Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Koblenz (RPF)
Aktenzeichen
S 17 R 985/10
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 4 R 487/11
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Neuvergabe einer Versicherungsnummer ist im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage erreichbar.
2. Eine "erste Angabe" i. S. d. § 33a Abs. 1 SGB I liegt auch vor, wenn der Versicherte zunächst unter einer Scheinidentität auftrat, um seine Abschiebung zu verhindern, sodass bei späterer Offenbarung der zutreffenden Personaldaten eine Abweichung vom zunächst angegebenen Geburtsdatums im Bereich des Sozialrechts nur unter den Voraussetzungen des § 33a Abs. 2 SGB I erfolgen darf.
3. Ein anderes Geburtsdatum ergibt sich auch dann aus einer Alturkunde i. S. d. § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I, wenn die Urkunde zwar das Geburtsdatum nicht nennt, wohl aber belegt, dass eine Person zu einem bestimmten Zeitpunkt gelebt hat (Schulabschluss) und aus diesem Umstand sowie weiterer allgemein zugänglicher Erkenntnisse (regelmäßiges Einschulungsalter und Dauer der Schulzeit) auf ein Geburtsdatum zurückgerechnet werden kann.
2. Eine "erste Angabe" i. S. d. § 33a Abs. 1 SGB I liegt auch vor, wenn der Versicherte zunächst unter einer Scheinidentität auftrat, um seine Abschiebung zu verhindern, sodass bei späterer Offenbarung der zutreffenden Personaldaten eine Abweichung vom zunächst angegebenen Geburtsdatums im Bereich des Sozialrechts nur unter den Voraussetzungen des § 33a Abs. 2 SGB I erfolgen darf.
3. Ein anderes Geburtsdatum ergibt sich auch dann aus einer Alturkunde i. S. d. § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I, wenn die Urkunde zwar das Geburtsdatum nicht nennt, wohl aber belegt, dass eine Person zu einem bestimmten Zeitpunkt gelebt hat (Schulabschluss) und aus diesem Umstand sowie weiterer allgemein zugänglicher Erkenntnisse (regelmäßiges Einschulungsalter und Dauer der Schulzeit) auf ein Geburtsdatum zurückgerechnet werden kann.
1. Auf die Berufung der Klägerin wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Koblenz vom 12.09.2011 S 17 R 985/10 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheids vom 27.07.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.10.2010 verpflichtet, der Klägerin eine neue Versicherungsnummer zu vergeben und dabei an den Stellen 3 bis 8 das Geburtsdatum ...1977 aufzunehmen.
2. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer neuen Versicherungsnummer (VNr), in der als Geburtsdatum der ausgewiesen ist.
Die Klägerin reiste - vermutlich im Laufe des Jahres 2000 - unerlaubt in das Bundesgebiet ein. Sie wurde am 02.11.2000 in einem H Großbordell angetroffen, konnte sich nicht ausweisen und gab an, sie heiße " ", sei am geboren und sudanesische Staatsangehörige. Sie wurde daraufhin dem Kinder- und Jugendnotdienst der Stadt H übergeben, verschwand aber aus der Aufnahmestelle. Ermittlungen ergaben, dass sie sich schon seit dem 30.06.2000 in dem Großbordell aufgehalten hatte.
Am 12.07.2000 wurde die Klägerin in einem Bordell in E festgenommen. Sie gab dabei die Personaldaten wie zuvor an und berief sich auf ein Verfolgungsschicksal. Daraufhin brachte man sie zur Aufnahmestelle für Asylbewerber nach D , von wo aus sie zur Stellung eines Asylantrags nach T umverteilt wurde. Dort meldete sie sich nicht, sondern tauchte erneut unter. Am 25.02.2003 wurde sie in einem Bordell in F festgenommen, wo sie sich zunächst mit niederländischem Pass einer anderen Person auswies, dann aber die bereits zuvor verwandten Personaldaten angab. Der erneuten Aufforderung, in der Aufnahmeeinrichtung T einen Asylantrag zu stellen, kam sie nicht nach und tauchte unter. Am 08.05.2003 wurde sie in einem Bordell in E festgenommen und durch Beschluss des Amtsgerichts E vom folgenden Tag in Abschiebehaft genommen. Dort stellte sie am 23.05.2003 einen Asylantrag, den das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (heute Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) durch Bescheid vom 17.06.2003 als offensichtlich unbegründet abgelehnte. Nachdem das Verwaltungsgericht T am 17.05.2003 den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt hatte, war die Klägerin vollziehbar ausreisepflichtig. Eine Abschiebung scheiterte in der Folgezeit wegen fehlender Ausreisepapiere, und sie wurde aufgrund Beschlusses des OLG H vom 08.07.2003 aus der Haft entlassen.
Im Rahmen der Bemühungen zur Beschaffung von Heimreisedokumenten führte man die Klägerin am 12.01.2005 bei der Botschaft der Republik Sudan in B vor. Dort schloss man eine sudanesische Staatsangehörigkeit der Klägerin ausdrücklich aus und vermutete, sie sei Nigerianerin. Die Klägerin behauptete dennoch weiterhin, aus dem Sudan zu stammen.
Antragsgemäß erhielt die Klägerin eine eingeschränkte Arbeitserlaubnis ab dem 15.09.2005. Auf der Grundlage der von ihr bis dahin verwendeten Personaldaten erhielt die Klägerin am 05.10.2005 von der Beklagten die Rentenversicherungsnummer 56 060284 L 520.
Am ...2006 wurde die Tochter der Klägerin und des deutschen Staatsangehörigen C M geboren. Herr M erkannte die Vaterschaft im März 2008 an und wies sie später durch einen Gentest nach. Das Kind ist inzwischen als deutsche Staatsangehörige anerkannt. Die Klägerin besitzt seit dem 28.07.2010 eine Aufenthaltserlaubnis.
Im Juli 2006 teilte die Klägerin der zuständigen Ausländerbehörde mit, ihre Personaldaten seien unzutreffend. Sie heiße in Wirklichkeit P I , sei am geboren und nigerianische Staatsangehörige. Eine entsprechende Geburtsurkunde stellte die nationale Einwohnermeldekommission B N am 21.02.2006 auf Grund der beeideten Alterserklärung der Mutter der Klägerin vom 17.02.2006 aus. In ihrem nigerianischen Pass vom 29.08.2006 ist als Geburtsdatum dementsprechend der angegeben.
Durch Urteil des Amtsgerichts Mayen vom 03.09.2007 wurde die Klägerin u.a. wegen mittelbarer Falschbeurkundung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Am 15.10.2009 vergab die Beklagte der Klägerin auf der Grundlage der Personaldaten im nigerianischen Pass die Rentenversicherungsnummer 56 030275 I 505.
Am 17.12.2009 beantragte die Klägerin bei der Auskunfts- und Beratungsstelle K der Deutschen Rentenversicherung die Ausstellung eines Sozialversicherungsausweises und legte dabei den Versicherungsausweis mit der Nummer 56 060284 L 520 auf den Namen R L vor. Zur Prüfung der Versicherungsnummer forderte die Beklagte von der Klägerin Urkunden ihres Heimatlandes an, aus denen das Geburtsdatum hervorgeht und deren Originale vor dem 04.10.2005 ausgestellt wurden. Trotz Erinnerungsschreiben legte die Klägerin keine Unterlagen vor.
Die Beklagte legte die Versicherungsnummer 56 060284 L 520 still und lehnte mit Bescheid vom 27.07.2010 eine Abänderung des Geburtsdatums ab, da keine Urkunde vorgelegt worden sei, die zeitlich vor der ersten Angabe des Geburtsdatums gegenüber einem deutschen Sozialleistungsträger datiere und die ein früheres Geburtsdatum enthalte. Die von der Klägerin übersandten Unterlagen könnten als Nachweise nicht berücksichtigt werden, da bei der Ausstellung dieser Urkunden das Geburtsdatum lediglich übertragen worden sei, ohne eine allgemeine verbindliche Feststellung des Geburtsdatums getroffen zu haben. In der Versicherungsnummer werde daher auch weiterhin als Geburtsdatum der 06.02.1984 gespeichert.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 14.10.2007 zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die zum Nachweis des Geburtsdatums am 21.02.2006 ausgestellte Erklärung vor dem Berufungsgericht des Staates E in N liege zeitlich nach der ersten Angabe ihres Geburtsdatums gegenüber einem deutschen Sozialleistungsträger am 05.10.2005, sodass die Voraussetzungen zur Abänderung des Geburtsdatums nicht erfüllt seien.
Hiergegen hat die Klägerin am 09.11.2010 Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, sie sei tatsächlich nicht am sondern schon am geboren. Da sie tatsächlich ca. elf Jahre älter sei, als bei der Beklagten vermerkt, ergäbe sich für sie ein Renteneintrittsalter von fast 80 Jahren. Hierdurch würde sie massive Probleme in ihrer Altersversorgung bekommen, die auch auf ihren Lebensgefährten zurückschlügen. Sie sei nicht in der Lage, ein konkretes Geburtsdatum mit einer vor dem 05.10.2005 ausgestellten Urkunde zu beweisen. Sie könne aber beweisen, dass sie im Jahr 1979 mit den Geburtsdaten 1972 bei ihrer Einschulung geführt worden sei. In einer - in Kopie vorgelegten - Schülerliste, die aus dem Jahr 1979 stamme, sei sie unter Ziffer 3/57 im Jahrgang 1972 mit dem Einschulungsdatum 07.09.1979 unter dem Namen "P I " eingetragen. Dass die Klägerin damit nicht mit sechs, sondern mit sieben Jahren, tatsächlich aber mit viereinhalb Jahren eingeschult worden sei, sei nicht ungewöhnlich und könnte keine Zweifel an der Urkunde hervorrufen. Durch diese Urkunde sei als Geburtsdatum ein unbekannter Tag im Jahr 1972 belegt, sodass wohl der 01.01.1972 anzunehmen wäre. Das vorhandene Geburtsdatum werde widerlegt, da die Klägerin nicht 1979 eingeschult worden sein könne, wenn sie erst fünf Jahre später geboren worden wäre. Abgesehen davon bestünden gegen die starre Vorschrift des § 33a Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) verfassungsrechtliche Bedenken. Schließlich sei die damalige Anmeldung der Klägerin beim Sozialleistungsträger nicht als erste Anmeldung zu werten, da sich die Klägerin damals auf Anraten von Schleppern mit ihrer falschen Identität gemeldet habe und diese Daten mit ihrer Alias-Identität verknüpft seien. Die fehlerhafte Identität habe die Klägerin zunächst weitergeführt, um straf- und asylrechtlichen Konsequenzen zu entgehen. Als erste Anmeldung im sozialrechtlichen Sinn sei der Antrag unter Angabe ihrer tatsächlichen Identität zu verstehen. Deshalb sei die Geburtsurkunde vom 17.02.2006, die das korrekte Geburtsdatum vom aufweise, ein ausreichender Nachweis für das tatsächliche Geburtsdatum der Klägerin. Es sei zudem widersprüchlich, wenn die Beklagte Name und Geburtsland entsprechend der korrekten Identität ändern, bezüglich des Geburtsdatums aber auf Beibehaltung der ursprünglichen Angabe beharren würde. Sie verfüge zudem über jüngere Geschwister in N , die ebenfalls vor 1986 geboren worden seien. Diese könnten zeugenschaftlich deren eigene Geburtsdaten sowie die Tatsache bekunden, dass die Klägerin vor ihnen geboren wurde.
Mit Schreiben vom 21.02.2011 legte die Klägerin die Kopie einer Schulabschlussurkunde mit Ausstellungsdatum 28.11.1989 vor. Als Aussteller geht die A U hervor. Der Abschluss sei am 09.09.1989 erreicht worden. Ergänzend trug die Klägerin vor, ihre Einschulung sei mit sechs Jahren erfolgt, der Schulbesuch betrage sechs Jahre, zwei Schuljahre habe sie wiederholen müssen, sodass sich ein Geburtsdatum 14 Jahre vor Abschluss der Schule errechne. Mit Schulabschluss im Jahr 1989 sei damit 1975 als Geburtsdatum bestätigt. Bestätigt sei auch die Unrichtigkeit des eingetragenen Geburtsjahres, da sie nicht im Jahr 1989 einen Schulabschluss gemacht haben könne, wenn sie 1984 geboren sei.
Das Sozialgericht Koblenz (SG) hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 12.09.2011 S 17 R 985/10 abgewiesen. Die Klägerin habe den Nachweis, zu einem früheren Zeitpunkt, als den bei der Erstvergabe ihrer Versicherungsnummer angegebenen, geboren zu sein, nicht erbracht. Sämtliche Urkunden, die sie vorgelegt habe, datierten nach dem 05.10.2005. Diese könnten nach Sinn und Zweck der Regelung des § 33a SGB I nicht berücksichtigt werden. Der Gesetzgeber habe die Anknüpfung an das wahre Geburtsdatum aufgegeben und das im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs für altersabhängige Rechte und Pflichten maßgebliche Geburtsdatum eigenständig definiert.
Gegen den am 21.09.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 21.10.2011 Berufung eingelegt.
Sie trägt vor, § 32a Abs. 2 SGB I müsse verfassungskonform ausgelegt werden. Sie wäre wegen des zu Grunde gelegten Geburtsdatums gezwungen, bis zu einem Lebensalter von ca. 78 Jahren weiter zu arbeiten und würde damit in ganz erheblichem Umfang in ihren Grundrechten betroffen. Sie würde durch die falsche Bestimmung des Renteneintrittsalters mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Altersarmut konfrontiert werden. Die entgegenstehenden Interessen des Staates seien demgegenüber nachrangig. Eine Abänderung müsse möglich sein, wenn aus echten, vor der Feststellung des angegriffenen Rentenalters datierten Urkunden zwingend folge, dass das Rentenalter falsch sei und das richtige Rentenalter zumindest insoweit eingegrenzt werden könne, dass mit Sicherheit kein zu früher Renteneintritt erfolge. Die von ihr vorgelegte Schulliste sei eine ältere Urkunde. Daraus folge zwar nicht das genaue Geburtsdatum, allerdings das Geburtsjahr 1975. Aus der Schulurkunde folge, dass die Klägerin am 09.09.1989 den Schulabschluss gemacht habe. Das festgesetzte Geburtsjahr 1985 müsse daher falsch sein. Es verstoße gegen Grundsätze von Fairness und Logik, wenn die vorher geführte Scheinidentität in Bezug auf den Namen und andere Angaben richtiggestellt, das Geburtsdatum aber beibehalten werde. Ihre "frühere Rentenidentität" unter dem Alias-Namen " " mit dem Geburtsdatum 1984 sei vollständig zu löschen und eine neue Rechtsidentität mit tatsächlichem Namen und Geburtsdatum 1975 zu erstellen.
Der Senat hat darauf hingewiesen, dass die Wiederholung von zwei Klassen nicht durch Urkunden belegt ist; auf seine Anforderung hat die Klägerin das Original des von der A , U , N , ausgestellten Abschlusszeugnisses vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Koblenz vom 12.09.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 27.07.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.10.2010 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, eine neue Versicherungsnummer unter Berücksichtigung des Geburtsdatums zu vergeben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist die Beklagte auf die angegriffene Entscheidung und angefochtenen Bescheide.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Ausländerbehörde Bezug genommen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht Koblenz (SG) die Klage abgewiesen. Der angefochtene Ablehnungsbescheid vom 27.07.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.10.2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte ist verpflichtet, für die Klägerin eine Versicherungsnummer (VNr.) zu vergeben, wobei die Ziffern die Stellen drei bis acht für das sozialrechtlich relevante Geburtsdatum bilden.
Die Berufung ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt. Richtige Klageart für das Begehren der Klägerin ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG), da jedenfalls die Neuvergabe einer VNr. einen Verwaltungsakt darstellt (Bundessozialgericht BSG , Urteil vom 05.04.2001 B 13 RJ 35/00 R , juris Rn. 15). Schon durch die Neuvergabe einer VNr. wird das eigentliche Klageziel erreicht, ein neu festgestelltes Geburtsdatum für den Leistungsfall zu Grunde zu legen, da auf Grund des nach § 33a Abs. 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch Allgemeiner Teil (SGB I) im Rentenrecht ein enger Zusammenhang zwischen Versicherungsnummer und Geburtsdatum als Grundlage für den Leistungsfall besteht, sodass eine solche Entscheidung nur einheitlich ergehen kann (BSG, Urteil vom 28.04.2004 B 5 RJ 33/03 R juris, Rn. 17).
Es bedarf keiner Entscheidung, ob die erstmalige Vergabe einer Versicherungsnummer und die Unterrichtung der betroffenen Personen gemäß § 147 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) einen Verwaltungsakt darstellt, da die in diesem Fall eingetretene Bestandskraft gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) beseitigt werden kann (ebenso offen gelassen: BSG, Urteil vom 05.04.2001, aaO, Rn. 16).
Die Klagebefugnis der Klägerin ergibt sich bereits daraus, dass durch ein unrichtiges Geburtsdatum in der Versicherungsnummer ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung beeinträchtigt sein kann (BSG, Urteil vom 05.04.2001, aaO, Rn. 15), was in § 84 SGB X eine grundsätzliche sozialrechtliche Ausgestaltung erfahren hat.
Die Klage ist auch begründet. Der Anspruch auf Neuvergabe bzw. Berichtigung einer Versicherungsnummer richtet sich nach § 147 i.V.m. § 152 Nr. 3 SGB VI sowie den Bestimmungen der auf dieser Grundlage erlassenen Verordnung über die Versicherungsnummer, die Kontoführung und den Versicherungsverlauf in der gesetzlichen Rentenversicherung (Versicherungsnummern-, Kontoführungs- und Versicherungsverlaufsverordnung VKVV).
Nach § 147 Abs. 1 SGB VI kann die Datenstelle des Trägers der Rentenversicherung für Personen eine Versicherungsnummer vergeben, wenn dies zur personenbezogenen Zuordnung der Daten für die Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe nach diesem Gesetzbuch erforderlich oder dies durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmt ist. Für die nach dem SGB VI versicherten Personen hat sie eine Versicherungsnummer zu vergeben. Nach § 147 Abs. 2 SGB VI setzt sich die Versicherungsnummer einer Person aus der Bereichsnummer des zuständigen Trägers der Rentenversicherung, dem Geburtsdatum, dem Anfangsbuchstaben des Geburtsnamens, der Seriennummer, die auch Aussage über das Geschlecht einer Person enthalten darf, und der Prüfziffer, zusammen. § 152 Nr. 3 SGB VI ermächtigt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Zusammensetzung der Versicherungsnummer sowie über ihre Änderung zu bestimmen. Auf dieser Ermächtigungsgrundlage beruht die VKVV, welche in § 1 die Vergabe und in § 2 den Aufbau der Versicherungsnummer näher regelt. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 VKVV bilden der Geburtstag und der Geburtsmonat jeweils zweistellig und die beiden letzten Ziffern des Geburtsjahres der Versicherten die Stellen 3 bis 8. Gemäß § 3 Abs. 1 VKVV wird eine Versicherungsnummer nur einmal vergeben und nicht berichtigt. Versicherungsnummern, in denen u.a. das Geburtsdatum unrichtig ist oder Versicherungsnummern, die auf Grund einer nach § 33a SGB I zu berücksichtigenden Ände¬rung des Geburtsdatums fehlerhaft geworden sind, werden gesperrt. Die Versicherten erhalten eine neue Versicherungsnummer.
Ob eine Versicherungsnummer im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 VKVV unrichtig ist, bestimmt sich nach § 33a SGB I.
Gemäß § 33a Abs. 1 SGB I ist, soweit Rechte und Pflichten davon abhängig sind, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist, das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialleistungsträger oder, soweit es um die nach dem Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) erforderlichen Meldungen geht, gegenüber dem Arbeitgeber ergibt. Von einem nach § 33a Abs. 1 SGB I maßgebenden Geburtsdatum darf nach Abs. 2 nur abgewichen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass ein Schreibfehler vorliegt (§ 33a Abs. 2 Nr. 1 SGB I) oder sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Abs. 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt (§ 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I). Die Absätze 1 und 2 der Vorschrift gelten gemäß dem Absatz 3 auch für Geburtsdaten, die Bestandteil der Versicherungsnummer oder eines anderen in den Sozialleistungsbereichen des Sozialgesetzbuches verwendeten Kennzeichen sind, entsprechend.
Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die Regelung des § 33a Abs. 1 SGB I, die für den Bereich des Sozialgesetzbuches das maßgebliche Geburtsdatum eigenständig definiert, ohne zwingend an das tatsächliche Geburtsdatum anzuknüpfen (BSG, Urteil vom 05.04.2001, aaO, Rn. 32; Weselski in jurisPK-SGB I, 2. Auflage 2011, Stand 01.10.2011, § 33a Rn. 8) weder gegen Verfassungsrecht noch gegen das hier ohnehin nicht einschlägige Gemeinschaftsrecht. Insbesondere liegt weder ein Verstoß gegen das durch Artikel 14 Absatz 1 Grundgesetz GG geschützte Eigentum noch gegen den Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG vor (vgl. mit ausführlicher Begründung: BSG, Urteil vom 19.10.2000 B 8 Kn 3/00 R, juris Rn. 26 bis 41 unter Berufung auf das Urteil vom 31.03.2008 SozR 3 1200 § 33a Nrn. 1 und 2 , wobei sich das BSG in seiner Auffassung dadurch bestätigt sieht, dass das Bundesverfassungsgericht eine insoweit erhobene Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen hat [BVerfG, 1. Senat, 2. Kammer, Beschluss vom 08.10.1998 1 BvR 1227/98]; für das Gemeinschaftsrecht: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Urteil vom 14.03.2000, Sachen K und Ö , C 102/98).
Die erste Angabe der Klägerin gegenüber dem Beklagten sowie anderen Sozialleistungsträgern und Arbeitgebern betraf das Geburtsdatum. Dieses Datum lag der Versicherungsnummer 56 060284 L 520 zu Grunde, die der Klägerin am 04.10.2005 von der Beklagten vergeben wurde. Diese Versicherungsnummer war somit nach § 33a Abs. 1 SGB I als zutreffend anzusehen. Dabei ist unerheblich, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt eine andere Identität vorspiegelte, um eine Abschiebung und strafrechtlichen Konsequenzen zu entgehen. Das ergibt sich schon daraus, dass die Klägerin als Person unter diesen Personaldaten im Rechtsverkehr auftrat und alle Handlungen ihr als Person zuzurechnen sind. So steht zum Beispiel außer Zweifel, dass die Klägerin auch die unter falscher Identität erlangten Versicherungszeiten für sich beansprucht. Wäre die Argumentation der Klägerin zutreffend, wonach die unter falscher Identität erfolgten Angaben nicht ihr sondern einer (nicht existierenden) Scheinidentität zuzurechnen seien, würden Personen besser gestellt, die sämtliche persönlichen Daten falsch angeben und damit eine komplett andere Identität vortäuschen, gegenüber denen, die lediglich ein falsches Geburtsdatum gegenüber einem Sozialleistungsträger angeben. Damit würde der Sinn und Zweck des § 33a Abs. 1 SGB I unterlaufen.
Ein Anspruch auf Neuvergabe der Versicherungsnummer unter dem nunmehr geltend gemachten Geburtsdatum besteht nur dann, wenn das in der Versicherungsnummer verwendet Geburtsdatum nach Maßgabe des § 33a Abs. 2 SGB I unrichtig ist, wobei ein Geburtsdatum danach nicht erst dann fehlerhaft ist, wenn sich nach Tag, Monat und Jahr ein (vollständig) anderes Geburtsdatum ergibt (BSG, Urteil vom 28.04.2004, aaO, juris, Rn. 19 mit Hinweisen auf die frühere Rechtsprechung des BSG).
Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Schreibfehlers im Sinne von § 33a Abs. 2 Nr. 1 SGB I liegen nicht vor. Ein Schreibfehler setzt nach allgemeinem Sprachgebrauch voraus, dass von einer mündlichen oder schriftlichen Vorgabe schriftlich unbewusst abgewichen wird, also sich das Gewollte von dem tatsächlich Geschriebenen unterscheidet. Eine bewusst falsche Angabe kann daher kein Schreibfehler sein (Weselski, a.a.O., Rdnr. 41).
Vorliegend ergibt sich jedoch aus einer älteren Urkunde im Sinne von § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I ein anderes Geburtsdatum. Allerdings ist das von der Klägerin zunächst beanspruchte Geburtsdatum des nicht durch die aufgrund des Gesetzes allein maßgeblichen Urkunden belegt. Zwar weisen der nigerianische Pass der Klägerin und die Geburtsurkunde der National Population Commission, B City, N , dieses Datum als Geburtsdatum der Klägerin aus, doch wurden der Pass der Klägerin erst am 29.08.2006 und die Geburtsurkunde am 17.02.2006 und damit nach Vergabe der Versicherungsnummer am 04.10.2005 ausgestellt. Auch die eidesstattliche Versicherung der Mutter der Klägerin datierte vom 12.02.2006 und ist damit keine allein maßgebliche "Alturkunde" im Sinne des § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I, sodass es nicht darauf ankommt, dass die eidesstattliche Versicherung gemäß der Mitteilung der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland, Außenstelle L vom 16.01.2007 an die Stadtverwaltung in K von einer dritten Person in unzulässiger Stellvertretung namens der lese- und schreibunkundigen Mutter der Klägerin abgegeben wurde.
Ein anderes Geburtsdatum der Klägerin ergibt sich auch nicht aus der in Kopie vorgelegten Schülerliste sowie den Kopien von Auszügen aus Listen der Schulnoten. Zwar muss nicht das Original der Urkunde vorliegen und es kann für die Überzeugungsbildung des Gerichts auch eine Kopie von Bedeutung sein, unabhängig davon, wann diese hergestellt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 05.04.2001, a.a.O., Rn. 24), doch muss das Original, das der Kopie zu Grunde lag, vor dem Zeitpunkt der ersten Angabe im Sinne des § 33a Satz 1 SGB I ausgestellt worden sein. Dies ist nach Überzeugung des Senats nicht erwiesen, da weder die Schülerliste noch die Listen der Schulnoten Datumsangaben enthalten. Somit ist nicht ausreichend belegt, dass es sich dabei um "Alturkunden" im Sinne des § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I handelt.
Eine solche Urkunde stellt aber das im Original von der Klägerin vorgelegte, am 28.11.1989 von der A , U , N , ausgestellte Abschlusszeugnis dar.
Der Urkundenbegriff des § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB muss sich nach allgemeinen Bestimmungen richten, da die Vorschrift keine Beschränkungen auf eine Berücksichtigung nur bestimmter Arten von Urkunden enthält (BSG, Urteil vom 05.04.2001, a.a.O., Rn. 24; BSG, Urteil vom 28.04.2004, a.a.O., Rn. 21). Auch einen "Mindeststandard" für die Beweiskraft ausländischer Urkunden dahingehend, dass als Aussteller lediglich Behörden, Gerichte und sonstige Stellen in Betracht kommen, die erkennbar für die Bestätigung personenstandsrechtlich relevanter Tatsachen zuständig sind (so jedoch Bayerisches LSG, Urteil vom 21.07.2001, L 20 RJ 102/01), kann dem Wortlaut des § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I nicht entnommen werden (BSG, Urteil vom 28.04.2004, a.a.O., Rn. 21; Hessisches LSG, Urteil vom 28.03.2003, a.a.O., Rn. 32). Somit sind Urkunden im vorgenannten Sinn alle durch Niederschrift verkörperten Gedankenerklärungen, die geeignet sind, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen (vgl. BGHZ 65, 300, 301, ff.).
Maßgebend ist, ob zur vollen Überzeugung des Gerichts festgestellt werden kann, dass sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der ersten Abgabe im Sinne des § 33a Abs. 1 SGB I ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt (BSG, Urteil vom 05.04.2001, a.a.O., Rn. 24). Das Bundessozialgericht, dem der Senat folgt, hat weiter dargelegt, dass nach den allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts zu entscheiden ist, ob aus einer älteren Urkunde sich nunmehr ein anderes Geburtsdatum "ergibt" (BSG; Urteil vom 31.01.2002, B 13 RJ 9/01 R). Dabei verlangt § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I nicht, dass das Geburtsdatum als solches in der Urkunde ausdrücklich und vollständig vermerkt ist; es "ergibt" sich aus der Urkunde auch, wenn die durch die Urkunde bewiesenen Tatsachen zur vollen Überzeugung des Gerichts auf ein Abweichen des Geburtsdatum im Sinne des § 33a Abs. 2 SGB I schließen lassen (BSG, Urteil vom 28.04.2004, a.a.O., Rn. 21; Weselski, aaO, Rn. 51). Zu berücksichtigen ist auch, dass der Gesetzgeber mit § 33a SGB I die unbedingte Anknüpfung an das "wahre" Geburtsdatum aufgegeben hat (Weselski, a.a.O., Rn. 8, m.w.N.). Um die besonders verwaltungsintensive Prüfung, die vor Inkrafttreten des § 33a SGB I häufig zur Ermittlung des tatsächlichen Geburtsdatums erforderlich war, zu vermeiden, wird das im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs maßgebliche Geburtsdatum somit nun eigenständig definiert. Deshalb ist auch bei der Prüfung, ob sich aus einer älteren Urkunde ein von der ersten Abgabe abweichendes Geburtsdatum ergibt, nicht unbedingt das historische Datum der Geburt zu ermitteln. Das gemäß § 33a Abs. 1 SGB I auf Grund der ersten Angabe maßgebende Geburtsdatum ist immer dann durch ein älteres Geburts¬datum zu ersetzen, das sich aus einer älteren Urkunde ergibt, wenn die ältere Urkunde ihrem Charakter nach besser als die Regel des § 33a Abs. 1SGB I geeignet ist, die Richtigkeit des darin angegebenen bzw. des sich hieraus ergebenden Geburtsdatums zu belegen (so auch: Hessisches LSG, Urteil vom 28.03.2003, a.a.O., Rn. 34).
Das Original des Abschlusszeugnisses der Klägerin ist taugliches Beweismittel im Sinne der vorgenannten Vorschrift, da es am 28.11.1989 und damit zu einem Zeitpunkt ausgestellt wurde, bevor die Klägerin im Jahr 2005 erstmals gegenüber einem Sozialleistungsträger den ...1984 als Tag ihrer Geburt angegeben hat.
An der Echtheit des Schulabschlusszeugnisses bestehen nach Auffassung des Senats keine Zweifel. Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland, Außenstelle L , hat nach Überprüfung der vom Standesamt Koblenz übersandten Perso¬nenstandsurkunden der Klägerin im Schreiben vom 16.01.2007 der Stadt Koblenz mitgeteilt, dass befragte Referenzpersonen den Besuch der A im Ort U durch die Klägerin bestätigt hätten. In den entsprechenden Schulregistern sei der Name der Klägerin festgestellt worden. Als Ende des Schulbesuchs sei das Jahr 1989 verzeichnet. Zugleich sei zur Überzeugung der Außenstelle erwiesen, dass das genauere Geburtsdatum der Klägerin nicht mehr bekannt sei.
Allerdings geht aus dem Schulabschlusszeugnis nicht hervor, dass die Klägerin, wie vorgetragen, am 03.02.1975 geboren ist. Aus dem belegten Abschluss der P am 09.09.1989 und unter Berücksichtigung des in N allgemein geltenden Einschulungsalters von sechs Jahren sowie einem regelmäßigen sechsjährigen Schulbesuch steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin mindestens zwölf Jahre vor dem 09.09.1989 gelebt hat. Das Geburtsdatum , das die Klägerin ursprünglich gegenüber der Beklagten angegeben hatte, ist unrichtig, da die Klägerin offensichtlich nicht im Alter von fünf Jahren einen Schulabschluss erreicht haben kann. Folglich ergibt sich aus dieser Urkunde "ein anderes Geburtsdatum". Lässt sich mit Hilfe einer "Alturkunde" im Sinne des § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I beweisen, dass die betroffene Person mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits zu einem bestimmten Tag gelebt hat, so ist zumindest dieser Tag als Geburtstag zu Grunde zu legen (so auch Hessisches LSG, a.a.O., Rn. 38).
Da der weitere Vortrag der Klägerin, wonach sie zwei Schuljahre der P wiederholen musste, nach Auffassung des Senats nicht ausreichend belegt ist, steht zur Überzeugung des Senats lediglich fest, dass sie am 09.09.1977 gelebt und dieses Datum jedenfalls zeitnäher an dem tatsächlichen Geburtsdatum der Klägerin liegt und daher "richtiger" als das bisher angegebene und von der Beklagten angenommene Geburtsdatum ist. Mit Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte sowie dem vorstehend genannten Sinn und Zweck des § 33a SGB I wäre es nicht zu vereinbaren, die Klägerin an dem nachweislich falschen Geburtsdatum festzuhalten und dieser damit gleichzeitig zu verwehren, ihre Altersrente "rechtzeitig" mit der Erfüllung der Altersvoraussetzungen in Anspruch zu nehmen, nur weil das historisch richtige Geburtsdatum nicht auf Tag und Monat genau aus der Alturkunde folgte. Der Senat schließt sich insofern der Auffassung des hessischen Landessozialgerichts an, wonach dies auch das grundrechtlich geschützte soziale Eigentumsrecht der Klägerin auf Auszahlung der zur gegebenen Zeit zustehenden Rente gebietet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Revisionszulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 Nummern 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
2. Die Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer neuen Versicherungsnummer (VNr), in der als Geburtsdatum der ausgewiesen ist.
Die Klägerin reiste - vermutlich im Laufe des Jahres 2000 - unerlaubt in das Bundesgebiet ein. Sie wurde am 02.11.2000 in einem H Großbordell angetroffen, konnte sich nicht ausweisen und gab an, sie heiße " ", sei am geboren und sudanesische Staatsangehörige. Sie wurde daraufhin dem Kinder- und Jugendnotdienst der Stadt H übergeben, verschwand aber aus der Aufnahmestelle. Ermittlungen ergaben, dass sie sich schon seit dem 30.06.2000 in dem Großbordell aufgehalten hatte.
Am 12.07.2000 wurde die Klägerin in einem Bordell in E festgenommen. Sie gab dabei die Personaldaten wie zuvor an und berief sich auf ein Verfolgungsschicksal. Daraufhin brachte man sie zur Aufnahmestelle für Asylbewerber nach D , von wo aus sie zur Stellung eines Asylantrags nach T umverteilt wurde. Dort meldete sie sich nicht, sondern tauchte erneut unter. Am 25.02.2003 wurde sie in einem Bordell in F festgenommen, wo sie sich zunächst mit niederländischem Pass einer anderen Person auswies, dann aber die bereits zuvor verwandten Personaldaten angab. Der erneuten Aufforderung, in der Aufnahmeeinrichtung T einen Asylantrag zu stellen, kam sie nicht nach und tauchte unter. Am 08.05.2003 wurde sie in einem Bordell in E festgenommen und durch Beschluss des Amtsgerichts E vom folgenden Tag in Abschiebehaft genommen. Dort stellte sie am 23.05.2003 einen Asylantrag, den das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (heute Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) durch Bescheid vom 17.06.2003 als offensichtlich unbegründet abgelehnte. Nachdem das Verwaltungsgericht T am 17.05.2003 den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt hatte, war die Klägerin vollziehbar ausreisepflichtig. Eine Abschiebung scheiterte in der Folgezeit wegen fehlender Ausreisepapiere, und sie wurde aufgrund Beschlusses des OLG H vom 08.07.2003 aus der Haft entlassen.
Im Rahmen der Bemühungen zur Beschaffung von Heimreisedokumenten führte man die Klägerin am 12.01.2005 bei der Botschaft der Republik Sudan in B vor. Dort schloss man eine sudanesische Staatsangehörigkeit der Klägerin ausdrücklich aus und vermutete, sie sei Nigerianerin. Die Klägerin behauptete dennoch weiterhin, aus dem Sudan zu stammen.
Antragsgemäß erhielt die Klägerin eine eingeschränkte Arbeitserlaubnis ab dem 15.09.2005. Auf der Grundlage der von ihr bis dahin verwendeten Personaldaten erhielt die Klägerin am 05.10.2005 von der Beklagten die Rentenversicherungsnummer 56 060284 L 520.
Am ...2006 wurde die Tochter der Klägerin und des deutschen Staatsangehörigen C M geboren. Herr M erkannte die Vaterschaft im März 2008 an und wies sie später durch einen Gentest nach. Das Kind ist inzwischen als deutsche Staatsangehörige anerkannt. Die Klägerin besitzt seit dem 28.07.2010 eine Aufenthaltserlaubnis.
Im Juli 2006 teilte die Klägerin der zuständigen Ausländerbehörde mit, ihre Personaldaten seien unzutreffend. Sie heiße in Wirklichkeit P I , sei am geboren und nigerianische Staatsangehörige. Eine entsprechende Geburtsurkunde stellte die nationale Einwohnermeldekommission B N am 21.02.2006 auf Grund der beeideten Alterserklärung der Mutter der Klägerin vom 17.02.2006 aus. In ihrem nigerianischen Pass vom 29.08.2006 ist als Geburtsdatum dementsprechend der angegeben.
Durch Urteil des Amtsgerichts Mayen vom 03.09.2007 wurde die Klägerin u.a. wegen mittelbarer Falschbeurkundung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Am 15.10.2009 vergab die Beklagte der Klägerin auf der Grundlage der Personaldaten im nigerianischen Pass die Rentenversicherungsnummer 56 030275 I 505.
Am 17.12.2009 beantragte die Klägerin bei der Auskunfts- und Beratungsstelle K der Deutschen Rentenversicherung die Ausstellung eines Sozialversicherungsausweises und legte dabei den Versicherungsausweis mit der Nummer 56 060284 L 520 auf den Namen R L vor. Zur Prüfung der Versicherungsnummer forderte die Beklagte von der Klägerin Urkunden ihres Heimatlandes an, aus denen das Geburtsdatum hervorgeht und deren Originale vor dem 04.10.2005 ausgestellt wurden. Trotz Erinnerungsschreiben legte die Klägerin keine Unterlagen vor.
Die Beklagte legte die Versicherungsnummer 56 060284 L 520 still und lehnte mit Bescheid vom 27.07.2010 eine Abänderung des Geburtsdatums ab, da keine Urkunde vorgelegt worden sei, die zeitlich vor der ersten Angabe des Geburtsdatums gegenüber einem deutschen Sozialleistungsträger datiere und die ein früheres Geburtsdatum enthalte. Die von der Klägerin übersandten Unterlagen könnten als Nachweise nicht berücksichtigt werden, da bei der Ausstellung dieser Urkunden das Geburtsdatum lediglich übertragen worden sei, ohne eine allgemeine verbindliche Feststellung des Geburtsdatums getroffen zu haben. In der Versicherungsnummer werde daher auch weiterhin als Geburtsdatum der 06.02.1984 gespeichert.
Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 14.10.2007 zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die zum Nachweis des Geburtsdatums am 21.02.2006 ausgestellte Erklärung vor dem Berufungsgericht des Staates E in N liege zeitlich nach der ersten Angabe ihres Geburtsdatums gegenüber einem deutschen Sozialleistungsträger am 05.10.2005, sodass die Voraussetzungen zur Abänderung des Geburtsdatums nicht erfüllt seien.
Hiergegen hat die Klägerin am 09.11.2010 Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt, sie sei tatsächlich nicht am sondern schon am geboren. Da sie tatsächlich ca. elf Jahre älter sei, als bei der Beklagten vermerkt, ergäbe sich für sie ein Renteneintrittsalter von fast 80 Jahren. Hierdurch würde sie massive Probleme in ihrer Altersversorgung bekommen, die auch auf ihren Lebensgefährten zurückschlügen. Sie sei nicht in der Lage, ein konkretes Geburtsdatum mit einer vor dem 05.10.2005 ausgestellten Urkunde zu beweisen. Sie könne aber beweisen, dass sie im Jahr 1979 mit den Geburtsdaten 1972 bei ihrer Einschulung geführt worden sei. In einer - in Kopie vorgelegten - Schülerliste, die aus dem Jahr 1979 stamme, sei sie unter Ziffer 3/57 im Jahrgang 1972 mit dem Einschulungsdatum 07.09.1979 unter dem Namen "P I " eingetragen. Dass die Klägerin damit nicht mit sechs, sondern mit sieben Jahren, tatsächlich aber mit viereinhalb Jahren eingeschult worden sei, sei nicht ungewöhnlich und könnte keine Zweifel an der Urkunde hervorrufen. Durch diese Urkunde sei als Geburtsdatum ein unbekannter Tag im Jahr 1972 belegt, sodass wohl der 01.01.1972 anzunehmen wäre. Das vorhandene Geburtsdatum werde widerlegt, da die Klägerin nicht 1979 eingeschult worden sein könne, wenn sie erst fünf Jahre später geboren worden wäre. Abgesehen davon bestünden gegen die starre Vorschrift des § 33a Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - (SGB I) verfassungsrechtliche Bedenken. Schließlich sei die damalige Anmeldung der Klägerin beim Sozialleistungsträger nicht als erste Anmeldung zu werten, da sich die Klägerin damals auf Anraten von Schleppern mit ihrer falschen Identität gemeldet habe und diese Daten mit ihrer Alias-Identität verknüpft seien. Die fehlerhafte Identität habe die Klägerin zunächst weitergeführt, um straf- und asylrechtlichen Konsequenzen zu entgehen. Als erste Anmeldung im sozialrechtlichen Sinn sei der Antrag unter Angabe ihrer tatsächlichen Identität zu verstehen. Deshalb sei die Geburtsurkunde vom 17.02.2006, die das korrekte Geburtsdatum vom aufweise, ein ausreichender Nachweis für das tatsächliche Geburtsdatum der Klägerin. Es sei zudem widersprüchlich, wenn die Beklagte Name und Geburtsland entsprechend der korrekten Identität ändern, bezüglich des Geburtsdatums aber auf Beibehaltung der ursprünglichen Angabe beharren würde. Sie verfüge zudem über jüngere Geschwister in N , die ebenfalls vor 1986 geboren worden seien. Diese könnten zeugenschaftlich deren eigene Geburtsdaten sowie die Tatsache bekunden, dass die Klägerin vor ihnen geboren wurde.
Mit Schreiben vom 21.02.2011 legte die Klägerin die Kopie einer Schulabschlussurkunde mit Ausstellungsdatum 28.11.1989 vor. Als Aussteller geht die A U hervor. Der Abschluss sei am 09.09.1989 erreicht worden. Ergänzend trug die Klägerin vor, ihre Einschulung sei mit sechs Jahren erfolgt, der Schulbesuch betrage sechs Jahre, zwei Schuljahre habe sie wiederholen müssen, sodass sich ein Geburtsdatum 14 Jahre vor Abschluss der Schule errechne. Mit Schulabschluss im Jahr 1989 sei damit 1975 als Geburtsdatum bestätigt. Bestätigt sei auch die Unrichtigkeit des eingetragenen Geburtsjahres, da sie nicht im Jahr 1989 einen Schulabschluss gemacht haben könne, wenn sie 1984 geboren sei.
Das Sozialgericht Koblenz (SG) hat die Klage durch Gerichtsbescheid vom 12.09.2011 S 17 R 985/10 abgewiesen. Die Klägerin habe den Nachweis, zu einem früheren Zeitpunkt, als den bei der Erstvergabe ihrer Versicherungsnummer angegebenen, geboren zu sein, nicht erbracht. Sämtliche Urkunden, die sie vorgelegt habe, datierten nach dem 05.10.2005. Diese könnten nach Sinn und Zweck der Regelung des § 33a SGB I nicht berücksichtigt werden. Der Gesetzgeber habe die Anknüpfung an das wahre Geburtsdatum aufgegeben und das im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs für altersabhängige Rechte und Pflichten maßgebliche Geburtsdatum eigenständig definiert.
Gegen den am 21.09.2011 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 21.10.2011 Berufung eingelegt.
Sie trägt vor, § 32a Abs. 2 SGB I müsse verfassungskonform ausgelegt werden. Sie wäre wegen des zu Grunde gelegten Geburtsdatums gezwungen, bis zu einem Lebensalter von ca. 78 Jahren weiter zu arbeiten und würde damit in ganz erheblichem Umfang in ihren Grundrechten betroffen. Sie würde durch die falsche Bestimmung des Renteneintrittsalters mit hoher Wahrscheinlichkeit mit Altersarmut konfrontiert werden. Die entgegenstehenden Interessen des Staates seien demgegenüber nachrangig. Eine Abänderung müsse möglich sein, wenn aus echten, vor der Feststellung des angegriffenen Rentenalters datierten Urkunden zwingend folge, dass das Rentenalter falsch sei und das richtige Rentenalter zumindest insoweit eingegrenzt werden könne, dass mit Sicherheit kein zu früher Renteneintritt erfolge. Die von ihr vorgelegte Schulliste sei eine ältere Urkunde. Daraus folge zwar nicht das genaue Geburtsdatum, allerdings das Geburtsjahr 1975. Aus der Schulurkunde folge, dass die Klägerin am 09.09.1989 den Schulabschluss gemacht habe. Das festgesetzte Geburtsjahr 1985 müsse daher falsch sein. Es verstoße gegen Grundsätze von Fairness und Logik, wenn die vorher geführte Scheinidentität in Bezug auf den Namen und andere Angaben richtiggestellt, das Geburtsdatum aber beibehalten werde. Ihre "frühere Rentenidentität" unter dem Alias-Namen " " mit dem Geburtsdatum 1984 sei vollständig zu löschen und eine neue Rechtsidentität mit tatsächlichem Namen und Geburtsdatum 1975 zu erstellen.
Der Senat hat darauf hingewiesen, dass die Wiederholung von zwei Klassen nicht durch Urkunden belegt ist; auf seine Anforderung hat die Klägerin das Original des von der A , U , N , ausgestellten Abschlusszeugnisses vorgelegt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Koblenz vom 12.09.2011 und den Bescheid der Beklagten vom 27.07.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.10.2010 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, eine neue Versicherungsnummer unter Berücksichtigung des Geburtsdatums zu vergeben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist die Beklagte auf die angegriffene Entscheidung und angefochtenen Bescheide.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Ausländerbehörde Bezug genommen. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig und begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht Koblenz (SG) die Klage abgewiesen. Der angefochtene Ablehnungsbescheid vom 27.07.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.10.2010 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Beklagte ist verpflichtet, für die Klägerin eine Versicherungsnummer (VNr.) zu vergeben, wobei die Ziffern die Stellen drei bis acht für das sozialrechtlich relevante Geburtsdatum bilden.
Die Berufung ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt. Richtige Klageart für das Begehren der Klägerin ist die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG), da jedenfalls die Neuvergabe einer VNr. einen Verwaltungsakt darstellt (Bundessozialgericht BSG , Urteil vom 05.04.2001 B 13 RJ 35/00 R , juris Rn. 15). Schon durch die Neuvergabe einer VNr. wird das eigentliche Klageziel erreicht, ein neu festgestelltes Geburtsdatum für den Leistungsfall zu Grunde zu legen, da auf Grund des nach § 33a Abs. 3 Sozialgesetzbuch Erstes Buch Allgemeiner Teil (SGB I) im Rentenrecht ein enger Zusammenhang zwischen Versicherungsnummer und Geburtsdatum als Grundlage für den Leistungsfall besteht, sodass eine solche Entscheidung nur einheitlich ergehen kann (BSG, Urteil vom 28.04.2004 B 5 RJ 33/03 R juris, Rn. 17).
Es bedarf keiner Entscheidung, ob die erstmalige Vergabe einer Versicherungsnummer und die Unterrichtung der betroffenen Personen gemäß § 147 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) einen Verwaltungsakt darstellt, da die in diesem Fall eingetretene Bestandskraft gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) beseitigt werden kann (ebenso offen gelassen: BSG, Urteil vom 05.04.2001, aaO, Rn. 16).
Die Klagebefugnis der Klägerin ergibt sich bereits daraus, dass durch ein unrichtiges Geburtsdatum in der Versicherungsnummer ihr Recht auf informationelle Selbstbestimmung beeinträchtigt sein kann (BSG, Urteil vom 05.04.2001, aaO, Rn. 15), was in § 84 SGB X eine grundsätzliche sozialrechtliche Ausgestaltung erfahren hat.
Die Klage ist auch begründet. Der Anspruch auf Neuvergabe bzw. Berichtigung einer Versicherungsnummer richtet sich nach § 147 i.V.m. § 152 Nr. 3 SGB VI sowie den Bestimmungen der auf dieser Grundlage erlassenen Verordnung über die Versicherungsnummer, die Kontoführung und den Versicherungsverlauf in der gesetzlichen Rentenversicherung (Versicherungsnummern-, Kontoführungs- und Versicherungsverlaufsverordnung VKVV).
Nach § 147 Abs. 1 SGB VI kann die Datenstelle des Trägers der Rentenversicherung für Personen eine Versicherungsnummer vergeben, wenn dies zur personenbezogenen Zuordnung der Daten für die Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe nach diesem Gesetzbuch erforderlich oder dies durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes bestimmt ist. Für die nach dem SGB VI versicherten Personen hat sie eine Versicherungsnummer zu vergeben. Nach § 147 Abs. 2 SGB VI setzt sich die Versicherungsnummer einer Person aus der Bereichsnummer des zuständigen Trägers der Rentenversicherung, dem Geburtsdatum, dem Anfangsbuchstaben des Geburtsnamens, der Seriennummer, die auch Aussage über das Geschlecht einer Person enthalten darf, und der Prüfziffer, zusammen. § 152 Nr. 3 SGB VI ermächtigt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über die Zusammensetzung der Versicherungsnummer sowie über ihre Änderung zu bestimmen. Auf dieser Ermächtigungsgrundlage beruht die VKVV, welche in § 1 die Vergabe und in § 2 den Aufbau der Versicherungsnummer näher regelt. Nach § 2 Abs. 3 Satz 1 VKVV bilden der Geburtstag und der Geburtsmonat jeweils zweistellig und die beiden letzten Ziffern des Geburtsjahres der Versicherten die Stellen 3 bis 8. Gemäß § 3 Abs. 1 VKVV wird eine Versicherungsnummer nur einmal vergeben und nicht berichtigt. Versicherungsnummern, in denen u.a. das Geburtsdatum unrichtig ist oder Versicherungsnummern, die auf Grund einer nach § 33a SGB I zu berücksichtigenden Ände¬rung des Geburtsdatums fehlerhaft geworden sind, werden gesperrt. Die Versicherten erhalten eine neue Versicherungsnummer.
Ob eine Versicherungsnummer im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 VKVV unrichtig ist, bestimmt sich nach § 33a SGB I.
Gemäß § 33a Abs. 1 SGB I ist, soweit Rechte und Pflichten davon abhängig sind, dass eine bestimmte Altersgrenze erreicht oder nicht überschritten ist, das Geburtsdatum maßgebend, das sich aus der ersten Angabe des Berechtigten oder Verpflichteten oder seiner Angehörigen gegenüber einem Sozialleistungsträger oder, soweit es um die nach dem Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) erforderlichen Meldungen geht, gegenüber dem Arbeitgeber ergibt. Von einem nach § 33a Abs. 1 SGB I maßgebenden Geburtsdatum darf nach Abs. 2 nur abgewichen werden, wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, dass ein Schreibfehler vorliegt (§ 33a Abs. 2 Nr. 1 SGB I) oder sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der Angabe nach Abs. 1 ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt (§ 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I). Die Absätze 1 und 2 der Vorschrift gelten gemäß dem Absatz 3 auch für Geburtsdaten, die Bestandteil der Versicherungsnummer oder eines anderen in den Sozialleistungsbereichen des Sozialgesetzbuches verwendeten Kennzeichen sind, entsprechend.
Entgegen der Auffassung der Klägerin verstößt die Regelung des § 33a Abs. 1 SGB I, die für den Bereich des Sozialgesetzbuches das maßgebliche Geburtsdatum eigenständig definiert, ohne zwingend an das tatsächliche Geburtsdatum anzuknüpfen (BSG, Urteil vom 05.04.2001, aaO, Rn. 32; Weselski in jurisPK-SGB I, 2. Auflage 2011, Stand 01.10.2011, § 33a Rn. 8) weder gegen Verfassungsrecht noch gegen das hier ohnehin nicht einschlägige Gemeinschaftsrecht. Insbesondere liegt weder ein Verstoß gegen das durch Artikel 14 Absatz 1 Grundgesetz GG geschützte Eigentum noch gegen den Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 GG vor (vgl. mit ausführlicher Begründung: BSG, Urteil vom 19.10.2000 B 8 Kn 3/00 R, juris Rn. 26 bis 41 unter Berufung auf das Urteil vom 31.03.2008 SozR 3 1200 § 33a Nrn. 1 und 2 , wobei sich das BSG in seiner Auffassung dadurch bestätigt sieht, dass das Bundesverfassungsgericht eine insoweit erhobene Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen hat [BVerfG, 1. Senat, 2. Kammer, Beschluss vom 08.10.1998 1 BvR 1227/98]; für das Gemeinschaftsrecht: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, Urteil vom 14.03.2000, Sachen K und Ö , C 102/98).
Die erste Angabe der Klägerin gegenüber dem Beklagten sowie anderen Sozialleistungsträgern und Arbeitgebern betraf das Geburtsdatum. Dieses Datum lag der Versicherungsnummer 56 060284 L 520 zu Grunde, die der Klägerin am 04.10.2005 von der Beklagten vergeben wurde. Diese Versicherungsnummer war somit nach § 33a Abs. 1 SGB I als zutreffend anzusehen. Dabei ist unerheblich, dass die Klägerin zu diesem Zeitpunkt eine andere Identität vorspiegelte, um eine Abschiebung und strafrechtlichen Konsequenzen zu entgehen. Das ergibt sich schon daraus, dass die Klägerin als Person unter diesen Personaldaten im Rechtsverkehr auftrat und alle Handlungen ihr als Person zuzurechnen sind. So steht zum Beispiel außer Zweifel, dass die Klägerin auch die unter falscher Identität erlangten Versicherungszeiten für sich beansprucht. Wäre die Argumentation der Klägerin zutreffend, wonach die unter falscher Identität erfolgten Angaben nicht ihr sondern einer (nicht existierenden) Scheinidentität zuzurechnen seien, würden Personen besser gestellt, die sämtliche persönlichen Daten falsch angeben und damit eine komplett andere Identität vortäuschen, gegenüber denen, die lediglich ein falsches Geburtsdatum gegenüber einem Sozialleistungsträger angeben. Damit würde der Sinn und Zweck des § 33a Abs. 1 SGB I unterlaufen.
Ein Anspruch auf Neuvergabe der Versicherungsnummer unter dem nunmehr geltend gemachten Geburtsdatum besteht nur dann, wenn das in der Versicherungsnummer verwendet Geburtsdatum nach Maßgabe des § 33a Abs. 2 SGB I unrichtig ist, wobei ein Geburtsdatum danach nicht erst dann fehlerhaft ist, wenn sich nach Tag, Monat und Jahr ein (vollständig) anderes Geburtsdatum ergibt (BSG, Urteil vom 28.04.2004, aaO, juris, Rn. 19 mit Hinweisen auf die frühere Rechtsprechung des BSG).
Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Schreibfehlers im Sinne von § 33a Abs. 2 Nr. 1 SGB I liegen nicht vor. Ein Schreibfehler setzt nach allgemeinem Sprachgebrauch voraus, dass von einer mündlichen oder schriftlichen Vorgabe schriftlich unbewusst abgewichen wird, also sich das Gewollte von dem tatsächlich Geschriebenen unterscheidet. Eine bewusst falsche Angabe kann daher kein Schreibfehler sein (Weselski, a.a.O., Rdnr. 41).
Vorliegend ergibt sich jedoch aus einer älteren Urkunde im Sinne von § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I ein anderes Geburtsdatum. Allerdings ist das von der Klägerin zunächst beanspruchte Geburtsdatum des nicht durch die aufgrund des Gesetzes allein maßgeblichen Urkunden belegt. Zwar weisen der nigerianische Pass der Klägerin und die Geburtsurkunde der National Population Commission, B City, N , dieses Datum als Geburtsdatum der Klägerin aus, doch wurden der Pass der Klägerin erst am 29.08.2006 und die Geburtsurkunde am 17.02.2006 und damit nach Vergabe der Versicherungsnummer am 04.10.2005 ausgestellt. Auch die eidesstattliche Versicherung der Mutter der Klägerin datierte vom 12.02.2006 und ist damit keine allein maßgebliche "Alturkunde" im Sinne des § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I, sodass es nicht darauf ankommt, dass die eidesstattliche Versicherung gemäß der Mitteilung der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland, Außenstelle L vom 16.01.2007 an die Stadtverwaltung in K von einer dritten Person in unzulässiger Stellvertretung namens der lese- und schreibunkundigen Mutter der Klägerin abgegeben wurde.
Ein anderes Geburtsdatum der Klägerin ergibt sich auch nicht aus der in Kopie vorgelegten Schülerliste sowie den Kopien von Auszügen aus Listen der Schulnoten. Zwar muss nicht das Original der Urkunde vorliegen und es kann für die Überzeugungsbildung des Gerichts auch eine Kopie von Bedeutung sein, unabhängig davon, wann diese hergestellt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 05.04.2001, a.a.O., Rn. 24), doch muss das Original, das der Kopie zu Grunde lag, vor dem Zeitpunkt der ersten Angabe im Sinne des § 33a Satz 1 SGB I ausgestellt worden sein. Dies ist nach Überzeugung des Senats nicht erwiesen, da weder die Schülerliste noch die Listen der Schulnoten Datumsangaben enthalten. Somit ist nicht ausreichend belegt, dass es sich dabei um "Alturkunden" im Sinne des § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I handelt.
Eine solche Urkunde stellt aber das im Original von der Klägerin vorgelegte, am 28.11.1989 von der A , U , N , ausgestellte Abschlusszeugnis dar.
Der Urkundenbegriff des § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB muss sich nach allgemeinen Bestimmungen richten, da die Vorschrift keine Beschränkungen auf eine Berücksichtigung nur bestimmter Arten von Urkunden enthält (BSG, Urteil vom 05.04.2001, a.a.O., Rn. 24; BSG, Urteil vom 28.04.2004, a.a.O., Rn. 21). Auch einen "Mindeststandard" für die Beweiskraft ausländischer Urkunden dahingehend, dass als Aussteller lediglich Behörden, Gerichte und sonstige Stellen in Betracht kommen, die erkennbar für die Bestätigung personenstandsrechtlich relevanter Tatsachen zuständig sind (so jedoch Bayerisches LSG, Urteil vom 21.07.2001, L 20 RJ 102/01), kann dem Wortlaut des § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I nicht entnommen werden (BSG, Urteil vom 28.04.2004, a.a.O., Rn. 21; Hessisches LSG, Urteil vom 28.03.2003, a.a.O., Rn. 32). Somit sind Urkunden im vorgenannten Sinn alle durch Niederschrift verkörperten Gedankenerklärungen, die geeignet sind, im Rechtsverkehr Beweis zu erbringen (vgl. BGHZ 65, 300, 301, ff.).
Maßgebend ist, ob zur vollen Überzeugung des Gerichts festgestellt werden kann, dass sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der ersten Abgabe im Sinne des § 33a Abs. 1 SGB I ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt (BSG, Urteil vom 05.04.2001, a.a.O., Rn. 24). Das Bundessozialgericht, dem der Senat folgt, hat weiter dargelegt, dass nach den allgemeinen Grundsätzen des Beweisrechts zu entscheiden ist, ob aus einer älteren Urkunde sich nunmehr ein anderes Geburtsdatum "ergibt" (BSG; Urteil vom 31.01.2002, B 13 RJ 9/01 R). Dabei verlangt § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I nicht, dass das Geburtsdatum als solches in der Urkunde ausdrücklich und vollständig vermerkt ist; es "ergibt" sich aus der Urkunde auch, wenn die durch die Urkunde bewiesenen Tatsachen zur vollen Überzeugung des Gerichts auf ein Abweichen des Geburtsdatum im Sinne des § 33a Abs. 2 SGB I schließen lassen (BSG, Urteil vom 28.04.2004, a.a.O., Rn. 21; Weselski, aaO, Rn. 51). Zu berücksichtigen ist auch, dass der Gesetzgeber mit § 33a SGB I die unbedingte Anknüpfung an das "wahre" Geburtsdatum aufgegeben hat (Weselski, a.a.O., Rn. 8, m.w.N.). Um die besonders verwaltungsintensive Prüfung, die vor Inkrafttreten des § 33a SGB I häufig zur Ermittlung des tatsächlichen Geburtsdatums erforderlich war, zu vermeiden, wird das im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs maßgebliche Geburtsdatum somit nun eigenständig definiert. Deshalb ist auch bei der Prüfung, ob sich aus einer älteren Urkunde ein von der ersten Abgabe abweichendes Geburtsdatum ergibt, nicht unbedingt das historische Datum der Geburt zu ermitteln. Das gemäß § 33a Abs. 1 SGB I auf Grund der ersten Angabe maßgebende Geburtsdatum ist immer dann durch ein älteres Geburts¬datum zu ersetzen, das sich aus einer älteren Urkunde ergibt, wenn die ältere Urkunde ihrem Charakter nach besser als die Regel des § 33a Abs. 1SGB I geeignet ist, die Richtigkeit des darin angegebenen bzw. des sich hieraus ergebenden Geburtsdatums zu belegen (so auch: Hessisches LSG, Urteil vom 28.03.2003, a.a.O., Rn. 34).
Das Original des Abschlusszeugnisses der Klägerin ist taugliches Beweismittel im Sinne der vorgenannten Vorschrift, da es am 28.11.1989 und damit zu einem Zeitpunkt ausgestellt wurde, bevor die Klägerin im Jahr 2005 erstmals gegenüber einem Sozialleistungsträger den ...1984 als Tag ihrer Geburt angegeben hat.
An der Echtheit des Schulabschlusszeugnisses bestehen nach Auffassung des Senats keine Zweifel. Die Botschaft der Bundesrepublik Deutschland, Außenstelle L , hat nach Überprüfung der vom Standesamt Koblenz übersandten Perso¬nenstandsurkunden der Klägerin im Schreiben vom 16.01.2007 der Stadt Koblenz mitgeteilt, dass befragte Referenzpersonen den Besuch der A im Ort U durch die Klägerin bestätigt hätten. In den entsprechenden Schulregistern sei der Name der Klägerin festgestellt worden. Als Ende des Schulbesuchs sei das Jahr 1989 verzeichnet. Zugleich sei zur Überzeugung der Außenstelle erwiesen, dass das genauere Geburtsdatum der Klägerin nicht mehr bekannt sei.
Allerdings geht aus dem Schulabschlusszeugnis nicht hervor, dass die Klägerin, wie vorgetragen, am 03.02.1975 geboren ist. Aus dem belegten Abschluss der P am 09.09.1989 und unter Berücksichtigung des in N allgemein geltenden Einschulungsalters von sechs Jahren sowie einem regelmäßigen sechsjährigen Schulbesuch steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin mindestens zwölf Jahre vor dem 09.09.1989 gelebt hat. Das Geburtsdatum , das die Klägerin ursprünglich gegenüber der Beklagten angegeben hatte, ist unrichtig, da die Klägerin offensichtlich nicht im Alter von fünf Jahren einen Schulabschluss erreicht haben kann. Folglich ergibt sich aus dieser Urkunde "ein anderes Geburtsdatum". Lässt sich mit Hilfe einer "Alturkunde" im Sinne des § 33a Abs. 2 Nr. 2 SGB I beweisen, dass die betroffene Person mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bereits zu einem bestimmten Tag gelebt hat, so ist zumindest dieser Tag als Geburtstag zu Grunde zu legen (so auch Hessisches LSG, a.a.O., Rn. 38).
Da der weitere Vortrag der Klägerin, wonach sie zwei Schuljahre der P wiederholen musste, nach Auffassung des Senats nicht ausreichend belegt ist, steht zur Überzeugung des Senats lediglich fest, dass sie am 09.09.1977 gelebt und dieses Datum jedenfalls zeitnäher an dem tatsächlichen Geburtsdatum der Klägerin liegt und daher "richtiger" als das bisher angegebene und von der Beklagten angenommene Geburtsdatum ist. Mit Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte sowie dem vorstehend genannten Sinn und Zweck des § 33a SGB I wäre es nicht zu vereinbaren, die Klägerin an dem nachweislich falschen Geburtsdatum festzuhalten und dieser damit gleichzeitig zu verwehren, ihre Altersrente "rechtzeitig" mit der Erfüllung der Altersvoraussetzungen in Anspruch zu nehmen, nur weil das historisch richtige Geburtsdatum nicht auf Tag und Monat genau aus der Alturkunde folgte. Der Senat schließt sich insofern der Auffassung des hessischen Landessozialgerichts an, wonach dies auch das grundrechtlich geschützte soziale Eigentumsrecht der Klägerin auf Auszahlung der zur gegebenen Zeit zustehenden Rente gebietet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Revisionszulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 Nummern 1 und 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
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