungen an den Kläger zuließen. Dies passe auch dazu, dass das Entgelt auch nach dem Vorbringen des Klägers bar gezahlt worden sei. Im Übrigen habe der Kläger sein Vorbringen zur Frage, ob ein festes monatliches Entgelt oder ein Stundenlohn vereinbart worden sei, bereits vor dem Sozialgericht zu korrigieren versucht. Dieses Verhalten sei im erstinstanzlichen Urteil hinreichend gewürdigt worden.
Der Beigeladene
hat keinen Antrag gestellt.
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 7. November 2012 (Beklagte), 20. November 2012 (Beigeladener) und 4. November 2014 (Kläger) mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt.
Der Berichterstatter als Einzelrichter hat den Rechtsstreit am 21. Januar 2015 mündlich verhandelt und hierbei den Zeugen K. vernommen. Der Zeuge hat erklärt, er und der Kläger seien bei der Firma T. Tech beschäftigt gewesen. Der Zeuge sei für diese Firma Bauleiter und kurze Zeit auch Geschäftsführer gewesen, er wisse allerdings nicht mehr genau, wann dies gewesen sei. Nach seiner Erinnerung seien alle Beschäftigten gegen ein Festgehalt beschäftigt gewesen. Er sei teilweise auch dafür zuständig gewesen, dem Kläger den Lohn auszuzahlen. Dies sei meist in bar gegen Quittung geschehen und nach der Erinnerung des Zeugen wohl monatlich. Das Geld sei nicht überweisen worden, weil es sowieso mit Verzögerung gekommen sei und die Firma dann nicht auch noch Zeit für die Banküberweisung habe aufwenden wollen. Die Quittungen habe er seinerzeit an die Sekretärin der Firma weitergereicht. Sie seien abgeheftet worden, er könne aber nicht sagen, wo sie endgültig verblieben seien. Er könne genau sagen, dass der Kläger für Oktober bis Dezember 2008 keinen Lohn erhalten habe. Er habe vom Arbeitgeber das Geld für die Löhne insgesamt erhalten, davon auch seinen eigenen Lohn einbehalten und den übrigen Beschäftigten die Löhne ausgezahlt. Jedoch könne er sich genau daran erinnern, dass er selbst in diesem Zeitraum auch keinen Lohn bekommen habe. Ob dies auch in der Zeit davor der Fall gewesen sei, wisse er nicht. In der Zeit vor Oktober 2008 sei das Geld auch schon verzögert gezahlt worden. Es sei zwei oder drei Tage später gekommen, manchmal auch eine Woche später oder noch später. Genaueres wisse er nicht mehr.
Im Anschluss daran hat der Berichterstatter schriftliche Auskünfte des – nach Angaben des Klägers im streitigen Zeitraum beim selben Arbeitgeber beschäftigten angebotenen Zeugen B. und des Lohn- und Kontierungsbüros Z. eingeholt. Er hat ferner den Beigeladenen um Mitteilung zu möglicherweise vorhandenen Quittungen sowie zu den Buchungen im Kassenbuch gebeten.
Der angebotene Zeuge B. hat (mit Schreiben vom 4. Februar 2015) angegeben, die Löhne für die Monate Oktober bis Dezember 2008 seien von der Firma nicht gezahlt worden. Er habe selbst Insg beantragt, es sei jedoch nur ein Vorschuss bewilligt worden.
Der angebotene Zeuge Z. hat (mit Schreiben vom 7. Februar 2015) angegeben, er habe im streitigen Zeitraum die monatlichen Gehaltsabrechnungen, die Meldungen an die Krankenkassen und die Lohnsteuervoranmeldungen erstellt. Für die Dezemberabrechnung 2008 sei mitgeteilt worden, dass die Arbeitsverhältnisse zum 31. Dezember 2008 beendet würden und er die Arbeitspapiere erstellen möge. Er sei nur mit der Erstellung der Lohnunterlagen beauftragt gewesen und habe keinen Einblick in die Buchführungsunterlagen bzw. Konten oder Kassenbelege des Arbeitgebers gehabt.
Die Beklagte hat sich hierzu dergestalt geäußert, dass dem angebotenen Zeugen B. für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Dezember 2008 Insg bewilligt worden sei. Sein Vortrag, er habe lediglich einen Vorschuss erhalten, sei nicht nachvollziehbar. Die Ausführungen des angebotenen Zeugen Z. bestätigten hingegen, dass es keine offenen Entgeltansprüche gegeben habe.
Der Kläger hat sich in den eingeholten Auskünften bestätigt gesehen.
Der Beigeladene hat ausgeführt, ihm stünden nur rudimentäre Geschäftsunterlagen des Arbeitgebers zur Verfügung. Die vom Zeugen K. behaupteten Quittungen seien darin nicht enthalten. Die einzigen Dokumente, die mit seinen Ausführungen in Verbindung zu bringen seien, seien zwei Scheckduplikate. Im Übrigen ergebe sich aus den Buchhaltungsunterlagen des Arbeitgebers (Kassenbuch, Summen- und Saldenliste) und der Betriebswirtschaftlichen Auswertung für Dezember 2008, dass es sich bei den Zahlungen vom 1. Oktober 2008 und 31. Dezember 2008 um tatsächliche Zahlungen gehandelt habe. Die Konstanz der Betriebsführung spreche dafür, dass die Lohnzahlungen auch ab Oktober 2008 beibehalten worden seien. Eine Einzelfallentscheidung der Beklagten im Fall des angebotenen Zeugen B. spreche nicht für einen Anspruch des Klägers auf Insg.
Der Berichterstatter als Einzelrichter hat den Rechtsstreit am 1. Juni 2015 erneut verhandelt. Der gegen Empfangsbekenntnis vom 11. Mai 2015 geladene Beigeladene ist nicht erschienen. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (Alg-Akte und Insg-Akte) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch den Berichterstatter. Dieser konnte auch trotz Ausbleiben des Beigeladenen im Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden, da der Beigeladene ordnungsgemäß zum Termin geladen und darüber belehrt worden ist, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann (Rechtsgedanke aus § 124 Abs. 2 SGG).
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nur hinsichtlich der Anfechtung des Erstattungsbescheides vom 26. Oktober 2009 in Gestalt des (einheitlichen) Widerspruchsbescheides begründet (dazu A). Im Übrigen – d.h. hinsichtlich eines den Vorschuss übersteigenden Insg-Anspruchs – ist sie unbegründet, da der Ablehnungsbescheid insoweit bindend (§ 77 SGG) geworden ist (dazu B).
A.) Soweit der Kläger die Aufhebung des Erstattungsbescheides in beiden Bescheiden vom 26. Oktober 2009 in Gestalt des (einheitlichen) Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2009 ausgesprochenen (dazu sogleich unter I) Erstattungsbegehrens begehrt, hat das Sozialgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Entscheidung, den geleisteten Vorschuss erstattet zu verlangen, ist rechtswidrig im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
Nach § 186 Satz 4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (a.F.; seit dem 1. April 2012: § 168 Satz 4 SGB III) war ein erbrachter Vorschuss auf das Insg zu erstatten, soweit ein Anspruch auf Insg nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wurde.
I.) Hierbei steht der Aufhebung des Erstattungsbescheides nicht entgegen, dass der Kläger mit seiner Klage vor dem Sozialgericht nur die Aufhebung "des Bescheides" vom 26. Oktober 2009 (in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2009) begehrt und das im Zusammenhang damit geltend gemachte Insg ausdrücklich auf die Höhe des zuvor gewährten Vorschusses beziffert hatte. Schon angesichts der in § 186 Satz 4 SGB III a.F. angelegten Verzahnung von Vorschuss und endgültiger Bewilligung ist eine Klage gegen die Erstattungsforderung angesichts des sozialprozessualen Meistbegünstigungsprinzips (§ 123 zweiter Satzteil SGG) dahingehend auszulegen, dass – in Höhe des erstattet verlangten Vorschusses – auch die (im vorliegenden Fall gesondert getroffene) behördliche Entscheidung über den Insg-Antrag mit angefochten ist. Dies gilt zumindest dann, wenn sich der Kläger – wie im vorliegenden Fall – der Sache nach darauf beruft, die Erstattungsforderung bestehe deswegen nicht, weil ihm Insg zugestanden habe.
II.) Die Voraussetzungen des § 186 Satz 4 SGB III a.F. waren nicht erfüllt, denn der Kläger hatte Anspruch auf Insg für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Dezember 2008.
Gemäß § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III (wiederum in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung, a.F.; seit dem 1. April 2012: § 165 SGB III) hatten Arbeitnehmer Anspruch auf Insg, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei Eintritt eines Insolvenzereignisses für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt hatten. Als Insolvenzereignisse kamen in Betracht 1. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers (§ 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III a.F.), 2. die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse (§ 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III a.F.) oder 3. die vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden war und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kam (§ 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III a.F.).
1.) Ein Insolvenzereignis im genannten Sinne lag im Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 8. April 2009. Da eine Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers, die sich nicht in einem dieser vom Gesetz enumerativ aufgeführten Insolvenzereignisse manifestiert, keinen Insg-Anspruch begründet (Kühl in: Brand, SGB III, 6. Aufl. 2012, § 165 Rn. 25), stellte der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als solcher kein Insolvenzereignis im Sinne der Vorschrift dar (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 11 AL 27/03 R, SozR 4-4300 § 183 Nr. 2; Bayerisches LSG, Urteil vom 22. April 2005 – L 8 AL 217/04; Kühl, a.a.O.). Soweit in der Vergangenheit Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit Gemeinschaftsrecht bestanden, lagen diese im hier streitigen Zeitraum nicht mehr vor (dazu ausführlich LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.).
2.) Der Kläger war auch – wie in § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. vorausgesetzt – beschäftigt gewesen. Er hat im streitgegenständlichen Zeitraum in einem Beschäftigungsverhältnis zur Firma T. GmbH als Arbeitgeber gestanden. Obwohl verschiedene Einzelheiten ungeklärt sind und der Kläger seinen Arbeitsvertrag nicht hat vorlegen können, sprechen hierfür insbesondere die Auskünfte des Arbeitgebers sowie später des Beigeladenen, das im Alg-Verfahren vorgelegte Kündigungsschreiben und nicht zuletzt auch die Aussage des Zeugen K ... Im Übrigen ist im Alg-Verfahren auch die Beklagte davon ausgegangen, dass der Kläger beim Arbeitgeber beschäftigt gewesen war.
3.) Der Kläger hatte auch für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt.
a) Da das Arbeitsverhältnis – nach übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Arbeitgebers – mit Ablauf des 31. Dezember 2008 geendet hatte und als Insolvenzereignis allein der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 8. April 2009 in Betracht kommt, ist auf den Zeitraum vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Dezember 2008 abzustellen.
b) Der Berichterstatter als Einzelrichter kann sich hierbei mit dem für eine Verurteilung der Beklagten erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit davon überzeugen, dass der Kläger für diese Zeiträume noch – wie in § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. vorausgesetzt – offene Ansprüche auf Arbeitsentgelt hatte.
aa) Hierbei trägt der Kläger entgegen seiner Rechtsauffassung die (objektive) Beweislast für den Ausfall des Arbeitsentgelts. Eine Beweislastentscheidung hat indes im vorliegenden Verfahren nicht ergehen.
Auch im Sozialprozessrecht gilt, dass – wenn sich eine Tatsache nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen lässt – derjenige die Beweislast trägt, der aus dieser Tatsache ein materielles Recht herleiten will (BSG, Urteil vom 24. November 2010 – B 11 AL 35/09 R, juris, Rn. 20 m.w.N.; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 103 Rn. 19a m.w.N.; aus neuerer Zeit etwa Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 6. August 2014 – L 10 AL 50/14, juris). Demnach trägt ein Versicherter, der sich angesichts der Anspruchsvoraussetzung noch offener Ansprüche aus § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. darauf beruft, kein Arbeitsentgelt erhalten zu haben, die objektive Beweislast für diese Tatsache. Der Hinweis des Klägers auf die – nach den Regeln des Zivilprozessrechts zu bestimmende – Beweislast für den Erfüllungseinwand geht insoweit fehl. Nicht die Beklagte hat zu beweisen, dass der Kläger sein Arbeitsentgelt für die drei in Rede stehenden Monate erhalten hat, sondern er muss beweisen, dass er es nicht erhalten hat. Selbst wenn daher hinsichtlich der aus dem Kassenbuch zu erkennenden Entnahmen die in § 366 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wurzelnde Vermutung zum Tragen käme, wonach während des Insg-Zeitraums erfolgte Zahlungen im Zweifel zur Tilgung offener Entgeltforderungen aus der Zeit davor dienen (allgemein dazu Kühl, a.a.O., Rn. 49), wäre damit lediglich ein Indiz für den Beweis des Gegenteils wiederlegt, den die Beklagte allerdings – wie dargelegt – nicht zu erbringen hat.
Die Regel der objektiven Beweislastverteilung kommt allerdings erst dann zur Anwendung, wenn alle verfügbaren Erkenntnisquellen ausgeschöpft sind und sich das Gericht dennoch keine Überzeugung in der einen oder anderen Richtung bilden kann, d.h. wenn es nach eingehender Erforschung des Sachverhalts und sorgfältiger Würdigung der erhobenen Beweise nicht gelingt, eine in tatsächlicher Hinsicht bestehende Ungewissheit zu beseitigen (BSG, Urteil vom 24. November 2010 – B 11 AL 35/09 R, juris, Rn. 20 m.w.N).
Dies ist im vorliegenden Verfahren allerdings nicht der Fall, da der – im Rahmen von § 183 SGB III a.F. erforderliche (vgl. hierzu LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. November 2007 – L 16 AL 541/06, juris, Rn. 21) – Vollbeweis der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale erbracht ist. Dies gilt auch für die Anspruchsvoraussetzung, wonach der Versicherte kein Arbeitsentgelt erhalten hat. Für den Vollbeweis muss sich das Gericht nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen (hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 17. April 2013 – B 9 V 1/12 R, SozR 4-3800 § 1 Nr. 20 m.w.N.). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen. Restzweifel sind unschädlich, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (BSG Urteil vom 24. November 2010 – B 11 AL 35/09 R, juris Rn. 21).
bb) Nach diesen Maßstäben ist der Berichterstatter als Einzelrichter davon überzeugt davon, dass der Kläger im streitigen Zeitraum kein Arbeitsentgelt erhalten hatte.
(1) Dies ergibt sich an erster Stelle aus der Aussage des Zeugen K. (in der mündlichen Verhandlung am 21. Januar 2015), die durch das Gesamtergebnis der Sachverhaltsaufklärung gestützt werden. Der Zeuge hat insbesondere gut nachvollziehbar zu erklären vermocht, warum er sich an die Tatsache, dass der Kläger im streitigen Zeitraum keinen Lohn erhalten habe, erinnern könne. Nach seiner Darstellung oblag ihm die Verteilung des gesamten für die Entgeltzahlungen zur Verfügung stehenden Betrages auf die Beschäftigten einschließlich seiner selbst. Es erscheint gut nachvollziehbar, dass er sich an den Zahlungsausfall zu erinnern vermag, weil er auch selbst davon betroffen war. In diesem Zusammenhang erscheint es auch plausibel, dass der Zeuge K. sich an die Ereignisse detaillierter erinnern kann als der Kläger, denn der Zeuge war Geschäftsführer des Arbeitgebers (abgesehen davon, dass der Kläger nach eigenem Vorbringen zwischenzeitlich einen Schlaganfall erlitten hat). Hinweise darauf, dass der Zeuge die Unwahrheit gesagt haben könnte, gibt es nicht. Dass er ein Eigeninteresse am Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits haben könnte, ist weder dargetan noch ersichtlich.
(2) Gestützt wird die Aussage des Zeugen K. durch die schriftliche Auskunft des angebotenen Zeugen B., wonach der Arbeitgeber im streitgegenständlichen Zeitraum jedenfalls ihm kein Entgelt gezahlt habe. Dass sich der Zeuge hinsichtlich der Einzelheiten der ihm gegenüber erfolgten Insg-Gewährung geirrt haben mag, erscheint vernachlässigenswert (zumal der von der Beklagten mitgeteilte, auffällig glatte Betrag von 3.900 Euro in der Tat nahelegt, dass es sich nur um einen Vorschuss gehandelt haben könnte). Allerdings stützt auch der Umstand, dass die Beklagte in einem "Parallelfall" die Voraussetzungen für den Bezug von Insg als erfüllt angesehen hat, die Aussage des Zeugen K. sowie das klägerische Vorbringen.
(3) Zweifel am Vorliegen der Insg-Voraussetzungen ergeben sich aus den Unterlagen des Beigeladenen. Allerdings reichen diese Zweifel im Ergebnisse nicht über das Niveau unschädlicher Restzweifel hinaus.
Dass die Frage nach offenen Entgeltansprüchen für den streitigen Zeitraum vom Arbeitgeber innerhalb weniger Wochen einmal bejaht (in der Insg-Bescheinigung vom 12. Februar 2009) und einmal verneint (in der Arbeitsbescheinigung vom 29. Dezember 2008) worden ist, weckt Zweifel, allerdings ist zu beachten, dass die zeitlich spätere Bescheinigung den Vortrag des Klägers stützt und in zeitlicher Nähe zur Erstellung der vom Beigeladenen vorgelegten, vom 9. Februar 2009 datierenden, Postenliste erstellt worden ist. Diese Postenliste wiederum stützt den klägerischen Vortrag jedenfalls insoweit, als sie ein Indiz für erhebliche Rückstände bei der Entgeltzahlung bietet.
Dass die Angaben in den im Berufungsverfahren vom Kläger vorgelegten Entgeltbescheinigungen zu Zahlungsart in Widerspruch zum klägerischen Vortrag stehen (dem Insg-Antrag beigefügt waren insgesamt fünf Entgeltbescheinigungen für die drei in Rede stehenden Monate, von denen drei eine Überweisung auf ein Konto bei der D. Bank ausweisen; zwei als Differenz-Abrechnungen bezeichnete Korrekturbescheinigungen für Oktober und Dezember nennen keine Kontoverbindung) und dass die ursprünglichen Angaben zur Höhe des Entgelts nachträglich korrigiert worden sind, lässt sich im Lichte der Auskunft des angebotenen Zeugen Z. (vom 7. Februar 2015) erklären, wonach er sich offenbar im Wesentlichen auf fremde Angaben bzw. auf die Aktenlage verlassen hatte.
Aus denselben Gründen ergeben sich auch aus dem Kassenbuch des Arbeitgebers und anderen vergleichbaren Unterlagen keine durchgreifenden Zweifel. Auch durch Nachfragen an den Beigeladenen und den angebotenen Zeugen Z. konnte nicht verlässlich geklärt werden, welche konkreten Zahlungen den dortigen Buchungen gegenübergestanden hatten, d.h. vor allem wann und für welche Entgeltzeiträume diese erfolgt waren. Die Aussage des Zeugen K. ist damit jedenfalls nicht widerlegt.
Dass sich aus den im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Kontoauszügen zwei Bareinzahlungen in Höhe von jeweils 1.000.- Euro im fraglichen Zeitraum (3. und 26. November 2008) ergeben, spricht ebenfalls nicht mit hinreichender Sicherheit dafür, dass der Kläger Arbeitsentgelt erhalten hat. Kontoinhaber waren der Kläger und seine Ehefrau, so dass nicht einmal klar ist, ob diese Einzahlungen tatsächlich vom Kläger stammen.
Quittungen – wie sie nach der Aussage des Zeugen K. existieren müssten, wenn der Kläger seinen Lohn erhalten hätte – waren nicht mehr auffindbar, offenbar – wie der Senat dem letzten Schriftsatz des Beigeladenen entnimmt – auch nicht hinsichtlich anderer Zeiträume. Ein näherer Zusammenhang zwischen den vom Beigeladenen vorgelegten zwei Scheckduplikaten und dem Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nicht erkennbar. Dort ist die Rede von Entgelt für den Monat November 2007, mithin ein Jahr vor dem hier streitigen Zeitraum.
Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten spricht eine Konstanz der Betriebsführung auch nicht notwendig dafür, dass die Lohnzahlungen auch ab Oktober 2008 beibehalten worden seien.
B.) Soweit der Kläger darüber hinaus unter (völliger) Aufhebung des Ablehnungsbescheides auch die Zahlung weiteren Insg in Höhe von 525,01 Euro begehrt, ist die Berufung unbegründet.
Hierbei kann dahinstehen, ob es als Klageerweiterung im Sinne von § 99 SGG bzw. als Fall des § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG zu verstehen ist, wenn der Kläger mit seiner Berufung etwas begehrt, was er vor dem Sozialgericht nicht beantragt hatte, worüber das Sozialgericht indes dennoch entschieden hat. Jedenfalls steht dem über die Kassation des Erstattungsbegehrens hinausgehenden Klageantrag entgegen, dass der Ablehnungsbescheid vom 26. Oktober 2009 in Gestalt des einheitlichen Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2009 insoweit in Bestandskraft erwachsen und somit im Sinne von § 77 SGG bindend geworden ist.
Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht eingelegt, so ist der Verwaltungsakt gemäß § 77 erste Alternative SGG für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Als ordentlicher Rechtsbehelf gegen die im Ablehnungsbescheid enthaltene Entscheidung, dem Kläger auch Insg über den bereits gezahlten Vorschuss hinaus zu gewähren, kam allein eine gegen den Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2009 gerichtete Klage in Betracht.
Der Kläger hat eine Klage gegen besagten einheitlichen Widerspruchsbescheid erhoben, mit ihr allerdings – auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 5. Dezember 2011 – ausdrücklich beantragt, "den Bescheid" vom 26. Oktober 2009 aufzuheben und Insg in Höhe von 4.640.- Euro (d.h. in Höhe des erbrachten Vorschusses und dementsprechend der Erstattungsforderung) zu zahlen. Zwar lässt sich – wie unter Punkt A I dargestellt – einem solchen Klageantrag unter Beachtung des Meistbegünstigungsprinzips aus § 123 zweiter Satzteil SGG entnehmen, dass auch die behördliche Entscheidung über den Insg-Antrag insoweit (d.h. in Höhe des Vorschusses) mitangefochten ist. Da jedoch bei einem anwaltlich vertretenen Prozessbeteiligten davon auszugehen ist, dass der gestellte Antrag das Klageziel zutreffend wiedergibt (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 123 Rn. 3) und da die Bezifferung des verfolgten Klageziels ohnehin keiner Auslegung zugänglich ist, scheitert die vom Sozialgericht vorgenommene extensive Auslegung des Klageantrags an § 123 erster Satzteil SGG, der den Grundsatz enthält, dass das Gericht nicht mehr zusprechen (und über mehr entscheiden) darf als beantragt ist ("ne ultra petita", vgl. Keller a.a.O, Rn. 4). Dies hat zur Folge, dass die im Ablehnungsbescheid vom 26. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2009 enthaltene Entscheidung, dem Kläger auch nicht weitere 525,01 Euro an Insg zu gewähren, in Bestandskraft erwachsen und somit bindend geworden ist.
C.) Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG. Eine Kostenerstattung zugunsten des Beigeladenen scheidet aus, weil dieser kein eigenes Prozessrisiko eingegangen ist. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Streitig ist ein Anspruch auf Insolvenzgeld für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Dezember 2008 sowie eine Verpflichtung des Klägers zur Erstattung eines auf das zu erwartende Insolvenzgeld gezahlten Vorschusses.
Der am xxxxx 1952 geborene Kläger meldete sich am 30. Dezember 2008 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld (Alg). Hierbei gab er an, er sei seit dem 5. November 2007 bei der Firma T. GmbH (i.F.: Arbeitgeber) als Maurer beschäftigt gewesen, die das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 23. Dezember 2008 zum 1. Januar 2009 gekündigt habe. Die Entgeltansprüche für die Monate Oktober, November und Dezember 2008 seien noch offen. Die Beklagte holte eine Arbeitsbescheinigung ein, wonach der Kläger zuletzt als Servicearbeiter beschäftigt gewesen sei. Die Frage, ob der Kläger für eine zusammenhängende Zeit von mehr als einem Monat kein Arbeitsentgelt erhalten habe, verneinte der Arbeitgeber. Weiter heißt es, der Kläger habe in den letzten zwölf Monaten beitragspflichtiges Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von insgesamt 27.300,- Euro (monatlich jeweils 2275.- Euro) erhalten. Die Beklagte bewilligte daraufhin Alg für die Zeit ab dem 1. Januar 2009. Ab dem 27. April 2009 war der Kläger wieder in Arbeit.
Am 13. Februar 2009 beantragte der Kläger Insolvenzgeld (Insg) und gab hierbei an, das Arbeitsentgelt für die Monate Oktober, November und Dezember 2008 sei in Höhe von monatlich jeweils 1.721,67 Euro netto noch offen. Beigefügt waren Entgeltabrechnungen betreffend die genannten Monate sowie eine Insg-Bescheinigung des Arbeitgebers, in der von einer Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 17. Dezember 2008 die Rede ist und die ansonsten das klägerische Vorbringen bestätigt.
Die Beklagte gewährte mit Bescheid vom 18. Februar 2009 einen Vorschuss auf das Insg in Höhe von 4.640 Euro (90 Prozent des von der Beklagten errechneten Gesamtanspruchs in Höhe von 1.721,67 X 3 = 5165,01 Euro). Weiter hieß es, eine abschließende Entscheidung sei nicht möglich, denn es liege, da noch kein Insolvenzereignis festgestellt worden sei, noch keine Insg-Bescheinigung vor.
Das Insolvenzverfahren wurde aufgrund Antrag einer Gläubigerin vom 19. November 2008 am 8. April 2009 vom Amtsgericht Hamburg (Az. 67g IN 473/08) eröffnet. Auf die Bitte der Beklagten um Übersendung einer Insg-Bescheinigung erklärte der (im Klageverfahren beigeladene) Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt Weitzmann, es habe im Insolvenzzeitraum verschiedene Barauszahlungen gegeben, deren ordnungsgemäße Verwendung bislang nicht abschließend zu prüfen gewesen sei.
Im Oktober 2009 beantrage der Kläger die Auszahlung des vollen Insg und führte aus, der Insolvenzverwalter verweigere ohne rechtlichen Grund die Ausstellung der entsprechenden Bescheinigung. Er fügte eine eigene eidesstattliche Versicherung bei sowie ein Schreiben des (seinerzeit für den Arbeitgeber tätigen) Lohn-, Kontierungsbüros & WB Z. bei, in dem es heißt, nach den dort vorliegenden Buchungsunterlagen sei nicht ersichtlich, dass der Kläger in der Zeit von Oktober 2008 bis Dezember 2008 Lohnzahlungen erhalten habe.
Der Insolvenzverwalter erklärte – unter Vorlage seines Schriftverkehrs mit dem Kläger sowie seines Insolvenzberichts – er halte einen Anspruch auf Insg nicht für glaubhaft dargelegt. Es überwögen die Hinweise auf ein kollusives Zusammenwirken der Beteiligten. Aus diesem Grund habe er keine Insg-Bescheinigung gefertigt. Das Kassenbuch des Arbeitgebers weise am 1. Oktober 2008 Auszahlungen von Gehalt in Höhe von 17.299,36 Euro aus. Unter dem 31. Dezember 2008 seien nochmals Zahlungen in Höhe von 12.749,41 Euro an Gehältern und Darlehen verbucht. Auf Nachfragen, wann er auf welchen Baustellen er im Insg-Zeitraum beschäftigt gewesen sei, habe der Kläger nicht geantwortet.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 26. Oktober 2009 (i.F: Ablehnungsbescheid) den Insg-Antrag des Klägers ab. Mit einem weiteren Bescheid ebenfalls vom 26. Oktober 2009 (i.F.: Erstattungsbescheid) verlangte sie den erbrachten Vorschuss in voller Höhe erstattet. Am 5. November 2009 erhob der Kläger gegen den Ablehnungsbescheid und den Erstattungsbescheid ohne nähere Begründung jeweils Widerspruch. Die Beklagte wies beide Widersprüche mit einheitlichem Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2009 zurück.
Am 7. Januar 2010 hat der Kläger Klage erhoben mit dem Antrag, "den Bescheid der Beklagten" vom 26. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2009 aufzuheben und ihm Insg in Höhe von 4.640.- Euro zu gewähren. Er hat ergänzend auf eine Liste offener Posten des Arbeitgebers sowie ein Schreiben des Insolvenzverwalters vom 8. Mai 2009 verwiesen. Ein schriftlicher Arbeitsvertrag liege ihm nicht vor; es sei davon auszugehen, dass ihm seinerzeit kein Exemplar ausgehändigt worden sei. Das Entgelt sei täglich in bar ausgezahlt und nicht überwiesen worden. Der Zeuge K. habe die Auszahlungen in unregelmäßigen Raten und zumeist auf Baustellen vorgenommen. Auf Aufforderung des Sozialgerichts hat er Auszüge aus dem auf ihn und seine Ehefrau lautenden Konto bei der D. Bank vorgelegt, aus denen sich im streitigen Zeitraum Bareinzahlungen in Höhe von jeweils 1.000 Euro am 3. November 2008 und am 26. November 2008 ergeben.
Die Beklagte ist bei ihrer Auffassung geblieben.
Der Beigeladene, der keinen Antrag gestellt hat, hat u.a. eine Summen- und Saldenliste für Dezember 2008, einen Auszug aus dem Kassenbuch für Oktober 2008 bis Dezember 2008 und eine Liste offener Posten per Dezember 2008 (Stand: 9. Februar 2009; i.F.: Postenliste) vorgelegt. Aus alledem ergebe sich, dass in der Zeit von Oktober bis Dezember 2008 erhebliche Zahlungen auf die Entgelte der Beschäftigten geleistet worden seien. Im Übrigen habe der Kläger auf Nachfrage nicht mitgeteilt, auf welchen Baustellen er beschäftigt gewesen sei.
Das Sozialgericht hat am 5. Dezember 2011 mündlich verhandelt. Die zum Termin geladenen und erschienen Zeugen K. und Waldeck hat es nicht vernommen. Der Kläger hat den Antrag aus der Klageschrift gestellt.
Durch Urteil vom 5. Dezember 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat hierbei den Antrag des Klägers dahingehend ausgelegt, er beantrage die Aufhebung beider Bescheide vom 26. Oktober 2009 und die Verurteilung zur Zahlung von Insg in Höhe von insgesamt 5.165,01 Euro. Die so verstandene Klage sei unbegründet, da der Kläger nicht habe nachweisen können, dass er für die der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses (d.h. für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Dezember 2008) noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt gehabt habe.
Dabei sei schon nicht erwiesen, dass der Kläger überhaupt jemals bei der Firma T. Tech beschäftigt gewesen sei, denn es lägen kein schriftlicher Arbeitsvertrag, keine Nachweise über erhaltenes Entgelt und auch keine schriftliche Kündigung vor. Die von ihm vorgelegten Gehaltsabrechnungen des Arbeitgebers widersprächen seinen eigenen Angaben, denn dort sei von einer Überweisung auf sein Konto die Rede, zudem wiesen sie einen monatlich gleichbleibenden Festlohn aus, während der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben habe, sein Lohn sei schwankend gewesen, da ein Stundenlohn vereinbart gewesen sei.
Jedenfalls scheitere ein Anspruch auf Insg daran, dass das Kassenbuch des Arbeitgebers für den Insolvenzgeldzeitraum Lohnzahlungen in Höhe von insgesamt 27.623,13 Euro ausweise. Dieser Betrag habe bei weitem ausgereicht, um die Gehälter sämtlicher Mitarbeiter der T. Tech (nach übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Zeugen K. seien es insgesamt vier gewesen) im Insolvenzgeldzeitraum abzudecken. Der Zeuge K. habe angegeben, als Bauleiter 2.000,- Euro brutto monatlich verdient zu haben, der Kläger wolle 2.225,- Euro brutto monatlich verdient haben, ein weiterer Bauarbeiter habe nach in der Insg-Akte des Klägers vorliegenden Gehaltsabrechnungen ebenfalls ein Bruttogehalt von 2.225,- Euro gehabt, und die vierte, im Büro beschäftigte Mitarbeiterin werde wohl kaum mehr verdient haben als die Maurer und der Bauleiter. Somit seien offene Ansprüche auf Arbeitsentgelt für den Insolvenzgeldzeitraum nicht zu erkennen. Hier wirke sich auch aus, dass der Kläger seinen Lohn stets in bar ohne Quittungen erhalten haben wolle. Das Fehlen von Überweisungen bzw. Quittungen könne dann nämlich in Zeiten, für die behauptet werde, es sei kein Gehalt geflossen, nicht als Beweis des unterbliebenen Lohnzuflusses herangezogen werden, und die Benennung eines Kollegen, des Bauleiters und des Geschäftsführers K. als Zeugen dafür, dass kein Lohn geflossen sei, sei untauglich, wenn sich aus dem Kassenbuch eindeutig ergebe, dass Lohn in erheblicher Höhe geflossen sei.
Der Kläger hat gegen das (seinem Prozessbevollmächtigten am 19. März 2012 zugestellte) Urteil am 13. April 2012 Berufung eingelegt und (mit Schriftsatz vom 13. Juli 2012) den Antrag gestellt, das Urteil des Sozialgerichts aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 26. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides zu verurteilen, Insg in Höhe von 5.165,01 Euro zu zahlen.
Er führt aus, es stehe auch ausweislich der Darlegungen des Beigeladenen fest, dass er im fraglichen Zeitraum bei der Firma T. GmbH beschäftigt gewesen sei. Es sei ein monatlicher Festlohn in Höhe von 2.275.- Euro vereinbart gewesen, wie sich aus den Entgeltabrechnungen des Arbeitgebers sowie der Auskunft des angebotenen Zeugen Z. ergebe. Außerdem könnten dies der Zeuge K. und der angebotene Zeuge Waldeck bestätigen. Seine, des Klägers, entgegenstehende Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht seien irrtümlich erfolgt und hätten sich auf das anschließende Arbeitsverhältnis bei einem anderen Arbeitgeber bezogen. Er habe sie denn auch bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht richtig gestellt.
Auch habe er für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Dezember 2008 kein Arbeitsentgelt erhalten. Für diesen Erfüllungseinwand sei nicht er, sondern die Beklagte beweispflichtig, der es hierbei verwehrt sei, sich auf die Darlegungen des Beigeladenen zu beziehen. Im Übrigen seien dessen Darlegungen auch unzutreffend; sie würden durch die Postenliste widerlegt, die der Beigeladene im erstinstanzlichen Verfahren selbst vorgelegt habe. Hieraus ergebe sich, dass lediglich das Gehalt der im Büro des Arbeitgebers beschäftigten Frau G. (ehemals K.) in Höhe von monatlich 993,32 Euro gezahlt worden sei. Dass der Kläger kein Entgelt erhalten habe, ergebe sich auch aus dem Lohnkonto. Soweit das Kassenbuch unter dem 31. Dezember 2008 Buchungen von 3.571,25 (Buchungsnummer 877), 2.579,61 (Buchungsnummer 878) und 4.172,94 Euro (Buchungsnummer 886) ausweise, habe es sich um das Arbeitsentgelt für Juli, August und September 2008 gehandelt.
Er habe keine Erinnerung, wie es zu den beiden Bareinzahlungen vom 3. November 2008 und 26. November 2008 gekommen sei. Er vermute, dass es Darlehen aus dem Verwandtenkreis gewesen seien, die er und seine Ehefrau damals in Anspruch genommen hätten, um einen finanziellen Engpass zu überbrücken.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 5. Dezember 2011 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 26. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2009 zu verurteilen, ihm Insolvenzgeld in Höhe von insgesamt 5.165,01 Euro zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie führt aus, es sei nach wie vor davon auszugehen, dass der Kläger das Entgelt bar erhalten habe. Die in der Postenliste enthaltenen offenen Posten für Gehälter ließen sich nicht nachvollziehen. Der Beigeladene habe überzeugend vorgetragen, dass es nicht zuzuordnende Entnahmen seitens des Geschäftsführers gegeben habe, die Rückschlüsse auf Barzahlungen an den Kläger zuließen. Dies passe auch dazu, dass das Entgelt auch nach dem Vorbringen des Klägers bar gezahlt worden sei. Im Übrigen habe der Kläger sein Vorbringen zur Frage, ob ein festes monatliches Entgelt oder ein Stundenlohn vereinbart worden sei, bereits vor dem Sozialgericht zu korrigieren versucht. Dieses Verhalten sei im erstinstanzlichen Urteil hinreichend gewürdigt worden.
Der Beigeladene
hat keinen Antrag gestellt.
Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 7. November 2012 (Beklagte), 20. November 2012 (Beigeladener) und 4. November 2014 (Kläger) mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch den Berichterstatter als Einzelrichter einverstanden erklärt.
Der Berichterstatter als Einzelrichter hat den Rechtsstreit am 21. Januar 2015 mündlich verhandelt und hierbei den Zeugen K. vernommen. Der Zeuge hat erklärt, er und der Kläger seien bei der Firma T. Tech beschäftigt gewesen. Der Zeuge sei für diese Firma Bauleiter und kurze Zeit auch Geschäftsführer gewesen, er wisse allerdings nicht mehr genau, wann dies gewesen sei. Nach seiner Erinnerung seien alle Beschäftigten gegen ein Festgehalt beschäftigt gewesen. Er sei teilweise auch dafür zuständig gewesen, dem Kläger den Lohn auszuzahlen. Dies sei meist in bar gegen Quittung geschehen und nach der Erinnerung des Zeugen wohl monatlich. Das Geld sei nicht überweisen worden, weil es sowieso mit Verzögerung gekommen sei und die Firma dann nicht auch noch Zeit für die Banküberweisung habe aufwenden wollen. Die Quittungen habe er seinerzeit an die Sekretärin der Firma weitergereicht. Sie seien abgeheftet worden, er könne aber nicht sagen, wo sie endgültig verblieben seien. Er könne genau sagen, dass der Kläger für Oktober bis Dezember 2008 keinen Lohn erhalten habe. Er habe vom Arbeitgeber das Geld für die Löhne insgesamt erhalten, davon auch seinen eigenen Lohn einbehalten und den übrigen Beschäftigten die Löhne ausgezahlt. Jedoch könne er sich genau daran erinnern, dass er selbst in diesem Zeitraum auch keinen Lohn bekommen habe. Ob dies auch in der Zeit davor der Fall gewesen sei, wisse er nicht. In der Zeit vor Oktober 2008 sei das Geld auch schon verzögert gezahlt worden. Es sei zwei oder drei Tage später gekommen, manchmal auch eine Woche später oder noch später. Genaueres wisse er nicht mehr.
Im Anschluss daran hat der Berichterstatter schriftliche Auskünfte des – nach Angaben des Klägers im streitigen Zeitraum beim selben Arbeitgeber beschäftigten angebotenen Zeugen B. und des Lohn- und Kontierungsbüros Z. eingeholt. Er hat ferner den Beigeladenen um Mitteilung zu möglicherweise vorhandenen Quittungen sowie zu den Buchungen im Kassenbuch gebeten.
Der angebotene Zeuge B. hat (mit Schreiben vom 4. Februar 2015) angegeben, die Löhne für die Monate Oktober bis Dezember 2008 seien von der Firma nicht gezahlt worden. Er habe selbst Insg beantragt, es sei jedoch nur ein Vorschuss bewilligt worden.
Der angebotene Zeuge Z. hat (mit Schreiben vom 7. Februar 2015) angegeben, er habe im streitigen Zeitraum die monatlichen Gehaltsabrechnungen, die Meldungen an die Krankenkassen und die Lohnsteuervoranmeldungen erstellt. Für die Dezemberabrechnung 2008 sei mitgeteilt worden, dass die Arbeitsverhältnisse zum 31. Dezember 2008 beendet würden und er die Arbeitspapiere erstellen möge. Er sei nur mit der Erstellung der Lohnunterlagen beauftragt gewesen und habe keinen Einblick in die Buchführungsunterlagen bzw. Konten oder Kassenbelege des Arbeitgebers gehabt.
Die Beklagte hat sich hierzu dergestalt geäußert, dass dem angebotenen Zeugen B. für die Zeit vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Dezember 2008 Insg bewilligt worden sei. Sein Vortrag, er habe lediglich einen Vorschuss erhalten, sei nicht nachvollziehbar. Die Ausführungen des angebotenen Zeugen Z. bestätigten hingegen, dass es keine offenen Entgeltansprüche gegeben habe.
Der Kläger hat sich in den eingeholten Auskünften bestätigt gesehen.
Der Beigeladene hat ausgeführt, ihm stünden nur rudimentäre Geschäftsunterlagen des Arbeitgebers zur Verfügung. Die vom Zeugen K. behaupteten Quittungen seien darin nicht enthalten. Die einzigen Dokumente, die mit seinen Ausführungen in Verbindung zu bringen seien, seien zwei Scheckduplikate. Im Übrigen ergebe sich aus den Buchhaltungsunterlagen des Arbeitgebers (Kassenbuch, Summen- und Saldenliste) und der Betriebswirtschaftlichen Auswertung für Dezember 2008, dass es sich bei den Zahlungen vom 1. Oktober 2008 und 31. Dezember 2008 um tatsächliche Zahlungen gehandelt habe. Die Konstanz der Betriebsführung spreche dafür, dass die Lohnzahlungen auch ab Oktober 2008 beibehalten worden seien. Eine Einzelfallentscheidung der Beklagten im Fall des angebotenen Zeugen B. spreche nicht für einen Anspruch des Klägers auf Insg.
Der Berichterstatter als Einzelrichter hat den Rechtsstreit am 1. Juni 2015 erneut verhandelt. Der gegen Empfangsbekenntnis vom 11. Mai 2015 geladene Beigeladene ist nicht erschienen. Auf das Sitzungsprotokoll wird verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten (Alg-Akte und Insg-Akte) verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten gem. § 155 Abs. 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch den Berichterstatter. Dieser konnte auch trotz Ausbleiben des Beigeladenen im Termin zur mündlichen Verhandlung entscheiden, da der Beigeladene ordnungsgemäß zum Termin geladen und darüber belehrt worden ist, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann (Rechtsgedanke aus § 124 Abs. 2 SGG).
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist nur hinsichtlich der Anfechtung des Erstattungsbescheides vom 26. Oktober 2009 in Gestalt des (einheitlichen) Widerspruchsbescheides begründet (dazu A). Im Übrigen – d.h. hinsichtlich eines den Vorschuss übersteigenden Insg-Anspruchs – ist sie unbegründet, da der Ablehnungsbescheid insoweit bindend (§ 77 SGG) geworden ist (dazu B).
A.) Soweit der Kläger die Aufhebung des Erstattungsbescheides in beiden Bescheiden vom 26. Oktober 2009 in Gestalt des (einheitlichen) Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2009 ausgesprochenen (dazu sogleich unter I) Erstattungsbegehrens begehrt, hat das Sozialgericht die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Entscheidung, den geleisteten Vorschuss erstattet zu verlangen, ist rechtswidrig im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.
Nach § 186 Satz 4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung (a.F.; seit dem 1. April 2012: § 168 Satz 4 SGB III) war ein erbrachter Vorschuss auf das Insg zu erstatten, soweit ein Anspruch auf Insg nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wurde.
I.) Hierbei steht der Aufhebung des Erstattungsbescheides nicht entgegen, dass der Kläger mit seiner Klage vor dem Sozialgericht nur die Aufhebung "des Bescheides" vom 26. Oktober 2009 (in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2009) begehrt und das im Zusammenhang damit geltend gemachte Insg ausdrücklich auf die Höhe des zuvor gewährten Vorschusses beziffert hatte. Schon angesichts der in § 186 Satz 4 SGB III a.F. angelegten Verzahnung von Vorschuss und endgültiger Bewilligung ist eine Klage gegen die Erstattungsforderung angesichts des sozialprozessualen Meistbegünstigungsprinzips (§ 123 zweiter Satzteil SGG) dahingehend auszulegen, dass – in Höhe des erstattet verlangten Vorschusses – auch die (im vorliegenden Fall gesondert getroffene) behördliche Entscheidung über den Insg-Antrag mit angefochten ist. Dies gilt zumindest dann, wenn sich der Kläger – wie im vorliegenden Fall – der Sache nach darauf beruft, die Erstattungsforderung bestehe deswegen nicht, weil ihm Insg zugestanden habe.
II.) Die Voraussetzungen des § 186 Satz 4 SGB III a.F. waren nicht erfüllt, denn der Kläger hatte Anspruch auf Insg für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Dezember 2008.
Gemäß § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III (wiederum in der bis zum 31. März 2012 geltenden Fassung, a.F.; seit dem 1. April 2012: § 165 SGB III) hatten Arbeitnehmer Anspruch auf Insg, wenn sie im Inland beschäftigt waren und bei Eintritt eines Insolvenzereignisses für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt hatten. Als Insolvenzereignisse kamen in Betracht 1. die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers (§ 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III a.F.), 2. die Abweisung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse (§ 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB III a.F.) oder 3. die vollständiger Beendigung der Betriebstätigkeit im Inland, wenn ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht gestellt worden war und ein Insolvenzverfahren offensichtlich mangels Masse nicht in Betracht kam (§ 183 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III a.F.).
1.) Ein Insolvenzereignis im genannten Sinne lag im Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 8. April 2009. Da eine Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers, die sich nicht in einem dieser vom Gesetz enumerativ aufgeführten Insolvenzereignisse manifestiert, keinen Insg-Anspruch begründet (Kühl in: Brand, SGB III, 6. Aufl. 2012, § 165 Rn. 25), stellte der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens als solcher kein Insolvenzereignis im Sinne der Vorschrift dar (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 11 AL 27/03 R, SozR 4-4300 § 183 Nr. 2; Bayerisches LSG, Urteil vom 22. April 2005 – L 8 AL 217/04; Kühl, a.a.O.). Soweit in der Vergangenheit Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit Gemeinschaftsrecht bestanden, lagen diese im hier streitigen Zeitraum nicht mehr vor (dazu ausführlich LSG Berlin-Brandenburg, a.a.O.).
2.) Der Kläger war auch – wie in § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. vorausgesetzt – beschäftigt gewesen. Er hat im streitgegenständlichen Zeitraum in einem Beschäftigungsverhältnis zur Firma T. GmbH als Arbeitgeber gestanden. Obwohl verschiedene Einzelheiten ungeklärt sind und der Kläger seinen Arbeitsvertrag nicht hat vorlegen können, sprechen hierfür insbesondere die Auskünfte des Arbeitgebers sowie später des Beigeladenen, das im Alg-Verfahren vorgelegte Kündigungsschreiben und nicht zuletzt auch die Aussage des Zeugen K ... Im Übrigen ist im Alg-Verfahren auch die Beklagte davon ausgegangen, dass der Kläger beim Arbeitgeber beschäftigt gewesen war.
3.) Der Kläger hatte auch für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt.
a) Da das Arbeitsverhältnis – nach übereinstimmenden Angaben des Klägers und des Arbeitgebers – mit Ablauf des 31. Dezember 2008 geendet hatte und als Insolvenzereignis allein der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 8. April 2009 in Betracht kommt, ist auf den Zeitraum vom 1. Oktober 2008 bis zum 31. Dezember 2008 abzustellen.
b) Der Berichterstatter als Einzelrichter kann sich hierbei mit dem für eine Verurteilung der Beklagten erforderlichen Grad an Wahrscheinlichkeit davon überzeugen, dass der Kläger für diese Zeiträume noch – wie in § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. vorausgesetzt – offene Ansprüche auf Arbeitsentgelt hatte.
aa) Hierbei trägt der Kläger entgegen seiner Rechtsauffassung die (objektive) Beweislast für den Ausfall des Arbeitsentgelts. Eine Beweislastentscheidung hat indes im vorliegenden Verfahren nicht ergehen.
Auch im Sozialprozessrecht gilt, dass – wenn sich eine Tatsache nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen lässt – derjenige die Beweislast trägt, der aus dieser Tatsache ein materielles Recht herleiten will (BSG, Urteil vom 24. November 2010 – B 11 AL 35/09 R, juris, Rn. 20 m.w.N.; Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 103 Rn. 19a m.w.N.; aus neuerer Zeit etwa Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 6. August 2014 – L 10 AL 50/14, juris). Demnach trägt ein Versicherter, der sich angesichts der Anspruchsvoraussetzung noch offener Ansprüche aus § 183 Abs. 1 Satz 1 SGB III a.F. darauf beruft, kein Arbeitsentgelt erhalten zu haben, die objektive Beweislast für diese Tatsache. Der Hinweis des Klägers auf die – nach den Regeln des Zivilprozessrechts zu bestimmende – Beweislast für den Erfüllungseinwand geht insoweit fehl. Nicht die Beklagte hat zu beweisen, dass der Kläger sein Arbeitsentgelt für die drei in Rede stehenden Monate erhalten hat, sondern er muss beweisen, dass er es nicht erhalten hat. Selbst wenn daher hinsichtlich der aus dem Kassenbuch zu erkennenden Entnahmen die in § 366 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) wurzelnde Vermutung zum Tragen käme, wonach während des Insg-Zeitraums erfolgte Zahlungen im Zweifel zur Tilgung offener Entgeltforderungen aus der Zeit davor dienen (allgemein dazu Kühl, a.a.O., Rn. 49), wäre damit lediglich ein Indiz für den Beweis des Gegenteils wiederlegt, den die Beklagte allerdings – wie dargelegt – nicht zu erbringen hat.
Die Regel der objektiven Beweislastverteilung kommt allerdings erst dann zur Anwendung, wenn alle verfügbaren Erkenntnisquellen ausgeschöpft sind und sich das Gericht dennoch keine Überzeugung in der einen oder anderen Richtung bilden kann, d.h. wenn es nach eingehender Erforschung des Sachverhalts und sorgfältiger Würdigung der erhobenen Beweise nicht gelingt, eine in tatsächlicher Hinsicht bestehende Ungewissheit zu beseitigen (BSG, Urteil vom 24. November 2010 – B 11 AL 35/09 R, juris, Rn. 20 m.w.N).
Dies ist im vorliegenden Verfahren allerdings nicht der Fall, da der – im Rahmen von § 183 SGB III a.F. erforderliche (vgl. hierzu LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. November 2007 – L 16 AL 541/06, juris, Rn. 21) – Vollbeweis der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale erbracht ist. Dies gilt auch für die Anspruchsvoraussetzung, wonach der Versicherte kein Arbeitsentgelt erhalten hat. Für den Vollbeweis muss sich das Gericht nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen (hierzu und zum Folgenden BSG, Urteil vom 17. April 2013 – B 9 V 1/12 R, SozR 4-3800 § 1 Nr. 20 m.w.N.). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen. Restzweifel sind unschädlich, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (BSG Urteil vom 24. November 2010 – B 11 AL 35/09 R, juris Rn. 21).
bb) Nach diesen Maßstäben ist der Berichterstatter als Einzelrichter davon überzeugt davon, dass der Kläger im streitigen Zeitraum kein Arbeitsentgelt erhalten hatte.
(1) Dies ergibt sich an erster Stelle aus der Aussage des Zeugen K. (in der mündlichen Verhandlung am 21. Januar 2015), die durch das Gesamtergebnis der Sachverhaltsaufklärung gestützt werden. Der Zeuge hat insbesondere gut nachvollziehbar zu erklären vermocht, warum er sich an die Tatsache, dass der Kläger im streitigen Zeitraum keinen Lohn erhalten habe, erinnern könne. Nach seiner Darstellung oblag ihm die Verteilung des gesamten für die Entgeltzahlungen zur Verfügung stehenden Betrages auf die Beschäftigten einschließlich seiner selbst. Es erscheint gut nachvollziehbar, dass er sich an den Zahlungsausfall zu erinnern vermag, weil er auch selbst davon betroffen war. In diesem Zusammenhang erscheint es auch plausibel, dass der Zeuge K. sich an die Ereignisse detaillierter erinnern kann als der Kläger, denn der Zeuge war Geschäftsführer des Arbeitgebers (abgesehen davon, dass der Kläger nach eigenem Vorbringen zwischenzeitlich einen Schlaganfall erlitten hat). Hinweise darauf, dass der Zeuge die Unwahrheit gesagt haben könnte, gibt es nicht. Dass er ein Eigeninteresse am Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits haben könnte, ist weder dargetan noch ersichtlich.
(2) Gestützt wird die Aussage des Zeugen K. durch die schriftliche Auskunft des angebotenen Zeugen B., wonach der Arbeitgeber im streitgegenständlichen Zeitraum jedenfalls ihm kein Entgelt gezahlt habe. Dass sich der Zeuge hinsichtlich der Einzelheiten der ihm gegenüber erfolgten Insg-Gewährung geirrt haben mag, erscheint vernachlässigenswert (zumal der von der Beklagten mitgeteilte, auffällig glatte Betrag von 3.900 Euro in der Tat nahelegt, dass es sich nur um einen Vorschuss gehandelt haben könnte). Allerdings stützt auch der Umstand, dass die Beklagte in einem "Parallelfall" die Voraussetzungen für den Bezug von Insg als erfüllt angesehen hat, die Aussage des Zeugen K. sowie das klägerische Vorbringen.
(3) Zweifel am Vorliegen der Insg-Voraussetzungen ergeben sich aus den Unterlagen des Beigeladenen. Allerdings reichen diese Zweifel im Ergebnisse nicht über das Niveau unschädlicher Restzweifel hinaus.
Dass die Frage nach offenen Entgeltansprüchen für den streitigen Zeitraum vom Arbeitgeber innerhalb weniger Wochen einmal bejaht (in der Insg-Bescheinigung vom 12. Februar 2009) und einmal verneint (in der Arbeitsbescheinigung vom 29. Dezember 2008) worden ist, weckt Zweifel, allerdings ist zu beachten, dass die zeitlich spätere Bescheinigung den Vortrag des Klägers stützt und in zeitlicher Nähe zur Erstellung der vom Beigeladenen vorgelegten, vom 9. Februar 2009 datierenden, Postenliste erstellt worden ist. Diese Postenliste wiederum stützt den klägerischen Vortrag jedenfalls insoweit, als sie ein Indiz für erhebliche Rückstände bei der Entgeltzahlung bietet.
Dass die Angaben in den im Berufungsverfahren vom Kläger vorgelegten Entgeltbescheinigungen zu Zahlungsart in Widerspruch zum klägerischen Vortrag stehen (dem Insg-Antrag beigefügt waren insgesamt fünf Entgeltbescheinigungen für die drei in Rede stehenden Monate, von denen drei eine Überweisung auf ein Konto bei der D. Bank ausweisen; zwei als Differenz-Abrechnungen bezeichnete Korrekturbescheinigungen für Oktober und Dezember nennen keine Kontoverbindung) und dass die ursprünglichen Angaben zur Höhe des Entgelts nachträglich korrigiert worden sind, lässt sich im Lichte der Auskunft des angebotenen Zeugen Z. (vom 7. Februar 2015) erklären, wonach er sich offenbar im Wesentlichen auf fremde Angaben bzw. auf die Aktenlage verlassen hatte.
Aus denselben Gründen ergeben sich auch aus dem Kassenbuch des Arbeitgebers und anderen vergleichbaren Unterlagen keine durchgreifenden Zweifel. Auch durch Nachfragen an den Beigeladenen und den angebotenen Zeugen Z. konnte nicht verlässlich geklärt werden, welche konkreten Zahlungen den dortigen Buchungen gegenübergestanden hatten, d.h. vor allem wann und für welche Entgeltzeiträume diese erfolgt waren. Die Aussage des Zeugen K. ist damit jedenfalls nicht widerlegt.
Dass sich aus den im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegten Kontoauszügen zwei Bareinzahlungen in Höhe von jeweils 1.000.- Euro im fraglichen Zeitraum (3. und 26. November 2008) ergeben, spricht ebenfalls nicht mit hinreichender Sicherheit dafür, dass der Kläger Arbeitsentgelt erhalten hat. Kontoinhaber waren der Kläger und seine Ehefrau, so dass nicht einmal klar ist, ob diese Einzahlungen tatsächlich vom Kläger stammen.
Quittungen – wie sie nach der Aussage des Zeugen K. existieren müssten, wenn der Kläger seinen Lohn erhalten hätte – waren nicht mehr auffindbar, offenbar – wie der Senat dem letzten Schriftsatz des Beigeladenen entnimmt – auch nicht hinsichtlich anderer Zeiträume. Ein näherer Zusammenhang zwischen den vom Beigeladenen vorgelegten zwei Scheckduplikaten und dem Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist nicht erkennbar. Dort ist die Rede von Entgelt für den Monat November 2007, mithin ein Jahr vor dem hier streitigen Zeitraum.
Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten spricht eine Konstanz der Betriebsführung auch nicht notwendig dafür, dass die Lohnzahlungen auch ab Oktober 2008 beibehalten worden seien.
B.) Soweit der Kläger darüber hinaus unter (völliger) Aufhebung des Ablehnungsbescheides auch die Zahlung weiteren Insg in Höhe von 525,01 Euro begehrt, ist die Berufung unbegründet.
Hierbei kann dahinstehen, ob es als Klageerweiterung im Sinne von § 99 SGG bzw. als Fall des § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG zu verstehen ist, wenn der Kläger mit seiner Berufung etwas begehrt, was er vor dem Sozialgericht nicht beantragt hatte, worüber das Sozialgericht indes dennoch entschieden hat. Jedenfalls steht dem über die Kassation des Erstattungsbegehrens hinausgehenden Klageantrag entgegen, dass der Ablehnungsbescheid vom 26. Oktober 2009 in Gestalt des einheitlichen Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2009 insoweit in Bestandskraft erwachsen und somit im Sinne von § 77 SGG bindend geworden ist.
Wird der gegen einen Verwaltungsakt gegebene Rechtsbehelf nicht eingelegt, so ist der Verwaltungsakt gemäß § 77 erste Alternative SGG für die Beteiligten in der Sache bindend, soweit durch Gesetz nichts anderes bestimmt ist. Als ordentlicher Rechtsbehelf gegen die im Ablehnungsbescheid enthaltene Entscheidung, dem Kläger auch Insg über den bereits gezahlten Vorschuss hinaus zu gewähren, kam allein eine gegen den Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2009 gerichtete Klage in Betracht.
Der Kläger hat eine Klage gegen besagten einheitlichen Widerspruchsbescheid erhoben, mit ihr allerdings – auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 5. Dezember 2011 – ausdrücklich beantragt, "den Bescheid" vom 26. Oktober 2009 aufzuheben und Insg in Höhe von 4.640.- Euro (d.h. in Höhe des erbrachten Vorschusses und dementsprechend der Erstattungsforderung) zu zahlen. Zwar lässt sich – wie unter Punkt A I dargestellt – einem solchen Klageantrag unter Beachtung des Meistbegünstigungsprinzips aus § 123 zweiter Satzteil SGG entnehmen, dass auch die behördliche Entscheidung über den Insg-Antrag insoweit (d.h. in Höhe des Vorschusses) mitangefochten ist. Da jedoch bei einem anwaltlich vertretenen Prozessbeteiligten davon auszugehen ist, dass der gestellte Antrag das Klageziel zutreffend wiedergibt (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 123 Rn. 3) und da die Bezifferung des verfolgten Klageziels ohnehin keiner Auslegung zugänglich ist, scheitert die vom Sozialgericht vorgenommene extensive Auslegung des Klageantrags an § 123 erster Satzteil SGG, der den Grundsatz enthält, dass das Gericht nicht mehr zusprechen (und über mehr entscheiden) darf als beantragt ist ("ne ultra petita", vgl. Keller a.a.O, Rn. 4). Dies hat zur Folge, dass die im Ablehnungsbescheid vom 26. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2009 enthaltene Entscheidung, dem Kläger auch nicht weitere 525,01 Euro an Insg zu gewähren, in Bestandskraft erwachsen und somit bindend geworden ist.
C.) Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG. Eine Kostenerstattung zugunsten des Beigeladenen scheidet aus, weil dieser kein eigenes Prozessrisiko eingegangen ist. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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