L 3 P 5/03

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 3 P 75/00
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 3 P 5/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 20. Januar 2003 wird zurückgewiesen. Der Beklagte hat der Klägerin die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch um die Höhe von gesondert berechenbaren Investitionsaufwendungen.

Die Klägerin betreibt als Eigentümerin das private Pflegeheim H in W mit 37 Pflegeplätzen in Einzelzimmern und 46 Pflegeplätzen in Zweibettzimmern. Die Pflegebedürftigen erhalten einkommens- und vermögensabhängig Pflegewohngeld von dem Beklagten.

Mit Schriftsatz vom 20. November 1998 überreichte die Klägerin einen Berechnungsbogen für gesondert berechenbare Investitionsaufwendungen nach § 82 des Sozialgesetzbuches, Elftes Buch (SGB XI) in Verbindung mit § 10 Landespflegegesetzverordnung (LPflegeGVO). Darin führte sie unter Punkt 1 - Abschreibungen auf Gebäude und zum Gebäude gehörende technische Anlagen - Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten (ohne Grundstückskosten) in Höhe von 11.640.599,00 DM auf. Zu Punkt 5 Eigenkapitalzin¬sen - machte sie keine Angaben. Ein Sachbearbeiter des Beklagten bezifferte die Restbuchwerte aller Anlagegüter auf 2.512.528,00 DM und die Restdarlehen (noch zu tilgendes Fremdkapital) auf 3.287.030,00 DM. Die jährlichen Eigenkapitalzinsen wurden mit 0,00 DM beziffert. Die Klägerin kam zu dem Ergebnis, dass für die Pflegeeinrichtung Investitionskosten von 31,37 DM täglich für Pflegeplätze im Einzelzimmer und 24,37 DM täglich für Pflegeplätze im Zweibettzimmer zu berechnen seien. Nachdem die Klägerin auf Anforderung des Beklagten weitere Unterlagen, insbesondere einen Status zu Wiederbeschaffungskosten (Bl. 66 VA) und eine Ermittlung der Eigenkapitalverzinsung auf der Basis von Wiederbeschaffungskosten (Bl. 70 VA) zu den Akten gereicht hatte, erteilte der Beklagte mit Bescheid vom 6. April 1999 die Zustimmung zur gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen in Höhe von 21,99 DM täglich. Zur Begründung führte er u. a. aus: Bei den Abschreibungen auf Gebäude und zum Gebäude gehörende technische Anlagen seien die Anschaffungs- und Herstellungskosten anzugeben und nicht die Wiederherstellungskosten. Laut Anlagenspiegel per 31. Dezember 1997 beliefen sich diese für die Pflegeeinrichtung ohne die Kosten für Grund und Boden auf insgesamt 5.884.302,20 DM. Zuzüglich der Kosten der Modernisierungsmaßnahme in Höhe von 1.085.357,07 DM ergäben sich abschreibungsfähige Gebäudekosten in Höhe von 6.969.659,27 DM. Bei einem Abschreibungssatz von 2,5 % belaufe sich die Gebäudeabschreibung auf 174.241,00 DM jährlich.

Eigenkapitalzinsen errechneten sich für die Einrichtung der Klägerin nicht. Nach dem maßgeblichen Stand des 31. Dezember 1997 hätten sich die Restbuchwerte aller Anlagegüter - ohne Grundstücke - auf insgesamt 2.512.528,00 DM belaufen. Die hiervon in Abzug zu bringenden Restdarlehen per 31. Dezember 1997 beliefen sich gemäß der eingereichten Darlehensaufstellung auf 3.287.029,93 DM, so dass sich ein verzinsbares Eigenkapital nicht ergebe.

Dagegen erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend: Zu den gesondert berechenbaren Aufwendungen im Sinne von § 10 LPflegeGVO gehörten u. a. Abschreibungen für Aufwendungen zur Wiederbeschaffung der zum Betrieb der Pflegeeinrichtung gehörenden Anlagegüter, deren Nutzung zeitlich begrenzt sei. Diesen Wiederbeschaffungswert habe sie - die Klägerin - auf dem Berechnungsbogen des Beklagten unter Punkt 1 angegeben. Entsprechend der nachgereichten Unterlagen seien hierfür 8.710.704,00 DM zu 2,5 %, das heißt 217.767,00 DM zu berücksichtigten.

Nach § 10 Abs. 2 Nr. 3 LPflegeGVO gehörten zu den gesondert berechenbaren Aufwendungen ebenfalls Zinsen für mit eigenem Kapital finanzierte Aufwendungen bis zur Höhe von 4 %. Es sei nicht im Gesetz verankert, hier von Restbuchwerten auszugehen. In ihrem - der Klägerin - Fall sei dies insbesondere deshalb nicht korrekt, weil Sonderabschreibungen eine Rolle spielten, die so nicht berücksichtigt worden seien, obwohl Eigenkapital eingesetzt worden sei. Deshalb seien 262.856,00 DM Eigenkapitalverzinsung anzurechnen. Insgesamt ergebe sich eine Summe für die Aufwendungen in Höhe von 939.180,00 DM und somit ein durchschnittlicher Tagesbetrag von 32,64 DM. Aufgeteilt auf die Pflegeplätze ergebe dies für Einzelzimmer 36,52 DM und für Zweibettzimmer 29,52 DM.

Mit Bescheid vom 19. Mai 1999, zur Post gegeben am 20. Mai 1999, wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus: Zu Unrecht gehe die Klägerin davon aus, dass die Abschreibungen auf Gebäude vom Wiederbeschaffungswert vorzunehmen seien. Wenn in der Aufzählung des § 10 Abs. 2 Nr. 1 LPflegeGVO die Rede sei von Abschreibungen für Aufwendungen zur Wiederbeschaffung von Anlagegütern, seien damit solche Anlagegüter gemeint, die wegen Abnutzung oder aus anderen Gründen gegen die gleichen wieder zu beschaffenden Anlagegüter ersetzt worden seien. Die Abschreibung erfolge aber in jedem Falle vom Wert der Anschaffung oder der Herstellung des Anlagegutes.

Zu Unrecht wende sich die Klägerin auch gegen die Berechnung der Eigenkapitalzinsen. Das verzinsbare Eigenkapital errechne sich durch Abzug der Restbuchwerte der öffentlichen Förderung und der Restdarlehen von den Restbuchwerten aller Anlagegüter. Die Restbuchwerte aller Anlagegüter hätten sich nach dem eingereichten Anlagenspiegel per 31. Dezember 1997 auf 2.512.528,00 DM belaufen, die Restdarlehen auf 3.287.029,93 DM. Bei Abzug der Restdarlehen von den Restbuchwerten aller Anlagegüter errechne sich ein negatives Eigenkapital, so dass sich Zinsen für mit eigenem Kapital finanzierte Aufwendungen nicht ergäben. Die Klägerin habe seinerzeit die Möglichkeiten der Sonderabschreibung (z. B. bei Zonenrandförderung) in Anspruch genommen, so dass nunmehr eine Eigenkapitalverzinsung nicht mehr in Betracht komme.

Dagegen hat die Klägerin am 21. Juni 1999 Klage bei dem Sozialgericht Kiel erhoben und zur Begründung ausgeführt: Für die Abschreibungen müssten die Kosten der Wiederbeschaffung der Gebäude und technischen Anlagen die maßgebliche und richtige Berechnungsgrundlage sein und nicht die früheren Anschaffungskosten. Dabei handele es sich um einen historischen Wert, der nicht mehr der aktuellen Situation entspreche. Sie - die Klägerin - betreibe ein Wirtschaftsunternehmen, das sich auf Grund seines Gewinns am Markt behaupten könne und solle. Mit dem tatsächlich eingesetzten Kapital müsse eine angemessene Verzinsung erwirtschaftet werden können, um den gegenwärtigen Qualitätsstandard bewahren und verbessern zu können. Dies aber könne nicht gelingen, wenn Werte zugrunde gelegt würden, die sich nicht an den aktuellen Daten orientierten. Steuerrechtlich begegne die Abschreibung auf die aktuellen Werte keinerlei Bedenken, jedoch verfolge das Steuerrecht andere Ziele als das die Pflegevergütung regelnde SGB XI. Auch die Auffassung des Beklagten zur Eigenkapitalverzinsung vermöge nicht zu überzeugen. Ausweislich der von ihr - der Klägerin - überreichten Bilanz zum 31. Dezember 1998 betrage ihr Eigenkapital 6.409.310,00 DM. Daraus seien Zinsen in Höhe von 262.856,00 DM zu errechnen. Die von dem Beklagten angewandte Berechnungsmethode führe im Ergebnis zu einem Investitionskostenbetrag, der sie - die Klägerin - nicht mit ausreichenden finanziellen Mitteln versorge.

Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 4. August 1999 den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das örtlich zuständige Verwaltungsgericht verwiesen. Auf die dagegen eingelegte Beschwerde des Beklagten hat der erkennende Senat unter Bezugnahme auf zwischenzeitlich ergangene Beschlüsse des Bundessozialgerichts (BSG), mit denen die Zuständigkeit der Sozialgerichte für derartige Streitigkeiten bejaht wurde, den Beschluss des Sozialgerichts aufgehoben und festgestellt, dass der Rechtsweg zu den Sozialgerichten gegeben ist.

Der Beklagte hat mit Bescheid vom 30. Juni 2000 für die Zeit vom 1. Juli 2000 bis 31. Dezember 2000 wiederum gesondert berechenbaren Investitionsaufwendungen in Höhe von 21,99 DM zugestimmt. Den dagegen erhobenen Widerspruch der Klägerin hat er mit Bescheid vom 18. September 2000, den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 26. September 2000, zurückgewiesen. Dagegen hat die Klägerin am 26. Oktober 2000 ebenfalls Klage vor dem Sozialgericht Kiel erhoben. Das Sozialgericht hat beide Rechtsstreitigkeiten zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Die Klägerin hat beantragt,

die Bescheide des Beklagten vom 6. April 1999 sowie vom 30. Juni 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 1999 bzw. vom 18. September 2000 zu ändern und den Beklagten zu verpflichten, seine Zustimmung zur gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen unter Berücksichtigung des Wiederbeschaffungswertes bei der Abschreibung des Betriebsgebäudes sowie unter Anerkennung einer Eigenkapitalverzinsung zu erteilen.

Der Beklagte hat sich auf die angefochtenen Bescheide bezogen und beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Sozialgericht hat nach mündlicher Verhandlung am 20. Januar 2003 die Klage mit Urteil vom selben Tage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zustimmung des Beklagten als zuständiger Landesbehörde zur gesonderten Berechnung betriebsnotwendiger Investitionsaufwendungen in dem von ihr geltend gemachten Umfang. Diese Zustimmung sei gemäß § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XI erforderlich, weil die Pflegeeinrichtung der Klägerin durch die Gewährung von Pflegewohngeld an die Pflegebedürftigen öffentlich gefördert werde. Die Klägerin könne vom Beklagten keine Zustimmung zur Geltendmachung der Investitionsaufwendungen unter Anerkennung einer jährlichen Abschreibung in Höhe von 2,5 % vom Wiederbeschaffungswert des Betriebsgebäudes und keine Berücksichtigung einer Eigenkapitalverzinsung verlangen. Gemäß § 82 Abs. 3 Satz 3 2. Halbs. SGB XI werde das Nähere zur erforderlichen Zustimmung der zuständigen Landesbehörde, insbesondere auch zu Art, Höhe und Laufzeit sowie die Vertei¬lung der gesondert berechenbaren Aufwendungen auf die Pflegebedürftigen, durch Landes¬recht bestimmt. Hierzu seien das Landespflegegesetz (LPflegeG) vom 10.02.1996 (GVOBl. Schl.-Holst. S. 227) und auf Grund der in den dortigen §§ 5 Abs. 5, 6 Abs. 6 und 8 Abs. 8 enthaltenen Verord¬nungsermächtigungen die LandesVO zur Durchführung der §§ 5, 6 und 8 des Ausführungsge¬setzes zum Pflegeversicherungsgesetz (LPflegeGVO) vom 19.06.1996 (GVOBl. Schl.¬Holst. S. 521) erlassen worden. Gemäß § 10 Abs. 2 Nr. 1 LPflegeGVO gehörten zu den gesondert berechenbaren Aufwendun¬gen Abschreibungen für Aufwendungen zur Herstellung, Anschaffung, Wiederbe¬schaffung oder Ergänzung der zum Betrieb der Pflegeeinrichtung gehörenden Anlagegüter, deren Nutzung zeitlich begrenzt sei. Damit seien "Absetzungen für Abnutzung" im steuerrechtlichen Sinne gemeint. Diese orientierten sich ausschließlich an den Anschaffungs- und Herstellungskosten nach § 7 Abs. 1 bzw. Abs. 4 - 5 a des Einkommenssteuergesetzes (EStG), weil nur in dieser Höhe verteilungsfähiger Aufwand real entstanden sei und damit dem Wertverzehr unterliege. Der von der Klägerin herangezogene Wiederbeschaffungswert bezeichne demgegenüber keinen realen, sondern einen fiktiven Aufwand der Klägerin selbst oder des Gebäu¬deversi¬che¬rers im Fall eines Schadensereignisses. Er sei inflationsbedingt regelmäßig höher als der Betrag der Anschaffungs- und Herstellungskosten. Wollte man den Wiederbeschaffungswert zu Grunde legen, gelangte man zu dem fragwürdigen Ereignis, dass sich der Maßstab der Absetzungen mit zunehmendem Alter des Wirtschaftsgutes erhöhen würde, da die Kosten der Wiederbeschaffung regelmäßig anfielen.

Eine Zustimmung des Beklagten zur Eigenkapitalverzinsung könne die Klägerin ebenfalls nicht verlangen. Bezogen auf die Anschaf¬fungs- und Herstellungskosten sei - wie sie nicht be¬strei¬te - ihr Eigenkapital durch (Sonder-) Abschreibungen aufgezehrt; die Summe der Ver¬bindlichkeiten überschreite die der Restbuchwerte. Damit sei die Grundlage einer möglichen Verzinsung entfallen. Auch insoweit könne nicht auf den Wiederbeschaffungswert der Gebäude abgestellt werden. Der Wiederbeschaffungswert bezeichne gerade keine im Vermögen der Klägerin bereits vorhandenen und somit verzinsungsfähigen Aktiva. Der Einwand der Klägerin, nach dem Zweck der LPflegeGVO sollten ihre nicht durch öf¬fentliche Förderung gedeckten betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen durch deren gesonderte Berechenbarkeit so abgedeckt werden, dass sie ausreichende Mittel erhalte, um die Einrichtung in einem Zustand zu erhalten, der den steigenden Anforderungen an die Pflegebe¬dingungen gerecht werde, sei zwar nicht von der Hand zu weisen. Nach Überzeugung der Kammer sei diesem Zweck jedoch auch Genüge getan. Sowohl die Berücksichtigung der Ge¬bäudeabschreibungen als auch der Eigenkapitalverzinsung folgten steuer- ¬und handelsrechtlichen Grundsätzen. Es müsse der Klägerin daher möglich sein, ihre Kosten¬kalkulation in gleicher Weise an diesen Grundsätzen auszurichten, wie sie dies nach kauf¬männischen Prinzipien auch ohne öffentliche Förderung zu tun hätte.

Gegen dieses ihren Prozessbevollmächtigten am 24. März 2003 zugestellte Urteil richtet sich die am 23. April 2003 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangene Berufung der Klägerin. Damit hat sie zunächst ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgt.

Nachdem das BSG mit Urteil vom 24. Juli 2003 (AZ.: B 3 P 1/03 R) entschieden hat, dass es sich bei der Gewährung von Pflegewohngeld nicht um öffentliche Förderung im Sinne von § 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XI handelt und es deshalb keiner Zustimmung der zuständigen Landesbehörde zur gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen bedarf, begehrt die Klägerin nur noch die Feststellung, dass die von ihr vorgenommene gesonderte Berechnung von Investitionsaufwendungen der Höhe nach angemessen ist. Dazu trägt sie ergänzend vor: Der gestellte Feststellungsantrag sei zulässig, insbesondere sei er prozessökonomisch. Der Beklagte werde unschwer dazu Stellung nehmen können, da ihm auf Grund der entsprechenden Entgeltmeldungen anderer Pflegeeinrichtungen bekannt sei, ob die von ihr - der Klägerin - begehrten Pflegesätze der Höhe nach angemessen seien oder nicht. Es gebe neuere Pflegeeinrichtungen, die deutlich höhere Pflegesätze verlangten. Im Übrigen werde ihre - der Klägerin - bisher vertretene Auffassung durch das Urteil des BSG durchaus bestätigt. Steuerrechtliche Erwägungen und Grundsätze führten im Ergebnis nicht zu den vom Gesetz geforderten angemessenen und damit auskömmlichen Preisen. Das BSG betone, dass der Gesetzgeber vorgegeben habe, den Pflegeeinrichtungen eine leistungsgerechte Vergütung für die allgemeine Pflegeleistung sowie ein angemessenes Entgelt für Unterkunft und Verpflegung zu gewähren. Es gehe ihr der Klägerin darum, eine solche Vergütung beanspruchen zu können, die ihr die Aufrechterhaltung des erreichten Standards der jeweiligen Pflegeeinrichtung auch ermögliche. Dies lasse sich nur über den Preis regeln. Nachdem der Beklagte in der Berufungsverhandlung die Bescheide vom 6. April 1999 und 30. Juli 2000 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 19. Mai 1999 und 18. September 2000 aufgehoben und die Klägerin dies als Teilanerkenntnis angenommen hat, beantragt die Klägerin,

festzustellen, dass die von ihr verlangten Investitionskosten in Höhe von 32,64 DM täglich (für Einzelzimmer 36,52 DM und für Zweibettzimmer 29,52 DM) der Höhe nach angemessen waren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er erwidert, als Bestandteil des Heimentgelts müssten die Investitionsaufwendungen gemäß § 5 Abs. 7 des Heimgesetzes (HeimG) zu den Leistungen angemessen sein. Diese Prüfung obliege ihm - dem Beklagten - in seiner Eigenschaft als Träger der Heimaufsicht. Außerdem sei nach § 93 Abs. 7 Satz 4 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) der Träger der Sozialhilfe zur Übernahme gesondert berechenbarer Investitionskosten nur verpflichtet, wenn hierüber entsprechende Vereinbarungen nach Abschn. 7 des BSHG getroffen würden. Im Heim der Klägerin lebten auch Bewohner, die ergänzend Sozialhilfemittel in Anspruch nähmen. Es dürfte daher im Interesse beider Parteien liegen, wenn im Zuge dieses Verfahrens durch das Gericht die Feststellung der gesondert berechenbaren Investitionsaufwendungen der Höhe nach getroffen würde. Die erneute Beschreitung des Rechtsweges gegen ggf. durch die Heimaufsicht zu erlassende Ordnungsverfügungen bzw. gegen eine herbeizuführende Entscheidung der Schiedsstelle nach § 94 BSHG würden so vermieden.

Die Frage, ob die von der Klägerin erhobenen Investitionskosten angemessen seien oder nicht, beurteile sich nicht durch den Vergleich mit den gesondert berechenbaren Investitionsaufwendungen anderer Pflegeeinrichtungen. Die Klägerin verkenne, dass es im Urteil des BSG um die Feststellung der angemessenen Mietaufwendungen für eine Pflegeeinrichtung gegangen sei. Dazu bedürfe es der Feststellung von Marktpreisen im Vergleich mit anderen Einrichtungen. Das Pflegeheim der Klägerin stehe aber im Eigentum der die Einrichtung betreibenden Gesellschaft. Die Klägerin habe keine sachgerechten Argumente dafür vorgebracht, aus welchen Gründen für die Berechnung der Investitionskosten bei der Ermittlung der Abschreibung auf das Gebäude anstelle von den Herstellungskosten von den Wiederherstellungskosten und bei der Berechnung eventueller Eigenkapitalzinsen ebenfalls von den Wiederherstellungskosten anstelle der bilanzierten Restbuchwerte auszugehen wäre. Vielmehr stelle die Klägerin immer wieder auf die leistungsgerechte Vergütung für die allgemeinen Pflegeleistungen und das angemessene Entgelt für Unterkunft und Verpflegung ab. Diese beiden Vergütungsbestandteile seien aber nicht Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits.

Dem Senat haben die die Klägerin betreffenden Akten des Beklagten vorgelegen. Diese sind Gegenstand der Berufungsverhandlung gewesen. Darauf sowie auf die Gerichtsakten wird im Übrigen wegen der Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, jedoch auch mit dem in der Berufungsverhandlung nur noch verfolgten Feststellungsantrag unbegründet.

Die von der Klägerin verlangten gesondert berechenbaren Investitionskosten in Höhe von 32,64 DM täglich waren nicht angemessen. Dass die Klägerin Investitionsaufwendungen bis zur Höhe von 21,99 DM gesondert in Rechnung stellen kann, haben die Beteiligten in der Berufungsverhandlung unstreitig gestellt. Gegenstand des Rechtsstreits ist nur noch der in der Berufungsverhandlung gestellte Feststellungsantrag der Klägerin, nachdem der Beklagte die ursprünglich angefochtenen Bescheide, mit denen er die Zustimmung zur Inrechnungstellung der Investitionsaufwendungen in der begehrten Höhe verweigert hatte, aufgehoben und die Klägerin dies als Teilanerkenntnis angenommen hat.

Der Feststellungsantrag ist auch zulässig. Dabei handelt es sich nicht um eine Klagänderung, sondern um eine Einschränkung des ursprünglichen Klagantrags in der Hauptsache ohne Änderung des Klagegrundes im Sinne von § 99 Abs. 3 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG - (vergl. so auch BSG vom 24. Juli 2003, a.a.O.). Auch das berechtigte Feststellungsinteresse im Sinne von § 55 Abs. 1 SGG ist zu bejahen, weil der Beklagte als Träger der Heimaufsicht gegen zu Unrecht geltend gemachte Heimentgelte mittels Ordnungsverfügung nach § 17 Abs. 1 Satz 2 HeimG vorgehen könnte. Dass er solche Maßnahmen in Erwägung ziehen würde, hat der Vertreter des Beklagten in der Berufungsverhandlung auf Nachfrage des Senats bestätigt. Die Klägerin hat deshalb ein berechtigtes Interesse daran, die Rechtmäßigkeit ihres Handelns im Rahmen des anhängigen Prozesses feststellen zu lassen und nicht darauf verwiesen zu werden, erst entsprechende Ordnungsverfügungen abzuwarten, um deren Rechtmäßigkeit unter erneuter Beschreitung des Rechtsweges zu bestreiten (vergl. so BSG vom 24. Juli 2003, a.a.O.).

Das Feststellungsinteresse der Klägerin ist im Übrigen noch aus einem weiteren Grund zu bejahen. Nach § 93 Abs. 7 Satz 4 BSHG ist der Träger der Sozialhilfe zur Übernahme gesondert berechenbarer Investitionskosten nur dann verpflichtet, wenn hierüber entsprechende Vereinbarungen nach dem 7. Abschn. des BSHG getroffen worden sind. Kommt es zu keiner Vereinbarung, ist das Schiedsverfahren nach § 93b Abs. 1 BSHG einzuleiten. Da in der Einrichtung der Klägerin auch Sozialhilfeempfänger leben, hat die Klägerin ein Interesse daran, dass die Höhe der gesondert berechenbaren Investitionskosten festgestellt wird, so dass darüber eine entsprechende Vereinbarung mit dem Sozialhilfeträger, d. h. dem Beklagten, getroffen werden kann.

Im Übrigen wird nach § 6 Abs. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 LPflegeGVO Pflegewohngeld als "Sozialleistung sui generis" (vergl. BSG vom 24. Juli 2003, a.a.O.) nur gewährt, wenn die gesondert berechenbaren Investitionsaufwendungen nach § 10 LPflegeGVO ermittelt worden sind. Auch insoweit besteht hinsichtlich der Höhe der berechenbaren Kosten deshalb ein Feststellungsinteresse seitens der Klägerin.

In der Sache kann sie jedoch mit ihrem Feststellungsbegehren nicht durchdringen. Streitig sind dabei nur zwei Punkte, nämlich die Höhe der Abschreibung für Gebäude - wobei die einzelnen Beträge wiederum unstreitig sind - sowie die Eigenkapitalverzinsung. Streit besteht in beiden Punkten nur darüber, ob dabei der Anschaffungs- oder Wiederbeschaffungswert zu Grunde zu legen ist.

In § 82 Abs. 2 Nr. 1 SGB XI werden als Aufwendungen für Maßnahmen, die in den Entgelten für Unterkunft und Verpflegung nicht berücksichtigungsfähig sind, solche aufgeführt, die dazu bestimmt sind, die für den Betrieb der Pflegeinrichtung notwendigen Gebäude und sonstigen abschreibungsfähigen Anlagegüter herzustellen, anzuschaffen, wiederzubeschaffen, zu ergänzen, in Stand zu halten oder in Stand zu setzen. Dementsprechend heißt es in dem auf Grund der Verordnungsermächtigung des § 8 Abs. 1 LPflegeGVO vom 10. Februar 1996 ergangenen § 10 Abs. 2 Nr. 1 LPflegeGVO: Zu den gesondert berechenbaren Aufwendungen im Sinne des Abs. 1 gehören Abschreibungen für Aufwendungen zur Herstellung, Anschaffung, Wiederbeschaffung oder Ergänzung der zum Betrieb der Pflegeeinrichtung gehörenden Anlagegüter, deren Nutzungszeit zeitlich begrenzt ist. Der Wortlaut dieser Vorschriften schließt es demnach zwar nicht aus, bei der Abschreibung vom Wiederbeschaffungswert auszugehen. § 10 Abs. 4 LPflegeGVO bestimmt hierzu, dass Abschreibungen für Gebäude und zum Gebäude gehörende technische Anlagen auf 40 Jahre (Nr. 1) und für sonstige abschreibungsfähige Anlagegüter entsprechend der nach steuerrechtlichen Bestimmungen zu Grunde zu legenden Nutzungsdauer zu verteilen sind (Nr. 2). Daraus wird deutlich, dass der Verordnungsgeber insoweit an das Steuerrecht anknüpfen wollte. Dies steht auch im Einklang mit der Ermächtigungsnorm des § 82 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 SGB XI, da auch dort auf "Gebäude und sonstige a b s c h r e i b u n g s f ä h i g e Anlagegüter" abgestellt wird. Zu Recht hat das Sozialgericht hierzu ausgeführt, dass die Absetzungen für Abnutzung nach § 7 EStG sich ausschlie߬lich an den Anschaffungs- und Herstellungskosten (§ 7 Abs. 1, 4 und 5 EStG) orientieren. Auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts hierzu nimmt der Senat Bezug. Unter Aufwendungen zur W i e d e r b e s c h a f - f u n g von Anlagegütern können deshalb - wie der Beklagte im Widerspruchsbescheid zu Recht ausgeführt hat - nur solche Güter gemeint sein, die wegen Abnutzung oder aus anderen Gründen gegen die gleichen wieder zu beschaffenden Anlagegüter ersetzt worden sind. Auch in diesem Fall erfolgt die Abschreibung vom Wert der Anschaffung oder der Herstellung des Anlageguts. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat bei der Berücksichtigung von Instandhaltungskosten im Rahmen der Pflegesatzhöhe nach dem Krankenhausgesetz auf die Bilanzierungsgrundsätze des Steuer- und Handelsrechts abgestellt (vergl. Urteil vom 21. Januar 1993 - 3 C 66/90 - NJW 1993, 2391, 2393; so auch Gürtner in KassKomm § 82 SGB XI Rz 10). Dass die Höhe des Abschreibungsbetrages nach § 10 Abs. 4 Nr. 1 LPflegeGVO von dem Beklagten zutreffend festgestellt worden ist, hat die Klägerin nicht in Abrede gestellt. Der Beklagte hat entsprechend den von der Klägerin eingereichten Unterlagen die Gebäudeabschreibung ausgehend von Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten in Höhe von 6.969.659,27 DM bei einem Abschreibungssatz von 2,5 % mit jährlich 174.241,00 DM richtig ermittelt.

Auch die Nichtberücksichtigung von Eigenkapitalzinsen ist nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden. Nach § 10 Abs. 2 Nr. 3 LPflegeGVO gehören zu den gesondert berechenbaren Aufwendungen Zinsen für mit eigenem Kapital finanzierte Aufwendungen bis zur Höhe von 4 %. Dass ihr Eigenkapital bezogen auf die Anschaffungs- und Herstellungskosten durch Sonderabschreibungen aufgezehrt ist, stellt die Klägerin nicht in Abrede. Da die Summe der Verbindlichkeiten die der Restbuchwerte überschreitet - was von der Klägerin ebenfalls nicht bestritten wird -, hat das Sozialgericht zu Recht die Berücksichtigung von Eigenkapitalszinsen abgelehnt. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird insoweit ebenfalls Bezug genommen. Woraus die Klägerin herleiten will, dass auch insoweit auf die Wiederbeschaffungskosten abgestellt werden müsste, erschließt sich dem Senat nicht.

Zwar weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass die Pflegesätze es den Pflegeheimen bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen müssen, ihren Versorgungsauftrag zu erfüllen (§ 84 Abs. 2 Satz 4 SGB XI). Auch die Entgelte für Unterkunft und Verpflegung müssen in einem angemessenen Verhältnis zu den Leistungen stehen (§ 87 Satz 2 SGB XI). Diese Fragen sind worauf der Beklagte zu Recht hinweist - aber nicht Gegenstand des anhängigen Rechtsstreits.

Nach alledem konnte die Berufung keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG, wobei hier noch die bis zum 1. Januar 2002 geltenden Regelungen des Kostenrechts zu Grunde zu legen sind (Art. 17 des 6. Gesetzes zur Änderung des SGG vom 17. August 2001 - BGBl. I, S. 2144). Dem Umstand, dass die Klägerin mit ihrem ursprünglichen Zustimmungsbegehren nicht hat durchdringen können, hat der Senat im Rahmen der Kostenentscheidung keine entscheidende Bedeutung beigemessen, weil der Beklagte durch Erlass der ursprünglich angefochtenen Bescheide - letztlich zu Unrecht - die Notwendigkeit einer behördlichen Zustimmung nach § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XI beschieden und so das gerichtliche Verfahren auf Zustimmung zur gesonderten Berechnung von Investitionskosten in der geltend gemachten Höhe wesentlich veranlasst hat.

Der Senat hat der Frage, ob bei der Feststellung der gesondert berechenbaren Investitionsaufwendungen die im Steuerrecht geltenden Grundsätze Anwendung finden, grundsätzliche Bedeutung beigemessen und deshalb nach § 160 Abs. 2 SGG die Revision zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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