Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Speyer (RPF)
Aktenzeichen
S 3 ER 36/06 AS
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 3 ER 47/06 AS
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Bei einem Bescheid über die Rückforderung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinne des § 39 Nr. 1 SGB II. Die Klage gegen diesen Bescheid hat aufschiebende Wirkung.
1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Speyer vom 17.02.2006 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage der Beschwerdegegnerin gegen den Bescheid vom 24.08.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2005, soweit dieser die Rückforderung von Leistungen betrifft, aufschiebende Wirkung hat.
2. Die Beschwerdeführerin hat die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdegegnerin zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob die Klage der Beschwerdegegnerin gegen einen Rückforderungsbescheid (Erstattungsbescheid) der Beschwerdeführerin aufschiebende Wirkung hat.
Die Beschwerdeführerin bewilligte der Beschwerdegegnerin und deren mit dieser in einer Bedarfsgemeinschaft lebendem Sohn D Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 30.05. bis zum 30.11.2005. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 24.08.2005 hob sie die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 30.05. bis zum 30.09.2005 teilweise auf und forderte einen Betrag in Höhe von 1.048,71 EUR zurück. Zur Begründung führte sie aus, nach erneuter Aktendurchsicht sei festgestellt worden, dass das Einkommen des Sohnes der Beschwerdegegnerin bislang unberücksichtigt geblieben sei. Der zu Unrecht gezahlte Betrag sei gemäß § 50 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 40 SGB II zu erstatten. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beschwerdeführerin durch Widerspruchsbescheid vom 12.10.2005 zurück.
Hiergegen hat die Beschwerdegegnerin am 10.11.2005 Klage erhoben (Az.: S 3 AS 484/05).
Am 01.02.2006 hat sie beim Sozialgericht Speyer die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt.
Das Sozialgericht Speyer hat durch Beschluss vom 17.02.2006 die aufschiebende Wirkung der Klage der Beschwerdegegnerin angeordnet. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Anfechtungsklage gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 24.08.2005 entfalte gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Vorliegend sei aber die aufschiebende Wirkung gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG anzuordnen. Denn die vorzunehmende Interessenabwägung führe zu dem Ergebnis, dass das Aussetzungsinteresse der Beschwerdegegnerin überwiege, weil sich der Bescheid der Beschwerdeführerin als offenbar rechtswidrig erweise.
Gegen den ihr am 21.02.2006 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 15.03.2006 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat.
Sie macht geltend, die Klage gegen den Bescheid habe keine aufschiebende Wirkung. Diese sei auch nicht anzuordnen, da der Bescheid rechtmäßig sei.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Speyer vom 17.02.2006 aufzuheben und den Antrag der Beschwerdegegnerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen und festzustellen, dass ihre Klage gegen den Bescheid vom 24.08.2005, soweit er die Rückforderung von Leistungen betrifft, aufschiebende Wirkung hat.
Sie hat im Beschwerdeverfahren klargestellt, dass ihr Begehren im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes ausschließlich darauf gerichtet sei, dass der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Anspruch auf Rückforderung der gewährten Leistungen nicht vorläufig vollzogen werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Prozessakte und die Verwaltungsakten der Beschwerdeführerin, die Gegenstand der Beratung waren, Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Gegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist die Frage, ob die Klage der Beschwerdegegnerin gegen den Bescheid vom 24.08.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2005, soweit dieser die Rückforderung von Leistungen betrifft, aufschiebende Wirkung entfaltet. Die Beschwerdegegnerin begehrt nicht mehr die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid in Bezug auf die Aufhebung der Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld (vgl. zur Problematik der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Aufhebungsbescheid den Beschluss des erkennenden Senats vom 04.04.2006 Az.: L 3 ER 46/06 AS).
Die Beschwerdegegnerin hat einen Anspruch auf die Feststellung, dass ihre Klage gegen den Rückforderungsbescheid aufschiebende Wirkung hat.
Die aufschiebende Wirkung der Klage folgt aus § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben. Die aufschiebende Wirkung entfällt in den in § 86 a Abs. 2 SGG geregelten Fällen. Vorliegend greift indessen keiner dieser Fälle ein. Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 86 a Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II nicht erfüllt. Danach haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Rückforderungsansprüche nach § 50 SGB X werden von dieser Bestimmung nicht erfasst (vgl. auch Conradis, in: LPK-SGB II, 2005, § 39 RdNr. 7; a.A. Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, Kommentar, Stand März 2006, K § 39 RdNr. 44).
Schon nach dem Wortlaut betrifft § 39 Nr. 1 SGB II nur Leistungen der Grundsicherung, nicht aber die Rückforderung bereits gewährter Leistungen. Auch eine erweiternde Auslegung ist nicht gerechtfertigt. Der Sinn und Zweck des Wegfalls der aufschiebenden Wirkung der Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen, die die Gewährung von Leistungen betreffen, liegt im Wesentlichen darin, dass der Leistungsträger dem Hilfedürftigen nicht vorläufig noch streitige Leistungen gewähren muss, deren spätere Rückforderung in der Regel nicht mehr oder schwer durchsetzbar ist. Diese Gesichtspunkte greifen bei Rückleistungen nicht, da der Hilfebedürftige über die gewährten Leistungen bereits verfügen konnte und in aller Regel auch verfügt hat. Es ist auch zu sehen, dass Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Rückforderungsbescheide in anderen Bereichen des Sozialrechts ebenfalls Suspensiveffekt entfalten (vgl. auch Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., 2005, § 86 a, RdNr. 14 f). So wird durch § 336 a S. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) deutlich klargestellt, dass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und der Klage auf Entscheidungen über die Herabsetzung oder Entziehung laufender Leistungen beschränkt ist, also nicht Rückforderungsbescheide erfasst. Das Fehlen einer entsprechenden Formulierung in § 39 Nr. 1 SGB II zwingt nicht zu dem Schluss, dass der Gesetzgeber im SGB II die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen anders regeln wollte als im SGB III. Dies kann weder dem Wortlaut des § 39 Nr. 1 SGB II noch der Gesetzesbegründung entnommen werden. Im Übrigen ist hervorzuheben, dass der Suspensiveffekt Ausdruck des Grundsatzes der Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) ist. Vor diesem Hintergrund sind Ausnahmen von dem Grundsatz, dass Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung zukommt, grundsätzlich eng auszulegen (vgl zur Problematik der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Aufrechnungsbescheid den Beschluss des erkennenden Senats vom 17.01.2006 Az.: L 3 ER 128/05 AS).
In den Fällen, in denen wie hier der Verwaltungsakt faktisch vollzogen wird oder die faktische Vollziehung droht, ist entsprechend § 86 b Abs. 1 SGG festzustellen, dass die Klage aufschiebende Wirkung hat (vgl. Keller, in: Meyer Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 86 b, RdNr. 15).
Somit war im vorliegenden Fall festzustellen, dass die Klage der Beschwerdegegnerin gegen den Rückforderungsbescheid vom 24.08.2005 aufschiebende Wirkung hat. Eine vorläufige Vollziehung hat daher zu unterbleiben.
Nach alledem war die Beschwerde der Beschwerdeführerin, die darauf gerichtet war, dass der Beschwerdegegnerin kein vorläufiger Rechtsschutz gewährt wird, zurückzuweisen. Eine Änderung des Beschlusses des Sozialgerichts war insoweit erforderlich, als dieses statt der Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ausgesprochen hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
2. Die Beschwerdeführerin hat die außergerichtlichen Kosten der Beschwerdegegnerin zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist, ob die Klage der Beschwerdegegnerin gegen einen Rückforderungsbescheid (Erstattungsbescheid) der Beschwerdeführerin aufschiebende Wirkung hat.
Die Beschwerdeführerin bewilligte der Beschwerdegegnerin und deren mit dieser in einer Bedarfsgemeinschaft lebendem Sohn D Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 30.05. bis zum 30.11.2005. Mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 24.08.2005 hob sie die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 30.05. bis zum 30.09.2005 teilweise auf und forderte einen Betrag in Höhe von 1.048,71 EUR zurück. Zur Begründung führte sie aus, nach erneuter Aktendurchsicht sei festgestellt worden, dass das Einkommen des Sohnes der Beschwerdegegnerin bislang unberücksichtigt geblieben sei. Der zu Unrecht gezahlte Betrag sei gemäß § 50 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 40 SGB II zu erstatten. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beschwerdeführerin durch Widerspruchsbescheid vom 12.10.2005 zurück.
Hiergegen hat die Beschwerdegegnerin am 10.11.2005 Klage erhoben (Az.: S 3 AS 484/05).
Am 01.02.2006 hat sie beim Sozialgericht Speyer die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt.
Das Sozialgericht Speyer hat durch Beschluss vom 17.02.2006 die aufschiebende Wirkung der Klage der Beschwerdegegnerin angeordnet. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Anfechtungsklage gegen den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 24.08.2005 entfalte gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Vorliegend sei aber die aufschiebende Wirkung gemäß § 86 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG anzuordnen. Denn die vorzunehmende Interessenabwägung führe zu dem Ergebnis, dass das Aussetzungsinteresse der Beschwerdegegnerin überwiege, weil sich der Bescheid der Beschwerdeführerin als offenbar rechtswidrig erweise.
Gegen den ihr am 21.02.2006 zugestellten Beschluss hat die Beschwerdeführerin am 15.03.2006 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat.
Sie macht geltend, die Klage gegen den Bescheid habe keine aufschiebende Wirkung. Diese sei auch nicht anzuordnen, da der Bescheid rechtmäßig sei.
Die Beschwerdeführerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Speyer vom 17.02.2006 aufzuheben und den Antrag der Beschwerdegegnerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zurückzuweisen.
Die Beschwerdegegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen und festzustellen, dass ihre Klage gegen den Bescheid vom 24.08.2005, soweit er die Rückforderung von Leistungen betrifft, aufschiebende Wirkung hat.
Sie hat im Beschwerdeverfahren klargestellt, dass ihr Begehren im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes ausschließlich darauf gerichtet sei, dass der von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Anspruch auf Rückforderung der gewährten Leistungen nicht vorläufig vollzogen werde.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Prozessakte und die Verwaltungsakten der Beschwerdeführerin, die Gegenstand der Beratung waren, Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Gegenstand des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist die Frage, ob die Klage der Beschwerdegegnerin gegen den Bescheid vom 24.08.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.10.2005, soweit dieser die Rückforderung von Leistungen betrifft, aufschiebende Wirkung entfaltet. Die Beschwerdegegnerin begehrt nicht mehr die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid in Bezug auf die Aufhebung der Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld (vgl. zur Problematik der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Aufhebungsbescheid den Beschluss des erkennenden Senats vom 04.04.2006 Az.: L 3 ER 46/06 AS).
Die Beschwerdegegnerin hat einen Anspruch auf die Feststellung, dass ihre Klage gegen den Rückforderungsbescheid aufschiebende Wirkung hat.
Die aufschiebende Wirkung der Klage folgt aus § 86 a Abs. 1 Satz 1 SGG, wonach Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben. Die aufschiebende Wirkung entfällt in den in § 86 a Abs. 2 SGG geregelten Fällen. Vorliegend greift indessen keiner dieser Fälle ein. Insbesondere sind die Voraussetzungen des § 86 a Abs. 2 Nr. 4 i.V.m. § 39 Nr. 1 SGB II nicht erfüllt. Danach haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet, keine aufschiebende Wirkung. Rückforderungsansprüche nach § 50 SGB X werden von dieser Bestimmung nicht erfasst (vgl. auch Conradis, in: LPK-SGB II, 2005, § 39 RdNr. 7; a.A. Hengelhaupt, in: Hauck/Noftz, SGB II, Kommentar, Stand März 2006, K § 39 RdNr. 44).
Schon nach dem Wortlaut betrifft § 39 Nr. 1 SGB II nur Leistungen der Grundsicherung, nicht aber die Rückforderung bereits gewährter Leistungen. Auch eine erweiternde Auslegung ist nicht gerechtfertigt. Der Sinn und Zweck des Wegfalls der aufschiebenden Wirkung der Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen, die die Gewährung von Leistungen betreffen, liegt im Wesentlichen darin, dass der Leistungsträger dem Hilfedürftigen nicht vorläufig noch streitige Leistungen gewähren muss, deren spätere Rückforderung in der Regel nicht mehr oder schwer durchsetzbar ist. Diese Gesichtspunkte greifen bei Rückleistungen nicht, da der Hilfebedürftige über die gewährten Leistungen bereits verfügen konnte und in aller Regel auch verfügt hat. Es ist auch zu sehen, dass Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Rückforderungsbescheide in anderen Bereichen des Sozialrechts ebenfalls Suspensiveffekt entfalten (vgl. auch Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl., 2005, § 86 a, RdNr. 14 f). So wird durch § 336 a S. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) deutlich klargestellt, dass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und der Klage auf Entscheidungen über die Herabsetzung oder Entziehung laufender Leistungen beschränkt ist, also nicht Rückforderungsbescheide erfasst. Das Fehlen einer entsprechenden Formulierung in § 39 Nr. 1 SGB II zwingt nicht zu dem Schluss, dass der Gesetzgeber im SGB II die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen anders regeln wollte als im SGB III. Dies kann weder dem Wortlaut des § 39 Nr. 1 SGB II noch der Gesetzesbegründung entnommen werden. Im Übrigen ist hervorzuheben, dass der Suspensiveffekt Ausdruck des Grundsatzes der Garantie effektiven Rechtsschutzes gemäß Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) ist. Vor diesem Hintergrund sind Ausnahmen von dem Grundsatz, dass Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung zukommt, grundsätzlich eng auszulegen (vgl zur Problematik der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen einen Aufrechnungsbescheid den Beschluss des erkennenden Senats vom 17.01.2006 Az.: L 3 ER 128/05 AS).
In den Fällen, in denen wie hier der Verwaltungsakt faktisch vollzogen wird oder die faktische Vollziehung droht, ist entsprechend § 86 b Abs. 1 SGG festzustellen, dass die Klage aufschiebende Wirkung hat (vgl. Keller, in: Meyer Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 86 b, RdNr. 15).
Somit war im vorliegenden Fall festzustellen, dass die Klage der Beschwerdegegnerin gegen den Rückforderungsbescheid vom 24.08.2005 aufschiebende Wirkung hat. Eine vorläufige Vollziehung hat daher zu unterbleiben.
Nach alledem war die Beschwerde der Beschwerdeführerin, die darauf gerichtet war, dass der Beschwerdegegnerin kein vorläufiger Rechtsschutz gewährt wird, zurückzuweisen. Eine Änderung des Beschlusses des Sozialgerichts war insoweit erforderlich, als dieses statt der Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ausgesprochen hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
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