L 10 AS 15/06

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Schleswig (SHS)
Aktenzeichen
S 1 AS 471/05
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 10 AS 15/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 14. März 2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten im Berufungsverfahren noch darüber, ob der Beklagte im Rahmen der Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) die Kosten für die Unterkunft des Klägers in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu erbringen hat.

Der 1963 geborene ledige Kläger bewohnt aufgrund Mietvertrages vom 04. April 2003 als Untermieter ein Zimmer nebst Küche und Wintergarten in einer insgesamt 78,5 m² großen Dreizimmerwohnung in der W straße 35 in K. Bad/WC und Flur werden gemeinschaftlich mit dem Hauptmieter genutzt. Die monatliche Miete beträgt 255,00 EUR; zusätzlich hat der Kläger an Nebenkosten 65,00 EUR zu entrichten (Betriebskosten 35,00 EUR, Heizkosten 30,00 EUR).

Der Kläger bezog seit dem 02. Juni 2003 bis zum 31. Dezember 2004 von der Stadt K laufend Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG). Im Zusammenhang mit der Bewilligung von Leistungen nach dem BSHG ist der Kläger durch Bescheid vom 25. Juli 2003 darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass nur angemessene Unterkunftskosten anerkannt würden. Er erhalte deshalb Unterkunftskosten lediglich in Höhe der von der Stadt K für angemessen gehaltenen Miete von 273,00 EUR zuzüglich Heizkosten. Während des Sozialhilfebezugs war der Kläger mit dieser Kürzung seiner Unterkunftskosten einverstanden.

Mit Bescheid vom 22. November 2004 bewilligte der Beklagte ihm für den Zeitraum vom 01. Januar bis 30. Juni 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 643,00 EUR monatlich. Der Betrag setzte sich zusammen aus dem Regelsatz (345,00 EUR) sowie Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 298,00 EUR. Nach der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides begann die Widerspruchsfrist mit Inkrafttreten des SGB II am 01. Januar 2005 zu laufen.

Mit Schreiben vom 21. Januar 2005, bei dem Beklagten eingegangen am 27. Januar 2005, legte der Kläger gegen den Bescheid vom 22. November 2004 Widerspruch ein und bat um nachvollziehbare Darlegung der Höhe der bewilligten Unterkunftskosten. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2005 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück und führte aus, dass mit dem angefochtenen Bescheid vom 22. November 2004 nur die angemessenen Unterkunftskosten bewilligt worden seien (§ 22 Abs. 1 SGB II). In den von dem Kläger bis Ende 2004 bezogenen Leistungen nach dem BSHG seien anerkannte Unterkunftskosten in Höhe von 298,00 EUR enthalten gewesen, die sich wie folgt zusammengesetzt hätten:

- Brutto-Kaltmiete von 273,00 EUR (Mietobergrenze für Ein-Personen-Haushalt in Wohnungen, die vor 1976 fertig gestellt worden seien), - zuzüglich Heizkosten von 30,00 EUR, - abzüglich der Warmwasserpauschale von 5,00 EUR.

Der Beklagte als der für die Stadt K örtlich zuständige Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende habe für die nach § 22 Abs. 1 SGB II zu erbringenden Leistungen für Unterkunft und Heizung die bisher im Bereich dieser Stadt geltenden Regel-Höchstbeträge für in der Sozialhilfe anzuerkennende Mieten übernommen. Daher seien die bis zum 31. Dezember 2004 von der Stadt K anerkannten Kosten der Unterkunft ab 01. Januar 2005 weiterhin berücksichtigt worden.

Der Kläger hat am 12. Juli 2005 bei dem Sozialgericht (SG) Schleswig Klage erhoben und zur Begründung ausgeführt: Gemäß § 22 Abs. 1 SGB II bestehe ein Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten, wenn bei Beginn des Leistungsbezuges eine unangemessen teure Unterkunft bewohnt werde. Den Leistungsempfänger treffe dann die Obliegenheit zur Kostensenkung. Dies setze allerdings Kenntnis von der Unangemessenheit der Mietkosten voraus. Hieran fehle es vorliegend, weil der Beklagte die zu erbringenden Unterkunftskosten begrenzt habe, ohne ihn zuvor auf die Unangemessenheit der tatsächlichen Aufwendungen zu informieren. Hieran ändere der Umstand nichts, dass er die gekürzten BSHG-Leistungen akzeptiert habe. Durch den Wechsel der gesetzlichen Leistungsgrundlage sei der Beklagte gehalten, ihn über die nach dem SGB II bestehende Pflicht zur Senkung seiner Unterkunftskosten aufzuklären. Soweit der Beklagte sich an Regel-Höchstsätzen der früheren Sozialhilfe orientiert habe, entspreche der hier zugrunde gelegte Höchstbetrag im Übrigen nicht mehr den tatsächlichen Verhältnissen des K er Wohnungsmarktes für einen Ein-Perso¬nen-Haushalt. Abzustellen sei auch nicht auf die Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG), sondern auf den K er Mietspiegel. Der Mietspiegel von 2004 (Bl. 58ff. der Gerichtsakten [GA]) belege, dass für einen Ein-Personen-Haushalt in K bei einer Wohnfläche von bis zu 45 m² Grundfläche Unterkunftskosten in Höhe von bis zu 317,50 EUR angemessen seien (232,00 EUR Nettokaltmiete zuzüglich 85,50 EUR Betriebskosten). Wegen der vom Kläger vorgenommenen Berechnung im Einzelnen wird auf seinen Schriftsatz vom 23. Februar 2006 Bezug genommen.

Weiterhin hat der Kläger vorgetragen, dass auch der Abzug einer Warmwasserpauschale in Höhe von 5,00 EUR monatlich fehlerhaft sei, weil das Warmwasser in seiner Wohnung separat von der Heizung erzeugt werde.

Auf Veranlassung des SGs hat der Kläger noch die Betriebskostenabrechnung für 2004 zur Akte gereicht (Bl. 110ff. GA).

Der Kläger hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 22. November 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2005 insoweit aufzuheben, als dass die Beklagte verurteilt wird, ihm für die Zeit vom 01. Januar bis 30. Juni 2005 Leistungen für Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte hat unter Bezugnahme auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ergänzend hat er ausgeführt, dass § 22 SGB II sich überwiegend an den sozialhilferechtlichen Regelungen für die Übernahme von Unterkunftskosten orientiere, so dass es sachgerecht sei, die bisher anerkannten Kosten auch weiterhin zu Grunde zu legen. Die Ausnahmeregelung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II, wonach vor¬übergehend die tatsächlichen Unterkunftskosten zu erbringen seien, finde hier keine Anwendung, weil der Kläger bereits im Zusammenhang mit der Bewilligung von Leistungen nach dem BSHG durch den Bescheid vom 25. Juli 2003 darüber in Kenntnis gesetzt worden sei, dass nur angemessene Unterkunftskosten anerkannt würden. Seither habe er die Gelegenheit zur Kostensenkung ungenutzt gelassen. Hinzuweisen sei auch darauf, dass die zugrunde gelegten Mietobergrenzen von der Stadt K aus den Werten des K er Mietspiegels entwickelt worden seien. Die derzeitigen Mietobergrenzen entsprächen den aktuellen Gegebenheiten auf dem K er Wohnungsmarkt. Wegen der Berechnung der als Mietobergrenzen herangezogenen Werte im Einzelnen wird auf den Schriftsatz der Beklagten vom 08. März 2006 nebst Anlagen Bezug genommen.

Nach mündlicher Verhandlung am 14. März 2006 hat das SG die Klage mit Urteil vom selben Tage unter Zulassung der Berufung abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 290,00 EUR brutto (kalt), weil diese Kosten nicht angemessen seien. Die angemessene Höhe der Unterkunftskosten bemesse sich nach dem Produkt der für Leistungsempfänger abstrakt angemessenen Wohnungsgröße in Quadratmetern (hier: bis zu 50 m² für einen Ein-Personen-Haushalt) und dem nach den örtlichen Verhältnissen angemessenen Mietzins je m². Dabei sei einem SGB II- Leistungsempfänger regelmäßig zuzumuten, eine Wohnung der unteren Kategorie des örtlichen Mietzinsniveaus zu mieten. Hiervon ausgehend sei die von dem Beklagten hier zugrunde gelegte Mietobergrenze angemessen, wobei zur Ermittlung des angemessenen Quadratmeterpreises auf den Mietspiegel der Stadt K aus dem Jahre 2004 zurückgegriffen werden könne. Dabei sei auf die unteren Werte der 2/3 Spanne abzustellen. Für Wohnungen bis 50 m² ergebe sich dabei eine Nettokaltmiete von bis zu ca. 205,00 EUR. Hierzu seien noch angemessene Betriebskosten zu addieren, für die die Kammer in Anlehnung an die Betriebskostentabelle des K er Mietspiegels einen durchschnittlichen Betriebskostenbetrag von 1,36 EUR pro m² zugrunde lege. Somit errechne sich für Wohnungen mit einer Fläche von 50 m² ein Betrag von 273,00 EUR. Der Kläger könne keinen befristeten Bestandsschutz im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II in Anspruch nehmen, weil er bereits seit Juni 2003 Leistungen nach dem BSHG bezogen habe und damit seine Hilfebedürftigkeit gekannt habe. Zudem sei ihm bereits am 13. Juni 2003 eröffnet worden, dass seine tatsächlichen Unterkunftskosten die schon damals geltende Mietobergrenze überschritten. Seither habe der Kläger genügend Zeit und Gelegenheit gehabt, seine Unterkunftskosten zu senken. Die Übernahme seiner tatsächlichen Heizkosten von 30,00 EUR monatlich könne der Kläger nicht beanspruchen, weil der Beklagte zu Recht eine Warmwasserpauschale von 5,00 EUR abgezogen habe. Die Kosten der Bereitung von Warmwasser seien von der Regelleistung zu decken. Durch die im Gerichtsverfahren vorgelegten Abrechnungen sei auch belegt, dass die Heizkosten und die Warmwasserkosten nicht getrennt abgerechnet würden.

Gegen diese seinem Prozessbevollmächtigten am 19. Mai 2006 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 13. Juni 2006 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegte Berufung des Klägers, die er in der mündlichen Verhandlung am 23. November 2007 ausdrücklich auf die Frage der Gewährung der tatsächlichen Unterkunftskosten beschränkt hat.

Zur Begründung macht er geltend: Er wende sich gegen die vom SG vorgenommene Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten für einen Ein-Personen-Haushalt. Grundlage für die Bestimmung dieser Kosten sei die Produkttheorie unter Beachtung des K er Mietspiegels von 2004. Entgegen der hierzu vom SG vertretenen Auffassung seien aber nicht die unteren Werte der 2/3 Spanne des Mietspiegels der Stadt K maßgebend; diese Werte stellten keine ausreichende Grundlage für die Bestimmung des zulässigen m²-Preises für Wohnungen im unteren Bereich dar. Der Mietspiegel repräsentiere nämlich nur einen Ausschnitt des Wohnungsmarktes; ausgenommen seien zum Beispiel preisgebundene Wohnungen (insbesondere Sozialwohnungen). Im K er Mietspiegel seien die Mietspannen so gewählt worden, dass zwei Drittel der erfassten Mieten des jeweiligen Tabellenfeldes innerhalb der ausgewiesenen Spanne liegen würden. Für die unterschiedlich großen Spannen würden dann verschiedene Gründe wie zum Beispiel Wohnwertunterschiede benannt. Richtig sei, dass der untere Bereich der für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Leistungsempfängers marktübliche Wohnungsmieten gelte. Es sei jedoch nicht auf den untersten Wert abzustellen. Er selbst errechne nach dem K er Mietspiegel eine Nettokaltmiete bei einer Wohnfläche von bis zu 45 m² in Höhe von 222,75 EUR. Bei zusätzlicher Berücksichtigung der vom SG benannten Betriebskosten von 61,20 EUR ergebe sich eine Bruttokaltmiete von 283,95 EUR. Für eine Wohnung von 50 m² betrage dieser Wert 292,50 EUR. Da dieser Betrag 2,50 EUR höher liege als seine tatsächliche Bruttokaltmiete, habe der Beklagte die tatsächlichen Unterkunftskosten zu leisten. Wegen der Berechnung im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 27. August 2007 Bezug genommen.

Ergänzend verweist der Kläger darauf, dass nach ihn betreffenden Einträgen bei der Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung (Schufa) seine Zahlungsfähigkeit gegenüber Dritten in Frage stehe. Die von der Stadt K ermittelten und nach deren Ansicht mit 273,00 EUR angemessenen Wohnungen würden vornehmlich von ansässigen Wohnungsbaugesellschaften angeboten, wobei regelmäßig eine positive Bescheinigung des vorherigen Vermieters und eine positive Schufa-Auskunft verlangt werde. Vor diesem Hintergrund sei für ihn – den Kläger – ein erheblicher Anteil des für ihn in Betracht kommenden Teils des K er Wohnungsangebots nicht erreichbar. Auf dem privaten Wohnungsmarkt seien Wohnungen für einen Preis von 273,00 EUR (brutto, kalt) nicht für alle Hilfeempfänger in ausreichendem Umfang vorhanden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 14. März 2006 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 22. November 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2005 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 01. Januar 2005 bis 30. Juni 2005 Leistungen für die Unterkunft in tatsächlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er stützt das angefochtene Urteil und führt aus: Die Regel-Höchstbeträge für in der Sozialhilfe bzw. Grundsicherung anzuerkennende Mieten (Mietobergrenzen) orientierten sich an dem K er Mietspiegel für nicht preisgebundenen Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage. Mit den Mietobergrenzen sei ein Instrument geschaffen worden, mit dem die grundsicherungsrechtliche Angemessenheit nicht preisgebundenen Wohnraums ermittelt werden solle. Die Mietobergrenzen fänden keine Anwendung auf Wohnungen aus dem sog. Sozialen Wohnungsbau, damit dieser grundsätzlich in vollem Umfang für den Personenkreis zugänglich sei, für den er geschaffen worden sei. Dazu gehörten auch die Empfänger von Leistungen nach dem SGB II. Insofern sei nicht zu kritisieren, dass sich die Mietobergrenze an den unteren Werten der 2/3-Spanne des Mietspiegels orientiere. Wohnungsangebote für Ein-Perso¬nen-Haushalte seien im Bereich der Stadt K vorhanden. Es seien allerdings Bemühungen des Klägers notwendig, um diese Angebote zu finden. Über derartige Bemühungen sei bisher nichts bekannt. Der Beklagte sei bereit, den Kläger über das Amt für Wohnen und Grundsicherung bei der Wohnungssuche zu unterstützen.

Auf die Bitte des Senats, Nachweise (Zeitungsinserate usw.) dafür vorzulegen, dass in K Anfang 2005 Wohnraum für einen Ein-Personen-Haushalt (bis ca. 50 m²) zu dem in den angefochtenen Bescheiden für angemessen gehaltenen Preis tatsächlich angeboten wurde, hat der Vertreter des Beklagten in der Berufungsverhandlung erklärt, dass entsprechende Nachweise nicht mehr vorhanden seien. Er hat jedoch ein Papier über die Beob¬achtung des Wohnungsmarktes in K aus dem Jahre 2007 zur Akte gereicht und ausgeführt, dass danach ausreichender Wohnraum zu dem aus seiner Sicht angemessenen Preis vorhanden sei. 2005 sei die Situation eher noch günstiger gewesen.

Der Kläger bestreitet die Behauptung der Beklagten, wonach Wohnungsangebote für Ein-Personen-Haushalte innerhalb der Mietobergrenze im Bereich der Stadt K vorhanden seien, mit Nichtwissen. Auf Nachfrage des Senats hat sein Prozessbevollmächtigter in der Berufungsverhandlung ausgeführt, dass er der Kläger – bisher keine Bemühungen zur Senkung seiner Unterkunftskosten unternommen habe.

Dem Senat haben die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge des Beklagten und die Gerichtsakten vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird hierauf Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Ob der Beschwerdewert des § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erreicht wird, kann offen bleiben, nachdem das SG die Berufung zugelassen hat.

Die Berufung ist jedoch nicht begründet.

Zu Recht hat das SG die Klage nicht bereits als unzulässig behandelt. Zwar dürfte der Kläger die einmonatige Widerspruchsfrist (§ 84 Abs. 1 Satz 1 SGG) – ausgehend vom Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheides - kaum gewahrt haben (Bescheid vom 22. November 2004; Eingang des Widerspruchs am 27. Januar 2005). Ob die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung zutreffend war, bedarf hier keiner Vertiefung. Selbst wenn dies nämlich nicht der Fall sein sollte, würde die Jahresfrist (§ 66 Abs. 2 SGG) gelten, die hier in jedem Fall eingehalten worden ist. Im Übrigen wäre selbst ein etwaiges Fristversäumnis geheilt, nachdem der Beklagte den Widerspruch sachlich beschieden hat (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/ Leitherer, SGG, 8. Aufl. § 84 Rz 7).

Das SG hat zu Recht entschieden, dass die angefochtenen Bescheide rechtsfehlerfrei sind. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten.

Ein solcher Anspruch folgt nicht bereits daraus, dass der Beklagte den Kläger nicht zunächst selbst auf die Unangemessenheit der Unterkunftskosten hingewiesen, sondern bei seinem Vorgehen an entsprechende Informationen des Sozialhilfeträgers aus dem Jahre 2003 angeknüpft hat (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Zwar setzt die Übernahme der tatsächlichen Unterkunftskosten im Rahmen der Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) II regelmäßig voraus, dass der Leistungsempfänger über die maßgebliche Miethöhe informiert worden ist; insoweit genügt jedoch die Information durch den Sozialhilfeträger vor dem 01. Januar 2005 im Rahmen des Sozialhilfeverfahrens (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 07.November 2006, B 7b AS 10/06 R, veröffentlicht in juris). Eine erneute "Schonfrist" von sechs Monaten, beginnend mit dem 01. Januar 2005, entspricht weder dem Wortlaut noch der ratio des Gesetzes (vgl. BSG, a.a.O.).

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Übernahme seiner tatsächlichen Unterkunftskosten, weil diese nicht angemessen im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II sind. Die hierzu von dem Beklagten bezifferte Mietobergrenze von 273,00 EUR ist nicht zu beanstanden.

Die Prüfung der Angemessenheit setzt eine Einzelfallprüfung voraus, für die die für die Bemessung des Wohngeldes bestimmten tabellarischen pauschalierten Höchstbeträge des § 8 WoGG keine valide Basis bilden und allenfalls als gewisser Richtwert Berücksichtigung finden können, wenn alle Erkenntnismöglichkeiten ausgeschöpft sind (BSG, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O. sowie Urteil vom 07. November 2006, B 7b AS 18/06, veröffentlicht in juris) bedarf es zunächst der Feststellung, welche Größe die vom Leistungsempfänger bzw. von einer Bedarfsgemeinschaft gemietete Wohnung aufweist, wobei die im sozialen Mietwohnungsbau anerkannte Wohnraumgröße zu Grunde zu legen ist. Sodann ist als weiterer Faktor der Wohnungsstandard zu berücksichtigen. Angemessen sind die Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnungsstandard aufweist. Die Wohnung muss von daher hinsichtlich der aufgeführten Kriterien, die als Mietpreis bildende Faktoren regelmäßig im Quadratmeterpreis ihren Niederschlag finden, im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet. Da es im Ergebnis allein auf die Kostenbelastung des Grundsicherungsträgers ankommt, kann dahinstehen, ob einzelne Faktoren wie Ausstattung, Lage etc. isoliert als angemessen anzusehen sind, solange der Grundsicherungsträger nicht mit unangemessen hohen Kosten belastet wird. Abzustellen ist somit letztlich auf das Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt (sog. Produkttheorie).

Im sozialen Mietwohnungsbau in Schleswig-Holstein ist für einen Ein-Personen-Haushalt eine Wohnfläche von bis zu 50 m² als angemessen anzusehen (vgl. § 10 des Gesetzes über soziale Wohnraumförderung vom 13. September 2001 [BGBl. I S. 2376] i.V.m. Ziff. 8.5.1. der Verwaltungsvorschrift zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung nach Wohnungsbindungsgesetz und Wohnraumförderungsgesetz [VwV-SozWo 2004], Amtsblatt Schl.-Holst. 2004 S. 543). Der Senat geht davon aus, dass die Größe des von dem Kläger genutzten Teils der insgesamt 78,50 m² großen Dreizimmerwohnung dieses Maß nicht übersteigt. Nach den Maßstäben der sog. Produkttheorie kann allein dieser Umstand jedoch nur dann die Angemessenheit der Unterkunftskosten begründen, wenn das Produkt aus Mietzins je m² und m²-Zahl sich noch im Rahmen des Angemessenen hält. Das ist hier indessen nicht der Fall.

Grundsätzlich kann als Erkenntnisquelle für die Ermittlung des maßgeblichen Mietniveaus und als Maßstab für die Angemessenheit von Unterkunftskosten im Sinne von § 22 Abs. 1 SGB II auf örtliche Mietspiegel oder Mietdatenbanken zurückgegriffen werden. Zur Überzeugung des Senats sind die von dem Beklagten anerkannten Mietkosten des Klägers unter Berücksichtigung des K er Mietspiegels für 2004 (im Internet veröffentlicht unter http://www.kiel.de/Aemter 61 bis 92/55/Mietspiegel-2004-k.pdf) angemessen. Die von dem Beklagten bezifferte Bruttokaltmiete von 273,00 EUR ergibt bei einer Wohnungsfläche von 50 m² rechnerisch (273: 50) einen Quadratmeterpreis von 5,46 EUR. Da der K er Mietspiegel auf Nettokaltmieten basiert, sind zur Vergleichbarkeit der Werte von dem errechneten Quadratmeterpreis die üblichen Betriebskosten abzuziehen. Nach der Tabelle 4 zum Mietspiegel beträgt die Summe sämtlicher in Betracht kommender Betriebskosten im Monat 1,72 EUR je m². Die grundsätzlich anfallenden Minimal-Betriebskosten (in Tabelle 4 grau unterlegt) belaufen sich auf 0,95 EUR je m². Angesichts der gebotenen pauschalierenden Betrachtung erscheint es sachgerecht, davon auszugehen, dass im Regelfall nicht nur das Betriebskosten-Minimum, jedoch auch nicht die Summe sämtlicher in Betracht kommender Betriebskosten anfällt. So werden zwar z.B. in der Regel Hauswartkosten anfallen, nicht jedoch zwingend – da vom unteren Preissegment auszugehen ist – die in der Tabelle aufgeführten Kosten der Gartenpflege oder Kosten eines Aufzugs. Es erscheint sachgerecht, zu den Minimalkosten ein Drittel der Differenz zwischen Minimum und Maximum zu addieren, also den Wert von 0,95 EUR um ein Drittel der Differenz zwischen 0,95 und 1,72 = 0,77: 3 = 0,26 EUR zu erhöhen, so dass sich ein Betriebskostenwert von 0,95 + 0,26 = 1,21 EUR ergibt. Somit errechnet sich eine Nettokaltmiete von 5,46 EUR abzüglich 1,21 EUR = 4,25 EUR.

Wie sich aus dem Mietspiegel (Tabelle 2) ergibt, sind zu diesem Preis in K Wohnungen in ausreichender Zahl vorhanden. In den das Baualter vor 1976 betreffenden Spalten sind für Wohnungen von 45 bis 60 m² in einfacher Lage Preisspannen von 3,85 bis 5,12 EUR (Küche und Bad normal) bzw. 4,10 bis 5,18 EUR (Küche oder Bad gut) angegeben; in normaler bis guter Lage betragen die entsprechenden Spannen 4,09 bis 5,24 EUR bzw. 3,99 bis 5,63 EUR. Die Spannen sind jeweils so gebildet worden, dass sich 2/3 aller erfassten Mieten in ihnen bewegen, so dass weder einzelne besonders preiswerte noch einzelne besonders teure Wohnungen das Bild verzerren. Vor diesem Hintergrund begegnet die von dem Beklagten bezifferte Mietobergrenze keinen Bedenken, zumal es einem Leistungsempfänger – wie ausgeführt – nach den Maßstäben der Produkttheorie unbenommen ist, in die Wohnungssuche kleinere Wohnungen zu einem höheren Preis oder größere Wohnungen zu einem niedrigeren Preis einzubeziehen.

Der Senat ist davon überzeugt, dass es auch Anfang 2005 möglich gewesen ist, in K Wohnraum zu dem von dem Beklagten bezifferten Preis zu finden. Sofern der Kläger dies bestritten hat, ist seine Einlassung völlig unsubstantiiert, nachdem er wie sein Prozessbevollmächtigter in der Berufungsverhandlung noch einmal bestätigt hat – bisher keine Versuche unternommen hat, seine Unterkunftskosten zu senken. Unabhängig hiervon besteht für den Senat kein Anlass, die Richtigkeit der Schilderungen des Beklagten zu dem verfügbaren Wohnungsmarkt in Zweifel zu ziehen. Aus der zur Beobachtung des K er Wohnungsmarkts im Jahre 2007 gefertigten Übersicht, die der Beklagte in der Berufungsverhandlung zur Akte gereicht hat, ergibt sich eindeutig, dass ausreichender Wohnraum in der hier in Betracht kommenden Größe zu dem vom Beklagten für angemessen gehaltenen Preis angeboten wird. Der damit verbundene Hinweis des Beklagten, wonach die Verhältnisse im Jahre 2005 eher noch günstiger gewesen seien, ist überzeugend, zumal – worauf auch der Beklagtenvertreter hingewiesen hat – inzwischen zunehmend Aufforderungen zur Senkung von Unterkunftskosten von Leistungsempfängern nach dem SGB II ergangen sind, die das verfügbare Angebot günstigen Wohnraums reduziert haben. Dem Senat ist auch aus einer Vielzahl anderer Verfahren – insbesondere aus dem Bereich des vorläufigen Rechtsschutzes – bekannt, dass in K Wohnungen bis zu ca. 50 m² zu einem Preis von 273,00 EUR (Bruttokaltmiete) angeboten werden und in der Vergangenheit angeboten worden sind. Dass die im Mietspiegel 2004 angegebenen Werte dabei nicht zu niedrig bemessen sind, lässt sich auch daraus ersehen, dass in dem Mietspiegel 2006 teilweise sogar niedrigere Werte angeben sind.

Der Hinweis des Klägers, ihm seien Marktteile verschlossen, weil er keine positive Schufa-Auskunft vorlegen könne, ist nicht überzeugend, weil der Kläger nicht einen einzigen Fall hat schildern können, bei dem die Anmietung einer kostengünstigeren Wohnung hieran gescheitert wäre. Im Übrigen hat der Beklagte ihm über das Amt für Wohnen und Grundsicherung Hilfen bei der Wohnungsbeschaffung angeboten.

Soweit der Kläger zunächst den Abzug einer Warmwasserpauschale in Höhe von 5,00 EUR monatlich beanstandet und dazu ausgeführt hat, dass das Warmwasser in seiner Wohnung separat von der Heizung erzeugt werde, wird dieses Vorbringen im Berufungsverfahren nicht aufrecht erhalten. Diese Rüge ist auch, wie das SG zutreffend entschieden hat, unbegründet, weil ausweislich der vorgelegten Abrechnungen keine getrennte Abrechnung von Heiz- und Warmwasserkosten erfolgt.

Die Leistungsberechnung im Übrigen lässt keine Rechtsfehler erkennen; solche sind auch von dem Kläger nicht geltend gemacht worden.

Nach allem kann die Berufung keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.

Es besteht kein Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
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