L 3 SB 32/16 WA

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 43 SB 515/10
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 SB 32/16 WA
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage auf Wiederaufnahme des durch Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 12.02.2013 abgeschlossenen Verfahrens L 3 SB 13/12 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

Der Kläger begehrt die Wiederaufnahme eines vor dem Landessozialgericht Hamburg abgeschlossenen Verfahrens.

Mit dem in Rede stehende Klage- und Berufungsverfahren (L 3 SB 13/12) wandte der Kläger sich gegen die Aufhebung der mit Bescheid vom 7. Mai 1996 getroffenen Feststellungen über den GdB sowie Merkzeichen (Bescheid vom 26. Februar 2010 und Widerspruchsbescheid vom 2. September 2010 der Beklagten). Die Aufhebung erfolgte, weil der Kläger zum 29. September 2008 seinen Wohnsitz nach T. verlegt hatte. Das Sozialgericht hat mit Gerichtsbescheid vom 5. März 2012 die hiergegen gerichtete Klage abgewiesen und dargelegt, dass aufgrund der Wohnsitzverlegung ins Ausland kein Anspruch auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch und Feststellung von Merkzeichen aufgrund des Territorialprinzips bestehe.

Die hiergegen gerichtete Berufung blieb erfolglos. Der erkennende Senat hat in der Entscheidung vom 12. Februar 2013 die Rechtsauffassung des Sozialgerichts bestätigt und die Berufung gegen den Gerichtsbescheid zurückgewiesen. Aufgrund der Regelungen des § 30 Sozialgesetzbuch - Erstes Buch (SGB I) könne der Klägern eine Feststellung nach der Wohnsitzverlegung ins Ausland nicht mehr beanspruchen. Der Kläger habe auch nicht nachgewiesen, dass ihm trotz seines ausländischen Wohnsitzes aus der Feststellung des GdB konkrete Vorteile erwachsen könnten.

Das Bundessozialgericht hat mit Beschluss vom 17. Juni 2013 die Beschwerde des Klägers über die Nichtzulassung der Revision als unzulässig verworfen und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.

Mit Schriftsatz vom 25. September 2016 hat der Kläger am 6. Oktober 2016 eine Restitutionsklage erhoben. Er sei durch das Fehlurteil in seinen Rechten verletzt, insbesondere im Zusammenhang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Die Feststellung des GdB und der Merkzeichen sei zu Recht erfolgt, die Voraussetzungen würden nach wie vor vorliegen, er sei deshalb unrechtmäßig beschwert und es handele sich um eine Fehlentscheidung. Das Territorialprinzip werde durch die Rechtsprechung des EGMR und durch die Regelung des § 110 SGB-Sechstes Buch (SGB VI) durchbrochen. Der Kläger bezieht sich dabei auf eine Entscheidung des EUGH (Rechtssache C-379/10) zur Staatshaftung von Mitgliedstaaten durch die Entscheidung eines letztinstanzlichen nationalen Gerichts. Ihm sei durch die Fehlentscheidung ein Schaden in einer Mindesthöhe von 500.000 EUR entstanden. Er beanspruche insgesamt eine Entschädigung vor rund 3 Mio. EUR von der Beklagten. Es sei wegen der Verletzung der Europäischen Konvention der Menschenrechte (" 580 Punkt 8 ZPO") von Rechtsbeugung auszugehen.

Der Kläger beantragt die Beiladung der Bundesrepublik Deutschland wegen eines angeblichen Anspruchs auf Haftung des Staates gegenüber dem Einzelnen und eine Individualklage beim EUGM.

Der Kläger beantragt sinngemäß nach seinem schriftlichen Vorbringen,

das Verfahren wiederaufzunehmen und das Urteil vom 22.2.2013 sowie den Gerichtsbescheid vom 5.3.2012 und den Bescheid der Beklagten vom 26.2.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.9.2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Wiederaufnahmeklage als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass die Voraussetzungen für einen Restitutionsgrund nach § 580 Nr. 4 bzw. 8 der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht schlüssig dargelegt worden seien.

Das Gericht hat die Gerichtsakten und Verwaltungsakten beigezogen. Es hat den Kläger darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für eine Restitutionsklage nicht ausreichend dargelegt worden seien. Kläger und Beklagte haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter als Einzelrichter erteilt.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht entscheidet gemäß § 155 Abs. 3 und Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter als Einzelrichter.

Die Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens L 3 SB 13/12 ist nicht statthaft und deshalb unzulässig. Die auf Wiederaufnahme gerichtete Klage ist unzulässig. Denn Voraussetzung für einen auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 179 Abs. 1 SGG i.V.m. § 580 ZPO gerichteten Antrages ist, dass ein zulässiger Anfechtungsgrund schlüssig behauptet wird. Die Statthaftigkeit der Wiederaufnahmeklage setzt - neben weiteren Prozessvoraussetzungen - die schlüssige Darlegung eines gesetzlichen Wiederaufnahmegrundes voraus (Leitherer in Meyer-Ladewig/ Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 179 RdNr 9). Dies ist dem Kläger jedoch vorliegend nicht gelungen.

Soweit sich der Kläger auf § 580 Nr. 8 ZPO bezieht, ist nicht im Ansatz erkennbar, inwiefern der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) eine Verletzung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten oder ihrer Protokolle festgestellt hat und das Urteil auf dieser Verletzung beruht haben soll. Die Entscheidung, auf die sich der Kläger bezieht, stammt nicht vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Es handelt sich vielmehr um eine Entscheidung des EUGH zur Haftung der Mitgliedstaaten wegen Verstoßes gegen EU Recht und ein inhaltlicher Zusammenhang zu den Entscheidungen des Sozialgerichts und des Landessozialgerichts Hamburg sowie zu der Aufhebungsentscheidung der Beklagten ist nicht ersichtlich. Ein Verstoß gegen die europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten liegt nicht vor und wurde auch nicht festgestellt. Erst recht hat der Kläger nicht dargelegt, dass das in Rede stehende Urteil auf einer solchen angeblichen Verletzung beruht bzw. beruhen könnte.

Aus der Begründung und den vielen Schriftsätzen des Klägers wird deutlich, dass dieser die Entscheidung inhaltlich nach wie vor für falsch hält und hieraus Schadensersatz- bzw. Amtshaftungsansprüche ableitet. Nur in diesem Zusammenhang stellt er auf die Entscheidung des EUGH in Bezug auf in letzter Instanz ergangene gerichtliche Entscheidungen der Mitgliedstaaten und hieraus folgende Haftungstatbestände ab. Die angebliche inhaltliche Unrichtigkeit einer Entscheidung stellt jedoch keinen Restitutionsgrund dar. Für eine auf § 580 Nr. 4 ZPO gerichtete Restitutionsklage wäre Voraussetzungen eine strafbare Handlung eines Prozessbeteiligten oder eine strafbare Amtspflichtverletzung eines Richters, der an der Entscheidung mitgewirkt hat. Hierfür gibt es überhaupt keine Anhaltspunkte. Der pauschale Vorwurf einer Rechtsbeugung reicht hierfür unter keinen Umständen aus. Soweit der Kläger meint, dass bereits dann eine Rechtsbeugung vorliegt, wenn das Gericht seine Rechtsauffassung nicht folgt, ist dies offensichtlich unzutreffend. Hiermit kann die auf Wiederaufnahme gerichtete Klage jedenfalls nicht begründet werden. Weitere mögliche Nichtigkeitsgründe gemäß § 579 ZPO sind weder ersichtlich noch vom Kläger vorgetragen. Die beantragte Beiladung kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil die auf Wiederaufnahme gerichtete Klage unzulässig ist. Ungeachtet dessen liegen die Voraussetzungen des § 75 SGG nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 161 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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