L 3 U 112/08

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Speyer (RPF)
Aktenzeichen
S 9 U 23/06
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 3 U 112/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Jagdaufseher sind nach der Systematik des Jagdrechts Bedienstete des Jagdausübungsberechtigten.
2. Weder die Bergung eines Unfallfahrzeugs noch das Nachhausefahren eines nicht verletzten Verunfallten steht in einem wesentlichen inneren Zusammenhang mit der Tätigkeit als Jagdaufseher.
3. Eine Verpflichtung des Jagdaufsehers, einen am Unfall Beteiligten nach Hause zu fahren, ergibt sich weder aus dem BJagG noch dem LJG Rheinland-Pfalz oder dem POG des Landes Rheinland-Pfalz.
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 08.02.2008 aufgehoben.

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Betrag in Höhe von 2.228,41 EUR abzüglich eines Eigenanteils des Beigeladenen zu 1) zu erstatten.

3. Die Beklagte trägt die Gerichtskosten.

4. Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits des Beigeladenen zu 1) sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, wer die Kosten einer unfallbedingten Behand-lung des Beigeladenen zu 1) zu tragen hat, bei dem er sich diverse Schürfwunden und Prellungen sowie eine Fraktur des linken Mittelfußknochens zugezogen hat.

Der 1937 geborene Beigeladene zu 1) ist als Berufsjäger und Jagdaufseher für den zwischenzeitlich verstorbenen Jagdpächter Rechtsanwalt P F (P.F.) aus K beschäftigt gewesen. Er leitete für P.F. das Jagdrevier K. Nach dem von der Kreisverwaltung D am 09.10.1998 ausgestellten Jagdausweis war er für den gemeinschaftlichen Jagdbezirk G als Jagdaufseher bestätigt und zudem Hilfsbeamter der Staatsanwaltschaft. Am 19.07.2004 wurde der Beigeladene zu 1) gegen 11.00 Uhr gerufen, einen Verkehrsunfall mit Wildberührung im Jagdrevier K aufzunehmen. Bei seinem Eintreffen am Unfallort hatte sich das verletzte Wild bereits entfernt. Das Unfallfahrzeug hing an einer steilen Böschung und drohte abzurutschen. Der Beigeladene zu 1) barg mit Hilfe zweier Landwirte das Fahrzeug des Verunfallten A G (A.G.). Das Unfallfahrzeug verblieb zunächst am Unfallort. A.G. wurde bei dem Unfall nicht verletzt. Er hatte einen Schreck erlitten und sah sich nicht in der Lage, zu Fuß nach Hause zu gehen; für den Weg hätte er ungefähr eine halbe Stunde benötigt. Noch am selben Tag holte er mit Hilfe seines Cousins sein Fahrzeug mit einem Traktor von der Unfallstelle.

Der Beigeladene zu 1) setzte A.G., der ca. 200 m von ihm entfernt wohnt, zu Hause ab. Wie es genau zu dem Unfall gekommen ist, wann die Nachsuche stattfand und ob sie erfolgreich war, konnte nicht abschließend geklärt werden. Zunächst gab der Beigeladene zu 1) schriftlich an, er habe nach der Bergung des Fahrzeugs erfolglos versucht, mit seinem Jagdhund das verletzte Wild zu finden. Später habe er das Wild gefunden und - um ihm weitere Schmerzen zu ersparen - erlegt. Bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung gab der Beigeladene zu 1) an, er habe zunächst A.G. in seinem Fahrzeug auf direktem Weg nach Hause gefahren und erst danach mit der Nachsuche des Wilds begonnen. Seiner ursprünglichen schriftlichen Einlassung nach verständigte er im Haus des A.G. telefonisch dessen Haftpflichtversicherung. Beim Verlassen des Hauses habe er sich auf der Außentreppe verletzt, als er eine Treppenstufe verfehlt habe und gestürzt sei. Bei seiner Zeugeneinvernahme in der mündlichen Verhandlung gab A.G. an, der Beigeladene zu 1) habe ihn in seinem Hof aus dem Auto gelassen und sich dann im Hof verletzt habe. Er habe die Versicherung selbst verständigt.

In der Zeit vom 21.07.2004 bis zum 28.07.2004 befand sich der Beigeladene zu 1) wegen der Unfallfolgen im St. J , P , in stationärer Behandlung.

Am 19.08.2004 informierte P.F. die Beklagte über den Unfall. In seiner Unfallanzeige gab er an, der Beigeladene zu 1) stehe bei ihm als Berufsjäger in einem Beschäftigungsverhältnis.

Nachdem die Klägerin die Kosten für die stationäre Behandlung des Beigeladenen zu 1) in Höhe von 1.756,98 EUR und für Heilmittel in Höhe von 138,18 EUR übernommen hatte, meldete sie mit Schreiben vom 22.09.2004 und 07.04.2005 bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch gemäß § 111 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) in Höhe von 1.895,16 EUR an.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 22.03.2005 teilte sie dem Beigeladenen zu 1) mit, dass die zum Unfall führende Tätigkeit nicht im Zusammenhang mit Maßnahmen des Jagdschutzes stehe und er im Unfallzeitpunkt keine versicherte Tätigkeit mehr ausgeübt habe. Dass er A.G. nach Hause gefahren und dort dessen Haftpflichtversicherung informiert habe, sei eine nicht unter Versicherungsschutz stehende Gefälligkeitsleistung unter Nachbarn.

Die Beklagte widersprach dem geltend gemachten Erstattungsanspruch. Sie vertrat die Auffassung, dass die Handlungsweise des Beigeladenen zu 1) unter Unfallversicherungsschutz stehe, so dass die Klägerin der zuständige Leistungsträger sei. Es entspreche einem verantwortungsbewussten Polizisten, nach Aufnahme eines Unfalls den noch unter Schock stehenden Eigentümer eines nicht fahrbereiten Fahrzeugs nach Hause zu fahren. Es sei unerheblich, ob dies auch für die Benachrichtigung der Haftpflichtversicherung des A.G. gelte, denn der Unfall habe sich auf dem Weg zur Nachsuche des verletzten Wilds ereignet.

Mit weiterem Schreiben vom 29.09.2005 forderte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 15.11.2005 auf, ihr insgesamt 1.924,57 EUR (1.895,16 EUR zzgl. 29,14 EUR für eine Gehstütze) zu erstatten.

Am 31.01.2006 hat die Klägerin Klage bei dem Sozialgericht Speyer (SG) erhoben.

Die für die unfallbedingte Behandlung des Beigeladenen zu 1) entstandenen Kosten hat sie mit 2.228,41 EUR beziffert, weil zwischenzeitlich weitere Kosten für Krankengymnastik entstanden sind.

Durch Urteil vom 08.02.2008 hat das SG die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Ein Erstattungsanspruch bestehe nicht, weil die Klägerin die zuständige Leistungsträgerin sei. Der Unfall des Beigeladenen zu 1) sei in Ausübung seiner als Jagdaufseher versicherten Tätigkeit passiert. Der Begriff "Jagd" korrespondiere nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) mit dem Jagdbegriff im Sinne des allgemeinen Jagdrechts. Die versicherte Tätigkeit umfasse die Aufnahme des Unfalls, die Sicherung der Unfallstelle und das Verbringen des Verunfallten nach Hause. Selbst wenn jedoch das Verbringen des Verunfallten nach Hause nicht als eine unter Versicherungsschutz stehende Tätigkeit qualifiziert werden würde, habe der Beigeladene zu 1) eine solche Tätigkeit spätestens mit dem Verlassen des Hauses von A.G. wieder aufgenommen, weil er auf sich auf Nachsuche des verletzten Rehs begeben habe.

Gegen das ihr am 09.05.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30.05.2008 Berufung eingelegt.

Sie trägt im Wesentlichen vor:
Das Urteil sei aufzuheben. Sie sei sachlich nicht zuständig. Beschäftigte eines Jagdpächters wie der Beigeladene zu 1) stünden bei ihr nur unter Versicherungsschutz, wenn die konkrete Tätigkeit, bei der sich der Unfall ereignet habe, in einem inneren Zusammenhang mit dem Jagdunternehmen stehe und diesem zu dienen bestimmt sei. Hiervon könne nicht ausgegangen werden. Der Unfall habe sich ereignet, weil der Beigeladene zu 1) aus eigenwirtschaftlichen Gründen A.G. eine Gefälligkeit erwiesen habe. Bei Wildunfällen erfolge die Aufnahme des Verkehrsunfalls durch einen Jagdaufseher als Hilfskraft der Staatsanwaltschaft. Dies könne möglicherweise in die Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2) fallen. Im Übrigen habe der Beigeladene zu 1) nicht unmittelbar mit der Nachsuche des verletzten Wilds begonnen. Mit der Aufnahme des Weges zum Haus von A.G. habe der Beigeladene zu 1) einen unversicherten Abweg unternommen. Der Rückweg teile das rechtliche Schicksal des Hinwegs, so dass der Rückweg vom Haus des A.G. bis zum erneuten Eintreffen an der Unfallstelle nicht versichert gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 08.02.2008 aufzuheben und die Beklagte, hilfsweise die Beigeladene zu 2) zu verurteilen, ihr einen Betrag in Höhe von 2.228,41 EUR abzüglich eines Eigenanteils des Beigeladenen zu 1) zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf die ihrer Ansicht nach zutreffenden Gründe des SG.

Der Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt.

Die Beigeladene zu 2) hat ebenfalls keinen Antrag gestellt.

Sie trägt vor:
Sie sei keinesfalls zuständig. Bei der Nachsuche des verletzten Wildes handele es sich eindeutig um eine in den Zuständigkeitsbereich der Klägerin anzusiedelnde versicherte Tätigkeit. Der Versicherungsschutz für die Nachsuche beginne nicht erst mit dem Eintreffen an der Unfallstelle und Aufnahme der Suche nach dem verletzten Wild, sondern bereits mit dem Antritt des Weges zur Unfallstelle. Insoweit verweist sie auf das Urteil des BSG vom 07.02.2006 – Az.: B 2 U 30/04 R.

Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung den Beigeladenen zu 1) angehört und A.G. als Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf die Sitzungsniederschrift und deren Anlage verwiesen.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakte der Klägerin Bezug genommen. Er ist Ge-genstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist auch begründet. Zu Unrecht hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin hat gegen die Beklagte Anspruch auf Erstattung der für die Behandlung des Beigeladenen zu 1) aufgewendeten Kosten in Höhe von 2.228,41 abzüglich des Eigenteils des Beigeladenen zu 1).

Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Erstattungsanspruch ist § 105 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Diese Norm begründet einen Erstat-tungsanspruch des unzuständigen Leistungsträgers, der ohne Kenntnis von der kongruenten Verpflichtung des zuständigen Trägers in der irrigen Annahme seiner Leistungskompetenz und in der Absicht endgültig (und nicht nur vorläufig, vgl. § 102 SGB X) zu leisten, Sozialleistungen erbracht hat. Die Regelung bezweckt durch einen nachträglichen Ausgleich zwischen den Leistungsträgern im Interesse der Vermeidung von Leistungskumulationen den Zustand herzustellen, wie er bei einer von Anfang an der gesetzlichen Zuständigkeit entsprechenden Leistungs-erbringung bestanden hätte. Der Anspruch richtet sich gegen den Leistungsträger, der für die Sozialleistung sachlich-rechtlich zuständig ist. Dies ist der Träger, der hinsichtlich der begehrten Leistung nach materiellem und formellem Recht richtigerweise von dem Leistungsberechtigten, hier dem Beigeladenen zu 1), auf Leistung in Anspruch zu nehmen ist. Für die Erstattung nach § 105 SGB X ist somit charakteristisch, dass die erbrachten Sozialleistungen – im Gegensatz zu den von den §§ 102 bis 104 SGB X erfassten Fällen – nicht rechtmäßig, sondern wegen Unzuständigkeit des Leistungsträgers aufgrund einer rechtswidrigen Entscheidung des Leistungsträgers erbracht worden sind. Unzuständigkeit bedeutet in diesem Zusammenhang, dass für den Leistungsträger, der Erstattung fordert, von Anfang an weder eine eigene Leistungspflicht noch eine Leistungspflicht im Auftrag eines anderen vorgelegen haben darf; maßgebend ist demnach die rechtliche Sachbefugnis im Sinne der Passivlegitimation im Verhältnis zu dem Leistungsempfänger. Dagegen muss ein einziger (anderer) Leistungsträger zuständig und dem Leis-tungsempfänger gegenüber zur Leistungserbringung verpflichtet sein.

Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die Beklagte von Anfang an verpflichtet gewesen, nach § 2 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ihrem Versicherten, also dem Beigeladenen zu 1), die im Dritten Kapitel des SGB V genannten Leistungen, die zur Heilung der Folgen des am 19.07.2004 erlittenen Unfalls erforderlich gewesen sind, zur Verfügung zu stellen. Der Beigeladene zu 1) hat gegen die Beklagte einen entsprechenden Anspruch aus § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V i.V.m. § 11 Abs. 1 Nr. 1 und den §§ 27 ff SGB V. Die von der Klägerin aufgewen-deten Kosten waren erforderlich, um eine Krankheit des Beigeladenen zu 1) zu behandeln.

Eine Leistungsverpflichtung der Klägerin nach § 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) bestand nicht. Nach dieser Vorschrift ist es Aufgabe der Unfallver-sicherung, nach Maßgabe der Vorschriften dieses Buches nach Eintritt von Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten die Gesundheit und die Leistungsfähigkeit der Versicherten mit allen geeigneten Mitteln wiederherzustellen und sie oder ihre Hinterbliebenen durch Geldleistungen zu entschädigen.

Hier liegt ein allein in Betracht kommender Arbeitsunfall nicht vor. Voraussetzung für die Anerkennung eines Unfalles als Arbeitsunfall ist zunächst, dass das konkrete Unfallbringende Verhalten im Zurechnungszusammenhang mit einer im Sinne des § 2 ff. SGB VII versicherten Tätigkeit gestanden hat. Der innere bzw. sachliche Zusammenhang des unfallbringenden Verhaltens mit der versicherten Tätigkeit beinhaltet eine juristische Wertung, die sich am Entscheidungsmaßstab der normativen Reichweite des Versicherungsschutzes vollzieht. Die objektiven Umstände, aus denen auf den wesentlichen inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit geschlossen werden kann, müssen wie alle tatsächlichen Vor-aussetzungen mit dem Beweismaßstab des Vollbeweises nachgewiesen sein.

Dem privaten Bereich des Versicherten zuzurechnende Verrichtungen stellen hingegen das Gegenstück zu den dem Unternehmen zu dienen bestimmte Verrichtungen dar und sind prinzipiell unversichert, weil Tätigkeiten, die nicht im Unter-nehmen, sondern dem Versicherten selbst zu dienen bestimmt sind, auch nicht dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung unterfallen. Solche sog. eigen-wirtschaftlichen Verrichtungen (vgl. BSG, Urteil vom 06.12.1989 – Az.: 2 RU 5/89, = SozR 2200 § 548 Nr. 97), die auch als privatnützige Verrichtungen bezeichnet werden, sind alle solche Tätigkeiten, die jemand unabhängig von der versicherten Tätigkeit ausübt. Greifen betriebliche und private Verrichtungen derart ineinander, dass sie nicht aufteilbar sind, wird von gemischten Tätigkeiten gesprochen und gemäß dem in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Alles- oder- Nichts-Prinzip muss entschieden werden, ob das konkrete Unfallbringende Verhalten der versicherten Tätigkeit oder dem eigenwirtschaftlichen nicht versicherten Bereich angehört. Wichtigstes Abgrenzungskriterium ist hierbei die sog. Handlungstendenz, wobei Versicherungsschutz dann besteht, wenn die Verrichtung im Einzelfall betrieblichen Zwecken wesentlich zu dienen bestimmt war. Diese muss aber nicht überwiegend zu dienen bestimmt sein, sondern es reicht aus, wenn der Versicherte die Verrichtung auch dann vorgenommen hätte, wenn der private Zweck weg-gefallen wäre (siehe BSG, Urteil vom 05.04.1994 – Az.: 2 RU 26/93, SozR 3-2200, § 548 Nr. 19). Allerdings vermögen ausschließlich subjektive Vorstellungen den Versicherungsschutz nicht zu begründen.

Der Beigeladene zu 1) war am Unfalltag als beschäftigter Jagdaufseher (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) tätig.

Beschäftigte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII sind solche nach § 7 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte und eigener Betriebsmittel, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben letztere den Ausschlag (BSG, Urteil vom 19.08.2003 – B 2 U 38/02 R, SozR 4-2700 § 2 Nr. 1).

Bereits die behördliche Bestätigung des Beigeladenen zu 1) als Jagdaufseher stellt ein deutliches Indiz für ein Beschäftigungsverhältnis dar. Jagdaufseher sind nach der Systematik des Jagdrechts Bedienstete des Jagdausübungsberechtigten (Schuck/Ellenberger, Bundesjagdgesetz, 1. Auflage 2010, § 25 Rz. 11 und 22; , Lorz/Metzger/Stöckel, Jagdrecht/Fischereirecht, 3. Aufl. 1998, § 25 BJagdG Rn. 4; vgl. auch BSG, Urteil vom 30.04.1971 – 7/2 RU 268/68 - SozR Nr. 19 zu § 539 RVO: " ... dass er mangels persönlicher Abhängigkeit von den Jagdpächters - an-ders als z.B. Jagdgehilfen, Jagdaufseher, Jagdarbeiter oder bezahlte Treiber - in keinem abhängigen Dienst- oder Arbeitsverhältnis gestanden hat"). Zwar verlan-gen die jagdrechtlichen Regelungen nicht ausdrücklich ein Arbeits- oder sonstiges Beschäftigungsverhältnis zwischen dem bestätigten Jagdaufseher und dem Jagdausübungsberechtigten. Sie setzen dieses aber sinngemäß voraus, denn der bestätigte Jagdaufseher kann den Jagdschutz in einem Jagdschutzbezirk nur im Einvernehmen mit dem Jagdausübungsberechtigten ausüben (vgl. bezüglich eines Berufsjägers § 8 Landesjagdgesetz Rheinland-Pfalz (LJG): " ... wird die Jagd durch angestellte Jäger ausgeübt ... ").

Ein zwischen ihm und dem Beigeladenen zu 1) bestehendes Beschäftigungsver-hältnis hat P.F. in der Unfallanzeige bestätigt.

Jagdaufseher übernehmen Aufgaben des Jagdausübungsberechtigten im Jagdbezirk neben oder an Stelle des Jagdausübungsberechtigten. Im Einzelnen können ihre Aufgaben vielfältiger Art sein (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 08.09.2005 – Az.: L 10 U 2535/04 - sowie LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 28.08.1996 – Az.: L 17 U 72/95). Hierzu gehört beispielsweise das Kontrollieren der durch das Revier führenden Privatwege, unberechtigte Benutzer anzuzeigen, Hochsitze bauen, Pirschwege frei fegen, Wildäcker und Wildabsperrzäune anlegen, im Winter die Fütterung vornehmen, eine Treibjagd abhalten, Aufnehmen von Wildunfällen, Wildschadensbekämpfung, Einzäunen). Darüber hinaus gehört auch der Jagdschutz nach den §§ 23, 25 Abs. 1 Satz 1 Bundesjagdgesetz (BJagdG) und den §§ 29, 30 Landesjagdgesetz Rheinland-Pfalz (LJG) zu den Aufgaben eines bestätigten Jagdaufsehers. Der Jagdschutz umfasst nach § 23 BJagdG nach näherer Bestimmung durch die Länder den Schutz des Wildes insbesondere vor Wilderern, Futternot, Wildseuchen, vor wildernden Hunden und Katzen sowie die Sorge für die Einhaltung der zum Schutz des Wildes und der Jagd erlassenen Vorschriften. Zu solchen Vorschriften gehören insbesondere § 22a BJagdG und § 21 LJG (Verhinderung vermeidbarer Schmerzen oder Leiden des Wildes). Nach § 25 Abs. 2 Satz 1 BJagdG haben die bestätigten Jagdaufseher innerhalb ihres Dienstbezirkes in Angelegenheiten des Jagdschutzes die Rechte und Pflichten der Polizeibeamten und sind Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft, sofern sie Berufsjäger oder forstlich ausgebildet sind. § 30 LJG regelt beispielhaft (" ... insbe-sondere ...") die Befugnisse der zur Ausübung des Jagdschutzes berechtigten Personen.

Soweit das Landesrecht keine einschränkenden Regelungen enthält, hat der qualifizierte Jagdaufseher innerhalb seines Dienstbezirks in Bezug auf den Jagdschutz daher die Befugnisse von Polizeibeamten, wie sie sich aus den Polizeigesetzten der Länder ergeben. Er kann nach § 152 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) von der Staatsanwaltschaft mit Ermittlungen beauftragt werden. Nach diesen Vor-schriften bestehen die entsprechenden Rechte und Pflichten der Polizeibeamten nur in Angelegenheiten des Jagdschutzes.

Gemessen an diesen Voraussetzungen ist im vorliegenden nicht davon auszugehen, dass sich das streitgegenständliche Unfallereignis im wesentlichen inneren Zusammenhang mit der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Jagdaufseher ereignet hat.

Zwar hat der Beigeladene zu 1) bei seiner versicherten Tätigkeit als Jagdaufseher gehandelt, als er den Unfall mit Wildberührung aufnahm, aber diese Tätigkeit endete nach Aufnahme des Unfalls. Dabei kann es dahinstehen, ob er zunächst – wie schriftlich vorgetragen - erfolglos versucht hat, das verletzte Wild zu finden. Selbst wenn dies so gewesen sein sollte, hätte seine Tätigkeit als Jagdaufseher spätestens mit der vorläufigen Beendigung der Nachsuche des verletzten Wildes am Unfallort geendet. Weder die Bergung des Unfallfahrzeugs mit Hilfe zweier Landwirte noch das Nachhausefahren des A.G. mit seinem Fahrzeug stand in einem wesentlichen inneren Zusammenhang mit der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) als Jagdaufseher.

Der Beigeladene zu 1) war zur Erfüllung seiner ordnungsgemäßen Aufgaben als Jagdaufseher nicht verpflichtet, A.G. nach Hause zu fahren. Eine solche Verpflichtung ergibt sich weder aus dem BjagdG, dem LJG noch dem Polizei- und Ordnungsbehördengesetz des Landes Rheinland-Pfalz (POG). Nach § 95 Abs. 3 POG haben Personen, denen u.a. aufgrund eines Gesetzes polizeiliche Befugnisse zustehen, zu Erfüllung ihrer besonderen Dienstaufgaben auch die Befugnisse der Polizeibeamten nach diesem Gesetz; weitergehende Befugnisse aufgrund anderer Gesetze bleiben unberührt. Handlungspflichten der Polizeibeamten im Sinne eines Nachhausefahrens sind im POG nicht vorgesehen. Die in § 60 POG normierte Hilfeleistung für Verletzte betrifft nur die Fälle, in denen unmittelbarer Zwang an-gewendet wird. Nur dann ist Verletzten, soweit es nötig ist und die Lage es zulässt, Beistand zu leisten und ärztliche Hilfe zu verschaffen. Das Nachhausefahren des A.G. ist daher als eine Gefälligkeit und Nachbarschaftshilfe des Beigeladenen zu 1) gegenüber A.G. gewesen und ist seinem persönlichen, nicht unter Versicherungsschutz stehenden Lebensbereich zuzuordnen. Unerheblich ist es, ob der Beigeladene das Haus des A.G. aufgesucht und er dort dessen Haftpflichtversicherung benachrichtigt hat. Auch hierbei würde es sich nur um eine Gefälligkeit und Nachbarschaftshilfe des Beigeladenen zu 1) gegenüber A.G. handeln.

Auch wenn davon auszugehen ist, dass der Beigeladene zu 1) seinen Entschluss, die Nachsuche des verletzten Wildes (wieder) aufzunehmen gefasst hatte, bevor er sich die Verletzung zugezogen hat, stand er im Zeitpunkt des Unfalls nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dabei kann es dahinstehen, ob sich der Unfall auf der Außentreppe nach dem Verlassen des Hauses oder aber im Hof von A.G. ereignet hat.

Zu Recht hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass eine Fahrt, die zunächst allein aus betriebsfremden Zwecken durchgeführt wird, als Einheit zu behandeln ist. Dies bedeutet, dass das, was für die Hinfahrt zum Ort einer dem persönlichen Lebensbereich zuzurechnenden Betätigung gilt, auch für die Rückfahrt gilt (BSG, Urteil vom 30.07.1958 – Az.: 2 RU 325/55, BSGE 8, 53, 55 sowie BSG, Urteil vom 08.12.1988 – Az.: 2 RU 15/88, SozR 1500 § 75 Nr 74).

Bei dieser Sachlage kann es dahinstehen, wie es zu beurteilen ist, dass der gegenüber dem Beigeladenen zu 1) erlassene Bescheid vom 22.03.2005, mit dem die Klägerin das Vorliegen eines Arbeitsunfalls abgelehnt hat, bestandskräftig ist.

Eine Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2) ist ebenfalls nicht gegeben. Dies wäre nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII nur dann der Fall, wenn sich der Unfall ereignet hätte, weil der Beigeladene zu 1) bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe geleistet oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit gerettet hätte.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.

Nach dem Gesetzeszweck des § 2 Abs. 1 Nr. 13 a SGB VII soll fremdnütziges Verhalten durch die Gewährung von Versicherungsschutz belohnt werden. Der Tatbestand der Hilfeleistung bei gemeiner Gefahr erfordert, dass ein Zustand besteht, in dem nach den objektiven Umständen der Eintritt eines Schadens als wahrscheinlich gelten kann (BSG SozR 3-2200 § 539 Nr. 19 m.w.N.). Eine gemeine Gefahr ist gegeben, wenn sie die Allgemeinheit bedroht (BSG a.a.O.). Dies ist bereits dann der Fall, wenn sie in einem Bereich droht, welche der Allgemeinheit zugänglich ist und zumindest eine einzige Person in diesen Bereich gerät oder gefährdet erscheint (BSG a.a.O.). Eine Gefahr für die Gesundheit ist anzunehmen, wenn der gefahrenenthaltende Vorgang sich im Fall seiner Verwirklichung schädi-gend auf die Gesundheit auswirken wird. Durch den Begriff "erheblich" werden Bagatellfälle ausgeschlossen (vgl. Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 2 RdNr. 25.10 m.w.N.).

Beide Tatbestandsalternativen sind vorliegend nicht erfüllt. Eine Hilfeleistung des Beigeladenen zu 1) war nach Maßgabe dieser Grundsätze nicht erforderlich. Er musste den Verunfallten A.G. insbesondere nicht nach Hause fahren, um einen Schaden für dessen Gesundheit abzuwenden oder zu verhindern. A.G. hatte bei dem Verkehrsunfall keine Verletzungen erlitten, die ein entsprechendes Handeln des Beigeladenen zu 1) erforderten. A.G. hatte sich von dem unfallbedingten Schreck schnell erholt und war in der Lage, ein paar Stunden später mit Hilfe sei-nes Cousins sein Fahrzeug mit einem Traktor von der Unfallstelle zu holen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 2. Hbs. SGG i.V.m § 193 Abs. 4 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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